Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 509/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 33/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren nach entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2010 allein noch die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis streitig.
Die am XX.XXXXXXXXX 1953 geborene Klägerin absolvierte von April 1971 bis März 1974 erfolgreich eine Ausbildung zur Krankenschwester. Im September 1974 wurde bei ihr eine Virushepatitis festgestellt, die die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1975 als Berufskrankheit nach Nr. 37 der Anlage zur damals geltenden Siebten Berufskrankheitenverordnung anerkannte und für deren Folgen sie zunächst eine vorläufige Verletztenrente, mit Bescheid vom 22. April 1976 dann eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert gewährte. In der nachfolgenden Zeit war die Klägerin nach ihren Angaben unter anderem vom 1. Mai bis 31. Oktober 1975 als Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus B., sechs Monate als Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus E., vom 1. August 1976 bis 30. Juni 1982 in Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester in einer Seniorenwohnanlage, vom 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1982 als Krankenschwester im I. Krankenhaus und vom 1. Juli 1983 bis 30. September 1983 als Krankenschwester auf der operativen Intensivstation des Krankenhauses S. beschäftigt. Nachfolgend war sie nochmals im Jahre 1989 für drei Monate in ihrem Beruf im Krankenhaus O. tätig.
Während seit 1977 jährlich erfolgte Überprüfungen des Gesundheitszustandes der Klägerin durch die Beklagte keine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung erbracht hatten, stellte der Internist Dr. O1 in seinem im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten vom 26. April 1984 eine wesentliche Besserung sowie lediglich noch das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 20 vom Hundert fest. Die von der Beklagten daraufhin mit Bescheid vom 20. Juli 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1984 vorgenommene Entziehung der Rente wurde von der Klägerin mit einer Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (26 U 25/85) angefochten. Dieses Klageverfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vom 29. Mai 1987, nach welchem der Klägerin weiter Verletztenrente bis 30. April 1987 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert bis 31. Dezember 1985 und danach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert gewährt wurde. Grundlage dieses Vergleichs war das vom Gericht eingeholte Gutachten des Internisten Prof. Dr. S1 vom 30. April 1987, der zu dem Ergebnis gelangt war, die chronisch-persistierende Hepatitis sei ohne wesentliche Folgen ausgeheilt.
Am 5. Oktober 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit und machte dabei zur Begründung geltend, ihr gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert. Unter anderem leide sie seit einiger Zeit unter geschwollenen Fingern. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie wegen der Folgen der Berufskrankheit keinen dauerhaften Arbeitsplatz erlangen könne, weil sie nach den bei den Einstellungsuntersuchungen durchgeführten Bluttests immer eine Absage erhalte. Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach Beiziehung und Auswertung eines Befundberichts des behandelnden Internisten Dr. J. mit Bescheid vom 1. Juli 1999 und Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999 ab.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Befundbericht des Internisten Dr. J. sowie die medizinischen Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger einschließlich des Gutachtens des Internisten und Arbeitsmediziners Dr. S2 vom 28. Mai 2004 beigezogen. Nach diesem Gutachten kann die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Zu meiden seien lediglich bestimmte Tätigkeiten in Heilberufen, bei denen eine besondere Gefahr einer Ansteckung gegeben sei (Op-Schwester). Darüber hinaus hat das Sozialgericht das schriftliche Gutachten vom 5. Juni 2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13. September 2002 des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 eingeholt, wonach bei der Klägerin eine ausgeheilte chronische Hepatitis mit bestehender geringer Infektiosität und damit einem geringen Risiko einer Hepatitis B-Virus-Übertragung vorliege. Nur weil die Klägerin nach ihren Angaben potentiellen Arbeitgebern bereits vor der Probezeit die gewerbeärztliche Bescheinigung über die Hepatitiserkrankung vorgelegt habe, sei für sie die Erlangung einer entsprechenden Anstellung als Krankenschwester erschwert worden. Krankenschwestern, die den zuständigen Betriebsarzt und nicht den Arbeitgeber selbst über ihre Infektion informierten, würden in der Regel unter Auflagen auf allgemeinen Krankenstationen eingestellt werden. Aufgrund der durch die Berufskrankheit hervorgerufenen beruflichen Schwierigkeiten sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert festzustellen.
Durch sein Urteil vom 24. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlimmerung in den Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch –– Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) liege nicht vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit, die sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens richte, liege nach wie vor unter dem nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) für die Gewährung einer Rente erforderlichen Grad von 20 vom Hundert. Aus gesundheitlichen Gründen bestehe bereits seit 1987 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr. Dies stehe nach allen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten fest. Ob die von der Klägerin behauptete faktische Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester wegen der Offenbarung ihrer Infektion bei Vorstellungsgesprächen bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen sei, bedürfe keiner Entscheidung. Prof. Dr. B1 habe nachvollziehbar dargelegt, dass unter der Annahme, bestimmte Tätigkeiten im Gesundheitssektor seien der Klägerin verschlossen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 vom Hundert – und damit nicht in rentenberechtigender Höhe – einzuschätzen sei. Daneben bleibe festzustellen, dass die Klägerin ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten weiter nutzen könne, weil lediglich Tätigkeiten in den Bereichen Chirurgie, Intensiv- und Neugeborenenmedizin zu meiden seien. Der Umstand, dass die Klägerin bis 1989 immer wieder – wenn auch kurzzeitig – Anstellungen als Krankenschwester gefunden habe, belege, dass keine komplette Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für die Klägerin in ihrem erlernten Beruf vorliege.
Gegen das ihr am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juli 2005 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe nicht alle gesundheitlichen und beruflichen Einschränkungen berücksichtigt, sondern sich sehr einseitig nur der Frage der Hepatitis angenommen. Wegen ihrer gesundheitlichen Störungen sei sie nicht in der Lage, sechs Stunden pro Tag zu arbeiten. Wenn überhaupt, dann benötige sie einen Arbeitsplatz, wo sie zwischen Sitzen und Stehen wechseln könne. Derartige Arbeitsabläufe könnten nach heutigen technischen Standards zwar eingerichtet werden, jedoch zeige die Erfahrung, dass die meisten Arbeitgeber nicht bereit seien, sich auf solche Arbeitsabläufe einzulassen. Das Sozialgericht habe ebenfalls nicht berücksichtigt, dass aus der Hepatitis als Folgeerkrankungen wiederkehrende Durchfälle, Verdauungsstörungen, eine Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse, Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren entstanden seien. Diese nachfolgenden Erkrankungen der Hepatitis B hätten zu einer seit Mitte 1983 andauernden Langzeit-Erwerbslosigkeit geführt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virus-Hepatitis eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin habe nach der Feststellung der Hepatitis im Jahre 1974 bis ins Jahr 1983 hinein an mehreren Stellen in ihrem Beruf als Krankenschwester gearbeitet. Sie habe offensichtlich trotz des Carrier-Status Arbeit gefunden. Die Klägerin habe wohl erst nach 1983 Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gehabt. Aber auch im Jahre 1989 sei sie erneut über 3 Monate im Krankenhaus tätig gewesen. Unter diesen Umständen falle es schwer, der Argumentation der Klägerin zu folgen, sie habe aufgrund ihres Gesundheitszustandes tatsächlich keine Anstellung in ihrem Beruf finden können.
Nachdem die Klägerin die Auffassung vertreten hatte, auch ihre seelische Beeinträchtigung sei Folge der Hepatitiserkrankung, hat das Gericht sich einem im Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger erteilten Gutachtenauftrag an den Nervenarzt Dr. L. angeschlossen. Dieser Sachverständige hat die Klägerin am 2. Januar 2008 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 9. Januar 2008 eingereicht. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch eine psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und durch eine chronische dysphorische Verstimmung im Sinne einer Dysthymie mit vermehrter Reizbarkeit und Verstimmbarkeit und emotionaler Labilität beeinträchtigt sei. Bei über Jahrzehnte vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen sei es im Nachhinein nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit möglich, diese psychische Erkrankung als Folge der Virushepatitis anzusehen. Primärpersönliche Züge hätten hier sicherlich eine erhebliche Rolle gespielt. Dennoch würden mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen, dass psycho-reaktive Folgen der Virushepatitis bei der Klägerin bestehen, da durch die Erkrankung ihr gesamter Lebensentwurf in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, auch wenn man hierfür die Primärpersönlichkeit ganz wesentlich mit verantwortlich machen müsse. Zumindest ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten sollten als psychoreaktive Folgen der Virushepatitis im Sinne einer reaktiven dysthymen Störung anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden. Dies gelte zumindest seit Oktober 1998.
Die Beklagte hat dieser Beurteilung unter Hinweis auf die von der Klägerin bis 1989 ausgeübten Tätigkeiten als Krankenschwester widersprochen und ausgeführt, es passe nicht zu diesen Tatsachen, dass nun der ganze Lebensplan der Klägerin durch die Erkrankung aus der Bahn gelenkt worden sein solle. Eine direkte Verknüpfung der Arbeitslosigkeit der Klägerin mit der ausgeheilten Virus-Hepatitis bestehe gerade nicht. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Sachverständigen festgestellten Persönlichkeitsstörungen anteilig auf die Viruserkrankung zurückzuführen seien.
Demgegenüber hält die Klägerin die Beurteilung des Sachverständigen für zutreffend. Sie habe auch schon vor 1983 ständig Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gehabt und keine Stelle über längere Zeit behalten können. Die Arbeitgeber seien immer wieder nicht bereit gewesen, Dauerarbeitsverhältnisse mit ihr einzugehen, nachdem der Hepatitis-Status bekannt geworden sei. Dementsprechend habe die Deutsche Rentenversicherung bei ihr auch Berufsunfähigkeit angenommen und eine entsprechende Rente auf Dauer gewährt. Die Klägerin hat dazu Arbeitszeugnisse des Allgemeinen Krankenhauses B. vom 31. Oktober 1975, der V.-Genossenschaft vom 8. Juli 1982, des I. Krankenhauses vom 31. Dezember 1982 sowie des Krankenhauses S. vom 19. Oktober 1983 eingereicht.
Im Termin am 11. Mai 2010 hat Dr. L. sein Gutachten ergänzend dahingehend erläutert, dass auch die Tatsache, dass die Klägerin nach ihrer Erkrankung noch einige Jahre in ihrem Beruf tätig und sogar auf einer Intensivstation eingesetzt war, nicht gegen die Entwicklung psychoreaktiver Folgen aufgrund vergeblicher Bemühungen spreche, wieder eine Arbeitsstelle zu finden. In diesem Zusammenhang sei möglicherweise eine zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber im Umgang mit an Hepatitis B erkranktem Personal von Bedeutung. Mangels wegweisender Befunde bleibe diese Überlegung natürlich spekulativ. Wenn allerdings Prof. Dr. B1 in seinem Gutachten 2002 letztlich keine messbaren körperlichen Folgen der Hepatitis feststelle, aber die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bemesse, werde damit der gleiche Tatbestand aus arbeitsmedizinischer Sicht beschrieben, wie er, der Sachverständige, ihn aus nervenärztlicher Sicht angegeben habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. Mai 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 1. Juli 1999 und 30. September 1999 sind rechtmäßig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999 sowie des Sozialgerichts in seiner angefochtenen Entscheidung ist der Anspruch der Klägerin nicht davon abhängig, ob gegenüber der Entziehung der ursprünglich gewährten Rente wiederum eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. § 48 SGB X regelt ausschließlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse. Bei der Entziehung einer ursprünglich gewährten Rente handelt es sich aber ebenso wenig wie bei der Ablehnung einer beantragten Rentengewährung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die rechtlichen Wirkungen der Entziehung erstrecken sich gerade nicht über die einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse Dauer. Sie erschöpfen sich vielmehr in einer einmaligen Gestaltung der Sach- und Rechtslage bezogen auf den Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. von Wulffen/Wiesner, SGB X, § 48, Rdnrn. 1,4, m.w.N.). Ein wie hier geltend gemachter Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer in der Vergangenheit bereits einmal entzogenen Verletztenrente ist daher von keinen weiteren rechtlichen Voraussetzungen abhängig als ein Erstantrag.
Nach § 56 Abs. 1 SGB VII setzt die Gewährung einer Verletztenrente voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Berufskrankheit um mindestens 20 vom Hundert gemindert ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedingen die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis nicht diesen erforderlichen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Das steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach Auswertung der in den während des Klageverfahrens beigezogenen Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger enthaltenen Gutachten und des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 sowie des während des Berufungsverfahrens eingeholten Gutachtens und der ergänzenden Ausführungen des Nervenarztes Dr. L. fest. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der als Folge der Berufskrankheit geltend gemachte Gesundheitsschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist. Demgegenüber genügt für den Ursachenzusammenhang der Gesundheitsstörung mit dem Unfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings ist die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend.
Nach übereinstimmender Beurteilung aller sowohl im anhängigen als auch im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger gehörten medizinischen Sachverständigen sind entgegen der Auffassung der Klägerin körperliche Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Hepatitis nicht ersichtlich und somit bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch nicht zu berücksichtigen. Die von der Klägerin insoweit geltend gemachten Beschwerden in Form von Durchfällen, Verdauungsstörungen, einer Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse, Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren konnten von den Sachverständigen nicht festgestellt werden bzw. stellen sich nach den gutachterlichen Beurteilungen gerade nicht als Folgen der durchgemachten Hepatitis dar. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Erfolg der Klägerin im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger, der letztlich einen Anspruch auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente anerkannt hat, nicht im Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit steht. Vielmehr ist im Rentenverfahren festgestellt worden, dass die Klägerin wegen anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen insbesondere in Form einer Lungenerkrankung nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten und deshalb schon nicht mehr als Krankenschwester arbeiten und wegen ihrer psychischen Gesundheitsstörungen auch nicht in Betracht kommende Verweisungstätigkeiten verrichten kann. Bei dieser Rentengewährung kam der Berufskrankheit somit gar keine Bedeutung zu.
Soweit der vom Sozialgericht gehörte arbeitsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. B1 eine durch die Folgen der Berufskrankheit bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert angenommen hat, weil die Berufskrankheit die Klägerin faktisch gehindert habe, ihren Beruf als Krankenschwester auszuüben, vermag dies nicht ohne Weiteres zu überzeugen, zumal auch Prof. Dr. B1 wie alle anderen Sachverständigen dargelegt hat, dass die Virushepatitis mit einem zwar geringen, aber nicht völlig auszuschließenden Infektionsrisiko die Klägerin lediglich hindert, als Krankenschwester in bestimmten Bereichen wie z.B. als Operationsschwester, in der Intensivmedizin oder der Geburtshilfe tätig zu werden. Damit bestätigt auch dieser Sachverständige, dass die Klägerin trotz ihrer Berufskrankheit grundsätzlich in der Lage war, weiter als Krankenschwester zu arbeiten. Dies wird letztlich – worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat – durch den Umstand bestätigt, dass die Klägerin gerade in den ersten Jahren nach der diagnostizierten Hepatitis tatsächlich an mehreren Stellen als Krankenschwester – zeitweise sogar auf einer Intensivstation – gearbeitet hat. Aus keinem der von der Klägerin vorgelegten Arbeitszeugnisse ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis wegen der anerkannten Berufskrankheit beendet bzw. nicht fortgeführt worden ist. Dementsprechend weist Prof. Dr. B1 in seinem schriftlichen Gutachten auch zu Recht darauf hin, dass gescheiterte Bewerbungen der Klägerin um einen Arbeitsplatz in erster Linie darauf zurückzuführen sind, dass sie nach ihren eigenen Angaben bereits im ersten Vorstellungsgespräch auf ihr Infektionsrisiko hingewiesen und die gewerbeärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer berufsbedingten Virushepatitis vorgelegt hat. Ein derartiges Verhalten wird nach den zutreffenden Darlegungen des Sachverständigen in der Regel im Sinne einer vorsorglich angekündigten Leistungseinschränkung bzw. einer zu erwartenden überdurchschnittlichen Erkrankungshäufigkeit interpretiert und führt allein aus diesem Grund zu einer Nichtberücksichtigung der Bewerbung. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die von der Klägerin den potentiellen Arbeitgebern vorgelegte gewerbeärztliche Bescheinigung noch aus den 70er Jahren und damit aus einer Zeit stammt, als die Auswirkungen und das Infektionsrisiko der Hepatitis noch erheblich größer waren, als in der hier zu bewertenden Zeit ab 1987 bzw. 1998. Hätte die Klägerin ihren jeweils aktuellen Trägerstatus – wie nach den Ausführungen des arbeitsmedizinischen Sachverständigen im Krankenhausbereich üblich – dem Betriebsarzt offenbart, wären ihre Einstellungschancen jedenfalls erheblich größer gewesen.
Legt man der Beurteilung zugrunde, dass der Klägerin nur ein ganz geringer Anteil aller Krankenschwestertätigkeiten aufgrund der Berufskrankheit tatsächlich verwehrt war, und setzt diesen Anteil im Sinne der abstrakten Schadensbemessung ins Verhältnis zu allen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sie in Betracht kommenden Arbeitsplätzen, lässt sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 nicht rechtfertigen. Eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII, wie sie von Prof. Dr. B1 angesprochen wurde, kommt bei der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht. Nach der Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB II sind bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch Nachteile zu berücksichtigen, die der Versicherte dadurch erleidet, dass er bestimmte von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalles nicht mehr oder nur noch vermindert nutzen kann. Es handelt sich insoweit um eine Härtefallklausel, für die wesentliche Faktoren das Alter des Versicherten, die Dauer seiner Ausbildung, die Dauer der Ausübung einer speziellen beruflichen Tätigkeit und die Art der speziellen beruflichen Fähigkeiten sind (vgl. Jochem Schmitt, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 56 Rdnrn. 30 ff, m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann bei der Klägerin, die bei Anerkennung der Berufskrankheit gerade ihre Krankenschwesterausbildung abgeschlossen hatte, nicht vom Vorliegen besonderer, über das übliche Maß hinausgehender beruflicher Kenntnisse und/oder Erfahrungen die Rede sein. Letztlich kann dies aber – wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat – dahingestellt bleiben, weil auch unter Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert wegen der Verschlossenheit bestimmter Tätigkeitsbereiche im Gesundheitssektor der für eine Rentengewährung erforderliche Mindestgrad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht erreicht wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen Dr. L ... Dieser hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin eine psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und daneben eine chronische dysphorische Verstimmung im Sinne einer Dysthymie vorliegen. Nachvollziehbar hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass bei über Jahrzehnte vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen im Nachhinein diese Gesundheitsstörungen wegen fehlender Brückensymptome nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit als Folge der Virushepatitis anzusehen sind. Zwar hat er darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten als psycho-reaktive Folgen der Hepatitis anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden sollten, jedoch vermag insoweit seine Begründung nicht zu überzeugen. Wenn er davon ausgeht, dass durch die festgestellte Hepatitis der gesamte Lebensentwurf der Klägerin in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, übersieht er, dass die Klägerin trotz der Erkrankung immer wieder Arbeitsstellen als Krankenschwester gefunden hat und nach den Ausführungen des Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 ohne ihren Hinweis auf die Hepatitis schon beim ersten Vorstellungsgespräch wahrscheinlich auch weiterhin gefunden hätte. Daran vermag auch eine möglicherweise zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber nichts zu ändern. Zu Recht hat Dr. L. deshalb anlässlich seiner Anhörung im Termin am 11. Mai 2010 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Überlegungen insoweit mangels wegweisender Befunde spekulativ bleiben. Letztlich kann aber auch dies dahingestellt bleiben. Wie Dr. L. auf Befragung ausdrücklich bestätigt hat, handelt es sich bei den von ihm aus nervenärztlicher Sicht gewürdigten Schwierigkeiten der Klägerin, in ihrem erlernten Beruf dauerhaft Fuß zu fassen, um den gleichen Tatbestand, den Prof. Dr. B1 aus arbeitsmedizinischer Sicht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Übereinstimmend sind die Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese mit der anerkannten Berufskrankheit in ursächlichem Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert zu bemessen sind. Ein rentenberechtigender Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit wird danach auch unter Berücksichtigung dieser beruflichen Schwierigkeiten gerade nicht erreicht. Die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren nach entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2010 allein noch die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis streitig.
Die am XX.XXXXXXXXX 1953 geborene Klägerin absolvierte von April 1971 bis März 1974 erfolgreich eine Ausbildung zur Krankenschwester. Im September 1974 wurde bei ihr eine Virushepatitis festgestellt, die die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1975 als Berufskrankheit nach Nr. 37 der Anlage zur damals geltenden Siebten Berufskrankheitenverordnung anerkannte und für deren Folgen sie zunächst eine vorläufige Verletztenrente, mit Bescheid vom 22. April 1976 dann eine Dauerrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert gewährte. In der nachfolgenden Zeit war die Klägerin nach ihren Angaben unter anderem vom 1. Mai bis 31. Oktober 1975 als Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus B., sechs Monate als Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus E., vom 1. August 1976 bis 30. Juni 1982 in Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester in einer Seniorenwohnanlage, vom 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1982 als Krankenschwester im I. Krankenhaus und vom 1. Juli 1983 bis 30. September 1983 als Krankenschwester auf der operativen Intensivstation des Krankenhauses S. beschäftigt. Nachfolgend war sie nochmals im Jahre 1989 für drei Monate in ihrem Beruf im Krankenhaus O. tätig.
Während seit 1977 jährlich erfolgte Überprüfungen des Gesundheitszustandes der Klägerin durch die Beklagte keine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung erbracht hatten, stellte der Internist Dr. O1 in seinem im Auftrag der Beklagten erstellten Gutachten vom 26. April 1984 eine wesentliche Besserung sowie lediglich noch das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von unter 20 vom Hundert fest. Die von der Beklagten daraufhin mit Bescheid vom 20. Juli 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 1984 vorgenommene Entziehung der Rente wurde von der Klägerin mit einer Klage vor dem Sozialgericht Hamburg (26 U 25/85) angefochten. Dieses Klageverfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vom 29. Mai 1987, nach welchem der Klägerin weiter Verletztenrente bis 30. April 1987 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert bis 31. Dezember 1985 und danach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert gewährt wurde. Grundlage dieses Vergleichs war das vom Gericht eingeholte Gutachten des Internisten Prof. Dr. S1 vom 30. April 1987, der zu dem Ergebnis gelangt war, die chronisch-persistierende Hepatitis sei ohne wesentliche Folgen ausgeheilt.
Am 5. Oktober 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen der anerkannten Berufskrankheit und machte dabei zur Begründung geltend, ihr gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert. Unter anderem leide sie seit einiger Zeit unter geschwollenen Fingern. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie wegen der Folgen der Berufskrankheit keinen dauerhaften Arbeitsplatz erlangen könne, weil sie nach den bei den Einstellungsuntersuchungen durchgeführten Bluttests immer eine Absage erhalte. Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach Beiziehung und Auswertung eines Befundberichts des behandelnden Internisten Dr. J. mit Bescheid vom 1. Juli 1999 und Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999 ab.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Befundbericht des Internisten Dr. J. sowie die medizinischen Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger einschließlich des Gutachtens des Internisten und Arbeitsmediziners Dr. S2 vom 28. Mai 2004 beigezogen. Nach diesem Gutachten kann die Klägerin noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Zu meiden seien lediglich bestimmte Tätigkeiten in Heilberufen, bei denen eine besondere Gefahr einer Ansteckung gegeben sei (Op-Schwester). Darüber hinaus hat das Sozialgericht das schriftliche Gutachten vom 5. Juni 2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13. September 2002 des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 eingeholt, wonach bei der Klägerin eine ausgeheilte chronische Hepatitis mit bestehender geringer Infektiosität und damit einem geringen Risiko einer Hepatitis B-Virus-Übertragung vorliege. Nur weil die Klägerin nach ihren Angaben potentiellen Arbeitgebern bereits vor der Probezeit die gewerbeärztliche Bescheinigung über die Hepatitiserkrankung vorgelegt habe, sei für sie die Erlangung einer entsprechenden Anstellung als Krankenschwester erschwert worden. Krankenschwestern, die den zuständigen Betriebsarzt und nicht den Arbeitgeber selbst über ihre Infektion informierten, würden in der Regel unter Auflagen auf allgemeinen Krankenstationen eingestellt werden. Aufgrund der durch die Berufskrankheit hervorgerufenen beruflichen Schwierigkeiten sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert festzustellen.
Durch sein Urteil vom 24. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlimmerung in den Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch –– Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) liege nicht vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit, die sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens richte, liege nach wie vor unter dem nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) für die Gewährung einer Rente erforderlichen Grad von 20 vom Hundert. Aus gesundheitlichen Gründen bestehe bereits seit 1987 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr. Dies stehe nach allen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten fest. Ob die von der Klägerin behauptete faktische Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester wegen der Offenbarung ihrer Infektion bei Vorstellungsgesprächen bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen sei, bedürfe keiner Entscheidung. Prof. Dr. B1 habe nachvollziehbar dargelegt, dass unter der Annahme, bestimmte Tätigkeiten im Gesundheitssektor seien der Klägerin verschlossen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 vom Hundert – und damit nicht in rentenberechtigender Höhe – einzuschätzen sei. Daneben bleibe festzustellen, dass die Klägerin ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten weiter nutzen könne, weil lediglich Tätigkeiten in den Bereichen Chirurgie, Intensiv- und Neugeborenenmedizin zu meiden seien. Der Umstand, dass die Klägerin bis 1989 immer wieder – wenn auch kurzzeitig – Anstellungen als Krankenschwester gefunden habe, belege, dass keine komplette Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für die Klägerin in ihrem erlernten Beruf vorliege.
Gegen das ihr am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juli 2005 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe nicht alle gesundheitlichen und beruflichen Einschränkungen berücksichtigt, sondern sich sehr einseitig nur der Frage der Hepatitis angenommen. Wegen ihrer gesundheitlichen Störungen sei sie nicht in der Lage, sechs Stunden pro Tag zu arbeiten. Wenn überhaupt, dann benötige sie einen Arbeitsplatz, wo sie zwischen Sitzen und Stehen wechseln könne. Derartige Arbeitsabläufe könnten nach heutigen technischen Standards zwar eingerichtet werden, jedoch zeige die Erfahrung, dass die meisten Arbeitgeber nicht bereit seien, sich auf solche Arbeitsabläufe einzulassen. Das Sozialgericht habe ebenfalls nicht berücksichtigt, dass aus der Hepatitis als Folgeerkrankungen wiederkehrende Durchfälle, Verdauungsstörungen, eine Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse, Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren entstanden seien. Diese nachfolgenden Erkrankungen der Hepatitis B hätten zu einer seit Mitte 1983 andauernden Langzeit-Erwerbslosigkeit geführt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virus-Hepatitis eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin habe nach der Feststellung der Hepatitis im Jahre 1974 bis ins Jahr 1983 hinein an mehreren Stellen in ihrem Beruf als Krankenschwester gearbeitet. Sie habe offensichtlich trotz des Carrier-Status Arbeit gefunden. Die Klägerin habe wohl erst nach 1983 Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gehabt. Aber auch im Jahre 1989 sei sie erneut über 3 Monate im Krankenhaus tätig gewesen. Unter diesen Umständen falle es schwer, der Argumentation der Klägerin zu folgen, sie habe aufgrund ihres Gesundheitszustandes tatsächlich keine Anstellung in ihrem Beruf finden können.
Nachdem die Klägerin die Auffassung vertreten hatte, auch ihre seelische Beeinträchtigung sei Folge der Hepatitiserkrankung, hat das Gericht sich einem im Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger erteilten Gutachtenauftrag an den Nervenarzt Dr. L. angeschlossen. Dieser Sachverständige hat die Klägerin am 2. Januar 2008 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 9. Januar 2008 eingereicht. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch eine psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und durch eine chronische dysphorische Verstimmung im Sinne einer Dysthymie mit vermehrter Reizbarkeit und Verstimmbarkeit und emotionaler Labilität beeinträchtigt sei. Bei über Jahrzehnte vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen sei es im Nachhinein nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit möglich, diese psychische Erkrankung als Folge der Virushepatitis anzusehen. Primärpersönliche Züge hätten hier sicherlich eine erhebliche Rolle gespielt. Dennoch würden mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen, dass psycho-reaktive Folgen der Virushepatitis bei der Klägerin bestehen, da durch die Erkrankung ihr gesamter Lebensentwurf in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, auch wenn man hierfür die Primärpersönlichkeit ganz wesentlich mit verantwortlich machen müsse. Zumindest ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten sollten als psychoreaktive Folgen der Virushepatitis im Sinne einer reaktiven dysthymen Störung anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden. Dies gelte zumindest seit Oktober 1998.
Die Beklagte hat dieser Beurteilung unter Hinweis auf die von der Klägerin bis 1989 ausgeübten Tätigkeiten als Krankenschwester widersprochen und ausgeführt, es passe nicht zu diesen Tatsachen, dass nun der ganze Lebensplan der Klägerin durch die Erkrankung aus der Bahn gelenkt worden sein solle. Eine direkte Verknüpfung der Arbeitslosigkeit der Klägerin mit der ausgeheilten Virus-Hepatitis bestehe gerade nicht. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Sachverständigen festgestellten Persönlichkeitsstörungen anteilig auf die Viruserkrankung zurückzuführen seien.
Demgegenüber hält die Klägerin die Beurteilung des Sachverständigen für zutreffend. Sie habe auch schon vor 1983 ständig Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt gehabt und keine Stelle über längere Zeit behalten können. Die Arbeitgeber seien immer wieder nicht bereit gewesen, Dauerarbeitsverhältnisse mit ihr einzugehen, nachdem der Hepatitis-Status bekannt geworden sei. Dementsprechend habe die Deutsche Rentenversicherung bei ihr auch Berufsunfähigkeit angenommen und eine entsprechende Rente auf Dauer gewährt. Die Klägerin hat dazu Arbeitszeugnisse des Allgemeinen Krankenhauses B. vom 31. Oktober 1975, der V.-Genossenschaft vom 8. Juli 1982, des I. Krankenhauses vom 31. Dezember 1982 sowie des Krankenhauses S. vom 19. Oktober 1983 eingereicht.
Im Termin am 11. Mai 2010 hat Dr. L. sein Gutachten ergänzend dahingehend erläutert, dass auch die Tatsache, dass die Klägerin nach ihrer Erkrankung noch einige Jahre in ihrem Beruf tätig und sogar auf einer Intensivstation eingesetzt war, nicht gegen die Entwicklung psychoreaktiver Folgen aufgrund vergeblicher Bemühungen spreche, wieder eine Arbeitsstelle zu finden. In diesem Zusammenhang sei möglicherweise eine zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber im Umgang mit an Hepatitis B erkranktem Personal von Bedeutung. Mangels wegweisender Befunde bleibe diese Überlegung natürlich spekulativ. Wenn allerdings Prof. Dr. B1 in seinem Gutachten 2002 letztlich keine messbaren körperlichen Folgen der Hepatitis feststelle, aber die Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bemesse, werde damit der gleiche Tatbestand aus arbeitsmedizinischer Sicht beschrieben, wie er, der Sachverständige, ihn aus nervenärztlicher Sicht angegeben habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 11. Mai 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 1. Juli 1999 und 30. September 1999 sind rechtmäßig. Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999 sowie des Sozialgerichts in seiner angefochtenen Entscheidung ist der Anspruch der Klägerin nicht davon abhängig, ob gegenüber der Entziehung der ursprünglich gewährten Rente wiederum eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. § 48 SGB X regelt ausschließlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse. Bei der Entziehung einer ursprünglich gewährten Rente handelt es sich aber ebenso wenig wie bei der Ablehnung einer beantragten Rentengewährung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die rechtlichen Wirkungen der Entziehung erstrecken sich gerade nicht über die einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse Dauer. Sie erschöpfen sich vielmehr in einer einmaligen Gestaltung der Sach- und Rechtslage bezogen auf den Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. von Wulffen/Wiesner, SGB X, § 48, Rdnrn. 1,4, m.w.N.). Ein wie hier geltend gemachter Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer in der Vergangenheit bereits einmal entzogenen Verletztenrente ist daher von keinen weiteren rechtlichen Voraussetzungen abhängig als ein Erstantrag.
Nach § 56 Abs. 1 SGB VII setzt die Gewährung einer Verletztenrente voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Berufskrankheit um mindestens 20 vom Hundert gemindert ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedingen die Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis nicht diesen erforderlichen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Das steht zur Überzeugung des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach Auswertung der in den während des Klageverfahrens beigezogenen Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger enthaltenen Gutachten und des vom Sozialgericht eingeholten Gutachtens des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 sowie des während des Berufungsverfahrens eingeholten Gutachtens und der ergänzenden Ausführungen des Nervenarztes Dr. L. fest. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der als Folge der Berufskrankheit geltend gemachte Gesundheitsschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss, ohne dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist. Demgegenüber genügt für den Ursachenzusammenhang der Gesundheitsstörung mit dem Unfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings ist die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend.
Nach übereinstimmender Beurteilung aller sowohl im anhängigen als auch im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger gehörten medizinischen Sachverständigen sind entgegen der Auffassung der Klägerin körperliche Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Hepatitis nicht ersichtlich und somit bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch nicht zu berücksichtigen. Die von der Klägerin insoweit geltend gemachten Beschwerden in Form von Durchfällen, Verdauungsstörungen, einer Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse, Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren konnten von den Sachverständigen nicht festgestellt werden bzw. stellen sich nach den gutachterlichen Beurteilungen gerade nicht als Folgen der durchgemachten Hepatitis dar. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Erfolg der Klägerin im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger, der letztlich einen Anspruch auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente anerkannt hat, nicht im Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit steht. Vielmehr ist im Rentenverfahren festgestellt worden, dass die Klägerin wegen anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen insbesondere in Form einer Lungenerkrankung nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten und deshalb schon nicht mehr als Krankenschwester arbeiten und wegen ihrer psychischen Gesundheitsstörungen auch nicht in Betracht kommende Verweisungstätigkeiten verrichten kann. Bei dieser Rentengewährung kam der Berufskrankheit somit gar keine Bedeutung zu.
Soweit der vom Sozialgericht gehörte arbeitsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. B1 eine durch die Folgen der Berufskrankheit bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert angenommen hat, weil die Berufskrankheit die Klägerin faktisch gehindert habe, ihren Beruf als Krankenschwester auszuüben, vermag dies nicht ohne Weiteres zu überzeugen, zumal auch Prof. Dr. B1 wie alle anderen Sachverständigen dargelegt hat, dass die Virushepatitis mit einem zwar geringen, aber nicht völlig auszuschließenden Infektionsrisiko die Klägerin lediglich hindert, als Krankenschwester in bestimmten Bereichen wie z.B. als Operationsschwester, in der Intensivmedizin oder der Geburtshilfe tätig zu werden. Damit bestätigt auch dieser Sachverständige, dass die Klägerin trotz ihrer Berufskrankheit grundsätzlich in der Lage war, weiter als Krankenschwester zu arbeiten. Dies wird letztlich – worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat – durch den Umstand bestätigt, dass die Klägerin gerade in den ersten Jahren nach der diagnostizierten Hepatitis tatsächlich an mehreren Stellen als Krankenschwester – zeitweise sogar auf einer Intensivstation – gearbeitet hat. Aus keinem der von der Klägerin vorgelegten Arbeitszeugnisse ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis wegen der anerkannten Berufskrankheit beendet bzw. nicht fortgeführt worden ist. Dementsprechend weist Prof. Dr. B1 in seinem schriftlichen Gutachten auch zu Recht darauf hin, dass gescheiterte Bewerbungen der Klägerin um einen Arbeitsplatz in erster Linie darauf zurückzuführen sind, dass sie nach ihren eigenen Angaben bereits im ersten Vorstellungsgespräch auf ihr Infektionsrisiko hingewiesen und die gewerbeärztliche Bescheinigung über das Vorliegen einer berufsbedingten Virushepatitis vorgelegt hat. Ein derartiges Verhalten wird nach den zutreffenden Darlegungen des Sachverständigen in der Regel im Sinne einer vorsorglich angekündigten Leistungseinschränkung bzw. einer zu erwartenden überdurchschnittlichen Erkrankungshäufigkeit interpretiert und führt allein aus diesem Grund zu einer Nichtberücksichtigung der Bewerbung. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die von der Klägerin den potentiellen Arbeitgebern vorgelegte gewerbeärztliche Bescheinigung noch aus den 70er Jahren und damit aus einer Zeit stammt, als die Auswirkungen und das Infektionsrisiko der Hepatitis noch erheblich größer waren, als in der hier zu bewertenden Zeit ab 1987 bzw. 1998. Hätte die Klägerin ihren jeweils aktuellen Trägerstatus – wie nach den Ausführungen des arbeitsmedizinischen Sachverständigen im Krankenhausbereich üblich – dem Betriebsarzt offenbart, wären ihre Einstellungschancen jedenfalls erheblich größer gewesen.
Legt man der Beurteilung zugrunde, dass der Klägerin nur ein ganz geringer Anteil aller Krankenschwestertätigkeiten aufgrund der Berufskrankheit tatsächlich verwehrt war, und setzt diesen Anteil im Sinne der abstrakten Schadensbemessung ins Verhältnis zu allen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sie in Betracht kommenden Arbeitsplätzen, lässt sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 nicht rechtfertigen. Eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII, wie sie von Prof. Dr. B1 angesprochen wurde, kommt bei der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht. Nach der Regelung des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB II sind bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch Nachteile zu berücksichtigen, die der Versicherte dadurch erleidet, dass er bestimmte von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalles nicht mehr oder nur noch vermindert nutzen kann. Es handelt sich insoweit um eine Härtefallklausel, für die wesentliche Faktoren das Alter des Versicherten, die Dauer seiner Ausbildung, die Dauer der Ausübung einer speziellen beruflichen Tätigkeit und die Art der speziellen beruflichen Fähigkeiten sind (vgl. Jochem Schmitt, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, § 56 Rdnrn. 30 ff, m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann bei der Klägerin, die bei Anerkennung der Berufskrankheit gerade ihre Krankenschwesterausbildung abgeschlossen hatte, nicht vom Vorliegen besonderer, über das übliche Maß hinausgehender beruflicher Kenntnisse und/oder Erfahrungen die Rede sein. Letztlich kann dies aber – wie bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat – dahingestellt bleiben, weil auch unter Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert wegen der Verschlossenheit bestimmter Tätigkeitsbereiche im Gesundheitssektor der für eine Rentengewährung erforderliche Mindestgrad der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht erreicht wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen Dr. L ... Dieser hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin eine psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und daneben eine chronische dysphorische Verstimmung im Sinne einer Dysthymie vorliegen. Nachvollziehbar hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass bei über Jahrzehnte vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen im Nachhinein diese Gesundheitsstörungen wegen fehlender Brückensymptome nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit als Folge der Virushepatitis anzusehen sind. Zwar hat er darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten als psycho-reaktive Folgen der Hepatitis anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden sollten, jedoch vermag insoweit seine Begründung nicht zu überzeugen. Wenn er davon ausgeht, dass durch die festgestellte Hepatitis der gesamte Lebensentwurf der Klägerin in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, übersieht er, dass die Klägerin trotz der Erkrankung immer wieder Arbeitsstellen als Krankenschwester gefunden hat und nach den Ausführungen des Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 ohne ihren Hinweis auf die Hepatitis schon beim ersten Vorstellungsgespräch wahrscheinlich auch weiterhin gefunden hätte. Daran vermag auch eine möglicherweise zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber nichts zu ändern. Zu Recht hat Dr. L. deshalb anlässlich seiner Anhörung im Termin am 11. Mai 2010 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Überlegungen insoweit mangels wegweisender Befunde spekulativ bleiben. Letztlich kann aber auch dies dahingestellt bleiben. Wie Dr. L. auf Befragung ausdrücklich bestätigt hat, handelt es sich bei den von ihm aus nervenärztlicher Sicht gewürdigten Schwierigkeiten der Klägerin, in ihrem erlernten Beruf dauerhaft Fuß zu fassen, um den gleichen Tatbestand, den Prof. Dr. B1 aus arbeitsmedizinischer Sicht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Übereinstimmend sind die Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese mit der anerkannten Berufskrankheit in ursächlichem Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert zu bemessen sind. Ein rentenberechtigender Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit wird danach auch unter Berücksichtigung dieser beruflichen Schwierigkeiten gerade nicht erreicht. Die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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