Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 226/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 49/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18.11.2009 sowie der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 aufgehoben, der Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007,abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit zu gewähren. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Vor-, Klage- und Berufungsverfahren. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob in dem Zeitraum vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 eine zwölfwöchige Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe mit den daraus resultierenden Folgen eingetreten ist.
Die 1977 geborene, als Fremdsprachen Englisch und Spanisch beherrschende Klägerin absolvierte nach dem Erwerb der Fachhochschulreife erfolgreich eine Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau. Nach verschiedenen, durch kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit - zuletzt vom 01.01. bis 13.02.2006 - unterbrochenen beruflichen Tätigkeiten als Vertriebsassistentin, Sachbearbeiterin, Teamassistentin und Exportsachbearbeiterin, die sie zu einem nicht unerheblichen Teil bei Zeitarbeitsunternehmen ausgeübt hatte, war die Klägerin vom 03.04.2006 bis 31.07.2006 auf der Basis eines unbefristeten Arbeitsvertrages als Groß- und Außenhandelskauffrau bei dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen S. (im Folgenden: Fa. S.) in H. beschäftigt und bei dem Flugzeughersteller A. als Entleihbetrieb eingesetzt. Während dieser Zeit erfolgte berufsbegleitend eine weitere schulische Ausbildung zur Fachkraft für Eventmanagement.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bei der Fa. S. während der Probezeit und schloss für die Zeit vom 01.08.2006 bis 29.12.2006 einen befristeten Arbeitsvertrag als kaufmännische Angestellte mit dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen K. (im Folgenden: Fa. K.) in H.; das Arbeitsverhältnis wurde nicht verlängert und endete aufgrund der Befristung. Am 19.10.2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 30.12.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Nachdem die Klägerin ausweislich eines Gesprächsvermerks der Beklagten vom 18.01.2007 als Grund für die Kündigung angegeben hatte, sie habe sich bei der Fa. S. bzw. bei A. unterfordert gefühlt und von der Fa. K. sei ihr eine Weiterbeschäftigung beim Kundenbetrieb in Aussicht gestellt worden, eine entsprechende Bestätigung werde sie nachreichen, stellte die Beklagte mit Bescheid vom selben Tag den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007, das Ruhen des Anspruchs auf Alg für diesen Zeitraum sowie die Minderung des Anspruchs auf Alg um 84 Tage fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 18.01.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin bei einem Anspruchsbeginn am 30.12.2006 Alg in Höhe von täglich 36,13 EUR für die Zeit vom 31.03. bis 15.11.2007, für die Zeit davor in Höhe von 0,00 EUR; hierbei berücksichtigte sie neben der zwölfwöchigen auch die ebenfalls mit Bescheid vom 18.01.2007 für die Zeit vom 24. bis 30.03.2007 festgestellte weitere einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung nebst entsprechendem Ruhen und Minderung der Anspruchsdauer und legte die verbliebene Restanspruchsdauer von 317 Tagen nach dem Alg-Bezug vom 01.01. bis 13.02.2006 zu Grunde. Den Eintritt der zwölfwöchigen Sperrzeit begründete die Beklagte damit, dass die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. gelöst habe. Diese Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der erst später eingetretenen Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, da das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die Klägerin habe schon bei der seinerzeitigen Kündigung erkennen können, dass sie arbeitslos werde. Die angeführten Gründe für ihr Verhalten habe die Klägerin nicht nachgewiesen.
Die Klägerin wandte sich mit Widerspruch vom 24.01.2007 ausschließlich gegen die Feststellung und Folgen der zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe und machte geltend, dass der Arbeitsplatz bei A. eigentlich überflüssig gewesen sei; es habe ein Arbeitsvolumen von maximal vier Stunden pro Tag vorgelegen, wodurch es zu Verteilungskämpfen bei Ängsten vor dem Verlust des Arbeitsplatzes gekommen sei. Die mehrfach von ihr deshalb angesprochene Mitarbeiterin der Fa. S. habe sich nicht einschalten wollen. Wegen der Unterforderung dort habe sie in dieser Zeit ihre Ausbildung zur Eventmanagerin machen können. Der wichtigste Grund für die Eigenkündigung aber sei gewesen, dass sie durch den Stellenwechsel die Option bekommen habe, eine feste Anstellung bei dem Auftraggeber der Fa. K. zu erhalten, während die Situation bei der Fa. S. angesichts der damaligen Probleme bei A. unsicher und ihr klar gewesen sei, dass eine Übernahme durch A. ausgeschlossen sei. Die Fa. K. habe von einem unbefristeten Vertrag abgesehen und diesen gleich befristet, weil sie davon ausgegangen sei, dass die Übernahme erfolgen werde. Der Klägerin selbst sei es hauptsächlich darum gegangen, wieder in ein regelmäßiges Arbeitsverhältnis mit einem festgesetzten Gehalt zu kommen, das höher als das bei den Zeitarbeitsfirmen sei. Sie fügte eine Bestätigung der Fa. K. vom 19.01.2007 bei, wonach bei Vertragsschluss die grundsätzliche Option bestanden habe, dass der Zeitarbeitseinsatz bei dem Kundenunternehmen in eine feste Anstellung münde. Dies sei dann leider nicht zustande gekommen.
Auf Nachfrage durch die Beklagte ergänzte die Fa. K. durch Schreiben vom 16.02.2007, dass im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung definitive Zusagen für eine Festanstellung (Übernahme durch das Kundenunternehmen) nach Ablauf einer Probezeit weder mündlich noch schriftlich getroffen werden könnten. Die Entscheidung einer späteren Festanstellung liege letztlich beim Kunden. Im Falle der Klägerin habe sich der Kunde bewusst gegen eine Festeinstellung (Übernahme) entschieden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2007 zurück. Die Klägerin habe das Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. ohne konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gelöst und ohne, dass ein nach objektiven Maßstäben zu beurteilender wichtiger Grund erkennbar sei. Es wäre der Klägerin unter Berücksichtigung der Interessen der Beitragszahler zumutbar gewesen, das Beschäftigungsverhältnis zumindest bis zum Beginn einer Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber fortzusetzen. Nach Angaben der Fa. K. sei die Übernahme beim Auftraggeber von verschiedenen Faktoren und letztlich von der Entscheidung des Auftraggebers abhängig und damit keinesfalls sicher gewesen. Auch die Unterforderung stelle keinen wichtigen Grund für die Kündigung dar, zumal es sich auch hier um eine Zeitarbeitsfirma gehandelt und damit die Chance auf einen anderen Einsatz bestanden habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2007 Klage erhoben, mit welcher sie über die Widerspruchsbegründung hinaus im Wesentlichen geltend gemacht hat, dass es für ihre Tätigkeit bei der Fa. S./ A. keine Aussicht gegeben habe, in ein festes Anstellungsverhältnis zu wechseln. Die Fa. K. habe hingegen mitgeteilt, dass bei dem Auftraggeber V. eine Übernahmeoption bestehe. Ein Vorstellungsgespräch der Klägerin bei V. mit Frau A.F. und Frau A.M. habe bestätigt, dass die Stelle zur Übernahme angedacht sei; man wolle zunächst prüfen, ob die Person passe. Frau T.H., eine ehemalige Mitarbeiterin der Fa. K. habe sich im Einstellungsgespräch dahingehend geäußert, dass sich die Klägerin keine Sorgen machen müsse, da sie sich sicher sei, dass der Vertrag zwischen der Fa. K. und V. verlängert werde und es dann zu einer Verlängerung des Vertrages kommen werde. Daraufhin habe sie gekündigt, wobei es wider Erwarten nicht zur Übernahme gekommen sei. Sie sei anschließend noch bei der Fa. K. für einen anderen Arbeitgeber eingesetzt worden. Aufgrund gänzlich fehlender weiterer Einsatzmöglichkeiten habe das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zum 29.12.2006 geendet. Die Klägerin hat u.a. einen arbeitsgerichtlichen Vergleich mit der Firma K. vom 12.03.2007 vorgelegt, wonach die Vertreter der Fa. K. erklärt haben, dass die Stelle, auf der die Klägerin eingesetzt worden sei, grundsätzlich zur Übernahme geplant gewesen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin bei der Einstellung eine Äußerung der Mitarbeiterin H1 so habe verstehen können, dass sehr gute Aussichten auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bestanden hätten. Man sei aufgrund der Qualifikation der Klägerin von einer weitreichenden Einsatzmöglichkeit ausgegangen.
Das Sozialgericht hat schriftliche Auskünfte der Fa. S., der Fa. K. sowie von deren ehemaliger Mitarbeiterin H1 eingeholt. Während die Fa. K. die im arbeitsgerichtlichen Vergleich niedergelegte Aussage bestätigt und dahingehend konkretisiert hat, dass sie nicht ausschließen könne, dass bei der Einstellung eine Äußerung ihrer Mitarbeiterin H1 so habe verstanden werden können, dass gute Aussichten auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses oder auf eine Übernahme bei dem Kunden bestanden hätten, hat jene Frau H1 erklärt, dass keine konkrete Aussicht bestanden habe, dass das befristete Beschäftigungsverhältnis in ein dauerhaftes habe umgewandelt werden sollen. Der damalige Kunde habe mitgeteilt, dass eine Option zur Übernahme gegeben sei. Dies habe sie der Klägerin so weitergegeben. Sie hätten über die Möglichkeiten einer Umwandlung gesprochen, jedoch habe sie der Klägerin keine feste Zusage zur Umwandlung eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses in ein unbefristetes gegeben, weil der Kunde ihr damals keine feste Zusage zur Übernahme gegeben habe.
Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2009 abgewiesen und zur Begründung zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die Klage habe "bereits aus dem Grunde" keine Aussicht auf Erfolg, da die Klägerin für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. keinen wichtigen Grund gehabt habe. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin versucht habe, über die Fa. S. in einen anderen Tätigkeitsbereich oder zu einem anderen Auftraggeber zu wechseln. Ein wichtiger Grund ergebe sich auch nicht daraus, dass der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Fa. K. angesichts der in Aussicht gestellten Option der Übernahme bei dessen Kunden V. für die Klägerin attraktiv gewesen sein möge. Zwar führe der Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis auf Grund der grundgesetzlich verbürgten Berufswahlfreiheit nicht zwangsläufig zu einer Sperrzeit. Der Arbeitslose habe einen wichtigen Grund für die Lösung des unbefristeten Beschäftigungsverhältnis zu Gunsten der Aufnahme einer befristeten Beschäftigung jedoch nur, wenn im Zeitpunkt der Lösung objektiv eine konkrete Aussicht bestanden habe, dass das neue Beschäftigungsverhältnis sich in ein dauerhaftes umwandele. Dabei gehe die Kammer davon aus, dass nicht jeglicher gewünschte Wechsel in ein befristetes Arbeitsverhältnis einen wichtigen Grund im Sinne des BSG darstellen könne. Ein wichtiger Grund für die Lösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses liege vor, wenn mit dem Wechsel in ein anderes Berufsfeld beispielsweise wesentlich günstigere Arbeitszeiten, eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten oder eine Lohnerhöhung verbunden seien. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Die Klägerin sei sowohl bei der Fa. S. als auch bei der Fa. K. als kaufmännische Angestellte in einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma mit der Möglichkeit des Einsatzes bei verschiedenen Kunden beschäftigt gewesen. Selbst wenn zugunsten der Klägerin eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit dem Arbeitgeberwechsel unterstellt werden sollte, so reichten die geltend gemachten Gründe nicht für die Annahme eines wichtigen Grundes aus. Für die Kammer sei insbesondere bedeutend, dass das Arbeitsverhältnis gerade nicht mit dem der Klägerin attraktiv erscheinenden Arbeitgeber V., sondern mit einer anderen Arbeitnehmerüberlassungsfirma abgeschlossen worden sei. Eine konkrete Aussicht auf die unbefristete Übernahme bei der Fa. K. habe die Klägerin aber gar nicht behauptet. Die Hoffnung auf eine unbefristete Beschäftigung bei V. könne nicht als wichtiger Grund anerkannt werden. Eine konkrete Zusage für eine unbefristete Anstellung bei einem Auftraggeber/Kunden habe die Zeugin H1 nicht erteilen können. Die Klägerin habe schließlich auch selbst eine konkrete, also feste Zusage nicht behauptet, sondern nur von einer "Option", also der Möglichkeit zur unbefristeten Einstellung bei V. gesprochen. Die Annahme einer Option zur unbefristeten Einstellung beim Kunden reiche zur Überzeugung der Kammer nicht aus, um die vom Bundessozialgericht (BSG) geforderte ernst zu nehmende Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz zu erfüllen. Der Umstand, dass die Klägerin sich bei der Fa. S. unterfordert gefühlt und gelangweilt habe, rechtfertige ebenso wenig die Annahme eines wichtigen Grundes. Es sei kein Umstand ersichtlich, weshalb es der Klägerin nicht zumutbar gewesen sein sollte, zunächst andere Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Fa. S. bzw. ihren Kunden zu eruieren oder aus dem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis heraus eine andere unbefristete Beschäftigung zu suchen. Aus dem Umstand, dass die Klägerin ggf. die Ausführungen der K.-Mitarbeiterin H1 so verstanden habe, dass eine unbefristete Übernahme bei V. sicher sei, lasse sich auch nicht die Annahme eines wichtigen Grundes herleiten. Es komme nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen an, sondern ein wichtiger Grund müsse objektiv gegeben sein.
Gegen dieses ihren Bevollmächtigten am 25.11.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.12.2009 eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin trägt vor, das Sozialgericht habe die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe verkannt, indem es einzig auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Lösung des ursprünglichen Beschäftigungsverhältnisses abgestellt habe, ohne die vorrangige Prüfung des Tatbestandsmerkmals des vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Herbeiführens der Arbeitslosigkeit vorzunehmen, an dem es vorliegend jedoch fehle. Nach der Rechtsprechung des BSG genüge es, wenn der Kündigende konkrete Anhaltspunkte für die Annahme habe, er werde nach Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses rechtzeitig einen neuen Arbeitsplatz erhalten. Der vom Sozialgericht vermissten "konkreten, also festen" Zusage bedürfe es nicht. Im Übrigen sei, auch wenn es darauf nicht mehr ankomme, das Vorliegen eines wichtigen Grundes anzunehmen. Aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit sei abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen müsse, befristete – ihnen attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Die Klägerin sei bei ihrem "alten" Arbeitsgeber in eine berufliche Sachgasse geraten, und die neue Beschäftigung habe sowohl die Aussicht auf eine Festanstellung bei einem "richtigen Arbeitgeber" als auch die Chance geboten, ihre unstreitigen Fähigkeiten, insbesondere auch ihre umfangreichen Fremdsprachenkenntnisse im Beruf anzuwenden. Zum Sachverhalt führt sie ergänzend aus, dass sie vor der Kündigung bei der Fa. S. mit Mitarbeiterinnen von K. und V. gesprochen habe. Die V.-Mitarbeiterinnen hätten geäußert, dass die Stelle zur Übernahme geplant sei. Die sonst im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausbedungene Probezeit solle im Rahmen eines Zeitarbeitsverhältnisses absolviert werden. Sie habe noch gefragt, ob es ein Problem sei, dass sie im September des Jahres Urlaub habe, was verneint worden sei. Als ihr dann von der Fa. K. ein bis 29.12.2006 befristeter Arbeitsvertrag zur Unterschrift vorgelegt worden sei, habe sie nachgefragt, was das denn solle. Ihr sei von Frau H1 von der Fa. K. erläutert worden, dass ja ohnehin nach Ablauf der Befristung eine Übernahme durch V. geplant sei. Sollte diese scheitern, würde das Arbeitsverhältnis mit der Fa. K. einfach verlängert werden. Nachdem sie aus dem Urlaub im Herbst wiedergekommen sei, habe V. dann schon jemand Neues gefunden, und sie habe dann in einen anderen Einsatzbetrieb gewechselt. Zu einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Fa. K. sei es danach nicht mehr gekommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 aufzuheben, den Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die angefochtene, die Rechtmäßigkeit ihrer Bescheide bestätigende Entscheidung des Sozialgerichts für richtig und betont, dass es eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung darstelle, wenn ein Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgebe, ohne dass ihm eine unbefristete Anschlussbeschäftigung zugesagt worden sei. Das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes gehe nicht so weit, dass die Versichertengemeinschaft der Beitragszahler verpflichtet wäre, die Folgekosten vollen Umfangs zu tragen.
Die Beteiligten haben durch Erklärungen vom 01.02.2012 zu Protokoll des Gerichts ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§§ 155 Abs. 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 01.02.2012 beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Alg-Anspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in deren Rechten. Eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist nicht eingetreten. Entsprechend ist der eine rechtliche Einheit mit diesem Sperrzeitbescheid bildende Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007, insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in deren Rechten, als die Gewährung von Alg ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit mit ihren Folgen in Gestalt des Ruhens und der Minderung des Anspruchs abgelehnt worden ist.
Nach § 144 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit S. 2 sowie Abs. 3 S. 1 und mit § 128 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen Fassung vom 22.12.2005 (BGBl. I S. 3676) tritt eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben; der Anspruch auf Alg ruht für die Dauer der Sperrzeit und mindert sich um die Anzahl von deren Tagen, mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer. Diese Voraussetzungen liegen bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vor.
Zwar hat die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. gelöst. Sie hat jedoch nicht die nach Beendigung des unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnisses bei der Fa. K. erstmals am 30.12.2006 bestehende Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Arbeitslose hat seine Arbeitslosigkeit durch eine Kündigung immer dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn er keine konkrete Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte, wobei nicht die feste Zusicherung eines Anschlussarbeitsplatzes erforderlich ist, aber im Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ernst zunehmende Aussichten auf einen neuen Arbeitsplatz bestanden haben müssen; grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in so schwerem Maße verletzt, dass er schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat; ihm muss vorgeworfen werden können, eine vorhersehbare Entwicklung ignoriert zu haben, wobei ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab gilt; grobe Fahrlässigkeit liegt danach vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der allgemeinen Verhältnisse auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt vernünftigerweise mit keinem Anschlussarbeitsplatz rechnen konnte (Karmanski in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 144 Rdnr. 27 mN).
Nach dem schlüssigen, insoweit unwidersprochenen Vortrag der Klägerin ging diese subjektiv nach den mit Mitarbeiterinnen der Unternehmen K. und V. vor der Kündigung ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der Fa. S. geführten Gesprächen davon aus, dass jedenfalls gute Aussichten darauf bestanden, dass sie nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages in ein festes Beschäftigungsverhältnis bei V. übernommen würde, anderenfalls das befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes bei der Fa. K. umgewandelt werden würde. Das befristete Leiharbeitsverhältnis sollte die im Rahmen einer ansonsten vorzunehmenden unbefristeten Einstellung direkt bei V. erforderliche Probezeit ersetzen.
Die Fa. K. hat mit ihren Auskünften im Verfahren und dem Zugeständnis im vorgelegten arbeitsgerichtlichen Vergleich eingeräumt, dass Äußerungen von deren Seite zumindest durch die Klägerin so haben verstanden werden können. Dem steht die Auskunft von deren ehemaliger Mitarbeiterin H1 nicht entgegen. Das Gericht sieht auch deshalb keinen Anlass an den Angaben der Klägerin zu zweifeln, weil diese im Verfahren durchgehend und auf Nachfragen konkretisierend nachvollziehbar dargestellt hat, dass sie die Kündigung ausschließlich im Vertrauen auf die zuvor geführten Gespräche vorgenommen hat, in denen ihr nicht nur die vage Möglichkeit einer Übernahme erklärt wurde, sondern dezidiert die feste Übernahmeabsicht durch V. für den Fall, dass die Klägerin sich bewährt und es persönlich "passt", sowohl von V. als auch von der Fa. K. in Aussicht gestellt wurde; die Situation stellte sich demnach dar wie eine von Anfang an vorgenommene Festanstellung auf Probe mit dem für V. attraktiveren, im Wirtschaftsleben nicht mehr ungewöhnlichen Umweg über eine vorgeschaltete Leihbeschäftigung.
Dabei wirken die Angaben der Klägerin nicht nur aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, sondern auch wegen der unbefangenen Schilderung von Details wie dem Umstand, dass sie zu Beginn der Tätigkeit bei V. für die Fa. K. noch gefragt habe, ob der bereits frühzeitig geplante Urlaub im September ein Problem darstelle. Dies sei verneint worden. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub sei ihr Arbeitsplatz dann anderweitig besetzt gewesen und sie sei einem anderen Kundenunternehmen zugeordnet worden.
Demnach scheidet eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe bereits deshalb aus, weil der Klägerin nicht mit dem erforderlichen Verschuldensmaßstab der Eintritt der Arbeitslosigkeit am 30.12.2006 vorzuwerfen ist. Diesen Prüfungspunkt, bei dem ein subjektiver Maßstab zu Grunde zu legen ist, haben sowohl die Beklagte als auf das Sozialgericht übergangen und sich im Rahmen der eigentlich nachgelagerten Prüfung eines wichtigen Grundes allein mit der Frage beschäftigt, ob nach den objektiven Maßstäben der Klägerin deren Verhalten vorzuwerfen ist. Aber auch insoweit vermag das erkennende Gericht den behördlichen und vorgerichtlichen Ausführungen nicht zu folgen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dabei ist auch den Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen Rechnung zu tragen. In der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt ist eine – auch politisch gewollte – Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen. Dies schließt es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes generell nicht als wichtigen Grund anzusehen. Aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes ist vielmehr abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen muss, befristete – ihnen attraktiv erscheinende – Arbeitsverhältnisse, zu Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 98/03 R, NJW 2005, 381, mwN). Dabei kann der Arbeitnehmer sich jedenfalls dann auf einen wichtigen Grund berufen, wenn die (nahtlose) Aufnahme der befristeten Beschäftigung mit einem Wechsel in ein anderes Berufsfeld und der damit verbundenen Erlangung zusätzlicher Fertigkeiten verbunden ist (BSG, Urteile vom 12.07.2006 - B 11a AL 55/05 R , NJW 2006, 3517, und B 11a AL 73/05 R, AP Nr. 9 zu § 144 SGB III, jeweils mwN). In diesem Zusammenhang reicht eine konkrete Aussicht auf eine unbefristete Verlängerung des zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses im Sinne einer nicht fern liegenden Möglichkeit; lediglich, wenn von vornherein feststeht, dass das Anschlussarbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses besteht, könnte fraglich sein, ob auch in diesem Fall ein wichtiger Grund im Sinne des § 144 SGB III vorliegt, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv aufweist (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 98/03 R, aaO).
Nach diesen Maßstäben konnte der Klägerin ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden. Zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Fa. S. hatte sie über Jahre wechselnde Beschäftigungsverhältnisse, zu einem großen Teil bei Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen, hinter sich, befand sich bei A. auf einem Arbeitsplatz ohne Perspektive bei schlechtem Betriebsklima und fühlte sich von ihrer Arbeitgeberin, der Fa. S., trotz mehrfacher Bitte um Intervention allein gelassen. Ihr wurde mit der einer Probezeit vergleichbaren Beschäftigung als Leiharbeiterin bei V. mit von vornherein thematisierter Übernahmeoption die Gelegenheit eröffnet, in ein dauerhaftes festes Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Zeitarbeitsbranche zu wechseln, in der sie ihre beruflichen Fertigkeiten nebst Fremdsprachenkenntnissen einbringen und fortentwickeln konnte. Nicht nur nach den subjektiven Vorstellungen der Klägerin, sondern auch nach den objektiven Umständen in diesem konkreten Einzelfall durfte sie davon ausgehen, mit dem Abschluss eines in der heutigen Wirtschaftswelt nicht unüblichen befristeten Arbeitsvertrages bei einem Zeitarbeitsunternehmen in Verbindung mit den Inhalten der Vorgespräche auch mit V. eine ähnlich hohe Aussicht auf dauerhafte Anstellung beim Entleiher zu haben, als hätte sie dort einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit sechsmonatiger Probezeit abgeschlossen.
Würde man in Konstellationen wie der vorliegenden einen Sperrzeittatbestand bejahen, würde man faktisch große Teile des Arbeitsmarktes Arbeitnehmern, die sich in unbefristeten Arbeitsverhältnissen befinden, vorenthalten. Das Risiko, für den Fall, dass sich berechtigte Hoffnungen auf eine dauerhafte Beschäftigung zerschlagen, zwölf Wochen des Arbeitslosengeldanspruchs zu verlieren, wäre dazu angetan, die berufliche Weiterentwicklung, die auch im Interesse der Solidargemeinschaft der arbeitslosen Versicherten ist, zu verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob in dem Zeitraum vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 eine zwölfwöchige Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe mit den daraus resultierenden Folgen eingetreten ist.
Die 1977 geborene, als Fremdsprachen Englisch und Spanisch beherrschende Klägerin absolvierte nach dem Erwerb der Fachhochschulreife erfolgreich eine Ausbildung zur Groß- und Einzelhandelskauffrau. Nach verschiedenen, durch kurze Zeiten der Arbeitslosigkeit - zuletzt vom 01.01. bis 13.02.2006 - unterbrochenen beruflichen Tätigkeiten als Vertriebsassistentin, Sachbearbeiterin, Teamassistentin und Exportsachbearbeiterin, die sie zu einem nicht unerheblichen Teil bei Zeitarbeitsunternehmen ausgeübt hatte, war die Klägerin vom 03.04.2006 bis 31.07.2006 auf der Basis eines unbefristeten Arbeitsvertrages als Groß- und Außenhandelskauffrau bei dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen S. (im Folgenden: Fa. S.) in H. beschäftigt und bei dem Flugzeughersteller A. als Entleihbetrieb eingesetzt. Während dieser Zeit erfolgte berufsbegleitend eine weitere schulische Ausbildung zur Fachkraft für Eventmanagement.
Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bei der Fa. S. während der Probezeit und schloss für die Zeit vom 01.08.2006 bis 29.12.2006 einen befristeten Arbeitsvertrag als kaufmännische Angestellte mit dem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen K. (im Folgenden: Fa. K.) in H.; das Arbeitsverhältnis wurde nicht verlängert und endete aufgrund der Befristung. Am 19.10.2006 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten zum 30.12.2006 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).
Nachdem die Klägerin ausweislich eines Gesprächsvermerks der Beklagten vom 18.01.2007 als Grund für die Kündigung angegeben hatte, sie habe sich bei der Fa. S. bzw. bei A. unterfordert gefühlt und von der Fa. K. sei ihr eine Weiterbeschäftigung beim Kundenbetrieb in Aussicht gestellt worden, eine entsprechende Bestätigung werde sie nachreichen, stellte die Beklagte mit Bescheid vom selben Tag den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007, das Ruhen des Anspruchs auf Alg für diesen Zeitraum sowie die Minderung des Anspruchs auf Alg um 84 Tage fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 18.01.2007 bewilligte die Beklagte der Klägerin bei einem Anspruchsbeginn am 30.12.2006 Alg in Höhe von täglich 36,13 EUR für die Zeit vom 31.03. bis 15.11.2007, für die Zeit davor in Höhe von 0,00 EUR; hierbei berücksichtigte sie neben der zwölfwöchigen auch die ebenfalls mit Bescheid vom 18.01.2007 für die Zeit vom 24. bis 30.03.2007 festgestellte weitere einwöchige Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung nebst entsprechendem Ruhen und Minderung der Anspruchsdauer und legte die verbliebene Restanspruchsdauer von 317 Tagen nach dem Alg-Bezug vom 01.01. bis 13.02.2006 zu Grunde. Den Eintritt der zwölfwöchigen Sperrzeit begründete die Beklagte damit, dass die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. gelöst habe. Diese Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der erst später eingetretenen Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, da das Anschlussarbeitsverhältnis von vornherein befristet gewesen sei. Die Klägerin habe schon bei der seinerzeitigen Kündigung erkennen können, dass sie arbeitslos werde. Die angeführten Gründe für ihr Verhalten habe die Klägerin nicht nachgewiesen.
Die Klägerin wandte sich mit Widerspruch vom 24.01.2007 ausschließlich gegen die Feststellung und Folgen der zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe und machte geltend, dass der Arbeitsplatz bei A. eigentlich überflüssig gewesen sei; es habe ein Arbeitsvolumen von maximal vier Stunden pro Tag vorgelegen, wodurch es zu Verteilungskämpfen bei Ängsten vor dem Verlust des Arbeitsplatzes gekommen sei. Die mehrfach von ihr deshalb angesprochene Mitarbeiterin der Fa. S. habe sich nicht einschalten wollen. Wegen der Unterforderung dort habe sie in dieser Zeit ihre Ausbildung zur Eventmanagerin machen können. Der wichtigste Grund für die Eigenkündigung aber sei gewesen, dass sie durch den Stellenwechsel die Option bekommen habe, eine feste Anstellung bei dem Auftraggeber der Fa. K. zu erhalten, während die Situation bei der Fa. S. angesichts der damaligen Probleme bei A. unsicher und ihr klar gewesen sei, dass eine Übernahme durch A. ausgeschlossen sei. Die Fa. K. habe von einem unbefristeten Vertrag abgesehen und diesen gleich befristet, weil sie davon ausgegangen sei, dass die Übernahme erfolgen werde. Der Klägerin selbst sei es hauptsächlich darum gegangen, wieder in ein regelmäßiges Arbeitsverhältnis mit einem festgesetzten Gehalt zu kommen, das höher als das bei den Zeitarbeitsfirmen sei. Sie fügte eine Bestätigung der Fa. K. vom 19.01.2007 bei, wonach bei Vertragsschluss die grundsätzliche Option bestanden habe, dass der Zeitarbeitseinsatz bei dem Kundenunternehmen in eine feste Anstellung münde. Dies sei dann leider nicht zustande gekommen.
Auf Nachfrage durch die Beklagte ergänzte die Fa. K. durch Schreiben vom 16.02.2007, dass im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung definitive Zusagen für eine Festanstellung (Übernahme durch das Kundenunternehmen) nach Ablauf einer Probezeit weder mündlich noch schriftlich getroffen werden könnten. Die Entscheidung einer späteren Festanstellung liege letztlich beim Kunden. Im Falle der Klägerin habe sich der Kunde bewusst gegen eine Festeinstellung (Übernahme) entschieden.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2007 zurück. Die Klägerin habe das Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. ohne konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gelöst und ohne, dass ein nach objektiven Maßstäben zu beurteilender wichtiger Grund erkennbar sei. Es wäre der Klägerin unter Berücksichtigung der Interessen der Beitragszahler zumutbar gewesen, das Beschäftigungsverhältnis zumindest bis zum Beginn einer Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber fortzusetzen. Nach Angaben der Fa. K. sei die Übernahme beim Auftraggeber von verschiedenen Faktoren und letztlich von der Entscheidung des Auftraggebers abhängig und damit keinesfalls sicher gewesen. Auch die Unterforderung stelle keinen wichtigen Grund für die Kündigung dar, zumal es sich auch hier um eine Zeitarbeitsfirma gehandelt und damit die Chance auf einen anderen Einsatz bestanden habe.
Hiergegen hat die Klägerin am 20.03.2007 Klage erhoben, mit welcher sie über die Widerspruchsbegründung hinaus im Wesentlichen geltend gemacht hat, dass es für ihre Tätigkeit bei der Fa. S./ A. keine Aussicht gegeben habe, in ein festes Anstellungsverhältnis zu wechseln. Die Fa. K. habe hingegen mitgeteilt, dass bei dem Auftraggeber V. eine Übernahmeoption bestehe. Ein Vorstellungsgespräch der Klägerin bei V. mit Frau A.F. und Frau A.M. habe bestätigt, dass die Stelle zur Übernahme angedacht sei; man wolle zunächst prüfen, ob die Person passe. Frau T.H., eine ehemalige Mitarbeiterin der Fa. K. habe sich im Einstellungsgespräch dahingehend geäußert, dass sich die Klägerin keine Sorgen machen müsse, da sie sich sicher sei, dass der Vertrag zwischen der Fa. K. und V. verlängert werde und es dann zu einer Verlängerung des Vertrages kommen werde. Daraufhin habe sie gekündigt, wobei es wider Erwarten nicht zur Übernahme gekommen sei. Sie sei anschließend noch bei der Fa. K. für einen anderen Arbeitgeber eingesetzt worden. Aufgrund gänzlich fehlender weiterer Einsatzmöglichkeiten habe das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zum 29.12.2006 geendet. Die Klägerin hat u.a. einen arbeitsgerichtlichen Vergleich mit der Firma K. vom 12.03.2007 vorgelegt, wonach die Vertreter der Fa. K. erklärt haben, dass die Stelle, auf der die Klägerin eingesetzt worden sei, grundsätzlich zur Übernahme geplant gewesen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin bei der Einstellung eine Äußerung der Mitarbeiterin H1 so habe verstehen können, dass sehr gute Aussichten auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bestanden hätten. Man sei aufgrund der Qualifikation der Klägerin von einer weitreichenden Einsatzmöglichkeit ausgegangen.
Das Sozialgericht hat schriftliche Auskünfte der Fa. S., der Fa. K. sowie von deren ehemaliger Mitarbeiterin H1 eingeholt. Während die Fa. K. die im arbeitsgerichtlichen Vergleich niedergelegte Aussage bestätigt und dahingehend konkretisiert hat, dass sie nicht ausschließen könne, dass bei der Einstellung eine Äußerung ihrer Mitarbeiterin H1 so habe verstanden werden können, dass gute Aussichten auf Verlängerung des Arbeitsverhältnisses oder auf eine Übernahme bei dem Kunden bestanden hätten, hat jene Frau H1 erklärt, dass keine konkrete Aussicht bestanden habe, dass das befristete Beschäftigungsverhältnis in ein dauerhaftes habe umgewandelt werden sollen. Der damalige Kunde habe mitgeteilt, dass eine Option zur Übernahme gegeben sei. Dies habe sie der Klägerin so weitergegeben. Sie hätten über die Möglichkeiten einer Umwandlung gesprochen, jedoch habe sie der Klägerin keine feste Zusage zur Umwandlung eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses in ein unbefristetes gegeben, weil der Kunde ihr damals keine feste Zusage zur Übernahme gegeben habe.
Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 18.11.2009 abgewiesen und zur Begründung zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die Klage habe "bereits aus dem Grunde" keine Aussicht auf Erfolg, da die Klägerin für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S. keinen wichtigen Grund gehabt habe. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Klägerin versucht habe, über die Fa. S. in einen anderen Tätigkeitsbereich oder zu einem anderen Auftraggeber zu wechseln. Ein wichtiger Grund ergebe sich auch nicht daraus, dass der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages mit der Fa. K. angesichts der in Aussicht gestellten Option der Übernahme bei dessen Kunden V. für die Klägerin attraktiv gewesen sein möge. Zwar führe der Wechsel von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis auf Grund der grundgesetzlich verbürgten Berufswahlfreiheit nicht zwangsläufig zu einer Sperrzeit. Der Arbeitslose habe einen wichtigen Grund für die Lösung des unbefristeten Beschäftigungsverhältnis zu Gunsten der Aufnahme einer befristeten Beschäftigung jedoch nur, wenn im Zeitpunkt der Lösung objektiv eine konkrete Aussicht bestanden habe, dass das neue Beschäftigungsverhältnis sich in ein dauerhaftes umwandele. Dabei gehe die Kammer davon aus, dass nicht jeglicher gewünschte Wechsel in ein befristetes Arbeitsverhältnis einen wichtigen Grund im Sinne des BSG darstellen könne. Ein wichtiger Grund für die Lösung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zur Aufnahme eines befristeten Arbeitsverhältnisses liege vor, wenn mit dem Wechsel in ein anderes Berufsfeld beispielsweise wesentlich günstigere Arbeitszeiten, eine Erweiterung der beruflichen Einsatzmöglichkeiten oder eine Lohnerhöhung verbunden seien. Diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Die Klägerin sei sowohl bei der Fa. S. als auch bei der Fa. K. als kaufmännische Angestellte in einer Arbeitnehmerüberlassungsfirma mit der Möglichkeit des Einsatzes bei verschiedenen Kunden beschäftigt gewesen. Selbst wenn zugunsten der Klägerin eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit dem Arbeitgeberwechsel unterstellt werden sollte, so reichten die geltend gemachten Gründe nicht für die Annahme eines wichtigen Grundes aus. Für die Kammer sei insbesondere bedeutend, dass das Arbeitsverhältnis gerade nicht mit dem der Klägerin attraktiv erscheinenden Arbeitgeber V., sondern mit einer anderen Arbeitnehmerüberlassungsfirma abgeschlossen worden sei. Eine konkrete Aussicht auf die unbefristete Übernahme bei der Fa. K. habe die Klägerin aber gar nicht behauptet. Die Hoffnung auf eine unbefristete Beschäftigung bei V. könne nicht als wichtiger Grund anerkannt werden. Eine konkrete Zusage für eine unbefristete Anstellung bei einem Auftraggeber/Kunden habe die Zeugin H1 nicht erteilen können. Die Klägerin habe schließlich auch selbst eine konkrete, also feste Zusage nicht behauptet, sondern nur von einer "Option", also der Möglichkeit zur unbefristeten Einstellung bei V. gesprochen. Die Annahme einer Option zur unbefristeten Einstellung beim Kunden reiche zur Überzeugung der Kammer nicht aus, um die vom Bundessozialgericht (BSG) geforderte ernst zu nehmende Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz zu erfüllen. Der Umstand, dass die Klägerin sich bei der Fa. S. unterfordert gefühlt und gelangweilt habe, rechtfertige ebenso wenig die Annahme eines wichtigen Grundes. Es sei kein Umstand ersichtlich, weshalb es der Klägerin nicht zumutbar gewesen sein sollte, zunächst andere Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Fa. S. bzw. ihren Kunden zu eruieren oder aus dem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis heraus eine andere unbefristete Beschäftigung zu suchen. Aus dem Umstand, dass die Klägerin ggf. die Ausführungen der K.-Mitarbeiterin H1 so verstanden habe, dass eine unbefristete Übernahme bei V. sicher sei, lasse sich auch nicht die Annahme eines wichtigen Grundes herleiten. Es komme nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitslosen an, sondern ein wichtiger Grund müsse objektiv gegeben sein.
Gegen dieses ihren Bevollmächtigten am 25.11.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.12.2009 eingelegte Berufung der Klägerin.
Die Klägerin trägt vor, das Sozialgericht habe die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe verkannt, indem es einzig auf das Fehlen eines wichtigen Grundes für die Lösung des ursprünglichen Beschäftigungsverhältnisses abgestellt habe, ohne die vorrangige Prüfung des Tatbestandsmerkmals des vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Herbeiführens der Arbeitslosigkeit vorzunehmen, an dem es vorliegend jedoch fehle. Nach der Rechtsprechung des BSG genüge es, wenn der Kündigende konkrete Anhaltspunkte für die Annahme habe, er werde nach Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses rechtzeitig einen neuen Arbeitsplatz erhalten. Der vom Sozialgericht vermissten "konkreten, also festen" Zusage bedürfe es nicht. Im Übrigen sei, auch wenn es darauf nicht mehr ankomme, das Vorliegen eines wichtigen Grundes anzunehmen. Aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit sei abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen müsse, befristete – ihnen attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse aufzunehmen. Die Klägerin sei bei ihrem "alten" Arbeitsgeber in eine berufliche Sachgasse geraten, und die neue Beschäftigung habe sowohl die Aussicht auf eine Festanstellung bei einem "richtigen Arbeitgeber" als auch die Chance geboten, ihre unstreitigen Fähigkeiten, insbesondere auch ihre umfangreichen Fremdsprachenkenntnisse im Beruf anzuwenden. Zum Sachverhalt führt sie ergänzend aus, dass sie vor der Kündigung bei der Fa. S. mit Mitarbeiterinnen von K. und V. gesprochen habe. Die V.-Mitarbeiterinnen hätten geäußert, dass die Stelle zur Übernahme geplant sei. Die sonst im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausbedungene Probezeit solle im Rahmen eines Zeitarbeitsverhältnisses absolviert werden. Sie habe noch gefragt, ob es ein Problem sei, dass sie im September des Jahres Urlaub habe, was verneint worden sei. Als ihr dann von der Fa. K. ein bis 29.12.2006 befristeter Arbeitsvertrag zur Unterschrift vorgelegt worden sei, habe sie nachgefragt, was das denn solle. Ihr sei von Frau H1 von der Fa. K. erläutert worden, dass ja ohnehin nach Ablauf der Befristung eine Übernahme durch V. geplant sei. Sollte diese scheitern, würde das Arbeitsverhältnis mit der Fa. K. einfach verlängert werden. Nachdem sie aus dem Urlaub im Herbst wiedergekommen sei, habe V. dann schon jemand Neues gefunden, und sie habe dann in einen anderen Einsatzbetrieb gewechselt. Zu einer Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Fa. K. sei es danach nicht mehr gekommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 aufzuheben, den Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Sie hält die angefochtene, die Rechtmäßigkeit ihrer Bescheide bestätigende Entscheidung des Sozialgerichts für richtig und betont, dass es eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung darstelle, wenn ein Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis aufgebe, ohne dass ihm eine unbefristete Anschlussbeschäftigung zugesagt worden sei. Das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes gehe nicht so weit, dass die Versichertengemeinschaft der Beitragszahler verpflichtet wäre, die Folgekosten vollen Umfangs zu tragen.
Die Beteiligten haben durch Erklärungen vom 01.02.2012 zu Protokoll des Gerichts ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§§ 155 Abs. 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 01.02.2012 beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsakte der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2007 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 30.12.2006 bis 23.03.2007 nebst Ruhen und Minderung des Alg-Anspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in deren Rechten. Eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe ist nicht eingetreten. Entsprechend ist der eine rechtliche Einheit mit diesem Sperrzeitbescheid bildende Bewilligungsbescheid vom 18.01.2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2007, insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in deren Rechten, als die Gewährung von Alg ohne Berücksichtigung dieser Sperrzeit mit ihren Folgen in Gestalt des Ruhens und der Minderung des Anspruchs abgelehnt worden ist.
Nach § 144 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit S. 2 sowie Abs. 3 S. 1 und mit § 128 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuchs Drittes Buch (SGB III) in der hier maßgeblichen Fassung vom 22.12.2005 (BGBl. I S. 3676) tritt eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben; der Anspruch auf Alg ruht für die Dauer der Sperrzeit und mindert sich um die Anzahl von deren Tagen, mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer. Diese Voraussetzungen liegen bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vor.
Zwar hat die Klägerin ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Fa. S. gelöst. Sie hat jedoch nicht die nach Beendigung des unmittelbaren Anschlussarbeitsverhältnisses bei der Fa. K. erstmals am 30.12.2006 bestehende Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Arbeitslose hat seine Arbeitslosigkeit durch eine Kündigung immer dann vorsätzlich herbeigeführt, wenn er keine konkrete Aussicht auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte, wobei nicht die feste Zusicherung eines Anschlussarbeitsplatzes erforderlich ist, aber im Zeitpunkt der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses ernst zunehmende Aussichten auf einen neuen Arbeitsplatz bestanden haben müssen; grob fahrlässig handelt, wer die erforderliche Sorgfalt in so schwerem Maße verletzt, dass er schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt hat; ihm muss vorgeworfen werden können, eine vorhersehbare Entwicklung ignoriert zu haben, wobei ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab gilt; grobe Fahrlässigkeit liegt danach vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der allgemeinen Verhältnisse auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt vernünftigerweise mit keinem Anschlussarbeitsplatz rechnen konnte (Karmanski in: Niesel/Brand, SGB III, 5. Aufl. 2010, § 144 Rdnr. 27 mN).
Nach dem schlüssigen, insoweit unwidersprochenen Vortrag der Klägerin ging diese subjektiv nach den mit Mitarbeiterinnen der Unternehmen K. und V. vor der Kündigung ihres Beschäftigungsverhältnisses bei der Fa. S. geführten Gesprächen davon aus, dass jedenfalls gute Aussichten darauf bestanden, dass sie nach Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages in ein festes Beschäftigungsverhältnis bei V. übernommen würde, anderenfalls das befristete Arbeitsverhältnis in ein unbefristetes bei der Fa. K. umgewandelt werden würde. Das befristete Leiharbeitsverhältnis sollte die im Rahmen einer ansonsten vorzunehmenden unbefristeten Einstellung direkt bei V. erforderliche Probezeit ersetzen.
Die Fa. K. hat mit ihren Auskünften im Verfahren und dem Zugeständnis im vorgelegten arbeitsgerichtlichen Vergleich eingeräumt, dass Äußerungen von deren Seite zumindest durch die Klägerin so haben verstanden werden können. Dem steht die Auskunft von deren ehemaliger Mitarbeiterin H1 nicht entgegen. Das Gericht sieht auch deshalb keinen Anlass an den Angaben der Klägerin zu zweifeln, weil diese im Verfahren durchgehend und auf Nachfragen konkretisierend nachvollziehbar dargestellt hat, dass sie die Kündigung ausschließlich im Vertrauen auf die zuvor geführten Gespräche vorgenommen hat, in denen ihr nicht nur die vage Möglichkeit einer Übernahme erklärt wurde, sondern dezidiert die feste Übernahmeabsicht durch V. für den Fall, dass die Klägerin sich bewährt und es persönlich "passt", sowohl von V. als auch von der Fa. K. in Aussicht gestellt wurde; die Situation stellte sich demnach dar wie eine von Anfang an vorgenommene Festanstellung auf Probe mit dem für V. attraktiveren, im Wirtschaftsleben nicht mehr ungewöhnlichen Umweg über eine vorgeschaltete Leihbeschäftigung.
Dabei wirken die Angaben der Klägerin nicht nur aufgrund des persönlichen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, sondern auch wegen der unbefangenen Schilderung von Details wie dem Umstand, dass sie zu Beginn der Tätigkeit bei V. für die Fa. K. noch gefragt habe, ob der bereits frühzeitig geplante Urlaub im September ein Problem darstelle. Dies sei verneint worden. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub sei ihr Arbeitsplatz dann anderweitig besetzt gewesen und sie sei einem anderen Kundenunternehmen zugeordnet worden.
Demnach scheidet eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe bereits deshalb aus, weil der Klägerin nicht mit dem erforderlichen Verschuldensmaßstab der Eintritt der Arbeitslosigkeit am 30.12.2006 vorzuwerfen ist. Diesen Prüfungspunkt, bei dem ein subjektiver Maßstab zu Grunde zu legen ist, haben sowohl die Beklagte als auf das Sozialgericht übergangen und sich im Rahmen der eigentlich nachgelagerten Prüfung eines wichtigen Grundes allein mit der Frage beschäftigt, ob nach den objektiven Maßstäben der Klägerin deren Verhalten vorzuwerfen ist. Aber auch insoweit vermag das erkennende Gericht den behördlichen und vorgerichtlichen Ausführungen nicht zu folgen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 144 Abs. 1 S. 1 SGB III unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Dabei ist auch den Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen Rechnung zu tragen. In der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt ist eine – auch politisch gewollte – Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen. Dies schließt es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes generell nicht als wichtigen Grund anzusehen. Aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes ist vielmehr abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen muss, befristete – ihnen attraktiv erscheinende – Arbeitsverhältnisse, zu Gunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 98/03 R, NJW 2005, 381, mwN). Dabei kann der Arbeitnehmer sich jedenfalls dann auf einen wichtigen Grund berufen, wenn die (nahtlose) Aufnahme der befristeten Beschäftigung mit einem Wechsel in ein anderes Berufsfeld und der damit verbundenen Erlangung zusätzlicher Fertigkeiten verbunden ist (BSG, Urteile vom 12.07.2006 - B 11a AL 55/05 R , NJW 2006, 3517, und B 11a AL 73/05 R, AP Nr. 9 zu § 144 SGB III, jeweils mwN). In diesem Zusammenhang reicht eine konkrete Aussicht auf eine unbefristete Verlängerung des zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses im Sinne einer nicht fern liegenden Möglichkeit; lediglich, wenn von vornherein feststeht, dass das Anschlussarbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses besteht, könnte fraglich sein, ob auch in diesem Fall ein wichtiger Grund im Sinne des § 144 SGB III vorliegt, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv aufweist (BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 7 AL 98/03 R, aaO).
Nach diesen Maßstäben konnte der Klägerin ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden. Zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei der Fa. S. hatte sie über Jahre wechselnde Beschäftigungsverhältnisse, zu einem großen Teil bei Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen, hinter sich, befand sich bei A. auf einem Arbeitsplatz ohne Perspektive bei schlechtem Betriebsklima und fühlte sich von ihrer Arbeitgeberin, der Fa. S., trotz mehrfacher Bitte um Intervention allein gelassen. Ihr wurde mit der einer Probezeit vergleichbaren Beschäftigung als Leiharbeiterin bei V. mit von vornherein thematisierter Übernahmeoption die Gelegenheit eröffnet, in ein dauerhaftes festes Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Zeitarbeitsbranche zu wechseln, in der sie ihre beruflichen Fertigkeiten nebst Fremdsprachenkenntnissen einbringen und fortentwickeln konnte. Nicht nur nach den subjektiven Vorstellungen der Klägerin, sondern auch nach den objektiven Umständen in diesem konkreten Einzelfall durfte sie davon ausgehen, mit dem Abschluss eines in der heutigen Wirtschaftswelt nicht unüblichen befristeten Arbeitsvertrages bei einem Zeitarbeitsunternehmen in Verbindung mit den Inhalten der Vorgespräche auch mit V. eine ähnlich hohe Aussicht auf dauerhafte Anstellung beim Entleiher zu haben, als hätte sie dort einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit sechsmonatiger Probezeit abgeschlossen.
Würde man in Konstellationen wie der vorliegenden einen Sperrzeittatbestand bejahen, würde man faktisch große Teile des Arbeitsmarktes Arbeitnehmern, die sich in unbefristeten Arbeitsverhältnissen befinden, vorenthalten. Das Risiko, für den Fall, dass sich berechtigte Hoffnungen auf eine dauerhafte Beschäftigung zerschlagen, zwölf Wochen des Arbeitslosengeldanspruchs zu verlieren, wäre dazu angetan, die berufliche Weiterentwicklung, die auch im Interesse der Solidargemeinschaft der arbeitslosen Versicherten ist, zu verhindern.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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