L 2 EG 4/19

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 EG 26/17
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 EG 4/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren Elterngeld von der Beklagten.

Die Kläger, die im streitigen Zeitraum in häuslicher Gemeinschaft lebten und beide einer nichtselbstständigen Tätigkeit nachgingen, beantragten am 25. August 2016 Elterngeld für die ersten 14 Lebensmonate ihres Kindes, den am 21. Juni 2016 geborenen P ... Ausweislich des Steuerbescheides für das Jahr 2015 erzielte die Klägerin ein zu versteuerndes Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Höhe von 47.695 Euro. Der Kläger hatte hingegen in den Steuerjahren 2013 und 2014 ein zu versteuerndes Einkommen von jeweils mehr als einer Million Euro, welches ganz überwiegend auf Einkünften aus Gewerbebetrieb beruhte, und gab an, auch im Jahr vor der Geburt wahrscheinlich mehr als 500.000 Euro zu versteuerndes Einkommen zu erzielen.

Die Kläger führten in der Begründung ihres Antrags an, dass es sich bei den Einkünften aus dem Gewerbebetrieb um zugerechnete Gewinne aus der Kommanditbeteiligung des Klägers an der vermögensverwaltenden Familien KG handele. Bei Personengesellschaften erfolge die Besteuerung der Gewinne auf der Ebene der Gesellschafter. Ein tatsächlicher Geldzufluss sei nur in Höhe der Entnahmen erfolgt, auf die der Kläger keinen Einfluss habe, da die Höhe durch die Komplementärin allein festgelegt werde. Ein Zugriff auf die zugerechneten Einkünfte durch zusätzliche Entnahmen sei gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen. Es würde sich daher um eine Vermögensmehrung handeln, die keinerlei Aussage über den tatsächlichen Geldzufluss treffe. Das zu versteuernde Einkommen würde nicht zur Finanzierung des Lebensunterhaltes des Kinders zu Verfügung stehen. Würde es sich nicht um eine Personengesellschaft, sondern um eine Kapitalgesellschaft handeln, würde nur das Einkommen aus nichtselbstständiger Tätigkeit verbleiben, welches unterhalb der Grenze von 500.000 Euro liege.

Die Beklagte lehnte mit Bescheiden vom 29. September 2016 die Anträge der Kläger ab, da die Kläger über ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von mehr als 500.000 Euro verfügten.

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Ergänzend zum Vorbringen im Antragsverfahren machten sie geltend, dass es nicht sachgerecht sei, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei der Prüfung des Anspruchs auf Elterngeld zu berücksichtigen, da allein der reale Geldzufluss und nicht das steuerlich zurechenbare Einkommen als Grundlage für die Beurteilung dienen könne. Einkünfte einer Kapitalgesellschaft würden nur der Abgeltungssteuer unterliegen und seien daher kein zu versteuerndes Einkommen im Sinne des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG). Ein Grund für die Differenzierung sei nicht ersichtlich. Der Wortlaut des § 1 Abs. 8 BEEG sei insoweit teleologisch zu reduzieren, dass nur real verfügbare Einkünfte Berücksichtigung finden dürfen. Andernfalls würde der Gesetzeszweck verfehlt, der an die konkret verfügbaren wirtschaftlichen Verhältnisse anknüpfe.

Nach dem im Widerspruchsverfahren vorgelegten Steuerbescheid für das Jahr 2015 erzielte der Kläger ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 1.214.377 Euro, davon 72.817 Euro aus nichtselbstständiger Tätigkeit vor Abzug von Sonderausgaben. Die für das Wirtschaftsjahr 2014 in 2015 getätigte Gewinnausschüttung betrug nach Angaben der Kläger 147.000 Euro.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. November 2017 wies die Beklagte die Widersprüche der Kläger als unbegründet zurück. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Elterngeld lägen nicht vor, denn das zu versteuernde Einkommen der Kläger im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt ihres Kindes habe mehr als 500.000 Euro betragen. Dass den Klägern das Einkommen tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden habe, sei für die Beurteilung des Falles unerheblich. Der Einwand, dass das zu versteuernde Einkommen anders ausfalle, wenn es sich nicht um eine Personen-, sondern um eine Kapitalgesellschaft handele, sei rein hypothetischer Natur und daher unbeachtlich. Es läge keine gleichheitswidrige Differenzierung vor, weil die Sachverhalte schon nicht vergleichbar seien. Eine teleologische Reduktion des Gesetzes sei zur Verfassungsmäßigkeit nicht erforderlich. Abgesehen davon, dass das Bundessozialgericht bereits entschieden habe, dass die Anknüpfung an das Steuerrecht zulässig sei, stehe dem Gesetzgeber im Bereich des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu, insbesondere auch für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises.

Die Kläger haben am 18. Dezember 2017 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben. Ergänzend haben sie vorgetragen, dass der Gesetzgeber erkennbar eine Leistungsgrenze habe definieren wollen, hierfür jedoch einen völlig unzutreffenden Anknüpfungspunkt gewählt habe. Ein zu versteuerndes Einkommen bei der Kommanditgesellschaft bedeute noch lange nicht für den Kommanditisten eine reale Verfügbarkeit entsprechender Geldbeträge.

Der Bevollmächtigte der Kläger hat laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erklärt, dass der Kläger durchweg gearbeitet habe. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit aufgrund eines Ortswechsels zunächst eingestellt und später einige Monate nach der Geburt des Kindes eine geringfügige Beschäftigung in Teilzeit aufgenommen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. April 2019 abgewiesen. Der Kläger gehöre bereits deshalb nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis, weil er für den Zeitraum, für welchen er Elterngeld beantragt habe, hier den 13. und 14. Lebensmonat seines Sohnes, einer vollen Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Darüber hinaus seien die Kläger nach § 1 Abs. 8 BEEG aufgrund der Höhe des zu versteuernden Einkommens von den Leistungen des Elterngeldes ausgeschlossen. Nach § 1 Abs. 8 BEEG entfalle der Anspruch, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von mehr als 250.000 Euro erzielt habe. Erfülle auch eine andere Person die Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder der Abs. 3 oder 4, entfalle abweichend von Satz 1 der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 500.000 Euro betrage. Vorliegend habe der Kläger ausweislich des im Verwaltungsverfahren eingereichten Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2015, dem letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt seines Sohnes in 2016, ein zu versteuerndes Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 5 EStG in Höhe von 1.214.377 Euro gehabt und überschreite damit die Einkommensgrenze von 500.000 Euro. Da er ebenso wie die Klägerin in einem Haushalt mit seinem Sohn lebe, sei damit auch die Klägerin vom Leistungsausschluss umfasst. Dabei komme es entgegen der Auffassung der Kläger nicht darauf an, dass ihnen das zu versteuernde Einkommen tatsächlich nicht zugeflossen sei. Dies finde im Gesetz keine Stütze und sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Eine Differenzierung nach bestimmten Einkommensarten werde durch § 1 Abs. 8 BEEG nicht vorgenommen. Vielmehr spreche der Wortlaut allein vom zu versteuernden Einkommen, weshalb Einkünfte aus Gewerbebetrieb ebenso darunter fielen wie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Auch nehme der Gesetzeswortlaut keine Unterscheidung danach vor, ob dem Steuerpflichtigen das Einkommen tatsächlich zur Verfügung stehe oder nicht, ob also das zu versteuernde Einkommen beispielsweise der Pfändung unterliege oder ob es, wie im Falle des Klägers aufgrund interner Vereinbarung der Kommanditgesellschaft im Wesentlichen im Vermögen der Gesellschaft verbleibe und nur im geringen Umfang ausgeschüttet werde. Als maßgeblichen Zeitraum habe der Gesetzgeber auf das Einkommen im Kalenderjahr vor der Geburt abgestellt. Diesen Zeitraum sehe er generell als repräsentativ zur Beurteilung der vorgeburtlichen Lebens- und Einkommensverhältnisse an, wie sich insbesondere aus den Regelungen zum Bemessungszeitraum ergebe, wonach aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung die Bestimmung des Bemessungseinkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich anhand des Einkommenssteuerbescheides des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums erfolge (unter Hinweis auf BT-Drucks. 17/9841, S. 20 f.). Schon durch den Umstand, dass der Gesetzgeber nach § 1 Abs. 8 BEEG auf das zu versteuernde Einkommen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt abstelle und nicht etwa auf das zu versteuernde Einkommen nach der Geburt mache deutlich, dass der Gesetzgeber keine Notwendigkeit gesehen habe, eine Anknüpfung an das tatsächlich zur Verfügung stehende Familieneinkommen während der Betreuung des Kindes vorzunehmen. Anders als z. B. im Rahmen der Ermittlung des Bemessungseinkommens aus abhängiger Beschäftigung, wonach Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien, keine Berücksichtigung fänden (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG), seien solche Ausnahmeregelungen vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 8 BEEG nicht erwähnt worden. Ihm sei daher bei der Formulierung des § 1 Abs. 8 BEEG bewusst gewesen, dass das zu versteuernde Einkommen, insbesondere auch bei Einschluss der sonst nicht maßgeblichen Einkünfte etwa aus Kapitalvermögen, Schwankungen unterliegen könne, also das im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt zu versteuernde Einkommen nicht notwendigerweise auch im gewünschten Bezugszeitraum zur Verfügung stehe. Es sei jedenfalls kein gesetzgeberischer Wille erkennbar, nur den Personenkreis vom Elterngeld auszuschließen, der auch tatsächlich nach der Geburt des Kindes noch über erhebliches Einkommen verfüge. Aus diesem Grund seien z. B. auch Personen vom Elterngeldbezug ausgeschlossen, die im maßgeblichen Zeitraum lediglich über einmaliges Einkommen verfügt hätten, dessen nochmaliger Zufluss ausgeschlossen sei, wie z. B. bei einer Abfindung. Es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelung. Es liege kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3. Abs. 1 i. V. m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehörten (§§ 6, 25 Abs. 2 S. 2, § 68 Nr. 15a SGB I), habe der Gesetzgeber insbesondere auch für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung gelte insoweit ein weiter Maßstab (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 26. März 2014 – B 10 EG 13/13 R wiederum unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09). Das BSG habe ausgeführt: "Nach diesen Maßgaben ist der Senat nicht von einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG überzeugt. Vielmehr lassen sich für die unterschiedliche Behandlung von Eltern mit sehr hohem Familieneinkommen und allen anderen Eltern, die die hohe Einkommensschwelle des § 1 Abs. 8 S. 2 BEEG unterschreiten und deshalb Elterngeld beziehen können, nach der Eigenart des zu regelnden Sachbereichs hinreichende sachliche Rechtfertigungsgründe benennen. Insbesondere erweist sich § 1 Abs. 8 S 2 BEEG nicht als systemwidrig, stellt also keine Verletzung der vom BEEG selbst statuierten Sachgerechtigkeit dar, was ein Indiz für einen Verstoß gegen Art 3 Abs. 1 GG wäre (vgl. BSG SozR 4-7837 § 2 Nr. 8 RdNr 51 mwN). Der Ausschluss einer sehr kleinen Gruppe von Beziehern von Einkommen am obersten Ende der Einkommensskala vom Bezug des Elterngelds fügt sich vielmehr ohne größere Verwerfungen ein in die beschriebene Konzeption des Elterngelds als klassische fürsorgerische Leistung zur Sicherung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage von Familien insbesondere mit kleinen und mittleren Einkommen während der ersten Lebensmonate der Kinderbetreuung." Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus dem von den Klägern geltend gemachten Einwand, dass sie gegenüber Personen, die keine Beteiligungen an einer Personengesellschaft, sondern einer Kapitalgesellschaft innehätten, benachteiligt würden, da in diesem Fall die Besteuerung bei der Kapitalgesellschaft erfolge und nicht beim Gesellschafter selbst. Hierfür lasse sich – wie auch schon hinsichtlich der Bestimmung des Bemessungseinkommens aus selbstständiger Tätigkeit im Hinblick auf die Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität eine sachliche Rechtfertigung finden. Das Ziel der Verwaltungsvereinfachung und -praktikabilität gehöre im Bereich der Massenverwaltung zu den legitimen Anliegen des Gesetzgebers. Auch sonst seien schließlich keine unverhältnismäßigen Folgen der Ungleichbehandlung ersichtlich, weder im Einzelfall der Kläger noch mit Blick auf die Gesamtheit der Elterngeldbezieher. Die Bindung an das Ergebnis des Einkommenssteuerverfahrens belaste die Eltern-geldberechtigten nicht unverhältnismäßig. Es stehe ihnen frei, Beteiligungen an Personen- oder Kapitalgesellschaften einzugehen oder zu veräußern, um so eine für sie günstige Gestaltungsmöglichkeit zu nutzen. Das Gericht gehe auch trotz des Umstandes, dass das zu versteuernde Einkommen aus der Beteiligung des Klägers an der KG im Wesentlichen nicht an die Kläger ausgezahlt worden sei, davon aus, dass durch die finanzielle Lage der Kläger im Vorfeld der Geburt ein ausreichender Schonraum habe geschaffen werden können, der es nicht erforderlich gemacht habe, die Kläger zum anspruchsberechtigten Personenkreis zu rechnen und ihnen zusätzliche wirtschaftliche Anreize zur Familiengründung zukommen zu lassen. Der Bevollmächtigte der Kläger hat gegen das ihm am 7. Mai 2019 zugestellte Urteil am 5. Juni 2019 Berufung eingelegt. Der Kläger habe vom 21. Juni bis 21. August 2017 bei seinem in Hamburg ansässigen Arbeitgeber Elternzeit genommen. Danach sei am 1. September 2017 der Umzug nach Barcelona erfolgt. Elterngeld solle eine wirtschaftliche Einbuße der Eltern ausgleichen. Vor diesem Hintergrund komme es auf die tatsächliche Verfügbarkeit von Einkommen an, wenn es um die Frage gehe, ob die Einkommensgrenze des § 1 Abs. 8 BEEG überschritten werde. Der Gesetzgeber habe übersehen, dass Einkommen im steuerlichen Sinne nicht die Gewähr biete, dass das versteuerte Einkommen danach tatsächlich bei dem Empfänger ankomme. Zusätzlich übersehe der Gesetzgeber, dass bestimmte Einkommen nicht bei dem Individuum selbst, sondern ausschließlich bei der ausschüttenden Gesellschaft zu versteuern seien und deshalb zu keinem Zeitpunkt als zu versteuerndes Einkommen bei dem Einzelnen in der Einkommenssteuererklärung erkennbar seien. Es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen, Gesellschafter einer GmbH besser zu stellen. Verwaltungsvereinfachung und Praktikabilität hätten auch ihre materiell-rechtlichen Grenzen. Der Kläger hat zudem das von seinem Arbeitgeber geführte Zeitjournal zur Akte gereicht, in dem für die Zeit vom 21. Juni bis 20. August 2017 Elternzeit vermerkt ist.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. April 2019 und die Bescheide der Beklagten vom 29. September 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. November 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern antragsgemäß Elterngeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass das Sozialgericht zutreffend festgestellt habe, dass die von den Klägern begehrte teleologische Reduktion des § 1 Abs. 8 BEEG auf das zu versteuernde Einkommen, das tatsächlich zugeflossen sei, nicht in Betracht komme, da Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang keine eingeschränkte Anwendung fordern würden. Es erschließe sich nicht, warum Ausschüttungen eines GmbH Gesellschafters keine Berücksichtigung finden sollten. Denn § 1 Abs. 8 BEEG stelle hinsichtlich des Ausschlusses ausdrücklich auf die Erzielung des zu versteuernden Einkommens nach § 2 Abs. 5 EStG ab. Danach seien auch Einkünfte eines GmbH Gesellschafters zu berücksichtigen. Auch die der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 EStG unterliegenden Gewinnausschüttungen einer GmbH an ihre Gesellschafter unterfielen dem in § 1 Abs. 8 BEEG bezeichneten zu versteuernden Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG, da § 2 Abs. 5a EStG deren Einbeziehung ausdrücklich anordne. Die Erwägungen des Bundessozialgerichts zum Verständnis des geänderten Wortlauts des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG lasse sich schon deswegen nicht auf den in § 1 Abs. 8 BEEG normierten Anspruchsausschluss übertragen, weil letztere Vorschrift nach ihrem Wortlaut im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG eben nicht darauf abstelle, welches Einkommen der Berechtigte im Bemessungszeitraum "hat", sondern darauf, welches zu versteuernde Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG der Elterngeldberechtigte im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes erzielt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die Verwaltungsakte und die Sitzungsniederschrift vom 29. Januar 2020 ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG), aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Elterngeld.

Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG) sowie des angefochtenen Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 17. November 2017 (§ 136 Abs. 3 SGG).

Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass einer Gewährung von Elterngeld § 1 Abs. 8 BEEG entgegensteht. Nach § 1 Abs. 8 BEEG entfällt ein Anspruch, wenn die berechtigte Person im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes ein zu versteuerndes Einkommen nach § 2 Abs. 5 EStG in Höhe von mehr als 250.000 Euro erzielt hat. Erfüllt auch eine andere Person die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder der Absätze 3 oder 4 BEEG, entfällt abweichend der Anspruch, wenn die Summe des zu versteuernden Einkommens beider Personen mehr als 500.000 Euro beträgt. Es ist unstreitig zwischen den Beteiligten, dass das zu versteuernde Einkommen der Kläger im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt den Betrag von 500.000 Euro weit überschritten hat.

Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Der Gesetzgeber war nicht verpflichtet, Gesellschaftern einer KG auch bei einem höheren zu versteuernden Einkommen als 500.000 Euro Elterngeld zu gewähren, wenn der Gewinn nicht entnommen worden ist. Der Gesetzgeber durfte pauschalierend auf die Annahme zurückgreifen, dass Elterngeld nicht zu gewähren ist, wenn ein entsprechend steuerrechtlich relevanter Gewinn vorliegt. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten abweichend behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit ist der dem Gesetzgeber für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen grundsätzlich zukommende Gestaltungsspielraum zu beachten (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09, juris), der auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung besteht (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. April 2011 – 1 BvR 1811/08, juris). Die Grenzen dieses Ausgestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber gewahrt. Das Elterngeld hat einkommensersetzende Funktion (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09, juris). Zunächst ist es vor diesem Hintergrund gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber in § 1 Abs. 8 BEEG überhaupt eine Einkommenshöchstgrenze festgelegt hat, ab der eine Gewährung von Elterngeld nicht mehr erfolgen soll (BSG, Urteil vom 26. März 2014 – B 10 EG 13/13 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 29). Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liegt auch nicht im Verhältnis zu Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft vor. Bei Kapitalgesellschaften ist der an die Gesellschafter ausgeschüttete Gewinn zu versteuern und ebenfalls bei der Prüfung der Einkommenshöchstgrenze zu berücksichtigen. Dies folgt daraus, dass nach § 2 Abs. 5a EStG bei der Anknüpfung außersteuerlicher Rechtsnormen an die definierten Begriffe "Einkünfte", "Summe der Einkünfte", "Gesamtbetrag der Einkünfte", "Einkommen", "zu versteuerndes Einkommen" sich diese Größen um die nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 EStG zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Beträge erhöhen und sich um die nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abziehbaren Beträge mindern. Genauso wie der Gesetzgeber die Besteuerung von Kapital- und Personengesellschaften unterschiedlich ausgestalten konnte, kann auch die Prüfung des Einkommens für die Einkommenshöchstgrenze nach dem BEEG unterschiedlich je nach Einkommensart gestaltet werden. Den Klägern steht es dabei letztlich frei, ob und in welcher Form sie mit ihrem Vermögen durch Beteiligungen an Gesellschaften Einkommen erzielen.

Die Kläger berufen sich zudem darauf, dass ihnen der versteuerte Gewinn nicht zur Verfügung gestanden habe. Beim Elterngeld handelt es sich jedoch nicht um existenzsichernde Leistungen, so dass der Gesetzgeber eine größere Freiheit hat, auch bedarfsunabhängige Regelungen zu treffen, und es weniger auf den tatsächlichen Zufluss ankommt. Vielmehr darf zur Verwaltungsvereinfachung pauschalierend auf die Annahme zurückgegriffen werden, dass diejenigen, die über ein zu versteuerndes Einkommen von über 500.000 Euro im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes verfügten, nicht der Gewährung von Elterngeld bedürfen. Denn selbst wenn das zu versteuernde Einkommen tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden haben sollte, verbleiben doch ausreichende Gestaltungsmöglichkeiten, um eine eigene finanzielle Absicherung für einen etwaigen Einkommensausfall während der Elternzeit zu bewerkstelligen.

Auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. Art. 6 Abs. 1 GG garantiert in seiner hier nicht betroffenen abwehrrechtlichen Funktion die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen eigenständigen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren (BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09, juris). Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen und insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Eltern in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. November 1998 – 2 BvR 1057/91, juris). Neben dieser Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohls getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG auch eine gewisse positive Verpflichtung des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern (vgl. BVerfG, a.a.O.). Mit der Einrichtung von Elterngeld und Elternzeit wird die Möglichkeit der Eigenbetreuung von Kindern bereits in beachtlichem Umfang gefördert (BVerfG, Urteil vom 6. Juni 2011 – 1 BvR 2712/09, juris). Zu einer weitergehenden Förderung der Kindesbetreuung war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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