L 3 KR 20/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 25 KR 1909/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 KR 20/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28.01.2016 dahingehend geändert, dass die Beklagte lediglich verurteilt wird, an die Klägerin 1.315.161,28 EUR zuzüglich eines Zinsbetrages von 139.516,22 EUR sowie Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus 1.315.161,28 EUR seit dem 01.08.2013 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert beträgt 1.315.161,28 EUR.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.315.161,28 EUR nebst 4 % Zinsen seit dem 31.12.2007 zu zahlen hat.

Auf Antrag der (ehemaligen) IKK Niedersachsen beschloss der Vorstand des IKK Bundesverbandes am 25. Juni 2007, dieser eine Finanzhilfe zur Entschuldung in Höhe von 9.256.476,31 EUR zu gewähren. Diese setzte er gegenüber der IKK Niedersachsen mit Bescheid vom 10. Juli 2007 fest. In dem Bescheid heißt es weiter, dass die Hilfe gemäß § 8 Abs. 3 der Finanzausgleichsordnung (FinAO) zurück zu zahlen sei, wenn die IKK Niedersachsen innerhalb von 5 Jahren nach ihrem Erhalt mit einer Krankenkasse einer anderen Kassenart fusioniere und die Zugehörigkeit zu der anderen Kassenart wähle. Zusätzlich würden Zinsen in Höhe von 4 % pro Jahr seit der Auszahlung der finanziellen Hilfe berechnet, die mit dem Tag der Fusion fällig seien.

Mit Bescheid vom 30. August 2007 setzte der IKK Bundesverband nach Anhörung des IKK Landesverbandes Nord gegenüber diesem die Umlage für die finanzielle Hilfe zur Entschuldung der IKK Niedersachsen in Höhe von 1.662.314,83 EUR fest. Im Bescheid wurde weiter ausgeführt, dass sich dieser Gesamtbetrag aus den auf die Mitgliedskassen entfallenden Einzelbeträgen errechne (IKK Nord: 160.969,26 EUR; IKK Direkt: 1.315.161,28 EUR; IKK Weser-Ems: 186.184,29 EUR). Der IKK Landesverband informierte daraufhin mit Schreiben vom 6. September 2007 seine Mitgliedskassen über den bevorstehenden Zahlungsabruf unter Verweis auf den Bescheid des IKK Bundesverbandes.

Die IKK Direkt fusionierte zum 1. Januar 2009 mit der Techniker Krankenkasse zur Klägerin.

Mit Wirkung zum 1. April 2010 fusionierte die IKK Niedersachsen mit der AOK Niedersachsen zur (neuen) AOK Niedersachsen. Der seit dem 1. Januar 2009 kraft Gesetzes in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) umgewandelte IKK Bundesverband verlangte daraufhin von der AOK Niedersachsen die Rückzahlung der Finanzhilfe. Diese zahlte in der Folge den Gesamtbetrag von 9.256.476,31 EUR sowie Zinsen in Höhe von 916.270,18 EUR an die IKK Bundesverband GbR zurück. Über den Zinsbetrag hatten sich die AOK Niedersachsen und die IKK Bundesverband GbR zuvor im Vergleichswege geeinigt.

Die IKK Bundesverband GbR beschloss durch Gesellschafterbeschluss vom 15. November 2012 die Auszahlung bzw. Verteilung der zurückgeflossenen Finanzhilfe an ihre Gesellschafterinnen also an die noch vorhandenen IKK Landesverbände bzw. Innungskrankenkassen, die die Aufgaben eines Landesverbandes wahrnahmen. Dabei entfiel ein Betrag von 1.662.314,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 176.343,31 EUR auf die Beklagte. Dieser Betrag entspricht der Umlage, die von den seinerzeitigen Mitgliedern des IKK Landesverbandes Nord (IKK Nord, IKK Direkt und IKK Weser-Ems) insgesamt geleistet worden war, wobei auf die IKK Direkt ein Betrag von 1.315.161,28 EUR sowie Zinsen hierauf in Höhe von 139.516,22 EUR entfielen. Nachdem die IKK Weser-Ems zum 1. Januar 2008 mit der HKK und die IKK Direkt zum 1. Januar 2009 mit der Techniker Krankenkasse zur Klägerin fusioniert hatte, war die Beklagte im Beschlusszeitpunkt die einzig verbliebene Mitgliedskasse des IKK Landesverbandes Nord. Ausweislich des Protokolls über den Gesellschafterbeschluss bestätigte sie gegenüber den übrigen Gesellschafterinnen, als Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord zuständiger Auszahlungsempfänger zu sein. Sie erklärte sich außerdem einverstanden, dass der auf sie entfallende Betrag vorrangig zur vorzeitigen Ablösung des bestehenden Darlehensanteils der IKK Nord an der "VBL-Ausstiegsfinanzierung" sowie der Auflösung des anteiligen Zinssicherungsgeschäftes verwendet werde. Ein zunächst von der Gesellschafterversammlung angedachter Zusatz, wonach sich die Beklagte verpflichten sollte, den auf sie entfallenden Anteil nicht freiwillig an die Klägerin oder einen anderen systemfremden Anspruchssteller herauszugeben, wurde nicht aufgenommen.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2013 forderte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der IKK Direkt die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 17. Mai 2013 auf, einen Betrag, der die Höhe des ursprünglich auf die IKK Nord entfallenen Betrages von 83.271,76 EUR übersteige, "bis zu einer Höhe von 1.662.314, 83 EUR" nebst Zinsen an sie auszukehren. Dies lehnte die Beklagte unter Hinweis auf ihre Stellung als Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes ab.

Das von der Beklagten hierüber unterrichtete Bundesversicherungsamt teilte dieser unter dem 5. Juli 2013 seine abweichende Auffassung mit: Da die Hilfe für die IKK Niedersachsen von den Landesverbänden und damit letztlich von den Mitgliedskassen finanziert worden sei, müssten korrespondierend auch alle an der Finanzierung ursprünglich beteiligten Kassen bzw. Verbände ihre Leistungen zurückerhalten. Aus § 8 Abs. 3 FinAO lasse sich zwar das grundsätzliche Anliegen des Normgebers entnehmen, dass bei einer Fusion in eine andere Kassenart die geleistete Hilfe zugunsten des IKK-Systems zu erstatten sei. Diese Regelung betreffe jedoch ausschließlich die fusionierende und Hilfe empfangende Kasse. Eine darüber hinaus gehende Aussage, wonach lediglich die zur Zeit der Rückzahlung noch im IKK-System verbliebenen Kassen an der Rückzahlung partizipieren dürften, lasse sich weder der FinAO noch den gesetzlichen Bestimmungen entnehmen. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Rechtsnachfolge (§ 171a Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 144 Abs. 4 S. 2 SGB V) sei daher in Bezug auf die hilfeleistenden Kassen eine kassenartübergreifende Fusion für den anteiligen Anspruch auf Rückerstattung der Finanzhilfe unschädlich. Die gegenteilige Ansicht würde im Übrigen dazu führen, dass die IKK Nord erhebliche finanzielle Vorteile aus der Fusion der IKK Niedersachsen ziehen würde, was mit Sinn und Zweck der Finanzhilfe und deren Rückzahlung – lediglich Ausgleich der aufgrund der geleisteten Finanzhilfe entstanden Nachteile – nicht in Einklang stehe. Ein Beschluss des IKK Bundesverbandes, wonach die zurückgezahlten Finanzmittel ausschließlich im IKK-System und nicht an die Rechtsnachfolger von Innungskrankenkassen verteilt werden dürften, liege nicht vor und wäre mangels Rechtsgrundlage auch unwirksam, da hierdurch in unzulässiger Weise in Rechte Dritter eingegriffen würde.

Die Klägerin forderte daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 17. Juli 2013 unter Fristsetzung bis zum 31. Juli 2013 zur Erstattung eines Betrages von 1.315.161,28 EUR nebst Zinsen auf.

Nach erfolglosem Fristablauf hat die Klägerin am 21. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht erhoben. Sie hat vorgetragen, ihr stehe gegen die Beklagte sowohl ein Schadensersatzanspruch in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der IKK Bundesverband GbR als auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Der Beschluss der IKK Bundesverband GbR, demzufolge die zurückgezahlten Finanzmittel ausschließlich im IKK-System verteilt worden seien, sei mangels Rechtsgrundlage unwirksam und begründe die Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin. Hierfür hafte die Beklagte als Gesellschafterin der GbR persönlich. § 8 Abs. 3 FinAO treffe auch eine Regelung zur Rückgewähr der Gelder an denjenigen, der sie ursprünglich aufgebracht habe. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut und aus Sinn und Zweck der Regelung. Die FinAO sehe zwei verschiedene Regelungsmechanismen zur Mittelaufbringung vor. So regele § 6 FinAO die Aufbringung von Mitteln für finanzielle Hilfen in besonderen Notlagen oder zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Hierfür sei die Implementierung eines permanenten Ausgleichsfonds bestimmt, dessen Mittel durch Einzahlungen der IKK-Landesverbände aufgebracht würden. Zur – hier erfolgten – Aufbringung von Mitteln für finanzielle Hilfen zur Entschuldung sei demgegenüber in § 6a FinAO eine gesonderte Umlage der IKK Landesverbände vorgesehen, die sich aus der Addition der ermittelten Werte ihrer Mitgliedskassen ergebe. Die Absätze 2 bis 4 regelten insofern ausdrücklich, dass alle Innungskrankenkassen – und gerade nicht die Landesverbände – umlagepflichtig seien. Der IKK Landesverband habe den Bundesverband nur organisatorisch bei der Anforderung der Umlage unterstützt. Durch die Rückgewähr der Hilfe sei der Bundesverband daher bereichert worden, ohne dass ein Rechtsgrund für ein Behaltendürfen vorgelegen habe. Eine Verwendung für eigene Aufgaben sei durch die Satzung nicht gedeckt gewesen, denn hiernach würden die hierfür erforderlichen Mittel ausschließlich durch Beiträge der Landesverbände aufgebracht. Bei der zurückgezahlten Finanzhilfe handele es sich aber nicht um Beiträge der Landesverbände, die vom Verwaltungsrat im Rahmen der Haushaltsplanung der Höhe nach festgesetzt worden seien. Die Zahlungen seien vielmehr durch die Innungskrankenkassen allein zum Zweck der Gewährung von finanziellen Hilfen an die IKK Niedersachsen gewährt worden und durch den Fortfall dieses Zwecks sei die IKK Bundesverband GbR rechtsgrundlos bereichert worden. Auch aus Treu und Glauben ergebe sich, dass derjenige, der aufgrund einer Umlageverpflichtung Gelder für einen Dritten einsammele, diese zurückzugeben habe, wenn der Dritte diese Gelder zurückzahle. Im Hinblick auf die Zinsforderung könne sich die Beklagte nicht auf den abgeschlossenen Vergleich mit der AOK Niedersachsen berufen, denn dieser stelle einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter dar.

Die Klägerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 14. März 2014 gegen die IKK Südwest sowie die BIG direkt gesund erweitert und beantragt, diese sowie die schon bisherige Beklagte gesamtschuldnerisch zur Zahlung des streitigen Betrages zu verurteilen, da sie ebenfalls Gesellschafterinnen der IKK Bundesverband GbR seien und somit aus identischem Rechtsgrund haften würden.

Die Beklagte hat vorgetragen, ein Schadensersatzanspruch bestehe nicht, da keine schuldhafte Pflichtverletzung durch die IKK Bundesverband GbR erfolgt sei. Auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sei nicht gegeben, denn es habe keine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung von der Klägerin an die Beklagte gegeben. Der ehemalige IKK Landesverband habe bei der Aufbringung der Mittel für die finanzielle Hilfe als eine Art zwischengeschaltete Einsammelstelle gegenüber den Mitgliedskassen fungiert, indem er gemäß § 6a Abs. 1 FinAO von diesen die Anteile zur Bildung einer Umlage eingezogen und diese an den IKK Bundesverband weitergereicht habe. Die Beklagte sei gemäß § 207 Abs. 4 SGB V Gesamtrechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord geworden, nachdem drei der ehemals vier Mitgliedskassen aus dem IKK-System herausfusioniert seien. Demnach sei die Beklagte auch für die Rückabwicklung der finanziellen Hilfe an die Stelle des Landesverbandes gerückt, sodass die Auszahlung an sie durch die IKK Bundesverband GbR zu Recht erfolgt sei. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Klägerin in Anlehnung an § 812 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) scheitere daran, dass die Beklagte nichts durch Leistung der Klägerin oder in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin erlangt habe. Eine direkte Leistung der Klägerin an die Beklagte sei nicht erfolgt, allenfalls die IKK Bundesverband GbR habe eine Auszahlung an die Beklagte geleistet. Hierdurch sei die die Beklagte aber nicht rechtsgrundlos in sonstiger Weise auf Kosten der Klägerin bereichert worden. Dies käme allenfalls in Betracht, wenn die Klägerin Anspruch auf Auszahlung des auf die ehemalige IKK Direkt entfallenden Anteils gehabt hätte, wofür es aber keine Rechtsgrundlage gebe. § 8 Abs. 3 Fin-AO regele zwar die Rückzahlung gewährter Hilfen, nicht aber, an wen diese zurückzuzahlen seien. Die Vorschrift lasse sich daher nur dahingehend auslegen, dass die Rückzahlung als actus contrarius an denjenigen erfolgen müsse, der sie zuvor gewährt habe. Die Hilfe sei durch den IKK Bundesverband an die IKK Niedersachsen gezahlt worden und habe daher auch an diesen zurückgewährt werden müssen. § 8 Abs. 3 FinAO sei dagegen nicht so zu verstehen, dass die Hilfe anschließend – spiegelbildlich zu ihrer Aufbringung – an alle ursprünglich Beteiligten zurückzuzahlen sei. Damit bestehe weder ein Anspruch der Landesverbände noch der Mitgliedskassen auf Weiterleitung der zurückgezahlten Hilfe. Wenn die Bundesverband GbR dies aus freien Stücken mache, handele es sich dabei um eine gemeinschaftliche Verfügung ihrer Gesellschafter über einen Teil des Gesellschaftsvermögens, die rechtlich als Ausschüttung zu qualifizieren sei. Die Gesellschafter seien dabei völlig frei in der Aufteilung der Auszahlungsbeträge gewesen. Auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Anlehnung an § 812 Abs. 1 S. 2 BGB bestehe nicht, denn die Beklagte sei weder zur Erstattung wegen Wegfalls eines rechtlichen Grundes noch wegen Nichteintritts eines mit einer Leistung bezweckten Erfolges gegenüber der Klägerin verpflichtet. Rechtlicher Grund für die Anteilszahlung der IKK Direkt an den IKK Landesverband Nord sei der Umlagebescheid des IKK Bundesverbandes gewesen. Dieser sei bestandskräftig geworden, enthalte keine Nebenbestimmung, könne nicht mehr widerrufen werden und bestehe somit als Rechtsgrundlage weiter fort. Schließlich scheide ein Anspruch der Klägerin auch aus Wertungsgesichtspunkten aus, denn er stünde in Widerspruch zum Solidarprinzip, das hinter der Finanzierungshilfe für notleidende Krankenkassen innerhalb eines Kassensystems stehe. Nur so erkläre sich die Regelung des § 8 Abs. 3 FinAO, die verhindern wolle, dass finanzielle Hilfen aus dem Kassensystem abflössen. Zu berücksichtigen sei des Weiteren, dass in der FinAO zwischen finanziellen Hilfen in besonderen Notlagen (§ 6 FinAO) und finanziellen Hilfen zur Entschuldung (§ 6a FinAO) unterschieden werde. Vorliegend gehe es zwar um eine Hilfe nach § 6a FinAO, der keine Regelung enthalte, wie mit zurückfließenden Hilfen umzugehen sei. Für die Fälle des § 6 FinAO ergebe sich jedoch aus dessen Absatz 5, dass eine zurückfließende Hilfe in den Ausgleichsfonds des Bundesverbandes einzustellen und mit weiteren Zahlungsverpflichtungen der Landesverbände zu verrechnen sei, sodass damit eine direkte Rückzahlung an die Landesverbände oder gar an deren Mitgliedskassen ausgeschlossen werde. Für die Fälle nach § 6a FinAO könne nichts Abweichendes gelten, sodass die zurückgeflossene Finanzhilfe in Anlehnung an § 6 Abs. 5 FinAO einzubehalten und zu verwalten gewesen sei.

Die ehemaligen Beklagten zu 2) und 3) haben jeweils geltend gemacht, dass Ansprüche der Klägerin gegen sie nicht in Betracht kämen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 28. Januar 2016 die Beklagte (die seinerzeitige Beklagte zu 1)) verurteilt, an die Klägerin 1.315.161,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 31. Dezember 2007 zu zahlen. Hinsichtlich der ehemaligen Beklagten zu 2) und 3) hat es die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Beklagte sei Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord und habe damit dessen Pflichten zu erfüllen. Hierzu gehöre auch die Weiterleitung des von der IKK Bundesverband GbR erhaltenen Betrages von rund 1,3 Millionen EUR, der zuvor als Umlage von der IKK Direkt, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin sei, geleistet worden sei. Die IKK Bundesverband GbR habe durch Gesellschafterbeschluss vom 15. November 2012 die von der AOK Niedersachsen zurückgezahlte Finanzhilfe auf seine sechs Mitgliedskassen verteilt und sei dabei offenbar davon ausgegangen, dass jede Kasse den Betrag, den sie aus ihren Mitteln erbracht habe, zuzüglich Zinsen zurückerhalte. Dementsprechend habe sie den Betrag, den die ehemaligen Mitgliedskassen des IKK Landesverbandes Nord an diesen gezahlt hätten, an die Beklagte als dessen Rechtsnachfolgerin ausgezahlt. Zwar gebe es keine spezielle gesetzliche Vorschrift oder Satzungsregelung, wie zurückgeflossene Finanzhilfen zu verteilen seien. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben folge aber, dass die Rückabwicklung der Einzahlung entsprechen müsse. Der Umstand, dass eine frühere Mitgliedskasse, die Zahlungen erbracht habe, jetzt einer anderen Kassenart angehöre, sei kein sachlicher Grund dafür, diese von der Verteilung auszuschließen. Einen Grundsatz, dass zurückfließende Gelder dem System der Innungskrankenkassen zugutekommen müssten, gebe es nicht. Deshalb sei auch die Erklärung der Beklagten, dass sie den an sie gezahlten Betrag vorrangig zur vorzeitigen Ablösung des bestehenden Darlehensanteils der IKK Nord an der "VBL – Ausstiegsfinanzierung" sowie der Auflösung des anteiligen Zinssicherungsgeschäftes verwenden werde, nicht geeignet, die Nichtweiterleitung des Geldes an die Klägerin zu rechtfertigen. Vielmehr habe sie damit ihre Treuepflichten gegenüber ihrer ehemaligen Mitgliedskasse, der IKK Direkt, verletzt und sei nunmehr zum Ausgleich des Schadens in Form der Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrages verpflichtet. Die Beklagte sei auch zur Zahlung der geforderten Zinsen verpflichtet, denn der zwischen der AOK Niedersachsen und der IKK Bundesverband GbR geschlossene Vertrag über die Zinsen sei ein Vertrag zulasten der nicht an dem Vertrag beteiligten Klägerin und binde diese nicht. Ansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) bestünden dagegen nicht.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 8. Februar 2016 zugestellte Urteil am 15. Februar 2016 Berufung eingelegt. Sie weist darauf hin, dass auch nach der Auffassung des Sozialgerichts weder gesetzliche Vorschriften noch Satzungsregelungen über eine Verteilung der zurückgeflossenen Finanzhilfe ersichtlich seien. Vor diesem Hintergrund könne ein Erstattungsanspruch aber nicht aus Treu und Glauben begründet werden. Ein solches Treueverhältnis liege nicht vor, insbesondere seien keine Interessen ehemaliger Mitgliedskassen bei einem Kassenartwechsel zu wahren. Das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass der Gesellschafterbeschluss der IKK Bundesverband GbR allein nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben zu bewerten sei. Es handele sich dabei um eine gemeinschaftliche Verfügung der Gesellschafter über einen Teil des Gesellschaftsvermögens, die als Ausschüttung zu qualifizieren sei. Die Gesellschafter seien dabei frei in der Wahl des Verteilungsschlüssels gewesen. Eine Rückabwicklung komme allenfalls zwischen der IKK Bundesverband GbR und der Beklagten als Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord in Betracht, denn der Landesverband habe durch die Anforderung der Umlagen von den Mitgliedskassen und die anschließende Weiterleitung an den Bundesverband eine eigene Verpflichtung und eben keine Verpflichtung der Mitgliedskassen erfüllt. Der Umlagebescheid bestehe weiterhin als Rechtsgrund für die seinerzeitige Zahlung der IKK Direkt an den IKK Landesverband Nord und stehe einer Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten entgegen. Darüber hinaus sei § 8 Abs. 3 FinAO dahingehend zu verstehen, dass eine zurückgezahlte Finanzhilfe in dem Kassensystem verbleiben müsse, aus dem sie zuvor aufgebracht worden sei. Es wäre widersprüchlich, wenn das IKK-Kassensystem einerseits mit § 8 Abs. 3 FinAO ein Abfließen der gewährten Mittel aus dem Kassensystem verhindern wolle, dies dann aber im Wege der Rückabwicklung durch Zuwendungen an systemfremde Kassen doch ermögliche. Es sei daher sachgerecht, erstattete Finanzhilfen ausschließlich auf die noch übrigen Kassen im Kassensystem zu verteilen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Januar 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und trägt vor, die Beklagte verkenne, dass sich nach § 213 Abs. 1 S. 1 SGB V in seiner Fassung vom 26. März 2007 lediglich das den bis zu 31. Dezember 2008 bestehenden Bundesverbänden zustehende Vermögen in Gesamthandsvermögen der GbR umgewandelt habe. Die Rückzahlungsverpflichtung der IKK Niedersachsen sei aber erst am 1. April 2010 entstanden und habe somit nicht zum Vermögen des ehemaligen IKK Bundesverbandes gehört. Die IKK Bundesverband GbR sei gemäß § 214 SGB V verpflichtet, die Verpflichtungen des ehemaligen IKK Bundesverbandes aufgrund der Rechtsnachfolge zu erfüllen. Eine "freie" und beliebige Verteilung von Geldern an ihre Gesellschafter sei daher rechtswidrig. Die GbR habe durch ihr Handeln ihre Argumentation auch selbst widerlegt, denn die zurückgewährten Umlagen seien 1:1 an die Mitgliedsverbände zurückgezahlt worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wieso die Beklagte aus § 8 Abs. 3 FinAO weder einen Anspruch der Landesverbände gegen die Rechtsnachfolgerin des Bundesverbandes noch einen entsprechenden Anspruch der Mitgliedskassen auf Weiterleitung der zurückgezahlten finanziellen Hilfe ableiten wolle. § 6a Abs. 2 ff. FinAO enthalte direkte Umlagepflichten der einzelnen Innungskrankenkassen. Die FinAO regele insoweit lediglich, dass der IKK Bundesverband über die finanziellen Hilfen entscheide, begründe aber an keiner Stelle eine Zahlungspflicht des Bundesverbandes selbst. Hinzu komme, dass der Gesetzgeber der durch kassenartübergreifende Vereinigung und Wahl einer anderen Kassenart neu entstandenen Kasse in § 171a Abs. 2 SGB V weitgehende Verpflichtungen aufgrund der Gewährung finanzieller Hilfen nach § 265a SGB V für den Zeitraum von 5 Jahren auferlegt habe. Die neu entstandene Kasse wäre daher zwar weiterhin zur Solidarität mit den Innungskrankenkassen verpflichtet, nach dem Rechtsverständnis der Beklagten aber umgekehrt von dem Empfang von Rückzahlungen ausgeschlossen.

Das Berufungsgericht hat den ehemaligen Beklagten zu 2) und 3) unter dem 3. Juni 2016 mitgeteilt, dass sie nicht Beteiligte des Berufungsverfahrens seien und diese daher aus dem Rubrum gelöscht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) ist nur zu einem geringen Teil begründet. In Bezug auf die Hauptforderung ist sie nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht dazu verurteilt, an die Klägerin 1.315.161,28 EUR zu zahlen (1.). Hinsichtlich des Zinsanspruches ist die Berufung zum Teil begründet (2.). Die ehemaligen Beklagten zu 2) und 3) sind nicht mehr Beteiligte des Berufungsverfahrens, da das Sozialgericht die gegen sie gerichtete Klage abgewiesen und die Klägerin dies nicht mit der Berufung angefochten hat.

1. Die Klage auf Rückzahlung des Betrages von 1.315.161,28 EUR ist als allgemeine Leistungsklage zulässig und auch begründet. Die Klägerin ist insoweit als Rechtsnachfolgerin der ehemaligen IKK Direkt (§ 171a Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 144 Abs. 4 S. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – SGB V) aktivlegitimiert. Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des von ihr geleisteten Anteils an der Finanzhilfe für die IKK Niedersachsen ist § 8 Abs. 3 S. 1 der FinAO, die vom Verwaltungsrat des IKK Bundesverbandes aufgrund von § 265a Abs. 1 S. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 3439; im Folgenden: a.F.) beschlossen wurde, und die hier in der "Neufassung 2007" zur Anwendung gelangt.

Nach dieser Vorschrift hat eine IKK, die finanzielle Hilfen erhalten hat, diese in voller Höhe zuzüglich Zinsen in Höhe von 4 % pro Jahr zurück zu zahlen, wenn sie innerhalb von 5 Jahren nach Erhalt der Finanzhilfe mit einer Krankenkasse einer anderen Kassenart fusioniert und einen anderen Bundesverband als den IKK Bundesverband wählt. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – erfüllt: Die IKK Niedersachsen hat aufgrund des Bescheides des IKK Bundesverbandes vom 10. Juli 2007 eine Finanzhilfe zur Entschuldung nach § 265a Abs. 1 S. 1 Buchst. b SGB V a.F. erhalten. Sie ist mit Wirkung zum 1. April 2010 mit der AOK Niedersachsen fusioniert und hat die Zugehörigkeit zu einer anderen Kassenart gewählt.

Zu Recht haben die Beteiligten darauf hingewiesen, dass § 8 Abs. 3 S. 1 FinAO keine ausdrückliche Regelung dazu trifft, an wen die erhaltene Finanzhilfe in derartigen Fällen zurückzuzahlen ist. Dies ist daher durch Auslegung zu ermitteln. Der Begriff der Rückzahlung legt zwar bereits nahe, dass die empfangenen Gelder an diejenigen zurückgelangen müssen, die sie ursprünglich aufgebracht haben; eindeutig ist der Wortlaut insoweit allerdings nicht. Die Gesamtschau der Regelungen des § 265a SGB V a.F. und der FinAO sowie Sinn und Zweck der Rückzahlungsregelung führen hier aber zu dem Ergebnis, dass nur eine vollständige Rückabwicklung der erfolgten Zahlung bis hin zu der ursprünglich leistenden Krankenkasse in Betracht kommt. Es ist demgegenüber kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass die zurückgezahlten Mittel bei der IKK Bundesverband GbR oder bei den Landesverbänden verbleiben sollen.

Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Mittel für die Finanzhilfe weder vom Bundesverband noch von den Landesverbänden, sondern allein von den Mitgliedskassen aufgebracht wurden. Nach § 265a Abs. 1 S. 1 Buchst. b SGB V a.F. haben die Satzungen der Bundesverbände der Krankenkassen und der Verbände der Ersatzkassen mit Wirkung für ihre Mitglieder und deren Mitgliedskassen Bestimmungen über die Gewährung finanzieller Hilfen zur Sicherstellung der Entschuldung der Krankenkassen ihrer Kassenart vorzusehen. Gemäß § 265a Abs. 2 S. 1 SGB V a.F. entscheidet der Vorstand des Bundesverbandes über die Hilfe auf Antrag des Vorstandes der Krankenkasse. Die Aufbringung der Mittel erfolgt gemäß § 6a Abs. 1 S. 1 und 2 FinAO durch gesonderte Umlage der IKK Landesverbände. Maßgeblich sind für jedes Mitglied, das nicht gleichzeitig Landesverbands- und Kassenfunktion wahrnimmt, die durch Addition ermittelten entsprechenden Werte ihrer Mitgliedskassen. In § 6a Abs. 1 S. 3 FinAO wird die Zusammensetzung der Umlage je Mitgliedskasse festgelegt. Umlagepflichtig sind gemäß § 6a Abs. 2 bis 4 FinAO grundsätzlich alle Innungskrankenkassen mit Ausnahme des Antragstellers.

§ 265a Abs.1 SGB V a.F. weist somit dem Bundesverband nur die Verpflichtung zu, eine entsprechende Satzung zu erlassen, die dann aber ausdrücklich "mit Wirkung für ihre Mitglieder und deren Mitgliedskassen" gilt. Durch § 265a Abs. 2 S. 1 SGB V a.F. erhält der Bundesverband des Weiteren zwar die Entscheidungskompetenz über Anträge der Kassen auf Finanzhilfen, er hat jedoch die Mittel hierfür nicht aus seinem Vermögen aufzubringen. Hierzu sind nach § 6a FinAO vielmehr ausschließlich die Mitgliedskassen verpflichtet.

Dasselbe gilt für die Landesverbände. Zwar heißt es in § 6a Abs. 1 S. 1 und 2 FinAO etwas missverständlich, dass die Aufbringung der Mittel durch gesonderte "Umlage der IKK-Landesverbände" erfolgt. Aus den Absätzen 2 ff. ergibt sich jedoch eindeutig, dass umlagepflichtig allein die Mitgliedskassen sind. Dass insoweit der Gesetzgeber die einzelnen Kassen und nicht die Landesverbände oder den Bundesverband als Verpflichtete ansieht, wird auch durch die Gesetzesmaterialien zu § 265a SGB V a.F. (BT-Drs. 16/3157 S. 18) bestätigt. Durch die Neufassung der Vorschrift wurde nämlich die bis dahin in § 265a Abs. 2 S. 2 und 3 SGB V enthaltene Regelung gestrichen, wonach die Entscheidung über die Hilfe der Zustimmung der beteiligten Landesverbände bedurfte und Krankenkassen, deren Landesverbände der Hilfe nicht zugestimmt hatten, am Ausgleichsverfahren nicht teilnahmen. Dies hat der Gesetzgeber ausdrücklich damit begründet, dass die Entschuldung der Krankenkassen "Aufgabe aller Mitglieder der Kassenart" sei und sie daher nicht zur Disposition der Landesverbände stehen könne.

Diese Sichtweise stimmt auch mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Die an die IKK Niedersachsen gewährte Finanzhilfe stammte weder aus eigenen Mitteln des Bundesverbandes noch aus solchen der Landesverbände, sondern wurde allein durch die Mitgliedskassen aufgebracht. Wie von der Beklagten selbst vorgetragen, bestand die Rolle der Landesverbände bei der Anforderung der Umlage daher im Wesentlichen darin, als "Einsammelstelle" gegenüber den Mitgliedskassen zu wirken. Dies entspricht sowohl § 211 Abs. 2 SGB V als auch § 3 Abs. 1 der Satzung des IKK Landesverbandes i.d.F.v. 20./23. April 2007, wonach die Landesverbände verpflichtet sind, die Mitgliedskassen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und der Wahrnehmung ihrer Interessen zu unterstützen. Nichts wesentlich Anderes galt für die Rolle des IKK Bundesverbandes, der nach positiver Entscheidung über die Hilfegewährung die von den Landesverbänden "eingesammelten" Mittel entgegennahm und insgesamt an die begünstigte Krankenkasse weiterleitete und damit der ihm durch den bis zum 31. Dezember 2008 geltenden § 217 Abs. 2 SGB V sowie § 3 Abs. 1 der Satzung vom 27. März 1996 i.d.F.v. 1. Juli 2004 ebenfalls auferlegten Verpflichtung nachkam, die Mitglieder bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und der Wahrnehmung ihrer Interessen zu unterstützen. Diese Vorgehensweise trug zur Verwaltungsvereinfachung und Entlastung der einzelnen Kassen bei, weil der hilfeempfangenden Kasse hierdurch der Gesamtbetrag zugeleitet wurde, ohne dass diese die Anteile der einzelnen Kassen selbst errechnen und sodann die Zahlungseingänge überwachen und gegebenenfalls anmahnen musste.

Die Umlagen der einzelnen Kassen wurden aber zu keinem Zeitpunkt zu eigenem Vermögen des Bundesverbandes oder der Landesverbände, über das diese frei bzw. zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben hätten verfügen dürfen. Vielmehr wurden die erforderlichen Mittel für die Durchführung der Aufgaben des Bundesverbandes ausschließlich durch Beiträge der Landesverbände aufgebracht (§ 13 Abs. 1 der Satzung des Bundesverbandes). Entsprechend wurden die Mittel für die Durchführung der Aufgaben des Landesverbandes durch die Beiträge der Mitgliedskassen aufgebracht (§ 18 Abs. 1 der Satzung des IKK Landesverbandes Nord). Bei der von den Mitgliedskassen geleisteten Umlage handelte es sich jedoch nicht um derartige Beiträge, sondern um eine zweckgerichtete und zweckgebundene Zuwendung an eine andere, in wirtschaftliche Not geratene Krankenkasse als Ausfluss des Solidarprinzips von Krankenkassen einer Kassenart, die dementsprechend von den Landesverbänden und nachfolgend vom Bundesverband weiterzuleiten war.

Spiegelbildlich ist auch die zurückgezahlte Finanzhilfe nicht zu eigenem Vermögen des Bundesverbandes oder Landesverbände geworden. Es war zu keinem Zeitpunkt von der AOK Niedersachsen bezweckt, durch die Rückzahlung das Vermögen des Bundesverbandes oder der Landesverbände zu mehren. Es handelte sich vielmehr um die Rückabwicklung der empfangenen Finanzhilfe nach erfolgter Fusion. Sinn und Zweck des § 8 Abs. 3 FinAO kann aber nur sein, die wirtschaftliche Situation vor der Gewährung der Finanzhilfe wiederherzustellen. Es ist dagegen kein sachlicher Grund dafür zu erkennen, dass im Falle der Rückzahlung der Bundesverband oder einzelne Landesverbände um das Geld bereichert werden sollten, das allein von den Mitgliedskassen aufgebracht worden war. Dass die AOK Niedersachsen die Finanzhilfen nicht anteilig an die einzelnen Kassen, sondern an die IKK Bundesverband GbR zurückgezahlt hat, entsprach dem ursprünglichen Zahlungsweg und diese sowie die Landesverbände hatten erneut nur die Aufgabe, im Wege der Unterstützungsleistung (vgl. §§ 211 Abs. 2, 217 Abs. 2 SGB V) die Gelder als "Sammelstellen" entgegenzunehmen und weiterzuleiten. Dementsprechend ist ausweislich des Protokolls zum Gesellschafterbeschluss der IKK Bundesverband GbR vom 15. November 2012 die Auszahlung an die Beklagte auch ausdrücklich in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord erfolgt. Auch der erkennende Senat geht davon aus, dass die Beklagte Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes geworden ist, auch wenn § 207 Abs. 4 SGB V dies für den hier vorliegenden Fall, in dem durch Herausfusionieren aller sonstigen Mitgliedskassen nur noch eine einzige Krankenkasse im ursprünglichen Landesverband verbleibt, nicht ausdrücklich vorschreibt. Das Bundessozialgericht hat hierzu jedoch in seinem Urteil vom 11. September 2012 (B 1 A 2/11 R – Juris, Rn. 22) dargelegt, dass nach dem Gesamtkonzept des § 207 Abs. 2a und 4 SGB V sowie Art. 69 Abs. 2 Gesundheits-Reformgesetz (GRG) auch in diesen Fällen eine Gesamtrechtsnachfolge eintritt. Dem schließt sich der erkennende Senat an.

Die zurückgeflossene Finanzhilfe ist auch nicht gemäß § 213 Abs. 1 S. 1 SGB V zu Gesamthandsvermögen der IKK Bundesverband GbR geworden, denn dies galt lediglich für das dem Bundesverband bis zum 31. Dezember 2008 zustehende Vermögen. Soweit die Beklagte selbst einräumt, dass § 8 Abs. 3 S. 1 FinAO nur so ausgelegt werden könne, dass die Rückzahlung als actus contrarius an denjenigen erfolgen müsse, der sie zuvor gewährt habe, endet dieser daher nicht mit der Rückgewähr an die IKK Bundesverband GbR, sondern erst mit der kompletten Rückabwicklung bis hin zu den hilfegewährenden Krankenkassen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten stützt die in § 6 Abs. 5 S. 5 FinAO enthaltene Regelung diese Auslegung. Während es im vorliegenden Fall um eine finanzielle Hilfe zur Entschuldung geht (§ 6a FinAO), regelt § 6 FinAO die finanziellen Hilfen in besonderen Notlagen oder zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Anders als nach § 6a FinAO werden gemäß § 6 FinAO die Mittel gerade nicht durch gesonderte Umlagen im konkreten Fall erhoben, sondern es war ein Ausgleichsfonds zu bilden, in dem durch Einzahlungen der IKK Landesverbände Mittel für finanzielle Hilfen angesammelt wurden (§ 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 FinAO). Es ist insofern folgerichtig, wenn § 6 Abs. 5 S. 5 FinAO bestimmt, dass zurückfließende Mittel dem Ausgleichsfonds, aus dem sie gezahlt wurden, auch wieder zugeführt werden. Ein derartiger Ausgleichsfonds besteht in den Fällen des § 6a FinAO jedoch nicht, sodass eine solche Regelung folgerichtig nicht existiert und dies keine Lücke darstellt, die durch entsprechende Anwendung zu schließen wäre.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht daraus, dass der IKK Bundesverband im Zeitpunkt der Rückzahlung der Finanzhilfe die Rechtsform einer GbR hatte. Die Umwandlung des ehemaligen Bundesverbandes als Körperschaft des öffentlichen Rechts in eine GbR erfolgte im Hinblick auf die künftige Konzentration der Aufgaben bei dem Spitzenverband Bund gemäß § 212 Abs. 1 S. 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 (BGBl. I 2007, 378). Gesellschafter wurden die am 31. Dezember 2008 vorhandenen Mitglieder (§ 212 Abs. 1 S. 2 SGB V). Die GbR wurde kraft Gesetzes Rechtsnachfolger des bis zum 31. Dezember 2008 bestehenden Bundesverbandes; ihr Zweck ist die Erfüllung ihrer sich nach § 214 SGB V ergebenden Aufgaben (§ 212 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB V). Gemäß § 214 S. 1 SGB V i.d.F.v. 26. März 2007 (a.a.O.) hat die Gesellschaft die Aufgabe, die Verpflichtungen auf Grund der Rechtsnachfolge oder aus Gesetz zu erfüllen. Hierzu gehörte auch die Rückabwicklung der zurück zu zahlenden Finanzhilfe. Abgesehen davon widersprechen auch die tatsächlichen Verhältnisse dem Vortrag der Beklagten, die IKK Bundesverband GbR bzw. deren Gesellschafterinnen seien davon ausgegangen, bei der Verteilung der zurückgewährten Mittel völlig frei zu sein. Denn die zurückgeflossene Finanzhilfe ist im Verhältnis der jeweiligen Anteile unter den beteiligten Landesverbänden aufgeteilt worden und die Beklagte hat ausweislich des Protokolls zur Gesellschafterversammlung vom 15. November 2012 ausdrücklich erklärt, Rechtsnachfolgerin des IKK Landesverbandes Nord und damit zuständige Auszahlungsempfängerin zu sein. Hierauf wäre es aber nach der von ihr vertretenen Auffassung gar nicht angekommen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht auch der Umlagebescheid des IKK Bundesverbandes vom 30. August 2007 dem Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Dieser trifft allein eine Regelung darüber, dass und in welcher Höhe die Umlage zu zahlen war. Dagegen trifft er keinerlei Regelungen zu der Frage, was im Falle einer Rückzahlung der Finanzhilfe durch die hilfeempfangende Krankenkasse zu erfolgen hat. Diese ergeben sich vielmehr ausschließlich aus § 8 Abs. 3 FinAO.

Schließlich steht auch der Umstand, dass die Klägerin aufgrund der Fusion einer anderen Kassenart angehört, dem Anspruch nicht entgegen. Hinter der Regelung des § 8 Abs. 3 S. 1 FinAO steht der Rechtsgedanke, dass – nach damaligem Verständnis – Finanzhilfen zur Entschuldung nur an Krankenkassen der gleichen Kassenart erfolgten (§ 265a Abs. 1 S. 1 Buchst. b SGB V a.F.) und ein Solidarausgleich demnach nur innerhalb eines Kassensystems stattfinden sollte. Die gewährte Finanzhilfe sollte daher nicht durch zeitnahes Herausfusionieren der empfangenden Kasse einem anderen Kassensystem zugutekommen. Dieser Gedanke lässt sich aber auf die Rückabwicklung nicht übertragen, denn hierdurch erfolgte keine originäre Begünstigung einer Kasse, sondern es wurde lediglich der ursprüngliche Zustand – der ohne die Gewährung einer Finanzhilfe ohnehin bestanden hätte – wiederhergestellt. Die gegenteilige Sichtweise würde im Übrigen dazu führen, dass eine Kasse, die kurz nach der Rückzahlung aus dem Kassensystem herausfusioniert, diese "mitnimmt", eine Kasse, die schon vorher in ein anderes Kassensystem herausfusioniert ist, den Anspruch jedoch verlieren würde. Für eine derartige Ungleichbehandlung ist ein sachlicher Grund nicht erkennbar. Sie würde vielmehr im vorliegenden Fall zu einer nicht nachvollziehbaren Begünstigung der Beklagten führen.

Nur ergänzend ist zu erwähnen, dass § 14 Abs. 3 S. 3 der heute geltenden Finanzhilfenordnung nach § 265a SGB V des GKV-Spitzenverbandes (Anlage 2 zu der Satzung des GKV-Spitzenverbandes i.d.F.v. 18. Juni 2007, zuletzt geändert am 22. Mai 2019) ausdrücklich bestimmt, dass die von einer Hilfe empfangenden Krankenkasse zurückgezahlten Hilfen an die Krankenkassen unverzüglich im Verhältnis der Finanzierung zurückgezahlt werden.

Da sich der von der Klägerin geltend gemachte Rückzahlungsanspruch unmittelbar aus § 8 Abs. 3 S. 1 FinAO ergibt, sind Ausführungen dazu entbehrlich, ob daneben die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs oder eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs erfüllt sind.

2. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann die Klägerin Zinsen in Höhe von 4 Prozent jedoch nicht durchgängig seit dem 31. Dezember 2007 verlangen.

a) Gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 FinAO ist der zurückgezahlte Betrag allerdings mit 4 Prozent pro Jahr zu verzinsen. Die Zinsen sind von der Gewährung der Hilfen an zu berechnen, sie werden mit dem Tag der Fusion fällig (§ 8 Abs. 3 S. 2 und 3 FinAO). Die sich hiernach ergebenden Zinsen sind jedoch vorliegend aufgrund des zwischen der IKK Bundesverband GbR und der AOK Niedersachsen geschlossenen Vergleichs auf einen Betrag von 139.516,22 EUR begrenzt. Dieser Vergleich bindet auch die Klägerin. Zu den Aufgaben des IKK Bundesverbandes gehörte nach dem bis zum 31. Dezember 2008 geltenden § 217 Abs. 2 Nr. 8 SGB V unter anderem die Übernahme der Vertretung der Mitglieder und der Krankenkassen gegenüber anderen Trägern der Sozialversicherung, Behörden und Gerichten. Diese Aufgabe ging gemäß § 214 SGB V i.d.F.v. 26. März 2007 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 auf die IKK Bundesverband GbR über, sodass auch diese berechtigt war, die Krankenkassen bei Verhandlungen und Vereinbarungen mit anderen Sozialversicherungsträgern zu vertreten und im konkreten Fall die Modalitäten der Rückzahlung zu vereinbaren. Anhaltspunkte dafür, dass die IKK Bundesverband GbR mit dem geschlossenen Vergleich ihre Vertretungsmacht überschritten oder aus anderen Gründen sachwidrig gehandelt haben könnte, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Der Umstand, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses nicht dem IKK-Verband angehörte, ändert an dieser Beurteilung nichts. Ist einerseits das Herausfusionieren aus dem IKK-Verband unerheblich für die Frage des Rückzahlungsanspruchs nach § 8 Abs. 3 FinAO, weil es hierbei nur um die Wiederherstellung des ursprünglichen wirtschaftlichen Zustandes geht, kann unter Berücksichtigung von Treu und Glauben in Bezug auf die Zinsen nichts Anderes gelten, da die gegenteilige Auffassung zu einer sachlich nicht zu rechtfertigenden Besserstellung der Klägerin gegenüber den Kassen führen würde, die im IKK-Verband verblieben sind.

Auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch würde der Klägerin nicht zu einem höheren Zinsbetrag verhelfen, denn hiernach kann nur die Herausgabe "des Erlangten" gefordert werden. Dies ist hier nur der Betrag von 139.516,22 EUR. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte als Gesellschafterin der IKK Bundesverband GbR scheiden schon deshalb aus, weil der Vergleich – wie ausgeführt – von der Vertretungsmacht der GbR umfasst war und eine Pflichtverletzung insoweit nicht erkennbar ist.

b) Die Klägerin kann aber gemäß § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen seit dem 1. August 2013 verlangen. Die Forderung war seit dem Tag der Fusion fällig (§ 8 Abs. 3 S. 3 FinAO). Die Beklagte ist durch die Mahnung vom 17. Juli 2013, durch die ihr eine Frist bis zum 31. Juli 2013 gesetzt worden war, ab dem 1. August 2013 in Verzug geraten. Aufgrund des vorangegangenen Schriftwechsels unterliegt die Angemessenheit der Frist keinen Zweifeln. Ein früherer Verzug aufgrund der Zahlungsaufforderung vom 7. Mai 2013 kommt demgegenüber nicht in Betracht, da die Höhe der Forderung darin nicht ausreichend bestimmt war. Ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit stehen der Klägerin gemäß §§ 291 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB Prozesszinsen zu.

Zwar beträgt der Zinssatz nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Die Höhe des Zinsanspruchs ist jedoch durch den Tenor des sozialgerichtlichen Urteils auf 4 Prozent begrenzt, da die Klägerin keine Berufung eingelegt hat. Da der Basiszinssatz von 2013 bis heute zwischen - 0,13 und - 0,88 Prozent gelegen hat, war ein Zinssatz von 4 Prozent zu keiner Zeit überhöht.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt gemäß § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO allein die Beklagte, da sie nur in Bezug auf die Nebenforderung in geringem Umfang obsiegt hat.

4. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Gründe nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da die seinerzeit maßgeblichen Bestimmungen außer Kraft getreten und die aufgeworfenen Fragen daher obsolet sind. Dass noch eine nennenswerte Anzahl gleichgelagerter Verfahren anhängig ist, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

5. Der Streitwert beträgt auch für das Berufungsverfahren 1.315.161,28 EUR (§ 52 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 GKG). Der Wert der Nebenforderung (Zinsen) wird dabei nicht berücksichtigt (§ 43 Abs. 1 GKG).
Rechtskraft
Aus
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