L 4 AS 38/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 32 AS 4159/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 38/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin für die Monate November und Dezember 2015 zu gewährenden Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die 1967 geborene, erwerbsfähige Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 80,47 m² große Wohnung in der Straße in Hamburg. Die Nettokaltmiete betrug 970,- Euro, daneben waren monatliche Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 213,- Euro bzw. 65,- Euro zu zahlen.

Zunächst bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar 2015 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31. März 2015 vorläufig und berücksichtigte dabei Unterkunftskosten in voller tatsächlicher Höhe. Mit Schreiben vom 23. März 2015 forderte der Beklagte die Klägerin auf, am 14. April 2015 bei ihm zu erscheinen, um über Möglichkeiten zur Senkung der deutlich über der Höchstgrenze liegenden Unterkunftskosten zu sprechen. Die Klägerin nahm diesen Termin nicht wahr. Der Beklagte forderte daraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 14. April 2015 auf, ihre Unterkunftskosten zu senken. Angemessen sei eine Nettokaltmiete von bis zu 348,50 Euro. Betriebs- und Heizkosten seien gesondert zu berücksichtigen. Ab dem 1. November 2015 werde der Beklagte nur noch die angemessenen Kosten für die derzeitige Wohnung übernehmen, wenn die Klägerin sich nicht um Kostensenkung bemühe bzw. die Aktivitäten nicht belege.

Die Klägerin erhob gegen dieses Schreiben am 4. Juni 2015 Widerspruch und teilte mit, in ihrer unmittelbaren Umgebung sei derzeit keine günstigere Wohnung zu finden. Sie habe telefonisch bei der Saga sowie zwei Wohnungsbaugenossenschaften nachgefragt. Sie werde versuchen, einen Untermieter zu finden.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2015 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2015 bis zum 31. Dezember 2015 vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Für die Zeit ab November 2015 berücksichtigte er nur noch Unterkunftskosten in Höhe von monatlich insgesamt 626,50 Euro (348,50 Euro Nettokaltmiete, 65,- Euro Heizkostenvorauszahlung und 213,- Euro Nebenkostenvorauszahlung). Hiergegen erhob die Klägerin am 25. Juli 2015 Widerspruch.

Der Beklagte wies den Widerspruch gegen die Kostensenkungsaufforderung mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2015 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 29. Oktober 2015 Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben (S 32 AS 4195/15) und am gleichen Tage einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gestellt (S 32 AS 4158/15 ER). Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie sei aufgrund einer negativen Schufa-Auskunft infolge einer gescheiterten Existenzgründung nicht in der Lage, eine billigere Wohnung anzumieten. In Hamburg bestehe ein angespannter Wohnungsmarkt.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 7. Dezember 2015 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es sich bei der Kostensenkungsaufforderung nicht um einen Verwaltungsakt handele. Soweit die Klägerin im Wege der Auslegung die Gewährung höherer Unterkunftskosten und damit den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehre, sei der Antrag ebenfalls nicht erfolgreich. Tatsächlich sei die Wohnung der Klägerin unangemessen teuer, sodass der Beklagte zu Recht Unterkunftskosten nur noch in Höhe der angemessenen Kosten gewähre. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin zum Landessozialgericht ist erfolglos geblieben (Beschluss vom 25.1.2016 – L 4 AS 540/15 B ER).

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Dezember 2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 23. Juni 2015 zurück. Hiergegen hat die Klägerin am 9. Januar 2016 Klage zum Sozialgericht Hamburg erhoben (S 32 AS 91/16). Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Beklagte habe in seiner Kostensenkungsaufforderung nur die angemessene Nettokaltmiete genannt, aber nicht mitgeteilt, in welcher Höhe er kalte Betriebskosten als angemessen erachte. Ohne Mitteilung der angemessenen kalten Betriebskosten könne eine Wohnungssuche nicht vernünftig betrieben werden. Da die Kostensenkungsaufforderung unzureichend gewesen sei, habe die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft. Außerdem sei die Begrenzung der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten auf die angemessenen Aufwendungen in § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB II verfassungswidrig. Schließlich habe der Beklagte die Besonderheiten des Einzelfalls nicht berücksichtigt. Die Klägerin habe einen negative Schufa-Eintrag, es liege auf der Hand, dass sie in einem Ballungsraum wie Hamburg damit bei der Wohnungssuche praktisch chancenlos sei.

Das Sozialgericht hat die beiden Klagen mit Verbindungbeschluss vom 7. Dezember 2016 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 32 AS 4195/15 verbunden. Am 15. Dezember 2017 hat das Sozialgericht den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Die Klägerin hat dabei ihren Antrag auf die Abänderung des Bewilligungsbescheids vom 23. Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2015 beschränkt, den Antrag auf Aufhebung der Kostensenkungsaufforderung vom 14. April 2015 hat sie nicht aufrechterhalten.

Mit Urteil vom 15. Dezember 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung höherer Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Monate November und Dezember 2015. § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB II sei nicht verfassungswidrig. Die tatsächlichen Aufwendungen für die von der Klägerin bewohnte Wohnung seien unangemessen hoch gewesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der unbestimmte Rechtsbegriff unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren und die Mietobergrenze auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu bestimmen. Das Bundessozialgericht habe qualifizierte Mietspiegel als dessen Grundlage ausdrücklich anerkannt. Es bestünden keine Zweifel daran, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze für die Nettokaltmiete den Vorgaben des Bundessozialgerichts entsprechend ermittelt habe. Deshalb sei davon auszugehen, dass für einen Einpersonenhaushalt im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nettokaltmiete von 348,50 Euro angemessen sei. Das Bundessozialgericht habe allerdings bereits in seinem Urteil vom 19. Oktober 2010 (B 14 AS 50/10 R) dargelegt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu bestimmen sei. Der Beklagte berücksichtige seit 2017 dementsprechend nicht mehr die tatsächlichen, sondern die angemessenen kalten Betriebskosten. Diese habe der Beklagte für einen Einpersonenhaushalt zutreffend mit 90,- Euro beziffert. Die Unterkunftskosten der Klägerin seien auch unter Berücksichtigung einer angemessenen Bruttokaltmiete unangemessen hoch gewesen. Zudem habe der Beklagte bei seiner Bewilligung sogar die wesentlich höheren tatsächlichen kalten Betriebskosten berücksichtigt. Die Klägerin sei durch die Kostensenkungsaufforderung vom 14. April 2015 ausreichend über die maßgeblichen Gesichtspunkte informiert worden. Die Zeitspanne von sechs Monaten, für die die unangemessenen Kosten regelmäßig noch übernommen werden könnten, sei abgelaufen gewesen. Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Umzug der Klägerin nicht möglich bzw. nicht zumutbar gewesen sei.

Gegen das Urteil, das ihrem Prozessbevollmächtigtem am 20. Januar 2018 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 20. Februar 2018 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Miete für die von ihr bewohnte Wohnung sei in Hamburg angemessen. Zum Beweis hierfür berufe sie sich auf ein vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten. Es sei der Klägerin ferner nicht zumutbar gewesen, sich eine andere, kostengünstigere Wohnung zu suchen. Dies sei ihr im Übrigen wegen ihres Schufa-Eintrags auch nicht möglich gewesen, da sie deshalb auf dem Hamburger Wohnungsmarkt praktisch keine Chance gehabt hätte. Die Klägerin verweist insofern auf einen Artikel aus der Hamburger Morgenpost vom 4. Juni 2009 und bietet ferner Beweis an durch Vernehmung diverser Mitarbeiter von Immobilienunternehmen und Mietervereinigungen sowie des Vorsitzenden des Grundeigentümer-Verbands Hamburg.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 23. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2015 zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2015 bis zum 31. Dezember 2015 weitere Leistungen nach dem SGB II für die Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 621,50 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, es sei keineswegs unmöglich, mit einer negativen Schufa-Auskunft eine Wohnung anzumieten. In Hinblick darauf, dass Unterkunftskosten durch den Beklagten erbracht würden, komme dem Schufa-Eintrag keine entscheidende Bedeutung zu. Ferner könnten Leistungsberechtigte nach dem SGB II einen Wohnberechtigungsschein beantragen und hierdurch die Möglichkeit erlangen, sich für Wohnungen aus dem Bereich des öffentlich geförderten Wohnraums zu bewerben.

Mit Schreiben vom 22. April 2020 bzw. 12. Mai 2020 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat für die Monate November und Dezember 2015 keinen Anspruch auf Bewilligung höherer Leistungen nach dem SGB II für die Kosten ihrer Unterkunft.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, seine Konkretisierung durch den Leistungsträger ist gerichtlich voll überprüfbar (BSG, Urteile vom 30.1.2019 – B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 41/18 R). Die zunächst abstrakt zu bestimmende Angemessenheit ist nach der sog. Produkttheorie zu ermitteln, d.h. es ist abzustellen auf das Produkt aus angemessener Wohnungsgröße und angemessenem Wohnstandard. Die Angemessenheitsgrenze ist entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. insbesondere den Beschluss vom 2.4.2014 – B 4 AS 17/14 B, aber auch die Urteile vom 30.1.2019, a.a.O.) festzulegen als Bruttokaltmiete, die sich aus der Nettokaltmiete und den kalten Betriebskosten zusammensetzt. Konkret ist dabei in folgenden Schritten vorzugehen (vgl. BSG, Urteile vom 30.1.2019, a.a.O.): (1) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (2) Bestimmung des angemessenen Wohnstandards, (3) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept und (4) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Beklagte die angemessene Nettokaltmiete entsprechend den oben genannten ersten drei Schritten ermittelt hat. Insoweit wird gem. § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen auf die Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil. Bedenken gegen das Vorgehen des Beklagten ergeben sich allenfalls daraus, dass er in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt geltenden Fachanweisung zu § 22 SGB II lediglich eine angemessene Nettokaltmiete ausgewiesen hat, der oben genannte vierte Schritt – die Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten – aber unterblieben ist. Wie schon das Sozialgericht dargelegt hat, führt dies vorliegend allerdings nicht zu einer Benachteiligung der Klägerin, da der Beklagte die vollen tatsächlichen Betriebskosten anerkannt hat, die hier mit 213,- Euro deutlich über den als angemessen anzuerkennenden Kosten liegen. Und selbst wenn man als Konsequenz der Nichteinbeziehung der kalten Betriebskosten annähme, dass es an einem in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswert insgesamt fehle, würde daraus kein Anspruch der Klägerin auf Berücksichtigung der vollen tatsächlichen Unterkunftskosten folgen. Vielmehr gilt in diesem Fall eine Begrenzung durch die Werte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % (vgl. BSG, Urteile vom 30.1.2019, a.a.O., Rn. 29: " andernfalls sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem WoGG plus Zuschlag von 10 %"). Die Tabelle des § 12 Abs. 1 WoGG in der im streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung vom 9. Dezember 2010 sieht für einen Einpersonenhaushalt der für Hamburg damals geltenden Mietstufe V (Anlage § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung in der vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung vom 15.12.2008) einen Höchstbetrag von 385,00 Euro für die Bruttokaltmiete (ohne Heizkosten) vor. Unter Berücksichtigung des Zuschlags von 10% errechnet sich damit eine Obergrenze von 423,50 Euro. Dies liegt unterhalb der im Fall der Klägerin vom Beklagten berücksichtigten 561,50 Euro (ebenfalls ohne Heizkosten). Angesichts dessen war der Senat auch nicht gehalten, der Anregung der Klägerin zu folgen und ein Sachverständigengutachten zur Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten einzuholen.

Dass aus besonderen Gründen des Einzelfalls hier eine höhere subjektive Angemessenheitsgrenze anzusetzen gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Höhere als die angemessenen Unterkunftskosten sind im vorliegenden Fall auch nicht etwa deshalb anzuerkennen, weil es der Klägerin nicht möglich oder nicht zuzumuten gewesen wäre, die Kosten zu senken. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei ihr aufgrund eines Schufa-Eintrags unmöglich, eine andere Mietwohnung in Hamburg zu bekommen, handelt es sich dabei um eine bloße Behauptung. Die Klägerin hat keine Nachweise darüber erbracht, ja noch nicht einmal umfassend vorgetragen, dass sie von potentiellen Vermietern aus diesem Grunde abgelehnt worden wäre. Es ist auch keineswegs eine allgemein bekannte Tatsache, dass es in Hamburg generell unmöglich wäre, mit negativer Schufa-Auskunft eine Wohnung zu bekommen. Der im Berufungsverfahren vorgelegte Artikel aus der Hamburger Morgenpost ist nicht geeignet, dies zu belegen. Abgesehen davon, dass er bereits aus dem Jahr 2009 stammt, es hier aber um das Jahr 2015 geht, und unabhängig von der generellen Frage nach der Beweiskraft journalistischer Berichterstattung, wird in ihm zwar von Schwierigkeiten berichtet, aber auch dargelegt, dass kleine Vermieter durchaus "eher mal nach dem persönlichen Eindruck [gehen] und über Schufa-Einträge hinweg [gehen]". Der Senat hat keinen Anlass gesehen, der Beweisanregung der Klägerin nachzukommen und die von ihr benannten Personen aus der Wohnungswirtschaft bzw. den Mietervereinigungen zu diesem Thema zu befragen. Denn auch eine Auskunft dahingehend, dass es mit negativer Schufa-Eintragung schwierig ist, eine Wohnung zu finden, kann Nachweise über die Wohnungssuche im Einzelfall nicht ersetzen. Zudem verweist der Beklagte zutreffend auf die Möglichkeit, einen Dringlichkeitsschein zu beantragen, die die Klägerin offenbar nicht genutzt hat. Die Klägerin hat überhaupt keine Nachweise über eine ernsthafte Wohnungssuche vorgelegt, sondern lediglich vorgetragen, sich bei zwei Wohnungsbaugenossenschaften sowie der SAGA nach einer günstigeren Wohnung erkundigt zu haben. Das ist als Kostensenkungsbemühung nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass der Umzug in eine günstigere Wohnung nicht die einzige Möglichkeit zur Kostensenkung ist. Daneben kommt insbesondere eine Untervermietung von Teilen der Wohnung in Betracht. Diesbezüglich hatte die Klägerin in ihrem Widerspruch gegen die Kostensenkungsaufforderung zwar mitgeteilt, sie werde sich um einen Untermieter bemühen. Dass sie tatsächlich entsprechende Bemühungen angestellt hat und warum diese ggf. erfolglos blieben, ist jedoch nicht vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen worden.

Die Klägerin ist auf die Notwendigkeit der Kostensenkung auch hingewiesen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 78/09 R) ist erforderlich, dass die Kostensenkungsaufforderung den aus Sicht des Grundsicherungsträgers angemessene Mietpreis angibt. Das ist hier mit dem Schreiben des Beklagten vom 14. April 2015 geschehen. Ohne Belang ist dabei, ob die in dem Schreiben genannte Mietobergrenze sachlich-inhaltlich richtig ist, denn der Streit darüber, ob die vom Leistungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, ist grundsätzlich bei der Frage auszutragen, welche Aufwendungen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (vgl. BSG, Urteil vom 20.8. 2009 – B 14 AS 41/08 R, Rn. 34 und Urteil vom 19.2.2009 – B 4 AS 30/08 R, Rn 40). Allein die objektiv fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung, wenn dadurch bewirkt wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe in wesentlichem Umfang beschränkt (BSG, Urteil vom 19.2.2009, aaO). Das ist hier erkennbar nicht der Fall gewesen; die Klägerin hat wie oben ausgeführt schon nicht dargelegt, geschweige denn nachgewiesen, dass sie sich ernsthaft um eine kostengünstigere Wohnung oder eine Untervermietung bemüht hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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