Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 67/19
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 1/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe. Der Kläger war bei der H. beschäftigt und schloss mit dieser am 16. Juni 2015 einen Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2016. In der Präambel des Vertrages wird ausgeführt, der Vorstand der Bank habe für die Jahre 2015-2017 ein umfangreiches Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramm beschlossen. Danach sei ein Personalabbau in erheblichem Umfang erforderlich. Im Zuge dieses Abbaus sollten betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung hätten die Parteien den nachfolgenden Aufhebungsvertrag geschlossen. Die Parteien seien sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Bank aus betrieblichen Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2016 enden werde (§ 1 des Aufhebungsvertrages). Der Mitarbeiter erhalte auf der Grundlage des Sozialplans für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 69.854,21 EUR brutto (§ 5 Nr. 1). Unter § 7 Nr. 3 heißt es, der Mitarbeiter sei darauf hingewiesen worden, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrages zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug und einer Verkürzung der Anspruchsdauer führen könne. Rechtsverbindliche Auskünfte hierzu erteile die zuständige Agentur für Arbeit.
Tatsächlich endete das Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht zum 31. Dezember 2016, sondern wurde zunächst fortgesetzt, weil der Kläger mit Projektarbeiten zur Abwicklung des Geschäftsbereiches beschäftigt wurde. Zu diesem Zweck wurden folgende Vereinbarungen geschlossen: • am 24. November 2016: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.03.2017 festgelegt." • am 7. März 2017: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.12.2017 festgelegt." • am 27. November 2017: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.03.2018 festgelegt." • am 8. März 2018: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 30.06.2018 festgelegt." • am 4. Juni 2018: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 30.09.2018 festgelegt."
Zusätzlich wurden in den Vereinbarungen jeweils Neuberechnungen der Abfindung vorgenommen. Des Weiteren findet sich der Hinweis, dass der Aufhebungsvertrag im Übrigen unberührt bleibe. Am 3. September 2018 schlossen die Arbeitsvertragsparteien dann eine ebensolche Zusatzvereinbarung zum Aufhebungsvertrag, in welcher es entsprechend heißt, als Beendigungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages werde nunmehr der 30. November 2018 festgelegt. Aufgrund der Änderung des Beendigungstermins erfolge eine Neuberechnung der Abfindung. Diese betragen nunmehr 91.284,38 EUR brutto. Die Sprinterprämie als zusätzliche Abfindung betrage 24.682,44 EUR brutto. Im Übrigen bleibe der Aufhebungsvertrag unberührt. Das Beschäftigungsverhältnis endete mit Ablauf des 30. November 2018. Der Kläger meldete sich am 21. August 2018 arbeitsuchend und zum 1. Dezember 2018 arbeitslos. Im Fragebogen zum Aufhebungsvertrag nahm der Kläger wie folgt Stellung: es habe sich um eine betriebliche Restrukturierung gehandelt, mit vollständiger Auflösung des Geschäftsbereiches, in welchem er tätig gewesen sei. Es habe mehrfach in den Jahren 2016 und 2017 Gespräche gegeben, um alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Hause zu eruieren, jedoch sei keine sinnvolle Alternative realisierbar gewesen. Der ursprüngliche Aufhebungsvertrag habe ein Beschäftigungsende zum 31. Dezember 2016 vorgesehen, er habe jedoch im Rahmen von Projektarbeiten zur Abwicklung des Geschäftsbereiches noch Verlängerungen seiner Beschäftigung bis zum 30. November 2018 erwirken können. Die Arbeiten zur Auflösung des Geschäftsbereiches seien bis Ende November 2018 abgeschlossen gewesen, eine weitere Verwendung sei für ihn ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen. Eine betriebsbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers sei in letzter Instanz wahrscheinlich gewesen. Die Konditionen einer solchen Kündigung nach den gesetzlichen Mindeststandards wären schlechter gewesen als diejenigen des Aufhebungsvertrages. Eine direkte schriftliche Ankündigung einer betriebsbedingten Kündigung habe es aber nicht gegeben, eine solche habe sich aber sachlich aus den durchgeführten Personaleinsparungsprogrammen zur Erreichung der Privatisierungsziele ergeben. Mit Bescheiden vom 19. Dezember 2018 stellte die Beklagte eine Sperrzeit für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis zum 22. Februar 2019 und das Ruhen der Leistungsansprüche wegen der Anrechnung einer Entlassungsentschädigung bis zum 31. März 2019 fest und bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 1. April 2019 in Höhe von 67,43 EUR kalendertäglich. Auf den Widerspruch des Klägers hin hob die Beklagte den Ruhensbescheid wegen der Entlassungsentschädigung auf und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 25. Januar 2019 Alg in unveränderter Höhe bereits ab dem 23. Februar 2019. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers wegen der Sperrzeit mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2018 zurück. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, ohne im Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe dafür einen wichtigen Grund gehabt zu haben. Zum konkreten Beendigungszeitpunkt habe der Arbeitgeber nicht mit einer betriebsbedingten Kündigung gedroht. Die Sperrzeit führe zu einem Ruhen des Leistungsanspruchs für den Sperrzeitraum und zu einer Anspruchsminderung um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit, mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer. Der Kläger hat am 13. Februar 2019 Klage erhoben. Es habe festgestanden, dass sein Geschäftsbereich im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen eingestellt werden würde. So sei es zum Aufhebungsvertrag vom 16. Juni 2015 gekommen. Die Abwicklung des Restbestandes habe dann indes länger gedauert als ursprünglich gedacht und er habe sich proaktiv in die Projekte des Abbaus eingebracht, wodurch es ihm durch mehrere Zusatzvereinbarungen gelungen sei, die Beendigung des Vertrages bis zum 30. November 2018 hinauszuzögern. Er sei am Ende der letzte Mitarbeiter im Bereich der Flugzeugfinanzierung gewesen. Da sein Geschäftsfeld beendet worden sei, sei er aufgrund seiner speziellen Fachkenntnisse nicht weiter benötigt worden. Eine alternative Beschäftigung im Unternehmen sei nicht möglich gewesen. Eine betriebsbedingte Kündigung sei somit unausweichlich gewesen und habe offensichtlich festgestanden. Zwar habe es keine schriftliche Ankündigung dieser Maßnahme gegeben, jedoch sei aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles klar gewesen, dass er nicht länger beim Arbeitgeber beschäftigt sein konnte, da sein Geschäftsfeld geschlossen worden sei und aufgrund des erheblichen Personalabbaus auch in anderen Geschäftsbereichen keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gegeben gewesen sei. Er habe die Abwicklung seines Geschäftsfeldes bis zum Schluss begleitet und sei damit längst möglich bei dem Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2019 abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Eine Kündigungsankündigung im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages konkret zum 31. Dezember 2016, dem ursprünglich geplanten Ende der Beschäftigung, habe nicht vorgelegen. Eine drohende Kündigung zum 31. Dezember 2016 sei auch kaum anzunehmen, denn der Kläger sei ja tatsächlich noch bis zum 30. November 2018 beschäftigt gewesen. Anhaltspunkte für eine besondere Härte seien nicht erkennbar. Der Kläger hat gegen den am 19. Dezember 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 16. Januar 2020 Berufung eingelegt, mit welcher er im Wesentlichen den Vortrag aus der ersten Instanz wiederholt. Auch aus der Präambel des Aufhebungsvertrages könne bereits entnommen werden, dass der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung geschlossen worden sei. Die Annahme des Sozialgerichts, eine drohende Kündigung sei nicht anzunehmen, sei damit falsch. Es sei gerichtsbekannt, dass die EU dem Arbeitgeber des Klägers, der H., im Rahmen eines Beihilfeverfahrens klare Vorgaben gemacht habe. Die Bank habe bis zu einem definierten Zeitpunkt privatisiert sein müssen, ansonsten wäre sie abgewickelt worden. Es sei klar gewesen und auch in jeder Mitarbeiterversammlung zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Privatisierung ohne Personalabbau nicht denkbar sei. Nach den Kriterien einer Sozialauswahl sei klar gewesen, dass dem Kläger als einem der ersten gekündigt worden wäre, dies abzuwarten habe ihm nicht zugemutet werden können. Wenigstens aber liege nach den Gesamtumständen eine besondere Härte vor. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger habe davon ausgehen können, dass eine dauerhafte Erhaltung seines Arbeitsplatzes aussichtslos sei. Allein aus diesem Grund habe er sich dem Druck von mehreren Seiten zum Aufhebungsvertrag mit Abfindung gebeugt. Er sei im Übrigen zu jedem Zeitpunkt des Personalabbaus bemüht gewesen, seine Beschäftigung beim Arbeitgeber so lang wie möglich aufrecht zu erhalten. Daher seien mehrfach Zusatzvereinbarungen geschlossen worden und er habe erreichen können, dass er als letzter Mitarbeiter in seinem Geschäftsbereich tätig gewesen sei und dass die ursprüngliche Beendigung seines Arbeitsvertrages um fast 2 Jahre verlängert worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg und die Bescheide der Beklagten vom 19. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2019 aufzuheben und den Bescheid vom 25. Januar 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2018 ohne Berücksichtigung einer Sperrzeit zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 23. September 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2018 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 1. Dezember 2018 bis zum 22. Februar 2019 nebst Ruhen und Minderung des Alg-Anspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2019 ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Streitgegenstand ist aber nicht nur der Sperrzeitbescheid vom 19. Dezember 2018, über den das Sozialgericht befunden hat, sondern auch der Bewilligungsbescheid selben Datums sowie der Bescheid vom 25. Januar 2019, mit welchen die Beklagte geregelt hat, dass dem Kläger Alg für die Zeit ab dem 23. Februar 2019 gewährt wird und über welchen das Sozialgericht konkludent mitentschieden hat. Denn die Feststellung einer Sperrzeit stellt nur die Begründung der getroffenen leistungsrechtlichen Regelungen (Ruhen des Zahlungsanspruchs für die Dauer der Sperrzeit sowie Minderung der Anspruchsdauer) dar, sodass diese Rechtsfolgen in einem gesonderten Bescheid geregelt werden müssen (BSG, Urteil vom 29. November 1988 – 11/7 RAr 91/87, SozR 4100 § 119 Nr. 34). Deshalb bildet der weitere Bescheid, mit dem Leistungen nach Ablauf einer Sperrzeit gewährt werden, mit dem sogenannten Sperrzeitbescheid prozessrechtlich eine Einheit (BSG, Urteil vom 16. September 1999 – B 7 AL 32/98 R, SozR 3-4100 § 119 Nr. 19). Richtige Klageart dagegen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 13. Mai 1987 – 7 RAr 19/85, SozR 4100 § 119 Nr. 3).
Rechtsgrundlage für die genannten Bescheide ist § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das Verhalten des Arbeitnehmers muss kausal (im Sinne der Wesentlichkeitstheorie) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geworden sein. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses muss - ebenfalls im Sinne einer wesentlichen Bedingung - Ursache für den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein.
Abzustellen ist im Hinblick auf die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses auf den Aufhebungsvertrag vom 16. Juni 2015, mit welchem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist. Die Folgevereinbarungen haben lediglich das Ende der Beschäftigung und die Abfindungssumme neu bestimmt, die übrigen Regelungen des Aufhebungsvertrages jedoch unberücksichtigt gelassen. Faktisch hat der Kläger damit aufgrund der Folgevereinbarungen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zugunsten mehrerer befristeter Anschlussarbeitsverhältnisse aufgegeben. Auch darin liegt grundsätzlich eine Lösung des Arbeitsverhältnisses, die eine Sperrzeit mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit nach sich ziehen kann (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, Juris). Dabei ist grundsätzlich Kausalität zwar dann nicht mehr gegeben, wenn sich an das erste befristete Arbeitsverhältnis nahtlos ein weiteres befristetes anschließt (Karmanski in: Brand, SGB III, § 159 Rn. 21). Vorliegend hat allerdings derselbe Arbeitgeber die Befristung jeweils verlängert, es handelt sich daher nicht um ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis, sondern um dasselbe, so dass vorliegend die ursprüngliche Auflösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses fortwirkend kausal für die später eingetretene Arbeitslosigkeit gewesen ist.
Ein wichtiger Grund stand dem Kläger bei der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Juni 2015 nicht zur Seite. Ein solcher kann nur dann angenommen werden, wenn dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht hätte zugemutet werden können. Grundgedanke der Sperrzeitregelung ist es nämlich, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 1997 – 7 RAr 22/96, Juris; Urteil vom 14. September 2010 – B 7 AL 33/09 R, Juris). Der wichtige Grund muss dabei objektiv vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1991 – 11 RAr 81/90, Juris). Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag kann sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund dann berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R, Juris; Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 18/04 R, Juris). Auf dezidierte Nachfrage des Senats hat der Kläger vorgetragen, es habe keine schriftliche Ankündigung der geplanten Kündigung gegeben. Der Kläger sei jedoch "regelmäßig seitens der Personalabteilung zum Ausscheiden aus dem Unternehmen angesprochen" worden. Aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles sei klar gewesen, dass der Kläger nicht länger bei der H. beschäftigt sein konnte, da das Geschäftsfeld geschlossen worden sei und aufgrund des Personalabbaus auch in anderen Geschäftsbereichen keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gegeben gewesen sei. Er wäre nach den Kriterien der Sozialauswahl mit 41 Jahren, unterdurchschnittlicher Beschäftigungsdauer und ohne Unterhaltsverpflichtungen einer der ersten gewesen, dem gekündigt worden wäre. Dass der Kläger von einem solchen Ablauf der Ereignisse ausgegangen ist, kann zu seinen Gunsten unterstellt werden.
Allerdings kommt es nicht darauf an, ob der Kläger subjektiv von einer betriebsbedingten Kündigung ausgehen und diese für rechtmäßig halten durfte. Entscheidend ist vielmehr, ob eine zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages vom 16. Juni 2015 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung zum 31. Dezember 2016 objektiv rechtmäßig gewesen wäre. Dies lässt sich hier schon deshalb nicht feststellen, weil keine Kündigung angedroht wurde, eine Sozialauswahl also nicht feststell- und beurteilbar ist. Dass eine arbeitgeberseitige Kündigung zum selben Zeitpunkt erfolgt wäre und objektiv rechtmäßig gewesen wäre, ist darüber hinaus schon deswegen unwahrscheinlich, weil das Beschäftigungsverhältnis des Klägers ja tatsächlich noch fast zwei Jahre fortgesetzt worden ist.
Daher kann auch dem Vortrag des Klägers, ein wichtiger Grund sei vorliegend im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Hinnahme einer wegen des erheblichen Personalabbaus zeitnah bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung gegeben, nicht gefolgt werden. Zwar hat das BSG (Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 69/04 R, Juris mwN) ausgeführt, die Zumutung, eine drohende Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten, begegne unter Beachtung des Zwecks der Sperrzeit und des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots durchgreifenden Bedenken. Im Regelfall sei bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung ein wichtiger Grund anzunehmen. Allerdings drohte in dem vom BSG entschiedenen Fall eine Kündigung zum selben Zeitpunkt wie dem, der im Aufhebungsvertrag vereinbart gewesen ist. Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil das Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu diesem Zeitpunkt eben nicht beendet, sondern vielmehr noch fast zwei Jahre lang fortgesetzt wurde.
Die Beklagte hat den Beginn und die Dauer der Sperrzeit zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III), Dieses Ereignis ist der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, Juris), somit also der 1. Dezember 2018.
Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 SGB III zwölf Wochen. Gründe, die Sperrzeit auf drei bzw. sechs Wochen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Sperrzeit innerhalb von sechs bzw. zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2a SGB III), oder wegen einer besonderen Härte (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III) herabzusetzen, liegen nicht vor. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 R, Juris - SozR 3-4100). Die gesetzliche Regelung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 18/11 R, Juris), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind. Allerdings müssen sich auch die Tatsachen für das Vorliegen einer besonderen Härte auf den Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung vom 16. Juni 2015 beziehen. Denn maßgebende Tatsachen im Sinne des § 159 Abs. 3 S. 2 Nr. 2b SGB III sind ausschließlich solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Der Umfang der Sperrzeit muss sich daher bereits im Zeitpunkt des Ereignisses feststellen lassen, welches die Sperrzeit begründet hat (Karmanski in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 159 Rn. 160 m.w.N.). Dieses ist vorliegend der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung. Es kann daher nicht zugunsten des Kläger berücksichtigt werden, dass es ihm in der Folgezeit dann doch noch gelungen ist, den Eintritt von Arbeitslosigkeit noch um fast zwei Jahre aufzuschieben. Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer besonderen Härte im Zeitpunkt 16. Juni 2015 sprechen, sind dagegen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Damit hat der Anspruch auf Alg für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis 22. Februar 2019 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht. Die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage (1/4 von 360 Tagen) folgt aus § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe. Der Kläger war bei der H. beschäftigt und schloss mit dieser am 16. Juni 2015 einen Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2016. In der Präambel des Vertrages wird ausgeführt, der Vorstand der Bank habe für die Jahre 2015-2017 ein umfangreiches Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramm beschlossen. Danach sei ein Personalabbau in erheblichem Umfang erforderlich. Im Zuge dieses Abbaus sollten betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden. Zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung hätten die Parteien den nachfolgenden Aufhebungsvertrag geschlossen. Die Parteien seien sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis auf Veranlassung der Bank aus betrieblichen Gründen unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2016 enden werde (§ 1 des Aufhebungsvertrages). Der Mitarbeiter erhalte auf der Grundlage des Sozialplans für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 69.854,21 EUR brutto (§ 5 Nr. 1). Unter § 7 Nr. 3 heißt es, der Mitarbeiter sei darauf hingewiesen worden, dass der Abschluss des Aufhebungsvertrages zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug und einer Verkürzung der Anspruchsdauer führen könne. Rechtsverbindliche Auskünfte hierzu erteile die zuständige Agentur für Arbeit.
Tatsächlich endete das Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht zum 31. Dezember 2016, sondern wurde zunächst fortgesetzt, weil der Kläger mit Projektarbeiten zur Abwicklung des Geschäftsbereiches beschäftigt wurde. Zu diesem Zweck wurden folgende Vereinbarungen geschlossen: • am 24. November 2016: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.03.2017 festgelegt." • am 7. März 2017: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.12.2017 festgelegt." • am 27. November 2017: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 31.03.2018 festgelegt." • am 8. März 2018: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 30.06.2018 festgelegt." • am 4. Juni 2018: "Als neuer Beendungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages wird nunmehr der 30.09.2018 festgelegt."
Zusätzlich wurden in den Vereinbarungen jeweils Neuberechnungen der Abfindung vorgenommen. Des Weiteren findet sich der Hinweis, dass der Aufhebungsvertrag im Übrigen unberührt bleibe. Am 3. September 2018 schlossen die Arbeitsvertragsparteien dann eine ebensolche Zusatzvereinbarung zum Aufhebungsvertrag, in welcher es entsprechend heißt, als Beendigungstermin im Sinne des § 1 des Aufhebungsvertrages werde nunmehr der 30. November 2018 festgelegt. Aufgrund der Änderung des Beendigungstermins erfolge eine Neuberechnung der Abfindung. Diese betragen nunmehr 91.284,38 EUR brutto. Die Sprinterprämie als zusätzliche Abfindung betrage 24.682,44 EUR brutto. Im Übrigen bleibe der Aufhebungsvertrag unberührt. Das Beschäftigungsverhältnis endete mit Ablauf des 30. November 2018. Der Kläger meldete sich am 21. August 2018 arbeitsuchend und zum 1. Dezember 2018 arbeitslos. Im Fragebogen zum Aufhebungsvertrag nahm der Kläger wie folgt Stellung: es habe sich um eine betriebliche Restrukturierung gehandelt, mit vollständiger Auflösung des Geschäftsbereiches, in welchem er tätig gewesen sei. Es habe mehrfach in den Jahren 2016 und 2017 Gespräche gegeben, um alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Hause zu eruieren, jedoch sei keine sinnvolle Alternative realisierbar gewesen. Der ursprüngliche Aufhebungsvertrag habe ein Beschäftigungsende zum 31. Dezember 2016 vorgesehen, er habe jedoch im Rahmen von Projektarbeiten zur Abwicklung des Geschäftsbereiches noch Verlängerungen seiner Beschäftigung bis zum 30. November 2018 erwirken können. Die Arbeiten zur Auflösung des Geschäftsbereiches seien bis Ende November 2018 abgeschlossen gewesen, eine weitere Verwendung sei für ihn ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen. Eine betriebsbedingte Kündigung seitens des Arbeitgebers sei in letzter Instanz wahrscheinlich gewesen. Die Konditionen einer solchen Kündigung nach den gesetzlichen Mindeststandards wären schlechter gewesen als diejenigen des Aufhebungsvertrages. Eine direkte schriftliche Ankündigung einer betriebsbedingten Kündigung habe es aber nicht gegeben, eine solche habe sich aber sachlich aus den durchgeführten Personaleinsparungsprogrammen zur Erreichung der Privatisierungsziele ergeben. Mit Bescheiden vom 19. Dezember 2018 stellte die Beklagte eine Sperrzeit für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis zum 22. Februar 2019 und das Ruhen der Leistungsansprüche wegen der Anrechnung einer Entlassungsentschädigung bis zum 31. März 2019 fest und bewilligte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 1. April 2019 in Höhe von 67,43 EUR kalendertäglich. Auf den Widerspruch des Klägers hin hob die Beklagte den Ruhensbescheid wegen der Entlassungsentschädigung auf und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 25. Januar 2019 Alg in unveränderter Höhe bereits ab dem 23. Februar 2019. Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers wegen der Sperrzeit mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2018 zurück. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, ohne im Zeitpunkt der Arbeitsaufgabe dafür einen wichtigen Grund gehabt zu haben. Zum konkreten Beendigungszeitpunkt habe der Arbeitgeber nicht mit einer betriebsbedingten Kündigung gedroht. Die Sperrzeit führe zu einem Ruhen des Leistungsanspruchs für den Sperrzeitraum und zu einer Anspruchsminderung um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit, mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer. Der Kläger hat am 13. Februar 2019 Klage erhoben. Es habe festgestanden, dass sein Geschäftsbereich im Rahmen der Umstrukturierungsmaßnahmen eingestellt werden würde. So sei es zum Aufhebungsvertrag vom 16. Juni 2015 gekommen. Die Abwicklung des Restbestandes habe dann indes länger gedauert als ursprünglich gedacht und er habe sich proaktiv in die Projekte des Abbaus eingebracht, wodurch es ihm durch mehrere Zusatzvereinbarungen gelungen sei, die Beendigung des Vertrages bis zum 30. November 2018 hinauszuzögern. Er sei am Ende der letzte Mitarbeiter im Bereich der Flugzeugfinanzierung gewesen. Da sein Geschäftsfeld beendet worden sei, sei er aufgrund seiner speziellen Fachkenntnisse nicht weiter benötigt worden. Eine alternative Beschäftigung im Unternehmen sei nicht möglich gewesen. Eine betriebsbedingte Kündigung sei somit unausweichlich gewesen und habe offensichtlich festgestanden. Zwar habe es keine schriftliche Ankündigung dieser Maßnahme gegeben, jedoch sei aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles klar gewesen, dass er nicht länger beim Arbeitgeber beschäftigt sein konnte, da sein Geschäftsfeld geschlossen worden sei und aufgrund des erheblichen Personalabbaus auch in anderen Geschäftsbereichen keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gegeben gewesen sei. Er habe die Abwicklung seines Geschäftsfeldes bis zum Schluss begleitet und sei damit längst möglich bei dem Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 19. Dezember 2019 abgewiesen und im Wesentlichen auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheides Bezug genommen. Eine Kündigungsankündigung im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages konkret zum 31. Dezember 2016, dem ursprünglich geplanten Ende der Beschäftigung, habe nicht vorgelegen. Eine drohende Kündigung zum 31. Dezember 2016 sei auch kaum anzunehmen, denn der Kläger sei ja tatsächlich noch bis zum 30. November 2018 beschäftigt gewesen. Anhaltspunkte für eine besondere Härte seien nicht erkennbar. Der Kläger hat gegen den am 19. Dezember 2019 zugestellten Gerichtsbescheid am 16. Januar 2020 Berufung eingelegt, mit welcher er im Wesentlichen den Vortrag aus der ersten Instanz wiederholt. Auch aus der Präambel des Aufhebungsvertrages könne bereits entnommen werden, dass der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung geschlossen worden sei. Die Annahme des Sozialgerichts, eine drohende Kündigung sei nicht anzunehmen, sei damit falsch. Es sei gerichtsbekannt, dass die EU dem Arbeitgeber des Klägers, der H., im Rahmen eines Beihilfeverfahrens klare Vorgaben gemacht habe. Die Bank habe bis zu einem definierten Zeitpunkt privatisiert sein müssen, ansonsten wäre sie abgewickelt worden. Es sei klar gewesen und auch in jeder Mitarbeiterversammlung zum Ausdruck gebracht worden, dass eine Privatisierung ohne Personalabbau nicht denkbar sei. Nach den Kriterien einer Sozialauswahl sei klar gewesen, dass dem Kläger als einem der ersten gekündigt worden wäre, dies abzuwarten habe ihm nicht zugemutet werden können. Wenigstens aber liege nach den Gesamtumständen eine besondere Härte vor. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger habe davon ausgehen können, dass eine dauerhafte Erhaltung seines Arbeitsplatzes aussichtslos sei. Allein aus diesem Grund habe er sich dem Druck von mehreren Seiten zum Aufhebungsvertrag mit Abfindung gebeugt. Er sei im Übrigen zu jedem Zeitpunkt des Personalabbaus bemüht gewesen, seine Beschäftigung beim Arbeitgeber so lang wie möglich aufrecht zu erhalten. Daher seien mehrfach Zusatzvereinbarungen geschlossen worden und er habe erreichen können, dass er als letzter Mitarbeiter in seinem Geschäftsbereich tätig gewesen sei und dass die ursprüngliche Beendigung seines Arbeitsvertrages um fast 2 Jahre verlängert worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg und die Bescheide der Beklagten vom 19. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2019 aufzuheben und den Bescheid vom 25. Januar 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Dezember 2018 ohne Berücksichtigung einer Sperrzeit zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 23. September 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2018 über die Feststellung einer Sperrzeit vom 1. Dezember 2018 bis zum 22. Februar 2019 nebst Ruhen und Minderung des Alg-Anspruchs in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Januar 2019 ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Streitgegenstand ist aber nicht nur der Sperrzeitbescheid vom 19. Dezember 2018, über den das Sozialgericht befunden hat, sondern auch der Bewilligungsbescheid selben Datums sowie der Bescheid vom 25. Januar 2019, mit welchen die Beklagte geregelt hat, dass dem Kläger Alg für die Zeit ab dem 23. Februar 2019 gewährt wird und über welchen das Sozialgericht konkludent mitentschieden hat. Denn die Feststellung einer Sperrzeit stellt nur die Begründung der getroffenen leistungsrechtlichen Regelungen (Ruhen des Zahlungsanspruchs für die Dauer der Sperrzeit sowie Minderung der Anspruchsdauer) dar, sodass diese Rechtsfolgen in einem gesonderten Bescheid geregelt werden müssen (BSG, Urteil vom 29. November 1988 – 11/7 RAr 91/87, SozR 4100 § 119 Nr. 34). Deshalb bildet der weitere Bescheid, mit dem Leistungen nach Ablauf einer Sperrzeit gewährt werden, mit dem sogenannten Sperrzeitbescheid prozessrechtlich eine Einheit (BSG, Urteil vom 16. September 1999 – B 7 AL 32/98 R, SozR 3-4100 § 119 Nr. 19). Richtige Klageart dagegen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 13. Mai 1987 – 7 RAr 19/85, SozR 4100 § 119 Nr. 3).
Rechtsgrundlage für die genannten Bescheide ist § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe), ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben. Nach § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III hat der Arbeitnehmer die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese in seiner Sphäre oder in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das Verhalten des Arbeitnehmers muss kausal (im Sinne der Wesentlichkeitstheorie) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses geworden sein. Die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses muss - ebenfalls im Sinne einer wesentlichen Bedingung - Ursache für den Eintritt der Beschäftigungslosigkeit sein.
Abzustellen ist im Hinblick auf die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses auf den Aufhebungsvertrag vom 16. Juni 2015, mit welchem die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart worden ist. Die Folgevereinbarungen haben lediglich das Ende der Beschäftigung und die Abfindungssumme neu bestimmt, die übrigen Regelungen des Aufhebungsvertrages jedoch unberücksichtigt gelassen. Faktisch hat der Kläger damit aufgrund der Folgevereinbarungen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zugunsten mehrerer befristeter Anschlussarbeitsverhältnisse aufgegeben. Auch darin liegt grundsätzlich eine Lösung des Arbeitsverhältnisses, die eine Sperrzeit mit Eintritt der Beschäftigungslosigkeit nach sich ziehen kann (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, Juris). Dabei ist grundsätzlich Kausalität zwar dann nicht mehr gegeben, wenn sich an das erste befristete Arbeitsverhältnis nahtlos ein weiteres befristetes anschließt (Karmanski in: Brand, SGB III, § 159 Rn. 21). Vorliegend hat allerdings derselbe Arbeitgeber die Befristung jeweils verlängert, es handelt sich daher nicht um ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis, sondern um dasselbe, so dass vorliegend die ursprüngliche Auflösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses fortwirkend kausal für die später eingetretene Arbeitslosigkeit gewesen ist.
Ein wichtiger Grund stand dem Kläger bei der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses im Juni 2015 nicht zur Seite. Ein solcher kann nur dann angenommen werden, wenn dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht hätte zugemutet werden können. Grundgedanke der Sperrzeitregelung ist es nämlich, dass sich die Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muss, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juni 1997 – 7 RAr 22/96, Juris; Urteil vom 14. September 2010 – B 7 AL 33/09 R, Juris). Der wichtige Grund muss dabei objektiv vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 1991 – 11 RAr 81/90, Juris). Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag kann sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund dann berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2002 – B 11 AL 65/01 R, Juris; Urteil vom 2. September 2004 – B 7 AL 18/04 R, Juris). Auf dezidierte Nachfrage des Senats hat der Kläger vorgetragen, es habe keine schriftliche Ankündigung der geplanten Kündigung gegeben. Der Kläger sei jedoch "regelmäßig seitens der Personalabteilung zum Ausscheiden aus dem Unternehmen angesprochen" worden. Aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles sei klar gewesen, dass der Kläger nicht länger bei der H. beschäftigt sein konnte, da das Geschäftsfeld geschlossen worden sei und aufgrund des Personalabbaus auch in anderen Geschäftsbereichen keine alternative Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gegeben gewesen sei. Er wäre nach den Kriterien der Sozialauswahl mit 41 Jahren, unterdurchschnittlicher Beschäftigungsdauer und ohne Unterhaltsverpflichtungen einer der ersten gewesen, dem gekündigt worden wäre. Dass der Kläger von einem solchen Ablauf der Ereignisse ausgegangen ist, kann zu seinen Gunsten unterstellt werden.
Allerdings kommt es nicht darauf an, ob der Kläger subjektiv von einer betriebsbedingten Kündigung ausgehen und diese für rechtmäßig halten durfte. Entscheidend ist vielmehr, ob eine zum Zeitpunkt des Aufhebungsvertrages vom 16. Juni 2015 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung zum 31. Dezember 2016 objektiv rechtmäßig gewesen wäre. Dies lässt sich hier schon deshalb nicht feststellen, weil keine Kündigung angedroht wurde, eine Sozialauswahl also nicht feststell- und beurteilbar ist. Dass eine arbeitgeberseitige Kündigung zum selben Zeitpunkt erfolgt wäre und objektiv rechtmäßig gewesen wäre, ist darüber hinaus schon deswegen unwahrscheinlich, weil das Beschäftigungsverhältnis des Klägers ja tatsächlich noch fast zwei Jahre fortgesetzt worden ist.
Daher kann auch dem Vortrag des Klägers, ein wichtiger Grund sei vorliegend im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Hinnahme einer wegen des erheblichen Personalabbaus zeitnah bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung gegeben, nicht gefolgt werden. Zwar hat das BSG (Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 69/04 R, Juris mwN) ausgeführt, die Zumutung, eine drohende Kündigung des Arbeitgebers abzuwarten, begegne unter Beachtung des Zwecks der Sperrzeit und des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots durchgreifenden Bedenken. Im Regelfall sei bei einer drohenden rechtmäßigen Arbeitgeberkündigung ein wichtiger Grund anzunehmen. Allerdings drohte in dem vom BSG entschiedenen Fall eine Kündigung zum selben Zeitpunkt wie dem, der im Aufhebungsvertrag vereinbart gewesen ist. Das ist vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil das Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu diesem Zeitpunkt eben nicht beendet, sondern vielmehr noch fast zwei Jahre lang fortgesetzt wurde.
Die Beklagte hat den Beginn und die Dauer der Sperrzeit zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III), Dieses Ereignis ist der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R, Juris), somit also der 1. Dezember 2018.
Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 SGB III zwölf Wochen. Gründe, die Sperrzeit auf drei bzw. sechs Wochen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Sperrzeit innerhalb von sechs bzw. zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2a SGB III), oder wegen einer besonderen Härte (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III) herabzusetzen, liegen nicht vor. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 R, Juris - SozR 3-4100). Die gesetzliche Regelung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG, Urteil vom 2. Mai 2012 – B 11 AL 18/11 R, Juris), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind. Allerdings müssen sich auch die Tatsachen für das Vorliegen einer besonderen Härte auf den Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung vom 16. Juni 2015 beziehen. Denn maßgebende Tatsachen im Sinne des § 159 Abs. 3 S. 2 Nr. 2b SGB III sind ausschließlich solche, die mit dem Eintritt der Sperrzeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Der Umfang der Sperrzeit muss sich daher bereits im Zeitpunkt des Ereignisses feststellen lassen, welches die Sperrzeit begründet hat (Karmanski in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 159 Rn. 160 m.w.N.). Dieses ist vorliegend der Abschluss der Aufhebungsvereinbarung. Es kann daher nicht zugunsten des Kläger berücksichtigt werden, dass es ihm in der Folgezeit dann doch noch gelungen ist, den Eintritt von Arbeitslosigkeit noch um fast zwei Jahre aufzuschieben. Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer besonderen Härte im Zeitpunkt 16. Juni 2015 sprechen, sind dagegen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Damit hat der Anspruch auf Alg für die Zeit vom 1. Dezember 2018 bis 22. Februar 2019 wegen des Eintritts einer Sperrzeit geruht. Die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage (1/4 von 360 Tagen) folgt aus § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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