L 2 AL 23/20

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 531/19
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 23/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung eines Bildungsgutscheins für die Weiterbildungsmaßnahme "S.". Der Kläger stellte am 17. August 2019 einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten. Es fand daraufhin ein Beratungstermin mit dem Anlass Bildungsberatung bei der Beklagten statt, in welchem der Kläger mündlich darauf hingewiesen wurde, dass ein Arbeitsmarkt für Spieleentwickler in H. nicht existiere und mit dem Kläger die Möglichkeit einer Umschulung zum Fachinformatiker und regulärer Ausbildungswege besprochen wurde. Hiergegen wendete sich der Kläger mit einer am 28. August 2019 erhobenen Klage, welche mit einer fingierten Rücknahmeerklärung gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im März 2020 endete. Inzwischen hatte die Beklagte den Bescheid vom 19. September 2019 erlassen, mit welchem der Antrag des Klägers abgelehnt wurde mit der Begründung, eine Qualifizierung wegen fehlenden Berufsabschlusses könne nur ein einem Bereich erfolgen, welcher besonders bedarfstragend sei. Das vorhandene Stellenpotential für den gewünschten Zielberuf als Game Programmierer ergebe einen einzigen Treffer und erfülle damit die Voraussetzungen nicht. Alternativen seien besprochen worden. Der Bescheid ist mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Der Kläger hat gegen den Bescheid keinen Widerspruch eingelegt, sondern am 30. Dezember 2019 per Email Klage erhoben. Das Sozialgericht hat nach Erteilung eines richterlichen Hinweises die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10. Juni 2020, dem Kläger zugestellt am 12. Juni 2020, abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da vor Klageerhebung kein Widerspruchsverfahren durchgeführt worden sei. Die Klagschrift könne auch nicht als Widerspruch gewertet werden, da sie erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist bei Gericht eingegangen sei. Aus diesem Grunde könne dahinstehen, ob die Klage nicht bereits deshalb unzulässig sei, weil sie per Email eingereicht worden sei. Der Kläger hat gegen das Urteil am 6. Juli 2020 per Email Berufung eingelegt, mit welcher er vorträgt, er habe vergessen, rechtzeitig bei der Beklagten Widerspruch einzulegen, weshalb er sogleich Klage erhoben habe. Die Spielebranche boome, nach Aussagen des Bildungsinstituts erhielten 75 % der Absolventen einen Arbeitsplatz. Er sehe sich durch die Entscheidung der Beklagten in seinem Recht auf Selbstbestimmung und in seinem Recht aus Art. 12 GG verletzt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid der Beklagten vom 19. September 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen Bildungsgutschein für die Weiterbildungsmaßnahme "S." zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 11. November 2020 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat in Abwesenheit der Beteiligten in mündlicher Verhandlung entscheiden konnte, weil der Kläger unter Benennung der Folgen seines Ausbleibens ordnungsgemäß am 1. Oktober 2020 geladen wurde und die Beklagte trotz des Beschlusses vom 3. November 2020 hierzu kurzfristig ihr Einverständnis erklärt hat, hat keinen Erfolg. Die Berichterstatterin konnte zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern an Stelle des Senats entscheiden, da das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden hat und der Senat ihr durch Beschluss vom 21. Juli 2020 die Berufung übertragen hat (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Dahinstehen kann, ob die Berufung bereits unzulässig ist, weil sie als einfache Email mit pdf-Anhang entgegen § 65a SGG übersandt worden, lediglich mit einer eingescannten Unterschrift versehen gewesen ist und die Nachricht selbst nicht in einem nach der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) zugelassenen elektronischen Dokument übermittelt worden ist. Dies genügt auch in der ab 1. Januar 2020 geltenden Fassung des § 65a SGG nicht den Anforderungen der Absätze 2 und 3 des § 65a SGG, wonach das elektronisch Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übertragungsweg eingereicht werden muss. Selbst wenn dem Kläger im Hinblick darauf jedoch wegen Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs. 1 SGG gewährt würde, weil nach den Gesamtumständen vorliegend davon auszugehen wäre, dass er ohne Verschulden gehindert war, die gesetzliche Berufungsfrist einzuhalten, und er nach einem entsprechenden, hier fehlenden Hinweis die Berufung mit qualifizierter Signatur eines jeden Dokuments übersandt hätte, bliebe die Berufung erfolglos, weil das Rechtsmittel jedenfalls unbegründet ist. Zu Recht und mit der zutreffenden Begründung, auf die nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage gemäß § 153 Abs. 2 SGG unter Absehen einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe, Bezug genommen wird, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe die Einlegung eines Widerspruchs versäumt und daher unmittelbar Klage erhoben, ist dieser Vortrag nicht geeignet, der Klage zur Zulässigkeit zu verhelfen. Die Durchführung eines Vorverfahrens mit abschließender Entscheidung der Verwaltung ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Dem Sozialgericht ist auch darin zu folgen, dass eine Auslegung der Klage als Widerspruch schon deshalb nicht in Betracht kam, weil diese außerhalb der Widerspruchsfrist erhoben wurde. Auf die Frage, ob es einen relevanten Arbeitsmarkt für Spielentwickler gibt, kommt es danach nicht mehr an, wobei der Senat darauf hinweist, dass das umfangreiche Datenmaterial der Beklagten und die bereits mit dem Kläger besprochenen und ggfs. noch zu besprechenden alternativen Möglichkeiten einer Umschulung zielführender sein dürften, als die Angaben eines von einer Förderung nicht unerheblich profitierenden Bildungsträgers. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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