Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 18 KR 71/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 74/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 8/19 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die transsexuelle Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für eine plastische Gesichtsoperation in B ...
Die im Jahr 1977 geborene Klägerin, bei der in der Vergangenheit bereits eine ge-schlechtsangleichende Genitaloperation durchgeführt wurde, ist bei der Beklagten kranken-versichert. Am 28. Dezember 2012 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine plastische Gesichtsoperation in B ... Mit ihrem Antrag reichte sie bei der Be-klagten einen Kostenvoranschlag des Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Dr. V. in Gent vom 26. November 2012 über eine gesichtsfeminisierende Operation ein. Danach sollten sich die Kosten für eine stationäre Durchführung der begehrten Operation insgesamt auf 14.900,00 EUR belaufen.
Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. ein und bat die Klägerin sodann mit Schreiben vom 5. März 2013 um Übersendung weite-rer seitens des MDK N. angeforderter Unterlagen.
Unter Bezugnahme auf das entsprechende Schreiben der Beklagten übersandte die Klägerin am 19. März 2013 zur Dokumentation zwei Fotografien ihres Gesichts sowie einen neuen Kos¬tenvoranschlag von Dr. V. vom 9. Dezember 2012, wonach sich die Operationskosten nunmehr auf 8.100,00 EUR belaufen sollten. Dieser Betrag setzte sich ausweislich des Kos-tenvoranschlags aus zwei Positionen zusammen, die jeweils in Honorar und Materialkosten untergliedert waren. Erstens die Korrektur des Augenbrauenknochens, ein Stirnlifting und die Absenkung des Haaransatzes wofür ein Honorar von 4.900,- EUR und Materialkosten i.H.v. 400,- EUR sowie die Korrektur des Adamsapfels, wofür ein Honorar von 1.400,- EUR und Materialkosten i.H.v. 200,- EUR ausgewiesen wurden. Daneben sollten dem Kostenvoranschlag zufolge Anästhesiekosten in Höhe von 750,00 EUR und Kosten für den stationären Klinikaufenthalt in Höhe von 1.355,00 EUR an¬fallen. Die Gesamtkosten (inkl. MwSt) beliefen sich danach auf 9.005,00 EUR. Gefordert werde ein "reduzierter Preis" von 8.100,00 EUR.
Dr. W. vom MDK N. gelangte in seiner an die Beklagte gerichteten Stel¬lungnahme vom 28. März 2013 zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht gegeben seien. Es handele sich ausschließlich um ein kosmetisches Behandlungsziel die Versicherte begehre operative Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild. Hier sei bereits eine deutliche Annäherung an das gewünschte Geschlecht eingetreten; es imponierte insbesondere auch das Gesicht einer Frau mittleren Alters. Weitere operative Maßnahmen, um ein vermeintliches Schönheitsideal bzw. weibliches Geschlechtsideal erreichen zu wollen, seien nicht erforderlich und überschritten das Maß des medizinisch Notwendigen.
Am 21. April 2013 kontaktierte die Klägerin Dr. V. zur Abstimmung eines Operations¬termins.
Mit Bescheid vom 23. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Der MDK habe anhand der medizinischen Unterlagen keine medizinische Indikation für die begehrte Operation feststellen können. Es bestehe aus sozialmedizinischer Sicht keine Notwendigkeit, den entsprechenden Eingriff bei Dr. V. in Gent durchführen zu lassen. Darüber hinaus handele es sich bei der im Ausland begehrten medizinischen Behandlung nicht um eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Therapiemaßnahme im umfassenden Behandlungskonzept zur Therapie der Transsexualität.
Die Klägerin machte daraufhin mit Schreiben vom 25. April 2013 gegenüber der Beklagten gel¬tend, dass ihr Antrag bereits nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt gelten müsse, da die Beklagte über diesen nicht innerhalb der im Falle der Ein-schaltung des MDK geltenden 5-Wochen-Frist entschieden und hierfür auch keinen hinrei-chenden Grund benannt habe.
Am 26. April 2013 überwies die Klägerin eine Anzahlung in Höhe von 1.000,00 EUR an Dr. V ...
Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V erst bestehe, wenn sich der Versicherte die Leistung nach Ablauf der Frist selbst beschafft habe, was bei der Klägerin bisher nicht der Fall sei. Im Falle einer Selbstbeschaffung nach Zugang des ablehnenden Bescheides sei ein ursächlicher Zusam-menhang zur verspäteten Antragsbearbeitung nicht mehr gegeben. Zudem sei der von der Klägerin am 19. März 2013 eingereichte Antrag mit Bescheid vom 23. April 2013 abgelehnt und damit innerhalb der 5-Wochen-Frist gemäß § 13 Abs. 3a SGB V bearbeitet worden.
Gegen die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten legte die Klägerin im Folgenden je-weils Widerspruch ein und wies dabei insbesondere darauf hin, dass ihr Antrag auf Über-nahme der Kosten für eine gesichtsfeminisierende Operation bereits aus dem Jahr 2012 stamme. Nach Ablauf der 5-Wochen-Frist habe sie den Arzt bezüglich der Abstimmung eines Operationstermins kontaktiert und am 26. April 2013 durch Anweisung der Anzahlung von 1.000,00 EUR einen Operationstermin gebucht und damit das Angebot in Höhe von 8.100,00 EUR angenommen. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 wurde der Klägerin wiederum mitgeteilt, dass die Beklagte sich an den Kosten für die fragliche Operation nicht beteiligen könne und ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V ebenfalls nicht bestehe, da die 5-Wochen-Frist der Vorschrift eingehalten worden sei.
Vom 11. bis 12. Juli 2013 ließ die Klägerin die begehrte Operation im Rahmen eines stationären Aufenthalts entsprechend dem Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 durchführen und entrichtete hierfür einen Gesamtbetrag von 8.100,00 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2013 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 23. April und 16. Mai 2013 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Zwar seien Versicherte nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu neh¬men, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem SGB V grundsätzlich vorlägen. Der Anspruch auf notwendige Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei indessen bei Transsexualismus auf die Herstellung eines Zustandes beschränkt, der aus der Sicht des verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert sei. Ein solcher Zustand sei bei der Klägerin bereits durch die bisherigen Therapiemaßnahmen erreicht worden. Darüber hinaus handele es sich bei der begehrten Operation um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fehle. Ein Anspruch ergebe sich schließlich auch nicht nach § 13 Abs. 3a SGB V, da diese Regelung lediglich für Anträge ab dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26. Februar 2013 gelte, während die Klägerin die streitgegenständliche Operation bereits im Dezember 2012 beantragt habe.
Mit ihrer am 20. Januar 2014 beim Sozialgericht Hamburg erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren fort. Zur Unterstützung ihres Vorbringens legte sie Fotografien ihres Gesichts aus der Zeit vor und nach der Operation vor.
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2017 erschien die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht. Die Beklagte erklärte sich bereit, die Kosten für die im Kostenvoranschlag ausgewiesene Adamsapfelkorrektur zu übernehmen und er¬kannte insoweit einen zu erstattenden Betrag in Höhe von 1.900,33 EUR an. Dabei berücksichtigte sie bei der Errechnung dieses Betrages jeweils ein Drittel der Anästhesie- und Krankenhauskosten und zog von dem sich danach ergebenden Betrag ein Drittel des gewährten Rabatts sowie 20,00 EUR Eigenanteil und 50,00 EUR Verwaltungs¬pauschale ab.
Die Klägerin nahm das Teilanerkenntnis der Beklagten nicht an und führte aus, dass über die "Schildknorpelkorrektur" hinaus in ihrem Falle auch die Korrektur des Augen¬brauenknochens, das Stirnlifting und das Absenken des Haaransatzes notwendig gewesen seien, um eine deutliche Annäherung an das typische Erscheinungsbild eines weiblichen Gesichts zu erreichen. Die von der Beklagten im Rahmen ihres Teilanerkenntnisses für die Adamsapfelkorrektur berücksichtigten Kosten seien zudem insgesamt zu niedrig. Es sei schon nicht sachgerecht, dass die Beklagte bei ihrer Berechnung auch die Rabatte berück-sichtigt habe, die sie - die Klägerin - mit Dr. V. ausgehandelt habe. Zudem hätten im Rahmen des Teilanerkenntnisses die Anästhesie- und Krankenhauskosten in voller Höhe berücksichtigt werden müssen.
Im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. April 2018 er¬schien die Klägerin wiederum nicht. Die Beklagte erweiterte ihr Teilanerkenntnis dahingehend, dass sie der Klä-gerin für die durchgeführte Adamsapfelkorrek¬tur Kosten in Höhe von 2.071,49 EUR erstatten werde, indem sie nunmehr auf den anteili¬gen Rabatt von 10% und auf den Abzug des Eigenanteils sowie der Ver¬waltungspauschale verzichtete.
Mit Urteil vom 11. April 2018 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung des mit Teilanerkenntnis anerkannten Betrages und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin in Bezug auf die Korrektur des Adamsapfels keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten habe. Die Beklagte habe den anerkannten Erstattungsbetrag nachvollziehbar berechnet, indem sie zusätzlich zu den im Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 ausgewiesenen Kosten von 1400,- EUR zuzüglich der Materialkosten von 200,- EUR ein Drittel der Anästhesie- und Krankenhauskosten berücksichtigt habe. Mit der anteilsmäßigen Berücksichtigung letzterer Kosten habe sie dem Umstand Rechnung getragen, dass die im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Kosten für die Adamsapfelkorrektur anteilsmäßig deutlich geringer angefallen sein als die auf die Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absinkens des Haaransatzes entfallenden Kosten, nämlich etwas weniger als ein Drittel. Von dem sich danach ergebenden Gesamtbetrag von 2301,67 EUR habe die Beklagte sodann den im Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 berücksichtigten Rabatt von 10 % anteilsmäßig abgezogen. Höhere Kosten habe die Klägerin weder nachgewiesen noch sei dies sonst ersichtlich.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die Kostenerstattung für die Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absenkens des Haaransatzes. Dieser Anspruch stehe ihr schon dem Grunde nach nicht zu. Der Anspruch könne nicht auf § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3 S. 6 SGB V gegründet werden. § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V gelte für den hier geltend gemachten Anspruch – noch – nicht. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht greife die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26. Februar 2013 gestellt hätten. Der der Klage zugrundeliegende Antrag der Klägerin sei jedoch bereits am 28. Dezember 2012 bei der Beklagten eingegangen. Im März 2013 habe die Klägerin auf die entsprechende Anforderung der Beklagten lediglich weitere Unterlagen eingereicht, ohne dass hierin ein neuer Antrag liege.
Ebenso wenig könne die Kostenerstattung mit § 13 Abs. 3 SGB V begründet werden. Diese Norm sei allein für Inlandssachverhalte konzipiert und stehe neben den europarechtskonform auszulegenden Regelungen des deutschen Kostenerstattungsrechts in § 13 Abs. 4 und 5 SGB V, die zur Umsetzung der passiven EG-Dienstleistungsfreiheit ergangen sein. Hier handele es sich aber um eine Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in B. und damit dem Ausland. Insoweit werde die Sperre von § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V, der ein Ruhen der Ansprüche nach dem SGB V während eines Auslandsaufenthalts anordne, durch die Regelungen des koordinierende Europarechts in der EG-VO 883/2004 und EG-VO 987/2009 i.V.m. § 13 Abs. 4 und Abs. 5 SGB V überwunden, nicht aber durch § 13 Abs. 3 SGB V.
Die Klägerin könne aber auch aus § 13 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 SGB V keinen Anspruch auf Kostenerstattung ableiten. Nach § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V seien Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat seien auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterlägen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürften dabei nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sein oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt seien. Gemäß § 13 Abs. 5 S. 1 SGB V könnten abweichend von § 13 Abs. 4 SGB V in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung dürfe nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei dem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden könne. Der Regelungsgehalt von § 13 Abs. 5 SGB V sei dabei inhaltlich darauf begrenzt, für die stationäre Auslandsbehandlung zusätzlich eine vorherige Zustimmung der Krankenkasse vorzuschreiben, während sich die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 SGB V bestimmten.
Zwar sei der räumliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet, da B. zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Sinne von § 13 Abs. 4 und 5 SGB V gehöre. Voraussetzung für einen entsprechenden Erstattungsanspruch sei indes stets, dass ein Primärleistungsanspruch auf die entsprechende Naturalleistung nach dem SGB V bestehe. Ein solcher Anspruch habe der Klägerin jedoch im Hinblick auf die abgewiesenen Klageansprüche nicht zugestanden. Voraussetzung sei nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V dass die Krankenbehandlung notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, wobei die Krankenbehandlung nach S. 2 Nr. 5 dieser Vorschrift unter anderem auch die Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V umfasse. Dabei gelte als Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit von Heilbehandlung oder zugleich oder ausschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge habe. Als (psychische) Krankheit im Sinne dieser Vorschrift komme im Falle der Klägerin allein der bei ihr unstreitig vorliegende Transsexualismus in Betracht. Denn eine funktionelle Störung oder Entstellung im Rechtssinne, die mit der begehrten Operation zu behandeln gewesen wäre, sei weder ersichtlich noch werde sie von der Klägerin geltend gemacht.
Die fragliche Krankenbehandlung sei zur Überzeugung des Gerichts auch im Zusammenhang mit dem bei der Klägerin bestehenden Transsexualismus im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V nicht notwendig gewesen. Zwar bestehe bei einer besonders tiefgreifenden Form der Transsexualität ein Anspruch auf geschlechtsangleichende Maßnahmen, sodass bei Transsexualismus eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz geboten sein kann, wonach psychische Krankheiten nicht mittels angestrebter körperlicher Eingriffe zu behandeln sein, wenn diese Maßnahmen nicht durch körperliche Fehlfunktion oder durch Entstellung veranlasst würden. Dieser Abweichung gehe indes nicht soweit, dass Betroffene Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsbezogenen operativen Maßnahmen im Sinne einer möglichst großen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild und ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Grenzen hätten. Die Ansprüche der Betroffenen auf Krankenbehandlung seien vielmehr beschränkt auf einen Zustand, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert sei. Das bedeute im Ergebnis, dass ein Anspruch Transsexueller auf Krankenbehandlung in Gestalt von Operationen, die allein auf eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes abzielten, zwar nicht – wie dies bei nichttranssexuellen Versicherten der Fall sei – nur unter den engen Voraussetzungen einer Entstellung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe. Ein solcher Anspruch beschränke sich indes auf die Herstellung eines Zustandes, der nach allgemeiner Anschauung dem Erscheinungsbild des neuen Geschlechts zumindest sehr ähnlich wirke. Ließe sich ein Zustand feststellen, der innerhalb der Varianz verschiedener Erscheinungsbilder des neuen Geschlechts liege, so sei eine operative Krankenbehandlung nicht notwendig im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V und es komme lediglich eine psychotherapeutische oder psychiatrische Krankenbehandlung in Betracht, die die Klägerin hier jedoch nicht begehre.
Ein entsprechender Zustand sei im Falle der Klägerin zu Überzeugung des Gerichts bereits vor der durchgeführten Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absenkens des Haaransatzes erreicht gewesen. Die Kammer habe die von der Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens übersandten Fotografien insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Nach dem dabei gewonnenen Eindruck habe das Gesicht der Klägerin insbesondere auch im Augenbrauen- und Stirnbereich bereits vor der Durchführung der diesbezüglichen Korrekturoperation dem Erscheinungsbild eines weiblichen Gesichts einer Frau mittleren Alters entsprochen. Weitere Ermittlungen habe das Gericht daher nicht für notwendig erachtet. Die Leistungsvoraussetzung "Annäherung an das Erscheinungsbild des neuen Geschlechts" knüpfe regelmäßig an durch gerichtlichen Augenschein festzustellende Tatsachen an, die dem sachverständigen Beweis nicht zugänglich seien. Maßstab sei vielmehr allein die Sicht des verständigen Betrachters, welches hier die Richter und Richterinnen der Kammer gewesen sein, die sich anhand der von der Klägerin übersandten Fotografien ein Bild ihres Gesichts vor der Operation gemacht hätten. Vor diesem Hintergrund komme es auch nicht mehr darauf an, dass eine vorherige Zustimmung der Beklagten im Sinne von § 13 Abs. 5 S. 1 SGB V nicht vorgelegen habe und dies dem Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich entgegenstehe.
Das Urteil wurde der Klägerin am 18. Juli 2018 zugestellt. Am 25. Juli 2018 hat sie die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Gericht habe seinen Untersuchungs- oder Amtsermittlungsgrundsatz verletzt. Es seien Daten verwandt worden, die der Klägerin nicht bekannt gegeben worden seien, insbesondere bei den Berechnungsgrundlagen in Bezug auf das Teilanerkenntnis der Beklagten. Auch habe sie kein neues Geschlecht, sondern sei aufgrund der Einschätzung Fremder aufgrund von Merkmalen zwischen ihren Beinen als männliches Kind gesehen worden. Die Bedeutung des Gehirns bei der Geschlechtsdefinition sei viel zu wenig beachtet worden. Auch die Natur sei nicht fehlerfrei und es könnten Widersprüche zwischen dem Gehirn und den Körpermerkmalen angelegt werden. Das Geschlecht der Klägerin sei schon bei Geburt weiblich gewesen. Sie sei nicht gefragt worden und hätte nichts dazu zu sagen gehabt, ob sie als Mann oder Frau gesehen werde. Eine Anpassung eines weiblichen Gehirns an die männlichen Geschlechtsmerkmale erscheine ihr als unmöglich. Auch sei die Einschätzung des Gerichts in Bezug auf die weiblichen Gesichtsmerkmale aus Sicht der Klägerin unzutreffend und nicht sachverständig. Wenn die Einschätzung eines unbefangenen Betrachters ausreichen solle, stelle diese Einschätzung des Gerichts nicht den wissenschaftlichen Stand für männliche und weibliche Gesichtsmerkmale dar. Aufgrund dieser Merkmale gelangten unbefangene Betrachter im täglichen Leben zu einer Einschätzung des Geschlechts der Person der Klägerin. Ihr sei vor der OP sehr häufig und deutlich mitgeteilt worden, dass sie aufgrund ihrer Gesichtsmerkmale keine Frau sondern ein Mann sei. Sie sei deshalb diskriminiert worden und habe Angst in der Öffentlichkeit insbesondere auch vor Gewalt gehabt. Nach der OP könne sie ganz unbefangen auf die Straße gehen und werde fast nur noch als Frau angeredet. Sie habe immer noch eine tief männlich wirkende Stimme und werde trotz dieser Auffälligkeit im direkten Gespräch mit Menschen als Frau eingestuft. Im telefonischen Kontakt werde sie nur als Mann angesprochen obwohl sie sich weiblich und mit voller Anrede melde. Sie halte ein sachverständiges Gutachten zu der Frage, wie sie vor der streitbefangenen Operation von unbefangenen Dritten im Alltag erlebt worden sei, für notwendig.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 11. April 2018 soweit es die Klage abgewiesen hat, die Bescheide der Beklagten vom 23. April 2013 und 16. Mai 2013 in der Gestalt des Wi¬derspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die nach dem Anerkenntnis der Beklagten in Höhe von 2.071,49 EUR noch verbleibenden Kosten für die am 11.07.2013 durchgeführte gesichtsfeminisierende Operation in Höhe von 6.028,51 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Verwaltungsakte und ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend weist sie nur daraufhin, dass die Berechnungsgrundlage für den von ihr anerkannten Betrag ausgiebig im Termin zur mündlichen Verhandlung besprochen worden sei, an dem die Klägerin bereits das zweite Mal nicht teilgenommen habe. Im Übrigen ergäben sich die Berechnungsgrundlagen aus den Urteilsgründen, woraus auch deutlich werde, dass die Klägerin einen Rabatt erhalten habe, der bei der Kostenerstattung zu berücksichtigen sei.
Mit Schreiben vom 27. November 2018 hat das Gericht die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – unter Fristsetzung bis zum 3. Januar 2019 dazu angehört, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte.
Die Beklagte hat von einer weiteren Stellungnahme abgesehen; die Klägerin hat im wesentlichen ihre Argumente aus dem Verfahren wiederholt und Kosten für weitere geschlechtsangleichende in der Vergangenheit durchgeführte und in der Zukunft geplante Operationen geltend gemacht bzw. angekündigt.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 SGG). Sie wird, nachdem die Beteiligten auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen wurden, durch Beschluss zurückgewiesen, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit ausführlicher und zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, nach mündlicher Verhandlung abgewiesen. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen könnten.
Nur ergänzend und weil die Klägerin insoweit offenbar einem Missverständnis unterliegt betont der Senat, dass die Frage der Beurteilung, ob und inwieweit die Gesichtsmerkmale der Klägerin vor der streitigen Operation einen operativen Eingriff im Sinne der Regelungen des SGB V notwendig machten, dem Gericht und nicht einem (medizinischen) Sachverständigen oder Dritten obliegt. Nachdem die Klägerin sich offenkundig bereits vor Zugang des ablehnenden Erstbescheides zur Durchführung der fraglichen Operation entschieden (den OP-Termin hatte sie bereits am 21. April 2013 mit dem belgischen Arzt abgestimmt) und diese auch bereits vor Klageerhebung durchgeführt hatte, kann die notwendige richterliche Beurteilung nur anhand von Fotografien, die den Zustand des Gesichts der Klägerin vor der fraglichen Operation belegen, tatsächlich erfolgen. Derartige Fotos hatte die Klägerin bereits beim Sozialgericht zur Akte gereicht und konnten und mussten deshalb der Entscheidungsfindung dort wie auch beim Landessozialgericht zugrunde gelegt werden. Das Sozialgericht hat in für den Senat nicht zu beanstandender Weise eine Bewertung der fraglichen Fotografien vorgenommen, der der Senat sich vollen Umfangs anschließt. Auch vor der strittigen Operation wies das Gesicht der Klägerin keine deutlich männlichen Geschlechtsmerkmale, wie z.B. Bartwuchs – mehr – auf. Die von der Klägerin als männlich empfundenen Merkmale wie leicht vorgewölbte Augenbrauenknochen, ein hoher Haaransatz und Stirnfalten sind nach der Beurteilung des Senats nicht geschlechtsspezifisch für ein männliches Gesicht, sondern sind durchaus auch bei Frauen typisch. Die von der Klägerin als männlich empfundenen Gesichtsmerkmale kommen genauso oder auch in ähnlicher Form bei Frauen mittleren Alters vor, ohne dass dies als typischerweise männlich empfunden wird. Nach dem Eindruck der in der Akte befindlichen Fotografien vor und nach der fraglichen Operation hat die Klägerin (abgesehen von der Korrektur des Adamsapfels, deren Kosten von der Beklagten anerkannt worden sind) vielmehr Korrekturen vorgenommen, die eine Annäherung ihres Gesichts an das aktuell gültige weibliche – und jüngere – Schönheitsideal bewirken sollten und dies nach dem Eindruck der Fotos nach dem Eingriff auch bewirkt haben.
Im Ergebnis hat die Klägerin damit eine Schönheitsoperation durchgeführt, was tatsächlich häufiger von Frauen als von Männern in Anspruch genommen wird, da bei ersteren – auch aktuell noch – eine höhere gesellschaftliche Erwartungshaltung an ein schönes und nachhaltig jugendliches Erscheinungsbild besteht. Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin damit jedoch die Grenzen von Ansprüchen der gesetzlichen Krankenversicherung für transsexuelle Versicherte überschritten. Denn die Betroffenen haben keinen Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsangleichenden operativen Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Anspruchsgrenzen. Die Ansprüche sind vielmehr auf einen Zustand beschränkt, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert ist (BSG, Urteil vom 11. September 2012, Az. B1 KR 9/12 R, Rz. 22, juris). Dies ist nach dem Eindruck des Senats aus den in der Akte befindlichen Fotografien auch bereits vor der fraglichen Operation der Fall gewesen. Insoweit kommt es, nachdem die Klägerin die fragliche Operation bereits durchgeführt hat, entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht auf den Eindruck Dritter aus der Zeit vor der Operation an.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V auf Grundlage der Genehmigungsfiktion von § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V verneint. Das Bundessozialgericht hat zur Frage des Zeitpunktes, ab dem diese Regelung zugunsten der Versicherten zur Anwendung kommt, in eindeutiger Weise Stellung genommen, indem es in seiner Entscheidung vom 8. März 2016 zu einer Fallkonstellation, in welcher der Leistungsantrag nach Inkrafttreten der Norm am 26. Februar 2013 gestellt worden war, ausgeführt hat: "Die Regelung ist nach ihrem Geltungszeitraum anzuwenden. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl. hierzu zB BSGE 99,95 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 13, Rn. 15, BSG SozR-2005 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN) greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen." Der hier zugrundeliegende Antrag ist bereits im Dezember 2012 gestellt worden. Die Vorschrift von § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, auf die die Klägerin sich beruft, ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl I Nr. 9, S. 277-282) in das SGB V eingefügt worden und trat am 26. Februar 2013 und damit nach Antragstellung durch die Klägerin in Kraft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, insbesondere hat das BSG mit den bereits vom SG zum Maßstab der Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen bei Transsexuellen zitierten Entscheidungen seine Rechtsauffassung zu Fällen der hier vorliegenden Art bereits dargelegt und eine wesentliche Änderung des Sachverhalts oder der Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der genannten Entscheidungen, die eine Zulassung rechtfertigen könnte, kann der Senat nicht erkennen.
Gründe:
I.
Die transsexuelle Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten für eine plastische Gesichtsoperation in B ...
Die im Jahr 1977 geborene Klägerin, bei der in der Vergangenheit bereits eine ge-schlechtsangleichende Genitaloperation durchgeführt wurde, ist bei der Beklagten kranken-versichert. Am 28. Dezember 2012 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine plastische Gesichtsoperation in B ... Mit ihrem Antrag reichte sie bei der Be-klagten einen Kostenvoranschlag des Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Dr. V. in Gent vom 26. November 2012 über eine gesichtsfeminisierende Operation ein. Danach sollten sich die Kosten für eine stationäre Durchführung der begehrten Operation insgesamt auf 14.900,00 EUR belaufen.
Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. ein und bat die Klägerin sodann mit Schreiben vom 5. März 2013 um Übersendung weite-rer seitens des MDK N. angeforderter Unterlagen.
Unter Bezugnahme auf das entsprechende Schreiben der Beklagten übersandte die Klägerin am 19. März 2013 zur Dokumentation zwei Fotografien ihres Gesichts sowie einen neuen Kos¬tenvoranschlag von Dr. V. vom 9. Dezember 2012, wonach sich die Operationskosten nunmehr auf 8.100,00 EUR belaufen sollten. Dieser Betrag setzte sich ausweislich des Kos-tenvoranschlags aus zwei Positionen zusammen, die jeweils in Honorar und Materialkosten untergliedert waren. Erstens die Korrektur des Augenbrauenknochens, ein Stirnlifting und die Absenkung des Haaransatzes wofür ein Honorar von 4.900,- EUR und Materialkosten i.H.v. 400,- EUR sowie die Korrektur des Adamsapfels, wofür ein Honorar von 1.400,- EUR und Materialkosten i.H.v. 200,- EUR ausgewiesen wurden. Daneben sollten dem Kostenvoranschlag zufolge Anästhesiekosten in Höhe von 750,00 EUR und Kosten für den stationären Klinikaufenthalt in Höhe von 1.355,00 EUR an¬fallen. Die Gesamtkosten (inkl. MwSt) beliefen sich danach auf 9.005,00 EUR. Gefordert werde ein "reduzierter Preis" von 8.100,00 EUR.
Dr. W. vom MDK N. gelangte in seiner an die Beklagte gerichteten Stel¬lungnahme vom 28. März 2013 zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht gegeben seien. Es handele sich ausschließlich um ein kosmetisches Behandlungsziel die Versicherte begehre operative Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild. Hier sei bereits eine deutliche Annäherung an das gewünschte Geschlecht eingetreten; es imponierte insbesondere auch das Gesicht einer Frau mittleren Alters. Weitere operative Maßnahmen, um ein vermeintliches Schönheitsideal bzw. weibliches Geschlechtsideal erreichen zu wollen, seien nicht erforderlich und überschritten das Maß des medizinisch Notwendigen.
Am 21. April 2013 kontaktierte die Klägerin Dr. V. zur Abstimmung eines Operations¬termins.
Mit Bescheid vom 23. April 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Der MDK habe anhand der medizinischen Unterlagen keine medizinische Indikation für die begehrte Operation feststellen können. Es bestehe aus sozialmedizinischer Sicht keine Notwendigkeit, den entsprechenden Eingriff bei Dr. V. in Gent durchführen zu lassen. Darüber hinaus handele es sich bei der im Ausland begehrten medizinischen Behandlung nicht um eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Therapiemaßnahme im umfassenden Behandlungskonzept zur Therapie der Transsexualität.
Die Klägerin machte daraufhin mit Schreiben vom 25. April 2013 gegenüber der Beklagten gel¬tend, dass ihr Antrag bereits nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt gelten müsse, da die Beklagte über diesen nicht innerhalb der im Falle der Ein-schaltung des MDK geltenden 5-Wochen-Frist entschieden und hierfür auch keinen hinrei-chenden Grund benannt habe.
Am 26. April 2013 überwies die Klägerin eine Anzahlung in Höhe von 1.000,00 EUR an Dr. V ...
Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V erst bestehe, wenn sich der Versicherte die Leistung nach Ablauf der Frist selbst beschafft habe, was bei der Klägerin bisher nicht der Fall sei. Im Falle einer Selbstbeschaffung nach Zugang des ablehnenden Bescheides sei ein ursächlicher Zusam-menhang zur verspäteten Antragsbearbeitung nicht mehr gegeben. Zudem sei der von der Klägerin am 19. März 2013 eingereichte Antrag mit Bescheid vom 23. April 2013 abgelehnt und damit innerhalb der 5-Wochen-Frist gemäß § 13 Abs. 3a SGB V bearbeitet worden.
Gegen die ablehnenden Entscheidungen der Beklagten legte die Klägerin im Folgenden je-weils Widerspruch ein und wies dabei insbesondere darauf hin, dass ihr Antrag auf Über-nahme der Kosten für eine gesichtsfeminisierende Operation bereits aus dem Jahr 2012 stamme. Nach Ablauf der 5-Wochen-Frist habe sie den Arzt bezüglich der Abstimmung eines Operationstermins kontaktiert und am 26. April 2013 durch Anweisung der Anzahlung von 1.000,00 EUR einen Operationstermin gebucht und damit das Angebot in Höhe von 8.100,00 EUR angenommen. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 wurde der Klägerin wiederum mitgeteilt, dass die Beklagte sich an den Kosten für die fragliche Operation nicht beteiligen könne und ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V ebenfalls nicht bestehe, da die 5-Wochen-Frist der Vorschrift eingehalten worden sei.
Vom 11. bis 12. Juli 2013 ließ die Klägerin die begehrte Operation im Rahmen eines stationären Aufenthalts entsprechend dem Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 durchführen und entrichtete hierfür einen Gesamtbetrag von 8.100,00 EUR.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2013 wies die Beklagte die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 23. April und 16. Mai 2013 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Zwar seien Versicherte nach § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu neh¬men, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs nach dem SGB V grundsätzlich vorlägen. Der Anspruch auf notwendige Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sei indessen bei Transsexualismus auf die Herstellung eines Zustandes beschränkt, der aus der Sicht des verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert sei. Ein solcher Zustand sei bei der Klägerin bereits durch die bisherigen Therapiemaßnahmen erreicht worden. Darüber hinaus handele es sich bei der begehrten Operation um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die es an einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) fehle. Ein Anspruch ergebe sich schließlich auch nicht nach § 13 Abs. 3a SGB V, da diese Regelung lediglich für Anträge ab dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26. Februar 2013 gelte, während die Klägerin die streitgegenständliche Operation bereits im Dezember 2012 beantragt habe.
Mit ihrer am 20. Januar 2014 beim Sozialgericht Hamburg erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren fort. Zur Unterstützung ihres Vorbringens legte sie Fotografien ihres Gesichts aus der Zeit vor und nach der Operation vor.
Im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Juli 2017 erschien die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht. Die Beklagte erklärte sich bereit, die Kosten für die im Kostenvoranschlag ausgewiesene Adamsapfelkorrektur zu übernehmen und er¬kannte insoweit einen zu erstattenden Betrag in Höhe von 1.900,33 EUR an. Dabei berücksichtigte sie bei der Errechnung dieses Betrages jeweils ein Drittel der Anästhesie- und Krankenhauskosten und zog von dem sich danach ergebenden Betrag ein Drittel des gewährten Rabatts sowie 20,00 EUR Eigenanteil und 50,00 EUR Verwaltungs¬pauschale ab.
Die Klägerin nahm das Teilanerkenntnis der Beklagten nicht an und führte aus, dass über die "Schildknorpelkorrektur" hinaus in ihrem Falle auch die Korrektur des Augen¬brauenknochens, das Stirnlifting und das Absenken des Haaransatzes notwendig gewesen seien, um eine deutliche Annäherung an das typische Erscheinungsbild eines weiblichen Gesichts zu erreichen. Die von der Beklagten im Rahmen ihres Teilanerkenntnisses für die Adamsapfelkorrektur berücksichtigten Kosten seien zudem insgesamt zu niedrig. Es sei schon nicht sachgerecht, dass die Beklagte bei ihrer Berechnung auch die Rabatte berück-sichtigt habe, die sie - die Klägerin - mit Dr. V. ausgehandelt habe. Zudem hätten im Rahmen des Teilanerkenntnisses die Anästhesie- und Krankenhauskosten in voller Höhe berücksichtigt werden müssen.
Im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. April 2018 er¬schien die Klägerin wiederum nicht. Die Beklagte erweiterte ihr Teilanerkenntnis dahingehend, dass sie der Klä-gerin für die durchgeführte Adamsapfelkorrek¬tur Kosten in Höhe von 2.071,49 EUR erstatten werde, indem sie nunmehr auf den anteili¬gen Rabatt von 10% und auf den Abzug des Eigenanteils sowie der Ver¬waltungspauschale verzichtete.
Mit Urteil vom 11. April 2018 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung des mit Teilanerkenntnis anerkannten Betrages und wies die Klage im Übrigen ab. Zur Begründung führte es aus, dass die Klägerin in Bezug auf die Korrektur des Adamsapfels keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten habe. Die Beklagte habe den anerkannten Erstattungsbetrag nachvollziehbar berechnet, indem sie zusätzlich zu den im Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 ausgewiesenen Kosten von 1400,- EUR zuzüglich der Materialkosten von 200,- EUR ein Drittel der Anästhesie- und Krankenhauskosten berücksichtigt habe. Mit der anteilsmäßigen Berücksichtigung letzterer Kosten habe sie dem Umstand Rechnung getragen, dass die im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Kosten für die Adamsapfelkorrektur anteilsmäßig deutlich geringer angefallen sein als die auf die Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absinkens des Haaransatzes entfallenden Kosten, nämlich etwas weniger als ein Drittel. Von dem sich danach ergebenden Gesamtbetrag von 2301,67 EUR habe die Beklagte sodann den im Kostenvoranschlag vom 9. Dezember 2012 berücksichtigten Rabatt von 10 % anteilsmäßig abgezogen. Höhere Kosten habe die Klägerin weder nachgewiesen noch sei dies sonst ersichtlich.
Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die Kostenerstattung für die Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absenkens des Haaransatzes. Dieser Anspruch stehe ihr schon dem Grunde nach nicht zu. Der Anspruch könne nicht auf § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3 S. 6 SGB V gegründet werden. § 13 Abs. 3a S. 7 SGB V gelte für den hier geltend gemachten Anspruch – noch – nicht. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht greife die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26. Februar 2013 gestellt hätten. Der der Klage zugrundeliegende Antrag der Klägerin sei jedoch bereits am 28. Dezember 2012 bei der Beklagten eingegangen. Im März 2013 habe die Klägerin auf die entsprechende Anforderung der Beklagten lediglich weitere Unterlagen eingereicht, ohne dass hierin ein neuer Antrag liege.
Ebenso wenig könne die Kostenerstattung mit § 13 Abs. 3 SGB V begründet werden. Diese Norm sei allein für Inlandssachverhalte konzipiert und stehe neben den europarechtskonform auszulegenden Regelungen des deutschen Kostenerstattungsrechts in § 13 Abs. 4 und 5 SGB V, die zur Umsetzung der passiven EG-Dienstleistungsfreiheit ergangen sein. Hier handele es sich aber um eine Kostenerstattung für eine stationäre Behandlung in B. und damit dem Ausland. Insoweit werde die Sperre von § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V, der ein Ruhen der Ansprüche nach dem SGB V während eines Auslandsaufenthalts anordne, durch die Regelungen des koordinierende Europarechts in der EG-VO 883/2004 und EG-VO 987/2009 i.V.m. § 13 Abs. 4 und Abs. 5 SGB V überwunden, nicht aber durch § 13 Abs. 3 SGB V.
Die Klägerin könne aber auch aus § 13 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 SGB V keinen Anspruch auf Kostenerstattung ableiten. Nach § 13 Abs. 4 S. 1 SGB V seien Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat seien auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterlägen aufgrund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürften dabei nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sein oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt seien. Gemäß § 13 Abs. 5 S. 1 SGB V könnten abweichend von § 13 Abs. 4 SGB V in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 SGB V nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung dürfe nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei dem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden könne. Der Regelungsgehalt von § 13 Abs. 5 SGB V sei dabei inhaltlich darauf begrenzt, für die stationäre Auslandsbehandlung zusätzlich eine vorherige Zustimmung der Krankenkasse vorzuschreiben, während sich die übrigen Voraussetzungen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 SGB V bestimmten.
Zwar sei der räumliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift eröffnet, da B. zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Sinne von § 13 Abs. 4 und 5 SGB V gehöre. Voraussetzung für einen entsprechenden Erstattungsanspruch sei indes stets, dass ein Primärleistungsanspruch auf die entsprechende Naturalleistung nach dem SGB V bestehe. Ein solcher Anspruch habe der Klägerin jedoch im Hinblick auf die abgewiesenen Klageansprüche nicht zugestanden. Voraussetzung sei nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V dass die Krankenbehandlung notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, wobei die Krankenbehandlung nach S. 2 Nr. 5 dieser Vorschrift unter anderem auch die Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V umfasse. Dabei gelte als Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinne ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit von Heilbehandlung oder zugleich oder ausschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge habe. Als (psychische) Krankheit im Sinne dieser Vorschrift komme im Falle der Klägerin allein der bei ihr unstreitig vorliegende Transsexualismus in Betracht. Denn eine funktionelle Störung oder Entstellung im Rechtssinne, die mit der begehrten Operation zu behandeln gewesen wäre, sei weder ersichtlich noch werde sie von der Klägerin geltend gemacht.
Die fragliche Krankenbehandlung sei zur Überzeugung des Gerichts auch im Zusammenhang mit dem bei der Klägerin bestehenden Transsexualismus im Sinne von § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V nicht notwendig gewesen. Zwar bestehe bei einer besonders tiefgreifenden Form der Transsexualität ein Anspruch auf geschlechtsangleichende Maßnahmen, sodass bei Transsexualismus eine Abweichung von dem allgemeinen Grundsatz geboten sein kann, wonach psychische Krankheiten nicht mittels angestrebter körperlicher Eingriffe zu behandeln sein, wenn diese Maßnahmen nicht durch körperliche Fehlfunktion oder durch Entstellung veranlasst würden. Dieser Abweichung gehe indes nicht soweit, dass Betroffene Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsbezogenen operativen Maßnahmen im Sinne einer möglichst großen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild und ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Grenzen hätten. Die Ansprüche der Betroffenen auf Krankenbehandlung seien vielmehr beschränkt auf einen Zustand, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert sei. Das bedeute im Ergebnis, dass ein Anspruch Transsexueller auf Krankenbehandlung in Gestalt von Operationen, die allein auf eine Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes abzielten, zwar nicht – wie dies bei nichttranssexuellen Versicherten der Fall sei – nur unter den engen Voraussetzungen einer Entstellung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bestehe. Ein solcher Anspruch beschränke sich indes auf die Herstellung eines Zustandes, der nach allgemeiner Anschauung dem Erscheinungsbild des neuen Geschlechts zumindest sehr ähnlich wirke. Ließe sich ein Zustand feststellen, der innerhalb der Varianz verschiedener Erscheinungsbilder des neuen Geschlechts liege, so sei eine operative Krankenbehandlung nicht notwendig im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V und es komme lediglich eine psychotherapeutische oder psychiatrische Krankenbehandlung in Betracht, die die Klägerin hier jedoch nicht begehre.
Ein entsprechender Zustand sei im Falle der Klägerin zu Überzeugung des Gerichts bereits vor der durchgeführten Korrektur des Augenbrauenknochens, des Stirnliftings und des Absenkens des Haaransatzes erreicht gewesen. Die Kammer habe die von der Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens übersandten Fotografien insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen. Nach dem dabei gewonnenen Eindruck habe das Gesicht der Klägerin insbesondere auch im Augenbrauen- und Stirnbereich bereits vor der Durchführung der diesbezüglichen Korrekturoperation dem Erscheinungsbild eines weiblichen Gesichts einer Frau mittleren Alters entsprochen. Weitere Ermittlungen habe das Gericht daher nicht für notwendig erachtet. Die Leistungsvoraussetzung "Annäherung an das Erscheinungsbild des neuen Geschlechts" knüpfe regelmäßig an durch gerichtlichen Augenschein festzustellende Tatsachen an, die dem sachverständigen Beweis nicht zugänglich seien. Maßstab sei vielmehr allein die Sicht des verständigen Betrachters, welches hier die Richter und Richterinnen der Kammer gewesen sein, die sich anhand der von der Klägerin übersandten Fotografien ein Bild ihres Gesichts vor der Operation gemacht hätten. Vor diesem Hintergrund komme es auch nicht mehr darauf an, dass eine vorherige Zustimmung der Beklagten im Sinne von § 13 Abs. 5 S. 1 SGB V nicht vorgelegen habe und dies dem Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich entgegenstehe.
Das Urteil wurde der Klägerin am 18. Juli 2018 zugestellt. Am 25. Juli 2018 hat sie die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Gericht habe seinen Untersuchungs- oder Amtsermittlungsgrundsatz verletzt. Es seien Daten verwandt worden, die der Klägerin nicht bekannt gegeben worden seien, insbesondere bei den Berechnungsgrundlagen in Bezug auf das Teilanerkenntnis der Beklagten. Auch habe sie kein neues Geschlecht, sondern sei aufgrund der Einschätzung Fremder aufgrund von Merkmalen zwischen ihren Beinen als männliches Kind gesehen worden. Die Bedeutung des Gehirns bei der Geschlechtsdefinition sei viel zu wenig beachtet worden. Auch die Natur sei nicht fehlerfrei und es könnten Widersprüche zwischen dem Gehirn und den Körpermerkmalen angelegt werden. Das Geschlecht der Klägerin sei schon bei Geburt weiblich gewesen. Sie sei nicht gefragt worden und hätte nichts dazu zu sagen gehabt, ob sie als Mann oder Frau gesehen werde. Eine Anpassung eines weiblichen Gehirns an die männlichen Geschlechtsmerkmale erscheine ihr als unmöglich. Auch sei die Einschätzung des Gerichts in Bezug auf die weiblichen Gesichtsmerkmale aus Sicht der Klägerin unzutreffend und nicht sachverständig. Wenn die Einschätzung eines unbefangenen Betrachters ausreichen solle, stelle diese Einschätzung des Gerichts nicht den wissenschaftlichen Stand für männliche und weibliche Gesichtsmerkmale dar. Aufgrund dieser Merkmale gelangten unbefangene Betrachter im täglichen Leben zu einer Einschätzung des Geschlechts der Person der Klägerin. Ihr sei vor der OP sehr häufig und deutlich mitgeteilt worden, dass sie aufgrund ihrer Gesichtsmerkmale keine Frau sondern ein Mann sei. Sie sei deshalb diskriminiert worden und habe Angst in der Öffentlichkeit insbesondere auch vor Gewalt gehabt. Nach der OP könne sie ganz unbefangen auf die Straße gehen und werde fast nur noch als Frau angeredet. Sie habe immer noch eine tief männlich wirkende Stimme und werde trotz dieser Auffälligkeit im direkten Gespräch mit Menschen als Frau eingestuft. Im telefonischen Kontakt werde sie nur als Mann angesprochen obwohl sie sich weiblich und mit voller Anrede melde. Sie halte ein sachverständiges Gutachten zu der Frage, wie sie vor der streitbefangenen Operation von unbefangenen Dritten im Alltag erlebt worden sei, für notwendig.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 11. April 2018 soweit es die Klage abgewiesen hat, die Bescheide der Beklagten vom 23. April 2013 und 16. Mai 2013 in der Gestalt des Wi¬derspruchsbescheides vom 18. Dezember 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die nach dem Anerkenntnis der Beklagten in Höhe von 2.071,49 EUR noch verbleibenden Kosten für die am 11.07.2013 durchgeführte gesichtsfeminisierende Operation in Höhe von 6.028,51 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Verwaltungsakte und ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend weist sie nur daraufhin, dass die Berechnungsgrundlage für den von ihr anerkannten Betrag ausgiebig im Termin zur mündlichen Verhandlung besprochen worden sei, an dem die Klägerin bereits das zweite Mal nicht teilgenommen habe. Im Übrigen ergäben sich die Berechnungsgrundlagen aus den Urteilsgründen, woraus auch deutlich werde, dass die Klägerin einen Rabatt erhalten habe, der bei der Kostenerstattung zu berücksichtigen sei.
Mit Schreiben vom 27. November 2018 hat das Gericht die Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – unter Fristsetzung bis zum 3. Januar 2019 dazu angehört, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte.
Die Beklagte hat von einer weiteren Stellungnahme abgesehen; die Klägerin hat im wesentlichen ihre Argumente aus dem Verfahren wiederholt und Kosten für weitere geschlechtsangleichende in der Vergangenheit durchgeführte und in der Zukunft geplante Operationen geltend gemacht bzw. angekündigt.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung die Prozessakte und die Verwaltungsakte der Beklagten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 SGG). Sie wird, nachdem die Beteiligten auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen wurden, durch Beschluss zurückgewiesen, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG).
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit ausführlicher und zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, nach mündlicher Verhandlung abgewiesen. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren keine Umstände vorgebracht, die zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen könnten.
Nur ergänzend und weil die Klägerin insoweit offenbar einem Missverständnis unterliegt betont der Senat, dass die Frage der Beurteilung, ob und inwieweit die Gesichtsmerkmale der Klägerin vor der streitigen Operation einen operativen Eingriff im Sinne der Regelungen des SGB V notwendig machten, dem Gericht und nicht einem (medizinischen) Sachverständigen oder Dritten obliegt. Nachdem die Klägerin sich offenkundig bereits vor Zugang des ablehnenden Erstbescheides zur Durchführung der fraglichen Operation entschieden (den OP-Termin hatte sie bereits am 21. April 2013 mit dem belgischen Arzt abgestimmt) und diese auch bereits vor Klageerhebung durchgeführt hatte, kann die notwendige richterliche Beurteilung nur anhand von Fotografien, die den Zustand des Gesichts der Klägerin vor der fraglichen Operation belegen, tatsächlich erfolgen. Derartige Fotos hatte die Klägerin bereits beim Sozialgericht zur Akte gereicht und konnten und mussten deshalb der Entscheidungsfindung dort wie auch beim Landessozialgericht zugrunde gelegt werden. Das Sozialgericht hat in für den Senat nicht zu beanstandender Weise eine Bewertung der fraglichen Fotografien vorgenommen, der der Senat sich vollen Umfangs anschließt. Auch vor der strittigen Operation wies das Gesicht der Klägerin keine deutlich männlichen Geschlechtsmerkmale, wie z.B. Bartwuchs – mehr – auf. Die von der Klägerin als männlich empfundenen Merkmale wie leicht vorgewölbte Augenbrauenknochen, ein hoher Haaransatz und Stirnfalten sind nach der Beurteilung des Senats nicht geschlechtsspezifisch für ein männliches Gesicht, sondern sind durchaus auch bei Frauen typisch. Die von der Klägerin als männlich empfundenen Gesichtsmerkmale kommen genauso oder auch in ähnlicher Form bei Frauen mittleren Alters vor, ohne dass dies als typischerweise männlich empfunden wird. Nach dem Eindruck der in der Akte befindlichen Fotografien vor und nach der fraglichen Operation hat die Klägerin (abgesehen von der Korrektur des Adamsapfels, deren Kosten von der Beklagten anerkannt worden sind) vielmehr Korrekturen vorgenommen, die eine Annäherung ihres Gesichts an das aktuell gültige weibliche – und jüngere – Schönheitsideal bewirken sollten und dies nach dem Eindruck der Fotos nach dem Eingriff auch bewirkt haben.
Im Ergebnis hat die Klägerin damit eine Schönheitsoperation durchgeführt, was tatsächlich häufiger von Frauen als von Männern in Anspruch genommen wird, da bei ersteren – auch aktuell noch – eine höhere gesellschaftliche Erwartungshaltung an ein schönes und nachhaltig jugendliches Erscheinungsbild besteht. Nach Auffassung des Senats hat die Klägerin damit jedoch die Grenzen von Ansprüchen der gesetzlichen Krankenversicherung für transsexuelle Versicherte überschritten. Denn die Betroffenen haben keinen Anspruch auf jegliche Art von geschlechtsangleichenden operativen Maßnahmen im Sinne einer optimalen Annäherung an ein vermeintliches Idealbild ohne Einhaltung der durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung vorgegebenen allgemeinen Anspruchsgrenzen. Die Ansprüche sind vielmehr auf einen Zustand beschränkt, der aus der Sicht eines verständigen Betrachters dem Erscheinungsbild des anderen Geschlechts deutlich angenähert ist (BSG, Urteil vom 11. September 2012, Az. B1 KR 9/12 R, Rz. 22, juris). Dies ist nach dem Eindruck des Senats aus den in der Akte befindlichen Fotografien auch bereits vor der fraglichen Operation der Fall gewesen. Insoweit kommt es, nachdem die Klägerin die fragliche Operation bereits durchgeführt hat, entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht auf den Eindruck Dritter aus der Zeit vor der Operation an.
Das Sozialgericht hat auch zu Recht einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V auf Grundlage der Genehmigungsfiktion von § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V verneint. Das Bundessozialgericht hat zur Frage des Zeitpunktes, ab dem diese Regelung zugunsten der Versicherten zur Anwendung kommt, in eindeutiger Weise Stellung genommen, indem es in seiner Entscheidung vom 8. März 2016 zu einer Fallkonstellation, in welcher der Leistungsantrag nach Inkrafttreten der Norm am 26. Februar 2013 gestellt worden war, ausgeführt hat: "Die Regelung ist nach ihrem Geltungszeitraum anzuwenden. Nach dem maßgeblichen intertemporalen Recht (vgl. hierzu zB BSGE 99,95 = SozR 4-2500 § 44 Nr. 13, Rn. 15, BSG SozR-2005 § 275 Nr 4 RdNr 13 f mwN) greift die Regelung lediglich für Anträge auf künftig zu erbringende Leistungen, die Berechtigte ab dem 26.2.2013 stellen." Der hier zugrundeliegende Antrag ist bereits im Dezember 2012 gestellt worden. Die Vorschrift von § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, auf die die Klägerin sich beruft, ist mit dem Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl I Nr. 9, S. 277-282) in das SGB V eingefügt worden und trat am 26. Februar 2013 und damit nach Antragstellung durch die Klägerin in Kraft.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Die Revision gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen, insbesondere hat das BSG mit den bereits vom SG zum Maßstab der Ansprüche auf geschlechtsangleichende Operationen bei Transsexuellen zitierten Entscheidungen seine Rechtsauffassung zu Fällen der hier vorliegenden Art bereits dargelegt und eine wesentliche Änderung des Sachverhalts oder der Rechtslage gegenüber dem Zeitpunkt der genannten Entscheidungen, die eine Zulassung rechtfertigen könnte, kann der Senat nicht erkennen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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