Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 7 SO 318/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 21/18 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Kläger ist im September 2006 in H. geboren und besitzt wie sein Vater die deutsche Staatsangehörigkeit. Seine Mutter ist B ... Nach der Trennung seiner Eltern im Jahr 2007 zog die Mutter des Klägers mit ihm zusammen nach P. in B ... In der Folge wurde die Ehe geschieden, der Mutter des Klägers wurde das alleinige Sorgerecht zugesprochen.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2010, bei der Beklagten eingegangen am 25. Januar 2010, beantragte der Kläger unter Hinweis auf seine deutsche Staatsangehörigkeit die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Seine Mutter schilderte in diesem Zusammenhang ausführlich ihre persönliche und wirtschaftliche Situation und eine aus ihrer Sicht fehlende Unterstützung sowohl von b. als auch von deutscher Behördenseite. Die Kosten für die von ihr und dem Kläger bewohnte Wohnung betrügen monatlich 300,- Lew (BGN) für Miete, 40,- BGN für Heizung, 60,- BGN für Strom, 20,- BGN für Wasser und 30,- BGN für sonstige Nebenkosten, was bei einem gesetzlich festgelegten Wechselkurs von 1 zu 0,51129 insgesamt 230,08 Euro entspricht. Für Lebensmittel fielen monatlich 360,- BGN (= 184,06 Euro) an, ferner seien im Schnitt monatlich 50 BGN (= 25,56 Euro) für Kleidung für den Kläger aufzuwenden. Sie erhalte keinerlei soziale Leistungen in B ... Eine Rückkehr nach Deutschland würde sie – die Mutter wie auch den Kläger – dem Risiko der Obdachlosigkeit und der Mittellosigkeit aussetzen. Mit Bescheid vom 16. Februar 2010 lehnte die Beklagte eine Leistungsgewährung ab und verwies zur Begründung auf § 24 Abs. 1 SGB XII, wonach Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland grundsätzlich keine Leistungen der Sozialhilfe erhielten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könne nicht gemacht werden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 zurückgewiesen wurde. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII könnten abweichend von der Regelung, dass Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten, ausnahmsweise Leistungen ins Ausland nur dann gewährt werden, wenn dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar und zugleich nachgewiesen sei, dass eine Rückkehr ins Inland aus den in den Nr. 1 bis 3 der gesetzlichen Regelung näher aufgeführten Gründen nicht möglich erscheine. Einschlägig könne nur die Nr. 1 sein, wonach ausnahmsweise eine Leistungsgewährung ins Ausland bei Pflege und Erziehung eines Kindes in Betracht komme, welches aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse. Dieser Ausnahmetatbestand betreffe aber nur deutsche Elternteile und erfasse nicht – wie hier geltend gemacht – einen Anspruch des Kindes selbst.
Hiergegen hat der Kläger am 15. Juli 2010 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, die das Sozialgericht nach Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 11. April 2013 abgewiesen hat. Zur Begründung hat es auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Das Gericht teile die Auffassung der Beklagten, dass ausgehend von dem in § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII normierten Grundsatz, dass Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Sozialhilfe nach dem SGB XII erhalten, eine ausnahmsweise Leistungsgewährung im Einzelfall zur Abwendung einer außergewöhnlichen Notlage zwar möglich sei, wenn Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse, eine Rückkehr unmöglich machten, dieser in § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII normierte Ausnahmetatbestand aber nur Fallgestaltungen erfasse, in denen ein deutsches Elternteil nicht zurückkehren könne. Ein deutsches Kind, dass wie der Kläger bei einem nichtdeutschen Elternteil im Ausland lebe, werde von dem Wortlaut der Regelung nicht erfasst. Selbst wenn man eine analoge Anwendung erwägen würde, wenn eine Rückkehr des nichtdeutschen Elternteils nach Deutschland nicht in Betracht komme und eine Rückkehr allein des Kindes dem Sorgerecht des Elternteils widerspräche, komme man hier zu keinem anderen Ergebnis. Es seien nämlich keine rechtlichen Gründe erkennbar, warum die Mutter des Klägers nicht nach Deutschland wiedereinreisen könnte. Sie sei ebenso wie der Kläger jederzeit zur Einreise nach Deutschland befugt und könne gegebenenfalls hier staatliche Unterstützung beantragen.
Die gegen diesen Gerichtsbescheid erhobene Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 28. Januar 2015 zurückgewiesen (L 4 SO 16/14). Es hat dabei die Argumentation des Sozialgerichts aufgegriffen und weiter ausgeführt, es fehle vor allem auch an dem Merkmal der außergewöhnlichen Notlage. Nach den Darlegungen des Klägers sei sein Lebensunterhalt einschließlich der Wohnung aus den Mitteln gedeckt, die ihm aus Unterhaltszahlungen und Kindergeld zufließen. Es gehe daher von vornherein lediglich um darüberhinausgehende Bedarfe, wobei zweifelhaft erscheine, ob das eine außergewöhnliche Notlage überhaupt begründen könne. Hier komme entscheidend hinzu, dass insoweit offenbar die Großeltern einsprängen bzw. die Mutter des Klägers den Bedarf mit geliehenem Geld decke. Es sei weder dargelegt noch ersichtlich, dass substantieller ungedeckter Bedarf verbleibe.
Auf die mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 24. Februar 2016 zugelassene Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 26. Oktober 2017 das Urteil des Landessozialgerichts vom 28. Januar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Bundessozialgericht ausgeführt, nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII stünden Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zwar im Ermessen des Sozialhilfeträgers, doch seien bei Vorliegen der sehr restriktiven Tatbestandsvoraussetzungen keine Erwägungen denkbar, die gleichwohl einen Leistungsausschluss rechtfertigen könnten. Insofern bestünde ein Ermessen lediglich hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung, nicht aber hinsichtlich des "Ob". Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig. Die materielle Rechtmäßigkeit könne auf der Grundlage der Feststellungen des Landessozialgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Die Voraussetzungen des Hinderungsgrundes nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII lägen vor. Dieser Tatbestand sei dahin auszulegen, dass einem im Ausland mit den Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil lebenden deutschen Kind bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage Sozialhilfe zu gewähren sei, wenn es wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Eltern und damit wegen seiner eigenen Pflege und Erziehung im Ausland (rechtlich) an einer Rückkehr gehindert sei. Es komme nicht darauf an, ob den Eltern die Möglichkeit bestehe, nach Deutschland zurückzukehren. Das Verhalten bzw. der fehlende Rückkehrwille der Eltern könne den Kindern nicht zugerechnet werden.
Die Feststellungen des Landessozialgerichts genügten aber nicht, um beurteilen zu können, ob vorliegend die Gewährung von Sozialhilfe wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar sei. Eine außergewöhnliche Notlage setze eine konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter voraus. Dazu gehöre auch die Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung. Daher liege eine außergewöhnliche Notlage vor, wenn einem im Aufenthaltsland schulpflichtigen Deutschen die Mittel fehlten, die zur Sicherstellung seiner Teilhabe an einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung unbedingt erforderlich sind. Welche Schulbildung angemessen sei, richte sich gem. § 24 Abs. 3 SGB XII nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland. Der vom Kläger geltend gemachte Besuch der Nationalmusikschule in P. stelle deshalb nur dann eine angemessene Schulbildung dar, wenn es sich bei dieser Schule um eine öffentliche Schulde handele, durch deren Besuch der Kläger seine Schulpflicht in B. erfülle und keine kostenfreie öffentliche Schule als Alternative zur Verfügung stehe. Hierzu müsse das Landessozialgericht Feststellungen treffen. Ferner seien weitere tatsächliche Feststellungen zur Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen notwendig. Unabweisbar sei die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe im Ausland, wenn die Leistung nach Art und Umfang das einzige geeignete Mittel wäre, um die unmittelbare und konkrete Gefahr für das existentielle Rechtsgut abzuwenden. Dies setze voraus, dass eine Situation bestehe, die insbesondere den Verweis auf Dritte zur Deckung der Kosten ausgeschlossen erscheinen lasse. Nicht unabweisbar seien Leistungen, soweit der Deutsche im Ausland über bereite Mittel in Form von Einkommen und Vermögen verfüge, durch deren Einsatz er sich selbst helfen könne, oder tatsächliche Hilfe von Dritten erhalte. Der Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen stünde im Fall des Klägers aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nicht entgegen, dass die Mutter des Klägers die nach Antragstellung im Januar 2010 angefallenen Kosten zur Deckung existenzieller Bedarfe ggf. durch die Aufnahme von Darlehen begleichen konnte. Das Landessozialgericht habe im Rahmen seiner weiteren Ermittlungen daher insbesondere weiter aufzuklären, ob und in welcher Höhe weitere Bedarfe des Klägers zur Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums bestanden hätten und ob sie mittels Einkommen oder Vermögen des Klägers bzw. anderer bereiter Mittel (freiwillige Zuwendungen der Großeltern, von der Mutter vor Antragstellung aufgenommene Darlehen) oder aber im Vorgriff auf die zu erwartende Sozialhilfe durch die Großeltern bzw. durch die Mutter mit nach Antragstellung geliehenem Geld gedeckt worden seien. Sei die Gewährung von Sozialhilfeleistungen wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar, so habe das Landessozialgericht schließlich auch zu prüfen, ob der Leistungsausschluss des § 24 Abs. 2 Alt. 3 SGB XII eingreife. Hierzu sei "als hypothetische Tatsache" eine Prognose zu treffen, ob und in welcher Höhe Leistungen von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen zu erwarten seien.
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat der Senat den Kläger mit Schreiben vom 27. August 2018 aufgefordert, die Schulsituation in P. darzulegen, insbesondere auch zur Kostenfreiheit staatlicher Schulen, sowie vorzutragen, welche Bedarfe des soziokulturellen Existenzminimums ungedeckt seien. Außerdem ist der Kläger mit Schreiben vom 15. April 2020 gebeten worden, darzulegen, ob die bisher geltend gemachten Kosten für den alltäglichen Lebensunterhalt mit monatlich 360 BGN (184,06 Euro) die Kosten allein für den Kläger oder für die gesamte Familie (d.h. Kläger und Mutter) umfassten. Er ist außerdem um näheren Vortrag zum Einkommen aus Unterhalt, Kindergeld, Erwerbstätigkeit der Mutter sowie ggf. Sozialhilfeleistungen aus B. gebeten worden.
Hierauf hat der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Februar 2020 und 12. Mai 2020, dem eine ausführliche schriftliche Äußerung der Mutter des Klägers beigefügt war, geantwortet. Er hat vorgetragen, die vorgetragenen Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt in Höhe von 360 BGN (184,06 Euro) bezögen sich auf die gesamte Familie. Dabei handele es sich allein um die Kosten für Nahrungsmittel. Rechne man weitere alltägliche Kosten für Hygiene, Haustiere, kleinere Freizeitaktivitäten hinzu, käme man auf 228,27 Euro monatlich. Ab Herbst 2019 seien die Kosten für Lebensmittel angestiegen, sodass seitdem die Kosten für Nahrungsmittel monatlich zwischen 410 und 420 BGN (209,63 und 214,74 Euro) betragen würden.
Die Mittel zur Sicherstellung der Teilhabe des Klägers habe dieser bzw. seine Mutter nicht selbst aufbringen können. Bei Antragstellung im Januar 2010 sei der Kläger dreieinhalb Jahre alt gewesen. Die Mutter habe trotz intensiver Arbeitssuche erst Anfang 2012 eine Arbeitsstelle finden können, diese allerdings in S., nicht im Wohnort P ... Da ein tägliches Pendeln aufgrund der Entfernung nicht möglich gewesen sei, sei ein Umzug erforderlich gewesen. Das Preisniveau in S. sei wesentlich höher als in P., auch seien in S. nur Plätze in privaten, teuren Kindertagesstätten zu bekommen gewesen. Das Gehalt der Mutter habe nicht gereicht, um alle Kosten in S. zu decken, weshalb die Mutter in Verschuldung versunken sei. Sie habe daher nach nur drei Monaten auf ihre Erwerbstätigkeit verzichten und nach P. zurückkehren müssen. Wäre dem Sozialhilfeantrag des Klägers stattgegeben worden, hätte die Mutter ihre Vollzeittätigkeit in S. behalten und den Umzug bewerkstelligen können. In P. habe die Mutter keine Vollzeitstelle finden können, sie sei zunächst arbeitslos gewesen. Erst 2014 habe sie für wenige Monate eine befristete Vertretungsstelle in Teilzeit als Dozentin erhalten.
Nach aktueller Rechtslage bestehe in B. eine Schul- und Vorschulpflicht. Im Falle des Klägers habe die Vorschulpflicht das Schuljahr 2012/2013 umfasst. Von September 2012 bis September 2013 habe er eine öffentliche, staatlich geförderte Vorschule besucht, an der – abgesehen von einer einmaligen Anmeldegebühr in Höhe von 32 BGN (16,36 Euro) – keine Gebühren entstanden seien. Im Anschluss daran habe er vier Jahre lang die öffentliche, staatlich geförderte Nationalmusikschule in P. besucht. Für diese seien Schulgebühren formal zwar nicht erhoben worden, es habe dennoch von den Eltern zu tragende Zusatzkosten gegeben. Zusatzkosten seien zunächst entstanden für die tägliche Verpflegung (Schulmahlzeiten), für zwei Exkursionen pro Schuljahr und für die Teilnahme an Schulfesten. Diese Kosten hätten im Schnitt ca. 40 Euro pro Schulhalbjahr, mithin 80 Euro jährlich betragen. Hinzu seien jährliche Anmeldegebühren für die Einschreibung in das nächste Schuljahr in Höhe von jeweils 12,50 Euro gekommen. Ferner habe einmal pro Schuljahr eine neue Geige/Bratsche für ca. 120,- Euro gekauft werden müssen. Dies sei Voraussetzung für den Besuch der Schule gewesen. Hinzu seien diverse weitere Anschaffungen für den Geigen-/Bratschenunterricht gekommen, z.B. ein Metronom, Stimmgeräte, sonstiges Zubehör, Noten und CDs. Einmal seien Übungsbücher und CDs in B. nicht erhältlich gewesen und hätten aus Großbritannien angefordert werden müssen. Dies habe 62,- Euro gekostet. Kosten seien ferner für den Besuch von Pflichtveranstaltungen wie Konzerten, Opern u.ä. entstanden. Die wesentlichen Kostenpositionen im Sinne des vom Bundessozialgerichts verwendeten Begriffs "erforderliche Mittel" seien die Beschaffungspreise für Geigen/Bratschen in Schulgrößen.
Ab der 5. Klasse seien die Anschaffungspreise für Geigen/Bratschen deutlich gestiegen, da nach den Vorgaben der Schule nunmehr Instrumente höherer Qualität anzuschaffen gewesen wären, die ca. 3.000,- Euro kosteten. Die Mutter des Klägers sei nicht in der Lage gewesen, diese Kosten zu tragen, weshalb der Kläger aus der Nationalmusikschule ausgeschlossen worden sei. Er sei dann an einer üblichen, öffentlichen Schule ohne besondere Spezialisierung angemeldet worden. An dieser Schule gebe es keine pflichtigen Zusatzkosten. Kosten entstünden allerdings für die Anschaffung von Arbeitsheften und Übungsbüchern, die von den Eltern zu bezahlen seien. Hierfür seien etwa 30 bis 40 Euro pro Schuljahr zu zahlen. Quittungen habe die Mutter des Klägers erst ab 2018 aufbewahrt. Damit der Kläger seine Gabe in Musik weiter habe entwickeln können, seien nun Mittel für Privatmusikunterricht erforderlich geworden. Hierfür habe der Kläger jährlich ca. 414,- Euro bezahlen müssen. Ferner seien pro Jahr ca. 28,- Euro für neue Saiten angefallen, weiter seien jährlich 1 bis 2 Bögen gekauft worden. Mit vorgelegt wurde eine Quittung, auf der der Preis für einen Bogen mit 20,- BGN (10,23 Euro) angegeben wurde. Seit Februar 2020 nehme der Kläger allerdings nicht mehr am Musikunterricht teil – zunächst wegen des Todes seines Großvaters und der Trauerzeit, anschließend wegen der Schließung der Musikschule infolge der Covid19-Pandemie. Es sei davon auszugehen, dass die Musikschule im September 2020 wieder öffnen werde. Der Kläger führt weiter aus, er spiele derzeit eine Geige in Erwachsenengröße. Diese sei – da er eigentlich Bratsche spiele – mit Bratschen-Saiten bezogen worden. Dies sei aber nur eine Kompromisslösung, die nicht auf Dauer gelten könne. Daher sei bei der Prüfung von Leistungsansprüchen mit zu berücksichtigen, dass künftig eine Bratsche angeschafft werden müsse.
Der Kläger habe außerdem seit März 2012 eine Tennisschule besucht. Diese habe zunächst den Kindergartenplatz ersetzt und sei bis zum zweiten Halbjahr der 3. Klasse fortgeführt worden. Hierfür seien monatlich 30,- bis 45,- Euro angefallen seien, bzw. ca. 500,- Euro jährlich. Diesbezüglich sind für einzelne Monate Rechnungen für Tennisstunden eingereicht worden, daneben eine Rechnung für einen Tennisschläger. Da der Kläger keinen Kindergartenplatz gehabt habe, sei die Sportschule die einzige Alternative für ein kindgerechtes Sozialleben mit anderen Kindern gewesen. Die hierfür entstandenen Kosten seien daher erforderlich im Sinne des Urteils des Bundessozialgerichts gewesen.
Außerdem leide der Kläger an Heuschnupfen, gegen den nur regelmäßiges Schwimmen helfe. Er gehe daher ein- bis dreimal wöchentlich schwimmen, was jeweils 4,- Euro koste. Seit Januar 2020 sei er allerdings nicht mehr schwimmen gewesen. Ferner sei er ein halbes Jahr lang zur Tanzschule gegangen, was seine Ausbildung an der Nationalmusikschule und seine Sportaktivitäten sehr gut ergänzt habe. Die Gebühr hierfür habe monatlich 15,- Euro betragen.
Die vom Kläger geschilderten Bedarfe entsprächen den Verhältnissen in B ... Die Nationalmusikschule sei eine staatliche allgemeinbildende Schule. Von anderen öffentlichen Schulen in B. unterscheide sie sich lediglich durch den intensiven Musikunterricht, der an ihr kostenfrei erteilt werde. Eine andere, kostenfreie öffentliche Schule habe dem Kläger für die Klassenstufen 1 bis 4 als zumutbare Alternative nicht zur Verfügung gestanden, da die Nationalmusikschule die einzige Musikschule in P. sei. Öffentliche Musikschulen wie in Deutschland gebe es in B. nicht. Nachdem der Kläger die Nationalmusikschule habe verlassen müssen (weil er sich keine hochwertige Bratsche habe kaufen können), müsse er seine Musikausbildung an einer Volksschule fortsetzen. Hierfür seien Gebühren zu zahlen. Der Kläger hat eingereicht eine Bescheinigung der Nationalmusikschule P., in der diese ihren Ansatz und ihre Besonderheiten näher erläutert
Die Mutter des Klägers hat eine tabellarische Übersicht über die erhaltenen Kindergeld- und Unterhaltszahlungen vorgelegt, für die Einzelheiten wird auf diese Übersicht (Bl. 418 ff. der Prozessakte) Bezug genommen. Weiter trägt der Kläger vor, seit dem Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht habe sich seine Situation auch insoweit geändert, als dass seine Großeltern nicht mehr einspringen könnten, um Mehrbedarfe zu decken. Die Großeltern seien inzwischen beide Rentner mit niedrigen Renten. Zudem hätten sie höhere eigene Kosten infolge von Gesundheitsproblemen.
Die Mutter des Klägers habe nach dem Zuzug nach B. in 2007 alle b. Familien- und Sozialleistungen beantragt. Diese seien ihr aber verweigert worden, zunächst mit der Begründung, sie sei noch verheiratet und ihr Ehemann habe ein zu hohes Einkommen; später dann aufgrund der Annahme, ihr Ex-Ehemann müsse Unterhalt für sie und ihr Kind zahlen. Sie sei gerichtlich gegen die b. Behörden vorgegangen, habe jedoch keinen Erfolg gehabt. Arbeitslosengeld habe sie nicht bezogen, da ihre Vollzeitbeschäftigung in S. weniger als 9 Monate gedauert habe und sie damit die Voraussetzungen für einen Arbeitslosengeldanspruch nicht erfüllt habe. Sozialhilfe im deutschen Sinne des Begriffs gebe es in B. nicht. Es gebe die Möglichkeit, einen kleinen Zuschuss (maximale Höhe derzeit 75 BGN = ca. 38,50 Euro) zu bekommen, Voraussetzung dafür sei aber, dass das sog. garantierte Mindesteinkommen unterschritten sei. Das garantierte Mindesteinkommen betrage zurzeit 75 BGN, d.h. ca. 38,50 Euro. Diese Grenze überschritten der Kläger und seine Mutter schon allein aufgrund des Kindesunterhalts. Im Endeffekt hätten sie als Sozialleistung in B. nur die Kinderzulage in Höhe von aktuell 20,45 Euro bekommen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2013 und den Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab Januar 2010 Sozialhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat mitgeteilt, sie sei weiter der Ansicht, die Mittel für die Finanzierung des Besuchs der Nationalmusikschule seien kein unabweisbarer Bedarf im sozialhilferechtlichen Sinne. Der Kläger besuche seit seinem Ausschluss von der Musikschule eine übliche, öffentliche Schule. Dies sei auch eine zumutbare Alternative. Die musikalischen Interessen seien nicht Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums, welches sich auf ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben erstrecke. Dieses Mindestmaß sei an einer regulären Schule gewährleistet. Seiner musikalischen Neigung könne der Kläger in seiner Freizeit nachgehen, dies stelle aber keinen unabweisbaren Bedarf im sozialrechtlichen Sinne dar. Auch nach dem Vortrag des Klägers sei daher keine außergewöhnliche Notlage gegeben, die die Gewährung von Sozialhilfe unabweisbar mache.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem zurückverweisenden Urteil vom 26. Oktober 2017 hat das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der angegriffene Bescheid ist nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig, der Kläger hat nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland für die Zeit ab Januar 2010. Leistungen an Deutsche im Ausland sind in § 24 SGB XII geregelt. Nach dieser Vorschrift erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, grundsätzlich keine Leistungen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Hiervon kann nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus einem der dort näher benannten Gründe nicht möglich ist. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB XII werden Leistungen dennoch nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind. Nach § 24 Abs. 3 SGB XII richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem zurückverweisenden Urteil vom 26. Oktober 2017 ist der Kläger zwar wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Mutter in B. rechtlich an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Es fehlt jedoch an einer außergewöhnlichen Notlage, die die Gewährung von Sozialhilfe unabweisbar macht.
Eine außergewöhnliche Notlage setzt die konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter voraus. Zu den existenziellen Rechtsgütern gehört neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Nach den bindenden Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 26. Oktober 2017 wird dieses Mindestmaß bei schulpflichtigen Kindern vor allem durch Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung geleistet. Eine außergewöhnliche Notlage ist daher u.a. dann anzunehmen, wenn einen im Aufenthaltsland schulpflichtigen Deutschen die Mittel fehlen, die zur Sicherstellung seiner Teilhabe an einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung unbedingt erforderlich sind. Unabweisbar ist die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe im Ausland dann, wenn die Leistung nach Art und Umfang das einzige Mittel ist, um die außergewöhnliche Notlage zu beseitigen. Unabweisbarkeit ist hingegen nicht gegeben, wenn der Betroffene über Einkommen oder Vermögen verfügt, durch deren Einsatz er sich selbst helfen kann, oder er tatsächlich Hilfe von Dritten erhält.
Im Fall des Klägers bestand im streitgegenständlichen Zeitpunkt seit Januar 2010 bis aktuell zu keinem Zeitpunkt eine außergewöhnliche Notlage im oben genannten Sinn, die nur durch die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zu beseitigen gewesen wäre. Denn der Kläger verfügte und verfügt über ausreichend eigenes Einkommen, um nicht nur seine physische Existenz, sondern auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen. Auf die Sicherstellung der Teilhabe speziell an einer angemessenen Schulbildung kommt es dabei erst für die Zeit ab September 2012 an. Denn nach dem Vortrag des Klägers, an dem zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, bestand für ihn (erst) im Schuljahr 2012/2013 Vorschulpflicht, ab dem Schuljahr 2013/2014 dann Schulpflicht. Die Schulpflicht in B. dauert nach den Angaben der Europäischen Union bis zum 16. Lebensjahr (im Internet unter https://ec.europa.eu/eures/main.jsp?catId=8790&acro=living&lang=de&parentId=7803&coun tryId=BG&living=; zuletzt abgerufen am 12. August 2020), hier also jedenfalls bis zum September 2022.
Seinem eigenen Vorbringen nach – an dem zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat – hatte der Kläger bei Antragstellung im Januar 2010 einen Bedarf für Unterkunft, Heizung, Strom, Wasser, Lebensmittel, Hygiene- und ähnliche Bedarfe sowie Kleidung in Höhe von insgesamt 254,74 Euro. Dieser Betrag ergibt sich aus folgender Berechnung: Nach den Angaben des Klägers fielen für Unterkunft inklusive Heizung, Strom und Wasser insgesamt 230,08 Euro monatlich an. Da der Kläger die Wohnung gemeinsam mit seiner nicht leistungsberechtigten Mutter bewohnt, ist hiervon lediglich die Hälfte zu berücksichtigen, also 115,04 Euro. Kosten für Lebensmittel sowie für sonstige Bedarfe des Lebensunterhalts (insbesondere Hygiene, Haustiere, kleinere Unternehmungen) werden in Höhe von monatlich 228,27 Euro für die Familie insgesamt geltend gemacht. Auch hiervon ist – mangels genauerer Aufschlüsselung der Verteilung dieser Kosten zwischen dem Kläger und seiner Mutter – die Hälfte, mithin 114,14 Euro dem Kläger zuzurechnen. Ferner ist vorgetragen worden, dass speziell für den Kläger ein Bedarf an Kleidung in Höhe von 25,56 Euro monatlich anfiele.
Im Zeitverlauf sind folgende Änderungen des Bedarfs vorgetragen worden bzw. aus den eingereichten Unterlagen erkennbar: Zum Januar 2011 stieg die Nettokaltmiete der Wohnung um umgerechnet 25,56 Euro. Zum Januar 2014 sind (in der Erklärung zum Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren) die Kosten für die Unterkunft mit insgesamt 266,73 Euro monatlich angegeben, zum April 2018 (in der Erklärung zum erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe) mit 266,- Euro. Für die Zeit ab Herbst 2019 hat der Kläger einen Anstieg der Lebensmittelpreise in B. vorgetragen, weshalb der diesbezügliche Bedarf der Familie um bis zu 30,68 Euro (bei Zugrundelegung des höchsten für Lebensmittel genannten Betrag von nunmehr 214,74 Euro gegenüber dem vorherigen Betrag von 184,06 Euro) gestiegen sei.
Insgesamt ist daher im Zeitverlauf von folgendem monatlichen Bedarf des Klägers für den allgemeinen Lebensunterhalt inklusive Wohnung, aber ohne Teilhabekosten, auszugehen: Januar 2010 – Dezember 2010 254,74 Euro Januar 2011 – Dezember 2013 267,52 Euro Januar 2014 – März 2018 273,06 Euro April 2018 – September 2019 272,70 Euro ab Oktober 2019 288,04 Euro
Diesen Bedarf konnte der Kläger aus den Zahlungen für Kindergeld und Unterhalt decken.
Aus den von der Mutter des Klägers erstellten Tabellen ergibt sich, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Kindergeld in folgender Höhe gezahlt wurde: Januar 2010 – April 2010 184,- Euro Mai 2010 – März 2012 166,- Euro April 2012 – Dezember 2012 184,- Euro
Ab dem Jahr 2013 hat die Familienkassen laut den Angaben der Mutter des Klägers laufend Kindergeld in gesetzlicher Höhe gezahlt, das bedeutet: Januar 2013 – Dezember 2014 184,- Euro Januar 2015 – Dezember 2015 188,- Euro Januar 2016 – Dezember 2016 190,- Euro Januar 2017 – Dezember 2017 192,- Euro Januar 2018 – Dezember 2018 194,- Euro seit Januar 2019 204,- Euro
Dass nach den Angaben des Klägers das Kindergeld für die Monate Januar bis April 2010 erst im November 2011 und das Kindergeld für die Monate Mai 2010 bis Januar 2011 erst im Februar 2011 nachgezahlt wurde, steht nach Auffassung des Senats einer Berücksichtigung der nachgezahlten Beträge nicht entgegen. Der Grundsatz, dass als Einkommen nur das angerechnet werden darf, was im Bedarfszeitraum tatsächlich als bereites Mittel zur Verfügung steht, steht dem nicht entgegen. Denn es geht hier ohnehin nicht um die Deckung eines aktuellen Bedarfs, für den nur die aktuell vorhandenen Mittel zur Verfügung stehen und daher auch nur diese berücksichtigt werden können, sondern um eine rückwirkende Betrachtung. Dann aber kann nicht außer Acht bleiben, dass für die Monate Januar 2010 bis Januar 2011 Einkommen in Form von Kindergeld geflossen ist – wenn auch im Wege einer Nachzahlung. Soweit in dem genannten Zeitraum infolge der nicht zeitnah erfolgten Auszahlung des Kindergeldes eine außergewöhnliche Notlage bestand, ist diese Notlage durch die Nachzahlung des Kindergeldes bereits ausgeglichen und ihr damit Rechnung getragen worden, eine zusätzliche nachträgliche Gewährung von Sozialhilfe ist insoweit nicht erforderlich bzw. nicht unabweisbar im Sinne des § 24 SGB XII. Nur so kann zudem der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) gewahrt werden. Kindergeld dient der Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes (vgl. § 1612b BGB, wonach Kindergeld unterhaltsrechtlich zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.9.2011 – 5 WF 3/11 –, Rn. 13, juris) – wenn und soweit durch eine Nachzahlung von Kindergeld der Lebensunterhalt in den Monaten, für die die Nachzahlung erbracht wird, gedeckt werden kann, so ist daneben eine Nachzahlung von Sozialhilfe für diese Monate nicht geboten. Eine andere Betrachtung ist auch nicht aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlich. Im Unterschied zu den Unterstützungsleistungen der Großeltern bzw. der Darlehensaufnahme der Mutter (vgl. dazu, dass diese der Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen nicht entgegenstehen, das zurückverweisende Urteil des Bundessozialgerichts, aaO, Rn. 18) erfolgte die Kindergeldgewährung nicht gerade wegen der Ablehnung von Sozialhilfeleistungen, sondern weil die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs erfüllt waren.
Neben dem Kindergeld stand auch der vom Vater des Klägers geleistete Kindesunterhalt zur Bedarfsdeckung zur Verfügung. Aus der von der Mutter des Klägers erstellten Übersicht ergibt sich, dass im streitgegenständlichen Zeitraum mit Ausnahme der Monate Juli und September 2011 jeden Monat Unterhalt gezahlt wurde. Von Januar 2010 bis Januar 2012 betrug der Unterhalt monatlich 199,- Euro, ab Februar 2012 wurde er in wechselnder monatlicher Höhe von zunächst mindestens 199,- Euro bis zu 350,- Euro gezahlt, ab Oktober 2018 in Höhe von 417,- Euro und mehr. Bildet man anhand der Angaben in der erwähnten Übersicht zu Vereinfachungszwecken für jedes Jahr einen monatlichen Durchschnittsbetrag, so ist von folgenden Unterhaltsleistungen auszugehen: 2010: 199,00 Euro 2011: 165,83 Euro 2012: 304,92 Euro 2013: 276,50 Euro 2014: 279,67 Euro 2015: 286,83 Euro 2016: 293,67 Euro 2017: 300,67 Euro 2018: 344,58 Euro 2019: 433,67 Euro 2020: 445,00 Euro
Insgesamt ergibt sich daher folgende zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Mittel: Januar 2010 – April 2010 383,00 Euro Mai 2010 – Dezember 2010 365,00 Euro 2011 331,83 Euro Januar 2012 – März 2012 470,92 Euro April 2012 – Dezember 2012 488,92 Euro 2013 460,50 Euro 2014 463,67 Euro 2015 474,83 Euro 2016 483,67 Euro 2017 492,67 Euro 2018 538,58 Euro 2019 637,67 Euro 2020 649,00 Euro
Bei einer Gegenüberstellung dieser Mittel mit den oben dargestellten Bedarfen des Klägers für seinen Lebensunterhalt inklusive der Aufwendungen für die Unterkunft ergibt sich, dass der Kläger durchgängig in der Lage war, diese Bedarfe zu decken. Dass der Bedarf in den Monaten Juli und September 2011 wegen Ausbleiben des Unterhalts für sich betrachtet nicht gedeckt werden konnte, steht dem nicht entgegen. Insofern handelt es sich lediglich um punktuelle Unterdeckungen, die innerhalb einer kurzen Zeitspanne aus dem dann wieder vorhandenen Einkommen ausgeglichen werden konnten und die deshalb keine Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen zu begründen vermögen (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 26.10.2017 – B 8 SO 11/16 R, Rn. 16).
Ferner standen auch nach Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt inklusive der Aufwendungen für Unterkunft hinreichend Mittel zur Verfügung, die für den Teilhabebedarf des Klägers eingesetzt werden und diesen – soweit er sozialhilferechtlich anzuerkennen ist – decken konnten. Im Einzelnen ergibt ein Vergleich der Bedarfe für Lebensunterhalt und Unterkunft mit dem Einkommen aus Unterhalt und Kindergeld folgendes Bild: Bedarf Unterhalt und Kindergeld Rest Januar – April 2010 254,74 383,00 128,26 Mai – Dezember 2010 254,74 365,00 110,26 2011 267,52 331,83 64,31 Januar – März 2012 267,52 470,92 203,40 April – Dezember 2012 267,52 488,92 221,40 2013 267,52 460,50 192,98 2014 273,06 463,67 190,61 2015 273,06 474,83 201,77 2016 273,06 483,67 210,61 2017 273,06 492,67 219,61 Januar – April 2018 273,06 538,58 265,52 April – Dezember 2018 272,70 538,58 265,88 Januar – September 2019 272,70 637,67 364,97 Oktober – Dezember 2019 288,04 637,67 349,63 2020 288,04 649,00 360,96
Insbesondere waren im Schuljahr 2012/2013 ausreichend Mittel vorhanden, um die für den Besuch der Vorschule anfallenden Kosten zu decken. Beziffert worden sind insoweit nur die Kosten für die einmalige Anmeldegebühr in Höhe von umgerechnet 16,36 Euro. Auch weitere Kosten für Arbeitsmaterialien konnten aus den vorhandenen Mitteln gedeckt werden. Ebenso waren in den Schuljahren 2013/2014 bis 2016/2017 ausreichend Mittel vorhanden, um die durch den Besuch der Nationalmusikschule anfallenden Kosten zu decken. Die bezifferten Kosten hierfür beliefen sich auf jährlich ca. 120,- Euro für eine Geige/Bratsche, 80,- Euro für Verpflegung und Exkursionen sowie 12,50 Euro jährlich für die Einschreibegebühr. Daraus ergeben sich monatliche Aufwendungen von 17,71 Euro. Selbst unter Berücksichtigung weiterer, vom Kläger geltend gemachter, aber nicht genau bezifferter Aufwendungen für Zubehör (Saiten u.ä.), Konzertbesuche und Noten konnten diese Kosten unproblematisch aus den im genannten Zeitraum zur Verfügung stehenden Mitteln gedeckt werden. Entsprechendes gilt für die ab dem Schuljahr 2017/2018 anfallenden Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Besuch einer "normalen" öffentlichen Schule, die mit jährlich 40,- Euro für Arbeitsmaterialien beziffert wurden. Selbst die in diesem Zeitraum geltend gemachten Aufwendungen für privaten Musikunterricht in Höhe von 414,- Euro jährlich für Unterrichtsstunden und 48,- Euro für Zubehör (Saiten, Bögen), mithin 38,50 Euro monatlich, konnten gedeckt werden, sodass dahin gestellt bleiben kann, inwieweit es sich hierbei um angemessene Teilhabe handelt.
Ferner war der Kläger auch in der Lage, aus dem Unterhalt und dem Kindergeld zusätzlich zu den oben genannten Aufwendungen für die Schule und den Musikunterricht zumindest in gewissem Umfang sportliche Interessen (Schwimmen, Tanzschule und/oder Tennis) zu finanzieren.
Nicht bzw. nur über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr finanzierbar war insofern nur die Anschaffung einer qualitativ hochwertigen Bratsche, deren Preis mit ca. 3.000,- Euro beziffert wird und die ab dem Schuljahr 2017/2018 für die Weiterführung des Besuchs der Nationalen Musikschule erforderlich gewesen wäre bzw. deren Anschaffung auch unabhängig davon im Rahmen des nunmehr privaten Musikunterrichts des Klägers geltend gemacht wird. Dies kann aber keine Berücksichtigung finden, denn die Unmöglichkeit dieser Anschaffung vermag keine außergewöhnliche Notlage im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB XII zu begründen. Der Besitz eines derart teuren Instruments geht über das Mindestmaß an Teilhabe, dessen Sicherstellung die Sozialhilfeleistungen dienen, erkennbar hinaus und lässt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt heraus dem soziokulturellen Existenzminimum zuordnen.
Der Kläger kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass aus dem Kindergeld bzw. den Unterhaltszahlungen auch Bedarfe seiner Mutter zu decken waren bzw. faktisch gedeckt wurden. Der Unterhalt wurde und wird rein als Kindesunterhalt an den Kläger als Unterhaltsberechtigten gewährt (vgl. z.B. die Urkunde über Verpflichtung zu Unterhaltsleistungen vom 18.9.2018), nicht als nachehelicher Unterhalt an die Mutter des Klägers. Er dient damit allein der Deckung von Bedarfen des Klägers. Der Anspruch auf Kindergeld steht zwar den Eltern, hier der Mutter des Klägers, zu. Kindergeld wird den Eltern – als Alternative zu einkommenssteuerrechtlichen Kinderfreibeträgen – gewährt zum Ausgleich der allgemeinen Belastungen, die mit dem Unterhalt von Kindern verbunden sind (BVerfGE, Urteil vom 10.11.1998). Kindergeld dient damit der Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes (vgl. § 1612b BGB, wonach Kindergeld unterhaltsrechtlich zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. September 2011 – 5 WF 3/11 –, juris Rn. 13). Diese Zielrichtung des Kindergelds führt dazu, dass das Kindergeld – jedenfalls soweit es benötigt wird, um den notwendigen Unterhalt des Kindes zu decken, allein diesem zuzurechnen ist. Das kommt auch in der Regelung des § 82 Abs. 1 SGB XII zum Ausdruck, der eine Berücksichtigung des Kindergelds als Einkommen des Kindergeldberechtigten nur insoweit zulässt, wie es nicht zur Deckung des Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird. Unerheblich ist insofern, dass gem. § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung bei der Bestimmung des Anteils des Kindergelds, der zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird, die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach § 34 SGB XII nicht mit einzurechnen sind. Unabhängig von der Frage, ob diese Beschränkung der Zurechnung des Kindergelds zum Kindeseinkommen im Rahmen der Prüfung der Unabweisbarkeit von Sozialhilfe gem. § 24 SGB XII überhaupt anzuwenden ist, ist nämlich jedenfalls der gewährte Kindesunterhalt auch auf die Bedarfe nach § 34 SGB XII anzurechnen (vgl. Lücking in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 82 Rn. 49). Soweit der Unterhalt also für Teilhabebedarfe einzusetzen ist, steht er nicht für die Deckung des übrigen Lebensunterhaltes zur Verfügung mit der Folge, dass insoweit dann auf das Kindergeld zurückzugreifen ist, was wiederum eine Berücksichtigung als Einkommen des Kindergeldberechtigten ausschließt.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Mutter des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum so gut wie kein eigenes Einkommen erzielt hat bzw. erzielt und deshalb tatsächlich auch ihr Lebensunterhalt zu weiten Teilen aus dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld finanziert wurde bzw. wird. Dies kann jedoch die normative Zurechnung dieser Mittel zum Kläger nicht außer Kraft setzen. Andernfalls wäre die Folge, dass der Mutter des Klägers, die eindeutig nicht zu den Leistungsberechtigten gehört, faktisch doch Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren wären.
Kann der Kläger seine Teilhabebedarfe jedenfalls im Sinne eines Mindestmaßes am gesellschaftlichen Leben bereits aus dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld decken, so kommt es nicht darauf an, ob die vorgetragenen Zuwendungen der Großeltern als echte Schenkung oder aber als Darlehen bzw. als Nothilfe einzuordnen sind. Ebenso brauchte – da bereits eine außergewöhnliche Notlage, die die Gewährung von Sozialhilfeleistungen unabweisbar macht, nicht festgestellt werden konnte – nicht mehr aufgeklärt zu werden, ob und ggf. in welcher Höhe Leistungen aus dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen zu erwarten waren bzw. sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache. Eine Entscheidung über die Kosten der Revision hat der Senat versehentlich nicht getroffen. Dies kann im Wege der Urteilsergänzung (§ 140 SGG) nachgeholt werden, wenn es von einem der Beteiligten beantragt wird.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Der Kläger ist im September 2006 in H. geboren und besitzt wie sein Vater die deutsche Staatsangehörigkeit. Seine Mutter ist B ... Nach der Trennung seiner Eltern im Jahr 2007 zog die Mutter des Klägers mit ihm zusammen nach P. in B ... In der Folge wurde die Ehe geschieden, der Mutter des Klägers wurde das alleinige Sorgerecht zugesprochen.
Mit Schreiben vom 13. Januar 2010, bei der Beklagten eingegangen am 25. Januar 2010, beantragte der Kläger unter Hinweis auf seine deutsche Staatsangehörigkeit die Gewährung von Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Seine Mutter schilderte in diesem Zusammenhang ausführlich ihre persönliche und wirtschaftliche Situation und eine aus ihrer Sicht fehlende Unterstützung sowohl von b. als auch von deutscher Behördenseite. Die Kosten für die von ihr und dem Kläger bewohnte Wohnung betrügen monatlich 300,- Lew (BGN) für Miete, 40,- BGN für Heizung, 60,- BGN für Strom, 20,- BGN für Wasser und 30,- BGN für sonstige Nebenkosten, was bei einem gesetzlich festgelegten Wechselkurs von 1 zu 0,51129 insgesamt 230,08 Euro entspricht. Für Lebensmittel fielen monatlich 360,- BGN (= 184,06 Euro) an, ferner seien im Schnitt monatlich 50 BGN (= 25,56 Euro) für Kleidung für den Kläger aufzuwenden. Sie erhalte keinerlei soziale Leistungen in B ... Eine Rückkehr nach Deutschland würde sie – die Mutter wie auch den Kläger – dem Risiko der Obdachlosigkeit und der Mittellosigkeit aussetzen. Mit Bescheid vom 16. Februar 2010 lehnte die Beklagte eine Leistungsgewährung ab und verwies zur Begründung auf § 24 Abs. 1 SGB XII, wonach Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland grundsätzlich keine Leistungen der Sozialhilfe erhielten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz könne nicht gemacht werden. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2010 zurückgewiesen wurde. Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII könnten abweichend von der Regelung, dass Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland keine Leistungen der Sozialhilfe erhalten, ausnahmsweise Leistungen ins Ausland nur dann gewährt werden, wenn dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar und zugleich nachgewiesen sei, dass eine Rückkehr ins Inland aus den in den Nr. 1 bis 3 der gesetzlichen Regelung näher aufgeführten Gründen nicht möglich erscheine. Einschlägig könne nur die Nr. 1 sein, wonach ausnahmsweise eine Leistungsgewährung ins Ausland bei Pflege und Erziehung eines Kindes in Betracht komme, welches aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse. Dieser Ausnahmetatbestand betreffe aber nur deutsche Elternteile und erfasse nicht – wie hier geltend gemacht – einen Anspruch des Kindes selbst.
Hiergegen hat der Kläger am 15. Juli 2010 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben, die das Sozialgericht nach Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 11. April 2013 abgewiesen hat. Zur Begründung hat es auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Das Gericht teile die Auffassung der Beklagten, dass ausgehend von dem in § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII normierten Grundsatz, dass Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Sozialhilfe nach dem SGB XII erhalten, eine ausnahmsweise Leistungsgewährung im Einzelfall zur Abwendung einer außergewöhnlichen Notlage zwar möglich sei, wenn Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben müsse, eine Rückkehr unmöglich machten, dieser in § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII normierte Ausnahmetatbestand aber nur Fallgestaltungen erfasse, in denen ein deutsches Elternteil nicht zurückkehren könne. Ein deutsches Kind, dass wie der Kläger bei einem nichtdeutschen Elternteil im Ausland lebe, werde von dem Wortlaut der Regelung nicht erfasst. Selbst wenn man eine analoge Anwendung erwägen würde, wenn eine Rückkehr des nichtdeutschen Elternteils nach Deutschland nicht in Betracht komme und eine Rückkehr allein des Kindes dem Sorgerecht des Elternteils widerspräche, komme man hier zu keinem anderen Ergebnis. Es seien nämlich keine rechtlichen Gründe erkennbar, warum die Mutter des Klägers nicht nach Deutschland wiedereinreisen könnte. Sie sei ebenso wie der Kläger jederzeit zur Einreise nach Deutschland befugt und könne gegebenenfalls hier staatliche Unterstützung beantragen.
Die gegen diesen Gerichtsbescheid erhobene Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 28. Januar 2015 zurückgewiesen (L 4 SO 16/14). Es hat dabei die Argumentation des Sozialgerichts aufgegriffen und weiter ausgeführt, es fehle vor allem auch an dem Merkmal der außergewöhnlichen Notlage. Nach den Darlegungen des Klägers sei sein Lebensunterhalt einschließlich der Wohnung aus den Mitteln gedeckt, die ihm aus Unterhaltszahlungen und Kindergeld zufließen. Es gehe daher von vornherein lediglich um darüberhinausgehende Bedarfe, wobei zweifelhaft erscheine, ob das eine außergewöhnliche Notlage überhaupt begründen könne. Hier komme entscheidend hinzu, dass insoweit offenbar die Großeltern einsprängen bzw. die Mutter des Klägers den Bedarf mit geliehenem Geld decke. Es sei weder dargelegt noch ersichtlich, dass substantieller ungedeckter Bedarf verbleibe.
Auf die mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 24. Februar 2016 zugelassene Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 26. Oktober 2017 das Urteil des Landessozialgerichts vom 28. Januar 2015 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat das Bundessozialgericht ausgeführt, nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII stünden Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland zwar im Ermessen des Sozialhilfeträgers, doch seien bei Vorliegen der sehr restriktiven Tatbestandsvoraussetzungen keine Erwägungen denkbar, die gleichwohl einen Leistungsausschluss rechtfertigen könnten. Insofern bestünde ein Ermessen lediglich hinsichtlich des "Wie" der Leistungserbringung, nicht aber hinsichtlich des "Ob". Der angegriffene Bescheid sei formell rechtmäßig. Die materielle Rechtmäßigkeit könne auf der Grundlage der Feststellungen des Landessozialgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Die Voraussetzungen des Hinderungsgrundes nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII lägen vor. Dieser Tatbestand sei dahin auszulegen, dass einem im Ausland mit den Eltern oder dem sorgeberechtigten Elternteil lebenden deutschen Kind bei Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage Sozialhilfe zu gewähren sei, wenn es wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Eltern und damit wegen seiner eigenen Pflege und Erziehung im Ausland (rechtlich) an einer Rückkehr gehindert sei. Es komme nicht darauf an, ob den Eltern die Möglichkeit bestehe, nach Deutschland zurückzukehren. Das Verhalten bzw. der fehlende Rückkehrwille der Eltern könne den Kindern nicht zugerechnet werden.
Die Feststellungen des Landessozialgerichts genügten aber nicht, um beurteilen zu können, ob vorliegend die Gewährung von Sozialhilfe wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar sei. Eine außergewöhnliche Notlage setze eine konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter voraus. Dazu gehöre auch die Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung. Daher liege eine außergewöhnliche Notlage vor, wenn einem im Aufenthaltsland schulpflichtigen Deutschen die Mittel fehlten, die zur Sicherstellung seiner Teilhabe an einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung unbedingt erforderlich sind. Welche Schulbildung angemessen sei, richte sich gem. § 24 Abs. 3 SGB XII nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland. Der vom Kläger geltend gemachte Besuch der Nationalmusikschule in P. stelle deshalb nur dann eine angemessene Schulbildung dar, wenn es sich bei dieser Schule um eine öffentliche Schulde handele, durch deren Besuch der Kläger seine Schulpflicht in B. erfülle und keine kostenfreie öffentliche Schule als Alternative zur Verfügung stehe. Hierzu müsse das Landessozialgericht Feststellungen treffen. Ferner seien weitere tatsächliche Feststellungen zur Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen notwendig. Unabweisbar sei die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe im Ausland, wenn die Leistung nach Art und Umfang das einzige geeignete Mittel wäre, um die unmittelbare und konkrete Gefahr für das existentielle Rechtsgut abzuwenden. Dies setze voraus, dass eine Situation bestehe, die insbesondere den Verweis auf Dritte zur Deckung der Kosten ausgeschlossen erscheinen lasse. Nicht unabweisbar seien Leistungen, soweit der Deutsche im Ausland über bereite Mittel in Form von Einkommen und Vermögen verfüge, durch deren Einsatz er sich selbst helfen könne, oder tatsächliche Hilfe von Dritten erhalte. Der Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen stünde im Fall des Klägers aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nicht entgegen, dass die Mutter des Klägers die nach Antragstellung im Januar 2010 angefallenen Kosten zur Deckung existenzieller Bedarfe ggf. durch die Aufnahme von Darlehen begleichen konnte. Das Landessozialgericht habe im Rahmen seiner weiteren Ermittlungen daher insbesondere weiter aufzuklären, ob und in welcher Höhe weitere Bedarfe des Klägers zur Sicherung seines soziokulturellen Existenzminimums bestanden hätten und ob sie mittels Einkommen oder Vermögen des Klägers bzw. anderer bereiter Mittel (freiwillige Zuwendungen der Großeltern, von der Mutter vor Antragstellung aufgenommene Darlehen) oder aber im Vorgriff auf die zu erwartende Sozialhilfe durch die Großeltern bzw. durch die Mutter mit nach Antragstellung geliehenem Geld gedeckt worden seien. Sei die Gewährung von Sozialhilfeleistungen wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar, so habe das Landessozialgericht schließlich auch zu prüfen, ob der Leistungsausschluss des § 24 Abs. 2 Alt. 3 SGB XII eingreife. Hierzu sei "als hypothetische Tatsache" eine Prognose zu treffen, ob und in welcher Höhe Leistungen von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen zu erwarten seien.
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat der Senat den Kläger mit Schreiben vom 27. August 2018 aufgefordert, die Schulsituation in P. darzulegen, insbesondere auch zur Kostenfreiheit staatlicher Schulen, sowie vorzutragen, welche Bedarfe des soziokulturellen Existenzminimums ungedeckt seien. Außerdem ist der Kläger mit Schreiben vom 15. April 2020 gebeten worden, darzulegen, ob die bisher geltend gemachten Kosten für den alltäglichen Lebensunterhalt mit monatlich 360 BGN (184,06 Euro) die Kosten allein für den Kläger oder für die gesamte Familie (d.h. Kläger und Mutter) umfassten. Er ist außerdem um näheren Vortrag zum Einkommen aus Unterhalt, Kindergeld, Erwerbstätigkeit der Mutter sowie ggf. Sozialhilfeleistungen aus B. gebeten worden.
Hierauf hat der Kläger mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Februar 2020 und 12. Mai 2020, dem eine ausführliche schriftliche Äußerung der Mutter des Klägers beigefügt war, geantwortet. Er hat vorgetragen, die vorgetragenen Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt in Höhe von 360 BGN (184,06 Euro) bezögen sich auf die gesamte Familie. Dabei handele es sich allein um die Kosten für Nahrungsmittel. Rechne man weitere alltägliche Kosten für Hygiene, Haustiere, kleinere Freizeitaktivitäten hinzu, käme man auf 228,27 Euro monatlich. Ab Herbst 2019 seien die Kosten für Lebensmittel angestiegen, sodass seitdem die Kosten für Nahrungsmittel monatlich zwischen 410 und 420 BGN (209,63 und 214,74 Euro) betragen würden.
Die Mittel zur Sicherstellung der Teilhabe des Klägers habe dieser bzw. seine Mutter nicht selbst aufbringen können. Bei Antragstellung im Januar 2010 sei der Kläger dreieinhalb Jahre alt gewesen. Die Mutter habe trotz intensiver Arbeitssuche erst Anfang 2012 eine Arbeitsstelle finden können, diese allerdings in S., nicht im Wohnort P ... Da ein tägliches Pendeln aufgrund der Entfernung nicht möglich gewesen sei, sei ein Umzug erforderlich gewesen. Das Preisniveau in S. sei wesentlich höher als in P., auch seien in S. nur Plätze in privaten, teuren Kindertagesstätten zu bekommen gewesen. Das Gehalt der Mutter habe nicht gereicht, um alle Kosten in S. zu decken, weshalb die Mutter in Verschuldung versunken sei. Sie habe daher nach nur drei Monaten auf ihre Erwerbstätigkeit verzichten und nach P. zurückkehren müssen. Wäre dem Sozialhilfeantrag des Klägers stattgegeben worden, hätte die Mutter ihre Vollzeittätigkeit in S. behalten und den Umzug bewerkstelligen können. In P. habe die Mutter keine Vollzeitstelle finden können, sie sei zunächst arbeitslos gewesen. Erst 2014 habe sie für wenige Monate eine befristete Vertretungsstelle in Teilzeit als Dozentin erhalten.
Nach aktueller Rechtslage bestehe in B. eine Schul- und Vorschulpflicht. Im Falle des Klägers habe die Vorschulpflicht das Schuljahr 2012/2013 umfasst. Von September 2012 bis September 2013 habe er eine öffentliche, staatlich geförderte Vorschule besucht, an der – abgesehen von einer einmaligen Anmeldegebühr in Höhe von 32 BGN (16,36 Euro) – keine Gebühren entstanden seien. Im Anschluss daran habe er vier Jahre lang die öffentliche, staatlich geförderte Nationalmusikschule in P. besucht. Für diese seien Schulgebühren formal zwar nicht erhoben worden, es habe dennoch von den Eltern zu tragende Zusatzkosten gegeben. Zusatzkosten seien zunächst entstanden für die tägliche Verpflegung (Schulmahlzeiten), für zwei Exkursionen pro Schuljahr und für die Teilnahme an Schulfesten. Diese Kosten hätten im Schnitt ca. 40 Euro pro Schulhalbjahr, mithin 80 Euro jährlich betragen. Hinzu seien jährliche Anmeldegebühren für die Einschreibung in das nächste Schuljahr in Höhe von jeweils 12,50 Euro gekommen. Ferner habe einmal pro Schuljahr eine neue Geige/Bratsche für ca. 120,- Euro gekauft werden müssen. Dies sei Voraussetzung für den Besuch der Schule gewesen. Hinzu seien diverse weitere Anschaffungen für den Geigen-/Bratschenunterricht gekommen, z.B. ein Metronom, Stimmgeräte, sonstiges Zubehör, Noten und CDs. Einmal seien Übungsbücher und CDs in B. nicht erhältlich gewesen und hätten aus Großbritannien angefordert werden müssen. Dies habe 62,- Euro gekostet. Kosten seien ferner für den Besuch von Pflichtveranstaltungen wie Konzerten, Opern u.ä. entstanden. Die wesentlichen Kostenpositionen im Sinne des vom Bundessozialgerichts verwendeten Begriffs "erforderliche Mittel" seien die Beschaffungspreise für Geigen/Bratschen in Schulgrößen.
Ab der 5. Klasse seien die Anschaffungspreise für Geigen/Bratschen deutlich gestiegen, da nach den Vorgaben der Schule nunmehr Instrumente höherer Qualität anzuschaffen gewesen wären, die ca. 3.000,- Euro kosteten. Die Mutter des Klägers sei nicht in der Lage gewesen, diese Kosten zu tragen, weshalb der Kläger aus der Nationalmusikschule ausgeschlossen worden sei. Er sei dann an einer üblichen, öffentlichen Schule ohne besondere Spezialisierung angemeldet worden. An dieser Schule gebe es keine pflichtigen Zusatzkosten. Kosten entstünden allerdings für die Anschaffung von Arbeitsheften und Übungsbüchern, die von den Eltern zu bezahlen seien. Hierfür seien etwa 30 bis 40 Euro pro Schuljahr zu zahlen. Quittungen habe die Mutter des Klägers erst ab 2018 aufbewahrt. Damit der Kläger seine Gabe in Musik weiter habe entwickeln können, seien nun Mittel für Privatmusikunterricht erforderlich geworden. Hierfür habe der Kläger jährlich ca. 414,- Euro bezahlen müssen. Ferner seien pro Jahr ca. 28,- Euro für neue Saiten angefallen, weiter seien jährlich 1 bis 2 Bögen gekauft worden. Mit vorgelegt wurde eine Quittung, auf der der Preis für einen Bogen mit 20,- BGN (10,23 Euro) angegeben wurde. Seit Februar 2020 nehme der Kläger allerdings nicht mehr am Musikunterricht teil – zunächst wegen des Todes seines Großvaters und der Trauerzeit, anschließend wegen der Schließung der Musikschule infolge der Covid19-Pandemie. Es sei davon auszugehen, dass die Musikschule im September 2020 wieder öffnen werde. Der Kläger führt weiter aus, er spiele derzeit eine Geige in Erwachsenengröße. Diese sei – da er eigentlich Bratsche spiele – mit Bratschen-Saiten bezogen worden. Dies sei aber nur eine Kompromisslösung, die nicht auf Dauer gelten könne. Daher sei bei der Prüfung von Leistungsansprüchen mit zu berücksichtigen, dass künftig eine Bratsche angeschafft werden müsse.
Der Kläger habe außerdem seit März 2012 eine Tennisschule besucht. Diese habe zunächst den Kindergartenplatz ersetzt und sei bis zum zweiten Halbjahr der 3. Klasse fortgeführt worden. Hierfür seien monatlich 30,- bis 45,- Euro angefallen seien, bzw. ca. 500,- Euro jährlich. Diesbezüglich sind für einzelne Monate Rechnungen für Tennisstunden eingereicht worden, daneben eine Rechnung für einen Tennisschläger. Da der Kläger keinen Kindergartenplatz gehabt habe, sei die Sportschule die einzige Alternative für ein kindgerechtes Sozialleben mit anderen Kindern gewesen. Die hierfür entstandenen Kosten seien daher erforderlich im Sinne des Urteils des Bundessozialgerichts gewesen.
Außerdem leide der Kläger an Heuschnupfen, gegen den nur regelmäßiges Schwimmen helfe. Er gehe daher ein- bis dreimal wöchentlich schwimmen, was jeweils 4,- Euro koste. Seit Januar 2020 sei er allerdings nicht mehr schwimmen gewesen. Ferner sei er ein halbes Jahr lang zur Tanzschule gegangen, was seine Ausbildung an der Nationalmusikschule und seine Sportaktivitäten sehr gut ergänzt habe. Die Gebühr hierfür habe monatlich 15,- Euro betragen.
Die vom Kläger geschilderten Bedarfe entsprächen den Verhältnissen in B ... Die Nationalmusikschule sei eine staatliche allgemeinbildende Schule. Von anderen öffentlichen Schulen in B. unterscheide sie sich lediglich durch den intensiven Musikunterricht, der an ihr kostenfrei erteilt werde. Eine andere, kostenfreie öffentliche Schule habe dem Kläger für die Klassenstufen 1 bis 4 als zumutbare Alternative nicht zur Verfügung gestanden, da die Nationalmusikschule die einzige Musikschule in P. sei. Öffentliche Musikschulen wie in Deutschland gebe es in B. nicht. Nachdem der Kläger die Nationalmusikschule habe verlassen müssen (weil er sich keine hochwertige Bratsche habe kaufen können), müsse er seine Musikausbildung an einer Volksschule fortsetzen. Hierfür seien Gebühren zu zahlen. Der Kläger hat eingereicht eine Bescheinigung der Nationalmusikschule P., in der diese ihren Ansatz und ihre Besonderheiten näher erläutert
Die Mutter des Klägers hat eine tabellarische Übersicht über die erhaltenen Kindergeld- und Unterhaltszahlungen vorgelegt, für die Einzelheiten wird auf diese Übersicht (Bl. 418 ff. der Prozessakte) Bezug genommen. Weiter trägt der Kläger vor, seit dem Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht habe sich seine Situation auch insoweit geändert, als dass seine Großeltern nicht mehr einspringen könnten, um Mehrbedarfe zu decken. Die Großeltern seien inzwischen beide Rentner mit niedrigen Renten. Zudem hätten sie höhere eigene Kosten infolge von Gesundheitsproblemen.
Die Mutter des Klägers habe nach dem Zuzug nach B. in 2007 alle b. Familien- und Sozialleistungen beantragt. Diese seien ihr aber verweigert worden, zunächst mit der Begründung, sie sei noch verheiratet und ihr Ehemann habe ein zu hohes Einkommen; später dann aufgrund der Annahme, ihr Ex-Ehemann müsse Unterhalt für sie und ihr Kind zahlen. Sie sei gerichtlich gegen die b. Behörden vorgegangen, habe jedoch keinen Erfolg gehabt. Arbeitslosengeld habe sie nicht bezogen, da ihre Vollzeitbeschäftigung in S. weniger als 9 Monate gedauert habe und sie damit die Voraussetzungen für einen Arbeitslosengeldanspruch nicht erfüllt habe. Sozialhilfe im deutschen Sinne des Begriffs gebe es in B. nicht. Es gebe die Möglichkeit, einen kleinen Zuschuss (maximale Höhe derzeit 75 BGN = ca. 38,50 Euro) zu bekommen, Voraussetzung dafür sei aber, dass das sog. garantierte Mindesteinkommen unterschritten sei. Das garantierte Mindesteinkommen betrage zurzeit 75 BGN, d.h. ca. 38,50 Euro. Diese Grenze überschritten der Kläger und seine Mutter schon allein aufgrund des Kindesunterhalts. Im Endeffekt hätten sie als Sozialleistung in B. nur die Kinderzulage in Höhe von aktuell 20,45 Euro bekommen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. April 2013 und den Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit ab Januar 2010 Sozialhilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat mitgeteilt, sie sei weiter der Ansicht, die Mittel für die Finanzierung des Besuchs der Nationalmusikschule seien kein unabweisbarer Bedarf im sozialhilferechtlichen Sinne. Der Kläger besuche seit seinem Ausschluss von der Musikschule eine übliche, öffentliche Schule. Dies sei auch eine zumutbare Alternative. Die musikalischen Interessen seien nicht Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums, welches sich auf ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben erstrecke. Dieses Mindestmaß sei an einer regulären Schule gewährleistet. Seiner musikalischen Neigung könne der Kläger in seiner Freizeit nachgehen, dies stelle aber keinen unabweisbaren Bedarf im sozialrechtlichen Sinne dar. Auch nach dem Vortrag des Klägers sei daher keine außergewöhnliche Notlage gegeben, die die Gewährung von Sozialhilfe unabweisbar mache.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem zurückverweisenden Urteil vom 26. Oktober 2017 hat das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 16. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Juni 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der angegriffene Bescheid ist nicht nur formell, sondern auch materiell rechtmäßig, der Kläger hat nämlich keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland für die Zeit ab Januar 2010. Leistungen an Deutsche im Ausland sind in § 24 SGB XII geregelt. Nach dieser Vorschrift erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, grundsätzlich keine Leistungen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Hiervon kann nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus einem der dort näher benannten Gründe nicht möglich ist. Gemäß § 24 Abs. 2 SGB XII werden Leistungen dennoch nicht erbracht, soweit sie von dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen erbracht werden oder zu erwarten sind. Nach § 24 Abs. 3 SGB XII richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem zurückverweisenden Urteil vom 26. Oktober 2017 ist der Kläger zwar wegen des gewöhnlichen Aufenthalts seiner sorgeberechtigten Mutter in B. rechtlich an einer Rückkehr nach Deutschland gehindert. Es fehlt jedoch an einer außergewöhnlichen Notlage, die die Gewährung von Sozialhilfe unabweisbar macht.
Eine außergewöhnliche Notlage setzt die konkrete und unmittelbare Gefahr einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung existentieller Rechtsgüter voraus. Zu den existenziellen Rechtsgütern gehört neben der physischen Existenz auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben. Nach den bindenden Ausführungen des Bundessozialgerichts in seinem Urteil vom 26. Oktober 2017 wird dieses Mindestmaß bei schulpflichtigen Kindern vor allem durch Teilhabe an einer angemessenen Schulbildung geleistet. Eine außergewöhnliche Notlage ist daher u.a. dann anzunehmen, wenn einen im Aufenthaltsland schulpflichtigen Deutschen die Mittel fehlen, die zur Sicherstellung seiner Teilhabe an einer nach den dortigen Verhältnissen angemessenen Schulbildung unbedingt erforderlich sind. Unabweisbar ist die Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe im Ausland dann, wenn die Leistung nach Art und Umfang das einzige Mittel ist, um die außergewöhnliche Notlage zu beseitigen. Unabweisbarkeit ist hingegen nicht gegeben, wenn der Betroffene über Einkommen oder Vermögen verfügt, durch deren Einsatz er sich selbst helfen kann, oder er tatsächlich Hilfe von Dritten erhält.
Im Fall des Klägers bestand im streitgegenständlichen Zeitpunkt seit Januar 2010 bis aktuell zu keinem Zeitpunkt eine außergewöhnliche Notlage im oben genannten Sinn, die nur durch die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zu beseitigen gewesen wäre. Denn der Kläger verfügte und verfügt über ausreichend eigenes Einkommen, um nicht nur seine physische Existenz, sondern auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen. Auf die Sicherstellung der Teilhabe speziell an einer angemessenen Schulbildung kommt es dabei erst für die Zeit ab September 2012 an. Denn nach dem Vortrag des Klägers, an dem zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat, bestand für ihn (erst) im Schuljahr 2012/2013 Vorschulpflicht, ab dem Schuljahr 2013/2014 dann Schulpflicht. Die Schulpflicht in B. dauert nach den Angaben der Europäischen Union bis zum 16. Lebensjahr (im Internet unter https://ec.europa.eu/eures/main.jsp?catId=8790&acro=living&lang=de&parentId=7803&coun tryId=BG&living=; zuletzt abgerufen am 12. August 2020), hier also jedenfalls bis zum September 2022.
Seinem eigenen Vorbringen nach – an dem zu zweifeln der Senat keinen Anlass hat – hatte der Kläger bei Antragstellung im Januar 2010 einen Bedarf für Unterkunft, Heizung, Strom, Wasser, Lebensmittel, Hygiene- und ähnliche Bedarfe sowie Kleidung in Höhe von insgesamt 254,74 Euro. Dieser Betrag ergibt sich aus folgender Berechnung: Nach den Angaben des Klägers fielen für Unterkunft inklusive Heizung, Strom und Wasser insgesamt 230,08 Euro monatlich an. Da der Kläger die Wohnung gemeinsam mit seiner nicht leistungsberechtigten Mutter bewohnt, ist hiervon lediglich die Hälfte zu berücksichtigen, also 115,04 Euro. Kosten für Lebensmittel sowie für sonstige Bedarfe des Lebensunterhalts (insbesondere Hygiene, Haustiere, kleinere Unternehmungen) werden in Höhe von monatlich 228,27 Euro für die Familie insgesamt geltend gemacht. Auch hiervon ist – mangels genauerer Aufschlüsselung der Verteilung dieser Kosten zwischen dem Kläger und seiner Mutter – die Hälfte, mithin 114,14 Euro dem Kläger zuzurechnen. Ferner ist vorgetragen worden, dass speziell für den Kläger ein Bedarf an Kleidung in Höhe von 25,56 Euro monatlich anfiele.
Im Zeitverlauf sind folgende Änderungen des Bedarfs vorgetragen worden bzw. aus den eingereichten Unterlagen erkennbar: Zum Januar 2011 stieg die Nettokaltmiete der Wohnung um umgerechnet 25,56 Euro. Zum Januar 2014 sind (in der Erklärung zum Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren) die Kosten für die Unterkunft mit insgesamt 266,73 Euro monatlich angegeben, zum April 2018 (in der Erklärung zum erneuten Antrag auf Prozesskostenhilfe) mit 266,- Euro. Für die Zeit ab Herbst 2019 hat der Kläger einen Anstieg der Lebensmittelpreise in B. vorgetragen, weshalb der diesbezügliche Bedarf der Familie um bis zu 30,68 Euro (bei Zugrundelegung des höchsten für Lebensmittel genannten Betrag von nunmehr 214,74 Euro gegenüber dem vorherigen Betrag von 184,06 Euro) gestiegen sei.
Insgesamt ist daher im Zeitverlauf von folgendem monatlichen Bedarf des Klägers für den allgemeinen Lebensunterhalt inklusive Wohnung, aber ohne Teilhabekosten, auszugehen: Januar 2010 – Dezember 2010 254,74 Euro Januar 2011 – Dezember 2013 267,52 Euro Januar 2014 – März 2018 273,06 Euro April 2018 – September 2019 272,70 Euro ab Oktober 2019 288,04 Euro
Diesen Bedarf konnte der Kläger aus den Zahlungen für Kindergeld und Unterhalt decken.
Aus den von der Mutter des Klägers erstellten Tabellen ergibt sich, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum Kindergeld in folgender Höhe gezahlt wurde: Januar 2010 – April 2010 184,- Euro Mai 2010 – März 2012 166,- Euro April 2012 – Dezember 2012 184,- Euro
Ab dem Jahr 2013 hat die Familienkassen laut den Angaben der Mutter des Klägers laufend Kindergeld in gesetzlicher Höhe gezahlt, das bedeutet: Januar 2013 – Dezember 2014 184,- Euro Januar 2015 – Dezember 2015 188,- Euro Januar 2016 – Dezember 2016 190,- Euro Januar 2017 – Dezember 2017 192,- Euro Januar 2018 – Dezember 2018 194,- Euro seit Januar 2019 204,- Euro
Dass nach den Angaben des Klägers das Kindergeld für die Monate Januar bis April 2010 erst im November 2011 und das Kindergeld für die Monate Mai 2010 bis Januar 2011 erst im Februar 2011 nachgezahlt wurde, steht nach Auffassung des Senats einer Berücksichtigung der nachgezahlten Beträge nicht entgegen. Der Grundsatz, dass als Einkommen nur das angerechnet werden darf, was im Bedarfszeitraum tatsächlich als bereites Mittel zur Verfügung steht, steht dem nicht entgegen. Denn es geht hier ohnehin nicht um die Deckung eines aktuellen Bedarfs, für den nur die aktuell vorhandenen Mittel zur Verfügung stehen und daher auch nur diese berücksichtigt werden können, sondern um eine rückwirkende Betrachtung. Dann aber kann nicht außer Acht bleiben, dass für die Monate Januar 2010 bis Januar 2011 Einkommen in Form von Kindergeld geflossen ist – wenn auch im Wege einer Nachzahlung. Soweit in dem genannten Zeitraum infolge der nicht zeitnah erfolgten Auszahlung des Kindergeldes eine außergewöhnliche Notlage bestand, ist diese Notlage durch die Nachzahlung des Kindergeldes bereits ausgeglichen und ihr damit Rechnung getragen worden, eine zusätzliche nachträgliche Gewährung von Sozialhilfe ist insoweit nicht erforderlich bzw. nicht unabweisbar im Sinne des § 24 SGB XII. Nur so kann zudem der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 SGB XII) gewahrt werden. Kindergeld dient der Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes (vgl. § 1612b BGB, wonach Kindergeld unterhaltsrechtlich zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.9.2011 – 5 WF 3/11 –, Rn. 13, juris) – wenn und soweit durch eine Nachzahlung von Kindergeld der Lebensunterhalt in den Monaten, für die die Nachzahlung erbracht wird, gedeckt werden kann, so ist daneben eine Nachzahlung von Sozialhilfe für diese Monate nicht geboten. Eine andere Betrachtung ist auch nicht aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes erforderlich. Im Unterschied zu den Unterstützungsleistungen der Großeltern bzw. der Darlehensaufnahme der Mutter (vgl. dazu, dass diese der Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen nicht entgegenstehen, das zurückverweisende Urteil des Bundessozialgerichts, aaO, Rn. 18) erfolgte die Kindergeldgewährung nicht gerade wegen der Ablehnung von Sozialhilfeleistungen, sondern weil die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs erfüllt waren.
Neben dem Kindergeld stand auch der vom Vater des Klägers geleistete Kindesunterhalt zur Bedarfsdeckung zur Verfügung. Aus der von der Mutter des Klägers erstellten Übersicht ergibt sich, dass im streitgegenständlichen Zeitraum mit Ausnahme der Monate Juli und September 2011 jeden Monat Unterhalt gezahlt wurde. Von Januar 2010 bis Januar 2012 betrug der Unterhalt monatlich 199,- Euro, ab Februar 2012 wurde er in wechselnder monatlicher Höhe von zunächst mindestens 199,- Euro bis zu 350,- Euro gezahlt, ab Oktober 2018 in Höhe von 417,- Euro und mehr. Bildet man anhand der Angaben in der erwähnten Übersicht zu Vereinfachungszwecken für jedes Jahr einen monatlichen Durchschnittsbetrag, so ist von folgenden Unterhaltsleistungen auszugehen: 2010: 199,00 Euro 2011: 165,83 Euro 2012: 304,92 Euro 2013: 276,50 Euro 2014: 279,67 Euro 2015: 286,83 Euro 2016: 293,67 Euro 2017: 300,67 Euro 2018: 344,58 Euro 2019: 433,67 Euro 2020: 445,00 Euro
Insgesamt ergibt sich daher folgende zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehende Mittel: Januar 2010 – April 2010 383,00 Euro Mai 2010 – Dezember 2010 365,00 Euro 2011 331,83 Euro Januar 2012 – März 2012 470,92 Euro April 2012 – Dezember 2012 488,92 Euro 2013 460,50 Euro 2014 463,67 Euro 2015 474,83 Euro 2016 483,67 Euro 2017 492,67 Euro 2018 538,58 Euro 2019 637,67 Euro 2020 649,00 Euro
Bei einer Gegenüberstellung dieser Mittel mit den oben dargestellten Bedarfen des Klägers für seinen Lebensunterhalt inklusive der Aufwendungen für die Unterkunft ergibt sich, dass der Kläger durchgängig in der Lage war, diese Bedarfe zu decken. Dass der Bedarf in den Monaten Juli und September 2011 wegen Ausbleiben des Unterhalts für sich betrachtet nicht gedeckt werden konnte, steht dem nicht entgegen. Insofern handelt es sich lediglich um punktuelle Unterdeckungen, die innerhalb einer kurzen Zeitspanne aus dem dann wieder vorhandenen Einkommen ausgeglichen werden konnten und die deshalb keine Unabweisbarkeit von Sozialhilfeleistungen zu begründen vermögen (vgl. hierzu Bundessozialgericht, Urteil vom 26.10.2017 – B 8 SO 11/16 R, Rn. 16).
Ferner standen auch nach Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt inklusive der Aufwendungen für Unterkunft hinreichend Mittel zur Verfügung, die für den Teilhabebedarf des Klägers eingesetzt werden und diesen – soweit er sozialhilferechtlich anzuerkennen ist – decken konnten. Im Einzelnen ergibt ein Vergleich der Bedarfe für Lebensunterhalt und Unterkunft mit dem Einkommen aus Unterhalt und Kindergeld folgendes Bild: Bedarf Unterhalt und Kindergeld Rest Januar – April 2010 254,74 383,00 128,26 Mai – Dezember 2010 254,74 365,00 110,26 2011 267,52 331,83 64,31 Januar – März 2012 267,52 470,92 203,40 April – Dezember 2012 267,52 488,92 221,40 2013 267,52 460,50 192,98 2014 273,06 463,67 190,61 2015 273,06 474,83 201,77 2016 273,06 483,67 210,61 2017 273,06 492,67 219,61 Januar – April 2018 273,06 538,58 265,52 April – Dezember 2018 272,70 538,58 265,88 Januar – September 2019 272,70 637,67 364,97 Oktober – Dezember 2019 288,04 637,67 349,63 2020 288,04 649,00 360,96
Insbesondere waren im Schuljahr 2012/2013 ausreichend Mittel vorhanden, um die für den Besuch der Vorschule anfallenden Kosten zu decken. Beziffert worden sind insoweit nur die Kosten für die einmalige Anmeldegebühr in Höhe von umgerechnet 16,36 Euro. Auch weitere Kosten für Arbeitsmaterialien konnten aus den vorhandenen Mitteln gedeckt werden. Ebenso waren in den Schuljahren 2013/2014 bis 2016/2017 ausreichend Mittel vorhanden, um die durch den Besuch der Nationalmusikschule anfallenden Kosten zu decken. Die bezifferten Kosten hierfür beliefen sich auf jährlich ca. 120,- Euro für eine Geige/Bratsche, 80,- Euro für Verpflegung und Exkursionen sowie 12,50 Euro jährlich für die Einschreibegebühr. Daraus ergeben sich monatliche Aufwendungen von 17,71 Euro. Selbst unter Berücksichtigung weiterer, vom Kläger geltend gemachter, aber nicht genau bezifferter Aufwendungen für Zubehör (Saiten u.ä.), Konzertbesuche und Noten konnten diese Kosten unproblematisch aus den im genannten Zeitraum zur Verfügung stehenden Mitteln gedeckt werden. Entsprechendes gilt für die ab dem Schuljahr 2017/2018 anfallenden Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Besuch einer "normalen" öffentlichen Schule, die mit jährlich 40,- Euro für Arbeitsmaterialien beziffert wurden. Selbst die in diesem Zeitraum geltend gemachten Aufwendungen für privaten Musikunterricht in Höhe von 414,- Euro jährlich für Unterrichtsstunden und 48,- Euro für Zubehör (Saiten, Bögen), mithin 38,50 Euro monatlich, konnten gedeckt werden, sodass dahin gestellt bleiben kann, inwieweit es sich hierbei um angemessene Teilhabe handelt.
Ferner war der Kläger auch in der Lage, aus dem Unterhalt und dem Kindergeld zusätzlich zu den oben genannten Aufwendungen für die Schule und den Musikunterricht zumindest in gewissem Umfang sportliche Interessen (Schwimmen, Tanzschule und/oder Tennis) zu finanzieren.
Nicht bzw. nur über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr finanzierbar war insofern nur die Anschaffung einer qualitativ hochwertigen Bratsche, deren Preis mit ca. 3.000,- Euro beziffert wird und die ab dem Schuljahr 2017/2018 für die Weiterführung des Besuchs der Nationalen Musikschule erforderlich gewesen wäre bzw. deren Anschaffung auch unabhängig davon im Rahmen des nunmehr privaten Musikunterrichts des Klägers geltend gemacht wird. Dies kann aber keine Berücksichtigung finden, denn die Unmöglichkeit dieser Anschaffung vermag keine außergewöhnliche Notlage im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB XII zu begründen. Der Besitz eines derart teuren Instruments geht über das Mindestmaß an Teilhabe, dessen Sicherstellung die Sozialhilfeleistungen dienen, erkennbar hinaus und lässt sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt heraus dem soziokulturellen Existenzminimum zuordnen.
Der Kläger kann schließlich nicht mit Erfolg geltend machen, dass aus dem Kindergeld bzw. den Unterhaltszahlungen auch Bedarfe seiner Mutter zu decken waren bzw. faktisch gedeckt wurden. Der Unterhalt wurde und wird rein als Kindesunterhalt an den Kläger als Unterhaltsberechtigten gewährt (vgl. z.B. die Urkunde über Verpflichtung zu Unterhaltsleistungen vom 18.9.2018), nicht als nachehelicher Unterhalt an die Mutter des Klägers. Er dient damit allein der Deckung von Bedarfen des Klägers. Der Anspruch auf Kindergeld steht zwar den Eltern, hier der Mutter des Klägers, zu. Kindergeld wird den Eltern – als Alternative zu einkommenssteuerrechtlichen Kinderfreibeträgen – gewährt zum Ausgleich der allgemeinen Belastungen, die mit dem Unterhalt von Kindern verbunden sind (BVerfGE, Urteil vom 10.11.1998). Kindergeld dient damit der Sicherung des Lebensunterhalts des Kindes (vgl. § 1612b BGB, wonach Kindergeld unterhaltsrechtlich zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden ist; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. September 2011 – 5 WF 3/11 –, juris Rn. 13). Diese Zielrichtung des Kindergelds führt dazu, dass das Kindergeld – jedenfalls soweit es benötigt wird, um den notwendigen Unterhalt des Kindes zu decken, allein diesem zuzurechnen ist. Das kommt auch in der Regelung des § 82 Abs. 1 SGB XII zum Ausdruck, der eine Berücksichtigung des Kindergelds als Einkommen des Kindergeldberechtigten nur insoweit zulässt, wie es nicht zur Deckung des Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird. Unerheblich ist insofern, dass gem. § 82 Abs. 1 Satz 3 SGB XII in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung bei der Bestimmung des Anteils des Kindergelds, der zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Kindes benötigt wird, die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nach § 34 SGB XII nicht mit einzurechnen sind. Unabhängig von der Frage, ob diese Beschränkung der Zurechnung des Kindergelds zum Kindeseinkommen im Rahmen der Prüfung der Unabweisbarkeit von Sozialhilfe gem. § 24 SGB XII überhaupt anzuwenden ist, ist nämlich jedenfalls der gewährte Kindesunterhalt auch auf die Bedarfe nach § 34 SGB XII anzurechnen (vgl. Lücking in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 82 Rn. 49). Soweit der Unterhalt also für Teilhabebedarfe einzusetzen ist, steht er nicht für die Deckung des übrigen Lebensunterhaltes zur Verfügung mit der Folge, dass insoweit dann auf das Kindergeld zurückzugreifen ist, was wiederum eine Berücksichtigung als Einkommen des Kindergeldberechtigten ausschließt.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Mutter des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum so gut wie kein eigenes Einkommen erzielt hat bzw. erzielt und deshalb tatsächlich auch ihr Lebensunterhalt zu weiten Teilen aus dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld finanziert wurde bzw. wird. Dies kann jedoch die normative Zurechnung dieser Mittel zum Kläger nicht außer Kraft setzen. Andernfalls wäre die Folge, dass der Mutter des Klägers, die eindeutig nicht zu den Leistungsberechtigten gehört, faktisch doch Leistungen der Sozialhilfe zu gewähren wären.
Kann der Kläger seine Teilhabebedarfe jedenfalls im Sinne eines Mindestmaßes am gesellschaftlichen Leben bereits aus dem Kindesunterhalt und dem Kindergeld decken, so kommt es nicht darauf an, ob die vorgetragenen Zuwendungen der Großeltern als echte Schenkung oder aber als Darlehen bzw. als Nothilfe einzuordnen sind. Ebenso brauchte – da bereits eine außergewöhnliche Notlage, die die Gewährung von Sozialhilfeleistungen unabweisbar macht, nicht festgestellt werden konnte – nicht mehr aufgeklärt zu werden, ob und ggf. in welcher Höhe Leistungen aus dem hierzu verpflichteten Aufenthaltsland oder von anderen zu erwarten waren bzw. sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache. Eine Entscheidung über die Kosten der Revision hat der Senat versehentlich nicht getroffen. Dies kann im Wege der Urteilsergänzung (§ 140 SGG) nachgeholt werden, wenn es von einem der Beteiligten beantragt wird.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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