L 2 U 8/20

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 37/19
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 U 8/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Entschädigungsleistungen aufgrund eines Unfalls.

Der am xxxxx 1952 geborene Kläger erlitt am 29. Juni 2017 während seiner Tätigkeit auf einer Baustelle einen Unfall, als er von einer Anhöhe aus ca. 2 m rückwärts auf den Rücken fiel. Der Durchgangsarzt Dr. H. diagnostizierte eine Rückenprellung, eine Schädelprellung sowie den Verdacht auf eine Fraktur der Lendenwirbelkörper L 4/5.

Im Notaufnahmeprotokoll des Klinikum F. vom 29. Juni 2017 ist vermerkt, dass nach Durchführung eines CT in der Gesamtbeurteilung eine Impressionsfraktur LWK 5 mit möglicher Hinterkantenbeteiligung, eine fragliche Fraktur auch LWK 4 und insgesamt fortgeschrittene degenerative Wirbelsäulenveränderungen und Kalksalzminderungen vorlägen. Es werde ein MRT zum Ausschluss einer Fraktur empfohlen. Im MRT vom gleichen Tag konnte keine Fraktur im Bereich der Wirbelsäule festgestellt werden. Es lägen polysegmentale Spondylochondrosen sowie Protrusionen/Prolabierungen, eine spinale Engpasssituation in L2/L3 sowie im Segment L4/L5, eine Facettenarthrose und eine Synocialiszyste links in Höhe von L4/S1 vom Facettengelenk ausgehend vor.

Der Radiologe L. von der Radiologischen Abteilung des E.-Klinikum A. stellte nach Durchführung eines MRT am 29. August 2017 bei eingeschränkter Beurteilbarkeit der Aufnahmen eine hochgradige Stenose des Durasackes bzw. des Spinalkanals L2/L3 mit ausgeprägter Kompression der Cauda equina sowie mäßige bis hochgradige Neuroforaminastenosen mit Kompression der Nervenwurzeln und einen Verdacht auf Spondylose im dorsalen Bereich von L5 noch ohne Ventrolisthesis fest. Im Übrigen seien keine größeren intraossären Ödeme im Rahmen frischer Frakturen zu erkennen. Im Nachschaubericht vom 15. September 2017 wies Dr. W. darauf hin, dass nach Auswertung des MRT-Befundes kein sicherer Anhalt für posttraumatische Veränderungen, insbesondere kein Anhalt für stattgehabte Frakturen vorliege. Es bestünden ausgeprägte degenerative Veränderungen mit einer Spinalkanalstenose bei L2/L3. Ab dem 16. September 2017 schrieb Dr. W. den Kläger arbeitsfähig. Am 20. September 2017 stellte sich der Kläger aufgrund von weiterhin bestehenden Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule bei dem Durchgangsarzt Dr. K. vor, der die Arbeitsfähigkeit bestätigte.

Der Dipl.-Med. B. diagnostizierte mit Befundbericht vom 20. November 2017 bei dem Kläger ein Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen, ein Zustand nach Kontusion der Lendenwirbelsäule, ein Impingement beidseits der Sacralgelenke, links mehr als rechts und differentialdiagnostisch eine Omarthrose.

Der beratende Facharzt der Beklagten wies in einer Stellungnahme vom 5. Februar 2018 darauf hin, dass keine gesicherten Traumafolgen an der Lendenwirbelsäule vorlägen. Auch nach Durchsicht der CT- und MRT-Untersuchungen ließen sich keine Traumafolgen feststellen. Es seien nur degenerative Veränderungen erkennbar.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2018 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur bis zum 15. September 2017 bestanden habe. Der Versicherungsfall werde auf Grundlage einer folgenlos ausgeheilten Prellung des Rückens und des Schädels anerkannt. Nach Auswertung und Würdigung der vorliegenden Unterlagen und ausgehend von medizinischen Erfahrungswerten sei eine Rückenprellung spätestens am 15. September 2017 ausgeheilt. Es ergäben sich keine Hinweise auf objektivierbare Befunde, die einen weitergehenden Behandlungsbedarf zu Lasten der Beklagten begründen könnten. Die krankhaften und degenerativen Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule seien die allein rechtlich wesentliche Ursache für die über den 15. September 2017 hinaus bestehenden Beschwerden.

Gegen den Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass allein die degenerativen Veränderungen nicht seine Beschwerden erklärten. Der MRT-Befund vom 4. September 2017 sei nicht ausreichend, um die bestehenden Lendenwirbelbeschwerden als nicht wesentlich unfallbedingt auszuschließen.

Der Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin und Notfallmedizin Dr. K1 führte in seinem Gutachten vom 17. Oktober 2018 aus, dass es durch den Unfall zu einer Verschlimmerung einer vorbestehenden degenerativen Erkrankung gekommen sei. Die Vorschädigungen der Wirbelsäule und der Schultergelenke seien als Vorerkrankungen und nicht als Schadensanlage zu werten. Es sei aber zu keiner strukturellen Veränderung durch den Unfall gekommen. Die Vorschädigungen stünden eindeutig im Vordergrund. Die Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der Unfallfolgen habe bis zum 15. September 2017 bestanden. Der Unfall könne als Ursache für die jetzt noch behandelnden Gesundheitsschäden ausgeschlossen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Januar 2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und bezog sich im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr. K1.

Hiergegen hat der Kläger am 11. Februar 2019 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und trägt vor, dass er bis heute immer noch unter großen Schmerzen leide. Vor dem Arbeitsunfall habe er keine Probleme oder Schmerzen gehabt. Auch sei seine linke Schulter betroffen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. November 2019 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf weitere Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 29. Juni 2017 über den 15. September 2017 hinaus. Ein Anspruch auf weitere Entschädigungsleistungen (§ 26 SGB VII, z. B. Heilbehandlung oder Verletztengeld) bestehe nur dann, wenn behandlungsbedürftige Folgen des Arbeitsunfalls über den 15. September 2017 hinaus vorlägen. Dies sei nicht der Fall. Insbesondere scheitere ein Anspruch daran, dass außer einer Rücken- und Schädelprellung keine weiteren Unfallfolgen hätten festgestellt werden können. Ausschlaggebend für diese Beurteilung sei die MRT-Aufnahmen vom 29. August 2017. Darauf seien etwaige durch das Unfallereignis hervorgerufene strukturelle Verletzungen nicht zu erkennen bzw. auszuschließen gewesen. Insofern seien die Einschätzungen der beratenden Ärztin der Beklagten sowie des Gutachters Dr. K1, dass eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der Rückenprellung lediglich bis zum 15. September 2017 bestanden habe, nachvollziehbar.

Der Kläger hat gegen den ihm am 2. Dezember 2019 zugestellten Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2020 Berufung eingelegt. Er möchte ergänzen, dass am 30. September 2019 ein neuer Arbeitsunfall eingetreten sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß nach Aktenlage, den Bescheid der Beklagten vom 7. Februar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Januar 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund der Folgen seines Arbeitsunfalls vom 29. Juni 2017 Entschädigungsleistungen über den 15. September 2017 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf ihre bisherigen Ausführungen.

Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Dr. W. vom E.klinikum A. hat mitgeteilt, dass der Kläger am 29. Juni 2017 auf einer Baustelle verunfallt sei. Sowohl im CT als auch im MRT hätten keine zusätzlichen posttraumatischen Veränderungen nachgewiesen werden können. Die weitere Behandlung sei danach zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt. Die Allgemeinmedizinerin Höfer hat berichtet, dass der Kläger sei dem 20. Februar 2012 in ihrer Behandlung sei und jedes Mal über Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und den Schultern klage.

Mit Übertragungsbeschluss vom 25. November 2011 hat der Senat der Berichterstatterin, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet, das Verfahren nach § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Sitzungsniederschrift vom 14. Oktober 2020 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im Termin vom 14. Oktober 2020 auch in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass auch in seiner Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann.

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 15. September 2017 hinaus. Der Senat nimmt zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Kläger hat weder Anspruch auf weitere Heilbehandlung (§ 26 SGB VII), Verletztengeld (§ 45 SGB VII) oder eine Verletztenrente (§ 56 SGB VII). Denn alle diese Ansprüche setzen voraus, dass der Kläger über den 15. September 2017 hinaus Unfallfolgen gehabt haben müsste, die kausal auf dem Unfall beruhten. Der Kläger hat durch den Unfall eine Schädel- und Rückenprellung erlitten. Weitere strukturelle Schäden konnten ausgeschlossen werden. Bereits am Tag des Unfalls wurden im Klinikum F. ein MRT und ein CT durchgeführt. Mit dem MRT konnten letztlich keine Frakturen im Bereich der Wirbelsäule festgestellt werden, vielmehr zeigten sich sowohl im CT als auch MRT degenerative Wirbelsäulenveränderungen. Auch der Radiologe L. kam nach Auswertung des MRT-Befundes vom 29. August 2017 zu dem Ergebnis, dass kein sicherer Anhalt für posttraumatische Veränderungen bestehe, insbesondere kein Anhalt für stattgehabte Frakturen. Auch er konnte ausgeprägte degenerative Veränderungen feststellen. Dieser Auffassung schloss sich auch der behandelnde Arzt des Klägers, Dr. W. vom E.klinikum A., an und teilte mit, dass keine zusätzlichen posttraumatischen Veränderungen im MRT und CT hätten nachgewiesen werden können. Ebenso stellte der Gutachter Dr. K1 fest, dass es durch den Unfall des Klägers nicht zu strukturellen Veränderungen gekommen sei. Die Vorschädigungen durch die degenerativen Erkrankungen stünden eindeutig im Vordergrund.

Die Schädel- und Rückenprellung waren spätestens bis zum 15. September 2017 verheilt. Darüber hinaus lagen keine Unfallfolgen mehr vor, die Entschädigungsleistungen aus der Unfallversicherung begründen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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