Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 5 Ar 234/98
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 162/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 17.10.2000 – A 5 Ar 234/98 – wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Überbrückungsgeld (Übbg). Vorrangig geht es um die Frage, ob der Kläger eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hat.
Die Beigeladene handelt mit Motorradhelmen und sonstigem Motorradzubehör. Im Bundesgebiet unterhält sie mehrere von ihr angemietete Geschäftslokale, die von als Handelsvertreter bezeichneten Personen betrieben werden. Der Kläger eröffnete am 01.11.1997 ebenfalls ein sog. G in K. Das Ladengeschäft war montags bis freitags von 9.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 10.00 bis 14.00 Uhr geöffnet.
Das Geschäftslokal hatte die Beigeladene angemietet, vollständig eingerichtet und an den Kläger bis zum 30.06.2002 untervermietet. Der Mietzins betrug monatlich 1.885,00 DM. Der Kläger war vertraglich verpflichtet, die Einrichtungsgegenstände zu einem Kaufpreis von 39.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu erwerben. Nach der zwischen ihm und der Beigeladenen abgeschlossenen Vereinbarung hatte er während der Dauer des Untermietvertrages die von ihm erworbenen Einrichtungsgegenstände in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und notwendige Reparaturen und Ausbesserungen sofort durchzuführen. Außerdem musste der Kläger der Beigeladenen das unwiderrufliche Angebot unterbreiten, ihr das Eigentum an den Einrichtungsgegenständen zu übertragen. Dabei sollte die Übergabe durch die Vereinbarung des Besitzkonstituts der Verwahrung erfolgen. Als Übernahmepreis der Beigeladenen wurde der Zeitwert der Einrichtungsgegenstände vereinbart; die Berechnung des Kaufpreises war im Einzelnen geregelt.
Neben dem Untermietvertrag und dem Vertrag über die Einrichtungsgegenstände schloss der Kläger mit der Beigeladenen ebenfalls am 01.10.1997 einen sog. Handelsvertretervertrag ab.
Nach § 1 Abs. 2 dieses Vertrages wurde der Kläger durch die Beigeladene mit der Vertretung für den Vertrieb ihrer Kollektion sowie sonstiger Motorradkleidung und –zubehör, technischem Zubehör und Ersatzteilen in K betraut. Der Kläger war nicht berechtigt, andere als die von der Beigeladenen gelieferte Ware im Ladengeschäft zu lagern und zu verkaufen und/oder zu bewerben (§ 2 Abs. 2 k). Hinsichtlich der vom Kläger zu vertreibenden Artikel und deren Preisen galt der jeweils gültige Katalog der Beigeladenen; Lieferung, Zahlung und Garantie der vom Kläger vertriebenen Artikel bestimmten sich ausschließlich nach den jeweils gültigen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen (§ 1 Abs. 2).
Die Beigeladene lieferte dem Kläger eine in ihrem Eigentum verbliebene Erstausstattung ihrer Kollektion (§ 2 Abs. 2 a). Der Kläger war verpflichtet, die erhaltene Ware entsprechend den Richtlinien der Beigeladenen in den Geschäftsräumen zu lagern (§ 2 Abs. 2 a).
Den von ihm erhaltenen Kauferlös nahm er für die Beigeladene treuhänderisch in Empfang. Geld und Schecks wurden ausschließlich in einer von der Beigeladenen gelieferten Kasse deponiert; der Kläger war lediglich berechtigt, Wechselgeld aus dieser Kasse zu entnehmen. Er musste den Kauferlös in einer von der betreffenden Bank zu liefernden Geldbombe/-tasche bei der von der Beigeladenen angegebenen Bank täglich abliefern (§ 2 Abs. 2 f).
Der Verkauf der Ware erfolgte ausschließlich zu den von der Beigeladenen angegebenen Verbraucherpreisen. Rabatte und Skonti durfte der Kläger erst nach schriftlicher Absprache mit der Beigeladenen gewähren (§ 2 Abs. 2 g). Jeder Verkauf wurde über die von der Beigeladenen gelieferten Computerkasse registriert. Für die Benutzung dieses Kassensystems zahlte der Kläger der Beigeladenen eine monatliche Gebühr in Höhe von 310,00 DM zzgl. der jeweils gültigen Mehrwertsteuer (§ 2 Abs. 2 e).
Der Kläger war des Weiteren verpflichtet, auf seine Kosten die Ladeneinrichtung gemäß den Richtlinien der Beigeladenen anzupassen oder zu komplettieren, um die Ware bei einer Veränderung des Lagerumfanges durch die Beigeladene verkaufsgerecht lagern und präsentieren zu können (§ 2 Abs. 2 i).
Um das äußere Erscheinungsbild aller G-Shops möglichst einheitlich zu gestalten, sollte die Schaufensterdekoration regelmäßig durch einen von der Beigeladenen beauftragten Dekorateur vorgenommen werden (§ 2 Abs. 2 l). Außerdem wurden Geschäftsformulare und Visitenkarten einheitlich von der Beigeladenen gestaltet. Die Kosten der Nachlieferungen von Visitenkarten hatte der Kläger zu tragen (§ 2 Abs. 2 l).
In der äußeren Gestaltung seiner Tätigkeit und der Einteilung seiner Arbeitszeit war der Kläger entsprechend § 2 Abs. 3 des Handelsvertretervertrages nicht weisungsgebunden. Er verpflichtete sich allerdings, das von ihm betriebene Ladenlokal während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten während des gesamten Jahres geöffnet zu halten und das Geschäftslokal selbst zu leiten. Nach § 2 Abs. 4 war die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag höchstpersönlicher Art. Der Kläger durfte im Urlaubs- oder Krankheitsfall die ihm übertragenen Aufgaben auf einen Dritten übertragen; die Beigeladene hatte er hierüber schriftlich zu informieren.
Außerdem war der Kläger berechtigt, auf eigene Kosten Mitarbeiter in dem Geschäftslokal unter seiner Leitung zu beschäftigen. Auch hierüber musste er die Beigeladene informieren (§ 2 Abs. 4).
Nach § 3 des Handelsvertretervertrages hatte die Beigeladene bei der Erteilung von Weisungen der selbständigen Stellung des Klägers Rechnung zu tragen.
Für die von ihm im Vertragsgebiet vermittelten Geschäfte sowie für alle von ihm im Rahmen und für Rechnung der Beigeladenen abgeschlossenen Geschäfte hatte der Kläger einen Anspruch auf Provision. Die Höhe der Provision richtete sich nach dem jährlichen Nettoumsatz. Allerdings stand dem Kläger gemäß § 7 Abs. 2 des Handelsvertretervertrages eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM zu.
Mit Wirkung vom 01.06.1998 schloss der Kläger mit der Beigeladenen alle drei Verträge mit teilweise geändertem Inhalt neu ab.
Im ersten halben Jahr nach der Eröffnung halfen dem Kläger im Ladenlokal ab und zu seine Freundin und ein Freund aus. In dieser Zeit vertrieb er neben den Artikeln der Beigeladenen auch Auspuffanlagen und sonstiges Motorradzubehör von der Firma W; der Umsatzanteil dieser Artikel betrug maximal 10 %.
Am 23.09.1997 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei der Beklagten die Gewährung von Übbg ab dem 01.11.1997 für die Dauer von 26 Wochen.
2.
Nach Auswertung der seinem Antrag beigefügten, mit der Beigeladenen abgeschlossenen Verträge vom 01.10.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.1997 den Antrag des Klägers ab, weil der Kläger keine selbständige Tätigkeit aufgenommen habe. Vielmehr sei im Hinblick auf die konkrete Vertragsgestaltung davon auszugehen, dass bei ihm eine sog. Scheinselbständigkeit vorliege. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er im Wesentlichen darauf hinwies, dass er ein eigenes Unternehmerrisiko trage und nach Außen hin selbst am freien Markt auftrete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.03.1998 als unbegründet zurück.
Am 23.04.1998 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Speyer (SG) Klage erhoben.
Mit Urteil vom 17.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 13.11.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.2000 Berufung eingelegt.
Er trägt vor:
Ihm stehe Übbg zu, denn er habe am 01.11.1997 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Die Argumentation der Beklagten berücksichtige nicht, dass er Handelsvertreter sei und er Waren der Beigeladenen in deren Namen und auf deren Rechnung verkaufe. Dem Regelbild eines Handelsvertreters entspreche es aber, dass er auf die Preisgestaltung seines Geschäftsherren keinen unmittelbaren Einfluss nehmen könne. Weil das Unternehmerrisiko kein Tatbestandsmerkmal des § 84 Handelsgesetzbuch (HGB) und daher für die Abgrenzung zwischen einem selbständigen Handelsvertreter und einem Arbeitnehmer bedeutungslos sei, sei es auch nicht entscheidungserheblich, ob und inwieweit er ein eigenes Unternehmerrisiko trage. Ungeachtet dessen trage er aber sehr wohl ein eigenes Unternehmerrisiko. Sein Verdienst hänge nämlich maßgeblich davon ab, in welchem Umfang er die Waren der Beigeladenen verkaufe.
Im Übrigen sei sein Geschäft in hohem Maße saison- und wetterabhängig. Es könne durchaus sein, dass in der Hauptsaison im Frühjahr/Frühsommer die Umsatzzahlen wegen eines schlechten Wetters stagnierten.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung mit der Beigeladenen habe er die Schaufenster in dem Ladenlokal selbst dekoriert. Er habe nicht mit einem Dekorateur der Beigeladenen oder sonstigen Mitarbeitern von ihr zusammengearbeitet.
Die Rechtsauffassung der Beklagten, er sei entsprechend einem Filialleiter tätig, sei falsch. Die Beigeladene betreibe keinesfalls Filialen im Bundesgebiet. Sie habe sich ganz bewusst dafür entschieden, neben dem Versandhandel ihren Vertrieb über selbständige Handelsvertretungen sicherzustellen. Deswegen sei er auch nicht mit einem angestellten Filialleiter zu vergleichen. Auch die Tatsache, dass er keine eigene Preispolitik machen durfte, verkenne evident das gesetzliche Leitbild des selbständigen Handelsvertreters.
Nicht überzeugend sei auch der Hinweis, dass das äußere Erscheinungsbild seines Geschäftslokals den Vorgaben der Beigeladenen entsprechen müsse. Solche Vorgaben bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes seien bei allen modernen Vertriebsformen über Selbständige, wie z.B. im gesamten Franchisebereich üblich und im Hinblick auf das beiderseitige Interesse der Markenakzeptanz und des Wiedererkennungswertes bei der Kundschaft üblich und angemessen. Hierdurch könne keinesfalls eine selbständige Tätigkeit ernsthaft in Frage gestellt werden.
Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass sowohl das hanseatische Oberlandesgericht Bremen in seiner Entscheidung vom 14.01.1997 sowie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 06.09.1999 in Verfahren, die ebenfalls Handelsvertreter der Beigeladenen betroffen hätten, eine selbständige und keine abhängige Beschäftigung angenommen hätten.
Er besitze auch eine eigene Unternehmensorganisation. Er organisiere eigenständig die Präsentation der Ware im Ladenlokal, überwache den Bestand, die Diebstahlssicherung, das Auffüllen von Abverkäufen und nehme außerdem Einfluss auf die Bestandsgröße der von ihm vertriebenen einzelnen Artikelgruppen. Außerdem werbe er für sein Geschäftslokal in Printmedien und im Kino.
Sowohl die Vertragsgestaltung als auch die konkrete Vertragshandhabung entsprächen in jedem Fall dem Wesen einer selbständigen Handelsvertretung. Seine Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung besage insoweit lediglich, dass er persönlich für die Pflichterfüllung aus dem Vertrag einzustehen habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass er selbst die nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen persönlich erbringen müsse. Er sei keinesfalls verpflichtet, während der Verkaufszeiten die Tätigkeit der von ihm ggf. eingestellten Mitarbeiter persönlich permanent zu überwachen. Aufsicht in dem vertraglich gemeinten Sinne dürfe nicht mit persönlicher Anwesenheit verwechselt werden.
Auch sei anderen Handelsvertretern der Beigeladenen durch andere Arbeitsamtsdienststellen der Beklagten sehr wohl Übbg bewilligt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 17.10.2000 – S 5 Ar 234/98 – abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Der Kläger habe am 01.11.997 keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Bei der Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis komme es in erster Linie darauf an, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis eines Arbeitnehmers gegenüber einem Arbeitgeber infolge der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation bestehe.
Dabei sei typisches Merkmal für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, dass der Arbeitgeber über Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der konkreten Tätigkeit bestimme. Des Weiteren sei von Bedeutung, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt werden könne, ob also der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss sei.
Die Frage, ob eine Tätigkeit abhängig oder selbständig verrichtet werde, entscheide sich in Zweifelsfällen danach, welche Merkmale im Einzelfall überwiegen würden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze könne an einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht gezweifelt werden. Insoweit sei zunächst der mit Wirkung vom 01.11.1997 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen abgeschlossene Handelsvertretervertrag maßgeblich.
Dass zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich zum 01.06.1998, ein anderer Handelsvertretervertrag abgeschlossen worden sei, sei für die Entscheidung über den Antrag auf Übbg, der erheblich früher gestellt worden sei, unbeachtlich.
Gegen ein Beschäftigungsverhältnis spreche nicht, dass der hier erkennbare Wille der Vertragsparteien ersichtlich darauf gerichtet sei, für den Kläger ein Rechtsverhältnis zu gründen, in dem er Selbständigkeit besitzen sollte. Der Wille der Vertragsparteien wäre für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nur dann zu beachten, wenn die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses diesem Willen entsprochen hätte. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall.
Der Kläger habe ein von der Beigeladenen vollständig eingerichtetes Ladengeschäft übernommen; hierdurch habe er sich lediglich in eine bereits von der Beigeladenen aufgebaute betriebliche Organisation und vorhandene Betriebsstruktur eingegliedert. Er habe tatsächlich nicht über eigene Betriebsräume, über die er wie ein freier Unternehmer hätte verfügen können, verfügt.
Nach den Regelungen des Untermietvertrages sei er auf Gedeih und Verderb vom Verhalten der Beigeladenen abhängig gewesen. Insbesondere die vertragliche Ausgestaltung des Untermietvertrages bezüglich der Übernahme der Einrichtungsgegenstände verdeutliche, dass der Kläger gerade nicht über den Einsatz eigener Betriebsmittel im Sinne eines echten Unternehmerrisiko verfügen konnte. Er hatte lediglich eine Art "Kaution" für die Dauer der Nutzung des Ladenlokals inklusive der Einrichtungsgegenstände zu erbringen. All dies verdeutliche, dass der Kläger kein typisches Unternehmerrisiko trage.
Einziger Einsatz des Klägers sei seine Arbeitskraft und sein Verkaufsgeschick gewesen. Hierdurch habe er sich dem Grunde nach nicht von anderen kaufmännischen Angestellten unterschieden. Gegen ein eigenes Unternehmerrisiko spreche außerdem, dass der Kläger Anspruch auf eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM habe. Hierdurch sei ihm ein monatliches Einkommen in Höhe von 4.000,00 DM sicher gewesen. Sowohl die Höhe als auch die Art und Weise der Vergütung sei nicht geeignet, ein Unternehmerrisiko zu begründen.
Der Kläger könne zudem auch seine Arbeitszeiten nicht frei bestimmen. Er sei vertraglich verpflichtet gewesen, die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten regelmäßig einzuhalten.
Auch die umfangreichen Kontrollfunktionen der Beigeladenen und deren exakte Regelung bezüglich des vom Kläger einzuhaltenden Zahlungsverkehrs mit den Kunden verdeutlichten die persönliche Abhängigkeit des Klägers gegenüber der Beigeladenen.
Dass sich der Kläger seinen Urlaub nicht genehmigen lassen und auch Krankheitszeiten nicht belegen musste, entspreche eher dem Gesamtbild eines leitenden Angestellten. Auch dieser dürfe im Vergleich zu sonstigen Arbeitnehmern größere Freiheiten für sich in Anspruch nehmen. Die vorgenannten Gesichtspunkte belegten vielmehr, dass der Kläger örtlich sowie organisatorisch in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert sei und sich in seiner Tätigkeit nicht wesentlich von der üblichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eines Filialleiters unterscheide.
Selbst wenn der Kläger nicht als persönlich abhängig einzustufen wäre, müsste er nach den vom Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 16.07.1997 – 5 AZB 29/96 – aufgestellten Grundsätzen als wirtschaftlich abhängig, daher einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig eingeordnet und als arbeitnehmerähnliche Person betrachtet werden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übbg, denn er hat am 01.11.1997 keine selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Nach dem hier anzuwendenden § 55 a Abs. 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) kann die Beklagte bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich für 26 Wochen Übbg gewähren. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat am 01.11.1997 keine selbständige Tätigkeit, sondern eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Beigeladenen aufgenommen.
Wie bereits nach den Vorschriften des Handelsrechts ist auch im Recht der Sozialversicherung die versicherungsfreie Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters von der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines abhängigen Handlungsgehilfen abzugrenzen. Nach den Vorschriften des Handelsrechts ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln; selbständig ist dabei, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 HGB). Liegen die zuletzt genannten Voraussetzungen nicht vor, so ist ein mit der Vermittlung von Geschäften für einen Unternehmen Betrauter dessen Handlungsgehilfe im Sinne des § 59 HGB. Für das Handelsrecht sind hiernach Personen, die ständig mit der Vermittlung von Geschäften betraut sind, entweder selbständige Handelsvertreter oder angestellte Handlungsgehilfen. Die Vertragstypen des Handelsvertreters und des mit der Vermittlung von Geschäften betrauten Handlungsgehilfen unterscheiden sich mithin nicht nach der Art der zu leistenden Dienste, sondern allein nach dem Maß an persönlicher Freiheit, das dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist. Kann der Betroffene seine Vermittlungstätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, ist er Handelsvertreter, im anderen Falle Handlungsgehilfe.
Dass auch der Handelsvertreter an Weisungen des Unternehmers gebunden ist, hebt seine rechtliche Selbständigkeit nicht auf. Er kann nur dann nicht mehr als selbständig und damit als Handlungsvertreter angesehen werden, wenn das Weisungsrecht des Unternehmers vertraglich so stark ausgestaltet ist, dass der Beauftragte seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit wie ein Angestellter entrichten muss. Dem Handelsvertreter dürfen darüber hinaus durch Weisungen des Unternehmers auch nicht neue, über den Vertrag hinausgehende Pflichten auferlegt werden. Zulässig sind lediglich Weisungen, die aufgrund des Gesetzes oder des Vertrages bereits bestehende Pflichten des Handelsvertreters näher konkretisieren. Die Weisungsgebundenheit des Handelsvertreters unterscheidet sich insofern wesentlich von der des Handlungsgehilfen. Über dessen Arbeitskraft kann der Unternehmer durch einseitig erteilte Weisungen grundsätzlich unbeschränkt verfügen. Die dadurch begründete persönliche Abhängigkeit des Handlungsgehilfen fehlt beim Handelsvertreter. Er steht seinem Auftraggeber trotz Bindung an dessen Weisungen in einem Verhältnis persönlicher Selbständigkeit und Gleichordnung gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.1981 – Az.: 12 RK 63/79 –).
Obwohl die Begriffe der Selbständigkeit und der Abhängigkeit im Handelsrecht eine andere Funktion als im Sozialversicherungsrecht haben, haben sie weitgehend den gleichen Inhalt. Das Sozialversicherungsrecht kann deshalb für die – auch versicherungsrechtlich erhebliche – Frage, ob und welche Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen bestehen, an die entsprechenden Regeln des Privatrechts anknüpfen und diese auch für seinen Bereich übernehmen. Auch im Sozialversicherungsrecht wird im Regelfall eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet, während ein abhängig Beschäftigter typischerweise einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung umfasst.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) in seiner bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (a.F.). Nach dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 13 S. 31 f, jeweils m.w.N.); für die Unterscheidung zwischen selbständigen und abhängigen Dienstleistungen sind alle Umstände des einzelnen Falles einzubeziehen und auf das "Gesamtbild der Tätigkeit abzustellen" (vgl. insoweit BSG, Urteile vom 27.07.1989 und 14.12.1989, Az.: 11/7 RA 71/87 und B 2 U 48/98R –).
Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, über dessen Normen grundsätzlich nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann, schließen es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person als versicherungsfreier Handelsvertreter oder als versicherungspflichtiger Handlungsgehilfe allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden. Der Wille der Vertragschließenden, eine mit der Vermittlung von Geschäften beauftragte Person den Normen des Handelsvertreterrechts zu unterstellen, kann für die Frage ihrer Versicherungspflicht nicht maßgebend sein, wenn diese rechtliche Einordnung den sonstigen Bestimmungen des Vertrages oder ihrer tatsächlichen Anwendung nicht entspricht.
Nach diesen Grundsätzen war der Kläger vom 01.11.1997 bis mindestens Ende Mai 1998 abhängig beschäftigt.
Ob ab dem 01.06.1998, also dem Abschluss der neuen Verträge, eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist, mag dahinstehen. Denn für den Anspruch des Klägers auf Übbg ab dem 01.11.1997 kommt es nur darauf an, ob er zu diesem Zeitpunkt für die Dauer von (mindestens) 26 Wochen eine selbständige Tätigkeit aufgenommen und ausgeübt hat. Dies ist aber nicht der Fall.
Die Versicherungspflicht des Klägers ist vorliegend allein aufgrund seiner mit der Beigeladenen am 01.10.1997 geschlossenen Verträge zu beurteilen.
Die vertragliche Ausgestaltung spricht vorliegend indes nicht für eine selbständige Tätigkeit des Klägers. Die vertraglichen Einschränkungen des Klägers haben keinen Raum für eine frei zu gestaltende Tätigkeit gelassen. Angesichts des dem Kläger praktisch vorgegebenen, durch eigene Initiative kaum wesentlich zu erweiternden Umfanges seiner Geschäftstätigkeit ist der Einsatz seiner Arbeitskraft für ihn auch nicht mit einem nennenswerten Verlustrisiko verbunden.
Vorliegend ist zwar nicht zu verkennen, dass der Kläger nicht nur Miete an die Beigeladene zahlen muss, sondern darüber hinaus auch eine monatliche "Gebühr" für die Benutzung des ihm von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Kassensystems entrichten musste. Zwar spricht die Tragung dieser Geschäftsunkosten und insbesondere der zunächst vom Kläger aufzuwendende Kaufpreis für die Einrichtungsgegenstände, den er jedoch von der Beigeladenen zum größten Teil erstattet bekam, für ein eigenes Unternehmerrisiko des Klägers; dies kann aber eine selbständige Tätigkeit nicht begründen. Die Merkmale, die gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechen, überwiegen.
Bereits das Hauptmerkmal der Selbständigkeit, die wesentlich freie Bestimmung der Arbeitszeit, ist vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger kann über die zeitliche Verteilung seiner Arbeit nicht nach seinem eigenen Ermessen entscheiden. Er kann auch nicht über die Art und weise seiner Tätigkeit frei bestimmen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 ist der Kläger verpflichtet, das von ihm betriebene Ladenlokal während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten während des gesamten Jahres geöffnet zu halten. Er konnte seine Arbeitszeit nur in diesem zeitlichen Rahmen erbringen. Zudem muss der Kläger das Geschäft selbst leiten. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung ist die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag höchst persönlicher Art. Lediglich im Urlaubs- und Krankheitsfall darf der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben auf einen Dritten übertragen. Er ist zwar berechtigt, auf eigene Kosten Mitarbeiter in dem von ihm betriebenen Geschäftslokal zu beschäftigen, aber dies darf nur unter seiner Leitung erfolgen. Diese vertraglichen Verpflichtungen bedeuten entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl, dass er während der vertraglich festgelegten, üblichen Ladungsöffnungszeiten selbst – mit Ausnahme des Krankheits- oder Urlaubsfalles – in dem Ladengeschäft anwesend sein muss.
Die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zeigt sich auch daran, dass er auch den Ort seiner Tätigkeit nicht frei bestimmen und auch sonst keine selbständigen unternehmerischen Aktivitäten entwickeln kann. Den Standort des Ladenlokals hatte die Beigeladene ausgesucht; faktisch arbeitete der Kläger in den von ihm zwar angemieteten, aber ihm vollständig von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Räumen. Das Geschäftslokal ist als Einrichtung der Beigeladenen bezeichnet. In gleicher Weise spricht auch die Vereinbarung bezüglich der Einrichtungsgegenstände für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen. Der Kläger hat ein von der Beigeladenen vollständig eingerichtetes Geschäftslokal übernommen; das Eigentum an den Einrichtungsgegenständen hat er an die Beigeladene übertragen. Der von ihm zunächst entrichteten Kaufpreis entspricht – hierauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen – einer Art Kaution, in der auch eine Art Mietzins enthalten ist; denn der Kläger bekommt den Kaufpreis nach Vertragsbeendigung zumindest zum Zeitwert erstattet.
Zudem hat die Beigeladene insbesondere die Art und Weise des Verkaufs der von ihr dem Kläger zur Verfügung gestellten, in ihrem Eigentum verbleibenden Ware an den Endverbraucher in allen Einzelheiten geregelt. Sogar die Verwahrung und die Entgegennahme der Zahlungsmittel war bis ins Einzelne bestimmt. Der Kläger hatte bei Ausübung seiner Verkaufstätigkeit keinerlei eigenen Handlungsspielraum; Skonti und Rabatte musste er mit der Beigeladenen schriftlich absprechen. Dies zeigt eindrucksvoll, dass es sich bei den vom Kläger für die Beigeladene übernommenen Aufgaben im Wesentlichen um einfache Verkäufertätigkeit, wie sie auch sonst in Läden vorkommen und dann in der Regel von abhängig Beschäftigten ausgeführt werden, handelt. Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger auch eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM. Auch bei sonstigen abhängig beschäftigten Verkäufern ist eine umsatzorientierte, zu dem Festgehalt zu zahlende Provision durchaus üblich.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht berechtigt war, andere Ware als die ihm von der Beigeladenen gelieferte im Ladengeschäft zu lagern und zu verkaufen. Diese Vereinbarung entspricht einem für Arbeitnehmer typischen Wettbewerbsverbot (vgl. hierzu BS, Urteil vom 10.08.2000 – B 12 KR 21/98 R –).
Dass der Kläger entsprechend seinen Angaben vor dem SG tatsächlich (vertragswidrig) auch Artikel der Firma W vertrieben hat, ist ohne Belang. Zum einen handelte es sich hierbei um einen zu vernachlässigenden Anteil am Gesamtumsatz, zum anderen ist diese geringfügige Abweichung von der vertraglichen Ausgestaltung für die Gesamtbeurteilung von geringer Bedeutung.
Gegen diese Bewertung spricht auch nicht, dass der Kläger nach seinem Vortrag einen erheblichen eigenen Werbeaufwand betrieben hat, um hierdurch seine Verdienstchancen zu erhöhen. Ohne Bedeutung ist auch, dass der Kläger entgegen der vertraglichen Vereinbarung tatsächlich seine Schaufensterdekoration selbständig durchgeführt hat. Beiden Aspekten kommt im Hinblick auf obige Erwägungen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
Unerheblich ist auch, ob die Beklagte – entsprechend dem Vortrag des Klägers – bei anderen "Handelsvertretern" der Beigeladenen eine selbständige Tätigkeit angenommen und ihnen Übbg bewilligt hat. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebietet keine Gleichbehandlung im Unrecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Überbrückungsgeld (Übbg). Vorrangig geht es um die Frage, ob der Kläger eine selbständige Tätigkeit aufgenommen hat.
Die Beigeladene handelt mit Motorradhelmen und sonstigem Motorradzubehör. Im Bundesgebiet unterhält sie mehrere von ihr angemietete Geschäftslokale, die von als Handelsvertreter bezeichneten Personen betrieben werden. Der Kläger eröffnete am 01.11.1997 ebenfalls ein sog. G in K. Das Ladengeschäft war montags bis freitags von 9.00 bis 18.00 Uhr und samstags von 10.00 bis 14.00 Uhr geöffnet.
Das Geschäftslokal hatte die Beigeladene angemietet, vollständig eingerichtet und an den Kläger bis zum 30.06.2002 untervermietet. Der Mietzins betrug monatlich 1.885,00 DM. Der Kläger war vertraglich verpflichtet, die Einrichtungsgegenstände zu einem Kaufpreis von 39.000,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu erwerben. Nach der zwischen ihm und der Beigeladenen abgeschlossenen Vereinbarung hatte er während der Dauer des Untermietvertrages die von ihm erworbenen Einrichtungsgegenstände in einem ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten und notwendige Reparaturen und Ausbesserungen sofort durchzuführen. Außerdem musste der Kläger der Beigeladenen das unwiderrufliche Angebot unterbreiten, ihr das Eigentum an den Einrichtungsgegenständen zu übertragen. Dabei sollte die Übergabe durch die Vereinbarung des Besitzkonstituts der Verwahrung erfolgen. Als Übernahmepreis der Beigeladenen wurde der Zeitwert der Einrichtungsgegenstände vereinbart; die Berechnung des Kaufpreises war im Einzelnen geregelt.
Neben dem Untermietvertrag und dem Vertrag über die Einrichtungsgegenstände schloss der Kläger mit der Beigeladenen ebenfalls am 01.10.1997 einen sog. Handelsvertretervertrag ab.
Nach § 1 Abs. 2 dieses Vertrages wurde der Kläger durch die Beigeladene mit der Vertretung für den Vertrieb ihrer Kollektion sowie sonstiger Motorradkleidung und –zubehör, technischem Zubehör und Ersatzteilen in K betraut. Der Kläger war nicht berechtigt, andere als die von der Beigeladenen gelieferte Ware im Ladengeschäft zu lagern und zu verkaufen und/oder zu bewerben (§ 2 Abs. 2 k). Hinsichtlich der vom Kläger zu vertreibenden Artikel und deren Preisen galt der jeweils gültige Katalog der Beigeladenen; Lieferung, Zahlung und Garantie der vom Kläger vertriebenen Artikel bestimmten sich ausschließlich nach den jeweils gültigen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen (§ 1 Abs. 2).
Die Beigeladene lieferte dem Kläger eine in ihrem Eigentum verbliebene Erstausstattung ihrer Kollektion (§ 2 Abs. 2 a). Der Kläger war verpflichtet, die erhaltene Ware entsprechend den Richtlinien der Beigeladenen in den Geschäftsräumen zu lagern (§ 2 Abs. 2 a).
Den von ihm erhaltenen Kauferlös nahm er für die Beigeladene treuhänderisch in Empfang. Geld und Schecks wurden ausschließlich in einer von der Beigeladenen gelieferten Kasse deponiert; der Kläger war lediglich berechtigt, Wechselgeld aus dieser Kasse zu entnehmen. Er musste den Kauferlös in einer von der betreffenden Bank zu liefernden Geldbombe/-tasche bei der von der Beigeladenen angegebenen Bank täglich abliefern (§ 2 Abs. 2 f).
Der Verkauf der Ware erfolgte ausschließlich zu den von der Beigeladenen angegebenen Verbraucherpreisen. Rabatte und Skonti durfte der Kläger erst nach schriftlicher Absprache mit der Beigeladenen gewähren (§ 2 Abs. 2 g). Jeder Verkauf wurde über die von der Beigeladenen gelieferten Computerkasse registriert. Für die Benutzung dieses Kassensystems zahlte der Kläger der Beigeladenen eine monatliche Gebühr in Höhe von 310,00 DM zzgl. der jeweils gültigen Mehrwertsteuer (§ 2 Abs. 2 e).
Der Kläger war des Weiteren verpflichtet, auf seine Kosten die Ladeneinrichtung gemäß den Richtlinien der Beigeladenen anzupassen oder zu komplettieren, um die Ware bei einer Veränderung des Lagerumfanges durch die Beigeladene verkaufsgerecht lagern und präsentieren zu können (§ 2 Abs. 2 i).
Um das äußere Erscheinungsbild aller G-Shops möglichst einheitlich zu gestalten, sollte die Schaufensterdekoration regelmäßig durch einen von der Beigeladenen beauftragten Dekorateur vorgenommen werden (§ 2 Abs. 2 l). Außerdem wurden Geschäftsformulare und Visitenkarten einheitlich von der Beigeladenen gestaltet. Die Kosten der Nachlieferungen von Visitenkarten hatte der Kläger zu tragen (§ 2 Abs. 2 l).
In der äußeren Gestaltung seiner Tätigkeit und der Einteilung seiner Arbeitszeit war der Kläger entsprechend § 2 Abs. 3 des Handelsvertretervertrages nicht weisungsgebunden. Er verpflichtete sich allerdings, das von ihm betriebene Ladenlokal während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten während des gesamten Jahres geöffnet zu halten und das Geschäftslokal selbst zu leiten. Nach § 2 Abs. 4 war die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag höchstpersönlicher Art. Der Kläger durfte im Urlaubs- oder Krankheitsfall die ihm übertragenen Aufgaben auf einen Dritten übertragen; die Beigeladene hatte er hierüber schriftlich zu informieren.
Außerdem war der Kläger berechtigt, auf eigene Kosten Mitarbeiter in dem Geschäftslokal unter seiner Leitung zu beschäftigen. Auch hierüber musste er die Beigeladene informieren (§ 2 Abs. 4).
Nach § 3 des Handelsvertretervertrages hatte die Beigeladene bei der Erteilung von Weisungen der selbständigen Stellung des Klägers Rechnung zu tragen.
Für die von ihm im Vertragsgebiet vermittelten Geschäfte sowie für alle von ihm im Rahmen und für Rechnung der Beigeladenen abgeschlossenen Geschäfte hatte der Kläger einen Anspruch auf Provision. Die Höhe der Provision richtete sich nach dem jährlichen Nettoumsatz. Allerdings stand dem Kläger gemäß § 7 Abs. 2 des Handelsvertretervertrages eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM zu.
Mit Wirkung vom 01.06.1998 schloss der Kläger mit der Beigeladenen alle drei Verträge mit teilweise geändertem Inhalt neu ab.
Im ersten halben Jahr nach der Eröffnung halfen dem Kläger im Ladenlokal ab und zu seine Freundin und ein Freund aus. In dieser Zeit vertrieb er neben den Artikeln der Beigeladenen auch Auspuffanlagen und sonstiges Motorradzubehör von der Firma W; der Umsatzanteil dieser Artikel betrug maximal 10 %.
Am 23.09.1997 beantragte der Kläger unter Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei der Beklagten die Gewährung von Übbg ab dem 01.11.1997 für die Dauer von 26 Wochen.
2.
Nach Auswertung der seinem Antrag beigefügten, mit der Beigeladenen abgeschlossenen Verträge vom 01.10.1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.12.1997 den Antrag des Klägers ab, weil der Kläger keine selbständige Tätigkeit aufgenommen habe. Vielmehr sei im Hinblick auf die konkrete Vertragsgestaltung davon auszugehen, dass bei ihm eine sog. Scheinselbständigkeit vorliege. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er im Wesentlichen darauf hinwies, dass er ein eigenes Unternehmerrisiko trage und nach Außen hin selbst am freien Markt auftrete, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.03.1998 als unbegründet zurück.
Am 23.04.1998 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Speyer (SG) Klage erhoben.
Mit Urteil vom 17.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 13.11.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.2000 Berufung eingelegt.
Er trägt vor:
Ihm stehe Übbg zu, denn er habe am 01.11.1997 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Die Argumentation der Beklagten berücksichtige nicht, dass er Handelsvertreter sei und er Waren der Beigeladenen in deren Namen und auf deren Rechnung verkaufe. Dem Regelbild eines Handelsvertreters entspreche es aber, dass er auf die Preisgestaltung seines Geschäftsherren keinen unmittelbaren Einfluss nehmen könne. Weil das Unternehmerrisiko kein Tatbestandsmerkmal des § 84 Handelsgesetzbuch (HGB) und daher für die Abgrenzung zwischen einem selbständigen Handelsvertreter und einem Arbeitnehmer bedeutungslos sei, sei es auch nicht entscheidungserheblich, ob und inwieweit er ein eigenes Unternehmerrisiko trage. Ungeachtet dessen trage er aber sehr wohl ein eigenes Unternehmerrisiko. Sein Verdienst hänge nämlich maßgeblich davon ab, in welchem Umfang er die Waren der Beigeladenen verkaufe.
Im Übrigen sei sein Geschäft in hohem Maße saison- und wetterabhängig. Es könne durchaus sein, dass in der Hauptsaison im Frühjahr/Frühsommer die Umsatzzahlen wegen eines schlechten Wetters stagnierten.
Entgegen der vertraglichen Vereinbarung mit der Beigeladenen habe er die Schaufenster in dem Ladenlokal selbst dekoriert. Er habe nicht mit einem Dekorateur der Beigeladenen oder sonstigen Mitarbeitern von ihr zusammengearbeitet.
Die Rechtsauffassung der Beklagten, er sei entsprechend einem Filialleiter tätig, sei falsch. Die Beigeladene betreibe keinesfalls Filialen im Bundesgebiet. Sie habe sich ganz bewusst dafür entschieden, neben dem Versandhandel ihren Vertrieb über selbständige Handelsvertretungen sicherzustellen. Deswegen sei er auch nicht mit einem angestellten Filialleiter zu vergleichen. Auch die Tatsache, dass er keine eigene Preispolitik machen durfte, verkenne evident das gesetzliche Leitbild des selbständigen Handelsvertreters.
Nicht überzeugend sei auch der Hinweis, dass das äußere Erscheinungsbild seines Geschäftslokals den Vorgaben der Beigeladenen entsprechen müsse. Solche Vorgaben bezüglich des äußeren Erscheinungsbildes seien bei allen modernen Vertriebsformen über Selbständige, wie z.B. im gesamten Franchisebereich üblich und im Hinblick auf das beiderseitige Interesse der Markenakzeptanz und des Wiedererkennungswertes bei der Kundschaft üblich und angemessen. Hierdurch könne keinesfalls eine selbständige Tätigkeit ernsthaft in Frage gestellt werden.
Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass sowohl das hanseatische Oberlandesgericht Bremen in seiner Entscheidung vom 14.01.1997 sowie das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 06.09.1999 in Verfahren, die ebenfalls Handelsvertreter der Beigeladenen betroffen hätten, eine selbständige und keine abhängige Beschäftigung angenommen hätten.
Er besitze auch eine eigene Unternehmensorganisation. Er organisiere eigenständig die Präsentation der Ware im Ladenlokal, überwache den Bestand, die Diebstahlssicherung, das Auffüllen von Abverkäufen und nehme außerdem Einfluss auf die Bestandsgröße der von ihm vertriebenen einzelnen Artikelgruppen. Außerdem werbe er für sein Geschäftslokal in Printmedien und im Kino.
Sowohl die Vertragsgestaltung als auch die konkrete Vertragshandhabung entsprächen in jedem Fall dem Wesen einer selbständigen Handelsvertretung. Seine Pflicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung besage insoweit lediglich, dass er persönlich für die Pflichterfüllung aus dem Vertrag einzustehen habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass er selbst die nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen persönlich erbringen müsse. Er sei keinesfalls verpflichtet, während der Verkaufszeiten die Tätigkeit der von ihm ggf. eingestellten Mitarbeiter persönlich permanent zu überwachen. Aufsicht in dem vertraglich gemeinten Sinne dürfe nicht mit persönlicher Anwesenheit verwechselt werden.
Auch sei anderen Handelsvertretern der Beigeladenen durch andere Arbeitsamtsdienststellen der Beklagten sehr wohl Übbg bewilligt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 17.10.2000 – S 5 Ar 234/98 – abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm einen neuen Bescheid unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Der Kläger habe am 01.11.997 keine selbständige Tätigkeit aufgenommen. Bei der Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis komme es in erster Linie darauf an, ob ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis eines Arbeitnehmers gegenüber einem Arbeitgeber infolge der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation bestehe.
Dabei sei typisches Merkmal für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, dass der Arbeitgeber über Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der konkreten Tätigkeit bestimme. Des Weiteren sei von Bedeutung, ob eigenes Kapital und/oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt werden könne, ob also der Erfolg des Einsatzes der sachlichen und persönlichen Mittel ungewiss sei.
Die Frage, ob eine Tätigkeit abhängig oder selbständig verrichtet werde, entscheide sich in Zweifelsfällen danach, welche Merkmale im Einzelfall überwiegen würden.
Bei Anwendung dieser Grundsätze könne an einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht gezweifelt werden. Insoweit sei zunächst der mit Wirkung vom 01.11.1997 zwischen dem Kläger und der Beigeladenen abgeschlossene Handelsvertretervertrag maßgeblich.
Dass zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich zum 01.06.1998, ein anderer Handelsvertretervertrag abgeschlossen worden sei, sei für die Entscheidung über den Antrag auf Übbg, der erheblich früher gestellt worden sei, unbeachtlich.
Gegen ein Beschäftigungsverhältnis spreche nicht, dass der hier erkennbare Wille der Vertragsparteien ersichtlich darauf gerichtet sei, für den Kläger ein Rechtsverhältnis zu gründen, in dem er Selbständigkeit besitzen sollte. Der Wille der Vertragsparteien wäre für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nur dann zu beachten, wenn die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses diesem Willen entsprochen hätte. Dies sei vorliegend aber nicht der Fall.
Der Kläger habe ein von der Beigeladenen vollständig eingerichtetes Ladengeschäft übernommen; hierdurch habe er sich lediglich in eine bereits von der Beigeladenen aufgebaute betriebliche Organisation und vorhandene Betriebsstruktur eingegliedert. Er habe tatsächlich nicht über eigene Betriebsräume, über die er wie ein freier Unternehmer hätte verfügen können, verfügt.
Nach den Regelungen des Untermietvertrages sei er auf Gedeih und Verderb vom Verhalten der Beigeladenen abhängig gewesen. Insbesondere die vertragliche Ausgestaltung des Untermietvertrages bezüglich der Übernahme der Einrichtungsgegenstände verdeutliche, dass der Kläger gerade nicht über den Einsatz eigener Betriebsmittel im Sinne eines echten Unternehmerrisiko verfügen konnte. Er hatte lediglich eine Art "Kaution" für die Dauer der Nutzung des Ladenlokals inklusive der Einrichtungsgegenstände zu erbringen. All dies verdeutliche, dass der Kläger kein typisches Unternehmerrisiko trage.
Einziger Einsatz des Klägers sei seine Arbeitskraft und sein Verkaufsgeschick gewesen. Hierdurch habe er sich dem Grunde nach nicht von anderen kaufmännischen Angestellten unterschieden. Gegen ein eigenes Unternehmerrisiko spreche außerdem, dass der Kläger Anspruch auf eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM habe. Hierdurch sei ihm ein monatliches Einkommen in Höhe von 4.000,00 DM sicher gewesen. Sowohl die Höhe als auch die Art und Weise der Vergütung sei nicht geeignet, ein Unternehmerrisiko zu begründen.
Der Kläger könne zudem auch seine Arbeitszeiten nicht frei bestimmen. Er sei vertraglich verpflichtet gewesen, die gesetzlichen Ladenöffnungszeiten regelmäßig einzuhalten.
Auch die umfangreichen Kontrollfunktionen der Beigeladenen und deren exakte Regelung bezüglich des vom Kläger einzuhaltenden Zahlungsverkehrs mit den Kunden verdeutlichten die persönliche Abhängigkeit des Klägers gegenüber der Beigeladenen.
Dass sich der Kläger seinen Urlaub nicht genehmigen lassen und auch Krankheitszeiten nicht belegen musste, entspreche eher dem Gesamtbild eines leitenden Angestellten. Auch dieser dürfe im Vergleich zu sonstigen Arbeitnehmern größere Freiheiten für sich in Anspruch nehmen. Die vorgenannten Gesichtspunkte belegten vielmehr, dass der Kläger örtlich sowie organisatorisch in den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert sei und sich in seiner Tätigkeit nicht wesentlich von der üblichen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eines Filialleiters unterscheide.
Selbst wenn der Kläger nicht als persönlich abhängig einzustufen wäre, müsste er nach den vom Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 16.07.1997 – 5 AZB 29/96 – aufgestellten Grundsätzen als wirtschaftlich abhängig, daher einem Arbeitnehmer vergleichbar schutzbedürftig eingeordnet und als arbeitnehmerähnliche Person betrachtet werden.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1998 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übbg, denn er hat am 01.11.1997 keine selbständige Tätigkeit aufgenommen.
Nach dem hier anzuwendenden § 55 a Abs. 1 und 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) kann die Beklagte bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit von mindestens 18 Stunden wöchentlich für 26 Wochen Übbg gewähren. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat am 01.11.1997 keine selbständige Tätigkeit, sondern eine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Beigeladenen aufgenommen.
Wie bereits nach den Vorschriften des Handelsrechts ist auch im Recht der Sozialversicherung die versicherungsfreie Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters von der versicherungspflichtigen Beschäftigung eines abhängigen Handlungsgehilfen abzugrenzen. Nach den Vorschriften des Handelsrechts ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln; selbständig ist dabei, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (§ 84 Abs. 1 HGB). Liegen die zuletzt genannten Voraussetzungen nicht vor, so ist ein mit der Vermittlung von Geschäften für einen Unternehmen Betrauter dessen Handlungsgehilfe im Sinne des § 59 HGB. Für das Handelsrecht sind hiernach Personen, die ständig mit der Vermittlung von Geschäften betraut sind, entweder selbständige Handelsvertreter oder angestellte Handlungsgehilfen. Die Vertragstypen des Handelsvertreters und des mit der Vermittlung von Geschäften betrauten Handlungsgehilfen unterscheiden sich mithin nicht nach der Art der zu leistenden Dienste, sondern allein nach dem Maß an persönlicher Freiheit, das dem Dienstpflichtigen bei seiner Tätigkeit eingeräumt ist. Kann der Betroffene seine Vermittlungstätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, ist er Handelsvertreter, im anderen Falle Handlungsgehilfe.
Dass auch der Handelsvertreter an Weisungen des Unternehmers gebunden ist, hebt seine rechtliche Selbständigkeit nicht auf. Er kann nur dann nicht mehr als selbständig und damit als Handlungsvertreter angesehen werden, wenn das Weisungsrecht des Unternehmers vertraglich so stark ausgestaltet ist, dass der Beauftragte seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit wie ein Angestellter entrichten muss. Dem Handelsvertreter dürfen darüber hinaus durch Weisungen des Unternehmers auch nicht neue, über den Vertrag hinausgehende Pflichten auferlegt werden. Zulässig sind lediglich Weisungen, die aufgrund des Gesetzes oder des Vertrages bereits bestehende Pflichten des Handelsvertreters näher konkretisieren. Die Weisungsgebundenheit des Handelsvertreters unterscheidet sich insofern wesentlich von der des Handlungsgehilfen. Über dessen Arbeitskraft kann der Unternehmer durch einseitig erteilte Weisungen grundsätzlich unbeschränkt verfügen. Die dadurch begründete persönliche Abhängigkeit des Handlungsgehilfen fehlt beim Handelsvertreter. Er steht seinem Auftraggeber trotz Bindung an dessen Weisungen in einem Verhältnis persönlicher Selbständigkeit und Gleichordnung gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.1981 – Az.: 12 RK 63/79 –).
Obwohl die Begriffe der Selbständigkeit und der Abhängigkeit im Handelsrecht eine andere Funktion als im Sozialversicherungsrecht haben, haben sie weitgehend den gleichen Inhalt. Das Sozialversicherungsrecht kann deshalb für die – auch versicherungsrechtlich erhebliche – Frage, ob und welche Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen bestehen, an die entsprechenden Regeln des Privatrechts anknüpfen und diese auch für seinen Bereich übernehmen. Auch im Sozialversicherungsrecht wird im Regelfall eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet, während ein abhängig Beschäftigter typischerweise einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, das Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung umfasst.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) in seiner bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (a.F.). Nach dieser Vorschrift ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; SozR 3 – 2400 § 7 Nr. 13 S. 31 f, jeweils m.w.N.); für die Unterscheidung zwischen selbständigen und abhängigen Dienstleistungen sind alle Umstände des einzelnen Falles einzubeziehen und auf das "Gesamtbild der Tätigkeit abzustellen" (vgl. insoweit BSG, Urteile vom 27.07.1989 und 14.12.1989, Az.: 11/7 RA 71/87 und B 2 U 48/98R –).
Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, über dessen Normen grundsätzlich nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden kann, schließen es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person als versicherungsfreier Handelsvertreter oder als versicherungspflichtiger Handlungsgehilfe allein die von den Vertragschließenden getroffenen Vereinbarungen entscheiden. Der Wille der Vertragschließenden, eine mit der Vermittlung von Geschäften beauftragte Person den Normen des Handelsvertreterrechts zu unterstellen, kann für die Frage ihrer Versicherungspflicht nicht maßgebend sein, wenn diese rechtliche Einordnung den sonstigen Bestimmungen des Vertrages oder ihrer tatsächlichen Anwendung nicht entspricht.
Nach diesen Grundsätzen war der Kläger vom 01.11.1997 bis mindestens Ende Mai 1998 abhängig beschäftigt.
Ob ab dem 01.06.1998, also dem Abschluss der neuen Verträge, eine andere Beurteilung gerechtfertigt ist, mag dahinstehen. Denn für den Anspruch des Klägers auf Übbg ab dem 01.11.1997 kommt es nur darauf an, ob er zu diesem Zeitpunkt für die Dauer von (mindestens) 26 Wochen eine selbständige Tätigkeit aufgenommen und ausgeübt hat. Dies ist aber nicht der Fall.
Die Versicherungspflicht des Klägers ist vorliegend allein aufgrund seiner mit der Beigeladenen am 01.10.1997 geschlossenen Verträge zu beurteilen.
Die vertragliche Ausgestaltung spricht vorliegend indes nicht für eine selbständige Tätigkeit des Klägers. Die vertraglichen Einschränkungen des Klägers haben keinen Raum für eine frei zu gestaltende Tätigkeit gelassen. Angesichts des dem Kläger praktisch vorgegebenen, durch eigene Initiative kaum wesentlich zu erweiternden Umfanges seiner Geschäftstätigkeit ist der Einsatz seiner Arbeitskraft für ihn auch nicht mit einem nennenswerten Verlustrisiko verbunden.
Vorliegend ist zwar nicht zu verkennen, dass der Kläger nicht nur Miete an die Beigeladene zahlen muss, sondern darüber hinaus auch eine monatliche "Gebühr" für die Benutzung des ihm von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Kassensystems entrichten musste. Zwar spricht die Tragung dieser Geschäftsunkosten und insbesondere der zunächst vom Kläger aufzuwendende Kaufpreis für die Einrichtungsgegenstände, den er jedoch von der Beigeladenen zum größten Teil erstattet bekam, für ein eigenes Unternehmerrisiko des Klägers; dies kann aber eine selbständige Tätigkeit nicht begründen. Die Merkmale, die gegen eine selbständige Tätigkeit des Klägers sprechen, überwiegen.
Bereits das Hauptmerkmal der Selbständigkeit, die wesentlich freie Bestimmung der Arbeitszeit, ist vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger kann über die zeitliche Verteilung seiner Arbeit nicht nach seinem eigenen Ermessen entscheiden. Er kann auch nicht über die Art und weise seiner Tätigkeit frei bestimmen. Nach § 2 Abs. 3 Satz 2 ist der Kläger verpflichtet, das von ihm betriebene Ladenlokal während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten während des gesamten Jahres geöffnet zu halten. Er konnte seine Arbeitszeit nur in diesem zeitlichen Rahmen erbringen. Zudem muss der Kläger das Geschäft selbst leiten. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung ist die Wahrnehmung von Rechten und Pflichten aus dem Handelsvertretervertrag höchst persönlicher Art. Lediglich im Urlaubs- und Krankheitsfall darf der Kläger die ihm übertragenen Aufgaben auf einen Dritten übertragen. Er ist zwar berechtigt, auf eigene Kosten Mitarbeiter in dem von ihm betriebenen Geschäftslokal zu beschäftigen, aber dies darf nur unter seiner Leitung erfolgen. Diese vertraglichen Verpflichtungen bedeuten entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl, dass er während der vertraglich festgelegten, üblichen Ladungsöffnungszeiten selbst – mit Ausnahme des Krankheits- oder Urlaubsfalles – in dem Ladengeschäft anwesend sein muss.
Die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zeigt sich auch daran, dass er auch den Ort seiner Tätigkeit nicht frei bestimmen und auch sonst keine selbständigen unternehmerischen Aktivitäten entwickeln kann. Den Standort des Ladenlokals hatte die Beigeladene ausgesucht; faktisch arbeitete der Kläger in den von ihm zwar angemieteten, aber ihm vollständig von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Räumen. Das Geschäftslokal ist als Einrichtung der Beigeladenen bezeichnet. In gleicher Weise spricht auch die Vereinbarung bezüglich der Einrichtungsgegenstände für die Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen. Der Kläger hat ein von der Beigeladenen vollständig eingerichtetes Geschäftslokal übernommen; das Eigentum an den Einrichtungsgegenständen hat er an die Beigeladene übertragen. Der von ihm zunächst entrichteten Kaufpreis entspricht – hierauf hat die Beklagte zutreffend hingewiesen – einer Art Kaution, in der auch eine Art Mietzins enthalten ist; denn der Kläger bekommt den Kaufpreis nach Vertragsbeendigung zumindest zum Zeitwert erstattet.
Zudem hat die Beigeladene insbesondere die Art und Weise des Verkaufs der von ihr dem Kläger zur Verfügung gestellten, in ihrem Eigentum verbleibenden Ware an den Endverbraucher in allen Einzelheiten geregelt. Sogar die Verwahrung und die Entgegennahme der Zahlungsmittel war bis ins Einzelne bestimmt. Der Kläger hatte bei Ausübung seiner Verkaufstätigkeit keinerlei eigenen Handlungsspielraum; Skonti und Rabatte musste er mit der Beigeladenen schriftlich absprechen. Dies zeigt eindrucksvoll, dass es sich bei den vom Kläger für die Beigeladene übernommenen Aufgaben im Wesentlichen um einfache Verkäufertätigkeit, wie sie auch sonst in Läden vorkommen und dann in der Regel von abhängig Beschäftigten ausgeführt werden, handelt. Für diese Tätigkeit erhielt der Kläger auch eine jährliche Garantieprovision in Höhe von 48.000,00 DM. Auch bei sonstigen abhängig beschäftigten Verkäufern ist eine umsatzorientierte, zu dem Festgehalt zu zahlende Provision durchaus üblich.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht berechtigt war, andere Ware als die ihm von der Beigeladenen gelieferte im Ladengeschäft zu lagern und zu verkaufen. Diese Vereinbarung entspricht einem für Arbeitnehmer typischen Wettbewerbsverbot (vgl. hierzu BS, Urteil vom 10.08.2000 – B 12 KR 21/98 R –).
Dass der Kläger entsprechend seinen Angaben vor dem SG tatsächlich (vertragswidrig) auch Artikel der Firma W vertrieben hat, ist ohne Belang. Zum einen handelte es sich hierbei um einen zu vernachlässigenden Anteil am Gesamtumsatz, zum anderen ist diese geringfügige Abweichung von der vertraglichen Ausgestaltung für die Gesamtbeurteilung von geringer Bedeutung.
Gegen diese Bewertung spricht auch nicht, dass der Kläger nach seinem Vortrag einen erheblichen eigenen Werbeaufwand betrieben hat, um hierdurch seine Verdienstchancen zu erhöhen. Ohne Bedeutung ist auch, dass der Kläger entgegen der vertraglichen Vereinbarung tatsächlich seine Schaufensterdekoration selbständig durchgeführt hat. Beiden Aspekten kommt im Hinblick auf obige Erwägungen keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu.
Unerheblich ist auch, ob die Beklagte – entsprechend dem Vortrag des Klägers – bei anderen "Handelsvertretern" der Beigeladenen eine selbständige Tätigkeit angenommen und ihnen Übbg bewilligt hat. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gebietet keine Gleichbehandlung im Unrecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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