L 5 KR 187/04

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 8 KR 337/02 Ko
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KR 187/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch auf Krankengeld eines freiwillig Versicherten nach einer in der Satzung bestimmten dreiwöchigen Karenzzeit setzt, sofern in der Satzung keine abweichende Regelung getroffen wurde, nicht voraus, dass während des Ruhenszeitraums die Arbeitsunfähigkeit im voraus bescheinigt wurde.
1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.9.2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.3. und 3.4.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2002 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 14.2.2002 bis 27.2.2002 zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Umstritten ist ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 14.2.2002 bis zum 27.2.2002.

Der 19 geborene, als Selbstständiger berufstätige Kläger ist bei der Beklagten freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld vom Beginn der 4. Woche der Arbeitsunfähigkeit an krankenversichert. Vom 24.1. bis 8.3.2002 war er arbeitsunfähig erkrankt und erzielte kein Einkommen. Der behandelnde Arzt stellte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 25.1.2002 für die Zeit vom 24.1. bis 25.1.2002 und am 7.2.2002 für die Zeit bis 12.2.2002 sowie später eine solche für die Folgezeit bis 8.3.2002 aus. Erst auf Anfrage der Beklagten bestätigte er am 4.3.2002, der Kläger sei auch in der Zwischenzeit vom 26.1. bis 6.2.2002 arbeitsunfähig krank gewesen.

Die Beklagte zahlte Krankengeld für die Zeit vom 28.2. bis 8.3.2002 und lehnte mit Bescheiden vom 12.3.2002 und 3.4.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2002 die Gewährung von Krankengeld für die vorhergehende Zeit ab, weil dem Kläger erst ab 7.2.2002 durchgehend Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei und er gerechnet ab diesem Zeitpunkt erst mit dem Beginn der vierten Woche ab 28.2.2002 Anspruch auf Krankengeld habe. Für die Zeit vom 26.1.bis 6.2.2002 sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig vorgelegt worden. Nach den Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) sei eine rückwirkende Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit nur ausnahmsweise und lediglich nach gewissenhafter Prüfung für bis zu zwei Tage zulässig. Die Problematik sei dem Kläger aus einer früheren Arbeitsunfähigkeitszeit im Jahre 1999 bekannt gewesen.

Am 28.8.2002 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Kammervorsitzende des SG darauf hingewiesen, nach § 18 Abs 2a der Satzung der Beklagten werde Krankengeld vom Beginn der 4. Woche der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt; dies bedeute für den konkreten Fall, dass die vierte Woche, wenn eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 7.2.2000 vorliege, am 1.3.2002 beginne; hieraus errechne sich ein Anspruch von sechs Tagen Krankengeld. Daraufhin hat sich der Vertreter der Beklagten in einem angenommenen Teilanerkenntnis bereit erklärt, in Abänderung des angefochtenen Bescheides einen Krankengeldanspruch von "sechs Tagen für den Arbeitsunfähigkeitszeitraum vom 7.2. bis zum 8.3.2000" anzunehmen.

Durch Urteil vom 28.9.2004 hat das Sozialgericht (SG) die "über das Teilanerkenntnis hinausgehende" Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen.

Gegen dieses ihm am 29.10.2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.11.2004 beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz eingelegte Berufung des Klägers.

Der Kläger trägt vor: Das SG habe außer Acht gelassen, dass das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit im umstrittenen Zeitraum nachgewiesen sei; auch die Beklagte habe dies nicht bestritten. Die Gründe, die bei einem Arbeitnehmer zwingend die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verlangten, seien bei einem freiwillig versicherten Mitglied nicht gegeben. Seinerzeit sei nur deshalb keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt worden, weil die Mitarbeiterinnen seines Hausarztes etwas überlastet gewesen seien; diese seien, da er nicht abhängig beschäftigt gewesen sei, davon ausgegangen, dass die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht so dringlich gewesen sei.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Koblenz vom 28.9.2004 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12.3. und 3.4.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.8.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Krankengeld für die Zeit vom 14. bis 27.2.2002 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Entgegen dem in der mündlichen Verhandlung vom SG angenommenen Krankengeldanspruch für sechs Kalendertage sei dem Kläger tatsächlich für neun Kalendertage Krankengeld gewährt worden; deshalb entfalle ein Nachzahlungsanspruch des Klägers. Im Übrigen sei das angefochtene Urteil zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143 f, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung ist begründet. Das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind aufzuheben. Dem Kläger steht auch für die Zeit vom 14.2. bis 27.2.2002 Krankengeld zu.

Nach § 18 Abs 2 Satz 1 Buchstabe a der Satzung der Beklagten können selbstständig Erwerbstätige, die im Falle der Arbeitsunfähigkeit ihr Einkommen ganz oder überwiegend verlieren, bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres beantragen, dass Krankengeld a) vom Beginn der vierten Woche der Arbeitsunfähigkeit an, b) vom Beginn der siebten Woche der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt wird. Der Kläger hat die Versicherung ab dem Beginn der vierten Woche an gewählt. Der Zeitraum der ersten drei Wochen der Arbeitsunfähigkeit gilt nach Satz 2 der genannten Vorschrift als Ruhenszeitraum im Sinne des § 49 Nr 1 SGB V.

Hiernach hat der Kläger ab dem Beginn der 4. Woche der am 24.1.2002 begonnenen Arbeitsunfähigkeit, dh ab dem 14.2.2002, einen Anspruch auf Krankengeld bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit am 8.3.2002. Da die Beklagte ihm nur für die Zeit vom 28.2. bis zum 8.3.2002 Krankengeld gezahlt hat, ist sie zur Leistungsgewährung für die Zeit vom 14.2. bis zum 27.2.2002 zu verurteilen.

Arbeitsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung (zB BSG, 8.2.2000, B 1 KR 11/99 R, SGb 2001, 133, 134) gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht weiter verrichten kann. Dass der Kläger in der Zeit vom 24.1.2002 bis zum 8.3.2002 durchgehend arbeitsunfähig krank war, steht aufgrund der Mitteilung des behandelnden Arztes fest und ist im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Kläger hat im fraglichen Zeitraum wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kein Einkommen aus seiner selbstständigen Tätigkeit erzielt.

Ohne Erfolg wendet die Beklagte gegenüber dem Anspruch des Klägers ein, dieser habe sich im Zeitraum zwischen dem 26.1.2002 und dem 6.2.2002 nicht zeitnah arbeitsunfähig gemeldet und die Arbeitsunfähigkeit in diesem Zeitraum sei von seinem behandelnden Arzt erst nachträglich bestätigt worden. Von einer zeitnahen Arbeitsunfähigkeitsmeldung und -bescheinigung im Zeitraum vom 26.1.2002 bis zum 6.2.2002 hängt der Krankengeldanspruch ab dem 14.2.2002 nicht ab. § 18 Abs 2 Satz 1 – 2 der Satzung der Beklagten stellt nur auf das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ab, verlangt aber keine sofortige Arbeitsunfähigkeitsmeldung und –bescheinigung hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit in den ersten drei Wochen, in denen der Anspruch nach § 18 Abs 2 Satz 2 der Satzung als ruhend gilt. Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit beinhaltet nicht das Erfordernis einer Arbeitsunfähigkeitsmeldung und –bescheinigung. Die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist nur Voraussetzung für das Entstehen eines Krankengeldanspruchs (§ 46 Satz 1 Nr 2 SGB V) für den Zeitraum der Krankengeldzahlung, nicht aber für das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit (vgl für die vergleichbare Wartefrist in der Künstlersozialversicherung: Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Juni 2004, § 46 SGB V, Rz 44 mwN). Solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, ruht der Krankengeldanspruch trotz des Bestehens von Arbeitsunfähigkeit nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, außer wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Aus dem Gesamtzusammenhang der §§ 46, 49 SGB V und des § 18 Abs 2 Satz 1 – 2 der Satzung der Beklagten wird klar, dass im vorliegenden Fall die fehlende unmittelbare Arbeitsunfähigkeitsmeldung und -bescheinigung für die Zeit vom 26.1.2002 bis zum 6.2.2002 unschädlich ist. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger hinsichtlich der verspäteten Arbeitsunfähigkeitsmeldung und Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 26.1.2002 bis zum 6.2.2002 ein Verschulden zur Last fällt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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