L 5 KR 105/03

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 8 KR 94/01
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 105/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 28. Oktober 2003 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben sich die Beteiligten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Übernahme der Kosten in Höhe von 997,86 EUR für einen Dusch-/ Toilettenrollstuhl durch die Beklagte.

Der 1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Er ist ab dem 4. Halswirbel querschnittsgelähmt. Er lebt in einem Pflegeheim und bezieht Leistungen der vollstationären Pflege aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.

Er beantragte am 13. September 2000 bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für einen Dusch-/Toilettenrollstuhl. Hierzu lag der Beklagten der Kostenvoranschlag des Sanitätshauses S und J vom 12. September 2000 über 1.951,64 DM (entsprechend 997,86 EUR) vor. Mit Schreiben vom 28. September 2000 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, für die Kostenübernahme sei der Träger des Heimes zuständig. Nach den Vorschriften des Heimgesetzes habe dieser seine Leistungen den Veränderungen des Gesundheitszustandes des Bewohners anzupassen und daran die Ausstattung mit Hilfsmitteln auszurichten. Die Kosten der Heimausstattung würden mit dem Pflegesatz abgegolten. Nachdem bei der Beklagten ein weiterer Kostenvoranschlag des Sanitätshauses S und J vom 28. Dezember 2000 eingegangen war, lehnte sie den Antrag mit Bescheid vom 15. Januar 2001 erneut ab. Darin erkannte sie einen Anspruch des Klägers auf das vom Arzt verordnete Hilfsmittel zwar grundsätzlich an, Kostenträger sei jedoch das Pflegeheim. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 5. Februar 2001, in dem er darauf hinwies, dass wegen der hochgradigen Querschnittslähmung bei ihm Hilfsmittel besonders angefertigt werden müssten. Der vorhandene Stuhl sei ebenfalls spezialangefertigt, allerdings mit einem Alter von über 20 Jahren defekt, so dass er sich daran verletze. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2001 zurück. Sie führte aus, zwar hätten Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit den Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen. Dieser Anspruch sei bei einer vollstationären Pflege jedoch eingeschränkt. Vorrangig bestehe dort die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln. Pflegeheime, die von den Landesverbänden der Pflegekassen zur pflegerischen Versorgung zugelassen seien, müssten die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung bieten. Dabei müssten sie auch die notwendigen Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel vorhalten. Zu Lasten der Krankenkassen seien die Hilfsmittel nur zu verordnen, wenn sie im direkten Zusammenhang mit der Behandlung einer Krankheit medizinisch notwendig seien. Dienten sie dagegen nur der Erleichterung der Pflege, bestehe keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen. Bei einer vollstationären Pflege sei die Krankenkasse nur leistungspflichtig, wenn ein Hilfsmittel der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses außerhalb des Pflegeheimbereiches diene und individuell angepasst werden müsse oder nur von dem Versicherten allein verwendbar sei. Der Dusch-/Toilettenrollstuhl solle die Körperpflege des Klägers erleichtern bzw. ermöglichen. Er sei nicht auf den speziellen Körper zugeschnitten und bedürfe keiner individuellen Anpassung. Es handele sich um eine Standardausstattung mit standardisiertem Zubehör laut Katalog. Grundsätzlich sei ein solcher Dusch-/Toilettenrollstuhl auch für andere Pflegebedürftige verwendbar. Außerdem diene er nicht der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses außerhalb des Pflegeheimes.

Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 19. September 2002 beim Sozialgericht Schleswig Klage erhoben. Er hat ausgeführt, der begehrte kombinierte Dusch-/Toilettenrollstuhl sei nicht handelsüblich, sondern müsse individuell an seine Behinderung, die Querschnittslähmung verbunden mit einer Spastik, angepasst werden. Dazu sei er zusätzlich mit Beinstützen und winkelverstellbaren Fußplatten versehen, die das spastische Ausschlagen der Beine verhindern sollten. Mit dem Dusch-/Toilettenrollstuhl könne er seine restliche Bewegungsfähigkeit im Badezimmer nutzen. Die Pflegeversicherung sei für die Leistung nicht zuständig.

Die Beklagte hat ausgeführt, grundsätzlich hätten auch Heimbewohner einen Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung, im Pflegeheim sei jedoch dessen Träger verpflichtet, die zur Pflege erforderlichen Hilfsmittel bereitzustellen. Die Größe des Pflegeheims sei dabei unerheblich. Der Dusch-/Toilettenrollstuhl diene der Durchführung oder Erleichterung von Pflegeleistungen. Nur dann, wenn Pflegeheimbewohner Hilfsmittel eigenständig nutzen könnten, komme eine Leistungsverpflichtung der Krankenkassen in Betracht. Zu einer eigenständigen Nutzung des Dusch-/Toilettenrollstuhls sei der Kläger jedoch nicht in der Lage. Ein Hilfsmittel sei erst dann individuell, wenn es als Einzelstück gefertigt und ausschließlich für den betreffenden Versicherten bestimmt sei. Serienfabrikate - auch mit standardmäßigem Zubehör - fielen nicht darunter.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben und Gutachten des Arztes für Orthopädie, physikalische Therapie, Chirotherapie, Sportmedizin und Sozialmedizin Dr. L und des Krankenpflegers B vom 9. Februar 2003 eingeholt. Mit Einverständnis der Beteiligten zur vorgesehenen Verfahrensweise hat es ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 28. Oktober 2003 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einem Dusch-/Toilettenrollstuhl zu versorgen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Versicherte hätten grundsätzlich einen Anspruch auf Versorgung mit den notwendigen Hilfsmitteln. Auch der ständige Aufenthalt des Klägers im Pflegeheim hindere diesen Anspruch nicht. Die Beklagte sei dann zur Leistung verpflichtet, wenn nur durch das Hilfsmittel die Sicherstellung der vom Versicherten angestrebten Selbständigkeit zu erreichen sei. Der Kläger sei zwar trotz der Versorgung mit dem Hilfsmittel auf punktuelle Hilfe angewiesen. Er müsse von zwei Pflegekräften in den Stuhl getragen und auch ins Bad gefahren werden. Dort sei er jedoch in der Lage, den Stuhl selbständig zu rangieren, indem er die Räder mit den Händen fortbewege. Damit könne er im Badezimmer einen eigenen Aktionsradius nutzen, seine Restfähigkeiten erweitern und gleichzeitig seine Intimsphäre wahren. Der Sachverständige Dr. L habe ausgeführt, dass das Hilfsmittel den individuellen Bedürfnissen des Klägers angepasst und darauf ausgerichtet sei. Damit sei es nicht der regulären Pflegeheimausstattung zuzurechnen. Ein Rollstuhl, der die Verrichtungen des Pflegeheims hätte erleichtern sollen, wäre mit vier gleichgroßen Rädern ausgestattet und damit für Fremdpersonen leichter zu manövrieren. Der Dusch-/Toilettenrollstuhl sei daher individuell angepasst, nur für den Kläger bestimmt und grundsätzlich nur von ihm zu verwenden.

Gegen die ihr am 6. November 2003 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 2. Dezember 2003 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie führt aus, eine vollkommen eigenständige Nutzung des Hilfsmittels sei Voraussetzung für die Kostenübernahme durch den Krankenversicherungsträger. Sofern ein Pflegebedürftiger weiterhin auf die Hilfe von Pflegekräften angewiesen sei, erfahre er durch ein Hilfsmittel keinen entscheidenden Gewinn an Selbstständigkeit. Allein die Möglichkeit, die Wegstrecke zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort im Pflegeheim und der Toilette selbständig zurücklegen zu können, rechtfertige nicht die Ausrüstung mit einem besonderen Toilettenstuhl. Eine eigenständige Nutzung sei dem Kläger nur insofern möglich, als er sich im Badezimmer auf dem glatten Boden bewegen könne. Der Transfer in das Badezimmer müsse von Pflegekräften vorgenommen werden. Allein in der Mobilität innerhalb des Badezimmers liege kein entscheidender Gewinn für den Kläger. Außerdem sei das Hilfsmittel nicht individuell angepasst. Es sei ein Serienfabrikat und nur durch die serienmäßigen Zubehörteile auf die individuellen Bedürfnisse des Klägers eingestellt, es handele sich aber nicht um eine handwerkliche Einzelanfertigung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 28. Oktober 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er führt aus, mit dem Hilfsmittel erlange er Selbständigkeit bei der Körperpflege. Er könne allein in die Dusche oder zum Waschbecken fahren, sich rasieren, das Gesicht waschen und die Zähne putzen. Ohne das Hilfsmittel wäre ihm dies nicht möglich. Der Rollstuhl biete ihm Sicherheit bei einschießenden spastischen Zuckungen und er könne darin anders als in einem herkömmlichen Stuhl stabil sitzen. Der Rollstuhl sei kein Serienfabrikat. Denn er enthalte zusätzliche individuelle Vorrichtungen zur Lagerung und Arretierung der Füße und Beine, die nicht serienmäßig seien.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Kosten für den im Streit befindlichen Rollstuhl lagen im Jahr 2000 bei 1.951,64 DM bzw. 997,86 EUR. Daher ist die Berufung insbesondere gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.

Die Berufung ist auch begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch darauf, dass diese die Kosten für einen Dusch-/Toilettenrollstuhl übernimmt. Das Urteil des Sozialgerichts war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Aus dem Gutachten von Dr. L vom 9. Februar 2003 ist zu ersehen, dass der Kläger bereits mit dem Dusch-/Toilettenrollstuhl, dessen Kosten hier streitig sind, ausgestattet ist. Weder ergibt sich aus den Akten noch konnte in der Berufungsverhandlung geklärt werden, auf welchem Wege und mit welchen Mitteln dem Kläger dieser Rollstuhl zur Verfügung gestellt werden konnte. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) oder einen Sachleistungsanspruch nach § 33 Abs. 1 SGB V erhebt. Denn in beiden Fällen ist ein Anspruch nicht gegeben.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt in seiner 2. Fallalternative - die Voraussetzungen der 1. Alternative einer Notfallversorgung liegen erkennbar nicht vor - voraus, dass die Beklagte eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Dies würde - wie auch bei einer Sachleistung - voraussetzen, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen entsprechenden Anspruch hat. Das ist nicht der Fall.

Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit diese Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Bei einem Dusch-/Toilettenrollstuhl handelt es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (vergl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003, B 3 KR 30/02 R, SozR 4-2500, § 33 Nr. 4). Hiervon geht auch die Beklagte aus. Der Toilettenrollstuhl ist nicht durch Rechtsverordnung als Hilfsmittel ausgeschlossen, sondern im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen nach § 128 SGB V in Produktgruppe 18 unter Gruppe 2 ausdrücklich aufgeführt.

Der Dusch-/Toilettenrollstuhl dient bei dem Kläger nicht dazu, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Hier kommt lediglich die dritte Fallvariante des § 33 Abs. 1 SGB V in Betracht, nach der Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden können, um eine Behinderung auszugleichen. Allerdings kann in derartigen Fällen auch der Träger der Pflegeversicherung bzw. bei vollstationärer Pflege der Träger des Pflegeheims für die Hilfsmittelversorgung eintrittspflichtig sein. Dies schließt allerdings nicht grundsätzlich die Leistungspflicht der Krankenkasse aus. Deren Leistungspflicht ist lediglich eingeschränkt und umfasst nicht mehr alle Gegenstände, die dem Ausgleich einer Behinderung dienen. Besteht der Verwendungszweck eines Gegenstands ganz überwiegend darin, die Durchführung der Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründet allein die Tatsache, dass er auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt wird, noch nicht die Leistungspflicht der Krankenkasse (BSG, Urteil vom 6. Juni 2002, B 3 KR 67/01 R, SozR 3-2500, § 33 Nr. 43 - Ernährungspumpe; Urteil vom 24. September 2002, B 3 KR 15/02 R, SozR 3-2500, § 33 Nr. 47 - Dekubitusmatratze). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn der Dusch-/Toilettenrollstuhl ist kein notwendiges Inventar, um die vollstationäre Pflege des Klägers zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies ergibt sich aus den Gutachten, die das Sozialgericht eingeholt hat. Insbesondere der Krankenpfleger B hat ausgeführt, dass die Bedeutung des Rollstuhls für den Kläger lediglich darin liegt, dass er bestimmte Verrichtungen selbst bewerkstelligen kann. Er kann sich innerhalb des Bades mit dem Stuhl langsam fortbewegen und den Stuhl rangieren. Er ist damit in die Lage versetzt, sich selbst das Gesicht waschen und die Zähne putzen zu können. Offen blieb in den Gutachten, ob der Kläger den Stuhlgang selbständig tätigen kann. Nach der Aussage von Dr. L ist die Verdauung medikamentös unterstützt und es müssen regelmäßige Abführtage eingehalten werden, die Urinableitung erfolgt über ein Urinal. Die Verrichtungen, die dem Kläger durch den Dusch-Toilettenrollstuhl ermöglicht werden, stellen keine Arbeitserleichterung für die Pflegekräfte dar. Der Pfleger B hat darauf hingewiesen, dass die Beaufsichtigung und Anleitung einer pflegerischen Tätigkeit regelmäßig einen größeren Zeitaufwand erfordert als die Durchführung durch die Pflegekräfte. Legt man zu Grunde, dass der Kläger in den Rollstuhl hineingesetzt und in das Bad gefahren werden muss, die Pflegekräfte hierfür also ohnehin benötigt werden, ist diese Aussage nachvollziehbar. Eine Erleichterung der Pflege erfolgt durch den Stuhl daher nicht, so dass für die Hilfsmittelversorgung nicht auf den Träger der Pflegeversicherung oder den Träger des Pflegeheims verwiesen werden kann.

Die Hilfsmittelversorgung nach § 33 Abs. 1 SGB V setzt voraus, dass das Hilfsmittel für den Behinderungsausgleich erforderlich ist, allerdings nicht im Sinne eines Vollausgleichs sämtlicher direkter und indirekter Folgen der Behinderung. Notwendig ist für eine Leistungspflicht aus der gesetzlichen Krankenversicherung der Ausgleich als medizinische, nicht aber als berufliche oder soziale Rehabilitation. Letzteres ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme (§§ 5 Nr. 1 und 6 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch - SGB IX -; BSG, Urteil vom 21. November 2002, B 3 KR 8/02 R). Ein Hilfsmittel ist von der gesetzlichen Krankenversicherung daher nur dann zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mildert und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens, zu dem auch die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums gehört, betrifft. Dabei hat die Rechtsprechung das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis der "Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraumes" im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden, Nichtbehinderten verstanden. Auch wenn ein Behinderungsausgleich keinen Vollausgleich voraussetzt, sondern verhältnismäßig geringfügige Ausweitungen des körperlichen Freiraums für den betroffenen Behinderten ausreichen lässt, ist gleichwohl erforderlich, dass dieser ein gewisses Maß an Selbständigkeit durch das Hilfsmittel erlangt und einen entscheidenden Gewinn hieraus erzielen kann (BSG, Urteil vom 28. Mai 2003, a.a.O.). Dieser Zuwachs an Selbständigkeit ist nach objektiven Maßstäben zu bemessen, nicht aber an dem Maß des persönlichen Zugewinns für den Behinderten. Zwar stellt die Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf eine Einzelfallbetrachtung ab. Jedoch ist nach dem Zusammenhang der Regelung des § 33 Abs. 1 SGB V eine an objektiven Kriterien orientierte Auslegung des Begriffs der Erforderlichkeit vorzunehmen. Dies folgt daraus, dass die Erforderlichkeit am Hilfsmittel selbst ansetzt, nicht aber an dem Zugewinn der Selbständigkeit für den Versicherten. Nach diesen Grundsätzen sind hier die Leistungsvoraussetzungen nicht erfüllt.

Der Senat sieht durchaus, dass der körperliche Freiraum des Klägers und die damit verbundenen Möglichkeiten der Selbstentfaltung außerordentlich gering sind und demzufolge der verhältnismäßig geringe Nutzen, den er aus dem Dusch-/Toilettenrollstuhl ziehen kann, für ihn eine größere Bedeutung hat, als für eine andere Person, die noch weiter gehende körperliche Möglichkeiten hat. Unter der gebotenen objektiven Betrachtungsweise darf der Senat diese subjektiven Belange jedoch nicht berücksichtigen. In dem Urteil vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) hat das BSG ausgeführt, dass das notwendige Maß an Selbstständigkeit, die als rechtfertigendes Grundbedürfnis für den Behinderungsausgleich anzusehen ist, nur dann erreicht ist, wenn ein Versicherter die Grundverrichtungen des täglichen Lebens eigenständig durchzuführen in die Lage versetzt wird. Dies setzt voraus, dass er nicht nur die Körperhygiene und den Toilettengang selbständig tätigen, sondern dass er darüber hinaus auch den Transfer durchführen kann. Der Senat lässt es dahinstehen, ob der Transfer unabdingbares Erfordernis für einen Anspruch auf Hilfsmittelversorgung ist. Maßgeblich ist jedoch, dass die Grundverrichtungen des täglichen Lebens auf jeden Fall selbständig ausgeführt werden müssen. Dies ist bei dem Kläger nicht der Fall. Wie oben ausgeführt, ist nicht bekannt, ob er den Toilettengang selbständig durchführen kann. Die Ausführungen der erstinstanzlich gehörten Sachverständigen sprechen eher dagegen. Das Duschen ist ihm eigenständig nicht möglich, er kann sich lediglich selbst mit dem Rollstuhl in die Dusche hineinfahren. Lediglich die Reinigung des Gesichts, der Zähne und - eingeschränkt - des Oberkörpers sind ihm selbständig möglich, also nur ein Teilbereich der Körperhygiene. Durch das Hilfsmittel wird es dem Kläger nur in sehr eingeschränktem Maße ermöglicht, dem Grundbedürfnis, sich selbst waschen und pflegen zu können, nachzukommen; sehr wesentliche Bereiche müssen von den Pflegekräften vorgenommen werden. Dadurch gewinnt der Kläger kein erhebliches Maß an Selbstständigkeit. Ein Anspruch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht daher nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Angesichts des Urteils des BSG vom 28. Mai 2003 (a.a.O.) sieht der Senat keine Veranlassung, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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