L 3 AL 48/04

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 2 AL 119/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 48/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 20. April 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer Sperrzeit.

Die 1978 geborene Klägerin stand vom 1. September 1995 bis 31. März 2001 in einem unbefristeten und arbeitgeberseitig nicht gekündigten Beschäftigungsverhältnis als Angestellte im Vertriebsinnendienst der Firma P GmbH in H , wo sie zuvor seit 1. September 1995 eine Ausbildung durchlaufen hatte. Das monatliche Bruttogehalt betrug zuletzt 4.516,00 DM = 2.309,00 EUR; daneben wurden Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld gewährt.

Am 2. Januar 2001 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31. März 2001, um ab 1. April 2001 eine Beschäftigung als Kinderanimateurin bei der N AG (heute: T AG) mit Geschäftssitz in Pa , Schweiz, aufzunehmen. Hierzu hatte die Klägerin mit der N AG einen individuell befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis am 1. April 2001 begann und am 31. Oktober 2001 endete. Vertragsbestandteil war im Übrigen die Bestimmungen eines Rahmenvertrages, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 27 ff. der Gerichtsakte [GA]).

Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 11. Dezember 2001 bezog die Klägerin einen monatlichen Grundlohn von durchschnittlich ca. 1.790,00 CHF = 1.147,57 EUR (Umrechnungskurs vom 15. Juli 2005).

Am 1. November 2001 meldete die Klägerin sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg).

Mit Bescheid vom 10. Januar 2002 stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. November 2001 bis 23. Januar 2002 fest und führte aus, dass während dieser Zeit der Anspruch auf Alg ruhe. Die Klägerin erhalte die Leistung erst nach Ablauf der Sperrzeit. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 90 Tage. Grund der Sperrzeit sei, dass die Klägerin durch ihre Kündigung zum 31. März 2001 ihr Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P in H selbst aufgegeben habe. Ihre Arbeitsaufgabe sei für den Eintritt der Arbeitslosigkeit ursächlich geblieben, denn das Anschluss-Arbeitsverhältnis sei von vornherein befristet gewesen. Die Klägerin habe ihr Verhalten damit begründet, dass sie eine befristete Beschäftigung bei der Firma T AG habe aufnehmen wollen. Diese Gründe hätten jedoch bei Abwägung ihrer Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden können. Auch sonst seien keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wichtigen Grundes ersichtlich. Die Sperrzeit umfasse das gesetzliche Normalmaß. Sie bedeute keine besondere Härte, weil besondere und wirtschaftliche Gründe als Folge der Sperrzeit unberücksichtigt bleiben müssten. Die Entscheidung beruhe auf § 144 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).

Mit weiterem Bescheid vom 10. Januar 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alg ab dem 24. Januar 2002 bei einem Leistungssatz von wöchentlich 165,90 EUR. Die Bewilligung wurde später aufgehoben, nachdem die Klägerin sich mit Wirkung vom 18. März 2002 in Arbeit bei der Firma G in Pb abgemeldet hatte.

Den am 26. September 2001 mit der T AG abgeschlossenen individuell befristeten Arbeitsvertrag für eine erneute Tätigkeit der Klägerin als Kinderanimateurin in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 2002 kündigte die Klägerin - wie eine im Berufungsverfahren eingeholte Stellungnahme der T AG ergeben hat - mit Schreiben vom 7. Januar 2002. Hierzu hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung erläutert, dass sie wieder in Deutschland habe arbeiten wollen. Bis zur Geburt ihres Kindes im Jahre 2004 habe sie in dem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma G gestanden.

Gegen den Sperrzeitbescheid der Beklagten legte die Klägerin mit Schreiben vom 31. Januar 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass sie für die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Firma P GmbH in H wichtige Gründe gehabt habe. Nachdem sie sich in einem Auswahlverfahren für eine Beschäftigung bei der T AG qualifiziert habe, habe sie die nicht alltägliche Möglichkeit gehabt, sich im Ausland fortzubilden und zahlreiche Auslandserfahrungen für ihren späteren Werdegang zu sammeln. Auf Grund ihrer Auslandsbeschäftigung hätten sich auch ihre Aussichten auf dem Arbeitsmarkt erheblich verbessert. Dass sie nur einen befristeten Vertrag habe abschließen können, hänge damit zusammen, dass ihr Arbeitgeber grundsätzlich nur Saisonarbeitsverträge abgeschlossen habe. Allerdings sei ihr bereits bei Vertragsabschluss in Aussicht gestellt worden, auch in der nachfolgenden Wintersaison beschäftigt zu werden. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Rahmenvertrag hinzuweisen, in dem ausdrücklich ausgeführt sei, der Arbeitgeber sei bestrebt, dem Arbeitnehmer auch während der Wintersaison ein Zielgebiet zuzuweisen (Ziff. 9). Auch das in Ziff. 2 des Rahmenvertrages nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Bruttogehalt deute darauf hin, dass der Arbeitgeber ebenfalls von einer langjährigen Beschäftigung ausgehe. Im konkreten Fall spreche hierfür auch, dass für die Zeit ab 1. April 2002 ein weiterer Arbeitsvertrag geschlossen worden sei. Insgesamt habe sie davon ausgehen und erwarten dürfen, dass sie dauerhaft und ohne Unterbrechungen bei der T AG angestellt sein würde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2002, abgesandt am 18. Juni 2002, wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Insbesondere wiederholte sie, dass ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin nicht vorliege. Bei Abwägung der Belange der Klägerin mit denen der Versichertengemeinschaft sei ihr die Fortsetzung des bisherigen Arbeitsverhältnisses so lange zumutbar gewesen, bis sie einen unbefristeten Anschlussarbeitsplatz gefunden habe. Insoweit könne auch eine der Klägerin mündlich in Aussicht gestellte Fortsetzung des befristeten Arbeitsvertrages für die Wintersaison zu keiner anderen Bewertung führen.

Die Klägerin hat am 18. Juli 2002 bei dem Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und weiter vertieft und insbesondere erneut geltend gemacht, dass ihr damaliger Arbeitgeber grundsätzlich nur Saisonverträge abgeschlossen habe, wobei man ihr eine Verlängerung in Aussicht gestellt habe. Hierzu hat die Klägerin sich auf das Zeugnis des damaligen Arbeitgebers bzw. eines Mitarbeiters bezogen.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

1. die Bescheide der Beklagten vom 10. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2002 aufzuheben bzw. abzuändern und
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr auf ihren Antrag vom 1. November 2001 Arbeitslosengeld ohne Berücksichtigung einer Sperrzeit zu gewähren.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Verfahren hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. April 2004 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt und Leistungen für diesen Zeitraum verweigert habe. Denn die Klägerin habe ihr unbefristetes Beschäftigungsverhältnis bei der Firma P zugunsten einer befristeten Anstellung bei der Firma T gekündigt und damit ersichtlich und absehbar den Eintritt von Arbeitslosigkeit in Kauf genommen. Es sei verständlich, dass sie die Beschäftigung bei T als willkommene Abwechslung angesehen habe. Zum Schutze der Solidargemeinschaft der gegen Arbeitslosigkeit Versicherten sei jedoch jeder Arbeitnehmer gehalten, das Risiko der Arbeitslosigkeit möglichst gering zu halten. Wer eine unbefristete Anstellung zugunsten einer (obendrein kurzfristig) befristeten Anstellung zudem ohne Aussicht auf eine durchgehende Verlängerung annehme, erhöhe das Risiko, arbeitslos zu werden, zulasten der Solidargemeinschaft deutlich. Das Gesetz sehe hierfür den Eintritt einer Sperrzeit vor. Die Klägerin müsse sich im Hinblick auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit auch zumindest grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen, weil sie auch nach ihrer eigenen Darstellung keine feste Zusage auf eine Weiterbeschäftigung gehabt habe. Sie habe auch nach ihrem eigenen Vorbringen gewusst, dass der Arbeitgeber grundsätzlich nur Saisonarbeitsverträge abschließe. Soweit sie hierzu vorgetragen habe, sie habe eine durchgehende und dauerhafte Beschäftigung erwartet, setze sie sich mit ihrem eigenen Vorbringen und dem eindeutigen Inhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages in Widerspruch. Dort hätten sich allenfalls rechtlich nicht verbindliche Absichtserklärungen des Arbeitgebers gefunden. Ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin liege nicht vor. Insbesondere könne sie nicht damit gehört werden, sie habe ihre Vermittlungsfähigkeit durch Auslandserfahrungen verbessern wollen. Hätte sie ihre Stelle bei P nicht selbst gekündigt, hätte sie keine Veranlassung gehabt, über ihre Vermittlungsfähigkeit nachzudenken. Auch eine besondere Härte sei nicht gegeben. Dass die Klägerin durch die Sperrzeit in finanzielle Nöte geraten sei, sei Folge des Eintritts der Sperrzeit und könne eine besondere Härte nicht begründen.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 28. April 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 26. Mai 2004 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen und rügt, dass das Sozialgericht ihrem Beweisantritt (Vernehmung des Arbeitgebers) nicht nachgegangen sei. Ergänzend nimmt die Klägerin Bezug auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26. Oktober 2004 (B 7 AL 98/03 R, SozR 4-4300 § 144 Nr. 9 = NJW 2005, S. 381), durch die sie sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt sieht.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 20. April 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr auch für die Zeit vom 1. November 2001 bis 23. Januar 2002 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt den angefochtenen Gerichtsbescheid.

Der Senat hat eine schriftliche Auskunft der T AG vom 15. Juli 2005 (nebst Anlagen) eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 113 ff. GA).

In der Berufungsverhandlung am 22. Juli 2005 ist die Klägerin persönlich gehört worden; wegen ihrer dabei gemachten Angaben wird auf die Verhandlungsniederschrift verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter erklärt.

In der Berufungsverhandlung haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die angesichts der Einverständniserklärungen der Beteiligten der Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden konnte (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide rechtsfehlerfrei sind.

Im Falle der Klägerin ist - wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht ausgeführt hat - nach § 144 SGB III in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung eine zwölfwöchige Sperrzeit eingetreten. Rechtsfolge der Sperrzeit ist das Ruhen des Alg-Anspruches (§ 144 Abs. 2 Satz 2 SGB III) sowie eine Minderung der Anspruchsdauer (§ 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III); hierauf hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht Bezug genommen.

Nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen u. a. ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Gemäß § 144 Abs. 2 SGB III beginnt die Sperrzeit mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Vorliegend ist insoweit entscheidend auf die Arbeitslosigkeit der Klägerin ab 1. November 2001 abzustellen. Diese Arbeitslosigkeit ist kausal durch die Kündigung vom 2. Januar 2001 verursacht. Zwar stand die Klägerin nach Wirksamwerden dieser Kündigung ab 1. April 2001 zunächst in einem Anschluss-Beschäftigungsverhältnis. Dieses war indessen von vornherein befristet, was die Klägerin auch wusste. Damit hat sie zumindest grob fahrlässig den Eintritt von Arbeitslosigkeit nach Auslaufen des befristeten Beschäftigungsverhältnisses in Kauf genommen. In diesem Zusammenhang kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, dass ihr nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in der Sommersaison 2001 eine Anschlussbeschäftigung für die Wintersaison in Aussicht gestellt worden sei. Eine entsprechende Zusage ist in der im Berufungsverfahren eingeholten Arbeitgeberauskunft ausdrücklich bestritten worden. Die T AG hat hierzu in der Stellungnahme vom 15. Juli 2005 glaubhaft und ohne Weiteres nachvollziehbar ausgeführt, dass sich erst im Laufe der Saison auf Grund von Eignung, Arbeitsverhalten und Engagement entscheide, ob ein weiterer Saisonvertrag angeboten und abgeschlossen werde. Dieser gelte dann für die kommende Sommersaison, seltenst für den Winter. Dass man der Klägerin im Voraus evtl. für den Winter 2001/2002 eine Animationstätigkeit in der Firma in Aussicht gestellt haben könnte, sei ausgeschlossen. Die Klägerin hat auch sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren allenfalls vage Angaben dazu machen können, inwieweit ihr eine Anschlussbeschäftigung in Aussicht gestellt worden sei. Bei Würdigung aller Umstände kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass objektiv eine Weiterbeschäftigung zugesagt worden ist.

Die Klägerin hatte für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitvorschriften. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vergl. Urteil vom 26. Oktober 2004, a.a.O., m.w.N.) ist über das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Die Versichertengemeinschaft soll sich gegen Risikofälle wehren, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Behebung er unbegründet nicht mithilft. Eine Sperrzeit tritt deshalb nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Insoweit muss der wichtige Grund nicht nur die Auflösung des Arbeitsverhältnisses überhaupt, sondern auch den konkreten Zeitpunkt der Auflösung decken.

Ergänzend hat das BSG in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2004 ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang auch den Veränderungen in den gesellschaftlichen Lebensverhältnissen Rechnung zu tragen sei. Zu Recht hätten die Vorinstanzen des am 26. Oktober 2004 entschiedenen Verfahrens darauf abgestellt, dass in der Rechtswirklichkeit der Arbeitswelt eine - auch politisch gewollte - Tendenz zum Abschluss von befristeten bzw. kurzfristigen Arbeitsverhältnissen festzustellen sei. Dies komme u. a. in dem am 2. Januar 2001 in Kraft getretenen Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I, S. 1966) zum Ausdruck, in dem es der Gesetzgeber z. B. zugelassen habe, dass in den ersten vier Jahren nach Gründung eines Unternehmens eine kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von vier Jahren zulässig sei. Dies schließe es aus, den Wechsel aus einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in ein befristetes bei einem Unternehmen, dass diese Rechte in der Neugründungsphase ausschöpfe, generell nicht als wichtigen Grund anzusehen.

Weiterhin hat das BSG in der Entscheidung vom 26. Oktober 2004 ausgeführt:

"Den von den Vorinstanzen hierzu beschrittenen rechtlichen Ansatzpunkt, aus Art. 12 Abs. 1 GG abzuleiten, dass Arbeitnehmern grundsätzlich auch die Möglichkeit offen stehen muss, befristete - ihnen attraktiv erscheinende - Arbeitsverhältnisse, zugunsten unbefristeter Arbeitsverhältnisse aufzunehmen, teilt der Senat. Allerdings muss hier nicht entschieden werden, ob dieser Grundsatz uneingeschränkt gilt. Steht von vornherein fest, dass das Anschluss-Arbeitsverhältnis auf Grund einer Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird und besteht keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses, könnte fraglich sein, ob auch in diesem Falle ein wichtiger Grund im Sinne des § 144 SGB III vorliegt, selbst wenn sich das befristete Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer als äußerst attraktiv erweist. Denn der Versicherte wechselt dann nicht nur in eine besser bezahltes oder aus sonstigen Gründen attraktiveres Beschäftigungsverhältnis. Vielmehr geht er ‘sehenden Auges’ - gleichsam aufschiebend bedingt - das Risiko der Arbeitslosigkeit ein und führt damit den Versicherungsfall bewusst herbei."

Die vorstehend aufgeworfenen Fragen hat das BSG dahinstehen lassen, weil die Klägerin in dem vom BSG entschiedenen Fall die konkrete Aussicht auf ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis beim neuen Arbeitgeber hatte.

Nach diesen Maßstäben steht der Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits für ihr Verhalten indessen kein wichtiger Grund zur Seite. Denn eine konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses hatte sie - wie ausgeführt - nicht. In einem solchen Fall ist das erkennende Gericht der Auffassung, dass der Wechsel von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis in ein befristetes Beschäftigungsverhältnis nicht von einem wichtigen Grund im Sinne der Sperrzeitvorschriften gedeckt ist. Dies gilt umso mehr, wenn das Beschäftigungsverhältnis - wie hier - nur auf wenige Monate befristet ist. Zwar mag das Beschäftigungsverhältnis bei der T AG bzw. bei der N AG für die Klägerin wegen der damit verbundenen Auslandserfahrungen und der Möglichkeit, Fremdsprachenkenntnisse zu erweitern, attraktiv gewesen sein, obwohl die Bezahlung deutlich hinter dem zuvor bezogenen Entgelt zurückblieb. Ob das Interesse der Klägerin an der Auslandsbeschäftigung jedoch wirklich so intensiv war, wie sie im verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren behauptet hat, erscheint zumindest zweifelhaft, wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin den Arbeitsvertrag für eine Beschäftigung in einer zweiten Sommersaison vom 1. April bis 31. Oktober 2002 bereits im Januar 2002 kündigte. Zu diesem vor Erteilung der Arbeitgeberauskunft nicht mitgeteilten Umstand hat die Klägerin in der Berufungsverhandlung ausgeführt, sie habe wieder in Deutschland beschäftigt sein wollen. Die hiermit zusammenhängenden Fragen bedürfen indessen keiner Vertiefung. Denn zur Überzeugung des erkennenden Gerichts überwiegt in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung des befristeten Beschäftigungsverhältnisses besteht, das Interesse der Versichertengemeinschaft an der Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Bei Abwägung der Umstände war es der Klägerin vorliegend zuzumuten, in ihrem - ohnehin besser vergüteten - Dauerarbeitsverhältnis bei der Firma P jedenfalls so lange zu verbleiben, bis ein dauerhaftes Anschlussarbeitsverhältnis begründet war oder bei befristeter Beschäftigung zumindest die konkrete Aussicht auf eine Verlängerung der Beschäftigung bestand.

Der Hinweis der Klägerin, dass die T AG bzw. die N AG einerseits nur befristete Arbeitsverträge für eine Saison abgeschlossen habe, andererseits ausweislich des Rahmenvertrages jedoch an einer längeren Betriebszugehörigkeit interessiert gewesen sei, vermag in diesem Zusammenhang nicht zu überzeugen. Soweit die Klägerin sich hierzu auf die in Ziff. 9 des Rahmenvertrages beschriebene Regelung beruft, wonach der Arbeitgeber bestrebt ist, dem Arbeitnehmer auch während der Wintersaison ein Zielgebiet zuzuweisen, bezieht sich diese Regelung ersichtlich nicht auf den Fall eines nur befristeten Beschäftigungsverhältnisses. Denn bei einer Befristung bedürfte es des nachstehenden Satzes ("sollte dies nicht möglich sein, tritt der Arbeitnehmer einen unbezahlten Urlaub an"), nicht. Auch die von der Klägerin besonders hervorgehobene Staffelung des monatlichen Bruttogehalts nach der Betriebszugehörigkeit in Ziff. 2 des Rahmenvertrages spricht nicht dagegen, dass arbeitgeberseitig zwischen befristeten Beschäftigungsverhältnissen und Dauerbeschäftigungsverhältnisses differenziert wird.

Nach allem liegt hier kein wichtiger Grund im Sinne der Sperrzeitvorschriften vor. Auch eine besondere Härte im Sinne von § 144 Abs. 3 SGB III ist nicht gegeben. Wie die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht ausgeführt hat, müssen die wirtschaftlichen Folgen der Sperrzeit als solche bei der Härteregelung außer Betracht bleiben. Auch ein etwaiger Irrtum der Klägerin über das Vorliegen eines wichtigen Grundes vermag hier zur Überzeugung des Gerichts keine besondere Härte zu begründen, weil ein solcher Irrtum angesichts der Eindeutigkeit der getroffenen schriftlichen Vereinbarungen in jedem Fall hätte vermeidbar sein können.

Aus den genannten Gründen konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen worden, weil die vom BSG in seiner Entscheidung vom 26. Oktober 2004 offen gelassene Frage, ob die Aufgabe eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses zugunsten eines befristeten Arbeitsverhältnisses auch dann vom Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne der Sperrzeitvorschriften gedeckt ist, wenn keinerlei konkrete Aussicht auf eine Verlängerung besteht, grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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