L 5 KR 68/04

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 5 KR 14/02
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 68/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. April 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Beitragseinstufung durch die Beklagten.

Er ist 1936 geboren und seit 1953 Mitglied bei der Beklagten zu 1). Wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze ist er seit 1962 freiwillig versichert. Seit 1. Juli 2001 erhält er eine Altersrente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Höhe von zunächst 3.671,37 DM monatlich sowie eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 4.166,10 DM brutto. Daneben erzielt er Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung in Höhe von etwa 7.000,00 DM. Mit Einstufungsbescheiden vom 30. Juli 2001 stufte die Beklagte zu 1) den Kläger ab 1. Juli 2001 in die Versicherungsklasse F10 0 mit einem monatlichen Beitrag von 848,26 DM ein. Den Beitrag zur Pflegeversicherung setzte die Beklagte zu 2) unter Zugrundelegung monatlicher beitragspflichtiger Einnahmen über 6.525,00 DM auf 110,92 DM fest. Mit Bescheiden vom gleichen Datum forderten die Beklagten den Kläger zur Beitragszahlung des aus der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur Zeit gezahlten Beitragszuschusses in Höhe von 247,82 DM (Krankenversicherung) und 31,21 DM (Pflegeversicherung) auf. Hiergegen legte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15. März 2000, wonach die Beitragserhebung bei allen Versicherten mit dem Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung ende, Widerspruch ein. Die Beklagte erläuterte ihre Beitragsberechnungen damit, dass sie § 240 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) entspreche. Der Kläger hielt seinen Widerspruch aufrecht und ergänzte ihn dahin, zur Absicherung seines Status habe er vor Jahrzehnten eine private Krankenhaus-Zusatzversicherung abgeschlossen. § 240 Abs. 3 SGB V verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil nur freiwillig versicherte Arbeitnehmer in der gesetzlichen Krankenkasse zur Abführung der Beitragsanteile verpflichtet seien. Mit Widerspruchsbescheiden vom 13. Dezember 2001 wiesen die Beklagten den Widerspruch zurück. Ergänzend führten sie darin aus, durch § 240 Abs. 3 SGB V (der auch für die Pflegeversicherung gelte) werde sichergestellt, dass der vom Rentenversicherungsträger gewährte Beitragszuschuss an die Krankenkasse weitergeleitet werde. Dieser Zuschuss werde dem Kläger von der BfA seit Rentenbeginn gewährt. Das Bundessozialgericht (BSG) halte diese Regelung für verfassungsgemäß. Die Entscheidung des BVerfG zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) führe zu keiner anderen Beurteilung. Diese Entscheidung habe sich auf die beitragsrechtlichen Nachteile für freiwillig versicherte Rentner gegenüber den versicherungspflichtigen Rentnern bezogen, die nicht mehr erwerbstätig seien. Eine solche Ungleichbehandlung sei bei weiterhin erwerbstätigen Rentnern nicht gegeben, denn sie zahlten im Vergleich zu beschäftigten versicherungspflichtigen Rentnern keinen ungerechtfertigt höheren Beitrag. Im Gegenteil: Bei freiwillig versicherten Rentnern sei der Beitrag, den sie auf die Rente zu entrichten hätten, auf den Beitragszuschuss durch den Rentenversicherungsträger beschränkt. Einen Eigenanteil zahlten sie nicht. Dagegen hätten versicherungspflichtige Rentner auch einen eigenen Anteil zum Krankenversicherungsbeitrag auf die Rente zu entrichten.

Der Kläger hat am 14. Januar 2002 beim Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Das BVerfG habe für Recht erkannt, dass die Beitragserhebung bei allen Versicherten mit dem Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung, die der Pflichtversicherungsgrenze entspreche, ende. § 240 Abs. 3 SGB V widerspreche Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), weil nur freiwillig versicherte Altersrentner einer gesetzlichen Krankenkasse zur Abführung der Beitragsanteile der Rentenversicherungsträger verpflichtet seien, nicht hingegen privat versicherte Altersrentner. Er zahle monatlich an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung 1.238,21 DM, während privat versicherte Altersrentner mehrere Gestaltungsmöglichkeiten zur Reduzierung der Beiträge hätten. Dadurch seien freiwillig versicherte Rentner benachteiligt. Ersatzweise beantrage er, ihn als privat versicherten Altersrentner einzustufen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die bisher unter Vorbehalt weitergeleiteten Beitragszuschüsse des Rentenversicherungsträgers zurückzuzahlen.

Die Beklagte zu 1) hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf den Inhalt ihrer Widerspruchsbescheide verwiesen und ergänzend vorgetragen, den Status eines privat versicherten Altersrentners sehe die gesetzliche Krankenversicherung nicht vor. § 240 SGB V sei im Falle des Klägers zutreffend angewandt worden.

Die Beklagten haben mit weiteren Beitragsbescheiden vom 17. Juni 2002 den Beitragszuschuss auf 134,23 EUR für die Krankenversicherung und 16,30 EUR für die Pflegeversicherung erhöht, gleiches mit Bescheiden vom 2. Juli 2003 (138,54 EUR bzw. 16,47 EUR) und mit Bescheid vom 26. März 2004 (142,42 EUR). Der Kläger hat hiergegen jeweils Widerspruch eingelegt.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 6. April 2004 die Klage abgewiesen, zur Begründung auf die Widerspruchsbescheide verwiesen und ergänzend ausgeführt: § 240 Abs. 3 SGB V widerspreche nicht dem Grundgesetz, sondern stelle vielmehr eine Gleichbehandlung mit gesetzlich versicherten Rentnern her. Dabei sei zunächst auf die Regelung selbst abzustellen, die für freiwillige Mitglieder vorschreibe, dass der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen sei, wenn neben dem Arbeitsentgelt eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen werde. Soweit dies allerdings insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führe, sei statt des entsprechenden Beitrages aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Im Ergebnis werde somit ein freiwillig Versicherter durch diese Begrenzung einerseits und die Zahlung des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers aus über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Renteneinnahmen andererseits beitragsrechtlich von vornherein so behandelt, wie ein Pflichtversicherter nach Durchführung einer Erstattung nach § 231 Abs. 2 SGB V belastet wäre. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes zu dem Gesundheitsreformgesetz stelle die Vorschrift sicher, dass die Krankenkasse bei Einnahmen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in jedem Fall die an freiwillige Mitglieder gezahlten Beitragszuschüsse der Rentenversicherung erhalte. Die Regelung sei aus Gründen der Gleichbehandlung mit versicherungspflichtigen Beschäftigten mit Rentenbezug notwendig und nach der Rechtsprechung des BSG mit dem Grundgesetz vereinbar.

Gegen das ihm am 8. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 8. Juni 2004. Zur Begründung trägt er ergänzend vor: § 240 Abs. 3 SGB V führe zu einer Ungleichbehandlung der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Rentner, die weiterhin über der Beitragsbemessungsgrenze liegende Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung erzielten, gegenüber in der privaten Krankenversicherung versicherten Rentner. Letztere könnten nämlich den Zuschuss des Rentenversicherungsträgers zur Minderung ihrer Beitragslast verwenden. Dadurch erhalte die Beklagte mehr, als ihr gemäss § 223 Abs. 3 SGB V zustehe. Auch das BSG habe dafür keine nachvollziehbare Begründung abgegeben. Das Sozialgericht sei darüber hinaus nicht darauf eingegangen, dass der Kläger seit Jahrzehnten eine private Zusatzkrankenversicherung abgeschlossen habe. Den Monatsbeitrag müsse er selbst tragen, während der privat krankenversicherte Rentner, der neben der Altersrente ebenfalls Einkommen aus abhängiger Beschäftigung über der Beitragsbemessungsgrenze beziehe, die Zuschüsse des Rentenversicherungsträgers zur Minderung der eigenen Beitragslast verwenden könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. April 2004 und die Bescheide der Beklagten vom 30. Juli 2001 hinsichtlich der neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Beitragszuschüsse in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 13. Dezember 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 17. Juni 2002, 2. Juli 2003 und 26. März 2004 und die Folgebescheide aufzuheben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie als Behörden seien an das geltende Recht gebunden und zur Überprüfung, ob Bundesgesetze mit dem Grundgesetz übereinstimmten, nicht berechtigt. § 223 Abs. 3 Satz 2 SGB V bestimme ausdrücklich, dass Einnahmen, die den Betrag der Beitragsbemessungsgrenze überschritten, außer Ansatz blieben, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimme. Und eine solche abweichende Bestimmung enthalte § 240 Abs. 3 SGB V.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die Beitragsberechnungen der Beklagten nicht zu beanstanden sind.

Für freiwillige Mitglieder, die, wie der Kläger, neben dem Arbeitsentgelt eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ist nach § 240 Abs. 3 SGB V, der auch für die gesetzliche Pflegeversicherung gilt, der Zahlbetrag der Rente getrennt von den übrigen Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze zur Beitragsberechnung zu berücksichtigen. Soweit dies insgesamt zu einer über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Beitragsbelastung führen würde, ist statt des entsprechenden Beitrages aus der Rente nur der Zuschuss des Rentenversicherungsträgers einzuzahlen. Die Anwendung dieser Vorschrift auf den Kläger durch die Beklagten ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat hinsichtlich der Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), das wiederum auf die zutreffende Begründung der Widerspruchsbescheide der Beklagten verwiesen hat (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).

Soweit sich der Kläger gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 240 Abs. 3 SGB V wendet, vermag dies nicht zu überzeugen. So hat das BSG bereits in seiner Entscheidung vom 25. April 1991 (SozR 3-2200 § 293a Nr. 1) § 240 Abs. 3 SGB V nicht als verfassungswidrig angesehen und in diesem Zusammenhang gerade auf die Unbilligkeit der Ergebnisse hingewiesen, beließe man den freiwillig Versicherten den an sie mit der Rente gezahlten Beitragszuschuss gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern ohne Rentenbezug. Der Zuschuss des Trägers der Rentenversicherung ist gerade darauf gerichtet, die auf die Rente entfallende Beitragslast zu mindern. Fällt nun die Rente aus der Beitragsbemessung heraus, weil schon mit dem Arbeitsentgelt die Beitragsbemessungsgrenze überschritten wird, so würde die Zahlung eines dem Rentner zu belassenden Beitragszuschusses durch die Rentenversicherung diesen im Ergebnis von seiner aus dem Arbeitsentgelt zu tragenden Beitragslast teilweise entlasten. Dies widerspricht der Zweckbestimmung des Beitragszuschusses des Rentenversicherungsträgers und rechtfertigt die entgegenstehende Regelung des Gesetzgebers (BSG a.a.O., vgl. auch Beschluss vom 17. Dezember 1996 - 12 BK 30/96 -).

Der vom Kläger gezogene Vergleich zu den in der privaten Krankenversicherung versicherten Rentner greift schon deswegen nicht, weil er hier auf ein ganz anderes System der Absicherung abstellt. Mit der 1962 vorgenommenen Wahl der freiwilligen Krankenversicherung hat sich der Kläger bewusst in ein von der privaten Krankenversicherung abweichendes System gesetzlich normierter Bestimmungen begeben, die wegen der strukturellen Unterschiede und auch wegen der Anbindung an das soziale Versicherungssystem nicht vergleichbar sind. So stellt etwa die Beitragsbemessung der privaten Krankenversicherung auf völlig andere einnahmensunabhängige Grundlagen ab, als die sozial ausgerichtete gesetzliche Krankenversicherung, der sich das freiwillige Mitglied anschließt. Bereits diese strukturellen Unterschiede stellen einen sachlichen Grund im Sinne des Art. 3 GG dar, der unterschiedliche Regelungen, gerade im Beitragsbereich, rechtfertigt. Aus dem gleichen Grunde geht auch der Einwand des Klägers im Hinblick auf die von ihm seit Jahrzehnten gezahlte private Zusatzkrankenversicherung fehl.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe dafür, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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