L 3 AS 39/10

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 7 AS 960/08
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 39/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei einem Auskunftsverlangen an den Partner des Hilfebedürftigen nach § 60 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB II wird die Frage, ob eine Partnerschaft vorliegt, inzident geprüft; eines gesonderten Feststellungsverfahrens bedarf es nicht.
2.Nach mehrjährigem Zusammenleben eines Mannes und einer Frau kann es trotz der übereinstimmenden Behauptung, nicht füreinander einstehen zu wollen, nach Würdigung aller Umstände bei der gesetzlichen Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II verbleiben.
Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Lübeck vom 15. März 2010 und vom 1. Juli 2010 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für die Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in dem Verfahren des Herrn M S (S.) wegen Gewährung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende als Partnerin nach § 60 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auskunftspflichtig ist.

Die 1976 geborene Klägerin bewohnt mit dem 1971 geborenen S. seit dem 1. November 2002 eine Dreizimmerwohnung unter der im Rubrum angegebenen Anschrift. Den Mietvertrag haben beide als Mieter unterzeichnet; die Miethöhe ist in dem Vertrag mit insgesamt 540,00 EUR (einschließlich Nebenkosten) angegeben. Die Klägerin bezieht Erwerbseinkünfte aus einer Tätigkeit im Einzelhandel.

S. bezog bis zum 27. September 2002 Arbeitslosengeld (Alg) von der Bundesagentur für Arbeit und anschließend Arbeitslosenhilfe. Am 22. September 2004 stellte er zum 1. Januar 2005 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die ihm die Arbeitsgemeinschaft H L als Rechtsvorgängerin des Jobcenters (im Folgenden werden die ARGE und das Jobcenter einheitlich als der Beklagte bezeichnet) zunächst antragsgemäß bewilligte. Hierbei blieben ebenso wie bei den Weiterbewilligungen bis 31. Mai 2006 Einkünfte der Klägerin unberücksichtigt.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 25. April 2006 veranlasste der Beklagte die Ausfüllung des Prüfbogens über das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft durch S. Darin heißt es unter anderem, beide hätten bereits seit ca. 2000 eine gemeinsame Wohnung bewohnt. Der Umzug sei erfolgt, weil die frühere Wohnung mit zwei Zimmern zu klein gewesen sei. Die jetzige Wohnung werde in allen Räumen gemeinsam genutzt; seinen Mietanteil zahle er auf das Konto der Klägerin. Sie lebten zwar zusammen, stünden jedoch nicht füreinander ein.

Mit Bescheid vom 8. Mai 2006 erfolgte eine Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit bis 30. November 2006; die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin blieben dabei weiterhin unberücksichtigt.

Am 8. Februar 2007 stellte S. rückwirkend zum 1. Dezember 2006 einen Fortzahlungsantrag. Mit Schreiben vom 13. Februar 2007 hörte der Beklagte ihn unter Hinweis auf die zum 1. August 2006 geänderte Fassung von § 7 Abs. 3 SGB II zu einer beabsichtigten Aufnahme der Klägerin in die Bedarfsgemeinschaft an. Hierauf sprach S. am 15. Februar 2007 bei dem Beklagten vor und versicherte, mit der Klägerin kein eheähnliches Verhältnis zu haben. Sie wohnten lediglich zusammen. Jeder trage seine laufenden Kosten für sich. Die Klägerin unterstütze ihn nicht. Er überweise seinen Mietanteil und Haushaltsgeld an die Klägerin; die Klägerin kaufe für ihn mit ein. Er werde für die Klägerin nicht einstehen und die Klägerin auch nicht für ihn.

Mit Bescheid vom 19. Februar 2007 lehnte der Beklagte den Antrag vom 8. Februar 2007 mit der Begründung ab, dass das Vorbringen von S. als Widerlegung für eine eheähnliche Gemeinschaft nicht ausreiche. Aufgrund des jahrelangen Zusammenlebens müsse der Beklagte davon ausgehen, dass beide auch Verantwortung füreinander trügen und füreinander einstehen würden. Gegen diesen Bescheid erhob S. am 27. Februar 2007 Widerspruch, zu dessen Begründung er weiterhin das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft bestritt. Nach weiterer Korrespondenz hielt S. an seinem Widerspruch fest. Unterlagen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin legte er nicht vor.

Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 4. April 2008 forderte der Beklagte die Klägerin unter Hinweis auf § 60 Abs. 4 SGB II auf, bestimmte Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu machen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Klägerin in einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft mit S. lebe, so dass ihr Einkommen nach § 9 Abs. 2 SGB II im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigen sei. Diesem Bescheid widersprach die Klägerin am 25. April 2008. Sie führte aus, dass sie keinen Leistungsantrag gestellt habe und auch nicht für S. einstehe, so dass sie nicht zur Senkung der von dem Beklagten an S. zu erbringenden Leistungen beitragen könne. Sie widerspreche deshalb der Aufforderung zur Offenlegung ihrer finanziellen Verhältnisse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung des Inhalts des Bescheides vom 4. April 2008 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 12. August 2008 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben und zur Begründung ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren weiter vertieft.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 4. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2008 aufzuheben.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Anhörung der Beteiligten zum beabsichtigten Verfahren hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2010 abgewiesen und sich zur Begründung die Rechtsauffassung des Beklagten zu Eigen gemacht. Auf die Gründe des Gerichtsbescheides wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Am 14. April 2010 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Lübeck Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 15. März 2010 eingelegt (Az. L 3 AS 39/10).

Zwischenzeitlich hatte S. nach einer Zwischenbeschäftigung vom 1. August 2007 bis 31. Januar 2009 und dem anschließenden Bezug von Alg I bis 30. September 2009 bei dem Beklagten am 28. September 2009 einen erneuten Leistungsantrag gestellt, auf den am 21. Oktober 2009 wegen der weiterhin ungeklärten Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft eine nur vorläufige Bewilligung erfolgte. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 forderte der Beklagte die Klägerin erneut unter Bezugnahme auf § 60 Abs. 4 SGB II auf, Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen. Hiergegen hat die Klägerin am 11. Dezember 2009 bei dem Sozialgericht Lübeck Klage erhoben, die das Sozialgericht nach Anhörung zum beabsichtigten Verfahren mit Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2010 abgewiesen hat. Die Gründe des Gerichtsbescheides entsprechen inhaltlich wie auch das Vorbringen der Beteiligten dem ersten Verfahren. Gegen den Gerichtsbescheid vom 1. Juli 2010 hat die Klägerin am 5. August 2010 Berufung eingelegt (Az. L 3 AS 75/10).

In der Berufungsverhandlung am 29. April 2011 sind beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.

Zur Begründung ihrer Berufungen vertieft die Klägerin weiterhin ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 15. März 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2008 aufzuheben, 2. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 1. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 aufzuheben.

Der Beklagte, die ebenfalls an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält, beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

In der Berufungsverhandlung am 29. April 2011 ist die Klägerin persönlich gehört worden; S. ist als Zeuge zu Art und Umständen seines Zusammenlebens mit der Klägerin und zur Frage des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft gehört worden. Wegen der von der Klägerin sowie von S. gemachten Angaben wird auf die Verhandlungsniederschrift Bezug genommen.

Die die Leistungsangelegenheit des S. einschließlich der gegenüber der Klägerin ergangenen Bescheide betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Gerichtsakten haben vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerin, über die nach den Einverständniserklärungen der Beteiligten der Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden konnte (§ 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), sind zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 4. April 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2008 und der Bescheid vom 20. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat die Klägerin zu Recht aufgefordert, die in den angefochtenen Bescheiden näher beschriebenen Auskünfte zu erteilen.

Rechtsgrundlage der angefochtenen Bescheide ist § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift haben, wenn Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen sind, diese Partner auf Verlangen hierüber Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich ist. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c) SGB II unter anderem eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

Adressat des Auskunftsverlangens nach § 60 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist ausschließlich der Partner des Hilfebedürftigen. Die Frage, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliegt, hat die Behörde vor der Geltendmachung des Auskunftsersuchens von Amts wegen zu prüfen. Ein mit einem feststellenden Verwaltungsakt abschließendes gesondertes Verwaltungsverfahren ist dabei weder geboten noch überhaupt zulässig; es genügt die inzidente Feststellung in der Aufforderung zur Auskunft (Voelzke in Hauck/ Noftz, SGB II, K § 60 Rz 40). Die Zustimmung des Hilfebedürftigen zur Auskunft ist nicht erforderlich (Voelzke a.a.O. Rz 40a).

Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin Partnerin des S. im Sinne der genannten Bestimmungen ist.

Nach § 7 Abs. 3a SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen. Im Falle der Klägerin greift die Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II, weil sie mit S. bereits seit dem Jahr 2000 zusammenlebt. Das Zusammenleben erfolgt in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. zu diesem Erfordernis Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 7. Januar 2011, L 7 AS 115/09 (juris)), in der die Klägerin und S. "aus einem Topf wirtschaften" (vgl. dazu allg. Bundessozialgericht, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 68/07 R (juris)). Dass die Klägerin und S. diesen "Topf" - um im Bild zu bleiben - gemeinsam durch anteilige Einzahlungen füllen, steht der Annahme einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nicht entgegen. Die Klägerin und S. nutzen sämtliche Räume der Wohnung gemeinsam, kaufen für ihre Haushaltsgemeinschaft ein, essen zusammen, waschen die anfallende Wäsche gemeinschaftlich und praktizieren auch sonst in jeder Hinsicht ein Zusammenleben, das über eine bloße Wohngemeinschaft deutlich hinausgeht.

Die aus § 7 Abs. 3a Nr. 1 SGB II folgende Vermutungsregel ist nach dem Gesamtergebnis der Verfahren (§ 128 SGG) nicht widerlegt worden. Zwar haben die Klägerin und S. in der Berufungsverhandlung - wie bisher - übereinstimmend bekundet, nicht füreinander einstehen zu wollen. Diese Einlassung ist jedoch nicht geeignet, dem Gericht die Überzeugung vom Nichtvorliegen der gesetzlich vermuteten Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft zu vermitteln. Ein schlichtes Bestreiten des Einstandswillens genügt nicht zur Widerlegung der Vermutungsregel des § 7 Abs. 3a SGB II. Vielmehr müssen objektive Hinweistatsachen dafür vorliegen. Allein eine diesbezügliche Verlautbarung führt insbesondere dann nicht zur Verneinung einer Einstandsgemeinschaft, wenn entgegenstehende Indizien offenkundig sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Februar 2011, L 7 AS 1770/10 B (juris)). In diesem Zusammenhang ist der Dauer des Zusammenlebens der Klägerin mit S. und dem Umstand des 2002 erfolgten Umzugs von einer bereits gemeinsam genutzten Wohnung in die jetzige Wohnung besonderes Gewicht beizumessen. Zwar kommt es wesentlich auf die Umstände im Zeitpunkt des Erlasses des ersten Auskunftsersuchens vom 4. April 2008 an; die Klägerin und S. haben allerdings in der Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass sich die Verhältnisse seither nicht wesentlich geändert hätten, so dass inzwischen sogar von einem mehr als zehnjährigen Zusammenleben auszugehen ist. Das Zusammenleben in einer gemeinsamen Wohnung ohne Trennung der Wohnbereiche bedingt eine besondere Nähe, die wesentliche Einschränkungen in der eigenen Lebensgestaltung und Intimität mit sich bringt. Wer sich einer solchen Situation für einen längeren Zeitraum aussetzt, zeigt objektiv nach außen ein starkes Maß an Vertrautheit und gegenseitiger Rücksichtnahme, was ein gegenseitiges Einstehen in Notsituationen nahe legt (Valgolio in Hauck/Noftz, a.a.O. K § 7 Rz 184 m.w.N.). Dieser Eindruck wird durch den 2002 erfolgten gemeinsam Umzug der Klägerin und S. in eine wiederum gemeinsame Wohnung und die besondere Dauer des Zusammenlebens noch verstärkt. Beide haben bei ihrer Befragung in der Berufungsverhandlung den Eindruck vermittelt, als Paar zusammenzuleben, auch wenn durchaus im Einzelnen unterschiedliche Interessen und eigene Freizeitgestaltungen vorhanden sein mögen. Die Wohnung wird in vollem Umfang von beiden genutzt; dies ist unabhängig davon, ob die Möbel oder Gebrauchsgegenstände im Eigentum beider stehen oder ob es sich um eingebrachte Sachen im Eigentum der Klägerin oder von S. handelt. Darüber hinaus haben sowohl die Klägerin als auch S. den Eindruck vermittelt, dass ihre Beziehung neben der gelebten Partnerschaft keinen Raum für eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt. Zwar hat S. insoweit sinngemäß bekundet, er könne der Klägerin einen anderen Freund nicht verbieten und würde eine solche Situation nicht unbedingt als Anlass zum Auszug ansehen. Wenn er jedoch gleichzeitig geäußert hat, eher müsse die Klägerin in solch einer Situation ausziehen, macht dies gerade deutlich, dass für eine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art kein Raum wäre. Die Schilderungen der Klägerin stehen dieser Einschätzung nicht entgegen.

Dass sowohl die Klägerin als auch S. angegeben haben, bestimmte Freiräume zu benötigen (Rückzugsmöglichkeiten in ein eigenes Zimmer, alleiniger Kontakt mit bestimmten Freunden, getrennte Urlaube) lässt nicht zwingend auf das Nichtbestehen einer Einstandsgemeinschaft schließen. Ebenso kommt dem Umstand getrennter Kassen und gemeinsamer Tragung entstehender Kosten kein entscheidendes Gewicht zu. Selbst in einer Ehe ist eine derartige Gestaltung des Zusammenlebens keinesfalls ausgeschlossen.

Nach allem muss es zur Überzeugung des Gerichts bei der aus § 7 Abs. 3a SGB II folgenden Vermutung verbleiben, so dass der Beklagte zu Recht vom Vorliegen einer Partnerschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Buchst. c) SGB II ausgegangen ist.

Angesichts dessen konnten die Berufungen keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich am Ausgang der Verfahren.

Es bestand kein Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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