Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 10 AS 211/11 PKH
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 12/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein Beteiligter, der das Kostenrisiko eines Sozialgerichtsverfahrens im Hinblick auf die Anwaltsgebühren vernünftig abwägt, wird versuchen, sein Ziel höherer Leistungen wegen aus seiner Sicht verfassungswidrig zu niedrig festgelegter Regelbedarfe möglichst ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu erreichen. Grundsätzlich ist es den Empfängern von Grundsicherungsleistungen, die die gesetzliche Festlegung des Regelsatzes seit der Neuregelung zum 1. Januar 2011 für verfassungswidrig halten, zuzumuten, ihr Verfahren im Widerspruchsverfahren nicht (weiter) zu betreiben, da diese Frage bereits in anderen Verfahren sowohl in der Revisionsinstanz als auch (inzwischen) beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. November 2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. &8195;
Gründe:
I.
Die Beschwerde betrifft die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) in einem beim Sozialgericht anhängigen Hauptsacheverfahren, das die verfassungsrechtliche Bewertung der Regelbedarfe nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) seit dem 1. Januar 2011 zum Gegenstand hat. Die Klägerin und ihre beiden 1994 geborenen Kinder beziehen Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte den Klägern ursprünglich mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 30. April 2011 ausgehend von der zu diesem Zeitpunkt noch rechtsgültigen Regelbedarf¬leistung von 359,00 EUR (für die Klägerin zu 1)). Den dagegen erhobenen Widerspruch begründeten die anwaltlich vertretenen Kläger nicht, insbesondere machten sie weder die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes geltend noch baten sie um die Zurückstellung der Entscheidung über den Widerspruch im Hinblick auf die Klärung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen oder des Inkrafttreten des Gesetzes. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2011 erhoben sie am 17. Februar 2011 Klage, die sie zunächst allein damit begründeten, der zugrunde gelegte Regelsatz von 359,00 EUR für die Klägerin zu 1) sei ab dem 1. Januar 2011 nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zitiert nach juris) zu niedrig.
Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 30. April 2011 ausgehend von einem Regelbedarf für die Klägerin zu 1) in Höhe von 364,00 EUR und einem Regelbedarf für die 1994 geborenen Kläger zu 2) und 3) in Höhe von je 287,00 EUR. Trotz mehrfacher Aufforderung erfolgte keine ergänzende Klagebegründung.
Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 8. November 2011 die Bewilligung von PKH mit der Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig sei. Nach dem Inhalt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei auf jeden Fall sichergestellt gewesen, dass rückwirkend höhere Leistungen zum 1. Januar 2011 gewährt würden.
Gegen den ihnen am 5. Dezember 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Januar 2012 erhobene Beschwerde. In dieser begründen die Kläger die Klage in der Hauptsache nunmehr umfänglich im Hinblick auf die abstrakte Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfes ab dem 1. Januar 2011. Sie beanspruchen in einem standardisierten Schriftsatz ohne Einzelfallbezug (etwa im Hinblick auf die inzwischen volljährigen Kinder) die Gewährung weiterer Leistungen unter Anerkennung höherer Regelbedarfe für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2011 und beantragen zusätzlich, den Rechtsstreit nach Art. 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob die §§ 20 Abs. 2 Satz 1, 23 Nr. 1, 77 Abs. 4 Nr. 3 SGB II sowie § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 5 RBEG in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 2. Oktober 2010 verfassungswidrig sind. Sie führen im Einzelnen aus, dass die Regelbedarfsstufen in qualitativer und quantitativer Hinsicht fehlerhaft festgelegt seien, was sich insbesondere auf die Festlegung der Referenzgruppe beziehe. Außerdem sei die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 als Datengrundlage nicht ausreichend, es liege eine unzulässige Vermischung des Warenkorbmodells und des Statistikmodells vor, was insbesondere an den unzulässigen Abschlägen für alkoholische Getränke und Tabakwaren, Gaststättenbesuche und weiterer nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht regelbedarfsrelevanter Ausgaben läge. Zudem seien die Mobilitätskosten und Stromkosten fehlerhaft eingerechnet worden. Bei Kindern liege keine ausreichende und realitätsgerechte Festlegung des Teilhabe- und Bildungsbedarfs vor. Schließlich habe kein transparentes und nachvollziehbares Gesetzgebungsverfahren insbesondere hinsichtlich der Kinderregelbedarfe stattgefunden, weshalb die Begründungspflicht des Gesetzgebers verletzt sei. Die vorstehend skizzierte Rechtsfrage sei in dem Revisionsverfahren u. a. zum Aktenzeichen B 14 AS 131/11 R anhängig.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. November 2011 aufzuheben und ihnen für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Lars Thomsen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beklagte hat im Beschwerdeverfahren die Auffassung vertreten, dass die vorliegende Beschwerde keinen Erfolg habe und sich zur Begründung auf die bislang ergangene Rechtsprechung der Landessozialgerichte berufen (u. a. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 10. Juni 2011 – L 12 AS 1077/11 – sowie Beschluss vom 24. Oktober 2011 – L 13 AS 4271/11 B -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. Feb¬ruar 2012 – L 11 AS 49/12 B PKH -). Nach Auffassung des Beklagten stehen die ermittelten Regelbedarfe im Einklang mit der Verfassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
1. Die fristgemäß erhobene Beschwerde ist zulässig. Die Ausschlussgründe nach § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greifen nicht ein, da es sich vorliegend weder um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt (Nr. 1), noch das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH verneint hat (Nr. 2).
Obwohl der Beschwerdewert nach Würdigung des gesamten Vorbringens unter 750,00 EUR liegt, ist die im Januar 2012 erhobene Beschwerde auch statthaft. Dies folgt aus §§ 172 Abs. 1, 3, 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (BGBl I 2010, S. 1127) vom 5. August 2010.
Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine "andere Bestimmung" im Sinne dieses Gesetzes ist für Beschwerden gegen die Ablehnung von PKH allein § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGG. Für eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist deshalb seit der Änderung zum 11. Au¬gust 2010 kein Raum mehr. Der Gesetzgeber hat damit weiteren Regelungsbedarf gesehen und § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG dahingehend ergänzt, dass die Beschwerde gegen Entscheidungen über einen PKH-Antrag im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen ist, wenn in der Hauptsache die Beschwerde nicht zulässig wäre. Dadurch hat der Gesetzgeber eine detaillierte und auch fallgruppendifferenzierte Regelung der Statthaftigkeit der Beschwerden gegen PKH-Ableh¬nungen getroffen, so dass die entsprechende Anwendung einer rechtsschutzeinschränkenden zivilprozessualen Regelung ausgeschlossen ist (vgl. dazu ausführlich des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2011 L 6 AS 52/11 B PKH – zitiert nach juris; ebenso: Beschluss des 2. Senats des Schleswig-Holstei¬nischen Landessozialgerichts vom 4. Oktober 2011 L 2 SB 124/11 B PKH – und des 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Beschluss vom 10. August 2011 – L 5 KR 213/10 B PKH; a. A.: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Mai 2011 L 3 AL 65/11 B PKH; Beschluss vom 9. Mai 2011 L 11 AS 33/11 B PKH, Beschluss vom 9. Mai 2011 - L 9 SO 29/11 B PKH ).
Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber bei Ablehnung von PKH die Beschwerdemöglichkeit weiter einschränken wollte, ergeben sich auch nicht auch aus den Gesetzesmaterialien. Denn obwohl der Bundesrat in seiner am 7. Mai 2010 beschlossenen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgeschlagen hatte, einen entsprechenden Beschwerdeausschuss auch für die Verfahren der Hauptsache einzuführen, um hierdurch den in der Rechtsprechung über die Reichweite des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO geführten Meinungsstreit zu beenden (vgl. BR-Drucksache 152/10 [Beschluss, S. 5]), ist dieser Vorschlag nicht im Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen worden. Gleichzeitig ist der Gegenäußerung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/1684, S. 26) zu entnehmen, dass die Bundesregierung den Vorschlag im weiteren Gesetzgebungsverfahren prüfen wird. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Meinungsstreit durch den Gesetzgeber nunmehr in die andere Richtung beendet worden ist, als vom Bundesrat befürwortet.
Eine Differenzierung zwischen Entscheidungen über PKH im Eilverfahren und Hauptsacheverfahren, die jeweils den Beschwerdewert nicht übersteigen, ist auch sachlich gerechtfertigt. Während im Eilverfahren die Beschwerde in der Sache ausgeschlossen ist und eine andere PKH-Entscheidung des Landessozialgerichts etwa zu den Erfolgsaussichten nur der Einheitlichkeit der Rechtsprechung widersprechen würde, ist bei Hauptsache¬entscheidungen, die den Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 SGG nicht übersteigen, die Möglichkeit der Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht oder die Zugangsmöglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht eröffnet. Insofern bestehen nur im Hauptsacheverfahren materielle Überprüfungsmöglichkeiten des Landessozialgerichts.
2. Die Beschwerde der Kläger ist jedoch unbegründet, da grundsätzlich keine PKH für Gerichtsverfahren, mit denen allein die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes seit dem 1. Januar 2011 geltend gemacht wird, zu gewähren ist, sofern die Kläger sich nicht erfolglos bemüht haben, ihr Klageziel auf einem einfacheren und kostengünstigeren Weg zu erreichen.
Gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO ist PKH zu bewilligen, wenn ein Beteiligter nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es kann offenbleiben, ob das Verfahren im Hinblick auf die ausführlichen und fundiert begründeten Vorlagebeschlüsse der 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 (S 55 AS 29349/11 und andere) in der Sache Aussicht auf Erfolg hat, da die Rechtsverfolgung mutwillig ist. Nach § 114 ZPO mutwillig erscheint eine Rechtsverfolgung, wenn ein verständiger und vernünftiger anderer Beteiligter, der für die Kosten selbst aufkommen muss, diesen Prozess nicht führen würde (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl. § 73a Rdn. 8). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat geklärt, dass die Fachgerichte bei der Gewährung von PKH die sich aus dem Gleichheitsprinzip in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Anforderungen zu beachten haben, wobei keine vollständige Gleichheit Unbemittelter, sondern nur eine weitgehende Angleichung geboten ist (BVerfG, Beschluss vom 18. November 2009 – 1 BvR 2455/08 – zitiert nach juris Rdn. 9). Vergleichsperson ist derjenige Bemittelte, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Der Gleichheitssatz steht damit auch einer Besserstellung desjenigen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vornherein kein Kostenrisiko trägt, gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen muss, entgegen (BVerfG a. a. O.).
Ein Beteiligter, der das Kostenrisiko eines Sozialgerichtsverfahrens im Hinblick auf die Anwaltsgebühren vernünftig abwägt, wird versuchen, sein Ziel höherer Leistungen wegen aus seiner Sicht verfassungswidrig zu niedrig festgelegter Regelbedarfe möglichst ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu erreichen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Bescheide nach dem SGB II ohne Vorläufigkeitserklärung bestandskräftig werden, wenn kein Widerspruch eingelegt wird. Das Überprüfungsverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sichert ungeachtet der zeitlichen Verkürzung nicht in jedem Fall, dass bei einer denkbaren vom BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit der Betroffene von einer möglicherweise günstigen Regelung profitiert. Solange das Widerspruchsverfahren jedoch noch anhängig ist, haben es die Hilfesuchenden in der Hand, bei den JobCentern um die Zurückstellung über die Entscheidung über den Widerspruch zu bitten oder auch seit der Anhängigkeit des Vorlagebeschlusses zu den §§ 19, 20 SGB II beim BVerfG eine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zu beantragen. Dies gilt in gesteigertem Maße bei anwaltlicher Vertretung im Widerspruchsverfahren. Grundsätzlich ist es den Empfängern von Grundsicherungsleistungen, die die gesetzliche Festlegung des Regelsatzes seit der Neuregelung zum 1. Januar 2011 für verfassungswidrig halten, zuzumuten, ihr Verfahren im Widerspruchsverfahren nicht (weiter) zu betreiben, da diese Frage bereits in anderen Verfahren sowohl in der Revisionsinstanz als auch (inzwischen) beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Ob in Fällen, in denen Besonderheiten gegenüber den bei der Revisionsinstanz oder beim BVerfG anhängigen Verfahren etwa im Hinblick auf die Personen- oder Altersgruppe oder auf den Bedarf geltend gemacht oder andere, bisher nicht in den Vorlagebeschlüssen berücksichtigte Aspekte eingebracht werden, eine Durchführung des Widerspruchsverfahrens mit dem Ziel einer Vorlage oder ggfs. eigenständigen Verfassungsbeschwerde geboten sein kann, braucht nicht entschieden werden. Die hier im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der PKH erstmals erfolgte substantielle Klagebegründung fasst lediglich die bekannten Argumente für eine Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen zusammen und geht trotz der Länge des Schriftsatzes nicht auf denkbare verfassungsrechtlich relevante Besonderheiten des Einzelfalls ein. Die Kläger haben ihren Widerspruch trotz Erinnerung überhaupt nicht begründet, erst recht haben sie sich nicht um eine Zurückstellung des Widerspruchs im Hinblick auf denkbare verfassungsrechtliche Aspekte bemüht. Angesichts der Gefahr einer Untätigkeitsklage ist es dem Beklagten nicht vorzuwerfen, dass er über den Widerspruch entschieden hat. Ein Beteiligter, der das Kostenrisiko selbst trägt, hätte jedoch nach Wegen gesucht, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.
Selbst wenn ein Gerichtsverfahren anhängig ist oder sich nicht vermeiden lässt, ist eine anwaltliche Vertretung allein bezogen auf die Verfolgung der verfassungsrechtlichen Aspekte nicht erforderlich im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Da das Verfahren vor den Sozialgerichten für die Kläger im Bereich des SGB II gerichtskostenfrei ist und die Bewilligung von PKH ausschließlich Bedeutung für die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat, entfällt die Notwendigkeit einer Bewilligung von PKH, wenn keine anwaltliche Vertretung erforderlich ist. Bei der Massenverwaltung im SGB II, in der in nahezu jedem Einzelfall die Höhe der Regelsätze leistungsrelevant ist, ist es jedoch nicht erforderlich, dass zahllose gleichartige Verfahren von den Gerichten betrieben, entschieden und ggfs. mit Verfassungsbeschwerden weiterverfolgt werden. Sofern im Gerichtsverfahren ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe geltend gemacht wird und das konkrete Verfahren keine Besonderheiten aufweist, die von verfassungsrechtlicher Relevanz sein könnten, ist ein Ruhen des Verfahrens nach § 202 SGG in Verbindung mit § 251 ZPO auf Antrag der Beteiligten möglich und zweckmäßig. Für ein solches dann formell ruhend gestelltes oder im Verfahrensablauf zurückgestelltes Verfahren ist eine anwaltliche Vertretung jedoch nicht erforderlich (so auch LSG Berlin-Branden¬burg, Beschluss vom 29. Februar 2012 – L 14 AS 206/12 B PKH).
Außergerichtliche Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beschwerde betrifft die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) in einem beim Sozialgericht anhängigen Hauptsacheverfahren, das die verfassungsrechtliche Bewertung der Regelbedarfe nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) seit dem 1. Januar 2011 zum Gegenstand hat. Die Klägerin und ihre beiden 1994 geborenen Kinder beziehen Leistungen nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte den Klägern ursprünglich mit Bescheid vom 4. Oktober 2010 Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 30. April 2011 ausgehend von der zu diesem Zeitpunkt noch rechtsgültigen Regelbedarf¬leistung von 359,00 EUR (für die Klägerin zu 1)). Den dagegen erhobenen Widerspruch begründeten die anwaltlich vertretenen Kläger nicht, insbesondere machten sie weder die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes geltend noch baten sie um die Zurückstellung der Entscheidung über den Widerspruch im Hinblick auf die Klärung grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Fragen oder des Inkrafttreten des Gesetzes. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2011 erhoben sie am 17. Februar 2011 Klage, die sie zunächst allein damit begründeten, der zugrunde gelegte Regelsatz von 359,00 EUR für die Klägerin zu 1) sei ab dem 1. Januar 2011 nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – zitiert nach juris) zu niedrig.
Mit Änderungsbescheid vom 26. März 2011 bewilligte der Beklagte den Klägern höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 30. April 2011 ausgehend von einem Regelbedarf für die Klägerin zu 1) in Höhe von 364,00 EUR und einem Regelbedarf für die 1994 geborenen Kläger zu 2) und 3) in Höhe von je 287,00 EUR. Trotz mehrfacher Aufforderung erfolgte keine ergänzende Klagebegründung.
Das Sozialgericht Itzehoe hat mit Beschluss vom 8. November 2011 die Bewilligung von PKH mit der Begründung abgelehnt, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig sei. Nach dem Inhalt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sei auf jeden Fall sichergestellt gewesen, dass rückwirkend höhere Leistungen zum 1. Januar 2011 gewährt würden.
Gegen den ihnen am 5. Dezember 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 5. Januar 2012 erhobene Beschwerde. In dieser begründen die Kläger die Klage in der Hauptsache nunmehr umfänglich im Hinblick auf die abstrakte Verfassungswidrigkeit des Regelbedarfes ab dem 1. Januar 2011. Sie beanspruchen in einem standardisierten Schriftsatz ohne Einzelfallbezug (etwa im Hinblick auf die inzwischen volljährigen Kinder) die Gewährung weiterer Leistungen unter Anerkennung höherer Regelbedarfe für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2011 und beantragen zusätzlich, den Rechtsstreit nach Art. 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorzulegen, ob die §§ 20 Abs. 2 Satz 1, 23 Nr. 1, 77 Abs. 4 Nr. 3 SGB II sowie § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 5 RBEG in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 2. Oktober 2010 verfassungswidrig sind. Sie führen im Einzelnen aus, dass die Regelbedarfsstufen in qualitativer und quantitativer Hinsicht fehlerhaft festgelegt seien, was sich insbesondere auf die Festlegung der Referenzgruppe beziehe. Außerdem sei die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 als Datengrundlage nicht ausreichend, es liege eine unzulässige Vermischung des Warenkorbmodells und des Statistikmodells vor, was insbesondere an den unzulässigen Abschlägen für alkoholische Getränke und Tabakwaren, Gaststättenbesuche und weiterer nach Einschätzung des Gesetzgebers nicht regelbedarfsrelevanter Ausgaben läge. Zudem seien die Mobilitätskosten und Stromkosten fehlerhaft eingerechnet worden. Bei Kindern liege keine ausreichende und realitätsgerechte Festlegung des Teilhabe- und Bildungsbedarfs vor. Schließlich habe kein transparentes und nachvollziehbares Gesetzgebungsverfahren insbesondere hinsichtlich der Kinderregelbedarfe stattgefunden, weshalb die Begründungspflicht des Gesetzgebers verletzt sei. Die vorstehend skizzierte Rechtsfrage sei in dem Revisionsverfahren u. a. zum Aktenzeichen B 14 AS 131/11 R anhängig.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Itzehoe vom 28. November 2011 aufzuheben und ihnen für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Lars Thomsen zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beklagte hat im Beschwerdeverfahren die Auffassung vertreten, dass die vorliegende Beschwerde keinen Erfolg habe und sich zur Begründung auf die bislang ergangene Rechtsprechung der Landessozialgerichte berufen (u. a. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 10. Juni 2011 – L 12 AS 1077/11 – sowie Beschluss vom 24. Oktober 2011 – L 13 AS 4271/11 B -; Bayerisches LSG, Beschluss vom 8. Feb¬ruar 2012 – L 11 AS 49/12 B PKH -). Nach Auffassung des Beklagten stehen die ermittelten Regelbedarfe im Einklang mit der Verfassung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und auf die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
1. Die fristgemäß erhobene Beschwerde ist zulässig. Die Ausschlussgründe nach § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) greifen nicht ein, da es sich vorliegend weder um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt (Nr. 1), noch das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der PKH verneint hat (Nr. 2).
Obwohl der Beschwerdewert nach Würdigung des gesamten Vorbringens unter 750,00 EUR liegt, ist die im Januar 2012 erhobene Beschwerde auch statthaft. Dies folgt aus §§ 172 Abs. 1, 3, 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze (BGBl I 2010, S. 1127) vom 5. August 2010.
Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine "andere Bestimmung" im Sinne dieses Gesetzes ist für Beschwerden gegen die Ablehnung von PKH allein § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGG. Für eine entsprechende Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist deshalb seit der Änderung zum 11. Au¬gust 2010 kein Raum mehr. Der Gesetzgeber hat damit weiteren Regelungsbedarf gesehen und § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG dahingehend ergänzt, dass die Beschwerde gegen Entscheidungen über einen PKH-Antrag im Rahmen eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen ist, wenn in der Hauptsache die Beschwerde nicht zulässig wäre. Dadurch hat der Gesetzgeber eine detaillierte und auch fallgruppendifferenzierte Regelung der Statthaftigkeit der Beschwerden gegen PKH-Ableh¬nungen getroffen, so dass die entsprechende Anwendung einer rechtsschutzeinschränkenden zivilprozessualen Regelung ausgeschlossen ist (vgl. dazu ausführlich des erkennenden Senats vom 20. Dezember 2011 L 6 AS 52/11 B PKH – zitiert nach juris; ebenso: Beschluss des 2. Senats des Schleswig-Holstei¬nischen Landessozialgerichts vom 4. Oktober 2011 L 2 SB 124/11 B PKH – und des 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts, Beschluss vom 10. August 2011 – L 5 KR 213/10 B PKH; a. A.: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 30. Mai 2011 L 3 AL 65/11 B PKH; Beschluss vom 9. Mai 2011 L 11 AS 33/11 B PKH, Beschluss vom 9. Mai 2011 - L 9 SO 29/11 B PKH ).
Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber bei Ablehnung von PKH die Beschwerdemöglichkeit weiter einschränken wollte, ergeben sich auch nicht auch aus den Gesetzesmaterialien. Denn obwohl der Bundesrat in seiner am 7. Mai 2010 beschlossenen Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgeschlagen hatte, einen entsprechenden Beschwerdeausschuss auch für die Verfahren der Hauptsache einzuführen, um hierdurch den in der Rechtsprechung über die Reichweite des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO geführten Meinungsstreit zu beenden (vgl. BR-Drucksache 152/10 [Beschluss, S. 5]), ist dieser Vorschlag nicht im Gesetzgebungsverfahren aufgegriffen worden. Gleichzeitig ist der Gegenäußerung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/1684, S. 26) zu entnehmen, dass die Bundesregierung den Vorschlag im weiteren Gesetzgebungsverfahren prüfen wird. Daraus kann nur geschlossen werden, dass der Meinungsstreit durch den Gesetzgeber nunmehr in die andere Richtung beendet worden ist, als vom Bundesrat befürwortet.
Eine Differenzierung zwischen Entscheidungen über PKH im Eilverfahren und Hauptsacheverfahren, die jeweils den Beschwerdewert nicht übersteigen, ist auch sachlich gerechtfertigt. Während im Eilverfahren die Beschwerde in der Sache ausgeschlossen ist und eine andere PKH-Entscheidung des Landessozialgerichts etwa zu den Erfolgsaussichten nur der Einheitlichkeit der Rechtsprechung widersprechen würde, ist bei Hauptsache¬entscheidungen, die den Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 SGG nicht übersteigen, die Möglichkeit der Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht oder die Zugangsmöglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde zum Landessozialgericht eröffnet. Insofern bestehen nur im Hauptsacheverfahren materielle Überprüfungsmöglichkeiten des Landessozialgerichts.
2. Die Beschwerde der Kläger ist jedoch unbegründet, da grundsätzlich keine PKH für Gerichtsverfahren, mit denen allein die Verfassungswidrigkeit des Regelsatzes seit dem 1. Januar 2011 geltend gemacht wird, zu gewähren ist, sofern die Kläger sich nicht erfolglos bemüht haben, ihr Klageziel auf einem einfacheren und kostengünstigeren Weg zu erreichen.
Gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 ZPO ist PKH zu bewilligen, wenn ein Beteiligter nach seinen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Es kann offenbleiben, ob das Verfahren im Hinblick auf die ausführlichen und fundiert begründeten Vorlagebeschlüsse der 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 (S 55 AS 29349/11 und andere) in der Sache Aussicht auf Erfolg hat, da die Rechtsverfolgung mutwillig ist. Nach § 114 ZPO mutwillig erscheint eine Rechtsverfolgung, wenn ein verständiger und vernünftiger anderer Beteiligter, der für die Kosten selbst aufkommen muss, diesen Prozess nicht führen würde (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl. § 73a Rdn. 8). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat geklärt, dass die Fachgerichte bei der Gewährung von PKH die sich aus dem Gleichheitsprinzip in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Anforderungen zu beachten haben, wobei keine vollständige Gleichheit Unbemittelter, sondern nur eine weitgehende Angleichung geboten ist (BVerfG, Beschluss vom 18. November 2009 – 1 BvR 2455/08 – zitiert nach juris Rdn. 9). Vergleichsperson ist derjenige Bemittelte, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Der Gleichheitssatz steht damit auch einer Besserstellung desjenigen, der seine Prozessführung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten muss und daher von vornherein kein Kostenrisiko trägt, gegenüber dem Bemittelten, der sein Kostenrisiko wägen muss, entgegen (BVerfG a. a. O.).
Ein Beteiligter, der das Kostenrisiko eines Sozialgerichtsverfahrens im Hinblick auf die Anwaltsgebühren vernünftig abwägt, wird versuchen, sein Ziel höherer Leistungen wegen aus seiner Sicht verfassungswidrig zu niedrig festgelegter Regelbedarfe möglichst ohne Inanspruchnahme der Gerichte zu erreichen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Bescheide nach dem SGB II ohne Vorläufigkeitserklärung bestandskräftig werden, wenn kein Widerspruch eingelegt wird. Das Überprüfungsverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sichert ungeachtet der zeitlichen Verkürzung nicht in jedem Fall, dass bei einer denkbaren vom BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit der Betroffene von einer möglicherweise günstigen Regelung profitiert. Solange das Widerspruchsverfahren jedoch noch anhängig ist, haben es die Hilfesuchenden in der Hand, bei den JobCentern um die Zurückstellung über die Entscheidung über den Widerspruch zu bitten oder auch seit der Anhängigkeit des Vorlagebeschlusses zu den §§ 19, 20 SGB II beim BVerfG eine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) zu beantragen. Dies gilt in gesteigertem Maße bei anwaltlicher Vertretung im Widerspruchsverfahren. Grundsätzlich ist es den Empfängern von Grundsicherungsleistungen, die die gesetzliche Festlegung des Regelsatzes seit der Neuregelung zum 1. Januar 2011 für verfassungswidrig halten, zuzumuten, ihr Verfahren im Widerspruchsverfahren nicht (weiter) zu betreiben, da diese Frage bereits in anderen Verfahren sowohl in der Revisionsinstanz als auch (inzwischen) beim Bundesverfassungsgericht anhängig ist.
Ob in Fällen, in denen Besonderheiten gegenüber den bei der Revisionsinstanz oder beim BVerfG anhängigen Verfahren etwa im Hinblick auf die Personen- oder Altersgruppe oder auf den Bedarf geltend gemacht oder andere, bisher nicht in den Vorlagebeschlüssen berücksichtigte Aspekte eingebracht werden, eine Durchführung des Widerspruchsverfahrens mit dem Ziel einer Vorlage oder ggfs. eigenständigen Verfassungsbeschwerde geboten sein kann, braucht nicht entschieden werden. Die hier im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der PKH erstmals erfolgte substantielle Klagebegründung fasst lediglich die bekannten Argumente für eine Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen zusammen und geht trotz der Länge des Schriftsatzes nicht auf denkbare verfassungsrechtlich relevante Besonderheiten des Einzelfalls ein. Die Kläger haben ihren Widerspruch trotz Erinnerung überhaupt nicht begründet, erst recht haben sie sich nicht um eine Zurückstellung des Widerspruchs im Hinblick auf denkbare verfassungsrechtliche Aspekte bemüht. Angesichts der Gefahr einer Untätigkeitsklage ist es dem Beklagten nicht vorzuwerfen, dass er über den Widerspruch entschieden hat. Ein Beteiligter, der das Kostenrisiko selbst trägt, hätte jedoch nach Wegen gesucht, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden.
Selbst wenn ein Gerichtsverfahren anhängig ist oder sich nicht vermeiden lässt, ist eine anwaltliche Vertretung allein bezogen auf die Verfolgung der verfassungsrechtlichen Aspekte nicht erforderlich im Sinne von § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO. Da das Verfahren vor den Sozialgerichten für die Kläger im Bereich des SGB II gerichtskostenfrei ist und die Bewilligung von PKH ausschließlich Bedeutung für die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat, entfällt die Notwendigkeit einer Bewilligung von PKH, wenn keine anwaltliche Vertretung erforderlich ist. Bei der Massenverwaltung im SGB II, in der in nahezu jedem Einzelfall die Höhe der Regelsätze leistungsrelevant ist, ist es jedoch nicht erforderlich, dass zahllose gleichartige Verfahren von den Gerichten betrieben, entschieden und ggfs. mit Verfassungsbeschwerden weiterverfolgt werden. Sofern im Gerichtsverfahren ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfe geltend gemacht wird und das konkrete Verfahren keine Besonderheiten aufweist, die von verfassungsrechtlicher Relevanz sein könnten, ist ein Ruhen des Verfahrens nach § 202 SGG in Verbindung mit § 251 ZPO auf Antrag der Beteiligten möglich und zweckmäßig. Für ein solches dann formell ruhend gestelltes oder im Verfahrensablauf zurückgestelltes Verfahren ist eine anwaltliche Vertretung jedoch nicht erforderlich (so auch LSG Berlin-Branden¬burg, Beschluss vom 29. Februar 2012 – L 14 AS 206/12 B PKH).
Außergerichtliche Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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