Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 12 SO 36/13 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 222/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. eingeschränkte Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers bei Kosten der Schulbegleitung
2. Nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes ist es Aufgabe der Schule, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern (Inklusion) zu gewährleisten.
3. Für Maßnahmen der Inklusion, die den Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, ist der Sozialhilfeträger nicht Kostenträger.
2. Nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes ist es Aufgabe der Schule, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern (Inklusion) zu gewährleisten.
3. Für Maßnahmen der Inklusion, die den Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind, ist der Sozialhilfeträger nicht Kostenträger.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozial- gerichts Schleswig vom 12. November 2013 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind auch im Be- schwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung in größerem Umfang als die ihm bereits gewährten drei Stunden pro Woche.
Der Antragsteller ist am -. - 2003 geboren. Er leidet infolge einer infantilen Cerebralparese an erheblichen Bewegungsstörungen und einer Tetraspastik. Darüber hinaus liegt bei ihm eine globale Entwicklungsretardierung insbesondere im Bereich der Motorik vor. Sein Gangbild ist stark beeinträchtigt. Er ist auf das Tragen von Orthesen angewiesen. Bei ihm wurde ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt mit den Nachteilsausgleichen "G", "B" und "H". Er besucht seit dem Schuljahr 2011/2012 die Grundschule in M. Derzeit ist er in der 3. Klasse. Bis zum Schuljahr 2012/2013 erhielt er Schulbegleitung im Umfang von 20 Stunden pro Woche.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2013 beantragten die Eltern des Antragstellers die Weitergewährung der Schulbegleitung im Umfang von 16 Stunden pro Woche für das Schuljahr 2013/2014. Zuvor hatte der Fachdienst Gesundheit des Antragsgegners mit Stellungnahme vom 4. März 2013 die Notwendigkeit der Fortsetzung der Schulbegleitung im bisherigen Umfang befürwortet. Am 2. Mai 2013 hatten Mitarbeiter des Antragsgegners die Schule besucht. Hinsichtlich des Ergebnisses des Schulbesuchs wird auf das Hospitations- und Gesprächsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 befürwortete die Schulleiterin der Grundschule M die Unterrichtsbegleitung – allerdings im geringeren Umfang als bisher – für folgende Bedürfnisse:
" - Schuhwechsel zur Pause, besonders im Winter (Klassenräume sind mit Teppich ausgestattet und ein Schuhwechsel nach jeder Pause ist somit nötig). Dabei ist außerdem nach wie vor Hilfe beim Anziehen nötig (v. a. im Winter). Ohne Hilfe würde M meist kaum in der Pause ankommen. - Schuhwechsel zum Gebäudewechsel (Musikunterricht einmal/Woche). Ab dem kommenden Schuljahr wird zudem der HSU- sowie Englischunterricht für M im anderen Gebäude stattfinden, sodass der Gebäudewechsel häufiger nötig wird. - Orthesenwechsel sowie Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht (in Klasse 3 dreimal wöchentlich) - Unterstützung und Hilfestellung im Sportunterricht, besonders bei Aufgaben mit Geräten - Tägliche Unterstützung in Bezug auf seine Körperlichkeit – z. B. Richten von verrutschter Kleidung nach einem Toilettengang, Anbieten und Begleiten von Entspannungsmöglichkeiten und individuellen Pausen - Unterstützung bei Schwierigkeiten, die aus seiner körperlichen Eingeschränktheit entstehen, z. B. Aufheben von heruntergefallenen Dingen (was er aus dem Stand nicht ohne Schwierigkeiten könnte), Hilfe bei der Platz- oder Wegfindung, z. B. wenn ein anderes Kind im Weg sitzt - Unterstützung bei außerschulischen Vorhaben im Laufe des Schuljahres, z. B. Gang zur Kirche, Fahrt zum Weihnachtstheater, Lauftag, Bundesjugendspiele, Kinderfest, Fasching, Klassenausflug, Schulübernachtung usw. - Impulsgabe zur Mit- sowie Weiterarbeit im Unterricht: In schriftlichen Einzelarbeiten arbeitet M relativ selbstständig, im gemeinsamen, vor allem mündlichen Unterricht schweift er jedoch sehr schnell ab und nimmt nicht an diesem teil. - Erinnerung und Unterstützung zur Einrichtung mit den Arbeitsmaterialien - M fühlt sich in der Großgruppe oft nicht angesprochen, braucht also die persönliche Ansprache - Kommunikationshilfen in der Partner- und Gruppenarbeit (M wäre sonst unbeteiligt) - Im kommenden Schuljahr wird es aufgrund von Raumwechsel, Stundenerhöhung sowie Lehrerwechsel in Klasse 3 viele Neuerungen für M geben. Veränderungen verunsichern ihn nach wie vor und benötigen den geduldigen Einsatz einer ihm vertrauten Person."
Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 erteilte der Antragsgegner die Kostenzusage für die Betreuung während des Sportunterrichts im Umfang von drei Stunden in der Woche. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Unterstützungsbedarf im Rahmen der Schulbegleitung sei im Sportunterricht erforderlich. Der Antragsteller müsse die Bekleidung wechseln und die Orthesen ablegen bzw. wieder anlegen. Wegen erheblicher Unsicherheit bei der Haltung der Balance benötige er auch während des Sportunterrichts Hilfe. Im Übrigen werde durch das neue Schulgesetz des Landes Schleswig-Holstein gefordert, dass nicht mehr das Kind schulfähig sein müsse, sondern die Schule müsse kindfähig sein. Daher habe die Schule die Räumlichkeiten und die Bedingungen zu bieten, damit auch behinderte Kinder an dem Schulbesuch und den pädagogischen Angeboten ohne eigene Schulbegleitung teilnehmen könnten. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 12. am 15. Juli 2013 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Der Antragsteller hat am 31. Juli 2013 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit der Begründung, er benötige eine Schulbegleitung im Umfang von mindestens 16 Stunden wöchentlich. Die Hilfe nur während des Sportunterrichtes genüge nicht, um den eingliederungshilferechtlichen Bedarf des Antragstellers vollständig zu decken. Die benötigten Hilfen fielen nicht in den Verantwortungsbereich der staatlichen Schulverwaltung oder des örtlichen Schulträgers. Im Rahmen der Eingliederungshilfe kämen vielmehr alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Ausgeschlossen seien nur Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien. Das sei bei den hier benötigten Hilfen nicht der Fall.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Kosten einer Begleitperson in Form einer Schulbegleitung für insgesamt 16 Stunden wöchentlich ab dem 5. August 2013 bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat beantragt
den Antrag abzulehnen.
Er hat sich darauf berufen, dass eine weitergehende Schulbegleitung nicht erforderlich sei.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 12. November 2013 abgelehnt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt:
"Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Schulbegleitung glaubhaft gemacht. Aufgrund von § 53 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalten Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Der Antragsteller gehört zweifelsfrei zum Kreis der leistungsberechtigten Personen. Aufgrund seiner körperlichen Erkrankungen besteht eine wesentliche Behinderung.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere auch Hilfen zu einer angemes¬senen Schulbildung. Dies erfolgt im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. § 12 Eingliederungshilfeverordnung konkretisiert die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Die Eingliederungshilfe umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Grundsätzlich können hierunter auch Maßnahmen fallen, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören (vgl. LSG Ba-Wü, Beschl. vom 3. Juni 2013, AZ: L 7 SO 1931/13 ER-B, Rn. 13).
In Abgrenzung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe sind indes die Maßnahmen, Tätigkeiten und Verrichtungen zu fassen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit einer Schule zuzuordnen sind. Die Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und pädagogischer Arbeit der Schule orientiert sich an Sinn und Zweck der jeweiligen Leistungsbereiche. Die Eingliederungshilfe normiert die Hilfen im Sinne unterstützender Leistungen, während die Schulbildung unter Einschluss von Didaktik und Pädagogik dem Schulträger unterliegt. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Sozialhilfeträgers. Der Sozialhilfeträger hat im Wege der Schulbegleitung bei vorliegenden Defiziten lediglich dafür Sorge zu tragen, die behinderungsspezifischen Defizite auszugleichen, um eine Teilhabe am Unterricht zu ermöglichen.
§ 4 des Schleswig-Hosteinischen Schulgesetzes (SchulG, vom 24. Januar 2007, GVOBI. 2007, 39) beschreibt den Auftrag der Schule. Danach soll die Schule jedem jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer sich ständig wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen. Die Bildungswege sollen so gestaltet sein (§ 11 Abs. 5 SchuIG), dass jungen Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung oder nationalen Herkunft ihrer Eltern Unabhängigkeit von ihrer Geschlechtszugehörigkeit der Zugang zu allen Schularten eröffnet wird und einen Schulabschluss ermöglicht, der den Begabungen, Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Zur Erreichung der Bildungs- und Erziehungsziele sind Schülerinnen und Schüler mit Behinderung besonders zu fördern, § 4 Abs. 11 SchulG. Das Ziel einer inklusiven Beschulung steht dabei im Vordergrund. Im Rahmen der inklusiven Beschulung obliegt es der Schule als Träger des staatlichen Bildungsauftrages die Methoden und Konzepte danach auszurichten, dass auch behinderte bzw. schwächer begabte Schüler in der Lage sind, die für sie möglichen Ziele zu erreichen. Die schulische Pädagogik und die Didaktik hat sich nach dem Willen des Gesetzgebers auch an diesen Schülern auszurichten. Erfolgt eine solche Ausrichtung im Unterrichtsgeschehen nicht, so wird nicht der Sozialhilfeträger zur Ersatzschule. Im pädagogischen Kernbereich kann der Sozialhilfeträger keine Leistungen im Rahmen der Hilfen zur angemessenen Schulbildung anbieten. Zwar wäre dieses auch im Rahmen des § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfeverordnung denkbar, da es sich um einen sehr offenen Leistungstatbestand handelt. Gerade die in § 12 Nr. 1 EingHV genannten sonstigen Maßnahmen sind je nach Interpretation weit fassbar und weit denkbar. Insofern bedarf es einer Abgrenzung zwischen den unterschiedlichen Aufgaben der Schule einerseits als pädagogischer "Leistungsträger" und dem Aufgabenbereich der Eingliederungshilfe. Der Sozialhilfeträger hat lediglich die behinderungsbedingten Defizite auszugleichen.
Im Schuljahr 2012/2013 übte die Schulbegleitung aus Sicht des Gerichtes im Wesentlichen Aufgaben aus, die eigentlich im Kernbereich schulischer Verantwortung anzusiedeln sind. Sie beschäftigt sich damit, dass der Antragsteller dem Unterrichtsgeschehen die nötige Aufmerksamkeit widmet. Insofern wird sie als verlängerter Arm der Lehrkraft und nicht als unterstützender Teil des Antragstellers tätig.
Wie unterstützende Tätigkeiten, wie das Erläutern von Aufgaben, Motivieren zum Mitmachen, Ermuntern zur mündlichen Beteiligung, nochmaliges Erklären von Aufgaben, die die Lernerfolge des Antragstellers in ganz erheblicher Weise fördern dürften, sind ebenfalls dem Kernbereich pädagogischer Arbeit zuzuordnen. Mit der Argumentation des Antragsgegners in dessen Bescheid vom 9. Juli 2013 ist davon auszugehen, dass in dem begründeten Ausnahmefall auch kein Schuhwechsel für den Antragsteller in der Schule erforderlich sein wird. Insofern wird der Antragsteller eine Ausnahmeregelung beanspruchen können. Dieses müsste durch die Schule gewährleistet werden. Im Rahmen der integrativen Beschulung ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, zu jeder Pause die Schuhe zu wechseln. Insofern verbleibt es bei dem Bedarf der Betreuung während des Sportunterrichtes. Dieses hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 9. Juli 2013 zutreffend erfasst und bewertet. Daneben wird bei Ausflügen durch den Antragsgegner erneut zu beurteilen sein, ob eine Begleitung noch erforderlich sein würde. Dies ist vorliegend indes nicht Streitgegenstand. Zudem spricht das Verhalten des Antragstellers während der Hofpausen auch gegen einen solchen Bedarf. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatzpunkt für weitergehende Leistungen nicht ersichtlich."
Der Antragsteller hat am 6. Dezember 2013 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er sei mehrmals täglich auf Hilfe durch seine Schulbegleiterin bei der WC-Be¬nutzung, Richten der Kleidung und Stützen beim Aufstehen angewiesen. Außerdem mache diese mit ihm Entspannungsübungen wegen der Verkrampfung infolge der Tetraspastik. Außerdem gebe sie Impulse zur Mit- und Weiterarbeit im Unterricht sowie Unterstützung bei der Einrichtung seiner Arbeitsmaterialien. Außerdem benötige er durch diese eine persönliche Ansprache, da er sich in der Großgruppe nicht angesprochen fühle. Diese Tätigkeiten berührten nicht den pädagogischen Kern des Unterrichts. Vielmehr seien das Tätigkeiten, die der Lehrkraft nicht zugemutet werden könnten, denn diese könnte nicht den Unterrichtsverlauf für längere Zeit unterbrechen und sich um ihn – den Antragsteller – kümmern. Eine Ausrichtung auf den spezifischen Bedarf des Antragstellers liege bei der allgemeinen Grundschule M nicht vor.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 12. November 2013 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Kosten einer Begleitperson in Form einer Schulbegleitung für mindestens 16 Stunden wöchentlich ab dem 5. August 2013 wenigstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Schulbegleitung in größerem Umfang gegenüber dem Antragsgegner. Dies hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Der Senat teilt nach der im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage die im angegriffenen Beschluss wiedergegebene Auffassung des Sozialgerichts, dass aufgrund der Vorgaben des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (SchulGSH) den Schulen die überwiegende Aufgabe zukommt, behinderte Menschen in den Schul- und Lernbetrieb zu integrieren.
Gemäß § 4 Abs. 1 SchulGSH wird der Auftrag der Schule bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechende Erziehung und Ausbildung vorzubereiten. Nach § 4 Abs. 11 Satz 1 SchulGSH sind Schülerinnen und Schüler mit Behinderung zur Erreichung dieses Zieles besonders zu unterstützen. Mit Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 28. Januar 2011 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein, S. 23) wurde das SchulGSH dahingehend geändert, dass in § 4 Abs. 11 Satz 2 angefügt wurde. Dieser lautet: "Das Ziel einer inklusiven Beschulung steht dabei im Vordergrund." § 5 Abs. 1 SchulGSH wurde dahin geändert, dass Satz 3 nunmehr lautet: "Die begabungsgerechte und entwicklungsgemäße Förderung der einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers ist durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Schulen." Zudem war bereits vorher in § 5 Abs. 2 SchulGSH geregelt, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von dem Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs gemeinsam unterrichtet werden, soweit es die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf entspricht (gemeinsamer Unterricht). In der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 28. Januar 2011 (Drucksache 17/858) heißt es u. a., dass der gemeinsame Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen der Zielvorstellung des § 5 Abs. 1 SchulGSH und dem Gedanken der Inklusion gemäß Art. 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. September 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention – BRK –) im Schulbereich entsprechen solle. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollten an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Nach der Intention des Gesetzgebers, wie er in der Begründung niedergelegt ist, und dem Wortlaut von § 4 Abs. 11, § 5 Abs. 1, Abs. 2 SchulGSH ist es Aufgabe der Schule, den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern zu gewährleisten.
Dies hat die Schleswig-Holsteinische Landesregierung in ihrem Bericht zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule (Drucksache 17/1568) vom 16. Juni 2011 präzisiert und bekräftigt. Danach bedeute Inklusion bezogen auf die Schule, dass ein Kind unabhängig von seiner Behinderung in das Regelschulsystem aufgenommen werden könne und der Staat die Voraussetzungen dafür schaffen solle, dass dieses Ziel verwirklicht werden könne und dass auch Kinder mit Behinderung innerhalb des Regelschulsystems die für ihre Bildung und ihre Persönlichkeitsentfaltung notwendige Förderung erführen (S. 8 f). Mit der jüngsten Änderung des Schulgesetzes in § 4 Abs. 11 werde die inklusive Beschulung als eines der Bildungs- und Erziehungsziele aufgenommen. Inhaltlich verlange diese Vorschrift, Schülerinnen und Schülern mit Behinderung besonders zu unterstützen, verbunden mit der Maßgabe, dass dabei das Ziel einer inklusiven Beschulung im Vordergrund stehen müsse. Dadurch sei ein Leitprinzip im Schulgesetz verankert worden, mit dem die 1990 begonnene Entwicklung fortgesetzt und wesentlich verstärkt werde (S. 11). Weiter ist in dem Bericht aufgeführt: "Denn schon seit dieser Zeit fordert das Schulgesetz in § 5 Abs. 2, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von dem Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs – einer Behinderung also – gemeinsam zu unterrichten. Zwar wird hier noch die Einschränkung vorgenommen "soweit es die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten erlauben" – aber bereits in den letzten Jahren vor Inkrafttreten der BRK sind nur noch wenige Fälle bekannt geworden, in denen die Aufnahme in das Regelschulsystem unter Hinweis auf den Vorbehalt in § 5 Abs. 2, 2. Halbsatz SchulGSH verweigert wurde. Das Recht auf inklusive Beschulung darf nur in eng begrenzten Ausnahmen eingeschränkt werden, etwa bei einer unzumutbaren Belastung für den Schulträger oder bei einer Gefährdung für Mitschülerinnen und Mitschüler. In Schleswig-Holstein besteht offenbar schon ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass Kinder mit einer Behinderung in der schulischen Gemeinschaft mit anderen aufwachsen sollen." (S. 11f).
Es ist somit Aufgabe der Schule, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern sicherzustellen.
Durch die Rechtsprechung wird Schulbegleitung zu Lasten des Sozialhilfeträgers zugesprochen (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26. September 2012 – L 9 SO 141/12 B ER; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R; Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 26. Juli 2012 – S 1 SO 580/12). Dem Bundessozialgericht folgend (Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R) werden in der Rechtsprechung allerdings Maßnahmen ausgeschlossen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. August 2013 – L 9 SO 211/13 B ER; Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 30. September 2008 – L 8 SO 801/08 ER; Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 3. Juni 2010 – L 7 SO 19/09 B ER). Von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers könnten auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehörten. Ausgeschlossen seien allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien. Dies folge daraus, dass § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), ausdrücklich anordne, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stünden demnach grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussten. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII normiere lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlasse die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liege damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers (so BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R, recherchiert bei juris, Rn. 21).
Der so definierte Kernbereich der schulischen Arbeit ist im SchulGSH umrissen, wie durch den Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule vom 16. Juni 2011 nochmals bestätigt wird. So wird § 4 Abs. 1 SchulGSH – wie bereits oben ausgeführt – der Auftrag der Schule bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechende Erziehung und Ausbildung sowie durch die staatliche Aufgabe, die einzelnen Schülerinnen und Schüler auf ihre Stellung als Bürgerin und Bürger mit den entsprechenden Rechten und Pflichten vorzubereiten. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift soll die Schule den jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer ständig sich wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen. Sie soll dazu befähigen, Verantwortung im privaten, familiären und öffentlichen Leben zu übernehmen und für sich und andere Leistungen zu erbringen, insbesondere auch in Form von ehrenamtlichem Engagement. Nach Abs. 4 soll die Schule die Offenheit des jungen Menschen gegenüber kultureller und religiöser Vielfalt, den Willen zur Völkerverständigung und die Friedensfähigkeit fördern. Sie soll den jungen Menschen befähigen, die Bedeutung der Heimat und der besonderen Verantwortung und Verpflichtung Deutschlands in einem gemeinsamen Europa sowie die Bedeutung einer gerechten Ordnung der Welt zu erfassen. Zum Bildungsauftrag der Schule gehört die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel einer inklusiven Beschulung dabei im Vordergrund. Die Aufgabe der Schule geht somit laut Schulgesetz weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Sie soll jeden einzelnen – einschließlich der behinderten Schülerinnen und Schüler – im Rahmen ihrer oder seiner Möglichkeiten – erziehen und fördern und dabei insbesondere behinderungsbedingte Defizite ausgleichen. Die Schule hat daher Maßnahmen und Räumlichkeiten anzubieten, dass behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den übrigen Schülerinnen und Schülern beschult werden können. Hilfen, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind, können nicht vom Sozialhilfeträger verlangt werden (OVG Bremen, Beschluss vom 10. Dezember 1998 – 2 BB 421/98; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juli 1997 – 6 S 9/97).
Das bedeutet in diesem Fall, dass keine weitere Schulbegleitung als die gewährten drei Stunden wöchentlich anzuerkennen ist. Dadurch werden der durch Orthesen-wechsel bedingte Mehraufwand, die Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht und die Hilfen während des Sportunterrichtes geleistet.
Der übrige Schuhwechsel, weil die Räume mit Teppichboden ausgelegt sind, fällt nicht in den Bereich der Eingliederungshilfe. Hier hat die Schule die räumlichen Möglichkeiten so zu gestalten, dass ein Schuhwechsel nicht ständig erforderlich ist. Schulbegleitung wegen Teppichbodens fällt nicht in den Aufgabenbereich des Sozialhilfeträgers. Für Unterstützung bei außerschulischen Vorhaben sind im Einzelfall Anträge auf Schulbegleitung zu stellen. Dies fällt nicht unter die wöchentliche Schulbegleitung. Tägliche Unterstützung in Bezug auf die Körperlichkeit ist vielen kleineren Kindern zu gewähren. Sofern diese behindertenbedingt sind, sind sie von der Schule gemäß § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH zu gewährleisten. Impuls- und Kommunikationshilfen, Unterstützung in der Gruppenarbeit usw., die hier als Leistungen des Sozialhilfeträgers beantragt sind, sind dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit zuzuordnen.
Im Übrigen sprechen in diesem Fall auch praktische Erwägungen dafür, dass die Schule behinderungsbedingte Defizite auszugleichen hat. Hier war bei der Hospitation festgestellt worden, dass nicht nur der Antragsteller, sondern ein weiteres Kind von jeweils einer Schulbegleiterin betreut worden waren. Es wurde in den hospitierten Stunden festgestellt, dass die beiden Schulbegleiterinnen nur sporadisch Hilfen leisteten und im Übrigen unbeteiligt waren oder anderen Schülern oder der Lehrerin halfen. Liegt diese Hilfe im Zuständigkeitsbereich der Schule, kann sie gebündelt und dadurch wesentlich effektiver und kostengünstiger eingesetzt werden.
Dem kann nicht entgegnet werden, dass die Inklusion nach § 5 Abs. 2 SchulGSH unter dem Vorbehalt stehe, dass die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten diese erlaubten. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel der inklusiven Beschulung im Vordergrund. Insoweit ist ein Vorbehalt der sächlichen und personellen Mittel nicht aufgeführt. Im Übrigen geht der Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule selbst davon aus, dass der Vorbehalt des § 5 Abs. 2, 2. Halbsatz SchulGSH nicht gelte.
Der Senat verkennt nicht, dass denjenigen Schulen, die Integrationsmaßnahmen durchführen und Inklusion ernst nehmen, organisatorischer und finanzieller Aufwand aufgebürdet wird. Er sieht sich aber durch die Regelungen des SchulGSH und aufgrund des aus § 2 SGB XII folgenden Nachrangs der Sozialhilfe nicht in der Lage, die Aufgaben der Inklusion dem Sozialhilfeträger zu übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Kostenübernahme für eine Schulbegleitung in größerem Umfang als die ihm bereits gewährten drei Stunden pro Woche.
Der Antragsteller ist am -. - 2003 geboren. Er leidet infolge einer infantilen Cerebralparese an erheblichen Bewegungsstörungen und einer Tetraspastik. Darüber hinaus liegt bei ihm eine globale Entwicklungsretardierung insbesondere im Bereich der Motorik vor. Sein Gangbild ist stark beeinträchtigt. Er ist auf das Tragen von Orthesen angewiesen. Bei ihm wurde ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt mit den Nachteilsausgleichen "G", "B" und "H". Er besucht seit dem Schuljahr 2011/2012 die Grundschule in M. Derzeit ist er in der 3. Klasse. Bis zum Schuljahr 2012/2013 erhielt er Schulbegleitung im Umfang von 20 Stunden pro Woche.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2013 beantragten die Eltern des Antragstellers die Weitergewährung der Schulbegleitung im Umfang von 16 Stunden pro Woche für das Schuljahr 2013/2014. Zuvor hatte der Fachdienst Gesundheit des Antragsgegners mit Stellungnahme vom 4. März 2013 die Notwendigkeit der Fortsetzung der Schulbegleitung im bisherigen Umfang befürwortet. Am 2. Mai 2013 hatten Mitarbeiter des Antragsgegners die Schule besucht. Hinsichtlich des Ergebnisses des Schulbesuchs wird auf das Hospitations- und Gesprächsprotokoll vom selben Tage Bezug genommen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 befürwortete die Schulleiterin der Grundschule M die Unterrichtsbegleitung – allerdings im geringeren Umfang als bisher – für folgende Bedürfnisse:
" - Schuhwechsel zur Pause, besonders im Winter (Klassenräume sind mit Teppich ausgestattet und ein Schuhwechsel nach jeder Pause ist somit nötig). Dabei ist außerdem nach wie vor Hilfe beim Anziehen nötig (v. a. im Winter). Ohne Hilfe würde M meist kaum in der Pause ankommen. - Schuhwechsel zum Gebäudewechsel (Musikunterricht einmal/Woche). Ab dem kommenden Schuljahr wird zudem der HSU- sowie Englischunterricht für M im anderen Gebäude stattfinden, sodass der Gebäudewechsel häufiger nötig wird. - Orthesenwechsel sowie Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht (in Klasse 3 dreimal wöchentlich) - Unterstützung und Hilfestellung im Sportunterricht, besonders bei Aufgaben mit Geräten - Tägliche Unterstützung in Bezug auf seine Körperlichkeit – z. B. Richten von verrutschter Kleidung nach einem Toilettengang, Anbieten und Begleiten von Entspannungsmöglichkeiten und individuellen Pausen - Unterstützung bei Schwierigkeiten, die aus seiner körperlichen Eingeschränktheit entstehen, z. B. Aufheben von heruntergefallenen Dingen (was er aus dem Stand nicht ohne Schwierigkeiten könnte), Hilfe bei der Platz- oder Wegfindung, z. B. wenn ein anderes Kind im Weg sitzt - Unterstützung bei außerschulischen Vorhaben im Laufe des Schuljahres, z. B. Gang zur Kirche, Fahrt zum Weihnachtstheater, Lauftag, Bundesjugendspiele, Kinderfest, Fasching, Klassenausflug, Schulübernachtung usw. - Impulsgabe zur Mit- sowie Weiterarbeit im Unterricht: In schriftlichen Einzelarbeiten arbeitet M relativ selbstständig, im gemeinsamen, vor allem mündlichen Unterricht schweift er jedoch sehr schnell ab und nimmt nicht an diesem teil. - Erinnerung und Unterstützung zur Einrichtung mit den Arbeitsmaterialien - M fühlt sich in der Großgruppe oft nicht angesprochen, braucht also die persönliche Ansprache - Kommunikationshilfen in der Partner- und Gruppenarbeit (M wäre sonst unbeteiligt) - Im kommenden Schuljahr wird es aufgrund von Raumwechsel, Stundenerhöhung sowie Lehrerwechsel in Klasse 3 viele Neuerungen für M geben. Veränderungen verunsichern ihn nach wie vor und benötigen den geduldigen Einsatz einer ihm vertrauten Person."
Mit Bescheid vom 9. Juli 2013 erteilte der Antragsgegner die Kostenzusage für die Betreuung während des Sportunterrichts im Umfang von drei Stunden in der Woche. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Unterstützungsbedarf im Rahmen der Schulbegleitung sei im Sportunterricht erforderlich. Der Antragsteller müsse die Bekleidung wechseln und die Orthesen ablegen bzw. wieder anlegen. Wegen erheblicher Unsicherheit bei der Haltung der Balance benötige er auch während des Sportunterrichts Hilfe. Im Übrigen werde durch das neue Schulgesetz des Landes Schleswig-Holstein gefordert, dass nicht mehr das Kind schulfähig sein müsse, sondern die Schule müsse kindfähig sein. Daher habe die Schule die Räumlichkeiten und die Bedingungen zu bieten, damit auch behinderte Kinder an dem Schulbesuch und den pädagogischen Angeboten ohne eigene Schulbegleitung teilnehmen könnten. Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 12. am 15. Juli 2013 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Der Antragsteller hat am 31. Juli 2013 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit der Begründung, er benötige eine Schulbegleitung im Umfang von mindestens 16 Stunden wöchentlich. Die Hilfe nur während des Sportunterrichtes genüge nicht, um den eingliederungshilferechtlichen Bedarf des Antragstellers vollständig zu decken. Die benötigten Hilfen fielen nicht in den Verantwortungsbereich der staatlichen Schulverwaltung oder des örtlichen Schulträgers. Im Rahmen der Eingliederungshilfe kämen vielmehr alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich seien, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Ausgeschlossen seien nur Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien. Das sei bei den hier benötigten Hilfen nicht der Fall.
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Kosten einer Begleitperson in Form einer Schulbegleitung für insgesamt 16 Stunden wöchentlich ab dem 5. August 2013 bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner hat beantragt
den Antrag abzulehnen.
Er hat sich darauf berufen, dass eine weitergehende Schulbegleitung nicht erforderlich sei.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 12. November 2013 abgelehnt. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt:
"Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf eine weitergehende Schulbegleitung glaubhaft gemacht. Aufgrund von § 53 Abs. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erhalten Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Der Antragsteller gehört zweifelsfrei zum Kreis der leistungsberechtigten Personen. Aufgrund seiner körperlichen Erkrankungen besteht eine wesentliche Behinderung.
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere auch Hilfen zu einer angemes¬senen Schulbildung. Dies erfolgt im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. § 12 Eingliederungshilfeverordnung konkretisiert die Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung. Die Eingliederungshilfe umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Grundsätzlich können hierunter auch Maßnahmen fallen, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehören (vgl. LSG Ba-Wü, Beschl. vom 3. Juni 2013, AZ: L 7 SO 1931/13 ER-B, Rn. 13).
In Abgrenzung zu den Leistungen der Eingliederungshilfe sind indes die Maßnahmen, Tätigkeiten und Verrichtungen zu fassen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit einer Schule zuzuordnen sind. Die Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und pädagogischer Arbeit der Schule orientiert sich an Sinn und Zweck der jeweiligen Leistungsbereiche. Die Eingliederungshilfe normiert die Hilfen im Sinne unterstützender Leistungen, während die Schulbildung unter Einschluss von Didaktik und Pädagogik dem Schulträger unterliegt. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liegt außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Sozialhilfeträgers. Der Sozialhilfeträger hat im Wege der Schulbegleitung bei vorliegenden Defiziten lediglich dafür Sorge zu tragen, die behinderungsspezifischen Defizite auszugleichen, um eine Teilhabe am Unterricht zu ermöglichen.
§ 4 des Schleswig-Hosteinischen Schulgesetzes (SchulG, vom 24. Januar 2007, GVOBI. 2007, 39) beschreibt den Auftrag der Schule. Danach soll die Schule jedem jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer sich ständig wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen. Die Bildungswege sollen so gestaltet sein (§ 11 Abs. 5 SchuIG), dass jungen Menschen unabhängig von ihrer wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Stellung oder nationalen Herkunft ihrer Eltern Unabhängigkeit von ihrer Geschlechtszugehörigkeit der Zugang zu allen Schularten eröffnet wird und einen Schulabschluss ermöglicht, der den Begabungen, Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Zur Erreichung der Bildungs- und Erziehungsziele sind Schülerinnen und Schüler mit Behinderung besonders zu fördern, § 4 Abs. 11 SchulG. Das Ziel einer inklusiven Beschulung steht dabei im Vordergrund. Im Rahmen der inklusiven Beschulung obliegt es der Schule als Träger des staatlichen Bildungsauftrages die Methoden und Konzepte danach auszurichten, dass auch behinderte bzw. schwächer begabte Schüler in der Lage sind, die für sie möglichen Ziele zu erreichen. Die schulische Pädagogik und die Didaktik hat sich nach dem Willen des Gesetzgebers auch an diesen Schülern auszurichten. Erfolgt eine solche Ausrichtung im Unterrichtsgeschehen nicht, so wird nicht der Sozialhilfeträger zur Ersatzschule. Im pädagogischen Kernbereich kann der Sozialhilfeträger keine Leistungen im Rahmen der Hilfen zur angemessenen Schulbildung anbieten. Zwar wäre dieses auch im Rahmen des § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfeverordnung denkbar, da es sich um einen sehr offenen Leistungstatbestand handelt. Gerade die in § 12 Nr. 1 EingHV genannten sonstigen Maßnahmen sind je nach Interpretation weit fassbar und weit denkbar. Insofern bedarf es einer Abgrenzung zwischen den unterschiedlichen Aufgaben der Schule einerseits als pädagogischer "Leistungsträger" und dem Aufgabenbereich der Eingliederungshilfe. Der Sozialhilfeträger hat lediglich die behinderungsbedingten Defizite auszugleichen.
Im Schuljahr 2012/2013 übte die Schulbegleitung aus Sicht des Gerichtes im Wesentlichen Aufgaben aus, die eigentlich im Kernbereich schulischer Verantwortung anzusiedeln sind. Sie beschäftigt sich damit, dass der Antragsteller dem Unterrichtsgeschehen die nötige Aufmerksamkeit widmet. Insofern wird sie als verlängerter Arm der Lehrkraft und nicht als unterstützender Teil des Antragstellers tätig.
Wie unterstützende Tätigkeiten, wie das Erläutern von Aufgaben, Motivieren zum Mitmachen, Ermuntern zur mündlichen Beteiligung, nochmaliges Erklären von Aufgaben, die die Lernerfolge des Antragstellers in ganz erheblicher Weise fördern dürften, sind ebenfalls dem Kernbereich pädagogischer Arbeit zuzuordnen. Mit der Argumentation des Antragsgegners in dessen Bescheid vom 9. Juli 2013 ist davon auszugehen, dass in dem begründeten Ausnahmefall auch kein Schuhwechsel für den Antragsteller in der Schule erforderlich sein wird. Insofern wird der Antragsteller eine Ausnahmeregelung beanspruchen können. Dieses müsste durch die Schule gewährleistet werden. Im Rahmen der integrativen Beschulung ist es dem Antragsteller nicht zuzumuten, zu jeder Pause die Schuhe zu wechseln. Insofern verbleibt es bei dem Bedarf der Betreuung während des Sportunterrichtes. Dieses hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 9. Juli 2013 zutreffend erfasst und bewertet. Daneben wird bei Ausflügen durch den Antragsgegner erneut zu beurteilen sein, ob eine Begleitung noch erforderlich sein würde. Dies ist vorliegend indes nicht Streitgegenstand. Zudem spricht das Verhalten des Antragstellers während der Hofpausen auch gegen einen solchen Bedarf. Vor diesem Hintergrund ist ein Ansatzpunkt für weitergehende Leistungen nicht ersichtlich."
Der Antragsteller hat am 6. Dezember 2013 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, er sei mehrmals täglich auf Hilfe durch seine Schulbegleiterin bei der WC-Be¬nutzung, Richten der Kleidung und Stützen beim Aufstehen angewiesen. Außerdem mache diese mit ihm Entspannungsübungen wegen der Verkrampfung infolge der Tetraspastik. Außerdem gebe sie Impulse zur Mit- und Weiterarbeit im Unterricht sowie Unterstützung bei der Einrichtung seiner Arbeitsmaterialien. Außerdem benötige er durch diese eine persönliche Ansprache, da er sich in der Großgruppe nicht angesprochen fühle. Diese Tätigkeiten berührten nicht den pädagogischen Kern des Unterrichts. Vielmehr seien das Tätigkeiten, die der Lehrkraft nicht zugemutet werden könnten, denn diese könnte nicht den Unterrichtsverlauf für längere Zeit unterbrechen und sich um ihn – den Antragsteller – kümmern. Eine Ausrichtung auf den spezifischen Bedarf des Antragstellers liege bei der allgemeinen Grundschule M nicht vor.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 12. November 2013 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, die Kosten einer Begleitperson in Form einer Schulbegleitung für mindestens 16 Stunden wöchentlich ab dem 5. August 2013 wenigstens bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 zu übernehmen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Schulbegleitung in größerem Umfang gegenüber dem Antragsgegner. Dies hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt. Auf die Gründe des angegriffenen Beschlusses wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Der Senat teilt nach der im Rahmen des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gebotenen summarischen Beurteilung der Sach- und Rechtslage die im angegriffenen Beschluss wiedergegebene Auffassung des Sozialgerichts, dass aufgrund der Vorgaben des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes (SchulGSH) den Schulen die überwiegende Aufgabe zukommt, behinderte Menschen in den Schul- und Lernbetrieb zu integrieren.
Gemäß § 4 Abs. 1 SchulGSH wird der Auftrag der Schule bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechende Erziehung und Ausbildung vorzubereiten. Nach § 4 Abs. 11 Satz 1 SchulGSH sind Schülerinnen und Schüler mit Behinderung zur Erreichung dieses Zieles besonders zu unterstützen. Mit Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 28. Januar 2011 (Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein, S. 23) wurde das SchulGSH dahingehend geändert, dass in § 4 Abs. 11 Satz 2 angefügt wurde. Dieser lautet: "Das Ziel einer inklusiven Beschulung steht dabei im Vordergrund." § 5 Abs. 1 SchulGSH wurde dahin geändert, dass Satz 3 nunmehr lautet: "Die begabungsgerechte und entwicklungsgemäße Förderung der einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers ist durchgängiges Unterrichtsprinzip in allen Schulen." Zudem war bereits vorher in § 5 Abs. 2 SchulGSH geregelt, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von dem Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs gemeinsam unterrichtet werden, soweit es die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf entspricht (gemeinsamer Unterricht). In der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes vom 28. Januar 2011 (Drucksache 17/858) heißt es u. a., dass der gemeinsame Unterricht an den allgemeinbildenden Schulen der Zielvorstellung des § 5 Abs. 1 SchulGSH und dem Gedanken der Inklusion gemäß Art. 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. September 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention – BRK –) im Schulbereich entsprechen solle. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollten an allgemeinbildenden Schulen unterrichtet werden. Nach der Intention des Gesetzgebers, wie er in der Begründung niedergelegt ist, und dem Wortlaut von § 4 Abs. 11, § 5 Abs. 1, Abs. 2 SchulGSH ist es Aufgabe der Schule, den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern zu gewährleisten.
Dies hat die Schleswig-Holsteinische Landesregierung in ihrem Bericht zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule (Drucksache 17/1568) vom 16. Juni 2011 präzisiert und bekräftigt. Danach bedeute Inklusion bezogen auf die Schule, dass ein Kind unabhängig von seiner Behinderung in das Regelschulsystem aufgenommen werden könne und der Staat die Voraussetzungen dafür schaffen solle, dass dieses Ziel verwirklicht werden könne und dass auch Kinder mit Behinderung innerhalb des Regelschulsystems die für ihre Bildung und ihre Persönlichkeitsentfaltung notwendige Förderung erführen (S. 8 f). Mit der jüngsten Änderung des Schulgesetzes in § 4 Abs. 11 werde die inklusive Beschulung als eines der Bildungs- und Erziehungsziele aufgenommen. Inhaltlich verlange diese Vorschrift, Schülerinnen und Schülern mit Behinderung besonders zu unterstützen, verbunden mit der Maßgabe, dass dabei das Ziel einer inklusiven Beschulung im Vordergrund stehen müsse. Dadurch sei ein Leitprinzip im Schulgesetz verankert worden, mit dem die 1990 begonnene Entwicklung fortgesetzt und wesentlich verstärkt werde (S. 11). Weiter ist in dem Bericht aufgeführt: "Denn schon seit dieser Zeit fordert das Schulgesetz in § 5 Abs. 2, dass Schülerinnen und Schüler unabhängig von dem Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs – einer Behinderung also – gemeinsam zu unterrichten. Zwar wird hier noch die Einschränkung vorgenommen "soweit es die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten erlauben" – aber bereits in den letzten Jahren vor Inkrafttreten der BRK sind nur noch wenige Fälle bekannt geworden, in denen die Aufnahme in das Regelschulsystem unter Hinweis auf den Vorbehalt in § 5 Abs. 2, 2. Halbsatz SchulGSH verweigert wurde. Das Recht auf inklusive Beschulung darf nur in eng begrenzten Ausnahmen eingeschränkt werden, etwa bei einer unzumutbaren Belastung für den Schulträger oder bei einer Gefährdung für Mitschülerinnen und Mitschüler. In Schleswig-Holstein besteht offenbar schon ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber, dass Kinder mit einer Behinderung in der schulischen Gemeinschaft mit anderen aufwachsen sollen." (S. 11f).
Es ist somit Aufgabe der Schule, die gemeinsame Beschulung von behinderten und nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern sicherzustellen.
Durch die Rechtsprechung wird Schulbegleitung zu Lasten des Sozialhilfeträgers zugesprochen (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26. September 2012 – L 9 SO 141/12 B ER; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R; Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 26. Juli 2012 – S 1 SO 580/12). Dem Bundessozialgericht folgend (Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R) werden in der Rechtsprechung allerdings Maßnahmen ausgeschlossen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. August 2013 – L 9 SO 211/13 B ER; Landessozialgericht Thüringen, Beschluss vom 30. September 2008 – L 8 SO 801/08 ER; Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 3. Juni 2010 – L 7 SO 19/09 B ER). Von der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers könnten auch Maßnahmen umfasst werden, die zum Aufgabenbereich der Schulverwaltung gehörten. Ausgeschlossen seien allerdings Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen seien. Dies folge daraus, dass § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), ausdrücklich anordne, die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht sollten unberührt bleiben. Die schulrechtlichen Verpflichtungen stünden demnach grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussten. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII normiere lediglich Hilfen, mithin unterstützende Leistungen, überlasse die Schulbildung selbst aber den Schulträgern. Der Kernbereich der schulischen Arbeit liege damit nach Sinn und Zweck der §§ 53, 54 SGB XII gänzlich außerhalb der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers (so BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 8 SO 30/10 R, recherchiert bei juris, Rn. 21).
Der so definierte Kernbereich der schulischen Arbeit ist im SchulGSH umrissen, wie durch den Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule vom 16. Juni 2011 nochmals bestätigt wird. So wird § 4 Abs. 1 SchulGSH – wie bereits oben ausgeführt – der Auftrag der Schule bestimmt durch das Recht des jungen Menschen auf eine seiner Begabung, seinen Fähigkeiten und seiner Neigung entsprechende Erziehung und Ausbildung sowie durch die staatliche Aufgabe, die einzelnen Schülerinnen und Schüler auf ihre Stellung als Bürgerin und Bürger mit den entsprechenden Rechten und Pflichten vorzubereiten. Nach Abs. 3 dieser Vorschrift soll die Schule den jungen Menschen zu der Fähigkeit verhelfen, in einer ständig sich wandelnden Welt ein erfülltes Leben zu führen. Sie soll dazu befähigen, Verantwortung im privaten, familiären und öffentlichen Leben zu übernehmen und für sich und andere Leistungen zu erbringen, insbesondere auch in Form von ehrenamtlichem Engagement. Nach Abs. 4 soll die Schule die Offenheit des jungen Menschen gegenüber kultureller und religiöser Vielfalt, den Willen zur Völkerverständigung und die Friedensfähigkeit fördern. Sie soll den jungen Menschen befähigen, die Bedeutung der Heimat und der besonderen Verantwortung und Verpflichtung Deutschlands in einem gemeinsamen Europa sowie die Bedeutung einer gerechten Ordnung der Welt zu erfassen. Zum Bildungsauftrag der Schule gehört die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft im Sinne der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel einer inklusiven Beschulung dabei im Vordergrund. Die Aufgabe der Schule geht somit laut Schulgesetz weit über die reine Wissensvermittlung hinaus. Sie soll jeden einzelnen – einschließlich der behinderten Schülerinnen und Schüler – im Rahmen ihrer oder seiner Möglichkeiten – erziehen und fördern und dabei insbesondere behinderungsbedingte Defizite ausgleichen. Die Schule hat daher Maßnahmen und Räumlichkeiten anzubieten, dass behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den übrigen Schülerinnen und Schülern beschult werden können. Hilfen, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind, können nicht vom Sozialhilfeträger verlangt werden (OVG Bremen, Beschluss vom 10. Dezember 1998 – 2 BB 421/98; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juli 1997 – 6 S 9/97).
Das bedeutet in diesem Fall, dass keine weitere Schulbegleitung als die gewährten drei Stunden wöchentlich anzuerkennen ist. Dadurch werden der durch Orthesen-wechsel bedingte Mehraufwand, die Hilfe beim Umkleiden zum Sportunterricht und die Hilfen während des Sportunterrichtes geleistet.
Der übrige Schuhwechsel, weil die Räume mit Teppichboden ausgelegt sind, fällt nicht in den Bereich der Eingliederungshilfe. Hier hat die Schule die räumlichen Möglichkeiten so zu gestalten, dass ein Schuhwechsel nicht ständig erforderlich ist. Schulbegleitung wegen Teppichbodens fällt nicht in den Aufgabenbereich des Sozialhilfeträgers. Für Unterstützung bei außerschulischen Vorhaben sind im Einzelfall Anträge auf Schulbegleitung zu stellen. Dies fällt nicht unter die wöchentliche Schulbegleitung. Tägliche Unterstützung in Bezug auf die Körperlichkeit ist vielen kleineren Kindern zu gewähren. Sofern diese behindertenbedingt sind, sind sie von der Schule gemäß § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH zu gewährleisten. Impuls- und Kommunikationshilfen, Unterstützung in der Gruppenarbeit usw., die hier als Leistungen des Sozialhilfeträgers beantragt sind, sind dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit zuzuordnen.
Im Übrigen sprechen in diesem Fall auch praktische Erwägungen dafür, dass die Schule behinderungsbedingte Defizite auszugleichen hat. Hier war bei der Hospitation festgestellt worden, dass nicht nur der Antragsteller, sondern ein weiteres Kind von jeweils einer Schulbegleiterin betreut worden waren. Es wurde in den hospitierten Stunden festgestellt, dass die beiden Schulbegleiterinnen nur sporadisch Hilfen leisteten und im Übrigen unbeteiligt waren oder anderen Schülern oder der Lehrerin halfen. Liegt diese Hilfe im Zuständigkeitsbereich der Schule, kann sie gebündelt und dadurch wesentlich effektiver und kostengünstiger eingesetzt werden.
Dem kann nicht entgegnet werden, dass die Inklusion nach § 5 Abs. 2 SchulGSH unter dem Vorbehalt stehe, dass die organisatorischen, personellen und sachlichen Möglichkeiten diese erlaubten. Nach § 4 Abs. 11 Satz 2 SchulGSH steht das Ziel der inklusiven Beschulung im Vordergrund. Insoweit ist ein Vorbehalt der sächlichen und personellen Mittel nicht aufgeführt. Im Übrigen geht der Bericht der Landesregierung zur landesweiten Umsetzung von Inklusion in der Schule selbst davon aus, dass der Vorbehalt des § 5 Abs. 2, 2. Halbsatz SchulGSH nicht gelte.
Der Senat verkennt nicht, dass denjenigen Schulen, die Integrationsmaßnahmen durchführen und Inklusion ernst nehmen, organisatorischer und finanzieller Aufwand aufgebürdet wird. Er sieht sich aber durch die Regelungen des SchulGSH und aufgrund des aus § 2 SGB XII folgenden Nachrangs der Sozialhilfe nicht in der Lage, die Aufgaben der Inklusion dem Sozialhilfeträger zu übertragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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