Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 15 SO 63/09
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 2/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen im SGB XII
2. Auch im SGB XII ist im Rahmen der Härtefallprüfung die Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen zu berücksichtigen.
3. Die in der Rechtsprechung zum SGB II entwickelten Grundsätze zur Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen sind aber nicht inhaltsgleich auf das SGB XII zu übertragen.
4. Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine weitergehende Verwertungsobliegenheit geboten.
5. Ein Vermögensverlust bei Verwertung einer Lebensversicherung im Verhältnis zu den eingezahlten Beträgen in Höhe von 35,51 % ist noch nicht unwirtschaftlich.
2. Auch im SGB XII ist im Rahmen der Härtefallprüfung die Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen zu berücksichtigen.
3. Die in der Rechtsprechung zum SGB II entwickelten Grundsätze zur Unwirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen sind aber nicht inhaltsgleich auf das SGB XII zu übertragen.
4. Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine weitergehende Verwertungsobliegenheit geboten.
5. Ein Vermögensverlust bei Verwertung einer Lebensversicherung im Verhältnis zu den eingezahlten Beträgen in Höhe von 35,51 % ist noch nicht unwirtschaftlich.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 10. August 2011 wird zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum von Januar bis Mai 2008.
Der am. 1961 geborene Kläger bezieht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bereits am 30. August 2007 hatte er einen Bedarf der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs¬minderung nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), geltend gemacht. Offenbar war ihm mitgeteilt worden, dass wegen übersteigenden Vermögens ein Anspruch nicht bestehe. Daraufhin verfolgte er sein Begehren zunächst nicht weiter, sondern reichte erst am 14. August 2008 erneut einen entsprechenden Antrag ein. Dabei gab er an, dass er eine Lebensversicherung bei der G Lebensversicherung AG habe, die zum März 2007 beitragsfrei gestellt worden sei. Im Ablebens- und Erlebensfall am 1. Juni 2046 war ein Beitrag von 1.886,00 EUR angegeben. Der Rückkaufswert dieser Versicherung betrug bei eingezahlten 1.366,20 EUR zum 1. Juni 2007 860,00 EUR und zum 1. Juni 2008 881,00 EUR. Außerdem machte der Kläger u. a. Kosten für eine Unfallversicherung geltend.
Mit Bescheid vom 25. August 2003 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit von Juni 2008 bis Juni 2009. Im Dezember 2007 habe der Kläger unter Berücksichtigung eines Sparguthabens, eines Guthabens auf dem Girokonto und des Rückkaufwertes der Sterbeversicherung von 860,00 EUR über ein Guthaben von insgesamt 3.366,33 EUR verfügt, so dass das Schonvermögen von 2.600,00 EUR um 766,33 EUR überschritten sei. Auch im Mai 2008 habe er noch einzusetzendes Vermögen über der Vermögensfreigrenze besessen, so dass unter Berücksichtigung von Wohngeld kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestanden habe. Leistungen für eine Unfallversicherung könnten nicht anerkannt werden. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 18. am 25. September 2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2009, zugestellt am 18. März 2009, zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am Montag, dem 20. April 2009, Klage erhoben und vorgetragen, bei der Lebensversicherung handele es sich um eine Sterbegeldversicherung, die nicht als Vermögen zu verwerten sei. Er sei alleinstehend, habe keinerlei Angehörige und nur eine kleine Rente, so dass die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages nicht geboten sei. Im Übrigen sei die Verwertung unwirtschaftlich, denn statt der erwarteten 1.886,00 EUR bei Auflösung oder im Sterbefall betrage der Rückkaufswert lediglich 860,00 EUR.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Amtes Bordesholm vom 25. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 17. März 2009 (aufzuheben und den Beklagten) zu verurteilen, ihm bereits seit Januar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, die Sterbeversicherung stelle kein geschütztes Vermögen dar, denn ihre besondere Zweckbestimmung für Bestattung und Grabpflege ergebe sich nicht aus dem Lebensversicherungsvertrag.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. August 2011 die Klage abgewiesen und ausgeführt, der angegriffene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei rechtmäßig. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Zwar gehöre er unstreitig zum leistungsberechtigten Personenkreis der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Der Kläger habe jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum über seinen Bedarf hinaus über zu berücksichtigendes Vermögen verfügt. Insoweit sei auch die Kapitallebensversicherung bei der G -Lebensversicherung AG zu berücksichtigen. Diese gehöre nicht zum Schonvermögen. Sie falle nicht unter die in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgezählten Schonvermögenstatbestände. Insbesondere sei sie nicht als unverwertbare Bestattungskosten-Vorsorgeversicherung anzusehen. Das Urteil ist dem Kläger am 5. Dezember 2011 zugestellt worden.
Dieser hat am 27. Dezember 2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, er habe von 1993 bis 2007 Leistungen in die Lebensversicherung eingezahlt. Es sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, diese bei dem geringen Rückkaufswert nunmehr einzusetzen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 10. August 2011 sowie den Bescheid vom 25. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm dem Kläger ab Januar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich darauf, dass die kapitalbildende Lebensversicherung bei der G Lebensversicherung AG nicht geschützt sei.
Der Senat hat mit Beschluss vom 31. Juli 2013 dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt O , Ga.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2014 und der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Juni 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten, die der Beratung des Senats zugrunde gelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum von Januar bis Mai 2008. Das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts vom 10. August 2011 und die angegriffenen Bescheide des Beklagten verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten und sind nicht aufzuheben.
In dem streitgegenständlichen Zeitraum verfügte der Kläger über den Vermögensfreibetrag von 2.600,00 EUR übersteigendes Vermögen, so dass er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hatte.
Gemäß § 19 Abs. 2 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten, wenn eine Person die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht oder das 18. Lebensjahr vollendet hat und dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten kann.
Aus der Rente von 415,00 EUR ab Juli 2008 konnte der Kläger seinen Bedarf nicht bestreiten.
Den vom Kläger begehrten Leistungen nach dem SGB XII steht im streitgegenständlichen Zeitraum aber überschießendes Vermögen entgegen. Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist einzusetzen das gesamte verwertbare Vermögen. Zutreffend hat der Beklagte im Bescheid vom 25. August 2008 unter Berücksichtigung des Sparguthabens des Klägers, des Guthabens auf dem Girokonto einschließlich des Rückkaufswertes der Versicherung für Dezember 2007 ein Guthaben von 3.366,33 EUR ermittelt. Das gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung dieser Vorschrift geschützte Vermögen von 2.600,00 EUR war somit um 766,33 EUR überschritten. Noch im Mai 2008 errechnete sich ein Vermögensüberhang von 291,95 EUR.
Zwar ist gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig zu machen, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Eine Härte liegt dann vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z. B. Art, Schwere und Dauer der Hilfe, das Alter, der Familienstand oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfenachfragenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (Wahrendorf in Wahrendorf u. a., Kommentar zum SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 90, Rdn. 73).
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Lebensversicherung des Klägers bei der G Lebensversicherung AG nicht deswegen unverwertbar sei, weil der Kläger diese als Sterbegeldversicherung bezeichnet. In dem Versicherungsvertrag ist eine solche Zweckbestimmung nicht enthalten. Es handelt sich somit um eine reine Kapitallebensversicherung, die grundsätzlich einzusetzen ist (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – L 5 AS 149/10; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Oktober 2012 – L 20 SO 613/11).
Der Verwertbarkeit steht auch nicht entgegen, dass der Einsatz der Lebensversicherung unwirtschaftlich wäre. Zwar ist für Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II. Danach sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Dieses Merkmal der Unwirtschaftlichkeit fehlt in § 90 SGB XII. Dies hat seinen Grund darin, dass bei Leistungsbeziehern nach dem SGB II davon ausgegangen wird, dass sie – jedenfalls normativ typisierend – lediglich vorübergehend arbeitslos sind (LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11, recherchiert bei juris, Rdn. 35). Insoweit hatte bereits vor Geltung des SGB II und des SGB XII das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden (Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 ; Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 C 3/03 –), dass die Härteregelung des damaligen § 88 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) einer Vermögensverwertung bei Unwirtschaftlichkeit nicht entgegenstehe, denn die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe sei nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG übertragbar. Die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung der Vermögensanrechnung im Sozialhilferecht einerseits und in der Arbeitslosenhilfe andererseits begründe in Anbetracht des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen zustehenden Gestaltungsspielraums keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz mit der Folge, dass die Rechtsprechung des BSG zur Schonung von Vermögen zur Alterssicherung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe auf die Sozialhilfe nicht übertragen werden könne. Das BVerwG hat insofern das Merkmal der Unwirtschaftlichkeit des Einsatzes von Vermögen nicht berücksichtigt.
Bei Einführung des SGB XII sollten die bisherigen Regelungen des § 88 BSHG inhaltsgleich in den § 90 SGB XII übertragen werden (BT-Drucksache 15/1514, S. 66 zu § 85 des Entwurfs). Daher liegt es nahe, die Rechtsprechung des BVerwG zur Härteregelung in § 88 Abs. 3 BSHG zu übernehmen (LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11, a.a.O.). Dies folgt auch daraus, dass das SGB XII am BSHG orientiert ist, das SGB II aber an die früheren Regelungen der Arbeitslosenhilfe anknüpft (BSG, Urteil vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 66/06; recherchiert bei juris, Rdn. 21).
Allerdings ist nach der Rechtsprechung im Rahmen der Härtefallprüfung auch die Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 42; Urteil vom 18. März 2008 – B 8/9b SO 9/06 R; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2009 – L 8 B 4/07 SO –; LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11–). Das bedeutet wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Vorschriften des § 12 SGB II und des § 90 SGB XII aber nicht, dass die Rechtsprechung zur Unwirtschaftlichkeit in § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II inhaltsgleich auf die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII übertragen werden könnte. Vielmehr ist in den Fällen, in denen Personen Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – tendenziell auf Dauer beziehen, geboten, eine weitergehende Verwertungsobliegenheit anzunehmen (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2009 – L 8 B 4/07 SO). Ob diese so weit geht, dass auch bei einem Verlust von 50 % zwischen eingezahlten Beträgen und dem Rückkaufswert noch keine Härte anzunehmen ist, wie das BVerwG annimmt (Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96), kann dahinstehen.
Jedenfalls stellt wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Betrachtungsweise der Hilfeempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII bei der Verwertung von Vermögen ein für den Monat Juni 2008 ermittelter Vermögensverlust bei Verwertung der Lebensversicherung im Verhältnis zu den eingezahlten Beträgen in Höhe von 35,51 % hier noch keine Unwirtschaftlichkeit dar mit der Folge, dass die Lebensversicherung des Klägers zu verwerten ist und der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII in dem streitgegenständlichen Zeitraum hat.
Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger zusätzlich eine Berücksichtigung des Beitrags zur privaten Unfallversicherung in Höhe von 7,16 EUR im Monat begehrt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum von Januar bis Mai 2008.
Der am. 1961 geborene Kläger bezieht bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bereits am 30. August 2007 hatte er einen Bedarf der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs¬minderung nach dem Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII), geltend gemacht. Offenbar war ihm mitgeteilt worden, dass wegen übersteigenden Vermögens ein Anspruch nicht bestehe. Daraufhin verfolgte er sein Begehren zunächst nicht weiter, sondern reichte erst am 14. August 2008 erneut einen entsprechenden Antrag ein. Dabei gab er an, dass er eine Lebensversicherung bei der G Lebensversicherung AG habe, die zum März 2007 beitragsfrei gestellt worden sei. Im Ablebens- und Erlebensfall am 1. Juni 2046 war ein Beitrag von 1.886,00 EUR angegeben. Der Rückkaufswert dieser Versicherung betrug bei eingezahlten 1.366,20 EUR zum 1. Juni 2007 860,00 EUR und zum 1. Juni 2008 881,00 EUR. Außerdem machte der Kläger u. a. Kosten für eine Unfallversicherung geltend.
Mit Bescheid vom 25. August 2003 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit von Juni 2008 bis Juni 2009. Im Dezember 2007 habe der Kläger unter Berücksichtigung eines Sparguthabens, eines Guthabens auf dem Girokonto und des Rückkaufwertes der Sterbeversicherung von 860,00 EUR über ein Guthaben von insgesamt 3.366,33 EUR verfügt, so dass das Schonvermögen von 2.600,00 EUR um 766,33 EUR überschritten sei. Auch im Mai 2008 habe er noch einzusetzendes Vermögen über der Vermögensfreigrenze besessen, so dass unter Berücksichtigung von Wohngeld kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestanden habe. Leistungen für eine Unfallversicherung könnten nicht anerkannt werden. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 18. am 25. September 2008 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2009, zugestellt am 18. März 2009, zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am Montag, dem 20. April 2009, Klage erhoben und vorgetragen, bei der Lebensversicherung handele es sich um eine Sterbegeldversicherung, die nicht als Vermögen zu verwerten sei. Er sei alleinstehend, habe keinerlei Angehörige und nur eine kleine Rente, so dass die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages nicht geboten sei. Im Übrigen sei die Verwertung unwirtschaftlich, denn statt der erwarteten 1.886,00 EUR bei Auflösung oder im Sterbefall betrage der Rückkaufswert lediglich 860,00 EUR.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Amtes Bordesholm vom 25. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 17. März 2009 (aufzuheben und den Beklagten) zu verurteilen, ihm bereits seit Januar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, die Sterbeversicherung stelle kein geschütztes Vermögen dar, denn ihre besondere Zweckbestimmung für Bestattung und Grabpflege ergebe sich nicht aus dem Lebensversicherungsvertrag.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. August 2011 die Klage abgewiesen und ausgeführt, der angegriffene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei rechtmäßig. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII. Zwar gehöre er unstreitig zum leistungsberechtigten Personenkreis der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Der Kläger habe jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum über seinen Bedarf hinaus über zu berücksichtigendes Vermögen verfügt. Insoweit sei auch die Kapitallebensversicherung bei der G -Lebensversicherung AG zu berücksichtigen. Diese gehöre nicht zum Schonvermögen. Sie falle nicht unter die in § 90 Abs. 2 SGB XII aufgezählten Schonvermögenstatbestände. Insbesondere sei sie nicht als unverwertbare Bestattungskosten-Vorsorgeversicherung anzusehen. Das Urteil ist dem Kläger am 5. Dezember 2011 zugestellt worden.
Dieser hat am 27. Dezember 2011 Berufung eingelegt und vorgetragen, er habe von 1993 bis 2007 Leistungen in die Lebensversicherung eingezahlt. Es sei wirtschaftlich nicht sinnvoll, diese bei dem geringen Rückkaufswert nunmehr einzusetzen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 10. August 2011 sowie den Bescheid vom 25. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm dem Kläger ab Januar 2008 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich darauf, dass die kapitalbildende Lebensversicherung bei der G Lebensversicherung AG nicht geschützt sei.
Der Senat hat mit Beschluss vom 31. Juli 2013 dem Kläger für das Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt O , Ga.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 13. Juni 2014 und der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Juni 2014 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichts- und Beiakten, die der Beratung des Senats zugrunde gelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hierzu erteilt haben.
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum von Januar bis Mai 2008. Das dies aussprechende Urteil des Sozialgerichts vom 10. August 2011 und die angegriffenen Bescheide des Beklagten verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten und sind nicht aufzuheben.
In dem streitgegenständlichen Zeitraum verfügte der Kläger über den Vermögensfreibetrag von 2.600,00 EUR übersteigendes Vermögen, so dass er keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII hatte.
Gemäß § 19 Abs. 2 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung zu leisten, wenn eine Person die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht oder das 18. Lebensjahr vollendet hat und dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten kann.
Aus der Rente von 415,00 EUR ab Juli 2008 konnte der Kläger seinen Bedarf nicht bestreiten.
Den vom Kläger begehrten Leistungen nach dem SGB XII steht im streitgegenständlichen Zeitraum aber überschießendes Vermögen entgegen. Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII ist einzusetzen das gesamte verwertbare Vermögen. Zutreffend hat der Beklagte im Bescheid vom 25. August 2008 unter Berücksichtigung des Sparguthabens des Klägers, des Guthabens auf dem Girokonto einschließlich des Rückkaufswertes der Versicherung für Dezember 2007 ein Guthaben von 3.366,33 EUR ermittelt. Das gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit der Verordnung zur Durchführung dieser Vorschrift geschützte Vermögen von 2.600,00 EUR war somit um 766,33 EUR überschritten. Noch im Mai 2008 errechnete sich ein Vermögensüberhang von 291,95 EUR.
Zwar ist gemäß § 90 Abs. 3 SGB XII die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig zu machen, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Eine Härte liegt dann vor, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles, wie z. B. Art, Schwere und Dauer der Hilfe, das Alter, der Familienstand oder die sonstigen Belastungen des Vermögensinhabers, eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfenachfragenden insbesondere wegen einer Behinderung, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit nachhaltig beeinträchtigt ist (Wahrendorf in Wahrendorf u. a., Kommentar zum SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 90, Rdn. 73).
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die Lebensversicherung des Klägers bei der G Lebensversicherung AG nicht deswegen unverwertbar sei, weil der Kläger diese als Sterbegeldversicherung bezeichnet. In dem Versicherungsvertrag ist eine solche Zweckbestimmung nicht enthalten. Es handelt sich somit um eine reine Kapitallebensversicherung, die grundsätzlich einzusetzen ist (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – L 5 AS 149/10; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29. Oktober 2012 – L 20 SO 613/11).
Der Verwertbarkeit steht auch nicht entgegen, dass der Einsatz der Lebensversicherung unwirtschaftlich wäre. Zwar ist für Leistungsempfänger nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II. Danach sind Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde, nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Dieses Merkmal der Unwirtschaftlichkeit fehlt in § 90 SGB XII. Dies hat seinen Grund darin, dass bei Leistungsbeziehern nach dem SGB II davon ausgegangen wird, dass sie – jedenfalls normativ typisierend – lediglich vorübergehend arbeitslos sind (LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11, recherchiert bei juris, Rdn. 35). Insoweit hatte bereits vor Geltung des SGB II und des SGB XII das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden (Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96 ; Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 C 3/03 –), dass die Härteregelung des damaligen § 88 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) einer Vermögensverwertung bei Unwirtschaftlichkeit nicht entgegenstehe, denn die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Verwertungsschutz einer Kapitallebensversicherung bei Beziehern von Leistungen der Arbeitslosenhilfe sei nicht auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG übertragbar. Die unterschiedliche rechtliche Ausgestaltung der Vermögensanrechnung im Sozialhilferecht einerseits und in der Arbeitslosenhilfe andererseits begründe in Anbetracht des dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von Sozialleistungen zustehenden Gestaltungsspielraums keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz mit der Folge, dass die Rechtsprechung des BSG zur Schonung von Vermögen zur Alterssicherung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe auf die Sozialhilfe nicht übertragen werden könne. Das BVerwG hat insofern das Merkmal der Unwirtschaftlichkeit des Einsatzes von Vermögen nicht berücksichtigt.
Bei Einführung des SGB XII sollten die bisherigen Regelungen des § 88 BSHG inhaltsgleich in den § 90 SGB XII übertragen werden (BT-Drucksache 15/1514, S. 66 zu § 85 des Entwurfs). Daher liegt es nahe, die Rechtsprechung des BVerwG zur Härteregelung in § 88 Abs. 3 BSHG zu übernehmen (LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11, a.a.O.). Dies folgt auch daraus, dass das SGB XII am BSHG orientiert ist, das SGB II aber an die früheren Regelungen der Arbeitslosenhilfe anknüpft (BSG, Urteil vom 6. September 2007 – B 14/7b AS 66/06; recherchiert bei juris, Rdn. 21).
Allerdings ist nach der Rechtsprechung im Rahmen der Härtefallprüfung auch die Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Vermögen zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 – B 8 SO 19/10 R –, recherchiert bei juris, Rdn. 42; Urteil vom 18. März 2008 – B 8/9b SO 9/06 R; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2009 – L 8 B 4/07 SO –; LSG Thüringen, Urteil vom 23. Mai 2012 – L 8 SO 85/11–). Das bedeutet wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Vorschriften des § 12 SGB II und des § 90 SGB XII aber nicht, dass die Rechtsprechung zur Unwirtschaftlichkeit in § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II inhaltsgleich auf die Härteregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII übertragen werden könnte. Vielmehr ist in den Fällen, in denen Personen Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII – Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung – tendenziell auf Dauer beziehen, geboten, eine weitergehende Verwertungsobliegenheit anzunehmen (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 12. August 2009 – L 8 B 4/07 SO). Ob diese so weit geht, dass auch bei einem Verlust von 50 % zwischen eingezahlten Beträgen und dem Rückkaufswert noch keine Härte anzunehmen ist, wie das BVerwG annimmt (Urteil vom 19. Dezember 1997 – 5 C 7/96), kann dahinstehen.
Jedenfalls stellt wegen der grundsätzlich unterschiedlichen Betrachtungsweise der Hilfeempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII bei der Verwertung von Vermögen ein für den Monat Juni 2008 ermittelter Vermögensverlust bei Verwertung der Lebensversicherung im Verhältnis zu den eingezahlten Beträgen in Höhe von 35,51 % hier noch keine Unwirtschaftlichkeit dar mit der Folge, dass die Lebensversicherung des Klägers zu verwerten ist und der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII in dem streitgegenständlichen Zeitraum hat.
Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger zusätzlich eine Berücksichtigung des Beitrags zur privaten Unfallversicherung in Höhe von 7,16 EUR im Monat begehrt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG durch den Senat zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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