Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 31 AS 117/14
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 99/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Verwertung von Lebensversicherungen als Vermögen ist die Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht auf die "Verlustquote" im Verhältnis im Substanzwert (eingezahlte) Beiträge und Verkehrswert (Rückkaufswert) zu beschränken (Anschluss BSG-B 14 AS 10/93 R).
2. Auf das Verhältnis zwischen zu erstattendem Beitrag und dem ursprünglich einzusetzenden Vermögen kommt es im Falle des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht an (Anschluss BSG-B 14 AS 15/17 R).
2. Auf das Verhältnis zwischen zu erstattendem Beitrag und dem ursprünglich einzusetzenden Vermögen kommt es im Falle des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht an (Anschluss BSG-B 14 AS 15/17 R).
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 28. August 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rücknahme und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. Juli 2012 in Höhe von 35.552,82 EUR.
Die 1968 geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrem 1997 geborenen Sohn in L. Der Sohn konnte seinen Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen in Form von Kindergeld, Unterhalt und Wohngeld decken. Die Klägerin war durchgehend als Raumpflegerin beschäftigt und bezog aufstockende Leistungen nach dem SGB II durch den Beklagten.
Aus dem Arbeitshilfebezug heraus beantragte die Klägerin am 12. Oktober 2004 ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Sie gab auf dem Zusatzblatt 3 (Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens) an, über ein Girokonto und ein Sparbuch zu verfügen. Die weiteren Fragen nach Vermögenswerten, insbesondere die Fragen Nr. 2.4 [Sparbriefe / sonstige Wertpapiere (z.B. Aktien, Fonds-Anteile usw.)] und Nummer 2.5 [Kapitallebensversicherungen / private Rentenversicherung] verneinte sie. Auf Bl. 7, Bl. 7 R der Verwaltungsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens reichte die Klägerin auch Kontoauszüge ein, aus denen sich unter anderem eine Abbuchung für die W.-Versicherung ergibt. Auf Bl. 20 der Verwaltungsakte wird verwiesen.
In den Weiterbewilligungsanträgen vom 14. September 2005, 10. April 2006, 9. Juni 2006, 21. Dezember 2006, 20. Juni 2007, 2. Januar 2008, 24. Juni 2008, 18. Dezember 2008, 25. Juni 2009, 28. Dezember 2009, 24. Juni 2010, 22. Dezember 2010, 22. Juni 2011 und 2. Januar 2012 gab die Klägerin jeweils an, dass keine Veränderungen in den Vermögensverhältnissen stattgefunden haben.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Dezember 2005, 15. Februar 2006, 21. März 2006,18. April 2006 und 1. Juni 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum 1. November 2005 bis 30. April 2006.
Mit Änderungsbescheiden vom 22. Juni 2006, 17. Juli 2006 und 30. Juli 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Monate Mai 2006, Juni 2006 und Juli 2006.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 2. Oktober 2006, 27. Oktober 2006, 24. November 2006 und 13. Februar 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2006 bis 31. Januar 2007.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Januar 2007, 2. Juni 2007, 25. Juni 2007 und 14. September 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 31. Juli 2007.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. September 2007, 7. Januar 2008, 19. Februar 2008 und 20. März 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2007 bis 31. Januar 2008.
Mit Bescheid vom 7. Januar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20. März 2008, 17. Mai 2008, 29. Mai 2008, 21. Juli 2008 und 22. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2008 bis 31. Juli 2008.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21. Juli 2008, 22. Dezember 2008 und 12. Juni 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2008 bis 31. Januar 2009.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Juni 2009 und 12. Juni 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2009 bis 31. Juli 2009.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. November 2009, 17. Dezember 2009 und 29. Dezember 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2009 bis 31. Januar 2010.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 8. Februar 2010, 9. April 2010, 25. Mai 2010, 8. Juni 2010, 29. Juni 2010, 9. Juli 2010 und 11. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2010 bis 31. Juli 2010.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. Oktober 2010, 5. November 2010, 6. Januar 2011, 26. März 2011, 3. Mai 2011 und 10. Mai 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2010 bis 31. Januar 2011.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 7. April 2011, 3. Mai 2011, 10. Mai 2011, 16. Juni 2011, 23. Juni 2011, 14. Juli 2011 und 8. August 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. September 2011, 15. November 2011, 26. November 2011 und 7. Februar 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2011 bis 31. Januar 2012.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. März 2012,19. April 2012, 10. Mai 2012, 5. Juni 2012, 12. Juli 2012 und 15. August 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012.
Zum 1. August 2012 schied die Klägerin wegen bedarfsdeckenden Einkommens aus dem Leistungsbezug aus.
Am 1. Oktober 2012 stellte sie einen neuen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Beklagten (Bl. 979 ff. VA). In diesem Zusammenhang beantwortete sie die Frage in der Anlage VM Nr. 2.5 nach Kapitallebensversicherungen / privaten Lebensversicherung / Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr mit "Ja". Auf Bl. 987 R der VA wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen. Am 9. Oktober 2012 legte die Klägerin die Wertbestätigung der W.-Fondspolice (inkl. Berufsunfähigkeitsversicherung), Stand 6. Dezember 2011, vor (Bl. 993 VA).
Mit Bescheid vom 11.Oktober 2012 lehnte daraufhin der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 1. Oktober 2012 ab, da ihr Vermögen (Girokonto, Sparbuch und Investmentfonds) den Freibetrag übersteigen würde.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 und 29. April 2013 forderte der Beklagte die Klägerin zur Mitwirkung auf und bat um Angaben und Nachweise zum Vermögen zu den Zeitpunkten 18. Dezember 2008, 1. Mai 2009, 24. Juni 2009, 27. Dezember 2010 und 22. Juni 2011. Am 30. Oktober 2012 und 10. Mai 2013 legte die Klägerin entsprechende Unterlagen vor.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2013, 27. Juni 2013 und 23. August 2013 forderte der Beklagte die Klägerin erneut zur Mitwirkung auf und bat um Angaben und Nachweise zum Vermögen zu den Zeitpunkten 12. Oktober 2004, 14. September 2005, 10. April 2006, 9. Juni 206, 21. Dezember 2006, 20. Juni 2007, 2. Januar 2008 und 24. Juni 2008. Am 25. Juni 2013 und 10. Oktober 2013 legte die Klägerin entsprechende Unterlagen vor und wies den Verwertungsausschluss der W.-Lebensversicherung nach § 168 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ab dem 16. September 2013 nach.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25.Oktober 2013 nahm der Beklagte die Entscheidungen vom 5.Oktober 2005, 22. Dezember 2005, 15. Februar 2006, 21. März 2006, 18. April 2006, 1. Juni 2006, 16. Juni 2006, 22. Juni 2006, 17. Juli 2006, 30. August 2006, 2. Oktober 2006, 27. Oktober 2006, 24. November 2006, 12. Dezember 2006, 3. Januar 2007, 26. Januar 2007, 13. Februar 2007, 2. Juni 2007, 25. Juni 2007, 14. Sept 2007, 7. Januar 2008, 19. Februar 2008, 20. März 2008, 17. Mai 2008, 29. Mai 2008, 26. Juni 2008, 21. Juli 2008, 22. Dezember 2008, 6. Juni 2009, 12. Juni 2009, 26. Juni 2009, 13. November 2009, 17. Dezember 2009, 29. Dezember 2009, 8. Februar 2010, 9. April 2010, 25. Mai 2010, 8. Juni 2010, 29. Juni 2010, 9. Juli 2010, 11. Oktober 2010, 5. November 2010, 27. Dezember 2010, 6. Januar 2011, 26. März 2011, 7. April 2011, 3. Mai 2011, 10. Mai 2011, 6. Juni 2011, 23. Juni 2011, 14. Juli 2011, 8. August 2011, 23. Sept 2011, 15. November 2011, 26. November 2011, 3. Januar 2012, 7. Februar 2012, 6. März 2012, 19. April 2012, 10. Mai 2012, 5. Juni 2012, 12. Juli 2012 und 15. August 2012 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. November 2011 für die Klägerin ganz zurück und forderte die Erstattung der für den Zeitraum 1. November 2005 bis 31. Juli 2012 monatlich differenziert aufgeführten Beträge in Höhe von insgesamt 38.807,32 EUR, da die Klägerin bei der Antragstellung der Weiterbewilligungsanträge für die Zeiträume ab 1. November 2005 bei Berücksichtigung des Kontostandes auf dem Girokonto, des Sparbuches sowie bei Berücksichtigung der Fondsanteile der W.-Lebensversicherung über Vermögen verfügt habe, das die Vermögensfreibeträge übersteige. Seine Entscheidung stützte der Beklagte auf § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach die Klägerin die Überzahlung dadurch verursacht habe, dass sie wesentliche Angaben nicht oder verspätet mitgeteilt habe. Die überzahlten Leistungen seien inklusive der entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, § 335 Abs. 1 und 5 SGB III, § 50 SGB X zu erstatten.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 4. November 2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid unschlüssig sei. Zwar würden diverse Bescheide aus dem gesamten Leistungszeitraum aufgeführt und Leistungen ab 2005 zurückgefordert. Jedoch werde ausweislich des Obersatzes des Bescheides die Bewilligung erst ab November 2011 zurückgenommen, sodass offensichtlich die Bewilligung vor November 2011 nicht zurückgenommen worden sei. Die geltend gemachte Rückforderung sei somit rechtswidrig.
Unter dem 11. November 2013 bat der Beklagte um Nachweis der Höhe der Einzahlungen in Bezug auf die W.-Lebensversicherung zu verschiedenen, näher bestimmten Zeitpunkten. Zudem wurde um Mitteilung gebeten, um welchen Anteil sich die Fondsanteile bei der W.-Lebensversicherung ausweislich der allgemeinen Versicherungsbedingungen bei Kündigung vermindert hätten. Der Beklagte wies darauf hin, dass nach Aktenlage auch Beiträge an die N. Lebensversicherung von der Klägerin gezahlt worden seien. Auch hier werde um Mitteilung gebeten, um was für eine Art Versicherung es sich handele. Gegebenenfalls werde ebenfalls um Nachweis zu den Rückkaufswerten und den Einzahlungen gebeten.
Am 13. Dezember 2013 teilte die Klägerin mit, dass sie die Vorlage weiterer Belege für überflüssig erachte, da der Bescheid in seiner Gesamtheit rechtswidrig sei. Sie habe die Lebensversicherung bereits bei der Antragstellung von Arbeitslosenhilfe angegeben. Aufgrund der erleichterten Überleitungsformulare zum SGB II habe es keinen Anlass / kein Formular gegeben, bei dem sie neue oder weitere Angaben hätte machen müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2014 berichtigte der Beklagte den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 insofern, als dass die Entscheidungen vom 5. Oktober 2005 bis 15. August 2012 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. November 2005 ganz zurückgenommen würden. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruchsbescheid als unbegründet zurück.
Am 3. Februar 2014 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, bereits vor Einführung des SGB II im Leistungsbezug der Arbeitslosenhilfe gestanden zu haben. Damit habe für sie das vereinfachte Antragsverfahren gegolten, welches sich aus der Verwaltungsakte ergebe. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens sei auf die Angaben zur Arbeitslosenhilfe der Vorjahre Bezug genommen worden. Im Rahmen des Arbeitslosenhilfebezugs sei die Lebensversicherung angegeben worden. Sie habe stets alle von ihr geforderten Angaben vollständig und zutreffend gemacht. Bei der fondsgebundenen W.-Lebensversicherung handele es sich weder um eine Kapitallebensversicherung, die unter Punkt 2.5 des Zusatzblattes Vermögen (Bl. 7 R VA) anzugeben gewesen sei, noch um einen Sparbrief / sonstiges Wertpapier (zum Beispiel Aktien, Fonds-Anteil usw.) nach Nr. 2.4 des Zusatzblattes Vermögen (Bl. 7 R VA). Zudem ergebe sich aus dem seinerzeit eingereichten Kontoauszug (Bl. 20 VA), dass Beiträge für die W.-Versicherung gezahlt worden seien, was deutlich gegen eine grob fahrlässige oder gar vorsätzliche Nichtangabe von Tatsachen spreche. Auch sei die Verwertung der W.-Lebensversicherung wegen damit einhergehender erheblicher Verluste nicht zumutbar gewesen. Überdies habe auch keine Anhörung stattgefunden.
Der Beklagte hat insbesondere darauf hingewiesen, dass bei der Frage der (Un-) Wirtschaftlichkeit der Verwertung der W.-Lebensversicherung auch eine 2001 erfolgte Darlehensgewährung zu berücksichtigen sei. Ferner handle es sich bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung um eine gegenüber der klassischen Kapitallebensversicherung risikobehaftetere Anlageform, bei der zwar bessere Auszahlungen erreicht werden könnten, jedoch auch höhere Verluste hinzunehmen seien. Die fehlende Anhörung sei bereits im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen zum relevanten Vermögen der Klägerin zu den jeweiligen Zeiten der Antragstellungen (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II) getätigt und dieses dem jeweiligen Freibetrag gegenübergestellt. Danach übersteigt das Vermögen der Klägerin aus Girokonto, Sparbuch und dem jeweiligen Auszahlungswert der W. ab 10. April 2006 den maßgeblichen Freibetrag. Nach Angaben der W.-Lebensversicherung mit Schreiben vom 2. Februar 2018 und 15. Juni 2018 hat die Klägerin am 16. Januar 2001 bereits ein Darlehen in Höhe von 1.579,08 EUR aus der Versicherung erhalten. Der monatliche Beitrag betrage aktuell 58,86 EUR. Hierin seien 2,70 EUR für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthalten. Eine Ausweisung des genauen Anteils für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sei für die streitigen Zeiträume nicht möglich. Bei der N. Versicherung handelt es sich um eine reine Risikolebensversicherung ohne Rückkaufswert. Die Akten bezüglich des Arbeitslosenhilfebezugs der Klägerin wurden bereits vernichtet.
Im Fortsetzungstermin der mündlichen Verhandlung am 28. August 2018 hat der Beklagte die persönlich anwesende Klägerin angehört und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 wegen Unterschreitens des Vermögensfreibetrages insoweit aufgehoben, als von der Klägerin Leistungen für den Zeitraum November 2005 bis April 2006 aufgehoben und erstattet verlangt werden. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Damit hat sich die Erstattungsforderung von 38.807,32 EUR auf 35.552,82 EUR reduziert.
Mit Urteil vom 28. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Fehlen der Anhörung sei im Laufe des Widerspruchsverfahrens – spätestens im Fortsetzungstermin – geheilt worden. Zudem ergebe sich unzweideutig, dass alle Bewilligungsbescheide aufgehoben worden seien und sämtliche Leistungen inklusive gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum November 2005 bis Juli 2012 zurückgefordert würden. Die Klägerin habe es grob fahrlässig unterlassen, die W.-Lebensversicherung in ihrem Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II anzugeben. Ihr sei eine Verwertung der streitigen Versicherung zu den jeweiligen Zeitpunkten der Antragstellungen durchgehend zumutbar gewesen. Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II ("offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung") seien nicht erfüllt. Mit einer fondsgebundenen Lebensversicherung könne der Anleger bessere Auszahlungen als bei einer klassischen Lebensversicherung erreichen, der Anleger gehe aber auch ein höheres Risiko ein, sodass die Kammer auch den rechnerischen Maximalverlust von 23,36 % – tatsächlich wäre der Verlust niedriger gewesen, denn die Klägerin habe mit ihrer Einzahlung auch einen Beitragsanteil für die Berufsunfähigkeitsversicherung geleistet – in diesem Einzelfall nicht als offensichtlich unwirtschaftlich erachte.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. September 2018 zugestellte Urteil am selben Tag Berufung vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben. Bei der W.-Versicherung handele es sich nicht um eine Kapitallebensversicherung und auch nicht um Fondsanteile. Vielmehr handele es sich um eine fondgebundene Lebensversicherung. Würde der Beklagte erwartet haben, dass jede Form der Lebensversicherung anzugeben gewesen wäre, hätte er im genannten Fragebogen keine Begrenzung auf Kapitallebensversicherungen vorgenommen. Zudem sei es nicht sachgerecht, dass das Gericht die Verwertung nicht als unwirtschaftlich beurteile und dieses primär damit begründe, dass die von der Klägerin abgeschlossene W.-Versicherung ein hohes Risiko berge, welches nicht von der Grundsicherung übernommen werden könne. Bei einem Verlust von 23,36 % sei die Verwertung unwirtschaftlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 28. August 2018 sowie den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Auch bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung handele es sich um Vermögen. Die Verwertung stelle keine besondere Härte dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Rücknahme- Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 ist nach Erlass des Teilanerkenntnisses des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Kiel am 28. August 2018 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Bescheide sind formell rechtmäßig, auch wenn der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Rücknahme- und Erstattungsbescheids vom 25. Oktober 2013 nicht nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört hat.
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine Verletzung des § 24 SGB X ist nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird. Die Anhörung kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 2 SGB X).
Ausgehend davon hat der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 25. Oktober 2013 zwar nicht ordnungsgemäß angehört. Insoweit ist allerdings eine Heilung im Rahmen des Vorverfahrens eingetreten (vgl. zu dieser Möglichkeit: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 13 RJ 67/99 R, juris Rn. 26). Allein der Umstand, sich im Rahmen eines Widerspruchs äußern zu können, reicht dafür zwar nicht aus. Vielmehr muss die Nachholung der erforderlichen Anhörung dieselbe rechtliche Qualität haben wie die an sich nach § 24 Abs. 1 SGB X gebotene Handlung (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91, juris Rn. 26). Es kommt mithin darauf an, ob der Beklagte der Klägerin im Rahmen des Vorverfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben hat, sich zu den für ihre Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hierzu ist es notwendig, dass der Verwaltungsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen dem Betroffenen in einer Weise unterbreitet, dass dieser sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann. Welche dies sind, beurteilt sich anhand der Ermächtigungsgrundlage, die die Behörde nach ihrer materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zugrunde legt (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91, juris Rn. 28; BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 35/02 R, juris Rn. 20).
Dies zugrunde gelegt konnte sich die Klägerin im Widerspruchsverfahren zu den entscheidungserheblichen Tatsachen äußern. Der Beklagte hat im Bescheid vom 25. Oktober 2013 die Rechtsgrundlagen für die Rücknahme (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III) und die Erstattung (§ 50 SGB X sowie § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 SGB III) sowie den Umstand dargestellt, dass sämtliche im einzelnen aufgeführten Bewilligungsentscheidungen im Zeitraum 1. November 2005 bis 31. Juli 2012 ganz zurückgenommen werden, da die Klägerin in Bezug auf ihr vorhandenes Vermögen zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Zudem wurde die Höhe des Erstattungsbetrags – aufgeschlüsselt nach den einzelnen Monaten – mitgeteilt.
Die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt i.S.v § 33 Abs. 1 SGB X. Der Beklagte benennt die zurückgenommenen Bescheide, die von der Rücknahme betroffenen Zeiträume und stellt für jeden Monat die bewilligten und zu erstattenden Beträge inklusive der an die Kranken- und Pflegeversicherung abgeführten Beiträge dar.
Rechtsgrundlage des Rücknahmebescheids ist § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der im Rücknahmezeitpunkt geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 850; zur Maßgeblichkeit des im Zeitpunkt der Aufhebung geltenden Rechts vgl. BSG vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 10 m.w.N.) i.V.m § 45 SGB X und § 330 Abs. 2 SGB III. Danach ist eine rechtswidrige begünstigende Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auch nach Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sie auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Gem. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist das nach § 45 Abs. 1 SGB X bestehende Ermessen aufgehoben, soweit die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vorliegen.
Die Alg II-Bewilligungen für den streitbefangenen Zeitraum 1. Mai 2005 bis 31. Juli 2012 waren bei Erlass mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin objektiv rechtswidrig.
Rechtsgrundlage des der Klägerin zuerkannten Alg II ist § 19 i.V.m §§ 7, 9, 11, 20 ff. SGB II. Maßgebend für die Hilfebedürftigkeit der Klägerin – die die übrigen Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (Alter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik) im streitigen Zeitraum erfüllte – war danach § 9 Abs. 1 SGB II in der vom 1.1.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954), wonach hilfebedürftig ist, wer u.a. seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält sowie § 9 Abs. 1 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 850), wonach hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Dem im streitigen Zeitraum aus Regelleistung bzw. Regelbedarf, Mehrbedarf für Alleinerziehende und den kopfteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzüglich des durchgehend unter Berücksichtigung der maßgebenden Freibeträge ermittelten Einkommens der Klägerin aus Erwerbstätigkeit bestehenden Bedarf standen im gesamten Rücknahmezeitraum zu Beginn eines jeden Monats ausreichende Vermögensmittel gegenüber, die vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen waren (vgl. § 2 Abs. 2 SGB II; zur monatsweisen Gegenüberstellung von Bedarfen und Bedarfsdeckungsmöglichkeiten vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 15 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 24. August 2017 – B 4 AS 9/16 R, juris Rn 31 m.w.N.).
Einzusetzen waren danach gemäß § 12 Abs. 1 SGB II (in der seit dem 1.1.2005 unverändert geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) alle verwertbaren Vermögensgegenstände.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich auch bei einer fondgebundenen Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss, wie sie die Klägerin bei der W.-Lebensversicherung a.G. im streitigen Zeitraum besaß, um verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II.
Unter dem Begriff des Vermögens fällt der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten. Hierzu rechnen auch subjektive Rechte, absolute, wie das Eigentum, und relative, wie Forderungen gegen Dritte (z.B. Bankguthaben in Form von Girokonten oder Sparbücher oder Auszahlungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen aus bestehenden Versicherungsverhältnissen).
Danach unterfällt auch die von der Klägerin im streitigen Zeitraum bei der W.-Lebensversicherung a.G. unterhaltende fondgebundene Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss unter den Vermögensbegriff und ist als Vermögen zu berücksichtigen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2009 – L 13 AS 5234/08, juris). Im Gegensatz zu einer bloßen Risikolebensversicherung, deren Zweck es ist die Hinterbliebenen oder den Versicherten bei Berufsunfähigkeit abzusichern, handelt es sich vorliegend um eine kapitalbildende Versicherung, bei der ein Teil der eingezahlten Beiträge zur Kapitalbildung verwendet wird, der später mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit wieder ausgezahlt wird. Anders als bei einer konventionellen Lebensversicherung, bei der die Versicherungsleistung als fester Geldbetrag in einer bestimmten Währung vereinbart wird, wird bei der fondsgebundenen Lebensversicherung die Versicherungsleistung in Anteilseinheiten eines Fonds vereinbart. Damit geht der Versicherungsnehmer höhere Risiken ein. Es besteht die Chance auf höhere Rendite als es Investments in sichereren Anlagen versprechen. Allerdings besteht auch die Gefahr hoher Verluste, die allein der Versicherungsnehmer trägt.
Ausweislich des vorliegenden Versicherungsscheins werden als Versicherungsleistung im Erlebensfall nach Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer Zertifikate des vom Versicherungsnehmer gewählten Investmentfonds in Höhe des vorhandenen Deckungskapitals erbracht oder im Todesfall vor Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer Zertifikate des vom Versicherungsnehmer gewählten Investmentfonds in Höhe des vorhandenen Deckungskapitals und zusätzlich die Risikosumme in DM zum Zeitpunkt des Todes.
Entscheidend für den Wert des Vermögens ist der Verkehrswert. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II). Dies ist der im Geschäftsverkehr erzielbare Erlös. Im Falle einer Lebensversicherung ist damit deren aktueller Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligung maßgeblich. Abzuziehen sind eventuelle Verwertungskosten, wie z.B. die anfallende Kapitalertragsteuer (vgl. Formann in jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 12, Rn. 104). Ausweislich der Schreiben der W. Lebensversicherung a.G. vom 2. Februar 2018 und 15. Juni 2018 belief sich der Rückkaufswert der Lebensversicherung der Klägerin in den streitigen Zeiträumen zwischen 6.798,91 EUR (1. April 2006) und 9.329,92 EUR (1. Januar 2012). Bei Berücksichtigung des gewährten und bereits am 16. Januar 2001 an die Klägerin ausgezahlten Darlehens in Höhe von drei Fondsanteilen lag der Auszahlungswert zwischen 5.025,29 EUR (niedrigster Wert zum 1. Januar 2009) und 7.999,87 EUR (höchster Wert zum 1. Januar 2011). In Bezug auf die einzelnen Werte wird auf die Übersicht der W. Lebensversicherung a.G. verwiesen (Bl. 506 der Gerichtsakte).
Das Sozialgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Verwertung der W.-Lebensversicherung zu den jeweiligen Zeitpunkten der Antragstellungen der Klägerin durchgehend zumutbar war. Die Voraussetzungen einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II sind nicht gegeben. Wie auch das Sozialgericht ausführt, liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht; umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (st. Rspr. BSG, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 58/13 R – juris Rn. 26 m.w.N.). Eine einzelfallunabhängige Bestimmung einer feststehenden unteren Verlustquote, ab der die Verwertung von Lebensversicherungen i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 1 SGB II immer offensichtlich unwirtschaftlich ist, kommt nach der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R – juris Rn. 43). Denn damit bliebe die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen außen vor, deren Berücksichtigung bei der Rechtsanwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit diene. Zu den in einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls können mit Blick auf die Verwertung von Lebensversicherungen neben der Verlustquote bei ihrer vorzeitigen Auflösung die konkreten Vertragsbedingungen der Versicherung (z.B. versicherte Risiken, Laufzeit, Leistungen vor und nach Ablauf, Prämien, Kündigungsfristen) und die konkrete Vertragssituation (z.B. bisherige Laufzeit und Ansparphase im Verhältnis zur Laufzeitvereinbarung, bereits in Anspruch genommene Leistungen vor Ablauf) ebenso gehören wie der Umstand, ob die Versicherung bereits beliehen ist. Insbesondere die vereinbarten Vertragsbedingungen sind in unterschiedlicher Ausgestaltung auf dem Versicherungsmarkt anzutreffen und sie prägen als Tatsachen im Einzelfall die rechtliche Unterscheidung von wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Verwertung einer Versicherung mit. Die Offensichtlichkeit einer Unwirtschaftlichkeit kann zudem mitgeprägt werden durch das, was bei der vorzeitigen Auflösung von Versicherungen an Verlusten im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein üblich ist. Auch diese Verhältnisse können schwanken. Diese Vielfalt möglicher Fallgestaltungen kann nicht durch die revisionsgerichtliche Bestimmung einer prozentgenauen Grenze zur offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung negiert werden. Die Umstände des Einzelfalls vollständig zu erfassen und in einer Gesamtschau zu bewerten, bleibt vielmehr Aufgabe der Verwaltung wie der Instanzgerichte.
Daran gemessen ist zunächst ein Anteil für die mitumfasste Berufsunfähigkeitsversicherung wertmindernd bei den eingezahlten Beiträgen zu berücksichtigen. Für die streitigen Zeiträume ist eine Ausweisung des genauen Anteils für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht möglich. Im Jahre 2018 betrug der monatliche Beitrag 58,86 EUR. Hierin waren 2,70 EUR für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthalten. Dies entspricht einem Prozentsatz von ca. 4,59 %. Mithin scheint es sachgerecht, vom Wert der eingezahlten Beiträge 5 % für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Abzug zu bringen. Stellt man diesen Wert – anders als das Sozialgericht dies gemacht hat – ins Verhältnis zu den Rückkaufswerten ohne Abzug des Darlehens, besteht zu neun Stichtagen ein Gewinn und zu vier Stichtagen ein Verlust. Die Verlustquoten betragen 3,19 %, 5,47 %, 10,86 % und 19,33 %. Die Klägerin hat sich im Vergleich zu einer konventionellen Lebensversicherung mit der fondsgebundenen Lebensversicherung für eine deutlich risikobehaftetere Anlageform entschieden. Dies war ihr auch bewusst. So hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht angegeben, dass ihr damaliger Verlobter und Vater ihres Sohnes, der in der Versicherungsbranche tätig war und den Vertrag vermittelt hat, ihr 1994 beim Abschluss der Versicherung gesagt habe, dass sie aufgrund der gewählten Anlageform spekuliere. Bei Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung muss der Versicherungsnehmer letztlich immer darauf hoffen, dass sich seine Fondsanteile positiv entwickeln und er im Erlebensfall davon profitiert. Bei Wahl dieser Anlageform besteht aber auch die Gefahr hoher Verluste. Verluste in Höhe von vorliegend maximal 19,33 % sind in Anbetracht der gewählten Anlageform hinnehmbar und stellen keine Unwirtschaftlichkeit im Falle der Verwertung dar.
Zudem besaß die Klägerin im streitigen Zeitraum verwertbares Geldvermögen auf ihrem Girokonto sowie auf ihrem Sparkonto. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts in Bezug auf die jeweils relevanten Kontostände im Zeitpunkt der Weiterbewilligungsanträge im Urteil vom 28. August 2018 wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Die weitere Lebensversicherung der Klägerin bei der N. Lebensversicherung war als reine Risikolebensversicherung ohne Rückkaufswert nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Das Vermögen aus der W.-Lebensversicherung und das Geldvermögen auf dem Giro- und Sparkonto der Klägerin hat durchgehend die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II überschritten und zwar sowohl unter Berücksichtigung von zunächst 200 EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) als auch später von 150 EUR je Lebensjahr (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung) und 750 EUR als Anschaffungsfreibetrag (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II).
Das nach diesen Maßgaben zu berücksichtigende Vermögen schließt den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II für die von der Rücknahme erfassten Zeiträume insgesamt aus. Ein "fiktiver Verbrauch" des tatsächlich durchgängig vorhandenen Vermögens ist unmaßgeblich. Verwertbares Vermögen steht der Annahme von Hilfebedürftigkeit entgegen, solange es tatsächlich vorhanden ist (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 20).
Die Klägerin kann sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf den Bestand der Bewilligungsbescheide berufen, weil der Ausschlussgrund des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegt. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat. Die aufgehobenen Leistungsbewilligungen sind nur erfolgt, weil die Klägerin das Vorhandensein der Lebensversicherung im Antragsformular zu dem Punkt "Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens" verschwieg und in den Fortzahlungsanträgen eine Änderung in den Verhältnissen verneinte. Die Angabe war für die Leistungsbewilligung wesentlich, weil nur bei Hinzurechnung des verschwiegenen Vermögens die Vermögensfreigrenze überschritten und die Leistungsbewilligung damit rechtswidrig wurde.
Das Verschweigen erfolgte zumindest grob fahrlässig. Das Gesetz definiert den Begriff der groben Fahrlässigkeit in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X selbst als Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Ausgehend von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff ist danach ein Verhalten schlechthin unentschuldbar, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss (st. Rspr. BSG; siehe nur Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 105/85, juris Rn. 18 m.w.N.).
Nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen hat und aufgrund der von der Klägerin gemachten Angaben, war die Klägerin intellektuell in der Lage, die Fehlerhaftigkeit der von ihr gemachten Angaben zu erkennen. Die Frage nach dem Vorhandensein einer "Kapitallebensversicherung" im Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II war unmissverständlich. Dass das Formular nicht ausdrücklich von einer "fondsgebundenen Lebensversicherung" spricht, ist unerheblich. Wie ausgeführt, handelt es sich bei der von der Klägerin gewählten Lebensversicherung um eine Kapitallebensversicherung. Hiervon ging auch die Klägerin aus, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie das Geld aus der Versicherung für später haben wolle. Insofern war ihr die kapitalbildende Funktion der von ihr abgeschlossenen Lebensversicherung durchaus bewusst. Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch deutlich gemacht, dass ihr das Vorhandensein der 1994 abgeschlossenen W.-Lebensversicherung durchweg bekannt war, sie immer stolz darauf war, durch eine Lebensversicherung abgesichert zu sein und die Beiträge trotz finanzieller Schwierigkeiten ungekürzt bedienen zu können. Sie gibt zudem selbst an, dass sie die Versicherung im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe angegeben habe. Auch im Jahre 2012 hat sie bei einem Neuantrag auf Leistungen nach dem SGB II die Versicherung angegeben. Sie kann sich heute auch nicht mehr erklären, warum sie die Versicherung im Antrag nicht angegeben hat. Das war nach eigener Aussage "Blödheit". Dafür, dass für die Klägerin aufgrund des vorherigen Arbeitslosenhilfebezugs vereinfachte Antragsvoraussetzungen galten, ist nichts ersichtlich. Die entsprechenden Akten des Arbeitsamtes sind nicht mehr vorhanden. Bei dem von der Klägerin im Rahmen der erstmaligen Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II verwendeten Formular handelt es sich um das offizielle Standardantragsformular. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Klägerin die Frage zu vorhandenen Kapitallebensversicherungen im Hinblick auf mögliche Angaben während des Arbeitslosenhilfebezugs unrichtig bzw. falsch hätte beantworten dürfen. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen der erstmaligen Antragstellung Kontoauszüge eingereicht hat, aus denen sich eine Abbuchung für die W.-Versicherung ergibt, ist unerheblich. Zum einen ergibt sich aus der Abbuchung "W. Vers." bereits nicht, um was für eine Versicherung es sich handelt. Zum anderen folgt daraus nicht, dass die entscheidende Frage im Zusatzblatt Vermögen unrichtig bzw. falsch von der Klägerin hätte beantwortet werden dürfen.
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere wurde die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Damit hatte die zwingende Rücknahme der Leistungsbewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zu erfolgen.
Auch die Erstattungsverfügung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Pflicht zur Erstattung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beruht auf §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB X. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstatten.
Der Umstand, dass der zu erstattende Betrag das bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum vorhandene, zu verwertende Vermögen um ein Vielfaches übersteigt, begründet eine Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Leistungsbewilligung und der Erstattungsforderung nicht. Den damit verbundenen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, ist nicht auf der Primär-, sondern auf der Sekundärebene bei der Geltendmachung der Forderung durch den Beklagten Rechnung zu tragen. § 44 SGB II sieht insofern die Möglichkeit eines Erlasses von Ansprüchen durch den Leistungsträger vor, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn der Schuldner sich in einer Notlage befindet und zu besorgen ist, dass die Weiterverfolgung des Anspruchs zu einer Existenzgefährdung führt bzw. wenn der Sachverhalt zwar den Tatbestand einer Anspruchsnorm erfüllt, die Forderungseinziehung gleichwohl den Wertungen des Gesetzes zuwider liefe (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 27 ff.; LSG NRW, Urteil vom 9. Januar 2020 – L 7 AS 498/19, juris Rn. 51). Der Beklagte ist daher außerhalb des Verfahrens über das Bestehen der Forderung verpflichtet, die gesamten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Er hat die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin sowie Art und Höhe des Anspruchs zu berücksichtigen. Die persönlichen und wirtschaftlichen Belange der Klägerin sind sodann abzuwägen mit dem grundsätzlich gegebenen öffentlichen Interesse an der Einziehung von Forderungen der Leistungsträger. Dieses könnte im Hinblick darauf, dass der Erstattungsbetrag den Betrag des anzurechnenden Vermögens deutlich übersteigt, reduziert sein. Von einer Unbilligkeit der Einziehung der Forderung ist zudem in der Regel auszugehen, wenn die Einziehung für den Schuldner existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R; LSG NRW, Urteil vom 9. Januar 2020 – L 7 AS 498/19, juris Rn. 51 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das erstinstanzlich abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Rücknahme und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2006 bis 31. Juli 2012 in Höhe von 35.552,82 EUR.
Die 1968 geborene Klägerin lebte im streitigen Zeitraum gemeinsam mit ihrem 1997 geborenen Sohn in L. Der Sohn konnte seinen Lebensunterhalt durch eigenes Einkommen in Form von Kindergeld, Unterhalt und Wohngeld decken. Die Klägerin war durchgehend als Raumpflegerin beschäftigt und bezog aufstockende Leistungen nach dem SGB II durch den Beklagten.
Aus dem Arbeitshilfebezug heraus beantragte die Klägerin am 12. Oktober 2004 ab dem 1. Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Sie gab auf dem Zusatzblatt 3 (Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens) an, über ein Girokonto und ein Sparbuch zu verfügen. Die weiteren Fragen nach Vermögenswerten, insbesondere die Fragen Nr. 2.4 [Sparbriefe / sonstige Wertpapiere (z.B. Aktien, Fonds-Anteile usw.)] und Nummer 2.5 [Kapitallebensversicherungen / private Rentenversicherung] verneinte sie. Auf Bl. 7, Bl. 7 R der Verwaltungsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens reichte die Klägerin auch Kontoauszüge ein, aus denen sich unter anderem eine Abbuchung für die W.-Versicherung ergibt. Auf Bl. 20 der Verwaltungsakte wird verwiesen.
In den Weiterbewilligungsanträgen vom 14. September 2005, 10. April 2006, 9. Juni 2006, 21. Dezember 2006, 20. Juni 2007, 2. Januar 2008, 24. Juni 2008, 18. Dezember 2008, 25. Juni 2009, 28. Dezember 2009, 24. Juni 2010, 22. Dezember 2010, 22. Juni 2011 und 2. Januar 2012 gab die Klägerin jeweils an, dass keine Veränderungen in den Vermögensverhältnissen stattgefunden haben.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2005 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 22. Dezember 2005, 15. Februar 2006, 21. März 2006,18. April 2006 und 1. Juni 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum 1. November 2005 bis 30. April 2006.
Mit Änderungsbescheiden vom 22. Juni 2006, 17. Juli 2006 und 30. Juli 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Monate Mai 2006, Juni 2006 und Juli 2006.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2006 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 2. Oktober 2006, 27. Oktober 2006, 24. November 2006 und 13. Februar 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2006 bis 31. Januar 2007.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Januar 2007, 2. Juni 2007, 25. Juni 2007 und 14. September 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2007 bis 31. Juli 2007.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2007 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 14. September 2007, 7. Januar 2008, 19. Februar 2008 und 20. März 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2007 bis 31. Januar 2008.
Mit Bescheid vom 7. Januar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 20. März 2008, 17. Mai 2008, 29. Mai 2008, 21. Juli 2008 und 22. Dezember 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2008 bis 31. Juli 2008.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 21. Juli 2008, 22. Dezember 2008 und 12. Juni 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2008 bis 31. Januar 2009.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. Juni 2009 und 12. Juni 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2009 bis 31. Juli 2009.
Mit Bescheid vom 26. Juni 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. November 2009, 17. Dezember 2009 und 29. Dezember 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2009 bis 31. Januar 2010.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 8. Februar 2010, 9. April 2010, 25. Mai 2010, 8. Juni 2010, 29. Juni 2010, 9. Juli 2010 und 11. Oktober 2010 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2010 bis 31. Juli 2010.
Mit Bescheid vom 29. Juni 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. Oktober 2010, 5. November 2010, 6. Januar 2011, 26. März 2011, 3. Mai 2011 und 10. Mai 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2010 bis 31. Januar 2011.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2010 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. März 2011, 7. April 2011, 3. Mai 2011, 10. Mai 2011, 16. Juni 2011, 23. Juni 2011, 14. Juli 2011 und 8. August 2011 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2011 bis 31. Juli 2011.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. September 2011, 15. November 2011, 26. November 2011 und 7. Februar 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. August 2011 bis 31. Januar 2012.
Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 6. März 2012,19. April 2012, 10. Mai 2012, 5. Juni 2012, 12. Juli 2012 und 15. August 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012.
Zum 1. August 2012 schied die Klägerin wegen bedarfsdeckenden Einkommens aus dem Leistungsbezug aus.
Am 1. Oktober 2012 stellte sie einen neuen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Beklagten (Bl. 979 ff. VA). In diesem Zusammenhang beantwortete sie die Frage in der Anlage VM Nr. 2.5 nach Kapitallebensversicherungen / privaten Lebensversicherung / Unfallversicherungen mit Prämienrückgewähr mit "Ja". Auf Bl. 987 R der VA wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen. Am 9. Oktober 2012 legte die Klägerin die Wertbestätigung der W.-Fondspolice (inkl. Berufsunfähigkeitsversicherung), Stand 6. Dezember 2011, vor (Bl. 993 VA).
Mit Bescheid vom 11.Oktober 2012 lehnte daraufhin der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 1. Oktober 2012 ab, da ihr Vermögen (Girokonto, Sparbuch und Investmentfonds) den Freibetrag übersteigen würde.
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2012 und 29. April 2013 forderte der Beklagte die Klägerin zur Mitwirkung auf und bat um Angaben und Nachweise zum Vermögen zu den Zeitpunkten 18. Dezember 2008, 1. Mai 2009, 24. Juni 2009, 27. Dezember 2010 und 22. Juni 2011. Am 30. Oktober 2012 und 10. Mai 2013 legte die Klägerin entsprechende Unterlagen vor.
Mit Schreiben vom 12. Juni 2013, 27. Juni 2013 und 23. August 2013 forderte der Beklagte die Klägerin erneut zur Mitwirkung auf und bat um Angaben und Nachweise zum Vermögen zu den Zeitpunkten 12. Oktober 2004, 14. September 2005, 10. April 2006, 9. Juni 206, 21. Dezember 2006, 20. Juni 2007, 2. Januar 2008 und 24. Juni 2008. Am 25. Juni 2013 und 10. Oktober 2013 legte die Klägerin entsprechende Unterlagen vor und wies den Verwertungsausschluss der W.-Lebensversicherung nach § 168 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ab dem 16. September 2013 nach.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25.Oktober 2013 nahm der Beklagte die Entscheidungen vom 5.Oktober 2005, 22. Dezember 2005, 15. Februar 2006, 21. März 2006, 18. April 2006, 1. Juni 2006, 16. Juni 2006, 22. Juni 2006, 17. Juli 2006, 30. August 2006, 2. Oktober 2006, 27. Oktober 2006, 24. November 2006, 12. Dezember 2006, 3. Januar 2007, 26. Januar 2007, 13. Februar 2007, 2. Juni 2007, 25. Juni 2007, 14. Sept 2007, 7. Januar 2008, 19. Februar 2008, 20. März 2008, 17. Mai 2008, 29. Mai 2008, 26. Juni 2008, 21. Juli 2008, 22. Dezember 2008, 6. Juni 2009, 12. Juni 2009, 26. Juni 2009, 13. November 2009, 17. Dezember 2009, 29. Dezember 2009, 8. Februar 2010, 9. April 2010, 25. Mai 2010, 8. Juni 2010, 29. Juni 2010, 9. Juli 2010, 11. Oktober 2010, 5. November 2010, 27. Dezember 2010, 6. Januar 2011, 26. März 2011, 7. April 2011, 3. Mai 2011, 10. Mai 2011, 6. Juni 2011, 23. Juni 2011, 14. Juli 2011, 8. August 2011, 23. Sept 2011, 15. November 2011, 26. November 2011, 3. Januar 2012, 7. Februar 2012, 6. März 2012, 19. April 2012, 10. Mai 2012, 5. Juni 2012, 12. Juli 2012 und 15. August 2012 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 1. November 2011 für die Klägerin ganz zurück und forderte die Erstattung der für den Zeitraum 1. November 2005 bis 31. Juli 2012 monatlich differenziert aufgeführten Beträge in Höhe von insgesamt 38.807,32 EUR, da die Klägerin bei der Antragstellung der Weiterbewilligungsanträge für die Zeiträume ab 1. November 2005 bei Berücksichtigung des Kontostandes auf dem Girokonto, des Sparbuches sowie bei Berücksichtigung der Fondsanteile der W.-Lebensversicherung über Vermögen verfügt habe, das die Vermögensfreibeträge übersteige. Seine Entscheidung stützte der Beklagte auf § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II iVm. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), wonach die Klägerin die Überzahlung dadurch verursacht habe, dass sie wesentliche Angaben nicht oder verspätet mitgeteilt habe. Die überzahlten Leistungen seien inklusive der entrichteten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, § 335 Abs. 1 und 5 SGB III, § 50 SGB X zu erstatten.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 4. November 2013 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid unschlüssig sei. Zwar würden diverse Bescheide aus dem gesamten Leistungszeitraum aufgeführt und Leistungen ab 2005 zurückgefordert. Jedoch werde ausweislich des Obersatzes des Bescheides die Bewilligung erst ab November 2011 zurückgenommen, sodass offensichtlich die Bewilligung vor November 2011 nicht zurückgenommen worden sei. Die geltend gemachte Rückforderung sei somit rechtswidrig.
Unter dem 11. November 2013 bat der Beklagte um Nachweis der Höhe der Einzahlungen in Bezug auf die W.-Lebensversicherung zu verschiedenen, näher bestimmten Zeitpunkten. Zudem wurde um Mitteilung gebeten, um welchen Anteil sich die Fondsanteile bei der W.-Lebensversicherung ausweislich der allgemeinen Versicherungsbedingungen bei Kündigung vermindert hätten. Der Beklagte wies darauf hin, dass nach Aktenlage auch Beiträge an die N. Lebensversicherung von der Klägerin gezahlt worden seien. Auch hier werde um Mitteilung gebeten, um was für eine Art Versicherung es sich handele. Gegebenenfalls werde ebenfalls um Nachweis zu den Rückkaufswerten und den Einzahlungen gebeten.
Am 13. Dezember 2013 teilte die Klägerin mit, dass sie die Vorlage weiterer Belege für überflüssig erachte, da der Bescheid in seiner Gesamtheit rechtswidrig sei. Sie habe die Lebensversicherung bereits bei der Antragstellung von Arbeitslosenhilfe angegeben. Aufgrund der erleichterten Überleitungsformulare zum SGB II habe es keinen Anlass / kein Formular gegeben, bei dem sie neue oder weitere Angaben hätte machen müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2014 berichtigte der Beklagte den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 insofern, als dass die Entscheidungen vom 5. Oktober 2005 bis 15. August 2012 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. November 2005 ganz zurückgenommen würden. Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruchsbescheid als unbegründet zurück.
Am 3. Februar 2014 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, bereits vor Einführung des SGB II im Leistungsbezug der Arbeitslosenhilfe gestanden zu haben. Damit habe für sie das vereinfachte Antragsverfahren gegolten, welches sich aus der Verwaltungsakte ergebe. Im Rahmen dieses Antragsverfahrens sei auf die Angaben zur Arbeitslosenhilfe der Vorjahre Bezug genommen worden. Im Rahmen des Arbeitslosenhilfebezugs sei die Lebensversicherung angegeben worden. Sie habe stets alle von ihr geforderten Angaben vollständig und zutreffend gemacht. Bei der fondsgebundenen W.-Lebensversicherung handele es sich weder um eine Kapitallebensversicherung, die unter Punkt 2.5 des Zusatzblattes Vermögen (Bl. 7 R VA) anzugeben gewesen sei, noch um einen Sparbrief / sonstiges Wertpapier (zum Beispiel Aktien, Fonds-Anteil usw.) nach Nr. 2.4 des Zusatzblattes Vermögen (Bl. 7 R VA). Zudem ergebe sich aus dem seinerzeit eingereichten Kontoauszug (Bl. 20 VA), dass Beiträge für die W.-Versicherung gezahlt worden seien, was deutlich gegen eine grob fahrlässige oder gar vorsätzliche Nichtangabe von Tatsachen spreche. Auch sei die Verwertung der W.-Lebensversicherung wegen damit einhergehender erheblicher Verluste nicht zumutbar gewesen. Überdies habe auch keine Anhörung stattgefunden.
Der Beklagte hat insbesondere darauf hingewiesen, dass bei der Frage der (Un-) Wirtschaftlichkeit der Verwertung der W.-Lebensversicherung auch eine 2001 erfolgte Darlehensgewährung zu berücksichtigen sei. Ferner handle es sich bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung um eine gegenüber der klassischen Kapitallebensversicherung risikobehaftetere Anlageform, bei der zwar bessere Auszahlungen erreicht werden könnten, jedoch auch höhere Verluste hinzunehmen seien. Die fehlende Anhörung sei bereits im Widerspruchsverfahren geheilt worden.
Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen zum relevanten Vermögen der Klägerin zu den jeweiligen Zeiten der Antragstellungen (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II) getätigt und dieses dem jeweiligen Freibetrag gegenübergestellt. Danach übersteigt das Vermögen der Klägerin aus Girokonto, Sparbuch und dem jeweiligen Auszahlungswert der W. ab 10. April 2006 den maßgeblichen Freibetrag. Nach Angaben der W.-Lebensversicherung mit Schreiben vom 2. Februar 2018 und 15. Juni 2018 hat die Klägerin am 16. Januar 2001 bereits ein Darlehen in Höhe von 1.579,08 EUR aus der Versicherung erhalten. Der monatliche Beitrag betrage aktuell 58,86 EUR. Hierin seien 2,70 EUR für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthalten. Eine Ausweisung des genauen Anteils für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sei für die streitigen Zeiträume nicht möglich. Bei der N. Versicherung handelt es sich um eine reine Risikolebensversicherung ohne Rückkaufswert. Die Akten bezüglich des Arbeitslosenhilfebezugs der Klägerin wurden bereits vernichtet.
Im Fortsetzungstermin der mündlichen Verhandlung am 28. August 2018 hat der Beklagte die persönlich anwesende Klägerin angehört und den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 wegen Unterschreitens des Vermögensfreibetrages insoweit aufgehoben, als von der Klägerin Leistungen für den Zeitraum November 2005 bis April 2006 aufgehoben und erstattet verlangt werden. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen. Damit hat sich die Erstattungsforderung von 38.807,32 EUR auf 35.552,82 EUR reduziert.
Mit Urteil vom 28. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid sei in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Das Fehlen der Anhörung sei im Laufe des Widerspruchsverfahrens – spätestens im Fortsetzungstermin – geheilt worden. Zudem ergebe sich unzweideutig, dass alle Bewilligungsbescheide aufgehoben worden seien und sämtliche Leistungen inklusive gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum November 2005 bis Juli 2012 zurückgefordert würden. Die Klägerin habe es grob fahrlässig unterlassen, die W.-Lebensversicherung in ihrem Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II anzugeben. Ihr sei eine Verwertung der streitigen Versicherung zu den jeweiligen Zeitpunkten der Antragstellungen durchgehend zumutbar gewesen. Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II ("offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung") seien nicht erfüllt. Mit einer fondsgebundenen Lebensversicherung könne der Anleger bessere Auszahlungen als bei einer klassischen Lebensversicherung erreichen, der Anleger gehe aber auch ein höheres Risiko ein, sodass die Kammer auch den rechnerischen Maximalverlust von 23,36 % – tatsächlich wäre der Verlust niedriger gewesen, denn die Klägerin habe mit ihrer Einzahlung auch einen Beitragsanteil für die Berufsunfähigkeitsversicherung geleistet – in diesem Einzelfall nicht als offensichtlich unwirtschaftlich erachte.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 3. September 2018 zugestellte Urteil am selben Tag Berufung vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben. Bei der W.-Versicherung handele es sich nicht um eine Kapitallebensversicherung und auch nicht um Fondsanteile. Vielmehr handele es sich um eine fondgebundene Lebensversicherung. Würde der Beklagte erwartet haben, dass jede Form der Lebensversicherung anzugeben gewesen wäre, hätte er im genannten Fragebogen keine Begrenzung auf Kapitallebensversicherungen vorgenommen. Zudem sei es nicht sachgerecht, dass das Gericht die Verwertung nicht als unwirtschaftlich beurteile und dieses primär damit begründe, dass die von der Klägerin abgeschlossene W.-Versicherung ein hohes Risiko berge, welches nicht von der Grundsicherung übernommen werden könne. Bei einem Verlust von 23,36 % sei die Verwertung unwirtschaftlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 28. August 2018 sowie den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Auch bei einer fondsgebundenen Lebensversicherung handele es sich um Vermögen. Die Verwertung stelle keine besondere Härte dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Rücknahme- Erstattungsbescheid vom 25. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Januar 2014 ist nach Erlass des Teilanerkenntnisses des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Kiel am 28. August 2018 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Bescheide sind formell rechtmäßig, auch wenn der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Rücknahme- und Erstattungsbescheids vom 25. Oktober 2013 nicht nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört hat.
Nach § 24 Abs. 1 SGB X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Eine Verletzung des § 24 SGB X ist nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird. Die Anhörung kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 2 SGB X).
Ausgehend davon hat der Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 25. Oktober 2013 zwar nicht ordnungsgemäß angehört. Insoweit ist allerdings eine Heilung im Rahmen des Vorverfahrens eingetreten (vgl. zu dieser Möglichkeit: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2001 – B 13 RJ 67/99 R, juris Rn. 26). Allein der Umstand, sich im Rahmen eines Widerspruchs äußern zu können, reicht dafür zwar nicht aus. Vielmehr muss die Nachholung der erforderlichen Anhörung dieselbe rechtliche Qualität haben wie die an sich nach § 24 Abs. 1 SGB X gebotene Handlung (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91, juris Rn. 26). Es kommt mithin darauf an, ob der Beklagte der Klägerin im Rahmen des Vorverfahrens hinreichend Gelegenheit gegeben hat, sich zu den für ihre Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hierzu ist es notwendig, dass der Verwaltungsträger die entscheidungserheblichen Tatsachen dem Betroffenen in einer Weise unterbreitet, dass dieser sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann. Welche dies sind, beurteilt sich anhand der Ermächtigungsgrundlage, die die Behörde nach ihrer materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zugrunde legt (vgl. BSG, Urteil vom 26. September 1991 – 4 RK 4/91, juris Rn. 28; BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 4 RA 35/02 R, juris Rn. 20).
Dies zugrunde gelegt konnte sich die Klägerin im Widerspruchsverfahren zu den entscheidungserheblichen Tatsachen äußern. Der Beklagte hat im Bescheid vom 25. Oktober 2013 die Rechtsgrundlagen für die Rücknahme (§ 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III) und die Erstattung (§ 50 SGB X sowie § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 SGB III) sowie den Umstand dargestellt, dass sämtliche im einzelnen aufgeführten Bewilligungsentscheidungen im Zeitraum 1. November 2005 bis 31. Juli 2012 ganz zurückgenommen werden, da die Klägerin in Bezug auf ihr vorhandenes Vermögen zumindest grob fahrlässig falsche und unvollständige Angaben gemacht habe. Zudem wurde die Höhe des Erstattungsbetrags – aufgeschlüsselt nach den einzelnen Monaten – mitgeteilt.
Die Bescheide sind auch hinreichend bestimmt i.S.v § 33 Abs. 1 SGB X. Der Beklagte benennt die zurückgenommenen Bescheide, die von der Rücknahme betroffenen Zeiträume und stellt für jeden Monat die bewilligten und zu erstattenden Beträge inklusive der an die Kranken- und Pflegeversicherung abgeführten Beiträge dar.
Rechtsgrundlage des Rücknahmebescheids ist § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der im Rücknahmezeitpunkt geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 850; zur Maßgeblichkeit des im Zeitpunkt der Aufhebung geltenden Rechts vgl. BSG vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 10 m.w.N.) i.V.m § 45 SGB X und § 330 Abs. 2 SGB III. Danach ist eine rechtswidrige begünstigende Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II auch nach Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sie auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Gem. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist das nach § 45 Abs. 1 SGB X bestehende Ermessen aufgehoben, soweit die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vorliegen.
Die Alg II-Bewilligungen für den streitbefangenen Zeitraum 1. Mai 2005 bis 31. Juli 2012 waren bei Erlass mangels Hilfebedürftigkeit der Klägerin objektiv rechtswidrig.
Rechtsgrundlage des der Klägerin zuerkannten Alg II ist § 19 i.V.m §§ 7, 9, 11, 20 ff. SGB II. Maßgebend für die Hilfebedürftigkeit der Klägerin – die die übrigen Grundvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (Alter zwischen 15 und 65 Jahre, erwerbsfähig, gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik) im streitigen Zeitraum erfüllte – war danach § 9 Abs. 1 SGB II in der vom 1.1.2005 bis 31.12.2010 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954), wonach hilfebedürftig ist, wer u.a. seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält sowie § 9 Abs. 1 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 850), wonach hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Dem im streitigen Zeitraum aus Regelleistung bzw. Regelbedarf, Mehrbedarf für Alleinerziehende und den kopfteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung abzüglich des durchgehend unter Berücksichtigung der maßgebenden Freibeträge ermittelten Einkommens der Klägerin aus Erwerbstätigkeit bestehenden Bedarf standen im gesamten Rücknahmezeitraum zu Beginn eines jeden Monats ausreichende Vermögensmittel gegenüber, die vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen waren (vgl. § 2 Abs. 2 SGB II; zur monatsweisen Gegenüberstellung von Bedarfen und Bedarfsdeckungsmöglichkeiten vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 15 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 24. August 2017 – B 4 AS 9/16 R, juris Rn 31 m.w.N.).
Einzusetzen waren danach gemäß § 12 Abs. 1 SGB II (in der seit dem 1.1.2005 unverändert geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) alle verwertbaren Vermögensgegenstände.
Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich auch bei einer fondgebundenen Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss, wie sie die Klägerin bei der W.-Lebensversicherung a.G. im streitigen Zeitraum besaß, um verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II.
Unter dem Begriff des Vermögens fällt der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten. Hierzu rechnen auch subjektive Rechte, absolute, wie das Eigentum, und relative, wie Forderungen gegen Dritte (z.B. Bankguthaben in Form von Girokonten oder Sparbücher oder Auszahlungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen aus bestehenden Versicherungsverhältnissen).
Danach unterfällt auch die von der Klägerin im streitigen Zeitraum bei der W.-Lebensversicherung a.G. unterhaltende fondgebundene Lebensversicherung ohne Verwertungsausschluss unter den Vermögensbegriff und ist als Vermögen zu berücksichtigen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. November 2009 – L 13 AS 5234/08, juris). Im Gegensatz zu einer bloßen Risikolebensversicherung, deren Zweck es ist die Hinterbliebenen oder den Versicherten bei Berufsunfähigkeit abzusichern, handelt es sich vorliegend um eine kapitalbildende Versicherung, bei der ein Teil der eingezahlten Beiträge zur Kapitalbildung verwendet wird, der später mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit wieder ausgezahlt wird. Anders als bei einer konventionellen Lebensversicherung, bei der die Versicherungsleistung als fester Geldbetrag in einer bestimmten Währung vereinbart wird, wird bei der fondsgebundenen Lebensversicherung die Versicherungsleistung in Anteilseinheiten eines Fonds vereinbart. Damit geht der Versicherungsnehmer höhere Risiken ein. Es besteht die Chance auf höhere Rendite als es Investments in sichereren Anlagen versprechen. Allerdings besteht auch die Gefahr hoher Verluste, die allein der Versicherungsnehmer trägt.
Ausweislich des vorliegenden Versicherungsscheins werden als Versicherungsleistung im Erlebensfall nach Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer Zertifikate des vom Versicherungsnehmer gewählten Investmentfonds in Höhe des vorhandenen Deckungskapitals erbracht oder im Todesfall vor Ablauf der vereinbarten Versicherungsdauer Zertifikate des vom Versicherungsnehmer gewählten Investmentfonds in Höhe des vorhandenen Deckungskapitals und zusätzlich die Risikosumme in DM zum Zeitpunkt des Todes.
Entscheidend für den Wert des Vermögens ist der Verkehrswert. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB II). Dies ist der im Geschäftsverkehr erzielbare Erlös. Im Falle einer Lebensversicherung ist damit deren aktueller Rückkaufswert zuzüglich der Überschussbeteiligung maßgeblich. Abzuziehen sind eventuelle Verwertungskosten, wie z.B. die anfallende Kapitalertragsteuer (vgl. Formann in jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 12, Rn. 104). Ausweislich der Schreiben der W. Lebensversicherung a.G. vom 2. Februar 2018 und 15. Juni 2018 belief sich der Rückkaufswert der Lebensversicherung der Klägerin in den streitigen Zeiträumen zwischen 6.798,91 EUR (1. April 2006) und 9.329,92 EUR (1. Januar 2012). Bei Berücksichtigung des gewährten und bereits am 16. Januar 2001 an die Klägerin ausgezahlten Darlehens in Höhe von drei Fondsanteilen lag der Auszahlungswert zwischen 5.025,29 EUR (niedrigster Wert zum 1. Januar 2009) und 7.999,87 EUR (höchster Wert zum 1. Januar 2011). In Bezug auf die einzelnen Werte wird auf die Übersicht der W. Lebensversicherung a.G. verwiesen (Bl. 506 der Gerichtsakte).
Das Sozialgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Verwertung der W.-Lebensversicherung zu den jeweiligen Zeitpunkten der Antragstellungen der Klägerin durchgehend zumutbar war. Die Voraussetzungen einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II sind nicht gegeben. Wie auch das Sozialgericht ausführt, liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht; umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (st. Rspr. BSG, Urteil vom 18. September 2014 – B 14 AS 58/13 R – juris Rn. 26 m.w.N.). Eine einzelfallunabhängige Bestimmung einer feststehenden unteren Verlustquote, ab der die Verwertung von Lebensversicherungen i.S. des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 1 SGB II immer offensichtlich unwirtschaftlich ist, kommt nach der Rechtsprechung des BSG nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R – juris Rn. 43). Denn damit bliebe die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen außen vor, deren Berücksichtigung bei der Rechtsanwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit diene. Zu den in einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls können mit Blick auf die Verwertung von Lebensversicherungen neben der Verlustquote bei ihrer vorzeitigen Auflösung die konkreten Vertragsbedingungen der Versicherung (z.B. versicherte Risiken, Laufzeit, Leistungen vor und nach Ablauf, Prämien, Kündigungsfristen) und die konkrete Vertragssituation (z.B. bisherige Laufzeit und Ansparphase im Verhältnis zur Laufzeitvereinbarung, bereits in Anspruch genommene Leistungen vor Ablauf) ebenso gehören wie der Umstand, ob die Versicherung bereits beliehen ist. Insbesondere die vereinbarten Vertragsbedingungen sind in unterschiedlicher Ausgestaltung auf dem Versicherungsmarkt anzutreffen und sie prägen als Tatsachen im Einzelfall die rechtliche Unterscheidung von wirtschaftlicher und unwirtschaftlicher Verwertung einer Versicherung mit. Die Offensichtlichkeit einer Unwirtschaftlichkeit kann zudem mitgeprägt werden durch das, was bei der vorzeitigen Auflösung von Versicherungen an Verlusten im Wirtschafts- und Rechtsverkehr allgemein üblich ist. Auch diese Verhältnisse können schwanken. Diese Vielfalt möglicher Fallgestaltungen kann nicht durch die revisionsgerichtliche Bestimmung einer prozentgenauen Grenze zur offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung negiert werden. Die Umstände des Einzelfalls vollständig zu erfassen und in einer Gesamtschau zu bewerten, bleibt vielmehr Aufgabe der Verwaltung wie der Instanzgerichte.
Daran gemessen ist zunächst ein Anteil für die mitumfasste Berufsunfähigkeitsversicherung wertmindernd bei den eingezahlten Beiträgen zu berücksichtigen. Für die streitigen Zeiträume ist eine Ausweisung des genauen Anteils für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht möglich. Im Jahre 2018 betrug der monatliche Beitrag 58,86 EUR. Hierin waren 2,70 EUR für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung enthalten. Dies entspricht einem Prozentsatz von ca. 4,59 %. Mithin scheint es sachgerecht, vom Wert der eingezahlten Beiträge 5 % für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Abzug zu bringen. Stellt man diesen Wert – anders als das Sozialgericht dies gemacht hat – ins Verhältnis zu den Rückkaufswerten ohne Abzug des Darlehens, besteht zu neun Stichtagen ein Gewinn und zu vier Stichtagen ein Verlust. Die Verlustquoten betragen 3,19 %, 5,47 %, 10,86 % und 19,33 %. Die Klägerin hat sich im Vergleich zu einer konventionellen Lebensversicherung mit der fondsgebundenen Lebensversicherung für eine deutlich risikobehaftetere Anlageform entschieden. Dies war ihr auch bewusst. So hat sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht angegeben, dass ihr damaliger Verlobter und Vater ihres Sohnes, der in der Versicherungsbranche tätig war und den Vertrag vermittelt hat, ihr 1994 beim Abschluss der Versicherung gesagt habe, dass sie aufgrund der gewählten Anlageform spekuliere. Bei Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung muss der Versicherungsnehmer letztlich immer darauf hoffen, dass sich seine Fondsanteile positiv entwickeln und er im Erlebensfall davon profitiert. Bei Wahl dieser Anlageform besteht aber auch die Gefahr hoher Verluste. Verluste in Höhe von vorliegend maximal 19,33 % sind in Anbetracht der gewählten Anlageform hinnehmbar und stellen keine Unwirtschaftlichkeit im Falle der Verwertung dar.
Zudem besaß die Klägerin im streitigen Zeitraum verwertbares Geldvermögen auf ihrem Girokonto sowie auf ihrem Sparkonto. Auf die Ausführungen des Sozialgerichts in Bezug auf die jeweils relevanten Kontostände im Zeitpunkt der Weiterbewilligungsanträge im Urteil vom 28. August 2018 wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Die weitere Lebensversicherung der Klägerin bei der N. Lebensversicherung war als reine Risikolebensversicherung ohne Rückkaufswert nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
Das Vermögen aus der W.-Lebensversicherung und das Geldvermögen auf dem Giro- und Sparkonto der Klägerin hat durchgehend die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II überschritten und zwar sowohl unter Berücksichtigung von zunächst 200 EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2006 geltenden Fassung) als auch später von 150 EUR je Lebensjahr (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der ab 1. August 2006 geltenden Fassung) und 750 EUR als Anschaffungsfreibetrag (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II).
Das nach diesen Maßgaben zu berücksichtigende Vermögen schließt den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld II für die von der Rücknahme erfassten Zeiträume insgesamt aus. Ein "fiktiver Verbrauch" des tatsächlich durchgängig vorhandenen Vermögens ist unmaßgeblich. Verwertbares Vermögen steht der Annahme von Hilfebedürftigkeit entgegen, solange es tatsächlich vorhanden ist (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 20).
Die Klägerin kann sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen im Hinblick auf den Bestand der Bewilligungsbescheide berufen, weil der Ausschlussgrund des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X vorliegt. Danach kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat. Die aufgehobenen Leistungsbewilligungen sind nur erfolgt, weil die Klägerin das Vorhandensein der Lebensversicherung im Antragsformular zu dem Punkt "Feststellung des zu berücksichtigenden Vermögens" verschwieg und in den Fortzahlungsanträgen eine Änderung in den Verhältnissen verneinte. Die Angabe war für die Leistungsbewilligung wesentlich, weil nur bei Hinzurechnung des verschwiegenen Vermögens die Vermögensfreigrenze überschritten und die Leistungsbewilligung damit rechtswidrig wurde.
Das Verschweigen erfolgte zumindest grob fahrlässig. Das Gesetz definiert den Begriff der groben Fahrlässigkeit in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X selbst als Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Ausgehend von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff ist danach ein Verhalten schlechthin unentschuldbar, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muss (st. Rspr. BSG; siehe nur Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 105/85, juris Rn. 18 m.w.N.).
Nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat von der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnen hat und aufgrund der von der Klägerin gemachten Angaben, war die Klägerin intellektuell in der Lage, die Fehlerhaftigkeit der von ihr gemachten Angaben zu erkennen. Die Frage nach dem Vorhandensein einer "Kapitallebensversicherung" im Erstantrag auf Leistungen nach dem SGB II war unmissverständlich. Dass das Formular nicht ausdrücklich von einer "fondsgebundenen Lebensversicherung" spricht, ist unerheblich. Wie ausgeführt, handelt es sich bei der von der Klägerin gewählten Lebensversicherung um eine Kapitallebensversicherung. Hiervon ging auch die Klägerin aus, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie das Geld aus der Versicherung für später haben wolle. Insofern war ihr die kapitalbildende Funktion der von ihr abgeschlossenen Lebensversicherung durchaus bewusst. Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch deutlich gemacht, dass ihr das Vorhandensein der 1994 abgeschlossenen W.-Lebensversicherung durchweg bekannt war, sie immer stolz darauf war, durch eine Lebensversicherung abgesichert zu sein und die Beiträge trotz finanzieller Schwierigkeiten ungekürzt bedienen zu können. Sie gibt zudem selbst an, dass sie die Versicherung im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe angegeben habe. Auch im Jahre 2012 hat sie bei einem Neuantrag auf Leistungen nach dem SGB II die Versicherung angegeben. Sie kann sich heute auch nicht mehr erklären, warum sie die Versicherung im Antrag nicht angegeben hat. Das war nach eigener Aussage "Blödheit". Dafür, dass für die Klägerin aufgrund des vorherigen Arbeitslosenhilfebezugs vereinfachte Antragsvoraussetzungen galten, ist nichts ersichtlich. Die entsprechenden Akten des Arbeitsamtes sind nicht mehr vorhanden. Bei dem von der Klägerin im Rahmen der erstmaligen Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II verwendeten Formular handelt es sich um das offizielle Standardantragsformular. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum die Klägerin die Frage zu vorhandenen Kapitallebensversicherungen im Hinblick auf mögliche Angaben während des Arbeitslosenhilfebezugs unrichtig bzw. falsch hätte beantworten dürfen. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen der erstmaligen Antragstellung Kontoauszüge eingereicht hat, aus denen sich eine Abbuchung für die W.-Versicherung ergibt, ist unerheblich. Zum einen ergibt sich aus der Abbuchung "W. Vers." bereits nicht, um was für eine Versicherung es sich handelt. Zum anderen folgt daraus nicht, dass die entscheidende Frage im Zusatzblatt Vermögen unrichtig bzw. falsch von der Klägerin hätte beantwortet werden dürfen.
Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide sind erfüllt, insbesondere wurde die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Damit hatte die zwingende Rücknahme der Leistungsbewilligungen mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III zu erfolgen.
Auch die Erstattungsverfügung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Pflicht zur Erstattung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beruht auf §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB X. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB II, 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstatten.
Der Umstand, dass der zu erstattende Betrag das bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum vorhandene, zu verwertende Vermögen um ein Vielfaches übersteigt, begründet eine Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Leistungsbewilligung und der Erstattungsforderung nicht. Den damit verbundenen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, ist nicht auf der Primär-, sondern auf der Sekundärebene bei der Geltendmachung der Forderung durch den Beklagten Rechnung zu tragen. § 44 SGB II sieht insofern die Möglichkeit eines Erlasses von Ansprüchen durch den Leistungsträger vor, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unbilligkeit ist zu bejahen, wenn der Schuldner sich in einer Notlage befindet und zu besorgen ist, dass die Weiterverfolgung des Anspruchs zu einer Existenzgefährdung führt bzw. wenn der Sachverhalt zwar den Tatbestand einer Anspruchsnorm erfüllt, die Forderungseinziehung gleichwohl den Wertungen des Gesetzes zuwider liefe (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R, juris Rn. 27 ff.; LSG NRW, Urteil vom 9. Januar 2020 – L 7 AS 498/19, juris Rn. 51). Der Beklagte ist daher außerhalb des Verfahrens über das Bestehen der Forderung verpflichtet, die gesamten Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Er hat die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin sowie Art und Höhe des Anspruchs zu berücksichtigen. Die persönlichen und wirtschaftlichen Belange der Klägerin sind sodann abzuwägen mit dem grundsätzlich gegebenen öffentlichen Interesse an der Einziehung von Forderungen der Leistungsträger. Dieses könnte im Hinblick darauf, dass der Erstattungsbetrag den Betrag des anzurechnenden Vermögens deutlich übersteigt, reduziert sein. Von einer Unbilligkeit der Einziehung der Forderung ist zudem in der Regel auszugehen, wenn die Einziehung für den Schuldner existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde (BSG, Urteil vom 25. April 2018 – B 14 AS 15/17 R; LSG NRW, Urteil vom 9. Januar 2020 – L 7 AS 498/19, juris Rn. 51 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt das erstinstanzlich abgegebene Teilanerkenntnis des Beklagten.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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