Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 36 AS 96/20 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 153/20 B ER und L 6 AS 356/20 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 10. Oktober 2020 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die am 26. Oktober 2020 nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 10. Oktober 2020 mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss vom 10. Oktober 2020 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Unterkunft R straße in K , Erdgeschoss, zu erteilen sowie die Mietkaution zu übernehmen,
ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –, Breith 2005, 803). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss eine umfassende Folgenabwägung, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt, erfolgen (BVerfG, a.a.O.; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 29, 29a). Die besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91-, juris).
Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht erfüllt. Die Erteilung der begehrten Zusicherung im Wege einer einstweiligen Anordnung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der SGB II-Leistungsträger zur Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 SGB II in aller Regel nicht verpflichtet werden kann, sondern allenfalls zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2019 – L 1 AS 1858/19 ER-B – juris Rn. 13; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. April 2019 – L 11 AS 72/19 B ER – juris Rn. 44; LSG Schleswig - Holstein, Beschluss vom 30. September 2019 – L 6 AS 139/19 –). Denn die hier begehrte (grundsätzlich) "vorläufige Zusicherung" ist für einen Leistungsberechtigten nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfaltet. Dies ist jedoch erst dann der Fall, wenn sie nicht nur vorläufig, sondern endgültig erteilt wird (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2017 – L 5 AS 413/17 B ER- juris Rn. 24; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2012 – L 25 AS 2712/12 B PKH – juris Rn. 4). Für eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, für die § 86b Abs. 2 SGG seinem Wortlaut nach grundsätzlich keine geeignete Grundlage darstellt, ist unter Berücksichtigung des in Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten. Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen, also geklärt ist, dass neben den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen auch die Voraussetzungen der Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II – die Angemessenheit der neuen Wohnung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II und die Erforderlichkeit des Umzuges – feststehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2018 – L 31 AS 1002/18 B ER – juris Rn. 4 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dass die Angemessenheit der streitgegenständlichen Wohnung nicht mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Vollbeweis festgestellt werden kann, hat bereits das Sozialgericht unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ausführlich und mit zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), dargelegt. Die Wohnung liegt mit 618,00 EUR zuzüglich der Kosten für Frischwasser und Abwasser sogar außerhalb der Mietobergrenze für 3 Personen, sodass es auf die Frage, ob hier für die Antragsteller ein höherer Wohnraumbedarf wegen der Besuche ihres volljährigen behinderten Sohnes an Wochenenden und Ferien zuzugestehen ist, nicht ankommt.
Die Antragsteller können einen Anspruch auf Übernahme unangemessener Unterkunftskosten auch nicht aus dem im Zuge der Corona – Pandemie am 27. März 2020 in Kraft getretenen sogenannten Sozialschutz – Paket (Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2) herleiten. Soweit die Antragsteller zur Begründung ihrer Beschwerde auf § 67 Abs. 3 SGB II in der Fassung vom 20. Mai 2020 verweisen und meinen, dass sich aus dieser Vorschrift ein Anspruch auf Zusicherung für einen Umzug in eine nicht angemessene und mithin zu teure Wohnung ergibt, geht diese Auffassung ungeachtet der bereits fraglichen Erfüllung der zeitlichen Vorgaben in § 67 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II (siehe insoweit Schreiben des Antraggegners vom 29. Oktober 2020) fehl. § 67 SGB II schafft ein vorübergehendes Sonderrecht, dass eine ganze Reihe zentraler Vorschriften des SGB II außer Kraft gesetzt bzw. modifiziert hat und dementsprechend zu diesen Vorschriften in einem sachlichen Zusammenhang steht (vgl. Groth in: Schlegel/Voelzke, jurisPK – SGB II, Stand 2020, § 67 Rn. 6). Die Vorschrift dient dagegen nicht dazu, die allgemeinen Grundsätze des Grundsicherungsrechts krisenbedingt – im Sinne eines Sonderrechts der Pandemie – außer Kraft zu setzen (so auch LSG Niedersachsen – Bremen, Beschluss vom 22. September 2020 – L 11 AS 415/20 B ER –, juris). Modifiziert bzw. vorübergehend außer Kraft gesetzt werden sollen nur die explizit in § 67 SGB II genannten Vorschriften. § 67 Abs. 3 Satz 1 verweist ausschließlich auf § 22 Abs. 1 (Satz 1) SGB II und nicht wie – die Antragsteller meinen – auf § 22 Abs. 4 SGB II.
Berücksichtigungsfähige Bedarfe im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind schließlich – auch hierauf sei der Vollständigkeit halber hingewiesen – nur solche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstehen bzw. entstanden sind. Erforderlich ist, dass der Hilfebedürftige im streitigen Zeitraum einer ernsthaften, wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt ist (vgl. schon zu § 22 SGB SGB II BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – juris Rn. 24 ff., BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R – juris Rn. 16 ff.). Vorliegend sind die Antragsteller noch nicht in die Wohnung gezogen. Es ist weder glaubhaft gemacht, dass ein Mietvertrag für die begehrte Wohnung inzwischen geschlossen wurde noch dass bzw. in welcher Höhe und ab wann tatsächliche Mietaufwendungen anfallen. Es ist den Antragstellern nicht einmal gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihnen die hier in Rede stehende Wohnung überhaupt noch zur Verfügung steht.
Aus vorgenannten Gründen scheitert auch das Begehren der Antragsteller auf Übernahme einer Mietkaution durch den Antragsgegner.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist ebenso wie die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren nicht begründet, da die gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff ZPO notwendigen hinreichenden Erfolgsaussichten fehlen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Die am 26. Oktober 2020 nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 10. Oktober 2020 mit dem sinngemäßen Antrag,
den Beschluss vom 10. Oktober 2020 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Unterkunft R straße in K , Erdgeschoss, zu erteilen sowie die Mietkaution zu übernehmen,
ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das von Antragstellerseite geltend gemachte Recht (sog. Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit, d.h. die Dringlichkeit, die Angelegenheit sofort vor einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu regeln (sog. Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Für die Glaubhaftmachung genügt es, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 – B 9 V 23/01 B –SozR 3-3900 § 15 Nr. 4). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu ermitteln. Können ohne die Gewährung von Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 –, Breith 2005, 803). Liegt ein Anordnungsanspruch nicht vor, ist ein schützenswertes Recht zu verneinen und der Eilantrag abzulehnen. Hat die Hauptsache hingegen offensichtlich Aussicht auf Erfolg, ist dem Eilantrag stattzugeben, wenn die Angelegenheit eine gewisse Eilbedürftigkeit aufweist. Bei offenem Ausgang muss eine umfassende Folgenabwägung, die die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend einstellt, erfolgen (BVerfG, a.a.O.; vgl. auch Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 86b Rn. 29, 29a). Die besondere Eilbedürftigkeit, die den Anordnungsgrund kennzeichnet, ist zu bejahen, wenn dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen (BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91-, juris).
Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht erfüllt. Die Erteilung der begehrten Zusicherung im Wege einer einstweiligen Anordnung kommt vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der SGB II-Leistungsträger zur Erteilung einer Zusicherung im Sinne des § 22 Abs. 4 SGB II in aller Regel nicht verpflichtet werden kann, sondern allenfalls zur vorläufigen Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Juni 2019 – L 1 AS 1858/19 ER-B – juris Rn. 13; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 4. April 2019 – L 11 AS 72/19 B ER – juris Rn. 44; LSG Schleswig - Holstein, Beschluss vom 30. September 2019 – L 6 AS 139/19 –). Denn die hier begehrte (grundsätzlich) "vorläufige Zusicherung" ist für einen Leistungsberechtigten nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfaltet. Dies ist jedoch erst dann der Fall, wenn sie nicht nur vorläufig, sondern endgültig erteilt wird (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29. Juni 2017 – L 5 AS 413/17 B ER- juris Rn. 24; LSG Berlin Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2012 – L 25 AS 2712/12 B PKH – juris Rn. 4). Für eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, für die § 86b Abs. 2 SGG seinem Wortlaut nach grundsätzlich keine geeignete Grundlage darstellt, ist unter Berücksichtigung des in Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten. Dies ist der Fall, wenn die Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache vorliegen, also geklärt ist, dass neben den allgemeinen Leistungsvoraussetzungen auch die Voraussetzungen der Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II – die Angemessenheit der neuen Wohnung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II und die Erforderlichkeit des Umzuges – feststehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2018 – L 31 AS 1002/18 B ER – juris Rn. 4 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Dass die Angemessenheit der streitgegenständlichen Wohnung nicht mit dem für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen Vollbeweis festgestellt werden kann, hat bereits das Sozialgericht unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ausführlich und mit zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), dargelegt. Die Wohnung liegt mit 618,00 EUR zuzüglich der Kosten für Frischwasser und Abwasser sogar außerhalb der Mietobergrenze für 3 Personen, sodass es auf die Frage, ob hier für die Antragsteller ein höherer Wohnraumbedarf wegen der Besuche ihres volljährigen behinderten Sohnes an Wochenenden und Ferien zuzugestehen ist, nicht ankommt.
Die Antragsteller können einen Anspruch auf Übernahme unangemessener Unterkunftskosten auch nicht aus dem im Zuge der Corona – Pandemie am 27. März 2020 in Kraft getretenen sogenannten Sozialschutz – Paket (Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2) herleiten. Soweit die Antragsteller zur Begründung ihrer Beschwerde auf § 67 Abs. 3 SGB II in der Fassung vom 20. Mai 2020 verweisen und meinen, dass sich aus dieser Vorschrift ein Anspruch auf Zusicherung für einen Umzug in eine nicht angemessene und mithin zu teure Wohnung ergibt, geht diese Auffassung ungeachtet der bereits fraglichen Erfüllung der zeitlichen Vorgaben in § 67 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II (siehe insoweit Schreiben des Antraggegners vom 29. Oktober 2020) fehl. § 67 SGB II schafft ein vorübergehendes Sonderrecht, dass eine ganze Reihe zentraler Vorschriften des SGB II außer Kraft gesetzt bzw. modifiziert hat und dementsprechend zu diesen Vorschriften in einem sachlichen Zusammenhang steht (vgl. Groth in: Schlegel/Voelzke, jurisPK – SGB II, Stand 2020, § 67 Rn. 6). Die Vorschrift dient dagegen nicht dazu, die allgemeinen Grundsätze des Grundsicherungsrechts krisenbedingt – im Sinne eines Sonderrechts der Pandemie – außer Kraft zu setzen (so auch LSG Niedersachsen – Bremen, Beschluss vom 22. September 2020 – L 11 AS 415/20 B ER –, juris). Modifiziert bzw. vorübergehend außer Kraft gesetzt werden sollen nur die explizit in § 67 SGB II genannten Vorschriften. § 67 Abs. 3 Satz 1 verweist ausschließlich auf § 22 Abs. 1 (Satz 1) SGB II und nicht wie – die Antragsteller meinen – auf § 22 Abs. 4 SGB II.
Berücksichtigungsfähige Bedarfe im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II sind schließlich – auch hierauf sei der Vollständigkeit halber hingewiesen – nur solche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstehen bzw. entstanden sind. Erforderlich ist, dass der Hilfebedürftige im streitigen Zeitraum einer ernsthaften, wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt ist (vgl. schon zu § 22 SGB SGB II BSG, Urteil vom 3. März 2009 – B 4 AS 37/08 R – juris Rn. 24 ff., BSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – B 14 AS 31/07 R – juris Rn. 16 ff.). Vorliegend sind die Antragsteller noch nicht in die Wohnung gezogen. Es ist weder glaubhaft gemacht, dass ein Mietvertrag für die begehrte Wohnung inzwischen geschlossen wurde noch dass bzw. in welcher Höhe und ab wann tatsächliche Mietaufwendungen anfallen. Es ist den Antragstellern nicht einmal gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihnen die hier in Rede stehende Wohnung überhaupt noch zur Verfügung steht.
Aus vorgenannten Gründen scheitert auch das Begehren der Antragsteller auf Übernahme einer Mietkaution durch den Antragsgegner.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist ebenso wie die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren nicht begründet, da die gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff ZPO notwendigen hinreichenden Erfolgsaussichten fehlen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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