Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 280/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 106/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Geistheiler sind als im Gesundheitswesen tätige Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung kraft Gesetz versichert.
I. Die Klage gegen die Bescheide vom 14. Februar 2013 und 24. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2013 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
SIII. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit dem Regime der gesetzlichen Unfallversicherung unterworfen ist und Beiträge an die Beklagte abzuführen hat.
Die am 1942 geborene Klägerin betreibt seit 01.05.2002 selbständig eine Praxis für energetische Körperarbeit. Laut ihrer Internetpräsenz (www.) bietet sie in ihrer Praxis eine Reconnective Therapy nach Herwig Schön, russische Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov, Total Touch Pulsing nach Bianca Telle, Qi Gong und eine Fernsitzung bzw. Geistheilung an. Ihre Übungen, Methoden und Ratschläge sollen der Aktivierung der Selbstheilungskräfte entsprechend den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Alternative Medizin und des Dachverbandes Geistiges Heilen dienen. Ihre Behandlungen ersetzten keinen Besuch beim Arzt oder Heilpraktiker. Die Klägerin gebe kein Heilversprechen ab und stelle keine Diagnosen.
Mit den Bescheiden vom 14.02.2013 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin ab 01.012008 fest und veranlagte es in der Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,30 (im Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2012) bzw. 3,74 (im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018). Für die Unternehmerversicherung erhob sie für die Beitragsjahre 2008 bis 2011 Beiträge in Höhe von 126,52 EUR, 134,18 EUR, 136,06 EUR und 137,31 EUR.
Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie erhalte seit Juli 2002 eine Altersrente und sei daher nicht mehr beruflich tätig. Sie beschäftige keine weiteren Mitarbeiter. Ihre Bilanzen wiesen einen jährlichen Überschuss von durchschnittlich 1.400 EUR aus. Der erhobene Beitrag der Beklagten sei in Anbetracht der Gewinne unverhältnismäßig. Es bestehe eine persönliche private Berufshaftpflichtversicherung. Ihre gelegentliche Tätigkeit habe in der Vergangenheit und werde auch in der Zukunft keine Leistungsfälle hervorrufen.
Mit Bescheid vom 24.04.2013 erhob die Beklagte noch einen Beitrag in Höhe von 137,94 EUR für das Beitragsjahr 2012. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2013 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Klägerin sei als selbständig Tätige auf dem Gebiet des Gesundheitswesens pflichtversichert. Der Gesetzgeber habe nicht nur die unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen und/oder in der Wohlfahrtspflege tätigen Personen unter Unfallversicherungsschutz gestellt, sondern auch die auf diesem Gebiet selbständig Tätigen in den Versicherungsschutz einbezogen, weil er diese Personengruppen für besonders schutzwürdig erachtet habe. Unbeachtlich sei hierbei, ob die selbständige Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde. Die im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege tätigen Personen würden im Interesse der Allgemeinheit tätig und sollten deshalb umfassend gegen die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken geschützt sein. Einen derartigen Schutzaspekt habe der Gesetzgeber für die Unternehmer der meisten Branchen nicht gesehen. Deshalb gebe es nicht bei jeder Berufsgenossenschaft eine gesetzliche Pflichtversicherung für die Unternehmer. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) handele es sich dann um Unternehmen des Gesundheitswesens, wenn deren Hauptzweck auf die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege pflegebedürftiger Menschen oder den vorbeugenden Gesundheitsschutz vor unmittelbar drohenden Gesundheitsschäden gerichtet sei. Dabei müsse die Wahrung der Gesundheit den Schwerpunkt bilden. Es genüge nicht, dass ein gesundheitsfördernder oder krankheitsverhütender Erfolg als eine zwar bedeutsame, aber nur nebenbei erzielte, Begleiterscheinung bewirkt werde. Der Begriff des Gesundheitswesens im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung decke sich dabei nicht mit den gewerberechtlich definierten Berufsbildern oder den vom Gesundheitsamt zu beaufsichtigenden anerkannten Berufen im Gesundheitswesen. In Anbetracht des vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzaspekts sei hier der Begriff des Gesundheitswesens weiter auszulegen und beschränke sich nicht auf bestimmte Berufsbilder. Die Klägerin biete nach verschiedenen Aus- und Weiterbildungen im Bereich der alternativen Heilmethoden (u.a. Qi Gong, Tai Chi, Tao Yoga der heilenden Hände, Chi Nei Tsang Massage, Total Touch Pulsing, Quantum Touch und Russische Heilweisen), energetische Körperarbeit an. Sie wende dabei sanftes Wiegen und Schaukeln, mit über 80 Griffen und Positionen der Hände, Handauflegen, Berührungen und Energiearbeit an. Außerdem würden von ihr auch Techniken aus dem Bereich des geistigen Heilens angewandt (Fernsitzungen/Geistheilung). Bei der energetischen Körperarbeit arbeite die Klägerin auf Basis von verschiedenen Formen der Energiearbeit, geistigem Heilen, Metaphysik, alten Lehren und praktischen Techniken um sinnvoll und ganzheitlich beraten zu können. Als Ziel dieser Tätigkeiten werde eine ganzheitliche, körperliche und seelische Heilung angestrebt. Die Selbstheilungskräfte des Körpers sollten gestärkt werden und so beispielsweise helfen, eine Krankheit schneller zu überwinden. Sie würden als Unterstützung der natürlichen Selbstheilung, zur Vitalisierung von Körper, Geist und Seele sowie zum Lösen von Blockaden oder zum Aufheben von Traumata angewandt. Auch geistiges Heilen ziele - nach dem Dachverband Geistiges Heilen e.V. - "darauf ab, durch Aktivierung der Lebens- bzw. Bio-Energie die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und zu stärken und somit Genesung und Heilung zu fördern. Geistiges Heilen sei ein Angebot an Hilfesuchende, welches gleichberechtigt neben klassischer Schulmedizin und allen ganzheitlichen therapeutischen Angeboten und nicht in Konkurrenz zu diesen stehe. Aufgabe und Ziel sei es, Heilung im ganzheitlichen Sinne zu fördern, die Selbstheilungskräfte anzuregen sowie Menschen beim Wahrnehmen ihrer Eigenverantwortung zu ermutigen und zu unterstützen. Geistig-spirituelle Heilbehandlungen könnten sowohl jede andere Therapie ergänzen als auch eigenständig angewandt werden - bei jeder Art von Erkrankung oder Befindlichkeitsstörung, bei Stress, bei körperlichen und bei seelischen Verletzungen usw." Danach stünde der gesundheitsfördernde oder krankheitsverhütende Aspekt im Vordergrund. Für die Zuordnung zum Bereich des Gesundheitswesens sei nicht erforderlich, dass die energetische Körperarbeit eine medizinische Behandlung im Sinne der Schulmedizin darstelle. Auch wenn für diese Techniken keine Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) abzulegen sei, ergebe sich daraus nicht zwangsläufig, dass die Tätigkeit nicht dem Gesundheitswesen zuzuordnen sei, denn der Begriff "Gesundheitswesen" im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehe über "Heilkunde" im Sinne des HeilprG hinaus. Auch Schädlingsbekämpfung, Fußpflege, Diätassistenz und Hygieneuntersuchungen gehörten anerkanntermaßen zum Gesundheitswesen, ohne Heilkunde darzustellen. Eine Tätigkeit sei dann dem Gesundheitswesen zuzuordnen, wenn die angebotene Leistung der Wahrung der Gesundheit diene.
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 02.10.2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg eingelegt. Die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen umfassten sämtlich den Bereich des sogenannten Geistigen Heilens. Seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 02.03.2004 (BVerfG, 1 BvR 734/03) sei anerkannt, dass Geistiges Heilen nicht den alternativen Heilberufen zuzurechnen sei. Das BVerfG begründe dies maßgeblich damit, dass der Schutzzweck des HeilprG darauf abziele, die Gesundheit der Bevölkerung vor Personen zu schützen, indem die Heilkunde ohne Bestallung und ohne hinreichende Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathologie, Diagnostik und Therapie nicht ausgeübt werden dürfe. Ein Heiler, der spirituell wirke, stehe den religiösen Riten näher als der Medizin. Er wecke schon nicht die Erwartung auf heilkundlichen Beistand. Die Heilpraktikererlaubnis und die ärztliche Approbation zielten dagegen nicht auf eine rituelle Heilung ab. Wer letztere in Anspruch nehme, gehe einen dritten Weg und setze sein Vertrauen nicht in die Heilkunde und wähle etwas von der Heilbehandlung verschiedenes, wenngleich auch von diesem Weg Genesung erhofft werde. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei nicht dem Gesundheitswesen zuzurechnen, da deren Hauptzweck nicht auf die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes gerichtet sei. Dies sei nur approbierten Ärzten und Heilpraktikern kraft Gesetzes erlaubt. Die Klägerin pflege auch keine pflegebedürftigen Menschen und übe keinen vorbeugenden Gesundheitsschutz aus. Sämtliche geistigen Heilmethoden seien wissenschaftlich sowohl von der Wirkweise als auch von der Durchführung her nicht belegt. Unabhängig hiervon sei nicht die Beklagte, sondern die Verwaltungsberufsgenossenschaft zuständiger Unfallversicherungsträger.
Die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 05.09.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Beklagten- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die gemäß §§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Augsburg (§§ 8, 51 Abs. 1 Nr. 3, 57 SGG) ist zwar zulässig.
Die Klage ist aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2013 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit bei der Beklagten versichert. Die Veranlagung in die Gefahrstelle 6 der Gefahrtarife der Beklagten in der ab 01.01.2007 bzw. 3,74 ab 01.01.2013 geltenden Fassung begegnet keinen Bedenken. Die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012 sind zu Recht von der Beklagten erhoben worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen keine rechtlichen Zweifel, dass sie mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit beim beklagten Unfallversicherungsträger versichert ist.
Nach § 136 Abs 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest.
Die Klägerin ist selbstständig im Gesundheitswesen tätig. Für solche Unternehmen ist die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger (§§ 121 Abs. 1, 122 Abs 2 SGB VII i.V.m. Abschnitt A Abs. 1 lit. a der Verordnung über Träger der Unfallversicherung vom 17.05.1929).
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII sind Personen Kraft Gesetzes versichert, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind.
Der Sinn der Einbeziehung der in § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII genannten Personen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wird in deren Tätigkeit im Interesse und für das Wohl der Allgemeinheit sowie in den besonderen Berufsgefahren gesehen, denen sie ausgesetzt sind und die sie den abhängig Beschäftigten vergleichbar erscheinen lassen (Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 327, Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII § 2 Rdnr. 20.1).
Zum Gesundheitswesen gehören Tätigkeiten und Einrichtungen, welche die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen bezwecken, ferner diejenigen, die den Zweck haben, die Gesundheit des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor unmittelbar drohenden Gefahren zu schützen, d.h. einer unmittelbar drohenden oder nach Lage des Falles in absehbarer Zeit zu erwartenden Schädigung der Gesundheit vorzubeugen. Dabei muss es sich aber um Einrichtungen und Tätigkeiten handeln, bei denen die Wahrung der Gesundheit den Hauptzweck bildet. Es genügt nicht, dass ein gesundheitsfördernder oder krankheitsverhütender Erfolg lediglich als eine bedeutsame, aber nur nebenher erzielte Begleiterscheinung bewirkt (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 25.10.1989, 2 RU 4/89; Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 331). Das Gesundheitswesen erfasst somit Tätigkeiten und Einrichtungen, deren Hauptzweck auf die menschliche Gesundheit einschließlich der Hygiene zielt (Besserung oder Beseitigung krankhafter Zustände, Vorbeugung gegen Gesundheitsschäden Einzelner oder der Allgemeinheit).
Versichert sind beispielweise Hebammen, Krankenschwestern, Masseure, Bademeister (medizinische, anders bei nicht medizinischen Reinigungsbädern), Fußpfleger, sofern nicht reine Schönheitspflege betreibend, sämtliche medizinischen Heil- und Hilfsberufe, Desinfektoren, Kammerjäger, Medizinstudenten in praktischer Ausbildung, dem HeilprG nicht unterliegende nichtärztliche Psychotherapeuten, Logopäden, nichtärztliche Betreiber eines medizinischen Labors (Kasseler Kommentar, SGB VII § 2 Rdnr. 44 m.w.N.).
Auch der Betrieb einer Praxis für energetische Körperarbeit ist dem Gesundheitswesen zuzuordnen. Denn dieses Unternehmen dient nach seiner Zwecksetzung der Heilbehandlung der Patienten, indem es durch Übungen, Methoden und Ratschläge der Klägerin die Selbstheilungskräfte der Patienten aktivieren soll.
Schwerpunkte der von der Klägerin angebotenen energetischen Körperarbeit sind die Reconnective Therapy nach Herwig Schön, die russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov, das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle, Qi Gong sowie die Fernsitzung bzw. Geistheilung. Im Rahmen der Reconnective Therapy nach Herwig Schön soll es möglich sein, eine Rückverbindung mit dem Energiekörper herzustellen, damit sich Traumata auflösen, ohne dass sich der Betroffene daran erinnern muss. Mit den russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov sollen über rein mental energetische Impulse die Selbstheilungskräfte des Körpers stimuliert und somit Impulse zur Regeneration und Wiederherstellung des Körpers und der eigenen Gesundheit gesetzt werden. Das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle ist durch sanftes Wiegen und Schaukeln geprägt. Mit über 80 Griffen und Positionen der Hände soll der Körper in seine Urschwingung bis in die kleinsten Zellen hinein versetzt werden. Durch die tiefgehende Wellenbewegung soll sich der Körper an seinen Embryonalzustand erinnern und aus diesem Zellgedächtnis heraus die Selbstheilungskräfte aktivieren können. Qi Gong preist die Klägerin als körperliche und energetische Bewegungsübung an, um die geistige und körperliche Gesundheit zu unterstützen. Durch Fernsitzungen bzw. Geistheilung sollen ebenfalls Selbstheilungskräfte mobilisiert werden, um Blockaden, Traumata, Schockerlebnisse im Äther-, im Emotional-, Mental- und physischen Körper aufzulösen.
Unter Berücksichtigung des Behandlungsangebots der von der Klägerin betriebenen Praxis für energetische Körperarbeit hat die Kammer keinen Zweifel, dass dieses Unternehmen dem Gesundheitswesen zuzurechnen ist.
Nach Art und Zielsetzung will die Klägerin in ihrem Unternehmen mit Übungen, Methoden und Ratschlägen den krankhaften Zustand ihrer Patienten beseitigen oder bessern bzw. den bestehenden Gesundheitszustand erhalten. Nach den Vorstellungen der Klägerin sollen ihre Behandlungen nicht den Besuch bei einem Arzt oder Heilpraktiker und die Einnahme von Medikamenten ersetzen, sondern das bestehende Behandlungsangebot ergänzen. Die Patienten wiederum erwarten von der Klägerin ein (Heil-)Behandlungsange-bot, welches sich von der Schulmedizin und anderen - mittlerweile wissenschaftlich anerkannten - Behandlungsmethoden unterscheidet und sich an der sog. energetischen Körperarbeit orientiert.
Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass die Klägerin mit ihren Patienten einen religiösen Ritus - wie vom Klägerbevollmächtigten dargelegt - pflegt, nachdem sich ihre Behandlungen keinen Praktiken oder Ritualen einer Religionsgemeinschaft zuordnen lassen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Zuordnung ihres Unternehmens zum Ge- sundheitswesen nicht maßgebend, dass ihre Behandlungen medizinisch-wissenschaftlich nicht anerkannt sind. Denn für eine Tätigkeit im Gesundheitswesen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist es ausreichend, wenn diese mit einer entsprechenden Zielrichtung ausgeübt wird (Sozialgericht Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 05.05.2008, S 2 U 145/04).
Dass die Klägerin kein Heilversprechen abgibt, spielt bei der Zuordnung des Unternehmens zum Gesundheitswesen ebenfalls keine Rolle. Denn auch bei den medizinisch-wissenschaftlich anerkannten Behandlungen verspricht der Behandelnde keinen Behandlungserfolg. Vielmehr ist der Behandelnde dem Patienten durch den Behandlungsvertrag nur zur versprochenen Leistung der Behandlung verpflichtet. Dabei hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, § 630a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Für die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zum Gesundheitswesen ist es auch unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Praxistätigkeit keine Diagnosen stellt. Denn das Gleiche gilt auch für Hebammen, Krankenschwestern, Masseure, medizinische Bademeister und Fußpfleger, die zweifelsohne mit ihrer beruflichen Tätigkeit dem Gesundheitswesen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII zuzurechnen sind.
Letztlich steht der Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zum Gesundheitswesen nicht entgegen, dass die Klägerin nicht als Heilpraktikerin im Sinne des HeilprG tätig ist. Denn vom Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist nach dem Vorgenannten nicht nur die berufliche Tätigkeit als Heilpraktiker im Sinne des HeilprG umfasst, sondern alle Tätigkeiten und Einrichtungen, welche die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen bezwecken, ferner diejenigen, die den Zweck haben, die Gesundheit des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor unmittelbar drohenden Gefahren zu schützen.
Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII scheidet nicht deshalb aus, weil die Klägerin keine Mitarbeiter hat und bereits eine Altersrente bezieht. Denn dieser soll gerade wegen der oft wirtschaftlich schwachen Situation auch selbständigen Kleinstunternehmern zukommen (Kasseler Kommentar, SGB VII § 2 Rdnr. 40 m.w.N.). Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist zu folgern, dass der Gesetzgeber den Versicherungsschutz möglichst weit fassen und alle Personen, die in diesem Bereich tätig sind (z.B. auch ehrenamtlich Tätige), in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbeziehen wollte (Sozialgericht Lüneburg a.a.O.).
Letztlich ist die Beteuerung der Klägerin, weder in der Vergangenheit Arbeitsunfälle erlitten zu haben noch zukünftig zu erleiden, für den Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII nicht maßgebend.
Da keine Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs. 3 SGB VII besteht, ist die Klägerin mit ihrem Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII versicherungspflichtig.
Von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII sind lediglich selbständig tätige Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Heilpraktiker und Apotheker frei, § 4 Abs. 3 SGB VII. Diesen Berufsgruppen gehört die Klägerin offensichtlich nicht an.
Für eine Ausweitung der Berufsgruppen des § 4 Abs. 3 SGB VII aus Gründen des Gleichheitssatzes gibt es keine rechtliche Grundlage. So hat das BSG in seinen Urteilen vom 21.04.1959 und 30.01.1963, 2 RU 38/56 bzw. 2 RU 35/60, bei einem Tierarzt und einem versicherungspflichtigen Unternehmer eines medizinischen Laboratoriums festgestellt, dass sich der Gesetzgeber mit seiner unterschiedlichen Regelung im Rahmen des ihm vom Grundgesetz eingeräumten Ermessensspielraums hält.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Klägerin mit ihrer Tätigkeit in der Praxis für energetische Körperarbeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII versicherungspflichtig ist. Infolgedessen ist der beklagte Unfallversicherungsträger für das Unternehmen der Klägerin zuständig.
Die Beklagte hat das Unternehmen der Klägerin zutreffend in der Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,30 (im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2012) bzw. 3,74 (im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018) veranlagt.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.
Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).
Die Gefahrtarife der Berufsgenossenschaften sind durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde nach § 158 Abs. 1 SGB VII überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht ist es allerdings nur dahingehend überprüfbar, ob die Gefahrtarife mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-&8203;rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R).
Die Beklagte hat die gesetzlichen Vorgaben in ihren ab 01.01.2007 bzw. 01.01.2013 geltenden Gefahrtarifen in der Weise umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt hat. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass (technologisch) artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003, B 2 U 21/02 R; Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 32/03 R; Urteil vom 21.03.2006, B 2 U 2/05 R). Hinweise dafür, dass die Beklagte bei der Festsetzung des 3. und 4. Gefahrtarifes ihren gesetzlich eingeräumten Gestaltungsraum überschritten hat, gibt es keine.
Ausgehend von ihren Gefahrtarifen hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin der richtigen Gefahrtarifstelle zugeordnet.
Nach dem ab 01.01.2007 gültigen 3. Gefahrtarif der Beklagten gehören zur Gefahrtarifstelle 6 "Physiotherapie, Logopädie, Heilpraktiker und andere nichtärztliche Unternehmen im Gesundheitswesen" beispielsweise ambulante Rehabilitationseinrichtungen, Hebammen, Heilpraktiker, Logopäden, medizinisch-technische Assistenten, Diätassistenz, Heileurythmie, Heilpädagogik, Praxen der Physiotherapeuten/Krankengymnasten, Ergo-, Beschäftigungs- und übrigen nichtärztlichen Therapeuten, soweit nicht Tarifstelle 2, 7 oder 8 zugehörig (z.B. Lerntherapie, Unternehmen der alternativen und ganzheitlichen Behandlung), freiberufliche Dozenten im Gesundheitswesen, nichtärztliche Pflegegutachter.
Zur Gefahrtarifstelle 6 gehören nach dem ab 01.01.2013 gültigen 4. Gefahrtarif der Beklagten "Physiotherapie, Logopädie, Heilpraktiker und andere nicht ärztliche Unternehmen im Gesundheitswesen, Kosmetikbetriebe, Solarien, Tätowier- und Piercingstudios" beispielsweise Praxen der Physiotherapeuten/Krankengymnasten, ambulante Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Hebammen, Heilpraktiker, Logopäden, Podologen, medizinisch-technische Assistenten, Diätassistenz, Heileurythmie, Heilpädagogik, Praxen der Ergotherapeuten, Beschäftigungstherapeuten, Lerntherapeuten und übrige nicht ärztliche Therapeuten, alternative Heilmethoden, freiberufliche Dozenten im Gesundheitswesen, nicht ärztliche Pflegegutachter, Fachgebiete im Gesundheitswesen, soweit nicht den Tarifstellen 1 bis 4 zuzuordnen, kosmetische Fußpflege, Kosmetikbetriebe, Solarien, Sonnenstudios, Kosmetikfachschulen, Tätowier-/Piercingstudios, Thanatologen.
Hiervon ausgehend ist die Praxis für energetische Körperarbeit mit den in der Gefahrtarifstelle 6 genannten Unternehmen vergleichbar und dort einzuordnen; sie ist den alternativen Heilmethoden zuzurechnen.
Die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012 sind der Höhe nach berechtigt.
Nach § 153 Abs. 1 SGB VII sind Berechnungsgrundlagen für die Beiträge grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. Der Beitrag ergibt sich aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß, § 167 Abs. 1 SGB VII. Für Beiträge der kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen - wie der Klägerin - ist Berechnungsgrundlage anstelle der Arbeitsentgelte der kraft Satzung bestimmte Jahresarbeitsverdienst (Versicherungssumme), § 154 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Gemäß § 161 SGB VII kann die Satzung des Unfallversicherungsträgers bestimmen, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung eines Mindestbeitrages bestehen nicht (Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 26.01.1984, L 3 U 79/83).
Nach § 44 Abs. 1 der Satzung der Beklagten beträgt die Versicherungssumme für die kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen und für die kraft Satzung versicherten Unternehmer sowie ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten und die freiwillig Versicherten 60 v.H. der maßgebenden Bezugsgröße (§ 18 SGB IV, § 83 Satz 1 SGB VII), aufgerundet auf volle 1.000 Euro.
Für die Jahre 2008 bis 2012 ergibt sich bei einer Bezugsgröße von 29.820 EUR, 30.240 EUR, 30.660 EUR und 31.500 EUR daher eine Versicherungssumme von 18.000 EUR bzw. 19.000 EUR.
Unter Zugrundelegung der Gefahrklassen von Gefahrklasse 3,30 bzw. 3,74 und dem jeweiligen Beitragsfuß errechnen sich die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Beiträge bestehen nicht.
Im Übrigen wird aufgrund der zutreffenden Begründung der Beklagten in den Bescheiden vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2013 von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 136 Abs. 3 SGG abgesehen.
Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 54 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert ist nach §§ 197a Abs. 1 1. Hs., 52 Abs. 1, 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5.000 EUR festzusetzen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
SIII. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit dem Regime der gesetzlichen Unfallversicherung unterworfen ist und Beiträge an die Beklagte abzuführen hat.
Die am 1942 geborene Klägerin betreibt seit 01.05.2002 selbständig eine Praxis für energetische Körperarbeit. Laut ihrer Internetpräsenz (www.) bietet sie in ihrer Praxis eine Reconnective Therapy nach Herwig Schön, russische Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov, Total Touch Pulsing nach Bianca Telle, Qi Gong und eine Fernsitzung bzw. Geistheilung an. Ihre Übungen, Methoden und Ratschläge sollen der Aktivierung der Selbstheilungskräfte entsprechend den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Alternative Medizin und des Dachverbandes Geistiges Heilen dienen. Ihre Behandlungen ersetzten keinen Besuch beim Arzt oder Heilpraktiker. Die Klägerin gebe kein Heilversprechen ab und stelle keine Diagnosen.
Mit den Bescheiden vom 14.02.2013 stellte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen der Klägerin ab 01.012008 fest und veranlagte es in der Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,30 (im Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2012) bzw. 3,74 (im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018). Für die Unternehmerversicherung erhob sie für die Beitragsjahre 2008 bis 2011 Beiträge in Höhe von 126,52 EUR, 134,18 EUR, 136,06 EUR und 137,31 EUR.
Im nachfolgenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, sie erhalte seit Juli 2002 eine Altersrente und sei daher nicht mehr beruflich tätig. Sie beschäftige keine weiteren Mitarbeiter. Ihre Bilanzen wiesen einen jährlichen Überschuss von durchschnittlich 1.400 EUR aus. Der erhobene Beitrag der Beklagten sei in Anbetracht der Gewinne unverhältnismäßig. Es bestehe eine persönliche private Berufshaftpflichtversicherung. Ihre gelegentliche Tätigkeit habe in der Vergangenheit und werde auch in der Zukunft keine Leistungsfälle hervorrufen.
Mit Bescheid vom 24.04.2013 erhob die Beklagte noch einen Beitrag in Höhe von 137,94 EUR für das Beitragsjahr 2012. Auch hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2013 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Die Klägerin sei als selbständig Tätige auf dem Gebiet des Gesundheitswesens pflichtversichert. Der Gesetzgeber habe nicht nur die unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen und/oder in der Wohlfahrtspflege tätigen Personen unter Unfallversicherungsschutz gestellt, sondern auch die auf diesem Gebiet selbständig Tätigen in den Versicherungsschutz einbezogen, weil er diese Personengruppen für besonders schutzwürdig erachtet habe. Unbeachtlich sei hierbei, ob die selbständige Tätigkeit haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde. Die im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege tätigen Personen würden im Interesse der Allgemeinheit tätig und sollten deshalb umfassend gegen die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken geschützt sein. Einen derartigen Schutzaspekt habe der Gesetzgeber für die Unternehmer der meisten Branchen nicht gesehen. Deshalb gebe es nicht bei jeder Berufsgenossenschaft eine gesetzliche Pflichtversicherung für die Unternehmer. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) handele es sich dann um Unternehmen des Gesundheitswesens, wenn deren Hauptzweck auf die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege pflegebedürftiger Menschen oder den vorbeugenden Gesundheitsschutz vor unmittelbar drohenden Gesundheitsschäden gerichtet sei. Dabei müsse die Wahrung der Gesundheit den Schwerpunkt bilden. Es genüge nicht, dass ein gesundheitsfördernder oder krankheitsverhütender Erfolg als eine zwar bedeutsame, aber nur nebenbei erzielte, Begleiterscheinung bewirkt werde. Der Begriff des Gesundheitswesens im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung decke sich dabei nicht mit den gewerberechtlich definierten Berufsbildern oder den vom Gesundheitsamt zu beaufsichtigenden anerkannten Berufen im Gesundheitswesen. In Anbetracht des vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzaspekts sei hier der Begriff des Gesundheitswesens weiter auszulegen und beschränke sich nicht auf bestimmte Berufsbilder. Die Klägerin biete nach verschiedenen Aus- und Weiterbildungen im Bereich der alternativen Heilmethoden (u.a. Qi Gong, Tai Chi, Tao Yoga der heilenden Hände, Chi Nei Tsang Massage, Total Touch Pulsing, Quantum Touch und Russische Heilweisen), energetische Körperarbeit an. Sie wende dabei sanftes Wiegen und Schaukeln, mit über 80 Griffen und Positionen der Hände, Handauflegen, Berührungen und Energiearbeit an. Außerdem würden von ihr auch Techniken aus dem Bereich des geistigen Heilens angewandt (Fernsitzungen/Geistheilung). Bei der energetischen Körperarbeit arbeite die Klägerin auf Basis von verschiedenen Formen der Energiearbeit, geistigem Heilen, Metaphysik, alten Lehren und praktischen Techniken um sinnvoll und ganzheitlich beraten zu können. Als Ziel dieser Tätigkeiten werde eine ganzheitliche, körperliche und seelische Heilung angestrebt. Die Selbstheilungskräfte des Körpers sollten gestärkt werden und so beispielsweise helfen, eine Krankheit schneller zu überwinden. Sie würden als Unterstützung der natürlichen Selbstheilung, zur Vitalisierung von Körper, Geist und Seele sowie zum Lösen von Blockaden oder zum Aufheben von Traumata angewandt. Auch geistiges Heilen ziele - nach dem Dachverband Geistiges Heilen e.V. - "darauf ab, durch Aktivierung der Lebens- bzw. Bio-Energie die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und zu stärken und somit Genesung und Heilung zu fördern. Geistiges Heilen sei ein Angebot an Hilfesuchende, welches gleichberechtigt neben klassischer Schulmedizin und allen ganzheitlichen therapeutischen Angeboten und nicht in Konkurrenz zu diesen stehe. Aufgabe und Ziel sei es, Heilung im ganzheitlichen Sinne zu fördern, die Selbstheilungskräfte anzuregen sowie Menschen beim Wahrnehmen ihrer Eigenverantwortung zu ermutigen und zu unterstützen. Geistig-spirituelle Heilbehandlungen könnten sowohl jede andere Therapie ergänzen als auch eigenständig angewandt werden - bei jeder Art von Erkrankung oder Befindlichkeitsstörung, bei Stress, bei körperlichen und bei seelischen Verletzungen usw." Danach stünde der gesundheitsfördernde oder krankheitsverhütende Aspekt im Vordergrund. Für die Zuordnung zum Bereich des Gesundheitswesens sei nicht erforderlich, dass die energetische Körperarbeit eine medizinische Behandlung im Sinne der Schulmedizin darstelle. Auch wenn für diese Techniken keine Prüfung nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) abzulegen sei, ergebe sich daraus nicht zwangsläufig, dass die Tätigkeit nicht dem Gesundheitswesen zuzuordnen sei, denn der Begriff "Gesundheitswesen" im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehe über "Heilkunde" im Sinne des HeilprG hinaus. Auch Schädlingsbekämpfung, Fußpflege, Diätassistenz und Hygieneuntersuchungen gehörten anerkanntermaßen zum Gesundheitswesen, ohne Heilkunde darzustellen. Eine Tätigkeit sei dann dem Gesundheitswesen zuzuordnen, wenn die angebotene Leistung der Wahrung der Gesundheit diene.
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 02.10.2013 Klage zum Sozialgericht Augsburg eingelegt. Die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen umfassten sämtlich den Bereich des sogenannten Geistigen Heilens. Seit der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 02.03.2004 (BVerfG, 1 BvR 734/03) sei anerkannt, dass Geistiges Heilen nicht den alternativen Heilberufen zuzurechnen sei. Das BVerfG begründe dies maßgeblich damit, dass der Schutzzweck des HeilprG darauf abziele, die Gesundheit der Bevölkerung vor Personen zu schützen, indem die Heilkunde ohne Bestallung und ohne hinreichende Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathologie, Diagnostik und Therapie nicht ausgeübt werden dürfe. Ein Heiler, der spirituell wirke, stehe den religiösen Riten näher als der Medizin. Er wecke schon nicht die Erwartung auf heilkundlichen Beistand. Die Heilpraktikererlaubnis und die ärztliche Approbation zielten dagegen nicht auf eine rituelle Heilung ab. Wer letztere in Anspruch nehme, gehe einen dritten Weg und setze sein Vertrauen nicht in die Heilkunde und wähle etwas von der Heilbehandlung verschiedenes, wenngleich auch von diesem Weg Genesung erhofft werde. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit sei nicht dem Gesundheitswesen zuzurechnen, da deren Hauptzweck nicht auf die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes gerichtet sei. Dies sei nur approbierten Ärzten und Heilpraktikern kraft Gesetzes erlaubt. Die Klägerin pflege auch keine pflegebedürftigen Menschen und übe keinen vorbeugenden Gesundheitsschutz aus. Sämtliche geistigen Heilmethoden seien wissenschaftlich sowohl von der Wirkweise als auch von der Durchführung her nicht belegt. Unabhängig hiervon sei nicht die Beklagte, sondern die Verwaltungsberufsgenossenschaft zuständiger Unfallversicherungsträger.
Die Klägerin beantragt, die Bescheide vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 05.09.2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Beklagten- und Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die gemäß §§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Klage zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Augsburg (§§ 8, 51 Abs. 1 Nr. 3, 57 SGG) ist zwar zulässig.
Die Klage ist aber nicht begründet. Die angegriffenen Bescheide vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2013 sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit bei der Beklagten versichert. Die Veranlagung in die Gefahrstelle 6 der Gefahrtarife der Beklagten in der ab 01.01.2007 bzw. 3,74 ab 01.01.2013 geltenden Fassung begegnet keinen Bedenken. Die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012 sind zu Recht von der Beklagten erhoben worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen keine rechtlichen Zweifel, dass sie mit ihrer Praxis für energetische Körperarbeit beim beklagten Unfallversicherungsträger versichert ist.
Nach § 136 Abs 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest.
Die Klägerin ist selbstständig im Gesundheitswesen tätig. Für solche Unternehmen ist die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger (§§ 121 Abs. 1, 122 Abs 2 SGB VII i.V.m. Abschnitt A Abs. 1 lit. a der Verordnung über Träger der Unfallversicherung vom 17.05.1929).
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII sind Personen Kraft Gesetzes versichert, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind.
Der Sinn der Einbeziehung der in § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII genannten Personen in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung wird in deren Tätigkeit im Interesse und für das Wohl der Allgemeinheit sowie in den besonderen Berufsgefahren gesehen, denen sie ausgesetzt sind und die sie den abhängig Beschäftigten vergleichbar erscheinen lassen (Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 327, Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII § 2 Rdnr. 20.1).
Zum Gesundheitswesen gehören Tätigkeiten und Einrichtungen, welche die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen bezwecken, ferner diejenigen, die den Zweck haben, die Gesundheit des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor unmittelbar drohenden Gefahren zu schützen, d.h. einer unmittelbar drohenden oder nach Lage des Falles in absehbarer Zeit zu erwartenden Schädigung der Gesundheit vorzubeugen. Dabei muss es sich aber um Einrichtungen und Tätigkeiten handeln, bei denen die Wahrung der Gesundheit den Hauptzweck bildet. Es genügt nicht, dass ein gesundheitsfördernder oder krankheitsverhütender Erfolg lediglich als eine bedeutsame, aber nur nebenher erzielte Begleiterscheinung bewirkt (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 25.10.1989, 2 RU 4/89; Lauterbach, Unfallversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 331). Das Gesundheitswesen erfasst somit Tätigkeiten und Einrichtungen, deren Hauptzweck auf die menschliche Gesundheit einschließlich der Hygiene zielt (Besserung oder Beseitigung krankhafter Zustände, Vorbeugung gegen Gesundheitsschäden Einzelner oder der Allgemeinheit).
Versichert sind beispielweise Hebammen, Krankenschwestern, Masseure, Bademeister (medizinische, anders bei nicht medizinischen Reinigungsbädern), Fußpfleger, sofern nicht reine Schönheitspflege betreibend, sämtliche medizinischen Heil- und Hilfsberufe, Desinfektoren, Kammerjäger, Medizinstudenten in praktischer Ausbildung, dem HeilprG nicht unterliegende nichtärztliche Psychotherapeuten, Logopäden, nichtärztliche Betreiber eines medizinischen Labors (Kasseler Kommentar, SGB VII § 2 Rdnr. 44 m.w.N.).
Auch der Betrieb einer Praxis für energetische Körperarbeit ist dem Gesundheitswesen zuzuordnen. Denn dieses Unternehmen dient nach seiner Zwecksetzung der Heilbehandlung der Patienten, indem es durch Übungen, Methoden und Ratschläge der Klägerin die Selbstheilungskräfte der Patienten aktivieren soll.
Schwerpunkte der von der Klägerin angebotenen energetischen Körperarbeit sind die Reconnective Therapy nach Herwig Schön, die russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov, das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle, Qi Gong sowie die Fernsitzung bzw. Geistheilung. Im Rahmen der Reconnective Therapy nach Herwig Schön soll es möglich sein, eine Rückverbindung mit dem Energiekörper herzustellen, damit sich Traumata auflösen, ohne dass sich der Betroffene daran erinnern muss. Mit den russischen Heilweisen nach Gregori Grabovoi und Arkady Petrov sollen über rein mental energetische Impulse die Selbstheilungskräfte des Körpers stimuliert und somit Impulse zur Regeneration und Wiederherstellung des Körpers und der eigenen Gesundheit gesetzt werden. Das Total Touch Pulsing nach Bianca Telle ist durch sanftes Wiegen und Schaukeln geprägt. Mit über 80 Griffen und Positionen der Hände soll der Körper in seine Urschwingung bis in die kleinsten Zellen hinein versetzt werden. Durch die tiefgehende Wellenbewegung soll sich der Körper an seinen Embryonalzustand erinnern und aus diesem Zellgedächtnis heraus die Selbstheilungskräfte aktivieren können. Qi Gong preist die Klägerin als körperliche und energetische Bewegungsübung an, um die geistige und körperliche Gesundheit zu unterstützen. Durch Fernsitzungen bzw. Geistheilung sollen ebenfalls Selbstheilungskräfte mobilisiert werden, um Blockaden, Traumata, Schockerlebnisse im Äther-, im Emotional-, Mental- und physischen Körper aufzulösen.
Unter Berücksichtigung des Behandlungsangebots der von der Klägerin betriebenen Praxis für energetische Körperarbeit hat die Kammer keinen Zweifel, dass dieses Unternehmen dem Gesundheitswesen zuzurechnen ist.
Nach Art und Zielsetzung will die Klägerin in ihrem Unternehmen mit Übungen, Methoden und Ratschlägen den krankhaften Zustand ihrer Patienten beseitigen oder bessern bzw. den bestehenden Gesundheitszustand erhalten. Nach den Vorstellungen der Klägerin sollen ihre Behandlungen nicht den Besuch bei einem Arzt oder Heilpraktiker und die Einnahme von Medikamenten ersetzen, sondern das bestehende Behandlungsangebot ergänzen. Die Patienten wiederum erwarten von der Klägerin ein (Heil-)Behandlungsange-bot, welches sich von der Schulmedizin und anderen - mittlerweile wissenschaftlich anerkannten - Behandlungsmethoden unterscheidet und sich an der sog. energetischen Körperarbeit orientiert.
Das Gericht vermag nicht zu erkennen, dass die Klägerin mit ihren Patienten einen religiösen Ritus - wie vom Klägerbevollmächtigten dargelegt - pflegt, nachdem sich ihre Behandlungen keinen Praktiken oder Ritualen einer Religionsgemeinschaft zuordnen lassen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist für die Zuordnung ihres Unternehmens zum Ge- sundheitswesen nicht maßgebend, dass ihre Behandlungen medizinisch-wissenschaftlich nicht anerkannt sind. Denn für eine Tätigkeit im Gesundheitswesen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist es ausreichend, wenn diese mit einer entsprechenden Zielrichtung ausgeübt wird (Sozialgericht Lüneburg, Gerichtsbescheid vom 05.05.2008, S 2 U 145/04).
Dass die Klägerin kein Heilversprechen abgibt, spielt bei der Zuordnung des Unternehmens zum Gesundheitswesen ebenfalls keine Rolle. Denn auch bei den medizinisch-wissenschaftlich anerkannten Behandlungen verspricht der Behandelnde keinen Behandlungserfolg. Vielmehr ist der Behandelnde dem Patienten durch den Behandlungsvertrag nur zur versprochenen Leistung der Behandlung verpflichtet. Dabei hat die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist, § 630a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Für die Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zum Gesundheitswesen ist es auch unerheblich, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Praxistätigkeit keine Diagnosen stellt. Denn das Gleiche gilt auch für Hebammen, Krankenschwestern, Masseure, medizinische Bademeister und Fußpfleger, die zweifelsohne mit ihrer beruflichen Tätigkeit dem Gesundheitswesen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII zuzurechnen sind.
Letztlich steht der Zuordnung des Unternehmens der Klägerin zum Gesundheitswesen nicht entgegen, dass die Klägerin nicht als Heilpraktikerin im Sinne des HeilprG tätig ist. Denn vom Schutzbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist nach dem Vorgenannten nicht nur die berufliche Tätigkeit als Heilpraktiker im Sinne des HeilprG umfasst, sondern alle Tätigkeiten und Einrichtungen, welche die Beseitigung oder Besserung eines krankhaften Zustandes oder die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen bezwecken, ferner diejenigen, die den Zweck haben, die Gesundheit des Einzelnen oder der Allgemeinheit vor unmittelbar drohenden Gefahren zu schützen.
Der Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII scheidet nicht deshalb aus, weil die Klägerin keine Mitarbeiter hat und bereits eine Altersrente bezieht. Denn dieser soll gerade wegen der oft wirtschaftlich schwachen Situation auch selbständigen Kleinstunternehmern zukommen (Kasseler Kommentar, SGB VII § 2 Rdnr. 40 m.w.N.). Aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII ist zu folgern, dass der Gesetzgeber den Versicherungsschutz möglichst weit fassen und alle Personen, die in diesem Bereich tätig sind (z.B. auch ehrenamtlich Tätige), in den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung einbeziehen wollte (Sozialgericht Lüneburg a.a.O.).
Letztlich ist die Beteuerung der Klägerin, weder in der Vergangenheit Arbeitsunfälle erlitten zu haben noch zukünftig zu erleiden, für den Versicherungsschutz des § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII nicht maßgebend.
Da keine Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs. 3 SGB VII besteht, ist die Klägerin mit ihrem Unternehmen nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII versicherungspflichtig.
Von der Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII sind lediglich selbständig tätige Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Heilpraktiker und Apotheker frei, § 4 Abs. 3 SGB VII. Diesen Berufsgruppen gehört die Klägerin offensichtlich nicht an.
Für eine Ausweitung der Berufsgruppen des § 4 Abs. 3 SGB VII aus Gründen des Gleichheitssatzes gibt es keine rechtliche Grundlage. So hat das BSG in seinen Urteilen vom 21.04.1959 und 30.01.1963, 2 RU 38/56 bzw. 2 RU 35/60, bei einem Tierarzt und einem versicherungspflichtigen Unternehmer eines medizinischen Laboratoriums festgestellt, dass sich der Gesetzgeber mit seiner unterschiedlichen Regelung im Rahmen des ihm vom Grundgesetz eingeräumten Ermessensspielraums hält.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Klägerin mit ihrer Tätigkeit in der Praxis für energetische Körperarbeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII versicherungspflichtig ist. Infolgedessen ist der beklagte Unfallversicherungsträger für das Unternehmen der Klägerin zuständig.
Die Beklagte hat das Unternehmen der Klägerin zutreffend in der Gefahrtarifstelle 6, Strukturschlüssel 0162, Alternative Heilmethoden, Gefahrklasse 3,30 (im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2012) bzw. 3,74 (im Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2018) veranlagt.
Rechtsgrundlage für den Veranlagungsbescheid ist § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, nach dem der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu Gefahrklassen veranlagt.
Die in der gesetzlichen Unfallversicherung allein von den Unternehmern aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaft, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§ 153 Abs. 1, § 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen und diesen nach Tarifstellen gliedern, denen jeweils eine aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten errechnete Gefahrklasse zugeordnet ist. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).
Die Gefahrtarife der Berufsgenossenschaften sind durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde nach § 158 Abs. 1 SGB VII überprüfbar. Als autonom gesetztes objektives Recht ist es allerdings nur dahingehend überprüfbar, ob die Gefahrtarife mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-&8203;rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkten und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist ihnen ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Die Bildung des Gefahrtarifs muss allerdings auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 28.11.2006, B 2 U 10/05 R).
Die Beklagte hat die gesetzlichen Vorgaben in ihren ab 01.01.2007 bzw. 01.01.2013 geltenden Gefahrtarifen in der Weise umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen die Gewerbezweige gewählt hat. Ein solcher Gewerbezweigtarif basiert auf der Erkenntnis, dass (technologisch) artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und der Gewerbezweig deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach dem Gewerbezweigprinzip ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2003, B 2 U 21/02 R; Urteil vom 05.07.2005, B 2 U 32/03 R; Urteil vom 21.03.2006, B 2 U 2/05 R). Hinweise dafür, dass die Beklagte bei der Festsetzung des 3. und 4. Gefahrtarifes ihren gesetzlich eingeräumten Gestaltungsraum überschritten hat, gibt es keine.
Ausgehend von ihren Gefahrtarifen hat die Beklagte das Unternehmen der Klägerin der richtigen Gefahrtarifstelle zugeordnet.
Nach dem ab 01.01.2007 gültigen 3. Gefahrtarif der Beklagten gehören zur Gefahrtarifstelle 6 "Physiotherapie, Logopädie, Heilpraktiker und andere nichtärztliche Unternehmen im Gesundheitswesen" beispielsweise ambulante Rehabilitationseinrichtungen, Hebammen, Heilpraktiker, Logopäden, medizinisch-technische Assistenten, Diätassistenz, Heileurythmie, Heilpädagogik, Praxen der Physiotherapeuten/Krankengymnasten, Ergo-, Beschäftigungs- und übrigen nichtärztlichen Therapeuten, soweit nicht Tarifstelle 2, 7 oder 8 zugehörig (z.B. Lerntherapie, Unternehmen der alternativen und ganzheitlichen Behandlung), freiberufliche Dozenten im Gesundheitswesen, nichtärztliche Pflegegutachter.
Zur Gefahrtarifstelle 6 gehören nach dem ab 01.01.2013 gültigen 4. Gefahrtarif der Beklagten "Physiotherapie, Logopädie, Heilpraktiker und andere nicht ärztliche Unternehmen im Gesundheitswesen, Kosmetikbetriebe, Solarien, Tätowier- und Piercingstudios" beispielsweise Praxen der Physiotherapeuten/Krankengymnasten, ambulante Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, Hebammen, Heilpraktiker, Logopäden, Podologen, medizinisch-technische Assistenten, Diätassistenz, Heileurythmie, Heilpädagogik, Praxen der Ergotherapeuten, Beschäftigungstherapeuten, Lerntherapeuten und übrige nicht ärztliche Therapeuten, alternative Heilmethoden, freiberufliche Dozenten im Gesundheitswesen, nicht ärztliche Pflegegutachter, Fachgebiete im Gesundheitswesen, soweit nicht den Tarifstellen 1 bis 4 zuzuordnen, kosmetische Fußpflege, Kosmetikbetriebe, Solarien, Sonnenstudios, Kosmetikfachschulen, Tätowier-/Piercingstudios, Thanatologen.
Hiervon ausgehend ist die Praxis für energetische Körperarbeit mit den in der Gefahrtarifstelle 6 genannten Unternehmen vergleichbar und dort einzuordnen; sie ist den alternativen Heilmethoden zuzurechnen.
Die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012 sind der Höhe nach berechtigt.
Nach § 153 Abs. 1 SGB VII sind Berechnungsgrundlagen für die Beiträge grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. Der Beitrag ergibt sich aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß, § 167 Abs. 1 SGB VII. Für Beiträge der kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen - wie der Klägerin - ist Berechnungsgrundlage anstelle der Arbeitsentgelte der kraft Satzung bestimmte Jahresarbeitsverdienst (Versicherungssumme), § 154 Abs. 1 Satz 1 SGB VII.
Gemäß § 161 SGB VII kann die Satzung des Unfallversicherungsträgers bestimmen, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Erhebung eines Mindestbeitrages bestehen nicht (Landessozialgericht Berlin, Urteil vom 26.01.1984, L 3 U 79/83).
Nach § 44 Abs. 1 der Satzung der Beklagten beträgt die Versicherungssumme für die kraft Gesetzes versicherten selbständig Tätigen und für die kraft Satzung versicherten Unternehmer sowie ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten und die freiwillig Versicherten 60 v.H. der maßgebenden Bezugsgröße (§ 18 SGB IV, § 83 Satz 1 SGB VII), aufgerundet auf volle 1.000 Euro.
Für die Jahre 2008 bis 2012 ergibt sich bei einer Bezugsgröße von 29.820 EUR, 30.240 EUR, 30.660 EUR und 31.500 EUR daher eine Versicherungssumme von 18.000 EUR bzw. 19.000 EUR.
Unter Zugrundelegung der Gefahrklassen von Gefahrklasse 3,30 bzw. 3,74 und dem jeweiligen Beitragsfuß errechnen sich die Beiträge für die Beitragsjahre 2008 bis 2012. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung der Beiträge bestehen nicht.
Im Übrigen wird aufgrund der zutreffenden Begründung der Beklagten in den Bescheiden vom 14.02.2013 und 24.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2013 von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 136 Abs. 3 SGG abgesehen.
Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben und war als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 54 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Streitwert ist nach §§ 197a Abs. 1 1. Hs., 52 Abs. 1, 2 Gerichtskostengesetz (GKG) auf 5.000 EUR festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
Login
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