Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 4 EG 3/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 19.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.05.2001 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, Erziehungsgeld unter Zugrundelegung eines Antrages am 25.01.2001 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die Dauer von 24 Monaten zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM oder lediglich für 12 Monate in Höhe von 900,-- DM zu gewähren ist.
Die Klägerin erzieht das am 01.06.1995 geborene Kind E. sowie das am 12.03.1998 geborene Kind B. B. gebar sie in einer Drillingsgeburt. Sie hat einen Grad der Behinderung von 100. Die beiden anderen Drillinge verstarben kurz nach der Geburt. Am 15.01.2001 gebar die Klägerin das Kind C.
Für ihre ersten beiden Kinder hat die Klägerin, die bisher keinen Beruf ausgeübt hatte, jeweils Erziehungsgeld für 2 Jahre in Anspruch genommen. In dem Antrag auf Erziehungsgeld vom 25.01.2001 für das Kind C. kreuzte die Klägerin die Frage Nr. 60 zu den Angaben zur Höhe und zum Zeitraum für den Erziehungsgeld beantragt wird an: "Budgetfall für den 01. bis 12. Lebensmonat".
Mit Bescheid vom 19.02.2001 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 15.01.2001 bis zum 15.12.2001 Erziehungsgeld in Höhe von 900,-- DM monatlich (Budget).
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 02.03.2001 Widerspruch. Sie trug vor, sie habe sich im Antrag vertan, sie wolle kein Budgetierung. Sie begehrt die Zahlung von Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.05.2001 zurück. In ihrem Antrag vom 25.01.2001 habe die Klägerin sich nach Belehrung der Wahlmöglichkeit für das Budget-Erziehungsgeld entschieden. Diese Entscheidung sei für die volle Bezugsdauer verbindlich. Lediglich in Fällen besonderer Härte sei eine einmalige Änderung möglich. Eine besondere Härte liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 18.06.2001 erhobene Klage. Die Klägerin meint, aufgrund des Todes zweier Kinder und der schweren Be hinderung der überlebenden Tochter aus der Drillingsschwanger schaft sei der Tatbestand einer besonderen familiären Härte er füllt. Unter dieser enormen seelischen Dauerbelastung, die zu langfristigen depressiven Verstimmungen und fortwährenden Erschöp fungszuständen bei ihr geführt hätten, aber auch unter der reinen körperlichen Belastung nach der Geburt des Kindes C. am 15.01.2001, sei ihr ein Fehler beim Ausfüllen des Antrages auf Er ziehungsgeld unterlaufen, der schwerwiegende Folgen habe. Durch diese Belastungen sei sie bei der Erledigung der notwendigen For malitäten beeinträchtigt gewesen. Sie habe nie beabsichtigt, nach 12 Monaten bereits einen Beruf auszuüben, daher habe sie auch nicht 900,-- DM für 12 Monate ankreuzen wollen. Eine Berufstätig keit sei ihr aufgrund der Erziehung von drei Kindern, wovon eines zu 100 Prozent behindert sei, nicht möglich.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 19.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2001 aufzuheben und Erziehungsgeld für 24 Monate a 600,-- DM ausgehend von einem Antrag am 25.01.2001 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, eine besondere Härte im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz i. V. m. 1 Abs. 5 BerzGG liege nicht vor, da die von der Klägerin angegebenen Gründe (Krankheit, Tod zweier Kinder im Jahre 1998) bei der Antragstellung im Januar 2001 bereits bekannt gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 SGB. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erziehungsgeld für die Dauer von 24 Monaten gemäß § 5 Abs. 1 BerzGG. Danach beträgt das monatliche Erziehungsgeld bei einer beantragten Zahlung für längstens bis zur Vollendung des
1. 12. Lebensmonats 900,-- DM (Budget)
2. 24. Lebensmonats 600,-- DM.
Die Entscheidung des Antragstellers für das Erziehungsgeld nach Nr. 1 oder 2 ist für die volle Bezugsdauer verbindlich; in Fällen besonderer Härte (§ 1 Abs. 5 BerzGG) ist eine einmalige Änderung möglich. Entscheidet er sich nicht, gilt gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 BerzGG die Regelung nach Nr. 2.
Die Klägerin hat keine wirksame Enscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG getroffen, so dass ihr gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 BerzGG Erzie hungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM zu gewähren ist. Eine wirksame Entscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG liegt nicht vor, denn die Klägerin hat ihre Erklärung im Antrag vom 25.01.2001 entsprechend § 119 BGB angefochten und damit mit rückwirkender Kraft vernichtet. Die bürgerlich rechtlichen Regelungen über die Anfechtung von Willenserklärungen gemäß § 119 BGB sind entsprechend anzuwenden. Denn die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbu ches über die Anfechtung von Willenserklärungen sind nur eine auf das Privatrecht zugeschnittene spezielle Ausgestaltung eines allgemeinen Gesetzesgedankens des Inhalts, dass bestimmte Situationen auf seiten des Erklärenden im Zeitpunkt der Abgabe der Willenser klärung zu einer Annullierung der durch diese hervorgerufenen Rechtswirkungen berechtigen müssen (vgl. auch Wolff, Verwaltungs recht, 8. Auflage, § 44 III a; Krasney in Kasseler Kommentar § 18 SGB X Rdnr. 8 m.w.N.).
Die Entscheidung über die Dauer des Erziehungsgeldes ist eine ein seitige empfangsbedürftige Willenserklärung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG. Die Wortwahl "Entscheidung" beinhaltet, dass von dem Antragsteller eine willensgesteuerte überdachte Handlung vorausgesetzt wird. Ein bloßes "Ankreuzen" genügt gerade nicht. Auch dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG ist zu entnehmen, dass diese "Entscheidung" als Willenserklärung anfechtbar ist. § 5 Abs. 1 BerzGG sollt den Eltern ein alternatives neues Angebot als familienpolitische Alternative einräumen. Die Vorschrift dient der pragmatischen Vereinbarung von Familie und Beruf. Durch die Verbindlichkeit soll der Verwaltungsaufwand von vorneherein gering bleiben (vgl. BT-Drucks. 14/3118). Dieses neue Angebot und Wahlrecht setzt ein willensgesteuertes Handeln voraus. Es besteht kein Interesse daran, Eltern an irrtümlich abgegebenen Erklärungen festzuhalten, da sie dann gerade die ihnen nach dem Gesetz einge räumten Möglichkeiten nicht nutzen können. Zudem ist der Verwaltungsaufwand, der erforderlich ist, um eine aufgrund Irrtums zustande gekommene Erklärung zu berichtigen, gering. Die Beklagte müßte lediglich wenige Eingaben korrigieren und einen neuen Bescheid ausdrucken und versenden.
Aus der entsprechenden Anwendung des § 119 BGB ergibt sich, dass die Entscheidung über die Dauer des Erziehungsgeldes anfechtbar ist, wenn der Antragsteller bei Abgabe dieser Erklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles diese Erklärung nicht abgegeben haben würde. Die Klägerin unterlag einem derartigen Irrtum beim Ankreuzen des Kästens," Budgetfall für den 1. bis 12. Monat", zur Frage Nr. 60 in dem Erziehungsgeldantrag zu Angaben zur Höhe und zum Zeitraum, für den Erziehungsgeld beantragt wird. Die Klägerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie zu keinem Zeitpunkt nur 12 Monate Erziehungsgeld beziehen wollte. Sie hat einen Fehler gemacht und sich beim Ankreuzen vertan. Sie fühlte sich beim Ankreuzen des Antrages kurz nach der Geburt ihres Kindes gesundheitlich beeinträchtigt. Die Klägerin hätte sich bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht für das 12-monatige Erziehungsgeld entschieden. Dies ergibt sich ferner daraus, dass sie auch bei der Erziehung ihrer beider älte ren Kinder jeweils das zwei-jährige Erziehungsgeld in Anspruch nahm. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie nach Geburt ihres dritten Kindes nunmehr bereits nach 12 Monaten eine Berufs tätigkeit aufnehmen wollte, zumal sie bisher keinen Beruf ausgeübt hatte. Dies gilt insbesondere, weil die Klägerin auch für die Erziehung eines Kindes mit einem Grad der Behinderung von 100 verantwortlich ist.
Die Klägerin hat ihren Irrtum sofort nach Erhalt des Bescheides vom 19.02.2001 erkannt und rechtzeitig mit dem Widerspruch von 02.03.2001 geltend gemacht. Durch die Anfechtung wird die Entscheidung der Klägerin für ein Erziehungsgeld für 12 Monate in Höhe von 900,-- DM rückwirkend vernichtet. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 iVm. S. 1 Nr. 2 BerzGG ist das Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM oder lediglich für 12 Monate in Höhe von 900,-- DM zu gewähren ist.
Die Klägerin erzieht das am 01.06.1995 geborene Kind E. sowie das am 12.03.1998 geborene Kind B. B. gebar sie in einer Drillingsgeburt. Sie hat einen Grad der Behinderung von 100. Die beiden anderen Drillinge verstarben kurz nach der Geburt. Am 15.01.2001 gebar die Klägerin das Kind C.
Für ihre ersten beiden Kinder hat die Klägerin, die bisher keinen Beruf ausgeübt hatte, jeweils Erziehungsgeld für 2 Jahre in Anspruch genommen. In dem Antrag auf Erziehungsgeld vom 25.01.2001 für das Kind C. kreuzte die Klägerin die Frage Nr. 60 zu den Angaben zur Höhe und zum Zeitraum für den Erziehungsgeld beantragt wird an: "Budgetfall für den 01. bis 12. Lebensmonat".
Mit Bescheid vom 19.02.2001 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 15.01.2001 bis zum 15.12.2001 Erziehungsgeld in Höhe von 900,-- DM monatlich (Budget).
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 02.03.2001 Widerspruch. Sie trug vor, sie habe sich im Antrag vertan, sie wolle kein Budgetierung. Sie begehrt die Zahlung von Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 18.05.2001 zurück. In ihrem Antrag vom 25.01.2001 habe die Klägerin sich nach Belehrung der Wahlmöglichkeit für das Budget-Erziehungsgeld entschieden. Diese Entscheidung sei für die volle Bezugsdauer verbindlich. Lediglich in Fällen besonderer Härte sei eine einmalige Änderung möglich. Eine besondere Härte liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 18.06.2001 erhobene Klage. Die Klägerin meint, aufgrund des Todes zweier Kinder und der schweren Be hinderung der überlebenden Tochter aus der Drillingsschwanger schaft sei der Tatbestand einer besonderen familiären Härte er füllt. Unter dieser enormen seelischen Dauerbelastung, die zu langfristigen depressiven Verstimmungen und fortwährenden Erschöp fungszuständen bei ihr geführt hätten, aber auch unter der reinen körperlichen Belastung nach der Geburt des Kindes C. am 15.01.2001, sei ihr ein Fehler beim Ausfüllen des Antrages auf Er ziehungsgeld unterlaufen, der schwerwiegende Folgen habe. Durch diese Belastungen sei sie bei der Erledigung der notwendigen For malitäten beeinträchtigt gewesen. Sie habe nie beabsichtigt, nach 12 Monaten bereits einen Beruf auszuüben, daher habe sie auch nicht 900,-- DM für 12 Monate ankreuzen wollen. Eine Berufstätig keit sei ihr aufgrund der Erziehung von drei Kindern, wovon eines zu 100 Prozent behindert sei, nicht möglich.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 19.02.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2001 aufzuheben und Erziehungsgeld für 24 Monate a 600,-- DM ausgehend von einem Antrag am 25.01.2001 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, eine besondere Härte im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 4, 2. Halbsatz i. V. m. 1 Abs. 5 BerzGG liege nicht vor, da die von der Klägerin angegebenen Gründe (Krankheit, Tod zweier Kinder im Jahre 1998) bei der Antragstellung im Januar 2001 bereits bekannt gewesen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs. 2 SGB. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erziehungsgeld für die Dauer von 24 Monaten gemäß § 5 Abs. 1 BerzGG. Danach beträgt das monatliche Erziehungsgeld bei einer beantragten Zahlung für längstens bis zur Vollendung des
1. 12. Lebensmonats 900,-- DM (Budget)
2. 24. Lebensmonats 600,-- DM.
Die Entscheidung des Antragstellers für das Erziehungsgeld nach Nr. 1 oder 2 ist für die volle Bezugsdauer verbindlich; in Fällen besonderer Härte (§ 1 Abs. 5 BerzGG) ist eine einmalige Änderung möglich. Entscheidet er sich nicht, gilt gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 BerzGG die Regelung nach Nr. 2.
Die Klägerin hat keine wirksame Enscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG getroffen, so dass ihr gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 BerzGG Erzie hungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM zu gewähren ist. Eine wirksame Entscheidung nach § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG liegt nicht vor, denn die Klägerin hat ihre Erklärung im Antrag vom 25.01.2001 entsprechend § 119 BGB angefochten und damit mit rückwirkender Kraft vernichtet. Die bürgerlich rechtlichen Regelungen über die Anfechtung von Willenserklärungen gemäß § 119 BGB sind entsprechend anzuwenden. Denn die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbu ches über die Anfechtung von Willenserklärungen sind nur eine auf das Privatrecht zugeschnittene spezielle Ausgestaltung eines allgemeinen Gesetzesgedankens des Inhalts, dass bestimmte Situationen auf seiten des Erklärenden im Zeitpunkt der Abgabe der Willenser klärung zu einer Annullierung der durch diese hervorgerufenen Rechtswirkungen berechtigen müssen (vgl. auch Wolff, Verwaltungs recht, 8. Auflage, § 44 III a; Krasney in Kasseler Kommentar § 18 SGB X Rdnr. 8 m.w.N.).
Die Entscheidung über die Dauer des Erziehungsgeldes ist eine ein seitige empfangsbedürftige Willenserklärung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG. Die Wortwahl "Entscheidung" beinhaltet, dass von dem Antragsteller eine willensgesteuerte überdachte Handlung vorausgesetzt wird. Ein bloßes "Ankreuzen" genügt gerade nicht. Auch dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 S. 4 BerzGG ist zu entnehmen, dass diese "Entscheidung" als Willenserklärung anfechtbar ist. § 5 Abs. 1 BerzGG sollt den Eltern ein alternatives neues Angebot als familienpolitische Alternative einräumen. Die Vorschrift dient der pragmatischen Vereinbarung von Familie und Beruf. Durch die Verbindlichkeit soll der Verwaltungsaufwand von vorneherein gering bleiben (vgl. BT-Drucks. 14/3118). Dieses neue Angebot und Wahlrecht setzt ein willensgesteuertes Handeln voraus. Es besteht kein Interesse daran, Eltern an irrtümlich abgegebenen Erklärungen festzuhalten, da sie dann gerade die ihnen nach dem Gesetz einge räumten Möglichkeiten nicht nutzen können. Zudem ist der Verwaltungsaufwand, der erforderlich ist, um eine aufgrund Irrtums zustande gekommene Erklärung zu berichtigen, gering. Die Beklagte müßte lediglich wenige Eingaben korrigieren und einen neuen Bescheid ausdrucken und versenden.
Aus der entsprechenden Anwendung des § 119 BGB ergibt sich, dass die Entscheidung über die Dauer des Erziehungsgeldes anfechtbar ist, wenn der Antragsteller bei Abgabe dieser Erklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles diese Erklärung nicht abgegeben haben würde. Die Klägerin unterlag einem derartigen Irrtum beim Ankreuzen des Kästens," Budgetfall für den 1. bis 12. Monat", zur Frage Nr. 60 in dem Erziehungsgeldantrag zu Angaben zur Höhe und zum Zeitraum, für den Erziehungsgeld beantragt wird. Die Klägerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie zu keinem Zeitpunkt nur 12 Monate Erziehungsgeld beziehen wollte. Sie hat einen Fehler gemacht und sich beim Ankreuzen vertan. Sie fühlte sich beim Ankreuzen des Antrages kurz nach der Geburt ihres Kindes gesundheitlich beeinträchtigt. Die Klägerin hätte sich bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht für das 12-monatige Erziehungsgeld entschieden. Dies ergibt sich ferner daraus, dass sie auch bei der Erziehung ihrer beider älte ren Kinder jeweils das zwei-jährige Erziehungsgeld in Anspruch nahm. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie nach Geburt ihres dritten Kindes nunmehr bereits nach 12 Monaten eine Berufs tätigkeit aufnehmen wollte, zumal sie bisher keinen Beruf ausgeübt hatte. Dies gilt insbesondere, weil die Klägerin auch für die Erziehung eines Kindes mit einem Grad der Behinderung von 100 verantwortlich ist.
Die Klägerin hat ihren Irrtum sofort nach Erhalt des Bescheides vom 19.02.2001 erkannt und rechtzeitig mit dem Widerspruch von 02.03.2001 geltend gemacht. Durch die Anfechtung wird die Entscheidung der Klägerin für ein Erziehungsgeld für 12 Monate in Höhe von 900,-- DM rückwirkend vernichtet. Gemäß § 5 Abs. 1 S. 5 iVm. S. 1 Nr. 2 BerzGG ist das Erziehungsgeld für 24 Monate in Höhe von 600,-- DM nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved