Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
23
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 23 U 65/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 02. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2002 verurteilt, der Klägerin wegen der Folgen des Unfalls vom 10. September 2001 Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte hat der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen, insbesondere darüber, ob das Unfallereignis vom 10.09.2001 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Die 1936 geborene Klägerin befand sich entsprechend der Unfallanzeige des Beschäftigungsunternehmens, der Bauunternehmung A aus B, vom 10.09.2001 an diesem Tag gegen 8:15 Uhr (Arbeitsbeginn 8:10 Uhr) auf dem Weg in die Büroküche, um - wie an jedem Morgen - die mitgebrachte Buttermilch, die sie später in der Pause verzehren wollte, in den dort befindlichen Kühlschrank zu legen. Wegen des regnerischen Wetters rutschte sie auf den Fliesen im Küchenbereich aus und fiel auf die linke Schulter. Im Durchgangsarztbericht der Frau Dr. C vom Unfalltag werden als Unfallfolgen eine nicht dislozierte Oberarmfraktur sowie die des Tuberculum majus beschrieben.
Nachdem auf ihre Veranlassung das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren abgebrochen worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2002 die Gewährung der ausdrücklich beantragten Leistungen ab, weil die Klägerin am Unfalltag einer eigenwirtschaftlichen, unversicherten Tätigkeit nach gegangen sei. Zwar seien Wege zur Nahrungsaufnahme innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes versichert, die versicherten Wege endeten jedoch an der Außentür der einer Kantine gleichzustellenden Büroküche. Das Unterbringen des verderblichen Lebensmittels Buttermilch in den Kühlschrank sei daher keine betriebliche und damit eine unversicherte Tätigkeit gewesen.
Mit der hiergegen am 21.05.2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass sich der Versicherungsschutz auf die gesamte Büroküche erstrecke, zumal die Aufbewahrung im dort befindlichen Kühlschrank der Erhaltung ihrer Arbeitskraft gedient habe.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 10.09.2001 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Auffassung nach handelt es sich bei der Einnahme von Mahlzeiten auf der Betriebsstätte um eine private eigenwirtschaftliche Tätigkeit, solange kein besonderer Umstand für eine aus betrieblichen Gründen, etwa zur Erlangung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, erfolgte Nahrungsaufnahme vorliege. Der versicherte Weg zur Kantine/Büro- bzw. Teeküche ende an der Zugangstür. Das gelte auch für die Fälle, in denen die Kantine/Küche nicht zum Verzehr, sondern zum Vorbereiten der Nahrungsaufnahme bzw. dem Zubereiten aufgesucht werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und den der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Mit Zustimmung der Beteiligten hat die Kammer über das Klagebegehren ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin wird durch den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2002, mit dem der Klägerin zu Unrecht Leistungen wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 10.09.2001 verweigert werden, beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil die Klägerin beim Gang zum Verbringen der mitgebrachten Buttermilch in den Kühlschrank der betriebseigenen Küche einer unfallversicherungsrechtlich geschützten Verrichtung nachgegangen ist.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat es sich beim Verbringen der mitgebrachten Buttermilch in den Kühlschrank der Betriebsküche zu Beginn der Arbeitsschicht um eine versicherte Tätigkeit in diesem Sinne gehandelt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 26.01.1988 - 2 RU 1/87 - veröffentlicht in USK 8820 m. w. Hinweisen auf die Rechtsprechung) entschieden hat, steht die nicht aus besonderem betrieblichen Anlass erfolgende Nahrungsaufnahme sowie der Aufenthalt deswegen in einer Kantine nach dem Durchschreiten der Eingangstür als eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Demgegenüber sind die Wege zur Nahrungsaufnahme bis dahin ebenso unfallversichert (vgl. dazu beispielsweise: BSG in USK 81220) wie der Nahrungsmitteleinkauf während einer Betriebspause (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 73 und 97).
Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung entnimmt die Kammer, dass lediglich der Aufenthalt in einer Kantine (Betriebs- oder Teeküche bzw. einer Gaststätte oder einem Restaurant während einer Dienstreise) im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Verzehr nicht den versicherten Tätigkeiten zuzurechnen ist. Zur besseren Abgrenzung der im Gegensatz dazu versicherten Wege wird auf das Durchschreiten der Eingangstür abgestellt. Auch hinsichtlich dieses Abgrenzungskriteriums schließt sich die Kammer der höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Die der Entscheidung der Kammer zugrunde liegende Fallkonstellation ist jedoch dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin die Betriebsküche nicht zum Verzehr der mitgebrachten Buttermilch aufsuchte, sondern um dieses Lebensmittel bis zur späteren Arbeitspause kühl zu lagern. Damit ist dieser Vorgang eher vergleichbar mit dem Besorgen von alsbald zum Verzehr vorgesehenen Lebensmitteln während einer Arbeitspause, das grundsätzlich unter Versicherungsschutz steht. Deshalb ist nach Auffassung der Kammer die Eingangstür zur Betriebsküche auch kein geeignetes Abgrenzungskriterium, solange - wie vorliegend - sicher feststeht, dass der Weg zur Betriebsküche nicht dem (alsbaldigen) Verzehr von Lebensmitteln, also der Nahrungsaufnahme, dienen sollte. Wenn demgemäß aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die zum Unfall führende Tätigkeit lediglich dem Besorgen bzw. der Haltbarkeit des während der Arbeitspause der in Rede stehenden Arbeitsschicht zum Verzehr vorgesehenen Lebensmittels diente, steht diese Tätigkeit auch nach und nicht nur bis zum Durchschreiten der Eingangstür der Kantine/Betriebsküche unter Versicherungsschutz.
Obwohl im vorliegenden Fall angesichts des durch die Beklagte abgebrochenen berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens nicht feststeht, wie lange und welche Leistungen von der Klägerin (etwa Verletztengeld und/oder Verletztenrente) zu beanspruchen sind, hat die Kammer es für zulässig erachtet, im Sinne einer Grundentscheidung gemäß § 131 Abs. 2 SGG die Beklagte zur Gewährung von Leistungen zu verurteilen, weil aufgrund der schwerwiegenden Unfallfolgen, nämlich 2 Frakturen im linken Schulterbereich, der Anspruch zumindest auf die Gewährung von Verletztengeld feststeht.
Wegen der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits im Hinblick auf die ergänzende Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG hat die Kammer gemäß § 150 Nr. 1 SGG die Berufung zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen, insbesondere darüber, ob das Unfallereignis vom 10.09.2001 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden hat.
Die 1936 geborene Klägerin befand sich entsprechend der Unfallanzeige des Beschäftigungsunternehmens, der Bauunternehmung A aus B, vom 10.09.2001 an diesem Tag gegen 8:15 Uhr (Arbeitsbeginn 8:10 Uhr) auf dem Weg in die Büroküche, um - wie an jedem Morgen - die mitgebrachte Buttermilch, die sie später in der Pause verzehren wollte, in den dort befindlichen Kühlschrank zu legen. Wegen des regnerischen Wetters rutschte sie auf den Fliesen im Küchenbereich aus und fiel auf die linke Schulter. Im Durchgangsarztbericht der Frau Dr. C vom Unfalltag werden als Unfallfolgen eine nicht dislozierte Oberarmfraktur sowie die des Tuberculum majus beschrieben.
Nachdem auf ihre Veranlassung das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren abgebrochen worden war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2002 die Gewährung der ausdrücklich beantragten Leistungen ab, weil die Klägerin am Unfalltag einer eigenwirtschaftlichen, unversicherten Tätigkeit nach gegangen sei. Zwar seien Wege zur Nahrungsaufnahme innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes versichert, die versicherten Wege endeten jedoch an der Außentür der einer Kantine gleichzustellenden Büroküche. Das Unterbringen des verderblichen Lebensmittels Buttermilch in den Kühlschrank sei daher keine betriebliche und damit eine unversicherte Tätigkeit gewesen.
Mit der hiergegen am 21.05.2002 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie vertritt die Auffassung, dass sich der Versicherungsschutz auf die gesamte Büroküche erstrecke, zumal die Aufbewahrung im dort befindlichen Kühlschrank der Erhaltung ihrer Arbeitskraft gedient habe.
Die Klägerin beantragt ihrem schriftsätzlichen Vorbringen entsprechend,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2002 zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 10.09.2001 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ihrer Auffassung nach handelt es sich bei der Einnahme von Mahlzeiten auf der Betriebsstätte um eine private eigenwirtschaftliche Tätigkeit, solange kein besonderer Umstand für eine aus betrieblichen Gründen, etwa zur Erlangung oder Erhaltung der Arbeitsfähigkeit, erfolgte Nahrungsaufnahme vorliege. Der versicherte Weg zur Kantine/Büro- bzw. Teeküche ende an der Zugangstür. Das gelte auch für die Fälle, in denen die Kantine/Küche nicht zum Verzehr, sondern zum Vorbereiten der Nahrungsaufnahme bzw. dem Zubereiten aufgesucht werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und den der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Mit Zustimmung der Beteiligten hat die Kammer über das Klagebegehren ohne mündliche Verhandlung entschieden (§ 124 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin wird durch den Bescheid der Beklagten vom 02.01.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2002, mit dem der Klägerin zu Unrecht Leistungen wegen der Folgen des Unfallereignisses vom 10.09.2001 verweigert werden, beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil die Klägerin beim Gang zum Verbringen der mitgebrachten Buttermilch in den Kühlschrank der betriebseigenen Küche einer unfallversicherungsrechtlich geschützten Verrichtung nachgegangen ist.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Entgegen der Auffassung der Beklagten hat es sich beim Verbringen der mitgebrachten Buttermilch in den Kühlschrank der Betriebsküche zu Beginn der Arbeitsschicht um eine versicherte Tätigkeit in diesem Sinne gehandelt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 26.01.1988 - 2 RU 1/87 - veröffentlicht in USK 8820 m. w. Hinweisen auf die Rechtsprechung) entschieden hat, steht die nicht aus besonderem betrieblichen Anlass erfolgende Nahrungsaufnahme sowie der Aufenthalt deswegen in einer Kantine nach dem Durchschreiten der Eingangstür als eigenwirtschaftliche Tätigkeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Demgegenüber sind die Wege zur Nahrungsaufnahme bis dahin ebenso unfallversichert (vgl. dazu beispielsweise: BSG in USK 81220) wie der Nahrungsmitteleinkauf während einer Betriebspause (vgl. BSG in SozR 2200 § 548 Nr. 73 und 97).
Dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung entnimmt die Kammer, dass lediglich der Aufenthalt in einer Kantine (Betriebs- oder Teeküche bzw. einer Gaststätte oder einem Restaurant während einer Dienstreise) im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Verzehr nicht den versicherten Tätigkeiten zuzurechnen ist. Zur besseren Abgrenzung der im Gegensatz dazu versicherten Wege wird auf das Durchschreiten der Eingangstür abgestellt. Auch hinsichtlich dieses Abgrenzungskriteriums schließt sich die Kammer der höchstrichterlichen Rechtsprechung an. Die der Entscheidung der Kammer zugrunde liegende Fallkonstellation ist jedoch dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin die Betriebsküche nicht zum Verzehr der mitgebrachten Buttermilch aufsuchte, sondern um dieses Lebensmittel bis zur späteren Arbeitspause kühl zu lagern. Damit ist dieser Vorgang eher vergleichbar mit dem Besorgen von alsbald zum Verzehr vorgesehenen Lebensmitteln während einer Arbeitspause, das grundsätzlich unter Versicherungsschutz steht. Deshalb ist nach Auffassung der Kammer die Eingangstür zur Betriebsküche auch kein geeignetes Abgrenzungskriterium, solange - wie vorliegend - sicher feststeht, dass der Weg zur Betriebsküche nicht dem (alsbaldigen) Verzehr von Lebensmitteln, also der Nahrungsaufnahme, dienen sollte. Wenn demgemäß aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die zum Unfall führende Tätigkeit lediglich dem Besorgen bzw. der Haltbarkeit des während der Arbeitspause der in Rede stehenden Arbeitsschicht zum Verzehr vorgesehenen Lebensmittels diente, steht diese Tätigkeit auch nach und nicht nur bis zum Durchschreiten der Eingangstür der Kantine/Betriebsküche unter Versicherungsschutz.
Obwohl im vorliegenden Fall angesichts des durch die Beklagte abgebrochenen berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens nicht feststeht, wie lange und welche Leistungen von der Klägerin (etwa Verletztengeld und/oder Verletztenrente) zu beanspruchen sind, hat die Kammer es für zulässig erachtet, im Sinne einer Grundentscheidung gemäß § 131 Abs. 2 SGG die Beklagte zur Gewährung von Leistungen zu verurteilen, weil aufgrund der schwerwiegenden Unfallfolgen, nämlich 2 Frakturen im linken Schulterbereich, der Anspruch zumindest auf die Gewährung von Verletztengeld feststeht.
Wegen der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits im Hinblick auf die ergänzende Auslegung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG hat die Kammer gemäß § 150 Nr. 1 SGG die Berufung zugelassen.
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