S 6 KR 89/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 89/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Mit der Klage vom 14.10.1999 gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbe¬scheides vom 14.09.1999 und den Bescheid vom 25.11.1999 fordert der Kläger die Erstattung der Kosten für "Zellular-Medizin-Formulas nach Dr. Rath". Der 0000 geborene Kläger ist gelernter Krankenpfleger und arbeitet derzeit als Stationspfleger in einer psychiatri¬schen Station; er leidet an coronarer Herzkrankheit und Zustand nach 3-fach-Bypass-Operation. Wegen Angina-pektoris-Beschwerden war er - nach seinen Angaben ohne durch¬greifenden Erfolg - seit 1990 mit Arzneimitteln wie Mevinacor, ASS und Coric behandelt worden. Ab Oktober 1998 behandelte sich der Kläger - nach seinen Angaben mit Erfolg - durch Einnahme von, im Versandhandel erworbenen, "Zellular-Medizin-Formulas nach Dr. Rath", insbesondere "Vitacor plus" (DM. 89,90/Packung), "Metavicor" (DM 62,60/Packung), "Ateriforte" (D M 74,30/Packung) und "Vita-C-Forte" (DM 39,20/Packung). Unter Vorlage der Rech¬nungen aus der Zeit vom 20.10.1998 bis zum 07.05.1999 be¬antragte er am 19.05.1999 bei der Beklagten die Erstat¬tung von insgesamt DM 2 412,-, die von dieser mit den oben genannten Bescheiden abgelehnt wurde, weil es sich bei den Präparaten des Dr. Rath nicht um apotheken¬pflichtige Arzneimittel handele, Mineral- und Vitaminprä¬parate von der Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen seien und der Kläger sich die Präparate ohne vorherige Entscheidung der Kran¬kenkasse selbst beschafft habe. Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Erstattungsbegehren unter Vorlage einer Bescheini¬gung des behandelnden prakt. Arztes Dr. F. vom 19.10.1999 weiter. Durch die Behandlung mit Zellular- Präparaten habe sich sein subjektives Befinden deutlich gebessert; es gehe ihm glänzend.

Während des Gerichtsverfahrens hat die Beklagte mit Be¬scheid vom 25.11.1999 den Erstattungsantrag des Klägers vom 15.11.1999 bezüglich Rechnungen des Dr. Rath aus der Zeit vom 08.06. bis zum 22.09.1999 - über insgesamt DM 2040,20 - mit gleicher Begründung abgelehnt.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 und des Bescheides vom 25.11.1999 zu verurteilen, ihm für die Zellular-Medizin-Formulas nach Dr. Rath DM 4452,20 DM zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt der von ihr erteilten Bescheide und legt zur Stützung ihres Vorbringens das Gut¬achten der MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung)-Ärzte Dres. Heine/Grell "Zellular Medizin nach Dr. med. Matthias Rath" vom Juni 1999 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstan¬des wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwal¬tungsakte der Beklagten verwiesen. Die Akten haben bei der Entscheidung Vorgelegen und sind - soweit von Bedeu¬tung - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochte¬nen Bescheide der Beklagten - der Bescheid vom 25.11.1999 ist gemäß § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden, weil die Streitge¬genstände identisch sind - sind nicht rechtswidrig. Die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs gemäß § 13 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches - 5.Buch/Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) liegen nicht vor. Nach § 13 Abs. 3 SGB V sind Kosten für selbstbeschaffte Leistungen von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Das Bindewort "dadurch1 macht deutlich, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der Notfallver-sorgung oder der unrechtmäßigen Leistungsablehnung und den entstandenen Kosten bestehen muß (std. Rechtspr., vgl, BSG Beschl. v. 15.04.1997 - 1 BK 31/96 m.w.N.). Dieser erforderliche Ursachenzusammenhang fehlt hier, denn der Kläger hat sich unter Umgehung/Außerachtlassung des gesetzlich vorgegebenen Beschaffungsweges für Sach¬leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

-Behandlung durch einen Vertragsarzt gegen Vorlage einer Krankenversichertenkarte (§§ 27 Abs, 1 S. 1 u. 2. Nr, 1, 72 ff. SGB V) / Verordnung von Arznei¬mitteln durch einen Vertragsarzt (§§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V) / Abgabe der verordneten Arzneimittel durch eine Apotheke (§§ 31 Abs. 1, 129 SGB V) –

selbst beschafft, ohne das Ergebnis einer Prüfung der Krankenkasse abzuwarten, ob und in welcher Weise die auf¬grund einer Selbstdiagnose des Klägers für erforderlich erachteten Präparate als Sachleistungen zur Verfügung ge¬stellt werden können, oder nicht (BSG, a.a.O.). Darauf, dass womöglich die Ablehnung der Gewährung der beantrag¬ten Arzneimittel durch die Beklagte von vorneherein feststand, kommt es seit Inkrafttreten des SGB V mit der Kostenerstattungsregelung des § 13 Abs. 2 - seit 1992 § 13 Abs. 3 - im Hinblick auf den insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht mehr an (BSG Beschl. v. 15.04.1997 - 1 BK 31/96 - ; LSG NW Urt. v. 27.05.1999 - L 16 KR 162/98 -). Wenn - wie hier - gegen einen ablehnenden Kostenerstat¬tungsbescheid Widerspruch eingelegt worden ist, hat der Versicherte zur Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V den Widerspruchsbescheid abzu¬warten, bevor er sich eine Leistung selbst beschafft (LSG NW, a.a.O.). Da bis auf die am 22.09.1999 bestellten Präparate alle übrigen streitbefangenen Präparate vor Erteilung des Wi¬derspruchsbescheides vom 14.09.1999 selbst beschafft worden sind, scheitert der hierauf gerichtete Erstat¬tungsanspruch schon aus formalen Gründen. Auch für die am 22.09,1999 bestellten Präparate fehlt der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen unrechtmäßi¬ger Ablehnung und Selbstbeschaffung, denn eine Unterscheidung nach einzelnen Behandlungsabschnitten ist bei einem Gesamtkonzept zur Dauerbehandlung mit Zellular—Me¬dizin nicht möglich; es liegt insoweit eine unteilbare Leistung vor (vgl. hierzu BSG Urt. v. 16.09.1997 - 1 RK 28/95 -). Selbst wenn dieser Rechtsansicht nicht gefolgt wird, ent¬fällt auch insoweit ein Kostenerstattungsanspruch wegen der Unmöglichkeit für die Krankenkasse, die Gewährung der selbstbeschafften Präparate als Sachleistung "zu Unrecht" (§ 13 Abs. 3 SGB V) abzulehnen. Da es sich nicht um ärzt¬lich verordnete apothekenpflichtige Arzneimittel im Sinne der §§ 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, 73 Abs. 2 Nr. 7, 31. Abs. 1 SGB V handelt, gehören diese Präparate nicht zum ab¬schließenden Leistungskatalog (vgl. hierzu BSG Urt. v. 09.12.1997 - 1 RK 23/95 - ) der gesetzlichen Krankenver-sicherung. Eine "notwendige" Leistung (§13 Abs. 3, letz¬ter HS, SGB V) ist nur bei ärztlicher Verordnung v o r deren Beschaffung gegeben, weil anderenfalls die Versi¬cherten besser gestellt würden als bei ordnungsgemäßer Abwicklung: Trotz seines Ausnahmecharakters würde § 13 Abs. 3 SGB V nicht nur eine Leistungspflicht außerhalb des Rahmens der vertragsärztlichen Versorgung begründen, sondern außerdem den Grundsatz des Arztvorbehalts durchbrechen und die Behandlung ganz von der ärztlichen Ver¬antwortung freistellen (BSG Urt. v. 1.9.11.1996 - 1 RK 15/96 -}. Die Entscheidung über die Kosten der nach alledem unbe¬gründeten Klage folgt aus §§ 183, 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus §§ 143, 144 Abs. 1 SGG, denn der Wert des Beschwerdegegenstands über¬steigt DM 1000,- und die Berufung betrifft laufende Lei¬stungen für mehr als 1 Jahr.
Rechtskraft
Aus
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