Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 244/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Der Streitwert wird auf 12.923,93 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klage wird abgewiesen Die Beteiligten streiten über die Rest-Vergütung für Krankenbehandlung in Höhe von 12.923,93 EUR. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dort behandelten ihre Ärzte vom 31.03. bis 12.04.2016 stationär den am xx.xx.xxxx geborenen und zuletzt bei der Beklagten versicherten F.-Z. Q. (im Folgenden: Versicherter); dieser verstarb am xx.xx.xxxx im Universitätsklinikum Aachen. Die Klägerin forderte für die Behandlung in ihrem Krankenhaus mit Rechnung vom 24.05.2016 unter Zugrundlegung der Fallpauschale (DRG) T63Z (Int. Komplexbeh. ) 588 / 552 / 552 Aufwandsp. bei infektiösen und parasitären Krankheiten od. OR-Proz. B. inf. u. paras Krankh. M. komplexer OT-Proz., kompliz. Konst. Oder bei Zust. N. Organtranspl. Mit int. Komplexbeh. ) 392 / 368 / - Aufwandsp.) eine Vergütung von 25.686,12 EUR. Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V ein; sie teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 unter Benennung der beanstandeten OPS-Kodierungen mit. Im Rahmen der Überprüfung beanstandete der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten die Kodierung des OPS 8-890.20 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung: 553 bis 828 Aufwandspunkte) und des OPS 6-002.p2 (Applikation von Medikamenten, Liste 2: Caspofungin, parenteral: 100 mg bis unter 150 mg). Er forderte die Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 auf, den Aufnahmebefund, den Entlassungsbericht, die Fieberkurve bzw. den Kurvenplan, die Arztverlaufsdokumentation, den Pflegebericht, das Beatmungsprotokoll, die Blutgasanalyse, Laborbefunde und die TISS- und SAPS-Berechnung des Krankenhauses vorzulegen sowie die Gabe von Caspofungin nachzuweisen. Das Anforderungsschreiben vom 30.05.2016 ging bei der Klägerin per Fax am 31.05.2016 ein. Die angeforderten Unterlagen gingen mit Begleitschreiben der Klägerin vom 27.06.2016 am 29.06.2016 beim SMD ein. Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 01.07.2016 darauf hin, dass die Unterlagen nicht innerhalb der am 28.06.2016 abgelaufenen Frist gem. § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) eingegangen seien. Die Beklagte ermittelte unter Streichung der beanstandeten OPS-Ziffern, jedoch Zugrundlegung der ICD-Ziffer C34.9 als Hauptdiagnose und der OPS-Ziffer 8-890.11 als zu vergütende Fallpauschale die DRG A13G (Beatmung ) 95 Stunden, mit bestimmter OR-Prozedur oder kompliz. Konstellation, mit äußerst schweren CC, verstorben oder verlegt ( 9 Tage oder ohne best. OR-Proz., ohne kompliz. Konst., Alter ) 15 J., ohne kompliz. Diagnose od. Prozedur, mit äuß. schw. CC) und zahlte der Klägerin 12.762,19 EUR. Daraufhin hat die Klägerin am 16.07.2020 Klage auf Zahlung von 12.923,93 EUR erhoben. Sie räumt ein, die vom SMD angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüvV vorgelegt zu haben. Ihre Abrechnung sei jedoch korrekt. Die Klägerin hält die Frist des § 7 Abs. 2 PrüvV nicht für eine Ausschlussfrist; soweit das Bundessozialgericht (BSG) in der Entscheidung vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18 R) etwas anderes angedeutet habe, überzeuge dies nicht. Es müsse unterschieden werde, ob die Prüfung wegen "sachlich-rechnerischen Richtigkeit" oder wegen "Auffälligkeiten" erfolge. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die PrüvV allein verfahrensrechtliche Fragen regeln solle, mangels gesetzlicher Ermächtigung aber keine übergesetzlichen Leistungsausschlüsse normiere. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr 12.923,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.06.2016 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die eingeklagte weitere Vergütung stehe der Klägerin nicht zu. Die Beklagte verweist auf die Frist des § 7 Abs. 2 PrüvV, die sie für eine Ausschlussfrist hält. Die dort normierte Frist von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagen am 31.05.2016 habe am 28.06.2016 geendet; die Klägerin habe die Frist falsch berechnet. Die verspätet eingegangen Unterlagen seien nicht mehr berücksichtigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da sich die Beklagte ausdrücklich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hat. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so ge-nannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV). Die Klägerin hat nur Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag in Höhe von 12.762,19 EUR, den die Beklagte bezahlt hat. Mit der darüber hinausgehenden Vergütungsforderung, die sie mit der Klage geltend macht, ist sie ausgeschlossen, da sie die zur Prüfung der Abrechnung angeforderten Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Gemäß § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der hier anzuwendenden ab 01.10.2016 geltenden Fassung regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V möglich. Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§ 275 bis 283 des SGB V bleiben im Übrigen unberührt. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung haben der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. die Vereinbarung über das Nähere zum Prüf-verfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüvV) erlassen. § 7 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV in der hier maßgeblichen Fassung lautet: "Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag." Hierauf kann sich die Beklagte berufen. Die Beklagte hat das Prüfverfahren nach § 4 PrüvV ordnungsgemäß eingeleitet. Sie hat den SMD, der gem. § 283 SGB V für die Beklagte die Aufgaben des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) wahrnimmt, mit der Durchführung einer Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V beauftragt, weil sie Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistung bzw. der Korrektheit der Abrechnung hatte; dies hat sie der Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 unter Angabe der Auffälligkeiten (OPS 8-980.20 und OPS 6-002.p2) mitgeteilt. Der SMD hat schriftlich bei der Klägerin diverse näher bezeichnete Unterlagen und Nachweise angefordert. Nach § 7 Abs. 2 S. 3 PrüvV hatte die Klägerin die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den SMD zu übermitteln. Das Anforderungsschreiben ging – unstreitig – am 31.05.2016 bei der Klägerin ein. Die 4-Wochen-Frist begann daher am folgenden Tag, also Mittwoch, 01.06.2016, 00:00 Uhr (vgl. § 187 Abs. 1 BGB), und endete am Dienstag, 28.06.2016, 24:00 Uhr (vgl. § 188 Abs. 2 BGB). Da die angeforderten Unterlagen erst am 29.06.2016 nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV bei der Beklagten eingegangen sind, ist die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 S. 4 PrüvV eingetreten; die Beklagte hat einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. Es kann dahinstehen, ob sich die Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V und das Prüfver-fahren nach der PrüvV nur auf "Auffälligkeiten", nicht aber auf die "sachlich-rechnerische Richtigkeit" bezieht; das Gesetz kennt dies Unterscheidung nicht. Aus der Prüfanzeige der Beklagten vom 30.05.2016 ergibt sich, dass die Beklagte den SMD mit einer Auffälligkeitsprüfung beauftragt hat; eine solche Prüfung ist nach allseitiger Auf-fassung Gegenstand der PrüvV. Die Regelungen in den § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 PrüfvV sind von der Ermächti-gungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/18; ebenso: BSG, Urteil vom 19.11.2019 – B 1 KR 33/18 R – Rn. 16 ["aufgrund hinreichender Ermächtigung"]). Die dagegen geäußerten Zweifel der Klägerin und die von verschiedenen Instanzgerichten angestellten Überlegungen zum Fehlen einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage überzeugen die Kammer nicht. Bei der 4-Wochen-Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 handelt es sich um eine Frist, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspricht. In der Rechtsprechung ist um-stritten, ob die Frist eine Ausschlussfrist ist (dafür: SG Köln, Urteil vom 04.05.2016 – S 23 KN 108/15 KR; SG Reutlingen, Urteil vom 14.03.2018 – S 1 KR 2084/17; SG Marburg, Ur-teil vom 02.01.2019 – S 14 KR 1/18; dagegen: SG Gießen, Urteil vom 10.11.2017 – S 7 KR 70/16; SG Detmold, Urteile vom 31.03.2017 – S 24 KR 230/16 – und vom 16.05.2019 – S 24 KR 1181/18). Eine "klassische" Ausschlussfrist liegt nicht vor, weil das Krankenhaus im Fall einer Fristversäumung nur dann mit der kompletten Vergütungsforderung ausgeschlossen ist, wenn die Krankenkasse der Meinung ist, dass dem Krankenhaus gar kein Anspruch auf Vergütung zusteht. Die Wirkung einer Versäumung der Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV ist in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV jedoch ausdrücklich bestimmt. Danach steht dem Krankenhaus bei einer nicht fristgerechten Vorlage der angeforderten Unterlagen nur ein Anspruch auf den unstrittigen Betrag zu. Diese Regelung ist ab-schließend; in ihrer Wirkung entspricht sie in Bezug auf den strittigen Betrag einer mate-riell-rechtlichen Ausschlussfrist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/17). Zuletzt hat auch das BSG hat im Urteil vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18) unter Verweis auf diese insoweit als "zutreffend" bezeichnete Entscheidung des LSG Baden-Württemberg festgestellt, dass "§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG geschlossenen, am 1.9.2014 in Kraft getretenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV 2014) aufgrund hinreichender Ermächtigung (vgl. § 17c Abs. 2 KHG; ) mit der Vergütungsbegrenzung auf das Unstreitige eine wirksame, verhältnismäßige und spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelung enthält". Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Tatbestand:
Die Klage wird abgewiesen Die Beteiligten streiten über die Rest-Vergütung für Krankenbehandlung in Höhe von 12.923,93 EUR. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dort behandelten ihre Ärzte vom 31.03. bis 12.04.2016 stationär den am xx.xx.xxxx geborenen und zuletzt bei der Beklagten versicherten F.-Z. Q. (im Folgenden: Versicherter); dieser verstarb am xx.xx.xxxx im Universitätsklinikum Aachen. Die Klägerin forderte für die Behandlung in ihrem Krankenhaus mit Rechnung vom 24.05.2016 unter Zugrundlegung der Fallpauschale (DRG) T63Z (Int. Komplexbeh. ) 588 / 552 / 552 Aufwandsp. bei infektiösen und parasitären Krankheiten od. OR-Proz. B. inf. u. paras Krankh. M. komplexer OT-Proz., kompliz. Konst. Oder bei Zust. N. Organtranspl. Mit int. Komplexbeh. ) 392 / 368 / - Aufwandsp.) eine Vergütung von 25.686,12 EUR. Die Beklagte leitete ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V ein; sie teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 unter Benennung der beanstandeten OPS-Kodierungen mit. Im Rahmen der Überprüfung beanstandete der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten die Kodierung des OPS 8-890.20 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung: 553 bis 828 Aufwandspunkte) und des OPS 6-002.p2 (Applikation von Medikamenten, Liste 2: Caspofungin, parenteral: 100 mg bis unter 150 mg). Er forderte die Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 auf, den Aufnahmebefund, den Entlassungsbericht, die Fieberkurve bzw. den Kurvenplan, die Arztverlaufsdokumentation, den Pflegebericht, das Beatmungsprotokoll, die Blutgasanalyse, Laborbefunde und die TISS- und SAPS-Berechnung des Krankenhauses vorzulegen sowie die Gabe von Caspofungin nachzuweisen. Das Anforderungsschreiben vom 30.05.2016 ging bei der Klägerin per Fax am 31.05.2016 ein. Die angeforderten Unterlagen gingen mit Begleitschreiben der Klägerin vom 27.06.2016 am 29.06.2016 beim SMD ein. Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 01.07.2016 darauf hin, dass die Unterlagen nicht innerhalb der am 28.06.2016 abgelaufenen Frist gem. § 7 Abs. 2 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) eingegangen seien. Die Beklagte ermittelte unter Streichung der beanstandeten OPS-Ziffern, jedoch Zugrundlegung der ICD-Ziffer C34.9 als Hauptdiagnose und der OPS-Ziffer 8-890.11 als zu vergütende Fallpauschale die DRG A13G (Beatmung ) 95 Stunden, mit bestimmter OR-Prozedur oder kompliz. Konstellation, mit äußerst schweren CC, verstorben oder verlegt ( 9 Tage oder ohne best. OR-Proz., ohne kompliz. Konst., Alter ) 15 J., ohne kompliz. Diagnose od. Prozedur, mit äuß. schw. CC) und zahlte der Klägerin 12.762,19 EUR. Daraufhin hat die Klägerin am 16.07.2020 Klage auf Zahlung von 12.923,93 EUR erhoben. Sie räumt ein, die vom SMD angeforderten Unterlagen nicht innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüvV vorgelegt zu haben. Ihre Abrechnung sei jedoch korrekt. Die Klägerin hält die Frist des § 7 Abs. 2 PrüvV nicht für eine Ausschlussfrist; soweit das Bundessozialgericht (BSG) in der Entscheidung vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18 R) etwas anderes angedeutet habe, überzeuge dies nicht. Es müsse unterschieden werde, ob die Prüfung wegen "sachlich-rechnerischen Richtigkeit" oder wegen "Auffälligkeiten" erfolge. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die PrüvV allein verfahrensrechtliche Fragen regeln solle, mangels gesetzlicher Ermächtigung aber keine übergesetzlichen Leistungsausschlüsse normiere. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr 12.923,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.06.2016 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie meint, die eingeklagte weitere Vergütung stehe der Klägerin nicht zu. Die Beklagte verweist auf die Frist des § 7 Abs. 2 PrüvV, die sie für eine Ausschlussfrist hält. Die dort normierte Frist von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagen am 31.05.2016 habe am 28.06.2016 geendet; die Klägerin habe die Frist falsch berechnet. Die verspätet eingegangen Unterlagen seien nicht mehr berücksichtigt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, konnte die Kammer verhandeln und entscheiden, da sich die Beklagte ausdrücklich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt hat. Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der (Rest-)Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so ge-nannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch des Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 13.12.2001 – B 3 KR 11/01 R; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkasse andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt. Es sind dies der Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV). Die Klägerin hat nur Anspruch auf den unstrittigen Rechnungsbetrag in Höhe von 12.762,19 EUR, den die Beklagte bezahlt hat. Mit der darüber hinausgehenden Vergütungsforderung, die sie mit der Klage geltend macht, ist sie ausgeschlossen, da sie die zur Prüfung der Abrechnung angeforderten Unterlagen nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Gemäß § 17c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der hier anzuwendenden ab 01.10.2016 geltenden Fassung regeln der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V; in der Vereinbarung sind abweichende Regelungen zu § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V möglich. Dabei haben sie insbesondere Regelungen über den Zeitpunkt der Übermittlung zahlungsbegründender Unterlagen an die Krankenkassen, über das Verfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Abrechnung im Vorfeld einer Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über den Zeitpunkt der Beauftragung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, über die Prüfungsdauer, über den Prüfungsort und über die Abwicklung von Rückforderungen zu treffen; die §§ 275 bis 283 des SGB V bleiben im Übrigen unberührt. Aufgrund dieser gesetzlichen Ermächtigung haben der GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft e.V. die Vereinbarung über das Nähere zum Prüf-verfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüvV) erlassen. § 7 Abs. 2 Satz 2 bis 4 PrüfvV in der hier maßgeblichen Fassung lautet: "Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag." Hierauf kann sich die Beklagte berufen. Die Beklagte hat das Prüfverfahren nach § 4 PrüvV ordnungsgemäß eingeleitet. Sie hat den SMD, der gem. § 283 SGB V für die Beklagte die Aufgaben des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) wahrnimmt, mit der Durchführung einer Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V beauftragt, weil sie Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistung bzw. der Korrektheit der Abrechnung hatte; dies hat sie der Klägerin mit Schreiben vom 30.05.2016 unter Angabe der Auffälligkeiten (OPS 8-980.20 und OPS 6-002.p2) mitgeteilt. Der SMD hat schriftlich bei der Klägerin diverse näher bezeichnete Unterlagen und Nachweise angefordert. Nach § 7 Abs. 2 S. 3 PrüvV hatte die Klägerin die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den SMD zu übermitteln. Das Anforderungsschreiben ging – unstreitig – am 31.05.2016 bei der Klägerin ein. Die 4-Wochen-Frist begann daher am folgenden Tag, also Mittwoch, 01.06.2016, 00:00 Uhr (vgl. § 187 Abs. 1 BGB), und endete am Dienstag, 28.06.2016, 24:00 Uhr (vgl. § 188 Abs. 2 BGB). Da die angeforderten Unterlagen erst am 29.06.2016 nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV bei der Beklagten eingegangen sind, ist die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 S. 4 PrüvV eingetreten; die Beklagte hat einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag. Es kann dahinstehen, ob sich die Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V und das Prüfver-fahren nach der PrüvV nur auf "Auffälligkeiten", nicht aber auf die "sachlich-rechnerische Richtigkeit" bezieht; das Gesetz kennt dies Unterscheidung nicht. Aus der Prüfanzeige der Beklagten vom 30.05.2016 ergibt sich, dass die Beklagte den SMD mit einer Auffälligkeitsprüfung beauftragt hat; eine solche Prüfung ist nach allseitiger Auf-fassung Gegenstand der PrüvV. Die Regelungen in den § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 PrüfvV sind von der Ermächti-gungsgrundlage des § 17c Abs. 2 KHG gedeckt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/18; ebenso: BSG, Urteil vom 19.11.2019 – B 1 KR 33/18 R – Rn. 16 ["aufgrund hinreichender Ermächtigung"]). Die dagegen geäußerten Zweifel der Klägerin und die von verschiedenen Instanzgerichten angestellten Überlegungen zum Fehlen einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage überzeugen die Kammer nicht. Bei der 4-Wochen-Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV 2014 handelt es sich um eine Frist, die einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist entspricht. In der Rechtsprechung ist um-stritten, ob die Frist eine Ausschlussfrist ist (dafür: SG Köln, Urteil vom 04.05.2016 – S 23 KN 108/15 KR; SG Reutlingen, Urteil vom 14.03.2018 – S 1 KR 2084/17; SG Marburg, Ur-teil vom 02.01.2019 – S 14 KR 1/18; dagegen: SG Gießen, Urteil vom 10.11.2017 – S 7 KR 70/16; SG Detmold, Urteile vom 31.03.2017 – S 24 KR 230/16 – und vom 16.05.2019 – S 24 KR 1181/18). Eine "klassische" Ausschlussfrist liegt nicht vor, weil das Krankenhaus im Fall einer Fristversäumung nur dann mit der kompletten Vergütungsforderung ausgeschlossen ist, wenn die Krankenkasse der Meinung ist, dass dem Krankenhaus gar kein Anspruch auf Vergütung zusteht. Die Wirkung einer Versäumung der Frist des § 7 Abs. 2 Satz 3 PrüfvV ist in § 7 Abs. 2 Satz 4 PrüfvV jedoch ausdrücklich bestimmt. Danach steht dem Krankenhaus bei einer nicht fristgerechten Vorlage der angeforderten Unterlagen nur ein Anspruch auf den unstrittigen Betrag zu. Diese Regelung ist ab-schließend; in ihrer Wirkung entspricht sie in Bezug auf den strittigen Betrag einer mate-riell-rechtlichen Ausschlussfrist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2018 – L 11 KR 936/17). Zuletzt hat auch das BSG hat im Urteil vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18) unter Verweis auf diese insoweit als "zutreffend" bezeichnete Entscheidung des LSG Baden-Württemberg festgestellt, dass "§ 7 Abs. 2 Satz 3 und 4 der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der DKG geschlossenen, am 1.9.2014 in Kraft getretenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV 2014) aufgrund hinreichender Ermächtigung (vgl. § 17c Abs. 2 KHG; ) mit der Vergütungsbegrenzung auf das Unstreitige eine wirksame, verhältnismäßige und spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelung enthält". Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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