Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
185
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 185 AS 24298/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Absenkung seiner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Antragsteller bezieht von dem Antragsgegner seit dem 24. Juli 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Zum 4. Mai 2010 nahm der Antragsteller eine Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Firma Gebäude. GmbH auf. Ausweislich des Arbeitsvertrages vom 4. Mai 2010 erhielt der Antragsteller einen Lohn von 8,40 Euro brutto pro Stunde. Die Arbeitszeit betrug täglich 3,5 Stunden, 17,5 Stunden wöchentlich bei einer 5-Tage-Woche. Der Antragsteller war arbeitsvertraglich verpflichtet, je nach betrieblichem Bedarf abweichend hiervon Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten. Das Arbeitsverhältnis, über das der Antragsteller den Antragsgegner im Rahmen einer Veränderungsmitteilung am 11. Mai 2010 unterrichtete, war befristet bis zum 31. Oktober 2010. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde das Arbeitsverhältnis jedoch bereits zum 31. Mai 2010 vorzeitig wieder aufgelöst.
Unter dem 1. Juni 2010 schlossen der Antragsteller und der Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung. Darin verpflichtete der Antragsteller sich unter anderem dazu, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die bestehende Hilfebedürftigkeit schnellstmöglich zu verringern bzw. abzuwenden und seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten zu können. Der Eingliederungsvereinbarung war eine Belehrung über die Rechtsfolgen etwaigen Fehlverhaltens des Antragstellers beigefügt.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2010 senkte der Antragsgegner die Leistungen des Antragstellers für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Oktober 2010 um 107,70 Euro monatlich ab. Zur Begründung hieß es, dass der Antragsteller sich mit der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma Gebäude GmbH einverstanden erklärt und sich somit geweigert habe, die Tätigkeit, die ihm unter Berücksichtigung seiner Leistungsfähigkeit und seiner persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen sei, fortzuführen. Gründe, die dieses Verhalten erklärten und als wichtig im Sinne des SGB II anerkannt werden könnten, seien nicht angegeben und nachgewiesen worden. Als Rechtsgrundlage wurde in dem Bescheid § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c und Abs. 6 SGB II genannt.
Gegen den Bescheid vom 14. Juli 2010 erhob der Antragsteller am 4. August 2010 Widerspruch. Zur Begründung trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass der Bescheid rechtswidrig sei, weil entgegen der Vorgabe aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II keine Belehrung über die Rechtsfolgen erfolgt sei. Außerdem, so trug der Antragsteller weiter vor, sei er berechtigt gewesen, die Arbeit aufzugeben. Nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses habe sich herausgestellt, dass er 6,5 Stunden täglich arbeiten müsse, aber nur 3,5 Stunden bezahlt bekomme. Der Arbeitgeber habe hierzu erklärt, dass er nicht mehr bezahlen werde, er aber bereit sei, das Arbeitverhältnis einvernehmlich zu beenden, was dann auch geschehen sei.
Zugleich mit dem Widerspruch hat der Antragsteller am 4. August 2010 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Antragsteller seinen Vortrag aus dem Widerspruch. Ergänzend trägt der Antragsteller vor, dass auf die Rechtsfolgenbelehrung aus der Eingliederungsvereinbarung vom 1. Juni 2010 hier nicht abgestellt werden könne, weil die Sanktion auf einem Ereignis gründe, das vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung liege. Ob § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II in einem Fall wie dem vorliegenden anwendbar sei, sei ungeklärt. Jedenfalls beziehe sich der Bescheid vom 14. Juli 2010 ausdrücklich nur auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II und nicht auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II. Ein Wechsel zwischen den Rechtsgrundlagen sei nicht möglich, da die beiden Sanktionstatbestände unterschiedliche Voraussetzungen hätten und dem Hilfebedürftigen auch ersichtlich sein müsse, warum die Sanktion erfolge, damit er entsprechend reagieren könne. Außerdem, so trägt der Antragsteller weiter vor, dürfe einem Langzeitarbeitslosen, der sich weigere, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten, das Arbeitslosengeld II nicht gekürzt werden.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 4. August 2010 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor, dass mit der Eingliederungsvereinbarung vom 1. Juni 2010 eine Rechtsfolgenbelehrung erfolgt sei. Da die Leistungsabsenkung aber auch auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II habe gestützt werden können, habe es keiner Rechtsfolgenbelehrung bedurft. Der Antragsteller habe eine selbst gesuchte Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht fortgeführt. Da eine konkrete, auf die einzelne Arbeitsstelle abgestimmte Rechtsfolgenbelehrung in derartigen Fällen nicht erfolgen könne, sei der Sachverhalt unter den Tatbestand des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II zu subsumieren. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II greife allein bei durch den SGB II-Träger initiierten Arbeitsstellen bzw. Maßnahmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners, die der Kammer zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig (a.), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg (b.).
a. Der Antrag ist bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 4. August 2010 gegen den Bescheid vom 14. Juli 2010 begehrt. Der so verstandene Antrag ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widersprüche grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II jedoch bei Sanktionsbescheiden nach § 31 SGB II, weil solche Bescheide Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufheben bzw. herabsetzen (vgl. nur Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006, L 13 AS 1709/06 ER-B, Rn. 3 - zit. nach juris; Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, Sozialgerichtsgesetz. Kommentar, 9. Auflage 2008, § 86a Rn. 16b; Conradis, in: Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II - Grundsicherung für Arbeitsuchende. Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage 2009, § 39 Rn. 5).
b. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
aa. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass bei einer Abwägung das Interesse des Antragstellers, den Vollzug des mit seinem Rechtsbehelf in der Hauptsache angegriffenen Bescheids bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen (privates Aussetzungsinteresse), das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des Bescheids (öffentliches Vollzugsinteresse) überwiegt (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008, L 10 B 2154/08 AS ER, Rn. 3 - zit. nach juris; Beschluss vom 29. Juli 2009, L 24 KR 157/09 B ER, Rn. 19 - zit. nach juris; Beschluss vom 7. September 2009, L 24 KR 173/09 B ER, Rn. 23 - zit. nach juris). Dabei besteht in den Fällen des § 86a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 SGG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst einmal angeordnet hat. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss in diesen Fällen daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. zum Vorstehenden nur Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, a.a.O., § 86b Rn. 12c m.w.Nachw.). Im Übrigen sind bei der Interessenabwägung vorrangig die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in den Blick zu nehmen (vgl. dazu sowie zum Folgenden nur LSG Württemberg, a.a.O., Rn. 4). Danach kann die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich begründet ist. Denn es besteht grundsätzlich kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes (vgl. etwa auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008, a.a.O.). Abzulehnen ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hingegen, wenn der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg haben kann. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens mitberücksichtigt werden kann (vgl. auch Keller, a.a.O., Rn. 12f m.w.Nachw.).
bb. Nach diesen Maßstäben konnte die Kammer dem Begehren des Antragstellers nicht entsprechen. Der streitgegenständliche Sanktionsbescheid vom 14. Juli 2010 begegnet bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen und dem Gericht allein möglichen summarischen Prüfung keinen Bedenken.
(1) Der Bescheid vom 14. Juli 2010 ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Antragsteller vor Erlass des Bescheids, wie es § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vorsieht, unter dem 8. Juni 2010 rechtzeitig zum möglichen Eintritt der Sanktion angehört. Ob sich der Bescheid auf die richtige Rechtsgrundlage stützt, ist keine Frage der formellen, sondern allein eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit. Insbesondere führt die Nennung einer falschen Rechtsgrundlage nicht zu einem (formellen) Begründungsmangel nach § 35 Abs. 1 SGB X.
(2) Auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14. Juli 2010 sieht sich zur Überzeugung der Kammer keinen Zweifeln ausgesetzt.
(a) Rechtsgrundlage des Bescheids ist § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II. Danach gelten die Bestimmungen des § 31 Abs. 1 bis 3 SGB II über die Absenkung und den Wegfall des Arbeitslosengeldes II entsprechend bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen. Mit diesem Tatbestand angesprochen sind die Voraussetzungen unter anderem des § 144 Abs. 1 SGB III.
§ 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II wird hier nicht verdrängt durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II. Allerdings ist das Verhältnis zwischen § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II und § 31 Abs. 1 SGB II umstritten (vgl. zur Diskussion unlängst Loose, Sanktionierung von Pflicht- und Obliegenheitsverletzungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bestandsaufnahme und Änderungsvorschläge, Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis (ZFSG SGB) 2010, S. 340, 342 ff.).
Nach einer in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Meinung soll § 31 Abs. 1 SGB II die gegenüber § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II speziellere und damit auch abschließende Vorschrift in solchen Fällen darstellen, in denen die dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vorgeworfene Handlung - wie hier - nach Eintritt in den Leistungs- und Betreuungszusammenhang nach dem SGB II begangen wurde (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2009, L 3 AS 3530/08, Rn. 28 - zit. nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER, Rn. 42 - zit. nach juris; SG Düsseldorf, Urteil vom 8. Oktober 2010, S 28 AS 6/05, Rn. 27 f. - zit. nach juris; SG Freiburg, Beschluss vom 26. März 2008, S 2 AS 474/08, Rn. 24 - zit. nach juris; Berlit, in: Münder, a.a.O., § 31 Rn. 132). Dafür spreche vor allem, dass der SGB II-Leistungsträger andernfalls immer auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II zurückgreifen könne, wenn die in § 31 Abs. 1 SGB II genannten Voraussetzungen nicht vorlägen. Das könne z.B. der Fall sein, wenn der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht nachgewiesen werden könne oder eine Absenkung nach § 31 Abs. 1 SGB II an der mangelnden Rechtsfolgenbelehrung - die in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst b SGB II nicht vorgesehen ist - scheitere. Sowohl der (rechtzeitige) Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung als auch die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung seien dem Leistungsträger in der Regel jedoch objektiv möglich und müssten ihm, wenn die Voraussetzungen vorlägen, abverlangt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.; SG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 27). Die gegenteilige Auffassung würde letztlich das ausdifferenzierte System der Sanktionsvoraussetzungen von § 31 Abs. 1 SGB II aushebeln (vgl. SG Freiburg, a.a.O.; s. auch LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O., wonach sich ansonsten die Konsequenz ergäbe, dass für § 31 Abs. 1 SGB II kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich verbliebe).
Demgegenüber wird in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II teilweise auch eine allgemeine Auffangregelung gesehen, die neben § 31 Abs. 1 SGB II grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung finde (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 7; LSG Hamburg, Urteil vom 16. Juli 2009, L 5 AS 20/07, Rn. 24 ff.; Loose, a.a.O., S. 342). Weder dem Wortlaut noch der Systematik des § 31 SGB II lasse sich ein eingeschränkter Anwendungsbereich des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II entnehmen (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 31 f.; Loose, a.a.O., S. 343). Auch bedeute es einen nicht hinzunehmenden Wertungswiderspruch, einerseits denjenigen ohne vorherige Rechtsfolgenbelehrung sanktionieren zu können, der vor dem SGB II-Leistungsbezug sein - von der Bundesagentur für Arbeit vermitteltes oder selbst gesuchtes - Beschäftigungsverhältnis aufgegeben habe, gegenüber dem aber mangels Anspruchsberechtigung nach dem SGB III keine Sperrzeit festgestellt worden sei, andererseits denjenigen, der während des SGB II-Leistungsbezugs ein selbst gesuchtes Beschäftigungsverhältnis aufgegeben habe, nicht sanktionieren zu können (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 26 ff.). Schließlich unterfalle § 31 Abs. 1 SGB II nur ein Teil der von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II erfassten Sachverhalte, sodass die Bedenken, bei Anwendbarkeit des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II verbleibe kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich für § 31 Abs. 1 SGB II, unbegründet seien (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich in zwei jüngeren Entscheidungen nunmehr zum Verhältnis von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II und § 31 Abs. 1 SGB II geäußert.
In seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 hat der Senat ausgeführt, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II - und damit auch dessen Buchst. b - nicht anwendbar sei, wenn das dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt sei und eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III nicht vorliege. Hierfür sprächen die Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung. Für den in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. a SGB II genannten Personenkreis komme demnach in erster Linie die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe in Betracht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 20/09 R, Rn. 18 u. 24 - zit. nach juris).
In seinem Urteil vom 22. März 2010 hat der Senat seine Auffassung weiter präzisiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgehalten, dass das Verhältnis von § 31 Abs. 1 SGB II und § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II nicht so zu verstehen sei, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden könne, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II lägen. Zwar habe sich der Gesetzgeber in vielen Fallgestaltungen des § 31 Abs. 1, 3 und 4 SGB II bei der Ausdifferenzierung der Absenkungs- und Wegfallgründe bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe konkret auf die für SGB II-Bezieher im Grundsicherungsrecht neu geschaffenen Obliegenheiten bezogen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sei bei den in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II in Bezug genommenen Sperrzeitregelungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 7 SGB III grundsätzlich unabhängig von einem Leistungsbezug nach dem SGB II im Einzelfall zu prüfen, ob die Pflichtverletzung von dem Sanktionstatbestand erfasst werde. Die Heranziehung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II setze allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst sei und das sperrzeitrelevante Ereignis zu einem Zeitpunkt eintrete, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliege. Diese Anwendungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II ergäben sich nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, sondern aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung, insbesondere der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Vorgängervorschrift des § 25 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Diese habe ausweislich der Gesetzesmaterialien Hilfeempfänger erfassen sollen, bei denen das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt habe und der Anspruch auf Leistungen nach dem AFG ruhe oder erloschen sei. Ihnen gleichgestellt worden seien diejenigen Hilfeempfänger, die ihre Arbeit aufgegeben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AFG hätten. Vor diesem Hintergrund wolle § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. a SGB II - wie zuvor § 25 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a BSHG - sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB III eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibe, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II dem Grunde nach entstanden sei. Ergänzend hierzu ordne § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht erworben hätten, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllten. Die übereinstimmende Rechtfertigung für die Einbeziehung beider Personengruppen liege darin, dass sie aufgrund der zurückgelegten Versicherungszeiten zur Arbeitslosenversicherung in einem Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als SGB III-Trägerin stünden, die sich ihrerseits typisierend gegen den Risikofall der Arbeitslosigkeit zur Wehr setzte, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe oder an deren Behebung er nicht in der gebotenen Weise mitwirke (vgl. insoweit zuvor auch schon BSG, a.a.O., Rn. 24). Es würden daher diejenigen Beschäftigen erfasst, die in einem für die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 123 SGB III zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt nach § 25 Abs. 1 SGB III stünden und nicht als Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei seien (§ 27 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)). Bestehe lediglich eine versicherungsfreie Beschäftigung, fehle es an einem durch Beitragszahlung bzw. den Aufbau einer Anwartschaft auf Arbeitslosengeld vermittelten Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit und damit an einer Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 68/09 R, Rn. 14 ff. - zit. nach juris).
Nach dieser Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist die Regelung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II im vorliegenden Fall anwendbar.
Das dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten - die Arbeitsaufgabe - ist nicht bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt. Insbesondere wird die Arbeitsaufgabe nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II erfasst. Zwar kann in der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich eine Weigerung, eine Arbeit fortzuführen, im Sinne dieses Sanktionstatbestandes liegen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Jedoch kann dann, wenn das Arbeitsverhältnis - wie vorliegend - nicht auf die Initiative des SGB II-Leistungsträgers zustande gekommen ist, schon begrifflich von einem Weigern nicht die Rede sein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Darüber hinaus setzt § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II voraus, dass sämtliche dort aufgeführten Maßnahmen Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sind (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O., Rn. 17). Das bedeutet, dass § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II nur dann einschlägig sein kann, wenn das Verhalten, das sanktioniert werden soll, zuvor in einer Eingliederungsvereinbarung geregelt ist (Loose, a.a.O.). Auch daran fehlt es hier.
Der Antragsteller weist darüber hinaus auch eine Beziehung zum Rechtskreis des SGB III auf. Diese ergibt sich daraus, dass er zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Verhaltens in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und somit in einem Sozialversicherungsrechtsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als SGB III-Träger stand. Dabei handelte es sich bei der erforderlichen prognostischen Betrachtung (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, a.a.O., Rn. 17) nicht um eine geringfügige Beschäftigung (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IV).
Für die Anwendbarkeit des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob die von dem Antragsteller aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt hat oder das Entgelt aus seiner Beschäftigung mit SGB II-Leistungen ausgestockt werden musste (vgl. BSG, a.a.O.).
(b) Der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14. Juli 2010 steht nicht entgegen, dass der Bescheid ausweislich seiner Begründung ursprünglich auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II gestützt wurde. Der Antragsgegner hat sich im gerichtlichen Verfahren zuletzt - und nach dem zuvor Gesagten zutreffend - auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II berufen. Ein solches Nachschieben einer anderen Rechtsgrundlage ist als Unterfall des Nachschiebens von Gründen nur dann unzulässig, wenn der Verwaltungsakt dadurch in seinem Wesen verändert oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Das kann jedenfalls bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden (vgl. eingehend nur Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, a.a.O., § 54 Rn. 35 ff. m.w.Nachw.; zur Diskussion für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ausführlich auch Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar, 16. Auflage 2009, § 63 ff. m.w.Nachw.). Ein derartiger Ausnahmefall ist nach Auffassung der Kammer hier nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich eine Wesensänderung des Bescheids vom 14. Juli 2010 infolge des Austauschs der Rechtsgrundlage nicht daraus, dass der Bescheid nunmehr an einen anderen Lebenssachverhalt anknüpfen würde. Dieser bleibt vielmehr derselbe. Ungeachtet der im Detail unterschiedlichen Zielsetzungen von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II einerseits, § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II andererseits (vgl. nur LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.), erscheinen der Kammer zudem auch die Zwecke, die die beiden Vorschriften verfolgen, im Kern zumindest so ähnlich, dass von einer Wesensänderung nicht ausgegangen werden kann.
(c) Der von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II geforderte Sanktionssachverhalt liegt hier bei summarischer Prüfung vor.
Der Antragsteller erfüllt den Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III. Danach liegt ein versicherungswidriges Verhalten vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Der Antragsteller nahm zum 4. Mai 2010 während des Bezugs von SGB II-Leistungen eine Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Firma Gebäude. GmbH auf, ohne dadurch unmittelbar aus dem Leistungsbezug auszuscheiden. Nach kurzer Zeit, am 31. Mai 2010, einigte er sich jedoch mit seinem Arbeitgeber über die vorzeitig Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses. Hierdurch hat der Antragsteller im Sinne des Sperrzeitrechts sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und zumindest grob fahrlässig seine erneute Arbeitslosigkeit herbeigeführt, denn über die konkrete Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis verfügte er nicht, und er hat dadurch - gewendet auf das SGB II - seine Hilfebedürftigkeit wieder begründet bzw. erweitert (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 63).
Näherer Erörterung bedarf es mit Blick auf den Sanktionssachverhalt allein, ob der Antragsteller einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte. Das ist zur Überzeugung der Kammer zu verneinen.
Ein wichtiger Grund kommt in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst sein Interesse in unbilliger Weise geschädigt würde. Dabei muss der wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses decken, d.h. der Arbeitnehmer müsste einen wichtigen Grund dafür haben, dass er das Beschäftigungsverhältnis zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst. Ein wichtiger Grund ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur fristlosen Kündigung berechtigt wäre (LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 64 m.w.Nachw.).
Der Antragsteller hat angegeben, nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses habe sich herausgestellt, dass er 6,5 Stunden täglich arbeiten müsse, aber nur 3,5 Stunden bezahlt bekomme. Der Arbeitgeber habe hierzu erklärt, dass er nicht mehr bezahlen werde.
Ein wichtiger Grund vermag hieraus nach Auffassung der Kammer indes nicht zu folgen. Selbst wenn die Schilderung des Antragstellers zutreffen sollte, so wäre es dem Antragsteller zuzumuten gewesen, die geforderten Überstunden, die im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2010 grundsätzlich angelegt waren, zu leisten und das ihm hierfür jedenfalls nach § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gebührende Entgelt erforderlichenfalls gerichtlich einzuklagen (vgl. dazu, dass der Arbeitnehmer auch unabhängig von einer vertraglichen Regelung einen Anspruch auf Vergütung von Sonderleistungen unmittelbar aus § 612 Abs. 1 BGB hat, zuletzt nur Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 5. Januar 2010, 5 AZR 986/08, Rn. 15 - zit nach juris). Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Tätigkeit des Antragstellers um eine auf 17,5 Wochenstunden begrenzte Teilzeitbeschäftigung handelte, also hinreichend Raum für Mehrarbeit bestand, und der Antragsteller kein weiteres geringfügiges oder sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis hatte, wie er im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2010 ausdrücklich versichert hatte. Zudem war die Beschäftigung bis zum 31. Oktober 2010 befristet, sodass es lediglich um einen begrenzten Zeitraum ging und der Antragsteller deshalb zugleich auch etwaige Nachteile aus einer Klage gegen seinen Arbeitgeber nicht zu fürchten brauchte. Jedenfalls hätte der Antragsteller vor einer Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses auf eine Abhilfe dringen und hierzu auch Rücksprache mit dem Antragsgegner halten können. Sogleich ohne weitere Klärungsversuche das Beschäftigungsverhältnis aufzulösen und dadurch zu vereiteln, dass die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II entfällt oder zumindest substanziell verringert wird, erachtet die Kammer als untunlich und begründet den Sanktionssachverhalt.
Nichts anderes ergibt sich, soweit sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass eine Arbeitsaufgabe nicht zu einer Absenkung von SGB II-Leistungen führen dürfe, wenn der Hilfebedürftige sich weigere, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten. Zwar teilt die Kammer die Auffassung, dass es in Fällen sittenwidrigen Lohnwuchers an der Zumutbarkeit der Arbeit fehlt (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 2. Februar 2009, S 31 AS 317/07, Rn. 21 - zit. nach juris; im Grundsatz wohl auch LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 67). Die vereinbarte Lohnhöhe von 8,40 Euro brutto pro Stunde begegnet jedoch keinen durchgreifenden Bedenken. Das BAG hat in Übereinstimmung mit einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Auffassung ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das wegen Lohnwuchers zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages führt, dann angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht (vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2009, 5 AZR 436/08, Rn. 17 m.w.Nachw. - zit. nach juris; dem folgend auch LSG Hamburg, a.a.O.). Das ist vorliegend nicht der Fall. Denn die unterste Lohnstufe im (allgemeinverbindlichen) Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 29. Oktober 2009 sieht für die Zeit ab 1. Januar 2010 für Berlin einen Mindestlohn von 8,40 Euro pro Stunde vor. Das entspricht dem Entgelt, das dem Antragsteller arbeitsvertraglich geschuldet war. Die von dem Antragsteller vorgetragene (faktische) Weigerung seines Arbeitsgebers, einen Teil des Lohns zu bezahlen, ändert nichts daran, dass die arbeitsvertraglichen Bedingungen nicht zu beanstanden waren.
(d) Schließlich sind auch die weiteren Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheids gegeben.
Nach § 31 Abs. 6 Satz 1, 1. Hs. SGB II tritt die Absenkung des Arbeitslosengeldes II mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung der Leistung feststellt, folgt. Nach § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II dauert die Absenkung drei Monate. Der Antragsgegner hat durch den Sanktionsbescheid vom 14. Juli 2010 den Sanktionszeitraum somit zutreffend vom 1. August 2010 bis 31. Oktober 2010 festgesetzt.
Auch die Absenkungshöhe ist nicht zu beanstanden. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt. Im Sanktionszeitraum betrug diese 359,00 Euro im Monat. Hiervon sind 30 vom Hundert 107,70 Euro. Das entspricht dem Absenkungsbetrag aus dem Bescheid vom 14. Juli 2010.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG.
3. Ungeachtet der Ablehnung des Eilantrags war Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hier zur Überzeugung der Kammer zu bewilligen.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind im Fall des Antragstellers erfüllt. Insbesondere war dem Antrag eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abzusprechen.
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO ist bereits dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers bzw. Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar hält (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O., § 73a Rn. 7a m.w.Nachw.). Davon war hier angesichts der schwierigen Rechtsfrage, die der Fall aufwarf, sowie der verschiedenen Ansichten, die hierzu bestehen, auszugehen.
4. Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bzw. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO). Die Staatskasse kann gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Beschwerde einlegen, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 3 ZPO).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten bewilligt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Absenkung seiner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Der Antragsteller bezieht von dem Antragsgegner seit dem 24. Juli 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Zum 4. Mai 2010 nahm der Antragsteller eine Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Firma Gebäude. GmbH auf. Ausweislich des Arbeitsvertrages vom 4. Mai 2010 erhielt der Antragsteller einen Lohn von 8,40 Euro brutto pro Stunde. Die Arbeitszeit betrug täglich 3,5 Stunden, 17,5 Stunden wöchentlich bei einer 5-Tage-Woche. Der Antragsteller war arbeitsvertraglich verpflichtet, je nach betrieblichem Bedarf abweichend hiervon Mehrarbeit (Überstunden) zu leisten. Das Arbeitsverhältnis, über das der Antragsteller den Antragsgegner im Rahmen einer Veränderungsmitteilung am 11. Mai 2010 unterrichtete, war befristet bis zum 31. Oktober 2010. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde das Arbeitsverhältnis jedoch bereits zum 31. Mai 2010 vorzeitig wieder aufgelöst.
Unter dem 1. Juni 2010 schlossen der Antragsteller und der Antragsgegner eine Eingliederungsvereinbarung. Darin verpflichtete der Antragsteller sich unter anderem dazu, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die bestehende Hilfebedürftigkeit schnellstmöglich zu verringern bzw. abzuwenden und seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten zu können. Der Eingliederungsvereinbarung war eine Belehrung über die Rechtsfolgen etwaigen Fehlverhaltens des Antragstellers beigefügt.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2010 senkte der Antragsgegner die Leistungen des Antragstellers für die Zeit vom 1. August 2010 bis 31. Oktober 2010 um 107,70 Euro monatlich ab. Zur Begründung hieß es, dass der Antragsteller sich mit der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma Gebäude GmbH einverstanden erklärt und sich somit geweigert habe, die Tätigkeit, die ihm unter Berücksichtigung seiner Leistungsfähigkeit und seiner persönlichen Verhältnisse zumutbar gewesen sei, fortzuführen. Gründe, die dieses Verhalten erklärten und als wichtig im Sinne des SGB II anerkannt werden könnten, seien nicht angegeben und nachgewiesen worden. Als Rechtsgrundlage wurde in dem Bescheid § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c und Abs. 6 SGB II genannt.
Gegen den Bescheid vom 14. Juli 2010 erhob der Antragsteller am 4. August 2010 Widerspruch. Zur Begründung trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass der Bescheid rechtswidrig sei, weil entgegen der Vorgabe aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II keine Belehrung über die Rechtsfolgen erfolgt sei. Außerdem, so trug der Antragsteller weiter vor, sei er berechtigt gewesen, die Arbeit aufzugeben. Nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses habe sich herausgestellt, dass er 6,5 Stunden täglich arbeiten müsse, aber nur 3,5 Stunden bezahlt bekomme. Der Arbeitgeber habe hierzu erklärt, dass er nicht mehr bezahlen werde, er aber bereit sei, das Arbeitverhältnis einvernehmlich zu beenden, was dann auch geschehen sei.
Zugleich mit dem Widerspruch hat der Antragsteller am 4. August 2010 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin um einstweiligen Rechtsschutz ersucht.
Zur Begründung wiederholt und vertieft der Antragsteller seinen Vortrag aus dem Widerspruch. Ergänzend trägt der Antragsteller vor, dass auf die Rechtsfolgenbelehrung aus der Eingliederungsvereinbarung vom 1. Juni 2010 hier nicht abgestellt werden könne, weil die Sanktion auf einem Ereignis gründe, das vor dem Abschluss der Eingliederungsvereinbarung liege. Ob § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II in einem Fall wie dem vorliegenden anwendbar sei, sei ungeklärt. Jedenfalls beziehe sich der Bescheid vom 14. Juli 2010 ausdrücklich nur auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II und nicht auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II. Ein Wechsel zwischen den Rechtsgrundlagen sei nicht möglich, da die beiden Sanktionstatbestände unterschiedliche Voraussetzungen hätten und dem Hilfebedürftigen auch ersichtlich sein müsse, warum die Sanktion erfolge, damit er entsprechend reagieren könne. Außerdem, so trägt der Antragsteller weiter vor, dürfe einem Langzeitarbeitslosen, der sich weigere, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten, das Arbeitslosengeld II nicht gekürzt werden.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG zu verpflichten, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 4. August 2010 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor, dass mit der Eingliederungsvereinbarung vom 1. Juni 2010 eine Rechtsfolgenbelehrung erfolgt sei. Da die Leistungsabsenkung aber auch auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II habe gestützt werden können, habe es keiner Rechtsfolgenbelehrung bedurft. Der Antragsteller habe eine selbst gesuchte Stelle auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht fortgeführt. Da eine konkrete, auf die einzelne Arbeitsstelle abgestimmte Rechtsfolgenbelehrung in derartigen Fällen nicht erfolgen könne, sei der Sachverhalt unter den Tatbestand des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II zu subsumieren. § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II greife allein bei durch den SGB II-Träger initiierten Arbeitsstellen bzw. Maßnahmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners, die der Kammer zum Zeitpunkt der Entscheidung vorlagen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig (a.), bleibt in der Sache aber ohne Erfolg (b.).
a. Der Antrag ist bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 4. August 2010 gegen den Bescheid vom 14. Juli 2010 begehrt. Der so verstandene Antrag ist nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch und die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widersprüche grundsätzlich aufschiebende Wirkung (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die aufschiebende Wirkung entfällt gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II jedoch bei Sanktionsbescheiden nach § 31 SGB II, weil solche Bescheide Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende aufheben bzw. herabsetzen (vgl. nur Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Juli 2006, L 13 AS 1709/06 ER-B, Rn. 3 - zit. nach juris; Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, Sozialgerichtsgesetz. Kommentar, 9. Auflage 2008, § 86a Rn. 16b; Conradis, in: Münder (Hrsg.), Sozialgesetzbuch II - Grundsicherung für Arbeitsuchende. Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage 2009, § 39 Rn. 5).
b. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
aa. Voraussetzung für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Gericht ist, dass bei einer Abwägung das Interesse des Antragstellers, den Vollzug des mit seinem Rechtsbehelf in der Hauptsache angegriffenen Bescheids bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen (privates Aussetzungsinteresse), das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des Bescheids (öffentliches Vollzugsinteresse) überwiegt (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008, L 10 B 2154/08 AS ER, Rn. 3 - zit. nach juris; Beschluss vom 29. Juli 2009, L 24 KR 157/09 B ER, Rn. 19 - zit. nach juris; Beschluss vom 7. September 2009, L 24 KR 173/09 B ER, Rn. 23 - zit. nach juris). Dabei besteht in den Fällen des § 86a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 SGG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des öffentlichen Vollzugsinteresses, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung zunächst einmal angeordnet hat. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss in diesen Fällen daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. zum Vorstehenden nur Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, a.a.O., § 86b Rn. 12c m.w.Nachw.). Im Übrigen sind bei der Interessenabwägung vorrangig die Erfolgsaussichten in der Hauptsache in den Blick zu nehmen (vgl. dazu sowie zum Folgenden nur LSG Württemberg, a.a.O., Rn. 4). Danach kann die aufschiebende Wirkung angeordnet werden, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich begründet ist. Denn es besteht grundsätzlich kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines aller Voraussicht nach aufzuhebenden Verwaltungsaktes (vgl. etwa auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2008, a.a.O.). Abzulehnen ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hingegen, wenn der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich keinen Erfolg haben kann. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei der Grad der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens mitberücksichtigt werden kann (vgl. auch Keller, a.a.O., Rn. 12f m.w.Nachw.).
bb. Nach diesen Maßstäben konnte die Kammer dem Begehren des Antragstellers nicht entsprechen. Der streitgegenständliche Sanktionsbescheid vom 14. Juli 2010 begegnet bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen und dem Gericht allein möglichen summarischen Prüfung keinen Bedenken.
(1) Der Bescheid vom 14. Juli 2010 ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Antragsteller vor Erlass des Bescheids, wie es § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) vorsieht, unter dem 8. Juni 2010 rechtzeitig zum möglichen Eintritt der Sanktion angehört. Ob sich der Bescheid auf die richtige Rechtsgrundlage stützt, ist keine Frage der formellen, sondern allein eine solche der materiellen Rechtmäßigkeit. Insbesondere führt die Nennung einer falschen Rechtsgrundlage nicht zu einem (formellen) Begründungsmangel nach § 35 Abs. 1 SGB X.
(2) Auch die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14. Juli 2010 sieht sich zur Überzeugung der Kammer keinen Zweifeln ausgesetzt.
(a) Rechtsgrundlage des Bescheids ist § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II. Danach gelten die Bestimmungen des § 31 Abs. 1 bis 3 SGB II über die Absenkung und den Wegfall des Arbeitslosengeldes II entsprechend bei einem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, der die in dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) genannten Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllt, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen. Mit diesem Tatbestand angesprochen sind die Voraussetzungen unter anderem des § 144 Abs. 1 SGB III.
§ 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II wird hier nicht verdrängt durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II. Allerdings ist das Verhältnis zwischen § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II und § 31 Abs. 1 SGB II umstritten (vgl. zur Diskussion unlängst Loose, Sanktionierung von Pflicht- und Obliegenheitsverletzungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bestandsaufnahme und Änderungsvorschläge, Zeitschrift für die sozialrechtliche Praxis (ZFSG SGB) 2010, S. 340, 342 ff.).
Nach einer in Rechtsprechung und Literatur verbreiteten Meinung soll § 31 Abs. 1 SGB II die gegenüber § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II speziellere und damit auch abschließende Vorschrift in solchen Fällen darstellen, in denen die dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vorgeworfene Handlung - wie hier - nach Eintritt in den Leistungs- und Betreuungszusammenhang nach dem SGB II begangen wurde (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Februar 2009, L 3 AS 3530/08, Rn. 28 - zit. nach juris; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. Januar 2008, L 2 B 96/07 AS ER, Rn. 42 - zit. nach juris; SG Düsseldorf, Urteil vom 8. Oktober 2010, S 28 AS 6/05, Rn. 27 f. - zit. nach juris; SG Freiburg, Beschluss vom 26. März 2008, S 2 AS 474/08, Rn. 24 - zit. nach juris; Berlit, in: Münder, a.a.O., § 31 Rn. 132). Dafür spreche vor allem, dass der SGB II-Leistungsträger andernfalls immer auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II zurückgreifen könne, wenn die in § 31 Abs. 1 SGB II genannten Voraussetzungen nicht vorlägen. Das könne z.B. der Fall sein, wenn der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht nachgewiesen werden könne oder eine Absenkung nach § 31 Abs. 1 SGB II an der mangelnden Rechtsfolgenbelehrung - die in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst b SGB II nicht vorgesehen ist - scheitere. Sowohl der (rechtzeitige) Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung als auch die Vornahme einer ordnungsgemäßen Belehrung seien dem Leistungsträger in der Regel jedoch objektiv möglich und müssten ihm, wenn die Voraussetzungen vorlägen, abverlangt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.; SG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 27). Die gegenteilige Auffassung würde letztlich das ausdifferenzierte System der Sanktionsvoraussetzungen von § 31 Abs. 1 SGB II aushebeln (vgl. SG Freiburg, a.a.O.; s. auch LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O., wonach sich ansonsten die Konsequenz ergäbe, dass für § 31 Abs. 1 SGB II kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich verbliebe).
Demgegenüber wird in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II teilweise auch eine allgemeine Auffangregelung gesehen, die neben § 31 Abs. 1 SGB II grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung finde (vgl. z.B. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 7; LSG Hamburg, Urteil vom 16. Juli 2009, L 5 AS 20/07, Rn. 24 ff.; Loose, a.a.O., S. 342). Weder dem Wortlaut noch der Systematik des § 31 SGB II lasse sich ein eingeschränkter Anwendungsbereich des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II entnehmen (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 31 f.; Loose, a.a.O., S. 343). Auch bedeute es einen nicht hinzunehmenden Wertungswiderspruch, einerseits denjenigen ohne vorherige Rechtsfolgenbelehrung sanktionieren zu können, der vor dem SGB II-Leistungsbezug sein - von der Bundesagentur für Arbeit vermitteltes oder selbst gesuchtes - Beschäftigungsverhältnis aufgegeben habe, gegenüber dem aber mangels Anspruchsberechtigung nach dem SGB III keine Sperrzeit festgestellt worden sei, andererseits denjenigen, der während des SGB II-Leistungsbezugs ein selbst gesuchtes Beschäftigungsverhältnis aufgegeben habe, nicht sanktionieren zu können (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 26 ff.). Schließlich unterfalle § 31 Abs. 1 SGB II nur ein Teil der von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II erfassten Sachverhalte, sodass die Bedenken, bei Anwendbarkeit des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II verbleibe kaum noch ein eigenständiger Anwendungsbereich für § 31 Abs. 1 SGB II, unbegründet seien (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
Der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat sich in zwei jüngeren Entscheidungen nunmehr zum Verhältnis von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II und § 31 Abs. 1 SGB II geäußert.
In seinem Urteil vom 17. Dezember 2009 hat der Senat ausgeführt, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II - und damit auch dessen Buchst. b - nicht anwendbar sei, wenn das dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt sei und eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III nicht vorliege. Hierfür sprächen die Gesetzessystematik sowie Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung. Für den in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. a SGB II genannten Personenkreis komme demnach in erster Linie die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe in Betracht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 20/09 R, Rn. 18 u. 24 - zit. nach juris).
In seinem Urteil vom 22. März 2010 hat der Senat seine Auffassung weiter präzisiert und in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgehalten, dass das Verhältnis von § 31 Abs. 1 SGB II und § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II nicht so zu verstehen sei, dass § 31 Abs. 4 Nr. 3 SGB II im Sinne einer speziellen Gesamtregelung nur für pflichtwidrige Handlungen Anwendung finden könne, die zeitlich vor einer Antragstellung oder dem Beginn des Leistungsbezugs nach dem SGB II lägen. Zwar habe sich der Gesetzgeber in vielen Fallgestaltungen des § 31 Abs. 1, 3 und 4 SGB II bei der Ausdifferenzierung der Absenkungs- und Wegfallgründe bei der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe konkret auf die für SGB II-Bezieher im Grundsicherungsrecht neu geschaffenen Obliegenheiten bezogen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sei bei den in § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II in Bezug genommenen Sperrzeitregelungen des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 7 SGB III grundsätzlich unabhängig von einem Leistungsbezug nach dem SGB II im Einzelfall zu prüfen, ob die Pflichtverletzung von dem Sanktionstatbestand erfasst werde. Die Heranziehung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II setze allerdings im Sinne von einschränkenden Anwendungsvoraussetzungen voraus, dass das von dem Hilfebedürftigen abverlangte Verhalten nicht bereits von § 31 Abs. 1 SGB II erfasst sei und das sperrzeitrelevante Ereignis zu einem Zeitpunkt eintrete, in dem eine Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III vorliege. Diese Anwendungsvoraussetzungen des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II ergäben sich nicht bereits aus dem Wortlaut der Norm, sondern aus der Gesetzessystematik sowie dem Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Rechtsentwicklung, insbesondere der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Vorgängervorschrift des § 25 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Diese habe ausweislich der Gesetzesmaterialien Hilfeempfänger erfassen sollen, bei denen das Arbeitsamt den Eintritt einer Sperrzeit nach § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) festgestellt habe und der Anspruch auf Leistungen nach dem AFG ruhe oder erloschen sei. Ihnen gleichgestellt worden seien diejenigen Hilfeempfänger, die ihre Arbeit aufgegeben und keinen Anspruch auf Leistungen nach dem AFG hätten. Vor diesem Hintergrund wolle § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. a SGB II - wie zuvor § 25 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a BSHG - sicherstellen, dass der Ruhens- oder Erlöschenstatbestand wegen einer im Geltungsbereich des SGB III eingetretenen Sperrzeit nicht folgenlos bleibe, wenn zwischenzeitlich ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II dem Grunde nach entstanden sei. Ergänzend hierzu ordne § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II die entsprechende Geltung des § 144 SGB III für Personen an, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch nicht erworben hätten, aber die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit erfüllten. Die übereinstimmende Rechtfertigung für die Einbeziehung beider Personengruppen liege darin, dass sie aufgrund der zurückgelegten Versicherungszeiten zur Arbeitslosenversicherung in einem Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als SGB III-Trägerin stünden, die sich ihrerseits typisierend gegen den Risikofall der Arbeitslosigkeit zur Wehr setzte, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten habe oder an deren Behebung er nicht in der gebotenen Weise mitwirke (vgl. insoweit zuvor auch schon BSG, a.a.O., Rn. 24). Es würden daher diejenigen Beschäftigen erfasst, die in einem für die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 123 SGB III zu berücksichtigenden Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt nach § 25 Abs. 1 SGB III stünden und nicht als Personen in einer geringfügigen Beschäftigung versicherungsfrei seien (§ 27 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)). Bestehe lediglich eine versicherungsfreie Beschäftigung, fehle es an einem durch Beitragszahlung bzw. den Aufbau einer Anwartschaft auf Arbeitslosengeld vermittelten Sozialversicherungsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit und damit an einer Beziehung des Hilfebedürftigen zum Rechtskreis des SGB III (BSG, Urteil vom 22. März 2010, B 4 AS 68/09 R, Rn. 14 ff. - zit. nach juris).
Nach dieser Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist die Regelung des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II im vorliegenden Fall anwendbar.
Das dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten - die Arbeitsaufgabe - ist nicht bereits in § 31 Abs. 1 SGB II geregelt. Insbesondere wird die Arbeitsaufgabe nicht vom Sanktionstatbestand des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II erfasst. Zwar kann in der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich eine Weigerung, eine Arbeit fortzuführen, im Sinne dieses Sanktionstatbestandes liegen (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 12). Jedoch kann dann, wenn das Arbeitsverhältnis - wie vorliegend - nicht auf die Initiative des SGB II-Leistungsträgers zustande gekommen ist, schon begrifflich von einem Weigern nicht die Rede sein (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Darüber hinaus setzt § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II voraus, dass sämtliche dort aufgeführten Maßnahmen Gegenstand einer Eingliederungsvereinbarung sind (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009, a.a.O., Rn. 17). Das bedeutet, dass § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II nur dann einschlägig sein kann, wenn das Verhalten, das sanktioniert werden soll, zuvor in einer Eingliederungsvereinbarung geregelt ist (Loose, a.a.O.). Auch daran fehlt es hier.
Der Antragsteller weist darüber hinaus auch eine Beziehung zum Rechtskreis des SGB III auf. Diese ergibt sich daraus, dass er zum Zeitpunkt des ihm vorgeworfenen Verhaltens in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und somit in einem Sozialversicherungsrechtsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit als SGB III-Träger stand. Dabei handelte es sich bei der erforderlichen prognostischen Betrachtung (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010, a.a.O., Rn. 17) nicht um eine geringfügige Beschäftigung (vgl. § 8 Abs. 1 SGB IV).
Für die Anwendbarkeit des § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II kommt es schließlich auch nicht darauf an, ob die von dem Antragsteller aufgenommene versicherungspflichtige Beschäftigung zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geführt hat oder das Entgelt aus seiner Beschäftigung mit SGB II-Leistungen ausgestockt werden musste (vgl. BSG, a.a.O.).
(b) Der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 14. Juli 2010 steht nicht entgegen, dass der Bescheid ausweislich seiner Begründung ursprünglich auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II gestützt wurde. Der Antragsgegner hat sich im gerichtlichen Verfahren zuletzt - und nach dem zuvor Gesagten zutreffend - auf § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II berufen. Ein solches Nachschieben einer anderen Rechtsgrundlage ist als Unterfall des Nachschiebens von Gründen nur dann unzulässig, wenn der Verwaltungsakt dadurch in seinem Wesen verändert oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Das kann jedenfalls bei rechtlich gebundenen Verwaltungsakten nur in seltenen Ausnahmefällen angenommen werden (vgl. eingehend nur Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, a.a.O., § 54 Rn. 35 ff. m.w.Nachw.; zur Diskussion für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ausführlich auch Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung. Kommentar, 16. Auflage 2009, § 63 ff. m.w.Nachw.). Ein derartiger Ausnahmefall ist nach Auffassung der Kammer hier nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich eine Wesensänderung des Bescheids vom 14. Juli 2010 infolge des Austauschs der Rechtsgrundlage nicht daraus, dass der Bescheid nunmehr an einen anderen Lebenssachverhalt anknüpfen würde. Dieser bleibt vielmehr derselbe. Ungeachtet der im Detail unterschiedlichen Zielsetzungen von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c SGB II einerseits, § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II andererseits (vgl. nur LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.), erscheinen der Kammer zudem auch die Zwecke, die die beiden Vorschriften verfolgen, im Kern zumindest so ähnlich, dass von einer Wesensänderung nicht ausgegangen werden kann.
(c) Der von § 31 Abs. 4 Nr. 3 Buchst. b SGB II geforderte Sanktionssachverhalt liegt hier bei summarischer Prüfung vor.
Der Antragsteller erfüllt den Sperrzeittatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III. Danach liegt ein versicherungswidriges Verhalten vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Der Antragsteller nahm zum 4. Mai 2010 während des Bezugs von SGB II-Leistungen eine Beschäftigung als Reinigungskraft bei der Firma Gebäude. GmbH auf, ohne dadurch unmittelbar aus dem Leistungsbezug auszuscheiden. Nach kurzer Zeit, am 31. Mai 2010, einigte er sich jedoch mit seinem Arbeitgeber über die vorzeitig Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses. Hierdurch hat der Antragsteller im Sinne des Sperrzeitrechts sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und zumindest grob fahrlässig seine erneute Arbeitslosigkeit herbeigeführt, denn über die konkrete Aussicht auf ein Anschlussarbeitsverhältnis verfügte er nicht, und er hat dadurch - gewendet auf das SGB II - seine Hilfebedürftigkeit wieder begründet bzw. erweitert (vgl. LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 63).
Näherer Erörterung bedarf es mit Blick auf den Sanktionssachverhalt allein, ob der Antragsteller einen wichtigen Grund im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses hatte. Das ist zur Überzeugung der Kammer zu verneinen.
Ein wichtiger Grund kommt in Betracht, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheinen lassen, weil sonst sein Interesse in unbilliger Weise geschädigt würde. Dabei muss der wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses decken, d.h. der Arbeitnehmer müsste einen wichtigen Grund dafür haben, dass er das Beschäftigungsverhältnis zu dem bestimmten, von ihm gewählten Zeitpunkt auflöst. Ein wichtiger Grund ist immer dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zur fristlosen Kündigung berechtigt wäre (LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 64 m.w.Nachw.).
Der Antragsteller hat angegeben, nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses habe sich herausgestellt, dass er 6,5 Stunden täglich arbeiten müsse, aber nur 3,5 Stunden bezahlt bekomme. Der Arbeitgeber habe hierzu erklärt, dass er nicht mehr bezahlen werde.
Ein wichtiger Grund vermag hieraus nach Auffassung der Kammer indes nicht zu folgen. Selbst wenn die Schilderung des Antragstellers zutreffen sollte, so wäre es dem Antragsteller zuzumuten gewesen, die geforderten Überstunden, die im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2010 grundsätzlich angelegt waren, zu leisten und das ihm hierfür jedenfalls nach § 612 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gebührende Entgelt erforderlichenfalls gerichtlich einzuklagen (vgl. dazu, dass der Arbeitnehmer auch unabhängig von einer vertraglichen Regelung einen Anspruch auf Vergütung von Sonderleistungen unmittelbar aus § 612 Abs. 1 BGB hat, zuletzt nur Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 5. Januar 2010, 5 AZR 986/08, Rn. 15 - zit nach juris). Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Tätigkeit des Antragstellers um eine auf 17,5 Wochenstunden begrenzte Teilzeitbeschäftigung handelte, also hinreichend Raum für Mehrarbeit bestand, und der Antragsteller kein weiteres geringfügiges oder sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis hatte, wie er im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2010 ausdrücklich versichert hatte. Zudem war die Beschäftigung bis zum 31. Oktober 2010 befristet, sodass es lediglich um einen begrenzten Zeitraum ging und der Antragsteller deshalb zugleich auch etwaige Nachteile aus einer Klage gegen seinen Arbeitgeber nicht zu fürchten brauchte. Jedenfalls hätte der Antragsteller vor einer Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses auf eine Abhilfe dringen und hierzu auch Rücksprache mit dem Antragsgegner halten können. Sogleich ohne weitere Klärungsversuche das Beschäftigungsverhältnis aufzulösen und dadurch zu vereiteln, dass die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II entfällt oder zumindest substanziell verringert wird, erachtet die Kammer als untunlich und begründet den Sanktionssachverhalt.
Nichts anderes ergibt sich, soweit sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass eine Arbeitsaufgabe nicht zu einer Absenkung von SGB II-Leistungen führen dürfe, wenn der Hilfebedürftige sich weigere, zu Dumpinglöhnen zu arbeiten. Zwar teilt die Kammer die Auffassung, dass es in Fällen sittenwidrigen Lohnwuchers an der Zumutbarkeit der Arbeit fehlt (vgl. SG Dortmund, Urteil vom 2. Februar 2009, S 31 AS 317/07, Rn. 21 - zit. nach juris; im Grundsatz wohl auch LSG Hamburg, a.a.O., Rn. 67). Die vereinbarte Lohnhöhe von 8,40 Euro brutto pro Stunde begegnet jedoch keinen durchgreifenden Bedenken. Das BAG hat in Übereinstimmung mit einer in Rechtsprechung und Literatur weit verbreiteten Auffassung ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das wegen Lohnwuchers zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages führt, dann angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht (vgl. BAG, Urteil vom 22. April 2009, 5 AZR 436/08, Rn. 17 m.w.Nachw. - zit. nach juris; dem folgend auch LSG Hamburg, a.a.O.). Das ist vorliegend nicht der Fall. Denn die unterste Lohnstufe im (allgemeinverbindlichen) Tarifvertrag zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vom 29. Oktober 2009 sieht für die Zeit ab 1. Januar 2010 für Berlin einen Mindestlohn von 8,40 Euro pro Stunde vor. Das entspricht dem Entgelt, das dem Antragsteller arbeitsvertraglich geschuldet war. Die von dem Antragsteller vorgetragene (faktische) Weigerung seines Arbeitsgebers, einen Teil des Lohns zu bezahlen, ändert nichts daran, dass die arbeitsvertraglichen Bedingungen nicht zu beanstanden waren.
(d) Schließlich sind auch die weiteren Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheids gegeben.
Nach § 31 Abs. 6 Satz 1, 1. Hs. SGB II tritt die Absenkung des Arbeitslosengeldes II mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung der Leistung feststellt, folgt. Nach § 31 Abs. 6 Satz 2 SGB II dauert die Absenkung drei Monate. Der Antragsgegner hat durch den Sanktionsbescheid vom 14. Juli 2010 den Sanktionszeitraum somit zutreffend vom 1. August 2010 bis 31. Oktober 2010 festgesetzt.
Auch die Absenkungshöhe ist nicht zu beanstanden. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1, 1. Hs. SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt. Im Sanktionszeitraum betrug diese 359,00 Euro im Monat. Hiervon sind 30 vom Hundert 107,70 Euro. Das entspricht dem Absenkungsbetrag aus dem Bescheid vom 14. Juli 2010.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG.
3. Ungeachtet der Ablehnung des Eilantrags war Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hier zur Überzeugung der Kammer zu bewilligen.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen sind im Fall des Antragstellers erfüllt. Insbesondere war dem Antrag eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht abzusprechen.
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO ist bereits dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers bzw. Antragstellers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar hält (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O., § 73a Rn. 7a m.w.Nachw.). Davon war hier angesichts der schwierigen Rechtsfrage, die der Fall aufwarf, sowie der verschiedenen Ansichten, die hierzu bestehen, auszugehen.
4. Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bzw. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 ZPO). Die Staatskasse kann gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe Beschwerde einlegen, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 3 ZPO).
Rechtskraft
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