Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
148
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 148 AS 39088/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 19. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. April 2010 verurteilt, dem Kläger zu 1.) Leistungen in Höhe von 143,64 EUR zur Begleichung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Monat Januar 2009 zu zahlen. Diejenigen Kosten des Rechtsstreits, welche über das bereits angenommene hälftige Kostenteilanerkenntnis hinausgehen, hat der Beklagte zu tragen. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) um die Übernahme von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Kläger zu 1.) im Monat Januar 2009. Die unverheirateten, in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Kläger standen beim Beklagten bis November 2008 als sog. "Aufstocker" im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Wegen eines Meldeverstoßes vom 12. August 2008 sanktionierte der Beklagte den Kläger zu 1.) (nachfolgend: Kläger) durch Sanktionsbescheid vom 15. Oktober 2008 in der Zeit von November 2008 bis einschließlich Januar 2009 in Höhe von 10 vom Hundert der für ihn maßgebenden Regelleistung. Am 8. Dezember 2009 stellten die Kläger beim Beklagten einen Fortbewilligungsantrag. Diesen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2009 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Die Klägerin zu 2.) hatte für November 2008 durch Einmalzahlungen in Höhe von 300,00 EUR ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 2309,12 EUR, netto 1584,75 EUR erzielt. Dieses enthielt einen Anteil von 23,52 EUR Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge und wurde ihr abzüglich 50,- EUR Arbeitnehmeranteil zur betrieblichen Altersvorsorge und weiterer 39,88 EUR betriebliche Vermögensbildung im Dezember 2008 ausgezahlt. Für Dezember 2008 erhielt die Klägerin zu 2.) ein Einkommen in Höhe von brutto 2009,12 EUR, netto 1356,01 EUR, welches ihr wiederum nach Abzug der o.g. Beiträge für Altersvorsorge und Vermögensbildung im Januar 2009 ausgezahlt wurde. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung der Kläger beliefen sich auf monatlich 408,99 EUR (ohne Warmwasseranteile). Gegen die Leistungsablehnung erhobenen die Kläger fristgerecht Widerspruch. Durch Änderungsbescheide vom 5. Oktober 2009 sowie vom 12. Oktober 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern nach Überprüfung der Einkommensanrechnung für Februar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 12,22 EUR bzw. 12,23 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tage wies er den Widerspruch nach Erteilung der Änderungsbescheide vollständig zurück. Mit der hiergegen am 11. November 2009 erhobenen Klage begehrten die Kläger zunächst die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Monate Januar und Februar 2009. Durch weiteren Änderungsbescheid 22. April 2010 hat der Beklagte der Klägerin zu 2.) nach erneuter Überprüfung für Januar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 21,08 EUR bewilligt. Für den Kläger zu 1.) ergab sich danach eine Bewilligung in Höhe von 21,07 EUR, die jedoch aufgrund der Leistungsabsenkung durch Sanktionsbescheid vom 15. Oktober 2008 vollständig entfiel. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Rechtsstreit, soweit er die Klägerin zu 2.) betraf, in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich insoweit dem Grunde nach zur Übernahme der Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger bereit erklärt. Dieses Kostenteilanerkenntnis haben die Kläger angenommen. Der Kläger begehrt nunmehr noch vom Beklagten die Übernahme seiner Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Monat Januar 2009. Da er für diesen Monat keine Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, habe er in diesen Monaten der Auffangversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB XI unterlegen und sei somit zur Entrichtung eigener Beiträge verpflichtet gewesen. Es liege auch kein Fall des § 19 Abs. 2 SGB V vor, da er bereits für Dezember 2008 keine Leistungen mehr bezogen habe. Bei dieser Sachlage bestehe ein Anspruch nach § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung), da er durch die Nichtübernahme dieser Beträge hilfebedürftig würde. Nach einer Auskunft der damaligen GEK belaufen sich die Versicherungsbeiträge für Kranken- und Pflegeversicherung für Januar 2009 auf 143,64 EUR.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. April 2010 zu verurteilen, ihm Leistungen in Höhe von 143,64 EUR zur Begleichung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Monat Januar 2009 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Umstand, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu leisten, könne nicht berücksichtigt werden. Auch werde der Kläger nicht allein durch die Versicherungsbeiträge hilfebedürftig. Vielmehr sei nach dem Änderungsbescheid vom 22. April 2010 er bereits ohne Berücksichtigung dieser Beiträge hilfebedürftig und habe dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Allein sei dieser Anspruch durch Sanktion nach § 31 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 6 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung) entfallen. Dies könne indes nicht dazu führen, dass nunmehr ein Anspruch nach § 26 SGB II bestehe, da somit die Sanktion umgangen würde. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber bewusst gewesen sei, dass auch im Fall von Sanktionen unterhalb von 100 vom Hundert gegebenenfalls der gesamte Leistungsanspruch entfalle.
Entscheidungsgründe:
1.) Die zulässige Klage ist begründet. Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. April 2010. Nach der Erledigterklärung der Hauptsache durch die Klägerin zu 2.) im Übrigen und nach dem ausdrücklich beschränkten Begehren des Prozessbevollmächtigten der Kläger, an welchen das Gericht in der Sache gebunden ist (§ 123 SGG), ist der Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht zudem auf den Monat Januar 2009 beschränkt. Gegen die genannten Bescheide wendet sich der Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 2.) Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung) zu. Zwar unterlag der Kläger im Streitzeitraum nicht der jeweiligen gesetzlichen Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II (hierzu a.). Jedoch fiel er in die jeweilige Auffangversicherung und war somit zur Zahlung eigener Beiträge verpflichtet (hierzu b.). Indes fehlt es vorliegend an einem Eintritt der Hilfebedürftigkeit allein wegen der Versicherungsbeiträge (hierzu c.). a.) Der Kläger unterfiel im Monat Januar 2009 nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II. Die Krankenversicherungspflicht ist in § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V niedergelegt. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB II (in der im Streitzeitraum geltenden Gesetzesfassung) bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung ist in § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI geregelt. Hiernach sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, versicherungspflichtig, soweit sie in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden. Der Kläger hat im Streitzeitraum jedoch keine Leistungen nach dem SGB II bezogen. Denn durch den Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 wurden die dem Kläger im Januar 2009 zustehenden Leistungen um 10 vom Hundert der für ihn maßgeblichen Regelleistung – hier mithin um bis zu 31,60 EUR – gemindert. Dies betrifft auch die dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 22. April 2010 bewilligten 21,07 EUR Unterkunftskosten, da nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB II (in der im Streitzeitraum geltenden Gesetzesfassung) nicht nur die Regelleistung, sondern "das Arbeitslosengeld" – zu dem nach § 19 i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch die Kosten der Unterkunft und Heizung gehören – abgesenkt wird. Den Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 hat der Kläger nicht angegriffen; er wurde damit bestandskräftig und auch für das Gericht bindend, § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Sanktionsbescheid mit einem entsprechenden Änderungs- (d.h.: Aufhebungs-)bescheid regelmäßig eine rechtliche Einheit bildet, so dass ein allein gegen den Änderungsbescheid gerichteter Widerspruch bzw. eine hiergegen erhobene Klage auch den Sanktionsbescheid umfasst, vgl. BSG, Urt. v. 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R, Rn. 14 ff. (juris). Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nur dann der Fall sein, wenn – wie in der vom BSG entschiedenen Fallgestaltung – Sanktions- und Änderungsbescheid in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang gleichsam "zusammen" ergehen. Denn nur in dieser Konstellation liegt eine einheitliche Verfügung der Behörde vor. Vorliegend überschnitt die Sanktion wegen des Meldeverstoßes vom 12. August 2009 jedoch den damals laufenden Bewilligungszeitraum und ragte in den Folgezeitraum hinein. Der Beklagte hat auf den Fortbewilligungsantrag vom 8. Dezember 2008 erst am 19. Februar 2009 einen neuen Bescheid erlassen, gegen den sich der Kläger dann wandte. Zu diesem Zeitpunkt war der nach § 31 Abs. 6 SGB II vorausgesetzte Verwaltungsakt, welcher den Eintritt einer Sanktion feststellte, bereits bestandskräftig geworden. Denn er enthielt eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Widerspruchsfrist einen Monat nach Zugang des Bescheides ablief. Soweit der Änderungsbescheid vom 22. April 2010 für Januar 2009 nun die Sanktionierung wieder aufgreift, kann der Kläger sich durch die Klage gegen den Ausgangsbescheid vom 19. Februar 2009 nicht mehr hiergegen wenden. Denn beide Bescheide enthalten über die Sanktionierung in Höhe von 10 vom Hundert keine eigenständige Verfügung mehr, sondern setzen allein den bindend gewordenen Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 um. Damit fehlt es am tatsächlichen Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Denn die Versicherungspflicht tritt nur dann ein, wenn Arbeitslosengeld II tatsächlich bezogen wird. Eine wegen Pflichtverletzung vorgenommene Kürzung berührt die Versicherungspflicht so lange nicht, wie Arbeitslosengeld II – wenn auch nur teilweise – zur Auszahlung (bzw. Gewährung von Sachleistung) gelangt, vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204, Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 31; Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 Rn. 163d; Strömer, SGb 2010, 64, 65. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Insbesondere ist entgegen der von Fischer, jurisPK-SGB V, § 232a Rn. 12 vertretenen Meinung nicht ersichtlich, dass ein "Bezug" von Arbeitslosengeld auch vorliege, wenn die Leistung um 100 vom Hundert gemindert wird. Hierfür werden keine Gründe angegeben. Nach dem Wortsinn der Formulierung "beziehen" kann ein Bezug vielmehr nicht vorliegen, wenn zwar dem Grunde nach kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht, tatsächlich aber wegen Sanktionierung keine Leistungen ausgezahlt werden. Hierfür spricht schon der systematische Vergleich zum insoweit gerade unterschiedlich gefassten § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XI, wonach Beziehern von ALG I gerade auch bei Eintritt einer dreimonatigen Sperrzeit die jeweilige Versicherungspflicht aus ALG I-Bezug erhalten bleibt. Der Gesetzgeber hat indes § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V (bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI) jedoch – trotz entsprechende Möglichkeit – gerade nicht vergleichbar gefasst. b.) Der Kläger unterlag im Januar 2009 der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Danach sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Entsprechend ordnet § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB XI an, dass Auffangversicherte auch der Pflicht zur sozialen Pflegeversicherung unterliegen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Er war – mangels Ehe – nicht über die Klägerin zu 2.) familienversichert noch nach § 5 Abs. 1 Nr. 1-12 SGB V versicherungspflichtig; er stand indes auf Grund des bis November 2008 vorangegangenen Leistungsbezugs nach dem SGB II zuletzt eine gesetzliche Versicherungspflicht des Klägers aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V. Für Auffangversicherte ordnet § 250 Abs. 3 SGB V i.V.m § 252 Abs. 1 S. 1 SGB V an, dass diese ihre Beiträge selbst zu tragen und zu zahlen haben; entsprechendes gilt nach § 59 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 60 Abs. 1 S. 1 SGB XI. c.) Ein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 SGB II bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II scheitert jedoch daran, dass die Hilfebedürftigkeit nicht allein wegen der Versicherungsbeiträge entstehen würde. Nach § 26 Abs. 2 S. 2 SGB II wird der Beitrag für Personen im notwendigen Umfang übernommen, die in der gesetzlichen Kranken Versicherung versicherungspflichtig sind die allein durch den Krankenversicherungsbeitrag hilfebedürftig würden. Dementsprechend sieht die parallele Regelung des § 26 Abs. 3 S. 3 SGB II vor, dass auch der Beitrag für solche Personen übernommen wird, die der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind und allein durch diesen Beitrag hilfebedürftig würden. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Nach dem Änderungsbescheid des Beklagten vom 22. April 2010 stünde ihm im Januar 2009 dem Grunde nach ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 21,07 EUR zu. Diesen Bewilligungsbescheid hat das Gericht auch im Fall seiner Rechtswidrigkeit zu beachten, da auch eine rechtswidrige Bewilligung von ALG II die Versicherungspflicht auslöst, vgl. nur Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204, Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 31. Selbst wenn daher die Einkommensanrechnung des Beklagten vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts betreffend die Absetzbarkeit von Beiträgen zur betrieblichen Altersvorsorge (vgl. BSG, Urt. v. 9. November 2010 – B 4 AS 7/10 R) teilweise fehlerhaft sein sollte, könnte der Beklagte seinen Bescheid nicht zu Lasten des Klägers nach § 45 SGB X zurücknehmen, da dem Kläger insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Auf der anderen Seite besteht kein höherer Anspruch als der bewilligte, da die Klägerin zu 2.) keine Aufwendungen geltend gemacht hat, welche den Grundfreibetrag von 100,- EUR (§ 11 Abs. 2 S. 3 SGB II) übersteigen. § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. § 26 Abs. 3 S. 3 SGB II setzen indes voraus, dass der Betroffene "allein" auf Grund der Versicherungsbeiträge hilfebedürftig würde. Dies ist – wegen des durch Änderungsbescheid vom 22. April 2011 dem Grunde nach bestehenden und nur wegen der 10 vom Hundert-Sanktion geminderten Leistungsanspruchs – aber gerade nicht der Fall. 3.) Dem Kläger steht indes ein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II analog zu. Die Voraussetzungen einer – nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglichen – Analogie sind nach Auffassung der Kammer gegeben. Denn in der vorliegenden Fallkonstellation liegt eine vom Gesetzgeber nicht gesehene Regelungslücke vor (dazu a.), wobei der Vergleich zu Sinn und Zweck der §§ 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II wie auch der Vergleich zu solchen ALG-II-Beziehern, welche mit einer Sanktion im Umfang von 100 vom Hundert belegt sind, eine Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Grundsicherungsträger gebietet (dazu b.). a.) In der vorliegenden Fallkonstellation – nicht anderweitig versicherungspflichtiger Bezieher von ALG II mit geringer Hilfebedürftigkeit, welcher mit einer Sanktion unterhalt von 100 vom Hundert belegt ist – besteht nach der Überzeugung der Kammer eine unbewusste Regelungslücke. Dabei geht die Kammer zunächst davon aus, dass der Gesetzgeber – wie bereits oben dargelegt – durch die unterschiedlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 2a SGB V bewusst in Kauf genommen hat, dass solche Personen, welche Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, jedoch nach § 31 Abs. 3 SGB II (bzw. ab dem 1. Mai 2011 nach § 31a Abs. 1 S. 3 SGB II) mit einer Sanktion in Höhe von 100 vom Hundert der maßgeblichen Regelleistung belegt sind, auch die Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II entfällt. Denn das Prinzip der Abhängigkeit der Krankenversicherungspflicht vom tatsächlichen Leistungsbezug bestand schon lange vor Einführung des § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2005, nämlich in den insoweit inhaltgleichen Vorgängervorschriften zu § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, den §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V a.F. und 155 Abs. 1 AFG. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1516, S. 72; BT-Drucks. 15/1749, S. 35) sollte die zeitgleich mit § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2005 erfolgte Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V nur eine Folgeänderung ohne inhaltliche Änderung der Vorgängervorschriften sein. Es ist also davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Entzug des ALG II als Sanktion in Kenntnis der Tatsache vorgesehen hat, dass die Krankenversicherungspflicht vom tatsächlichen Bezug des ALG II abhängig ist (so bereits Strömer, SGb 2010, 64, 65). Dieser Befund wird ferner bereits durch die vom Gesetzgeber ebenfalls getroffene bewusst abweichende Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V untermauert. Insofern teilt die Kammer nicht die in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit zur aktuellen Fassung der §§ 31-31b SGB II unter Punkt 31.52 vertretene Position, dass auch im Fall einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung ggfs. ein Zuschuss nach § 26 Abs. 1 und Abs. 2 SGB (n.F.) in Betracht kommt. Diese Feststellungen gelten zur Überzeugung der Kammer indes nicht in Fällen, wo – wie hier – bereits eine Sanktion von weniger als 30 vom Hundert zum kompletten Fortfall des Leistungsbezuges führt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch solche Personen mit der Tragung ihrer eigenen Versicherungsbeiträge belasten wollte. Dies ergibt sich aus einer Betrachtung des § 31 SGB II in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Ursprungsfassung der Norm. Nach § 31 Abs. 2 SGB II a.F. galt Folgendes: (2) Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden [ ] nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das ALG II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt. (3) Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 1 oder Absatz 2 wird das ALG II zusätzlich um jeweils den Vomhundertsatz der nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert, um den es in der ersten Stufe gemindert wurde. Hierbei können auch die Leistungen nach den §§ 21 bis 23 betroffen sein. [ ] Trotz identischen Wortlauts des Absatzes 2 dieser Fassung zu der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung betreffend den Umfang der Sanktion ("wird das ALG II [ ] abgesenkt") legte der Wortlaut der Altfassung von 2005 nach Absatz 3 Satz 2 der Norm nahe, dass Leistungen nach §§ 21-23 SGB II (d.h. Mehrbedarfe, Unterkunftskosten sowie weitere Sonderleistungen nach § 23 Abs. 3) erst im Fall einer wiederholten Pflichtverletzung gemindert werden durften. Damit geht aber im Umkehrschluss notwendigerweise einher, dass im Fall der erststufigen Pflichtverletzung allein ein zustehender Anteil der Regelleistung gemindert werden kann; d.h. die Sanktion leerläuft, wenn wegen überschießenden Einkommens keine Regelleistung mehr bezogen wird. Von einem solchen Verständnis ging offenbar auch der Gesetzgeber selbst aus, der zur Begründung der Neufassung des § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2007 ausführte, dass durch die Streichung des § 31 Abs. 3 S. 2 [a.F.] "klargestellt [ist], dass von einer Absenkung, ob wegen erstmaliger oder wiederholter Pflichtverletzung, immer das gesamte Arbeitslosengeld II (§ 19) betroffen ist." (vgl. BT-Drucks. 16/1410, S. 26). Weitere Ausführungen zur Auswirkung auf die gesetzlichen Pflichtversicherungen lassen sich der Gesetzesbegründung jedoch nicht entnehmen. Sicher erscheint danach, dass nach dem 1. Januar 2007 auch eine erststufige Sanktion auf alle Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durchgreifen sollte. Nach Auffassung der Kammer kann vor dem Hintergrund der vorangegangenen Gesetzesfassung aus der obigen Begründung jedoch nicht zweifelsfrei geschlossen werden, dass der Gesetzgeber auch erststufigen oder sonst mit weniger als 100 vom Hundert sanktionierten Leistungsberechtigten zusätzlich die Tragung der Versicherungsbeiträge aufbürden wollte. b.) Der Vergleich zu solchen ALG-II-Beziehern, welche mit einer Sanktion im Umfang von 100 vom Hundert belegt sind sowie die Heranziehung von Sinn und Zweck der §§ 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II ergeben, dass eine Übernahme der Versicherungsbeiträge auch in der vorliegenden Fallgestaltung durch den Grundsicherungsträger geboten ist. Zum einen erscheint eine Überbürdung der Versicherungsbeiträge auf den Leistungsberechtigten schon daher systemwidrig, als auch solchen Leistungsempfängern, denen das ALG II um 100 vom Hundert gemindert wurde die Möglichkeit eröffnet ist, den Versicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI aufrecht zu erhalten. In der Literatur ist nämlich unbestritten, dass der hierfür erforderliche "Bezug" von Leistungen des ALG II auch dann vorliegt, wenn die Betroffenen allein Sachleistungen erhalten, vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204; Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 Rn. 163d; Strömer, SGb 2010, 64, 65). Die sozialgerichtliche Rechtsprechung ist dem – soweit ersichtlich – nicht entgegen getreten. Auch die Kammer sieht hierfür keinen Grund. Denn entscheidend für die Anknüpfung der Versicherungspflicht ist der tatsächliche Bezug von Leistungen des ALG II, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen sollen; dabei kann es keinen Unterschied machen, in welcher Form oder an welchen Zahlungsempfänger (etwa bei Direktzahlung der Miete an den Vermieter) sie erbracht werden. Zu derartigen Sachleistungen gehören jedoch insbesondere Lebensmittelgutscheine. Mit der Neufassung des § 31 SGB II zum 1. Januar 2007 hat der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 6 und S. 7 (nunmehr § 31a Abs. 3 S. 1-2) folgende Regelungen aufgenommen: (3) [ ] Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung kann der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der zuständige Träger soll Leistungen nach Satz 6 erbringen, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt. Mit dieser Regelung wird gewährleistet, dass mittellosen Leistungsberechtigten, welche einer Sanktion von nicht nur geringfügigem Umfang ausgesetzt sind, auch während der Sanktionsdauer mindestens das physische Existenzminimum gewährt wird. Die Norm eröffnet dem Träger zwar (nach Satz 7 vorausgesteuertes) Ermessen. In der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wurde hieraus abgeleitet, dass eine Sanktion in Höhe von 100 vom Hundert zwingend nur dann rechtmäßig ergehen kann, wenn zugleich eine Entscheidung über die Gewährung derartiger Sachleistungen getroffen wird, vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16. Dezember 2008 – L 10 B 2154/08 AS ER (anders dagegen jüngst LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6. Dezember 2010 – L 29 AS 1852/10 B ER, wonach indes ebenfalls vom Leistungsbezieher eine separate Entscheidung herbeigeführt werden kann). Da aber – abgesehen von Fällen, in welchen der Betroffene über ausreichendes und liquides Schonvermögen zur vorübergehenden Befriedigung seines Existenzminimums verfügt – der Betroffene regelmäßig auf die Leistungsgewährung zur Beschaffung von Lebensmitteln angewiesen ist, reduziert sich die dem Träger eingeräumte Ermessensentscheidung im Regelfall auf einen Anspruch zur Gewährung von Sachleistungen. In diesem Fall lebt indes auch die durch die Sanktion entfallende Versicherungspflicht aus ALG-II-Bezug wieder auf. Im Ergebnis kann sich somit ein mit mehr als 30 vom Hundert sanktionierter Leistungsberechtigter die Tragung seiner Versicherungsbeiträge durch das Jobcenter "erkaufen". Diese Möglichkeit hat dagegen der mit bis zu 30 vom Hundert sanktionierte Leistungsberechtigte nicht. Ihm sind nach den Gesetzesfassungen des § 31 ab Januar 2007 bzw. des § 31a SGB II ab Mai 2011 keine Sachleistungen zu gewähren. Der Gesetzgeber ging insoweit offenbar davon aus, dass derartig "geringfügige" Sanktionen das physische Existenzminimum nicht betreffen können. Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer jedoch systematisch nicht gerechtfertigt, warum ein mit über 30 vom Hundert Sanktionierter die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V aufrecht erhalten kann, ein mit weniger als 30 vom Hundert Sanktionierter aber nicht. Dies gilt umso mehr, da die erststufige Sanktion im gestaffelten Sanktionsaufbau des § 31 SGB II (in Bezug auf Meldepflichtverletzungen jedenfalls in der für den Streitzeitraum 2009 geltenden alten Fassung des § 31 Abs. 2 SGB II) auch eine Warnfunktion zukommen sollte. Entfällt aber in Fallgestaltungen wie der vorliegenden sofort die ganze Leistung und würden dem Betroffenen zusätzlich noch die Versicherungsbeiträge für den Sanktionszeitraum übergebürdet, so bedürfte es keiner Warnung mehr, da das "Maximum" an Sanktion bereits im ersten Schritt erreicht wäre. Diese Rechtsfolge erscheint der Kammer im Verhältnis zum Pflichtverstoß (hier: Versäumung eines Meldetermins mit der nach dem Gesetz geringstmöglichen Sanktionsfolge [10 vom Hundert]) ungerechtfertigt hart. Schließlich ergibt sich aus den Regelungen des § 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II a.F. (bzw. nunmehr § 26 Abs. 1 S. 2 sowie Abs. 2 S. 2 SGB II), dass der Gesetzgeber sogar für Nicht-Leistungsberechtigte nach dem SGB II einen Anspruch vorgesehen hat, wonach diese ihre Versicherungsaufwendungen (im "notwendigen" bzw. "angemessenen" Umfang) bezuschusst bekommen, wenn sie andernfalls hilfebedürftig würden. Der Gesetzgeber hat also die Versicherungsbeiträge für so wesentlich gehalten, dass er ihre Zahlung in jedem Fall sicherstellen wollte und sie somit im Gegensatz zu anderen Lebenshaltungskosten privilegiert hat. Der Fall der geringfügigen Sanktionierung liegt indes nach Auffassung der Kammer so nah am Fall der Hilfebedürftigkeit nur wegen der Versicherungsbeiträge, dass eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Im Ergebnis sieht die Kammer damit bei einer unbewussten Regelungslücke mehrere Gründe, die für, jedoch keine, die gegen eine analoge Heranziehung des § 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II a.F. sprechen. Die zugesprochenen Beträge beruhen auf einem Informationsschreiben der Krankenversicherung des Klägers zur Höhe der Versicherungsbeiträge für Kranken- und Pflegeversicherung im Mai 2009. Da zwischen Januar und Mai 2009 indes keine Unterschiede in Bemessungsgrenze und Beitragssatz bestehen, konnte die Kammer diese auch für den Streitzeitraum zu Grunde legen. Der Beklagte war danach antragsgemäß zur Zahlung zu verurteilen. 4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte bereits eine Kostenquote von ½ anerkannt hatte und dieses Anerkenntnis von den Klägern angenommen worden ist. Das Gericht hatte insoweit nur noch über die verbliebenen Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Die Kostenentscheidung folgt dabei insoweit der Entscheidung in der Hauptsache, da der Kläger mit der aufrechterhaltenen Klage voll obsiegt hat. 5.) Da der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend einen Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung der Zulassung durch das Sozialgericht, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Die Kammer hat die Berufung vorliegend zugelassen, weil die hier entschiedene Rechtsfrage in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden wurde. Nach Auffassung der Kammer hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zwar entspricht die vorliegende Fallkonstellation (Nicht-familienversicherter Leistungsbezieher mit nahezu bedarfsdeckendem Einkommen anderer BG-Mitglieder und bestandskräftiger Sanktion) nicht dem Regelfall; in den überwiegenden Fällen (eigenes Einkommen aus versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit oder aber Kinder in einer BG) stellt sich das hier vorliegende Problem wegen Zahlung der (Familien-)Versicherungsbeiträge durch den Grundsicherungsträger bzw. deren Absetzbarkeit vom eigenen Einkommen nicht. Jedoch kann sich die hier entschiedene Rechtsfrage über den vorliegenden Fall hinaus etwa im Falle nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit geringfügigen Beschäftigungen von BG-Mitgliedern nach § 8 SGB IV und rechtmäßigen/bestandskräftigen Sanktionen unterhalb der 100 vom Hundert-Schwelle stellen; diese Konstellation erscheint der Kammer jedenfalls nicht fernliegend.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) um die Übernahme von Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Kläger zu 1.) im Monat Januar 2009. Die unverheirateten, in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Kläger standen beim Beklagten bis November 2008 als sog. "Aufstocker" im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Wegen eines Meldeverstoßes vom 12. August 2008 sanktionierte der Beklagte den Kläger zu 1.) (nachfolgend: Kläger) durch Sanktionsbescheid vom 15. Oktober 2008 in der Zeit von November 2008 bis einschließlich Januar 2009 in Höhe von 10 vom Hundert der für ihn maßgebenden Regelleistung. Am 8. Dezember 2009 stellten die Kläger beim Beklagten einen Fortbewilligungsantrag. Diesen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Februar 2009 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Die Klägerin zu 2.) hatte für November 2008 durch Einmalzahlungen in Höhe von 300,00 EUR ein Gesamtbruttoeinkommen in Höhe von 2309,12 EUR, netto 1584,75 EUR erzielt. Dieses enthielt einen Anteil von 23,52 EUR Arbeitgeberzuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge und wurde ihr abzüglich 50,- EUR Arbeitnehmeranteil zur betrieblichen Altersvorsorge und weiterer 39,88 EUR betriebliche Vermögensbildung im Dezember 2008 ausgezahlt. Für Dezember 2008 erhielt die Klägerin zu 2.) ein Einkommen in Höhe von brutto 2009,12 EUR, netto 1356,01 EUR, welches ihr wiederum nach Abzug der o.g. Beiträge für Altersvorsorge und Vermögensbildung im Januar 2009 ausgezahlt wurde. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung der Kläger beliefen sich auf monatlich 408,99 EUR (ohne Warmwasseranteile). Gegen die Leistungsablehnung erhobenen die Kläger fristgerecht Widerspruch. Durch Änderungsbescheide vom 5. Oktober 2009 sowie vom 12. Oktober 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern nach Überprüfung der Einkommensanrechnung für Februar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 12,22 EUR bzw. 12,23 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom gleichen Tage wies er den Widerspruch nach Erteilung der Änderungsbescheide vollständig zurück. Mit der hiergegen am 11. November 2009 erhobenen Klage begehrten die Kläger zunächst die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Monate Januar und Februar 2009. Durch weiteren Änderungsbescheid 22. April 2010 hat der Beklagte der Klägerin zu 2.) nach erneuter Überprüfung für Januar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 21,08 EUR bewilligt. Für den Kläger zu 1.) ergab sich danach eine Bewilligung in Höhe von 21,07 EUR, die jedoch aufgrund der Leistungsabsenkung durch Sanktionsbescheid vom 15. Oktober 2008 vollständig entfiel. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Rechtsstreit, soweit er die Klägerin zu 2.) betraf, in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich insoweit dem Grunde nach zur Übernahme der Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger bereit erklärt. Dieses Kostenteilanerkenntnis haben die Kläger angenommen. Der Kläger begehrt nunmehr noch vom Beklagten die Übernahme seiner Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Monat Januar 2009. Da er für diesen Monat keine Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, habe er in diesen Monaten der Auffangversicherung der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bzw. der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB XI unterlegen und sei somit zur Entrichtung eigener Beiträge verpflichtet gewesen. Es liege auch kein Fall des § 19 Abs. 2 SGB V vor, da er bereits für Dezember 2008 keine Leistungen mehr bezogen habe. Bei dieser Sachlage bestehe ein Anspruch nach § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung), da er durch die Nichtübernahme dieser Beträge hilfebedürftig würde. Nach einer Auskunft der damaligen GEK belaufen sich die Versicherungsbeiträge für Kranken- und Pflegeversicherung für Januar 2009 auf 143,64 EUR.
Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. April 2010 zu verurteilen, ihm Leistungen in Höhe von 143,64 EUR zur Begleichung der Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Monat Januar 2009 zu zahlen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Umstand, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu leisten, könne nicht berücksichtigt werden. Auch werde der Kläger nicht allein durch die Versicherungsbeiträge hilfebedürftig. Vielmehr sei nach dem Änderungsbescheid vom 22. April 2010 er bereits ohne Berücksichtigung dieser Beiträge hilfebedürftig und habe dem Grunde nach Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Allein sei dieser Anspruch durch Sanktion nach § 31 Abs. 3 S. 1 i.V.m. Abs. 6 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung) entfallen. Dies könne indes nicht dazu führen, dass nunmehr ein Anspruch nach § 26 SGB II bestehe, da somit die Sanktion umgangen würde. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber bewusst gewesen sei, dass auch im Fall von Sanktionen unterhalb von 100 vom Hundert gegebenenfalls der gesamte Leistungsanspruch entfalle.
Entscheidungsgründe:
1.) Die zulässige Klage ist begründet. Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 11. März 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22. April 2010. Nach der Erledigterklärung der Hauptsache durch die Klägerin zu 2.) im Übrigen und nach dem ausdrücklich beschränkten Begehren des Prozessbevollmächtigten der Kläger, an welchen das Gericht in der Sache gebunden ist (§ 123 SGG), ist der Streitgegenstand in zeitlicher Hinsicht zudem auf den Monat Januar 2009 beschränkt. Gegen die genannten Bescheide wendet sich der Kläger zutreffend mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG). 2.) Dem Kläger steht kein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II (in der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung) zu. Zwar unterlag der Kläger im Streitzeitraum nicht der jeweiligen gesetzlichen Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II (hierzu a.). Jedoch fiel er in die jeweilige Auffangversicherung und war somit zur Zahlung eigener Beiträge verpflichtet (hierzu b.). Indes fehlt es vorliegend an einem Eintritt der Hilfebedürftigkeit allein wegen der Versicherungsbeiträge (hierzu c.). a.) Der Kläger unterfiel im Monat Januar 2009 nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II. Die Krankenversicherungspflicht ist in § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V niedergelegt. Danach sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 S. 1 SGB II (in der im Streitzeitraum geltenden Gesetzesfassung) bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung ist in § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI geregelt. Hiernach sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, versicherungspflichtig, soweit sie in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden. Der Kläger hat im Streitzeitraum jedoch keine Leistungen nach dem SGB II bezogen. Denn durch den Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 wurden die dem Kläger im Januar 2009 zustehenden Leistungen um 10 vom Hundert der für ihn maßgeblichen Regelleistung – hier mithin um bis zu 31,60 EUR – gemindert. Dies betrifft auch die dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 22. April 2010 bewilligten 21,07 EUR Unterkunftskosten, da nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB II (in der im Streitzeitraum geltenden Gesetzesfassung) nicht nur die Regelleistung, sondern "das Arbeitslosengeld" – zu dem nach § 19 i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II auch die Kosten der Unterkunft und Heizung gehören – abgesenkt wird. Den Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 hat der Kläger nicht angegriffen; er wurde damit bestandskräftig und auch für das Gericht bindend, § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Sanktionsbescheid mit einem entsprechenden Änderungs- (d.h.: Aufhebungs-)bescheid regelmäßig eine rechtliche Einheit bildet, so dass ein allein gegen den Änderungsbescheid gerichteter Widerspruch bzw. eine hiergegen erhobene Klage auch den Sanktionsbescheid umfasst, vgl. BSG, Urt. v. 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R, Rn. 14 ff. (juris). Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nur dann der Fall sein, wenn – wie in der vom BSG entschiedenen Fallgestaltung – Sanktions- und Änderungsbescheid in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang gleichsam "zusammen" ergehen. Denn nur in dieser Konstellation liegt eine einheitliche Verfügung der Behörde vor. Vorliegend überschnitt die Sanktion wegen des Meldeverstoßes vom 12. August 2009 jedoch den damals laufenden Bewilligungszeitraum und ragte in den Folgezeitraum hinein. Der Beklagte hat auf den Fortbewilligungsantrag vom 8. Dezember 2008 erst am 19. Februar 2009 einen neuen Bescheid erlassen, gegen den sich der Kläger dann wandte. Zu diesem Zeitpunkt war der nach § 31 Abs. 6 SGB II vorausgesetzte Verwaltungsakt, welcher den Eintritt einer Sanktion feststellte, bereits bestandskräftig geworden. Denn er enthielt eine zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung, so dass die Widerspruchsfrist einen Monat nach Zugang des Bescheides ablief. Soweit der Änderungsbescheid vom 22. April 2010 für Januar 2009 nun die Sanktionierung wieder aufgreift, kann der Kläger sich durch die Klage gegen den Ausgangsbescheid vom 19. Februar 2009 nicht mehr hiergegen wenden. Denn beide Bescheide enthalten über die Sanktionierung in Höhe von 10 vom Hundert keine eigenständige Verfügung mehr, sondern setzen allein den bindend gewordenen Sanktionsbescheid vom 15. November 2008 um. Damit fehlt es am tatsächlichen Bezug von Leistungen nach dem SGB II. Denn die Versicherungspflicht tritt nur dann ein, wenn Arbeitslosengeld II tatsächlich bezogen wird. Eine wegen Pflichtverletzung vorgenommene Kürzung berührt die Versicherungspflicht so lange nicht, wie Arbeitslosengeld II – wenn auch nur teilweise – zur Auszahlung (bzw. Gewährung von Sachleistung) gelangt, vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204, Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 31; Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 Rn. 163d; Strömer, SGb 2010, 64, 65. Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Insbesondere ist entgegen der von Fischer, jurisPK-SGB V, § 232a Rn. 12 vertretenen Meinung nicht ersichtlich, dass ein "Bezug" von Arbeitslosengeld auch vorliege, wenn die Leistung um 100 vom Hundert gemindert wird. Hierfür werden keine Gründe angegeben. Nach dem Wortsinn der Formulierung "beziehen" kann ein Bezug vielmehr nicht vorliegen, wenn zwar dem Grunde nach kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht, tatsächlich aber wegen Sanktionierung keine Leistungen ausgezahlt werden. Hierfür spricht schon der systematische Vergleich zum insoweit gerade unterschiedlich gefassten § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB XI, wonach Beziehern von ALG I gerade auch bei Eintritt einer dreimonatigen Sperrzeit die jeweilige Versicherungspflicht aus ALG I-Bezug erhalten bleibt. Der Gesetzgeber hat indes § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V (bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI) jedoch – trotz entsprechende Möglichkeit – gerade nicht vergleichbar gefasst. b.) Der Kläger unterlag im Januar 2009 der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Danach sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren. Entsprechend ordnet § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 12 SGB XI an, dass Auffangversicherte auch der Pflicht zur sozialen Pflegeversicherung unterliegen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Er war – mangels Ehe – nicht über die Klägerin zu 2.) familienversichert noch nach § 5 Abs. 1 Nr. 1-12 SGB V versicherungspflichtig; er stand indes auf Grund des bis November 2008 vorangegangenen Leistungsbezugs nach dem SGB II zuletzt eine gesetzliche Versicherungspflicht des Klägers aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V. Für Auffangversicherte ordnet § 250 Abs. 3 SGB V i.V.m § 252 Abs. 1 S. 1 SGB V an, dass diese ihre Beiträge selbst zu tragen und zu zahlen haben; entsprechendes gilt nach § 59 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 60 Abs. 1 S. 1 SGB XI. c.) Ein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 SGB II bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II scheitert jedoch daran, dass die Hilfebedürftigkeit nicht allein wegen der Versicherungsbeiträge entstehen würde. Nach § 26 Abs. 2 S. 2 SGB II wird der Beitrag für Personen im notwendigen Umfang übernommen, die in der gesetzlichen Kranken Versicherung versicherungspflichtig sind die allein durch den Krankenversicherungsbeitrag hilfebedürftig würden. Dementsprechend sieht die parallele Regelung des § 26 Abs. 3 S. 3 SGB II vor, dass auch der Beitrag für solche Personen übernommen wird, die der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind und allein durch diesen Beitrag hilfebedürftig würden. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Nach dem Änderungsbescheid des Beklagten vom 22. April 2010 stünde ihm im Januar 2009 dem Grunde nach ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 21,07 EUR zu. Diesen Bewilligungsbescheid hat das Gericht auch im Fall seiner Rechtswidrigkeit zu beachten, da auch eine rechtswidrige Bewilligung von ALG II die Versicherungspflicht auslöst, vgl. nur Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204, Felix, in: jurisPK-SGB V, § 5 Rn. 31. Selbst wenn daher die Einkommensanrechnung des Beklagten vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts betreffend die Absetzbarkeit von Beiträgen zur betrieblichen Altersvorsorge (vgl. BSG, Urt. v. 9. November 2010 – B 4 AS 7/10 R) teilweise fehlerhaft sein sollte, könnte der Beklagte seinen Bescheid nicht zu Lasten des Klägers nach § 45 SGB X zurücknehmen, da dem Kläger insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Auf der anderen Seite besteht kein höherer Anspruch als der bewilligte, da die Klägerin zu 2.) keine Aufwendungen geltend gemacht hat, welche den Grundfreibetrag von 100,- EUR (§ 11 Abs. 2 S. 3 SGB II) übersteigen. § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. § 26 Abs. 3 S. 3 SGB II setzen indes voraus, dass der Betroffene "allein" auf Grund der Versicherungsbeiträge hilfebedürftig würde. Dies ist – wegen des durch Änderungsbescheid vom 22. April 2011 dem Grunde nach bestehenden und nur wegen der 10 vom Hundert-Sanktion geminderten Leistungsanspruchs – aber gerade nicht der Fall. 3.) Dem Kläger steht indes ein Anspruch aus § 26 Abs. 2 S. 2 bzw. Abs. 3 S. 3 SGB II analog zu. Die Voraussetzungen einer – nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglichen – Analogie sind nach Auffassung der Kammer gegeben. Denn in der vorliegenden Fallkonstellation liegt eine vom Gesetzgeber nicht gesehene Regelungslücke vor (dazu a.), wobei der Vergleich zu Sinn und Zweck der §§ 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II wie auch der Vergleich zu solchen ALG-II-Beziehern, welche mit einer Sanktion im Umfang von 100 vom Hundert belegt sind, eine Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Grundsicherungsträger gebietet (dazu b.). a.) In der vorliegenden Fallkonstellation – nicht anderweitig versicherungspflichtiger Bezieher von ALG II mit geringer Hilfebedürftigkeit, welcher mit einer Sanktion unterhalt von 100 vom Hundert belegt ist – besteht nach der Überzeugung der Kammer eine unbewusste Regelungslücke. Dabei geht die Kammer zunächst davon aus, dass der Gesetzgeber – wie bereits oben dargelegt – durch die unterschiedlichen Regelungen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 2a SGB V bewusst in Kauf genommen hat, dass solche Personen, welche Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben, jedoch nach § 31 Abs. 3 SGB II (bzw. ab dem 1. Mai 2011 nach § 31a Abs. 1 S. 3 SGB II) mit einer Sanktion in Höhe von 100 vom Hundert der maßgeblichen Regelleistung belegt sind, auch die Versicherungspflicht für Bezieher von Leistungen des ALG II entfällt. Denn das Prinzip der Abhängigkeit der Krankenversicherungspflicht vom tatsächlichen Leistungsbezug bestand schon lange vor Einführung des § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2005, nämlich in den insoweit inhaltgleichen Vorgängervorschriften zu § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, den §§ 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V a.F. und 155 Abs. 1 AFG. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1516, S. 72; BT-Drucks. 15/1749, S. 35) sollte die zeitgleich mit § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2005 erfolgte Einführung des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V nur eine Folgeänderung ohne inhaltliche Änderung der Vorgängervorschriften sein. Es ist also davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Entzug des ALG II als Sanktion in Kenntnis der Tatsache vorgesehen hat, dass die Krankenversicherungspflicht vom tatsächlichen Bezug des ALG II abhängig ist (so bereits Strömer, SGb 2010, 64, 65). Dieser Befund wird ferner bereits durch die vom Gesetzgeber ebenfalls getroffene bewusst abweichende Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V untermauert. Insofern teilt die Kammer nicht die in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit zur aktuellen Fassung der §§ 31-31b SGB II unter Punkt 31.52 vertretene Position, dass auch im Fall einer weiteren wiederholten Pflichtverletzung ggfs. ein Zuschuss nach § 26 Abs. 1 und Abs. 2 SGB (n.F.) in Betracht kommt. Diese Feststellungen gelten zur Überzeugung der Kammer indes nicht in Fällen, wo – wie hier – bereits eine Sanktion von weniger als 30 vom Hundert zum kompletten Fortfall des Leistungsbezuges führt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch solche Personen mit der Tragung ihrer eigenen Versicherungsbeiträge belasten wollte. Dies ergibt sich aus einer Betrachtung des § 31 SGB II in der ab dem 1. Januar 2005 geltenden Ursprungsfassung der Norm. Nach § 31 Abs. 2 SGB II a.F. galt Folgendes: (2) Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden [ ] nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das ALG II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt. (3) Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Absatz 1 oder Absatz 2 wird das ALG II zusätzlich um jeweils den Vomhundertsatz der nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert, um den es in der ersten Stufe gemindert wurde. Hierbei können auch die Leistungen nach den §§ 21 bis 23 betroffen sein. [ ] Trotz identischen Wortlauts des Absatzes 2 dieser Fassung zu der im Januar 2009 geltenden Gesetzesfassung betreffend den Umfang der Sanktion ("wird das ALG II [ ] abgesenkt") legte der Wortlaut der Altfassung von 2005 nach Absatz 3 Satz 2 der Norm nahe, dass Leistungen nach §§ 21-23 SGB II (d.h. Mehrbedarfe, Unterkunftskosten sowie weitere Sonderleistungen nach § 23 Abs. 3) erst im Fall einer wiederholten Pflichtverletzung gemindert werden durften. Damit geht aber im Umkehrschluss notwendigerweise einher, dass im Fall der erststufigen Pflichtverletzung allein ein zustehender Anteil der Regelleistung gemindert werden kann; d.h. die Sanktion leerläuft, wenn wegen überschießenden Einkommens keine Regelleistung mehr bezogen wird. Von einem solchen Verständnis ging offenbar auch der Gesetzgeber selbst aus, der zur Begründung der Neufassung des § 31 Abs. 3 SGB II zum 1. Januar 2007 ausführte, dass durch die Streichung des § 31 Abs. 3 S. 2 [a.F.] "klargestellt [ist], dass von einer Absenkung, ob wegen erstmaliger oder wiederholter Pflichtverletzung, immer das gesamte Arbeitslosengeld II (§ 19) betroffen ist." (vgl. BT-Drucks. 16/1410, S. 26). Weitere Ausführungen zur Auswirkung auf die gesetzlichen Pflichtversicherungen lassen sich der Gesetzesbegründung jedoch nicht entnehmen. Sicher erscheint danach, dass nach dem 1. Januar 2007 auch eine erststufige Sanktion auf alle Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durchgreifen sollte. Nach Auffassung der Kammer kann vor dem Hintergrund der vorangegangenen Gesetzesfassung aus der obigen Begründung jedoch nicht zweifelsfrei geschlossen werden, dass der Gesetzgeber auch erststufigen oder sonst mit weniger als 100 vom Hundert sanktionierten Leistungsberechtigten zusätzlich die Tragung der Versicherungsbeiträge aufbürden wollte. b.) Der Vergleich zu solchen ALG-II-Beziehern, welche mit einer Sanktion im Umfang von 100 vom Hundert belegt sind sowie die Heranziehung von Sinn und Zweck der §§ 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II ergeben, dass eine Übernahme der Versicherungsbeiträge auch in der vorliegenden Fallgestaltung durch den Grundsicherungsträger geboten ist. Zum einen erscheint eine Überbürdung der Versicherungsbeiträge auf den Leistungsberechtigten schon daher systemwidrig, als auch solchen Leistungsempfängern, denen das ALG II um 100 vom Hundert gemindert wurde die Möglichkeit eröffnet ist, den Versicherungsschutz nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V bzw. § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB XI aufrecht zu erhalten. In der Literatur ist nämlich unbestritten, dass der hierfür erforderliche "Bezug" von Leistungen des ALG II auch dann vorliegt, wenn die Betroffenen allein Sachleistungen erhalten, vgl. Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn. 204; Sommer, in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 5 Rn. 163d; Strömer, SGb 2010, 64, 65). Die sozialgerichtliche Rechtsprechung ist dem – soweit ersichtlich – nicht entgegen getreten. Auch die Kammer sieht hierfür keinen Grund. Denn entscheidend für die Anknüpfung der Versicherungspflicht ist der tatsächliche Bezug von Leistungen des ALG II, die der Sicherung des Lebensunterhalts dienen sollen; dabei kann es keinen Unterschied machen, in welcher Form oder an welchen Zahlungsempfänger (etwa bei Direktzahlung der Miete an den Vermieter) sie erbracht werden. Zu derartigen Sachleistungen gehören jedoch insbesondere Lebensmittelgutscheine. Mit der Neufassung des § 31 SGB II zum 1. Januar 2007 hat der Gesetzgeber in Abs. 3 S. 6 und S. 7 (nunmehr § 31a Abs. 3 S. 1-2) folgende Regelungen aufgenommen: (3) [ ] Bei einer Minderung des Arbeitslosengeldes II um mehr als 30 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung kann der zuständige Träger in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen erbringen. Der zuständige Träger soll Leistungen nach Satz 6 erbringen, wenn der Hilfebedürftige mit minderjährigen Kindern in Bedarfsgemeinschaft lebt. Mit dieser Regelung wird gewährleistet, dass mittellosen Leistungsberechtigten, welche einer Sanktion von nicht nur geringfügigem Umfang ausgesetzt sind, auch während der Sanktionsdauer mindestens das physische Existenzminimum gewährt wird. Die Norm eröffnet dem Träger zwar (nach Satz 7 vorausgesteuertes) Ermessen. In der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg wurde hieraus abgeleitet, dass eine Sanktion in Höhe von 100 vom Hundert zwingend nur dann rechtmäßig ergehen kann, wenn zugleich eine Entscheidung über die Gewährung derartiger Sachleistungen getroffen wird, vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16. Dezember 2008 – L 10 B 2154/08 AS ER (anders dagegen jüngst LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6. Dezember 2010 – L 29 AS 1852/10 B ER, wonach indes ebenfalls vom Leistungsbezieher eine separate Entscheidung herbeigeführt werden kann). Da aber – abgesehen von Fällen, in welchen der Betroffene über ausreichendes und liquides Schonvermögen zur vorübergehenden Befriedigung seines Existenzminimums verfügt – der Betroffene regelmäßig auf die Leistungsgewährung zur Beschaffung von Lebensmitteln angewiesen ist, reduziert sich die dem Träger eingeräumte Ermessensentscheidung im Regelfall auf einen Anspruch zur Gewährung von Sachleistungen. In diesem Fall lebt indes auch die durch die Sanktion entfallende Versicherungspflicht aus ALG-II-Bezug wieder auf. Im Ergebnis kann sich somit ein mit mehr als 30 vom Hundert sanktionierter Leistungsberechtigter die Tragung seiner Versicherungsbeiträge durch das Jobcenter "erkaufen". Diese Möglichkeit hat dagegen der mit bis zu 30 vom Hundert sanktionierte Leistungsberechtigte nicht. Ihm sind nach den Gesetzesfassungen des § 31 ab Januar 2007 bzw. des § 31a SGB II ab Mai 2011 keine Sachleistungen zu gewähren. Der Gesetzgeber ging insoweit offenbar davon aus, dass derartig "geringfügige" Sanktionen das physische Existenzminimum nicht betreffen können. Vor diesem Hintergrund erscheint es der Kammer jedoch systematisch nicht gerechtfertigt, warum ein mit über 30 vom Hundert Sanktionierter die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V aufrecht erhalten kann, ein mit weniger als 30 vom Hundert Sanktionierter aber nicht. Dies gilt umso mehr, da die erststufige Sanktion im gestaffelten Sanktionsaufbau des § 31 SGB II (in Bezug auf Meldepflichtverletzungen jedenfalls in der für den Streitzeitraum 2009 geltenden alten Fassung des § 31 Abs. 2 SGB II) auch eine Warnfunktion zukommen sollte. Entfällt aber in Fallgestaltungen wie der vorliegenden sofort die ganze Leistung und würden dem Betroffenen zusätzlich noch die Versicherungsbeiträge für den Sanktionszeitraum übergebürdet, so bedürfte es keiner Warnung mehr, da das "Maximum" an Sanktion bereits im ersten Schritt erreicht wäre. Diese Rechtsfolge erscheint der Kammer im Verhältnis zum Pflichtverstoß (hier: Versäumung eines Meldetermins mit der nach dem Gesetz geringstmöglichen Sanktionsfolge [10 vom Hundert]) ungerechtfertigt hart. Schließlich ergibt sich aus den Regelungen des § 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II a.F. (bzw. nunmehr § 26 Abs. 1 S. 2 sowie Abs. 2 S. 2 SGB II), dass der Gesetzgeber sogar für Nicht-Leistungsberechtigte nach dem SGB II einen Anspruch vorgesehen hat, wonach diese ihre Versicherungsaufwendungen (im "notwendigen" bzw. "angemessenen" Umfang) bezuschusst bekommen, wenn sie andernfalls hilfebedürftig würden. Der Gesetzgeber hat also die Versicherungsbeiträge für so wesentlich gehalten, dass er ihre Zahlung in jedem Fall sicherstellen wollte und sie somit im Gegensatz zu anderen Lebenshaltungskosten privilegiert hat. Der Fall der geringfügigen Sanktionierung liegt indes nach Auffassung der Kammer so nah am Fall der Hilfebedürftigkeit nur wegen der Versicherungsbeiträge, dass eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Im Ergebnis sieht die Kammer damit bei einer unbewussten Regelungslücke mehrere Gründe, die für, jedoch keine, die gegen eine analoge Heranziehung des § 26 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 3 SGB II a.F. sprechen. Die zugesprochenen Beträge beruhen auf einem Informationsschreiben der Krankenversicherung des Klägers zur Höhe der Versicherungsbeiträge für Kranken- und Pflegeversicherung im Mai 2009. Da zwischen Januar und Mai 2009 indes keine Unterschiede in Bemessungsgrenze und Beitragssatz bestehen, konnte die Kammer diese auch für den Streitzeitraum zu Grunde legen. Der Beklagte war danach antragsgemäß zur Zahlung zu verurteilen. 4.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits. Hierbei war zu berücksichtigen, dass der Beklagte bereits eine Kostenquote von ½ anerkannt hatte und dieses Anerkenntnis von den Klägern angenommen worden ist. Das Gericht hatte insoweit nur noch über die verbliebenen Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Die Kostenentscheidung folgt dabei insoweit der Entscheidung in der Hauptsache, da der Kläger mit der aufrechterhaltenen Klage voll obsiegt hat. 5.) Da der Wert des Beschwerdegegenstandes vorliegend einen Betrag von 750,00 EUR nicht übersteigt, bedurfte die Berufung der Zulassung durch das Sozialgericht, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG. Die Kammer hat die Berufung vorliegend zugelassen, weil die hier entschiedene Rechtsfrage in der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden wurde. Nach Auffassung der Kammer hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zwar entspricht die vorliegende Fallkonstellation (Nicht-familienversicherter Leistungsbezieher mit nahezu bedarfsdeckendem Einkommen anderer BG-Mitglieder und bestandskräftiger Sanktion) nicht dem Regelfall; in den überwiegenden Fällen (eigenes Einkommen aus versicherungspflichtiger Erwerbstätigkeit oder aber Kinder in einer BG) stellt sich das hier vorliegende Problem wegen Zahlung der (Familien-)Versicherungsbeiträge durch den Grundsicherungsträger bzw. deren Absetzbarkeit vom eigenen Einkommen nicht. Jedoch kann sich die hier entschiedene Rechtsfrage über den vorliegenden Fall hinaus etwa im Falle nichtehelicher Lebensgemeinschaften mit geringfügigen Beschäftigungen von BG-Mitgliedern nach § 8 SGB IV und rechtmäßigen/bestandskräftigen Sanktionen unterhalb der 100 vom Hundert-Schwelle stellen; diese Konstellation erscheint der Kammer jedenfalls nicht fernliegend.
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