Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
116
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 116 AS 10671/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 16. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 für Januar 2007 wird aufgehoben. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides für den Monat Januar 2007. Insbesondere geht es um die Frage, ob bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens auf den sich aus dem Steuerbescheid für 2007 ergebenden monatlichen Durchschnittswert des Gewinns eines Jahres zurückgegriffen werden kann, wenn das Einkommen tatsächlich nur in den Monaten April bis Juli 2007 erzielt worden ist, während dieser Zeit keine Leistungen beantragt worden sind und die selbständige Tätigkeit – hier als Architektin - erst zum 1. Dezember 2006 begonnen hat.
Die 1978 geborene Klägerin ist Diplom-Ingenieurin für Architektur. Der Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 5. September 2006 mit Bescheid vom 8. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2006 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007, für Januar 2007 in Höhe von 546,38 Euro. Zum 1. November 2006 beantragte die Klägerin Einstiegsgeld für die Tätigkeit als selbständige Architektin, welches ihr der Beklagte für die Zeit von November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 172,50 Euro monatlich bewilligte. Die Klägerin gab gegenüber dem Beklagten an, dass sie in der Zeit von November 2006 bis Oktober 2007 mit Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit von 1.000,00 Euro und Betriebsausgaben von etwa 500,00 Euro rechne.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2007 forderte der Beklagte die Klägerin auf, ihre Ein- und Ausgaben für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 zu belegen und teilte mit, dass ab Februar 2007 die Anrechnung des Einkommens aus Selbständigkeit nach ihrer Prognose erfolge. Der Beklagte änderte die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 2. Januar 2007 und bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. März 2007 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von 226,38 Euro (unter Berücksichtigung eines voraussichtlichen Einkommens von 500,00 Euro abzüglich 180,00 Euro Freibeträge) wegen der Einkommenseinschätzung vorläufig bis zur Vorlage des endgültigen Einkommenssteuerbescheides. Die Klägerin teilte dem Beklagten am 16. Januar 2007 mit, dass sie im Januar und voraussichtlich auch im Februar 2007 noch keine Einnahmen haben werde. Tatsächlich flossen der Klägerin Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit als Architekten erstmalig am 2. April 2007 in Höhe von 1.486,08 Euro, ferner am 29. Mai 2007 in Höhe von 3.808,00 Euro und am 9. Juli 2007 in Höhe von 3.808,00 Euro zu.
In der Zeit vom 1. April 2007 bis 2. August 2011 stand die Klägerin nicht im Leistungsbezug des Beklagten.
Sie beantragte am 3. August 2007 erneut Arbeitslosengeld II, welches der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 24. September 2007 ablehnte. Nach dem Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, keine Einkünfte zu haben, bewilligte der Beklagte ihr Arbeitslosengeld II vom 3. August 2007 bis 31. Januar 2008. Ferner bewilligte der Beklagte der Klägerin ab August 2007 bis Januar 2008 weiterhin Einstiegsgeld von monatlich 138,80 Euro, weil die Klägerin in der Zeit von April bis Juli 2007 ihre Hilfebedürftigkeit beenden konnte. Ab Februar 2008 meldete sich die Klägerin aufgrund geänderter Einkommensverhältnisse aus dem Leistungsbezug ab.
Das Finanzamt übermittelte dem Beklagten am 29. September 2009 die Steuerbescheide der Klägerin für die Jahre 2006 und 2007. Aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 17. November 2008 ergaben sich Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von 5.342,00 Euro. Der Beklagte änderte mit Bescheiden vom 5. Oktober 2009 die Leistungsbewilligung für die Zeiträume Februar 2007 bis März 2007, für die er der Klägerin nunmehr endgültig 270,24 Euro monatlich bewilligte, und für die Zeit vom 3. August 2007 bis 31. Dezember 2007, für die er eine Überzahlung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.371,49 Euro feststellte. Ferner hörte der Beklagte die Klägerin zur Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld II (Regelleistung) in Höhe von 276,14 Euro für den Monat Januar 2007 an, weil sie nach dem Steuerbescheid nach Abzug der Freibeträge ein monatlich anzurechnendes Einkommen in Höhe von 276,14 Euro erzielt habe. Die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 5. Oktober 2009 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Dezember 2009 zurück.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 8. September 2006 und den Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2006 teilweise für Januar 2007 auf und forderte die Erstattung von 276,14 Euro von der Klägerin. Ihren Widerspruch vom 18. Januar 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurück, weil Einkommen in Höhe von einem Zwölftel der im Steuerbescheid für 2007 ermittelten Einkünfte abzüglich der Freibeträge, insgesamt in Höhe von 276,14 Euro, zu berücksichtigen gewesen sei, so dass sich ein geringer Leistungsanspruch für Januar ergeben habe. Diesen habe die Klägerin zu erstatten habe. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 26. März 2010 erhobenen Klage zum Sozialgericht.
Für den Zeitraum vom 3. August 2007 bis 31. Dezember 2007 hat die Klägerin aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches vom 26. Juli 2010 (Aktenzeichen S 129 AS /10) 675,00 Euro an den Beklagte erstattet.
Die Klägerin macht geltend, im Januar 2007 keine Leistungen zu Unrecht erhalten zu haben, weil sie im Januar 2007 tatsächlich kein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit hatte, sondern nur außerhalb der Zeit des Leistungsbezuges, und zwar von April bis Juli 2007. In dieser Zeit habe sie keine Leistungen bezogen, weil ihr mangels Beratung durch den Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass sie weiterhin Arbeitslosengeld II beziehen könne und es auf das konkrete Betriebsergebnis in den Monaten April bis Juli 2007 gar nicht ankomme. In der Zeit von April bis Juli 2007 habe sie deshalb Krankenkassenbeiträge über 752,16 Euro aufbringen müssen Eine jährliche Betrachtung komme daher nicht in Betracht, sondern es sei allein auf das Zuflussprinzip abzustellen. Bei einer jährlichen Betrachtungsweise des nur außerhalb des Leistungsbezuges erzielten Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit wäre sie zudem schlechter gestellt, als nichtselbständige Arbeitnehmer.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22. Februar 2010 betreffend den Monat Januar 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung an die bis 31. Juli 2007 geltende Arbeitslosengeld II-Verordnung gebunden gewesen sei, wonach eine Anrechnung der Gewinne aus selbständiger Tätigkeit auf der Grundlage des Einkommenssteuerbescheides zu erfolgen habe und das durchschnittliche monatliche Einkommen zu ermitteln sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Gerichtsakten zu S 129 AS /10 und S 94 AS /10 sowie der Behelfsakten des Beklagten (Band I und II, S. 1 bis 409) verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Bescheid vom 16. Dezember 2009 ist materiell rechtswidrig. Der Beklagte stützt die Aufhebungsentscheidung auf die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist – wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt – der Verwaltungsakt vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen seit der Bewilligung des Arbeitslosengeldes II für den Monat Januar 2007 durch den Bescheid vom 8. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2006 ist nach Überzeugung der Kammer nicht dadurch eingetreten, dass der Klägerin in den Monaten April, Mai und Juni 2007 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zugeflossen ist, welches zu einem im Steuerbescheid für 2007 ausgewiesenen Gewinn von 5.342,00 Euro für das Jahr 2007 führte. Das außerhalb des Leistungsbezuges erzielte Einkommen würde nicht zum Wegfall des Leistungsanspruchs für Januar 2007 geführt haben. Der Gewinn aus dem Steuerbescheid 2007 war nicht zu einem Zwölftel als Einkommen auf der der Klägerin für Januar 2007 gewährten Leistungen anzurechnen.
Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert nach Abzug der in § 11 Abs. 2 SGB II geregelten Beträge zu berücksichtigen, es sei denn es handelt sich um Einkommen, welches § 11 Abs. 3 SGB II zuzuordnen ist. Einkommen ist nach der ständigen Rechtssprechung grundsätzlich alles, was in der Bedarfszeit zufließt (modifizierte Zuflusstheorie, Urteile des BSG vom 30. Juli 2008 B 14/11 b AS 17/07 R, B 14 26/07 R, B 14 AS 43/07 R), während Vermögen dasjenige ist, was bereits vor der Bewilligung von Arbeitslosengeld II vorhanden war.
Die dem Einkommenssteuerbescheid für 2007 in den Monaten April 2007 bis Juli 2007 erzielten Einnahmen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit sind der Klägerin nicht in der Bedarfszeit zugeflossen. Zwar endet die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich gegebenenfalls über einen Verteilzeitraum, der grundsätzlich mit dem Zufluss der einmaligen Einnahme beginnt und zunächst den gesamten Bewilligungszeitraum erfasst, so dass bei einem Fortzahlungsantrag eine einmalige Einnahme auch im neuen Bewilligungszeitraum weiter verteilt werden kann. Vorliegend war der Bedarfs- und Bewilligungszeitraum aber bereits Ende März 2007 beendet. Die Klägerin hat keinen weiteren Antrag gestellt. So dass auch unter diesem Gesichtspunkt das außerhalb des Leistungsbezuges von April bis Juli 2007 erzielte Einkommen für den späteren erneuten Antrag auf Arbeitslosengeld II ab dem 3. August 2007 – soweit es noch vorhanden war - als Vermögen anzusehen war, denn die Klägerin ist erneut hilfebedürftig geworden.
Eine Anrechnung des Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit nach durchschnittlicher Jahresberechnung auf der Grundlage des Einkommenssteuergesetzes kommt auch nicht aufgrund der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 1 gestützten Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld vom 22. August 2005 (BGBl I S. 2499) mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden: Alg II-V 2005) in Betracht. Nach § 2 a Abs. 1 Alg II-V 2005 ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit vom Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) auszugehen. Gemäß § 2 a Abs. 2 S. 1 Alg II-V 2005 ist das Einkommen für das Kalenderjahr zu berechnen in dem der Bedarfszeitraum liegt (Berechnungsjahr). Für jeden Bedarfszeitraum ist ein Zwölftel des Einkommens im Berechnungsjahr als Einkommen zu berücksichtigen (Satz 2). Ist Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Jahres vorhanden, so ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen; für ihn gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil des Arbeitseinkommens, der der Anzahl der in den genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht (Satz 3).
Eine Zurechnung des nur von April bis Juli 2007 außerhalb des Bedarfszeitraumes erzielten Einkommens auf den Bewilligungsmonat Januar 2007 ist bereits nach § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg-II-V 2005 ausgeschlossen, denn Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit war nur während eines Teils des Jahres 2007, nämlich von April bis Juli 2007, vorhanden, so dass – hätte die Klägerin während dieser Zeit im Leistungsbezug gestanden – nur von April bis Juli 2007 das durchschnittliche Einkommen hätte berücksichtigt werden müssen.
Zudem sind die Vorschriften der Alg II-V nur insoweit zu berücksichtigen, als sie von der Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 1 SGB II gedeckt sind. Nach § 13 SGB II kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden: 1. welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen zu berechnen ist; 2. welche weiteren Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind und wie der Wert des Vermögens zu ermitteln ist; 3. welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind. Eine Bestimmung durch Rechtsverordnung, nach der bei selbständiger Tätigkeit weitere Einnahmen zu berücksichtigen sind, nämlich solche, die nach dem Bedarfszeitraum und im Anschluss an den Bewilligungszeitraum zugeflossen sind, ist dagegen nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Insoweit ist Satz 3 der Vorschrift des § 2 a Abs. 2 Alg II-VO 2005 folgerichtig so zu verstehen, dass auch nur im Bedarfszeitraum zugeflossenes Einkommen berücksichtigt werden kann. Dies wird auch im Hinblick auf die Gründe zur Änderung der Alg II-V zum 1. Oktober 2005 deutlich. Während zunächst auch die Anrechnung des Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit nach denselben Regeln monatsweise erfolgen sollte, wie die Anrechnung sonstigen Einkommens (Vgl. § 2 Alg II-V vom 20. Oktober 2004 in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung- BGBl I S. 2622), hat sich das bei Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit als unpraktikabel erwiesen (Begründung zur 1. Änderungs-VO, zu 1), weil das im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erzielte Einkommen Schwankungen unterworfen sein kann, die sich mit der grundsätzlich monatsweise zu bestimmenden Bedürftigkeit aus praktischen Erwägungen nur schwer in Einklang bringen lassen. Die monatliche Betrachtungsweise führte insbesondere dazu, dass Monate mit Einnahmen bei der Einkommensanrechnung voll zu berücksichtigen waren, ohne dass in anderen Monaten hierfür angefallene Ausgaben in Abzug gebracht werden konnten. Deshalb stellt § 2 a Abs. 2 S. 1 Alg II-V 2005 auf den während eines Kalenderjahres erzielten oder voraussichtlich erzielbaren Gewinn ab. Durch die Ausnahme des § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg II-V 2005, nach der die abschnittsweise Betrachtung innerhalb des Kalenderjahres vorgesehen ist, wenn das Einkommen nur in einem Teil des Jahres vorhanden ist, sollte eine ausreichende Bedarfsdeckung für spätere Monate sichergestellt werden, wenn das Einkommen auf einer guten Ertrageslage nur in den ersten Monaten des Jahres beruht. Andererseits sollte tatsächlich verfügbares Einkommen soll in späteren Monaten vollständig einzusetzen sein, wenn Einkommen erst im Laufe des Jahres erzielt worden ist (Begründung zu Nr. 3 der Änderungsverordnung). Der Ausnahmetatbestand in § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg II-V 2005 verdeutlicht, dass von einer durchschnittlichen Betrachtungsweise dann Abstand zu nehmen ist, wenn das Einkommen nur in bestimmten Abschnitten des Jahres erzielt worden und das nicht allein auf die Eigenheiten einer selbständigen Tätigkeit zurückzuführen ist (Hessisches LSG, Beschluss vom 24. April 2007, L 9 AS 284/06, juris, Rn. 31).
Im Monat Januar 2007 stand der Klägerin tatsächlich kein Einkommen für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Dies beruhte auch nicht auf typischen Einkommensschwankungen, sondern auf der Tatsache, dass die Klägerin zu Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit als Architektin noch nicht mit dem Zufluss von Honoraren rechnen konnte, denn regelmäßig ist erst die Architektenleistung zu erbringen, bevor mit Honorar- bzw. Preisgeldeinnahmen gerechnet werden kann.
Der Steuerbescheid für 2007 kann auch nicht aufgrund von § 2 a Abs. 4 Alg II-V 2005 zur Berücksichtigung von Einkommen im Januar 2007 führen, denn über die Gewährung von Leistungen für Januar 2007 hat der Beklagte keine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a SGB II getroffen, obwohl dem Beklagten bereits am 1. Dezember 2006 bekannt war, dass die Klägerin eine selbständige Tätigkeit als Architektin begonnen hat.
Eine Anrechnung des später erzielten Einkommens bereits auf den Bewilligungsmonat Januar 2007 findet daher aufgrund der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches nicht statt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X liegen nicht vor
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Kammer hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides für den Monat Januar 2007. Insbesondere geht es um die Frage, ob bei der Berechnung des zu berücksichtigenden Einkommens auf den sich aus dem Steuerbescheid für 2007 ergebenden monatlichen Durchschnittswert des Gewinns eines Jahres zurückgegriffen werden kann, wenn das Einkommen tatsächlich nur in den Monaten April bis Juli 2007 erzielt worden ist, während dieser Zeit keine Leistungen beantragt worden sind und die selbständige Tätigkeit – hier als Architektin - erst zum 1. Dezember 2006 begonnen hat.
Die 1978 geborene Klägerin ist Diplom-Ingenieurin für Architektur. Der Beklagte bewilligte der Klägerin auf ihren Antrag vom 5. September 2006 mit Bescheid vom 8. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2006 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2007, für Januar 2007 in Höhe von 546,38 Euro. Zum 1. November 2006 beantragte die Klägerin Einstiegsgeld für die Tätigkeit als selbständige Architektin, welches ihr der Beklagte für die Zeit von November 2006 bis Mai 2007 in Höhe von 172,50 Euro monatlich bewilligte. Die Klägerin gab gegenüber dem Beklagten an, dass sie in der Zeit von November 2006 bis Oktober 2007 mit Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit von 1.000,00 Euro und Betriebsausgaben von etwa 500,00 Euro rechne.
Mit Schreiben vom 2. Januar 2007 forderte der Beklagte die Klägerin auf, ihre Ein- und Ausgaben für die Monate Dezember 2006 und Januar 2007 zu belegen und teilte mit, dass ab Februar 2007 die Anrechnung des Einkommens aus Selbständigkeit nach ihrer Prognose erfolge. Der Beklagte änderte die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 2. Januar 2007 und bewilligte der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis 31. März 2007 vorläufig Arbeitslosengeld II in Höhe von 226,38 Euro (unter Berücksichtigung eines voraussichtlichen Einkommens von 500,00 Euro abzüglich 180,00 Euro Freibeträge) wegen der Einkommenseinschätzung vorläufig bis zur Vorlage des endgültigen Einkommenssteuerbescheides. Die Klägerin teilte dem Beklagten am 16. Januar 2007 mit, dass sie im Januar und voraussichtlich auch im Februar 2007 noch keine Einnahmen haben werde. Tatsächlich flossen der Klägerin Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit als Architekten erstmalig am 2. April 2007 in Höhe von 1.486,08 Euro, ferner am 29. Mai 2007 in Höhe von 3.808,00 Euro und am 9. Juli 2007 in Höhe von 3.808,00 Euro zu.
In der Zeit vom 1. April 2007 bis 2. August 2011 stand die Klägerin nicht im Leistungsbezug des Beklagten.
Sie beantragte am 3. August 2007 erneut Arbeitslosengeld II, welches der Beklagte zunächst mit Bescheid vom 24. September 2007 ablehnte. Nach dem Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, keine Einkünfte zu haben, bewilligte der Beklagte ihr Arbeitslosengeld II vom 3. August 2007 bis 31. Januar 2008. Ferner bewilligte der Beklagte der Klägerin ab August 2007 bis Januar 2008 weiterhin Einstiegsgeld von monatlich 138,80 Euro, weil die Klägerin in der Zeit von April bis Juli 2007 ihre Hilfebedürftigkeit beenden konnte. Ab Februar 2008 meldete sich die Klägerin aufgrund geänderter Einkommensverhältnisse aus dem Leistungsbezug ab.
Das Finanzamt übermittelte dem Beklagten am 29. September 2009 die Steuerbescheide der Klägerin für die Jahre 2006 und 2007. Aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 17. November 2008 ergaben sich Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von 5.342,00 Euro. Der Beklagte änderte mit Bescheiden vom 5. Oktober 2009 die Leistungsbewilligung für die Zeiträume Februar 2007 bis März 2007, für die er der Klägerin nunmehr endgültig 270,24 Euro monatlich bewilligte, und für die Zeit vom 3. August 2007 bis 31. Dezember 2007, für die er eine Überzahlung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 1.371,49 Euro feststellte. Ferner hörte der Beklagte die Klägerin zur Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld II (Regelleistung) in Höhe von 276,14 Euro für den Monat Januar 2007 an, weil sie nach dem Steuerbescheid nach Abzug der Freibeträge ein monatlich anzurechnendes Einkommen in Höhe von 276,14 Euro erzielt habe. Die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 5. Oktober 2009 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 14. Dezember 2009 zurück.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 8. September 2006 und den Änderungsbescheid vom 17. Oktober 2006 teilweise für Januar 2007 auf und forderte die Erstattung von 276,14 Euro von der Klägerin. Ihren Widerspruch vom 18. Januar 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2010 zurück, weil Einkommen in Höhe von einem Zwölftel der im Steuerbescheid für 2007 ermittelten Einkünfte abzüglich der Freibeträge, insgesamt in Höhe von 276,14 Euro, zu berücksichtigen gewesen sei, so dass sich ein geringer Leistungsanspruch für Januar ergeben habe. Diesen habe die Klägerin zu erstatten habe. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der am 26. März 2010 erhobenen Klage zum Sozialgericht.
Für den Zeitraum vom 3. August 2007 bis 31. Dezember 2007 hat die Klägerin aufgrund eines gerichtlichen Vergleiches vom 26. Juli 2010 (Aktenzeichen S 129 AS /10) 675,00 Euro an den Beklagte erstattet.
Die Klägerin macht geltend, im Januar 2007 keine Leistungen zu Unrecht erhalten zu haben, weil sie im Januar 2007 tatsächlich kein Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit hatte, sondern nur außerhalb der Zeit des Leistungsbezuges, und zwar von April bis Juli 2007. In dieser Zeit habe sie keine Leistungen bezogen, weil ihr mangels Beratung durch den Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass sie weiterhin Arbeitslosengeld II beziehen könne und es auf das konkrete Betriebsergebnis in den Monaten April bis Juli 2007 gar nicht ankomme. In der Zeit von April bis Juli 2007 habe sie deshalb Krankenkassenbeiträge über 752,16 Euro aufbringen müssen Eine jährliche Betrachtung komme daher nicht in Betracht, sondern es sei allein auf das Zuflussprinzip abzustellen. Bei einer jährlichen Betrachtungsweise des nur außerhalb des Leistungsbezuges erzielten Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit wäre sie zudem schlechter gestellt, als nichtselbständige Arbeitnehmer.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 16. Dezember 2009 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 22. Februar 2010 betreffend den Monat Januar 2007 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte macht geltend, dass er zum Zeitpunkt der Entscheidung an die bis 31. Juli 2007 geltende Arbeitslosengeld II-Verordnung gebunden gewesen sei, wonach eine Anrechnung der Gewinne aus selbständiger Tätigkeit auf der Grundlage des Einkommenssteuerbescheides zu erfolgen habe und das durchschnittliche monatliche Einkommen zu ermitteln sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Gerichtsakten zu S 129 AS /10 und S 94 AS /10 sowie der Behelfsakten des Beklagten (Band I und II, S. 1 bis 409) verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 16. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Der Bescheid vom 16. Dezember 2009 ist materiell rechtswidrig. Der Beklagte stützt die Aufhebungsentscheidung auf die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist – wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt – der Verwaltungsakt vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen seit der Bewilligung des Arbeitslosengeldes II für den Monat Januar 2007 durch den Bescheid vom 8. September 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 17. Oktober 2006 ist nach Überzeugung der Kammer nicht dadurch eingetreten, dass der Klägerin in den Monaten April, Mai und Juni 2007 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit zugeflossen ist, welches zu einem im Steuerbescheid für 2007 ausgewiesenen Gewinn von 5.342,00 Euro für das Jahr 2007 führte. Das außerhalb des Leistungsbezuges erzielte Einkommen würde nicht zum Wegfall des Leistungsanspruchs für Januar 2007 geführt haben. Der Gewinn aus dem Steuerbescheid 2007 war nicht zu einem Zwölftel als Einkommen auf der der Klägerin für Januar 2007 gewährten Leistungen anzurechnen.
Nach § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind als Einkommen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert nach Abzug der in § 11 Abs. 2 SGB II geregelten Beträge zu berücksichtigen, es sei denn es handelt sich um Einkommen, welches § 11 Abs. 3 SGB II zuzuordnen ist. Einkommen ist nach der ständigen Rechtssprechung grundsätzlich alles, was in der Bedarfszeit zufließt (modifizierte Zuflusstheorie, Urteile des BSG vom 30. Juli 2008 B 14/11 b AS 17/07 R, B 14 26/07 R, B 14 AS 43/07 R), während Vermögen dasjenige ist, was bereits vor der Bewilligung von Arbeitslosengeld II vorhanden war.
Die dem Einkommenssteuerbescheid für 2007 in den Monaten April 2007 bis Juli 2007 erzielten Einnahmen der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit sind der Klägerin nicht in der Bedarfszeit zugeflossen. Zwar endet die rechtliche Wirkung des "Zuflussprinzips" nicht mit dem Monat des Zuflusses, sondern erstreckt sich gegebenenfalls über einen Verteilzeitraum, der grundsätzlich mit dem Zufluss der einmaligen Einnahme beginnt und zunächst den gesamten Bewilligungszeitraum erfasst, so dass bei einem Fortzahlungsantrag eine einmalige Einnahme auch im neuen Bewilligungszeitraum weiter verteilt werden kann. Vorliegend war der Bedarfs- und Bewilligungszeitraum aber bereits Ende März 2007 beendet. Die Klägerin hat keinen weiteren Antrag gestellt. So dass auch unter diesem Gesichtspunkt das außerhalb des Leistungsbezuges von April bis Juli 2007 erzielte Einkommen für den späteren erneuten Antrag auf Arbeitslosengeld II ab dem 3. August 2007 – soweit es noch vorhanden war - als Vermögen anzusehen war, denn die Klägerin ist erneut hilfebedürftig geworden.
Eine Anrechnung des Einkommens aus der selbständigen Tätigkeit nach durchschnittlicher Jahresberechnung auf der Grundlage des Einkommenssteuergesetzes kommt auch nicht aufgrund der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 1 gestützten Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld vom 22. August 2005 (BGBl I S. 2499) mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung (im Folgenden: Alg II-V 2005) in Betracht. Nach § 2 a Abs. 1 Alg II-V 2005 ist bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit vom Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) auszugehen. Gemäß § 2 a Abs. 2 S. 1 Alg II-V 2005 ist das Einkommen für das Kalenderjahr zu berechnen in dem der Bedarfszeitraum liegt (Berechnungsjahr). Für jeden Bedarfszeitraum ist ein Zwölftel des Einkommens im Berechnungsjahr als Einkommen zu berücksichtigen (Satz 2). Ist Arbeitseinkommen nur während eines Teils des Jahres vorhanden, so ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen; für ihn gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil des Arbeitseinkommens, der der Anzahl der in den genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht (Satz 3).
Eine Zurechnung des nur von April bis Juli 2007 außerhalb des Bedarfszeitraumes erzielten Einkommens auf den Bewilligungsmonat Januar 2007 ist bereits nach § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg-II-V 2005 ausgeschlossen, denn Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit war nur während eines Teils des Jahres 2007, nämlich von April bis Juli 2007, vorhanden, so dass – hätte die Klägerin während dieser Zeit im Leistungsbezug gestanden – nur von April bis Juli 2007 das durchschnittliche Einkommen hätte berücksichtigt werden müssen.
Zudem sind die Vorschriften der Alg II-V nur insoweit zu berücksichtigen, als sie von der Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 1 SGB II gedeckt sind. Nach § 13 SGB II kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden: 1. welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen zu berechnen ist; 2. welche weiteren Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind und wie der Wert des Vermögens zu ermitteln ist; 3. welche Pauschbeträge für die von dem Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind. Eine Bestimmung durch Rechtsverordnung, nach der bei selbständiger Tätigkeit weitere Einnahmen zu berücksichtigen sind, nämlich solche, die nach dem Bedarfszeitraum und im Anschluss an den Bewilligungszeitraum zugeflossen sind, ist dagegen nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Insoweit ist Satz 3 der Vorschrift des § 2 a Abs. 2 Alg II-VO 2005 folgerichtig so zu verstehen, dass auch nur im Bedarfszeitraum zugeflossenes Einkommen berücksichtigt werden kann. Dies wird auch im Hinblick auf die Gründe zur Änderung der Alg II-V zum 1. Oktober 2005 deutlich. Während zunächst auch die Anrechnung des Arbeitseinkommens aus selbständiger Tätigkeit nach denselben Regeln monatsweise erfolgen sollte, wie die Anrechnung sonstigen Einkommens (Vgl. § 2 Alg II-V vom 20. Oktober 2004 in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung- BGBl I S. 2622), hat sich das bei Berücksichtigung von Einkommen aus selbständiger Tätigkeit als unpraktikabel erwiesen (Begründung zur 1. Änderungs-VO, zu 1), weil das im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit erzielte Einkommen Schwankungen unterworfen sein kann, die sich mit der grundsätzlich monatsweise zu bestimmenden Bedürftigkeit aus praktischen Erwägungen nur schwer in Einklang bringen lassen. Die monatliche Betrachtungsweise führte insbesondere dazu, dass Monate mit Einnahmen bei der Einkommensanrechnung voll zu berücksichtigen waren, ohne dass in anderen Monaten hierfür angefallene Ausgaben in Abzug gebracht werden konnten. Deshalb stellt § 2 a Abs. 2 S. 1 Alg II-V 2005 auf den während eines Kalenderjahres erzielten oder voraussichtlich erzielbaren Gewinn ab. Durch die Ausnahme des § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg II-V 2005, nach der die abschnittsweise Betrachtung innerhalb des Kalenderjahres vorgesehen ist, wenn das Einkommen nur in einem Teil des Jahres vorhanden ist, sollte eine ausreichende Bedarfsdeckung für spätere Monate sichergestellt werden, wenn das Einkommen auf einer guten Ertrageslage nur in den ersten Monaten des Jahres beruht. Andererseits sollte tatsächlich verfügbares Einkommen soll in späteren Monaten vollständig einzusetzen sein, wenn Einkommen erst im Laufe des Jahres erzielt worden ist (Begründung zu Nr. 3 der Änderungsverordnung). Der Ausnahmetatbestand in § 2 a Abs. 2 S. 3 Alg II-V 2005 verdeutlicht, dass von einer durchschnittlichen Betrachtungsweise dann Abstand zu nehmen ist, wenn das Einkommen nur in bestimmten Abschnitten des Jahres erzielt worden und das nicht allein auf die Eigenheiten einer selbständigen Tätigkeit zurückzuführen ist (Hessisches LSG, Beschluss vom 24. April 2007, L 9 AS 284/06, juris, Rn. 31).
Im Monat Januar 2007 stand der Klägerin tatsächlich kein Einkommen für den Lebensunterhalt zur Verfügung. Dies beruhte auch nicht auf typischen Einkommensschwankungen, sondern auf der Tatsache, dass die Klägerin zu Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit als Architektin noch nicht mit dem Zufluss von Honoraren rechnen konnte, denn regelmäßig ist erst die Architektenleistung zu erbringen, bevor mit Honorar- bzw. Preisgeldeinnahmen gerechnet werden kann.
Der Steuerbescheid für 2007 kann auch nicht aufgrund von § 2 a Abs. 4 Alg II-V 2005 zur Berücksichtigung von Einkommen im Januar 2007 führen, denn über die Gewährung von Leistungen für Januar 2007 hat der Beklagte keine vorläufige Entscheidung nach § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 a SGB II getroffen, obwohl dem Beklagten bereits am 1. Dezember 2006 bekannt war, dass die Klägerin eine selbständige Tätigkeit als Architektin begonnen hat.
Eine Anrechnung des später erzielten Einkommens bereits auf den Bewilligungsmonat Januar 2007 findet daher aufgrund der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches nicht statt. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X liegen nicht vor
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Kammer hat die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil es der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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