Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
96
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 96 AS 26664/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Vorliegend haben die Beteiligten eine Kostenentscheidung beantragt und das Verfahren hat sich anders als durch Urteil, nämlich durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten, erledigt. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Beendigung des Rechtsstreits ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, ist gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung nach sachgemäßen Ermessen zu treffen, wobei den mutmaßlichen Erfolgsaussichten Bedeutung zukommt (vgl. BSG, Beschluss v. 16. Mai 2007 – B 7b AS 40/06 R, Rn. 5; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2007 – L 13 B 296/07 SB, Rn. 16, jeweils zitiert nach juris). Dabei ist es in der Regel billig, dass derjenige die Kosten trägt, der voraussichtlich unterlegen wäre (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 193 Rn. 12a m.w.N.). Allerdings kann unter Berücksichtigung der Gründe für die Erhebung und die Erledigung der Klage (sogenanntes Veranlassungsprinzip) auch eine von den Erfolgsaussichten abweichende Entscheidung getroffen werden (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. September 2008 – L 53 B 56/07 SO, Rn. 25 m.w.N., zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend keine Kosten zu erstatten. Denn die Klagen waren zum Zeitpunkt ihrer Erledigung jedenfalls unbegründet. Der Prozessbevollmächtigt der Kläger stellte beim Beklagten am 8. April 2011 im Namen der Kläger achtundvierzig Überprüfungsanträge, die er jeweils einzeln per Fax übermittelte. Zur Überprüfung gestellt wurden dabei achtundvierzig Bescheide, von denen der älteste vom 23. Dezember 2004 datiert, die jüngsten vom 16. November 2010. Die Bescheide betrafen (wohl sämtliche) Zeiträume aus den Jahren 2005 bis 2010. Beantragt wurde jeweils – ohne nähere Begründung – die Überprüfung der Einkommensanrechnung. Die große Mehrzahl der Überprüfungsanträge betraf dabei Leistungszeiträume vor dem 1. Januar 2010, von den in diesem Verfahren gegenständlichen Anträgen gilt dies für 25 der 35 Anträge. Am 10. Oktober 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger achtundvierzig separate Untätigkeitsklagen vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Bei dieser Sachlage spricht bereits Einiges für eine Unzulässigkeit der Untätigkeitsklagen. Denn es drängt sich der Eindruck auf, das Vorgehen der Kläger bzw. ihres Prozessbevollmächtigten sei im Wesentlichen darauf gerichtet gewesen, durch die gehäufte Antragstellung eine verzögerte Bearbeitung durch den Beklagten zu provozieren, um dann – unmittelbar nach Verstreichen der Frist des § 88 Abs. 1 SGG – eine Vielzahl von Untätigkeitsklage erheben zu können mit dem Ziel, eine Kostenübernahme durch den Beklagten zu erwirken. Sollte dies tatsächlich der Hintergrund der erhobenen Klagen sein, wären die Klagen als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig anzusehen. Zu diesem Eindruck trägt beispielsweise bei, dass ein materieller Vorteil für die Kläger durch die Überprüfung der Bescheide in weiten Teilen – selbst bei einem Erfolg der Überprüfungsanträge – gar nicht erreicht werden konnte. Denn gemäß § 40 Abs. 1 SGB II in der seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X können bei Stellung eines Überprüfungsantrages im Jahr 2011 für Leistungszeiträume vor dem 1. Januar 2010 höhere Sozialleistungen nachträglich nicht erbracht werden. Dies betrifft hier den Großteil der zur Überprüfung gestellten Bescheide (s.o.). Hinzu kommt, dass die Überprüfungsentscheidungen des Beklagten, die zu einem überwiegenden Teil (ohne nähere Begründung) nicht zu einer Abänderung der Bescheide geführt haben und, soweit eine Abänderung erfolgte, unter Hinweis auf die oben genannte Regelung jedenfalls eine Nachzahlung von Leistungen abgelehnt haben, von den Klägern – nach Auskunft des Beklagten – nicht angegriffen worden sind. Auch dies spricht gegen ein tatsächliches Interesse der Kläger an einer inhaltlichen Entscheidung zu ihren Gunsten. Letztlich kann die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Klagen aber dahinstehen. Denn jedenfalls waren die Klagen im Zeitpunkt ihrer Erledigung unbegründet. Der Beklagte hatte zureichende Gründe, über die Überprüfungsanträge der Kläger erst am 11. November 2011 (gut sieben Monate nach Eingang der Überprüfungsanträge) zu entscheiden. Diese zureichenden Gründe sind hier zunächst in dem Verhalten der Kläger zu sehen, die beim Beklagten achtundvierzig Überprüfungsanträge zeitgleich gestellt haben. Denn wenn ein Leistungsempfänger bei der Behörde zeitgleich eine Vielzahl von Anträgen stellt, so ist ein zureichender Grund für eine verlängerte Bearbeitungszeit gegeben (vgl. Hintz in: Beck´scher Onlinekommentar, § 88 SGG, Edition 24, Rz. 6). Davon ist schon deshalb auszugehen, weil andernfalls die Verwaltung Gefahr liefe, ihre Verwaltungstätigkeit zu Lasten der übrigen Leistungsempfänger in erster Linie nach den Leistungsempfängern auszurichten, die eine Vielzahl von Verfahren anhängig machen (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juli 2008, Az: L 9 B 39/08 SO, zitiert nach: sozialgerichtsbarkeit.de). Hinzu kommt, dass im Rahmen einer sachgerechten Prioritätensetzung grundsätzlich der Bearbeitung von Überprüfungsanträgen – zumal für mehrere Jahre zurückliegende Zeiträume – im Vergleich zur Bearbeitung von aktuellen Leistungsanträgen eine geringere Bedeutung zukommen dürfte (vgl. Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2011, Az: 189 AS 31901/10, nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist daher eine Überschreitung der Regelbearbeitungsfrist im Falle von Überprüfungsanträgen eher vertretbar als im Falle von aktuellen Leistungsanträgen. Dies galt vorliegend umso mehr als – wie dargelegt – eine Verbesserung der materiellen Situation der Kläger in Bezug auf den Großteil der Anträge der Kläger von vorneherein ausgeschlossen war. Schließlich spricht für eine verlängerte Bearbeitungsfrist – jedenfalls im Zusammenhang mit der gehäuften Antragstellung und dem großen zu überprüfenden Zeitraum – auch die Tatsache, dass die Kläger explizit die Überprüfung der Einkommensanrechnung begehrt hatten, also einer Frage, die eine detaillierte Einzelfallprüfung jedes einzelnen Monats erfordert. Dabei haben die Kläger aber keinerlei Begründung im Einzelnen angegeben und es so dem Beklagten überlassen, die Überprüfung der Einkommensanrechnung unter jedem in Betracht kommenden Aspekt vorzunehmen. Auch dadurch haben die Kläger eine schnelle Bearbeitung jedenfalls nicht gefördert. Nach alledem wäre vorliegend eine deutlich verlängerte Bearbeitungszeit angemessen gewesen. Der Beklagte hat aber (bereits) nach gut sieben Monaten über die Überprüfungsanträge entschieden und damit jedenfalls in einer angemessenen Zeit. Damit waren die Klagen zum Zeitpunkt ihrer Erledigung unbegründet. Auch Veranlassungsgesichtspunkte sprechen hier nicht für eine Kostentragungspflicht des Beklagten. Vor diesem Hintergrund war eine Kostenerstattung nicht anzuordnen. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG.
Gründe:
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Vorliegend haben die Beteiligten eine Kostenentscheidung beantragt und das Verfahren hat sich anders als durch Urteil, nämlich durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten, erledigt. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Beteiligten bei Beendigung des Rechtsstreits ohne Urteil einander Kosten zu erstatten haben, ist gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Erledigung nach sachgemäßen Ermessen zu treffen, wobei den mutmaßlichen Erfolgsaussichten Bedeutung zukommt (vgl. BSG, Beschluss v. 16. Mai 2007 – B 7b AS 40/06 R, Rn. 5; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Dezember 2007 – L 13 B 296/07 SB, Rn. 16, jeweils zitiert nach juris). Dabei ist es in der Regel billig, dass derjenige die Kosten trägt, der voraussichtlich unterlegen wäre (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 193 Rn. 12a m.w.N.). Allerdings kann unter Berücksichtigung der Gründe für die Erhebung und die Erledigung der Klage (sogenanntes Veranlassungsprinzip) auch eine von den Erfolgsaussichten abweichende Entscheidung getroffen werden (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. September 2008 – L 53 B 56/07 SO, Rn. 25 m.w.N., zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen sind vorliegend keine Kosten zu erstatten. Denn die Klagen waren zum Zeitpunkt ihrer Erledigung jedenfalls unbegründet. Der Prozessbevollmächtigt der Kläger stellte beim Beklagten am 8. April 2011 im Namen der Kläger achtundvierzig Überprüfungsanträge, die er jeweils einzeln per Fax übermittelte. Zur Überprüfung gestellt wurden dabei achtundvierzig Bescheide, von denen der älteste vom 23. Dezember 2004 datiert, die jüngsten vom 16. November 2010. Die Bescheide betrafen (wohl sämtliche) Zeiträume aus den Jahren 2005 bis 2010. Beantragt wurde jeweils – ohne nähere Begründung – die Überprüfung der Einkommensanrechnung. Die große Mehrzahl der Überprüfungsanträge betraf dabei Leistungszeiträume vor dem 1. Januar 2010, von den in diesem Verfahren gegenständlichen Anträgen gilt dies für 25 der 35 Anträge. Am 10. Oktober 2011 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger achtundvierzig separate Untätigkeitsklagen vor dem Sozialgericht Berlin erhoben. Bei dieser Sachlage spricht bereits Einiges für eine Unzulässigkeit der Untätigkeitsklagen. Denn es drängt sich der Eindruck auf, das Vorgehen der Kläger bzw. ihres Prozessbevollmächtigten sei im Wesentlichen darauf gerichtet gewesen, durch die gehäufte Antragstellung eine verzögerte Bearbeitung durch den Beklagten zu provozieren, um dann – unmittelbar nach Verstreichen der Frist des § 88 Abs. 1 SGG – eine Vielzahl von Untätigkeitsklage erheben zu können mit dem Ziel, eine Kostenübernahme durch den Beklagten zu erwirken. Sollte dies tatsächlich der Hintergrund der erhobenen Klagen sein, wären die Klagen als rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig anzusehen. Zu diesem Eindruck trägt beispielsweise bei, dass ein materieller Vorteil für die Kläger durch die Überprüfung der Bescheide in weiten Teilen – selbst bei einem Erfolg der Überprüfungsanträge – gar nicht erreicht werden konnte. Denn gemäß § 40 Abs. 1 SGB II in der seit dem 1. April 2011 geltenden Fassung in Verbindung mit § 44 Abs. 4 SGB X können bei Stellung eines Überprüfungsantrages im Jahr 2011 für Leistungszeiträume vor dem 1. Januar 2010 höhere Sozialleistungen nachträglich nicht erbracht werden. Dies betrifft hier den Großteil der zur Überprüfung gestellten Bescheide (s.o.). Hinzu kommt, dass die Überprüfungsentscheidungen des Beklagten, die zu einem überwiegenden Teil (ohne nähere Begründung) nicht zu einer Abänderung der Bescheide geführt haben und, soweit eine Abänderung erfolgte, unter Hinweis auf die oben genannte Regelung jedenfalls eine Nachzahlung von Leistungen abgelehnt haben, von den Klägern – nach Auskunft des Beklagten – nicht angegriffen worden sind. Auch dies spricht gegen ein tatsächliches Interesse der Kläger an einer inhaltlichen Entscheidung zu ihren Gunsten. Letztlich kann die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Klagen aber dahinstehen. Denn jedenfalls waren die Klagen im Zeitpunkt ihrer Erledigung unbegründet. Der Beklagte hatte zureichende Gründe, über die Überprüfungsanträge der Kläger erst am 11. November 2011 (gut sieben Monate nach Eingang der Überprüfungsanträge) zu entscheiden. Diese zureichenden Gründe sind hier zunächst in dem Verhalten der Kläger zu sehen, die beim Beklagten achtundvierzig Überprüfungsanträge zeitgleich gestellt haben. Denn wenn ein Leistungsempfänger bei der Behörde zeitgleich eine Vielzahl von Anträgen stellt, so ist ein zureichender Grund für eine verlängerte Bearbeitungszeit gegeben (vgl. Hintz in: Beck´scher Onlinekommentar, § 88 SGG, Edition 24, Rz. 6). Davon ist schon deshalb auszugehen, weil andernfalls die Verwaltung Gefahr liefe, ihre Verwaltungstätigkeit zu Lasten der übrigen Leistungsempfänger in erster Linie nach den Leistungsempfängern auszurichten, die eine Vielzahl von Verfahren anhängig machen (vgl. Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Juli 2008, Az: L 9 B 39/08 SO, zitiert nach: sozialgerichtsbarkeit.de). Hinzu kommt, dass im Rahmen einer sachgerechten Prioritätensetzung grundsätzlich der Bearbeitung von Überprüfungsanträgen – zumal für mehrere Jahre zurückliegende Zeiträume – im Vergleich zur Bearbeitung von aktuellen Leistungsanträgen eine geringere Bedeutung zukommen dürfte (vgl. Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2011, Az: 189 AS 31901/10, nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist daher eine Überschreitung der Regelbearbeitungsfrist im Falle von Überprüfungsanträgen eher vertretbar als im Falle von aktuellen Leistungsanträgen. Dies galt vorliegend umso mehr als – wie dargelegt – eine Verbesserung der materiellen Situation der Kläger in Bezug auf den Großteil der Anträge der Kläger von vorneherein ausgeschlossen war. Schließlich spricht für eine verlängerte Bearbeitungsfrist – jedenfalls im Zusammenhang mit der gehäuften Antragstellung und dem großen zu überprüfenden Zeitraum – auch die Tatsache, dass die Kläger explizit die Überprüfung der Einkommensanrechnung begehrt hatten, also einer Frage, die eine detaillierte Einzelfallprüfung jedes einzelnen Monats erfordert. Dabei haben die Kläger aber keinerlei Begründung im Einzelnen angegeben und es so dem Beklagten überlassen, die Überprüfung der Einkommensanrechnung unter jedem in Betracht kommenden Aspekt vorzunehmen. Auch dadurch haben die Kläger eine schnelle Bearbeitung jedenfalls nicht gefördert. Nach alledem wäre vorliegend eine deutlich verlängerte Bearbeitungszeit angemessen gewesen. Der Beklagte hat aber (bereits) nach gut sieben Monaten über die Überprüfungsanträge entschieden und damit jedenfalls in einer angemessenen Zeit. Damit waren die Klagen zum Zeitpunkt ihrer Erledigung unbegründet. Auch Veranlassungsgesichtspunkte sprechen hier nicht für eine Kostentragungspflicht des Beklagten. Vor diesem Hintergrund war eine Kostenerstattung nicht anzuordnen. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG.
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