Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
70
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 70 SO 21/18
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 2/20 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Ausschluss von den Leistungen nach dem SGB XII kann beim bloßen Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG nicht allein auf den in § 2 Abs. 1 SGB XII verankerten Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe gestützt werden.
Der Bescheid vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 wird aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von 64,84 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 71,87 EUR zu bewilligen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger ¾ (drei Viertel) seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) um die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018.
Der 1952 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung unter der im Rubrum genannten Anschrift in B., für die im streitigen Zeitraum eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 440,18 EUR (Miete 324,18 EUR + Betriebskostenvorauszahlung 89,00 EUR + Heizkostenvorauszahlung 27,00 EUR) zu zahlen war. Der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum über Einkünfte aus einer Altersrente in Höhe von monatlich 798,93 EUR. Weitere Einkünfte hatte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht, insbesondere bezog er seit dem 01.12.2017 kein Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) mehr.
Der Kläger zahlte im streitigen Zeitraum Beiträge für eine von ihm abgeschlossene Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 8,78 EUR und für eine von ihm abgeschlossene Hausratversicherung im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 5,81 EUR und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 5,84 EUR. Ferner schloss der der Kläger im Jahr 2003 eine Sterbegeldversicherung (Versicherungssumme bei Tod der versicherten Person in Höhe von 3.000,00 EUR; Leistung bei Unfalltod zusätzlich 3.000,00 EUR) ab, für die er im streitigen Zeitraum Beiträge in Höhe von monatlich 8,76 EUR zahlte. Das Bezugsrecht im Todesfall räumte der Kläger einen vom ihm bereits beauftragten Bestattungsunternehmen ein.
Im Zeitraum ab März 2016 bezog der Kläger vom Beklagten zunächst ergänzend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Im Juli 2016 forderte der Beklagte den Kläger auf, einen Antrag auf Wohngeld zu stellen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach, woraufhin ihm für den für den Zeitraum von Juli 2016 bis einschließlich November 2017 Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von monatlich 112,00 EUR bewilligt wurde (Bescheid des Wohngeldamts vom 26.09.2016). Der Beklagte hob die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII sodann mit Wirkung ab dem 01.10.2016 auf (Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 26.09.2016).
Am 14.08.2017 stellte der Kläger beim Beklagten einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII und teilte mit, dass sich durch den Bezug von Wohngeld anstatt der Leistungen nach dem SGB XII seine Lebenssituation verschlechtert habe, weil hierdurch die mit dem "Berlin-Pass" verbundenen Vergünstigungen und die Möglichkeit zur Nutzung des Sozialtickets für öffentliche Verkehrsmittel weggefallen seien. Er mache daher von seinem zustehenden Wahlrecht Gebrauch und beantrage wieder Leistungen nach dem SGB XII.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.09.2017 ab, weil der Kläger seinen notwendigen Lebensunterhalt aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen und/oder Vermögen bestreiten könne. Es werde empfohlen, rechtzeitig einen neuen Antrag auf Wohngeld zu stellen. Dem Ablehnungsbescheid fügte der Beklagte Berechnungsbögen für die Monate August 2017 und September 2017 bei, in denen er das Wohngeld in Höhe von monatlich 112,00 EUR als Einkommen berücksichtigte.
Hiergegen legte der Kläger mit am 05.10.2017 beim Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er ab dem 01.12.2017 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII habe, weil zu diesem Zeitpunkt die Wohngeldzahlungen endeten. Er sei nicht verpflichtet, Wohngeld in Anspruch zu nehmen.
Mit Schreiben vom 17.10.2017 bestätigte der Beklagte zunächst den Eingang des Widerspruchs und verwies auf den in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatz. Der Kläger sei in der Lage seinen notwendigen Lebensunterhalt aus dem Einkommen aus der Altersrente und dem Wohngeld zu bestreiten. Soweit die Bewilligung von Wohngeld im November 2017 ende, werde der Kläger hiermit aufgefordert, unverzüglich einen neuen Wohngeldantrag zu stellen. Sollte eine solche Antragstellung nicht erfolgen, müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich weigere, zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten zu nutzen und es bestünde aus diesem Grund kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Anfang November 2017 leitete der Kläger ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren gegen den Beklagten ein (Az.: S 70 SO 1656/17 ER). In diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde der Beklagte durch gerichtlichen Beschluss vom 29.11.2017 im Wege der einstweiligen Anordnung dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 vorläufig Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu gewähren. Der Beklagte zahlte aufgrund dieses Beschlusses für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 Leistungen in Höhe von 73,60 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 Leistungen in Höhe von monatlich 80,60 EUR an den Kläger aus.
Am 01.12.2017 stellte der Beklagte unter Hinweis auf § 95 SGB XII beim Wohngeldamt für den Kläger einen Antrag auf Gewährung von Wohngeld. Mit Bescheid des Wohngeldamts vom 04.04.2018 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund des Antrags vom 01.12.2017 Wohngeld für den Zeitraum ab dem 01.12.2017 versagt werde, weil der Kläger den ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2017 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 05.10.2017 gegen den Ablehnungsbescheid vom 29.09.2017 zurück. Der Widerspruch sei zwar form- und fristgerecht erhoben, aber in der Sache unbegründet. Für den Zeitraum bis November 2018 sei der Kläger in der Lage gewesen, seinen anzuerkennenden Grundsicherungsbedarf aus seinem um die Beiträge für die Haftpflicht-, Hausrat- und Sterbegeldversicherung bereinigten Einkommen aus der Altersrente und dem bezogenen Wohngeld zu bestreiten. Für den Zeitraum ab Dezember 2017 ergäbe sich wegen der Weigerung des Klägers, erneut Wohngeld zu beantragen, ebenfalls kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Nach einer vom Wohngeldamt eingeholten Auskunft, würde das Wohngeld im Zeitraum ab Dezember 2017 monatlich 99,00 EUR betragen, so dass hiermit der notwendigen Bedarf ebenfalls gedeckt werden könnte. Es bestehe wegen des in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatzes die Verpflichtung, vor Inanspruchnahme von Sozialhilfe jedwedes erzielbare Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen bzw. bestehende Ansprüche durchzusetzen. Es stehe nicht im Belieben des Klägers, zwischen Selbsthilfe und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu wählen. Da der Kläger der Aufforderung, Wohngeld zu beantragen, nicht nachgekommen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass er sich weigere, zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. An der mit Bescheid vom 29.09.2017 erfolgten Leistungsablehnung werde daher auch für den Zeitraum ab Dezember 2017 festgehalten.
Mit am 15.12.2017 beim Beklagten eingegangenem Antragsformular stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Sozialhilfe nach dem SGB XII. Der Beklagte beschied diesen Antrag nicht, sondern teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.12.2017 mit, dass der Antrag bereits mit Bescheid vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 abgelehnt worden und hierbei auch ein Anspruch ab Januar 2018 geprüft worden sei. Gegen diesen Bescheid sei nunmehr ausschließlich das Rechtsmittel der Klage vor dem Sozialgericht Berlin zulässig.
Mit am 21.12.2017 beim Sozialgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er ursprünglich die Aufhebung des Bescheides vom "20.09.2017" in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 und ohne Nennung eines Anfangszeitpunkts die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum bis zum 30.06.2018 begehrt hat.
Der Kläger trägt vor, dass in Übereinstimmung mit dem historischen Gesetzgeber eine Wahlmöglichkeiten zwischen dem Wohngeld und den Leistungen nach dem SGB XII bestehe. Er habe im streitigen Zeitraum keine Wohngeldzahlungen erhalten.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
den Bescheid vom 20.09.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII bis zum 30.06.2018 zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom 13.08.2018 hat der Kläger mitgeteilt, dass für den Zeitraum ab dem 01.11.2017 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII begehrt werde. Mit Schriftsatz vom 20.08.2018 hat der Kläger den Streitzeitraum sodann auf den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 begrenzt und hat die Höhe der beanspruchten Leistungen auf monatlich 80,50 EUR beziffert.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum 01.12.2017-30.06.2018 Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 80,50 EUR monatlich zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass ein Anspruch wegen des in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatzes nicht bestehe. Es bestehe keine Wahlmöglichkeit zwischen dem Wohngeld und den Leistungen nach dem SGB XII.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsatz des Beklagten vom 09.08.2019 und mit Schriftsatz des Klägers vom 15.08.2019 jeweils mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und des Wohngeldamtes und auf die beigezogene Gerichtsakte S 70 SO 1656/17 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Klage hat, soweit das Gericht noch eine Entscheidung über sie zu treffen hatte, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Soweit der Kläger zwischenzeitlich auch für den Monat November 2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII begehrt hat (Schriftsatz vom 13.08.2018), hatte das Gericht hierüber keine Entscheidung mehr zu treffen, weil der Kläger die Klage durch die mit Schriftsatz vom 20.08.2018 erfolgte Begrenzung des Streitzeitraums auf den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 insoweit konkludent zurückgenommen hat, so dass der Rechtsstreit, soweit der Monat November 2017 streitgegenständlich war, gemäß § 102 Abs. 1 S. 2 SGG in der Hauptsache erledigt ist.
2. Gegenstand des Rechtsstreit ist nach dieser teilweisen Klagerücknahme der zuletzt gestellte Klageantrag, mit dem der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom "20.09.2017" in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 und für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 80,50 EUR begehrt.
Dieser Klageantrag war gemäß § 123 SGG zunächst dahingehend auszulegen, dass nicht die Aufhebung eines im Klageantrag ausdrücklich bezeichneten Bescheides vom "20.09.2017", sondern die Aufhebung des (Ablehnungs-)Bescheides vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 begehrt wird. Denn es handelt sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler. Der Klageantrag, mit dem lediglich allgemein die Bewilligung von "Leistungen nach dem SGB XII" beansprucht wird, war ferner dahingehend auszulegen, dass die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII begehrt wird. Denn das Begehren des Klägers ist erkennbar auf die Bewilligung von existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII, also entweder Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, gerichtet. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum kommt ausschließlich die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Betracht, da der Kläger die Altersgrenze für die Gewährung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§ 41 Abs. 2 SGB XII) erst am 18.06.2018 erreicht hat.
3. Die dahingehend ausgelegte Klage, mit der wegen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits vorläufig ausgezahlten Leistungen keine Leistung in Geld, sondern ausschließlich der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt wird, ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGG statthaft und zulässig.
Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass der Beklagte mit dem ursprünglichen Ablehnungsbescheid vom 29.09.2017 ausweislich der diesem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen ausschließlich eine Entscheidung für die Monate August 2017 und September 2017 und damit nicht für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 getroffen haben dürfte. Denn gemäß § 95 SGG ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt, in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausdrücklich auch eine Entscheidung für den Zeitraum ab Dezember 2017 getroffen, so dass mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 eine Entscheidung über den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 erfolgt ist.
Der am 15.12.2017 erneut gestellte Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII steht der Zulässigkeit der Klage ebenfalls nicht entgegen. Denn der angefochtene Bescheid kann sich nur dann im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigen, wenn auf einen erneuten Antrag auch ein neuer Bescheid ergeht (BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte den neuen Antrag des Klägers vom 15.12.2017 nicht beschieden, so dass kein zur Unzulässigkeit der Klage führender Fall der Erledigung im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X vorliegt.
4. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Nach § 19 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Diese Voraussetzungen für die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII lagen beim Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach vor.
Der sozialhilferechtlich zu berücksichtigende notwendigen Lebensunterhalt des Klägers belief sich im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 auf 849,18 EUR (Regelbedarf gemäß § 27a i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII in Höhe von 409,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Höhe von 440,18 EUR) und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 auf monatlich 856,18 EUR (Regelbedarf 416,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung 440,18 EUR).
Diesen notwendigen Lebensunterhalt in Höhe von 849,18 EUR bzw. in Höhe von monatlich 856,18 EUR konnte der Kläger im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 aus seinem Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken. Denn Anhaltspunkte für das Vorhandensein von verwertbarem Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich und der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum ausschließlich über zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII aus der von ihm bezogenen Altersrente in Höhe von monatlich 798,93 EUR, welches, unabhängig von der Höhe der nach § 82 Abs. 2 S. 1 SGB XII hiervon noch vorzunehmenden Absetzungen (dazu später), zur vollständigen Deckung des notwendigen Lebensunterhalts nicht ausreichte. Über weitere als Einkommen zu berücksichtigende Einkünfte verfügte der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Insbesondere stellt allein der (etwaige) Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Wohngeld nach dem WoGG kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar. Denn zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn es im Bedarfszeitraum tatsächlich zufließt und als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung steht (Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage, Stand 13.08.2018, § 82 Rn. 25 ff. m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Dies war hier bezüglich des Wohngeldes nach dem WoGG nicht der Fall, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei Wohngeld tatsächlich erhalten hat, so dass es ihm nicht als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung stand.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht gemäß § 21 S. 1 SGB XII von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen, weil er eine Altersrente bezog, so dass er gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 SGB II nicht zu den dem Grunde nach Leistungsberechtigten Personen im Sinne des SGB II gehörte.
Der Kläger war, entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung, auch nicht aufgrund des in § 2 Abs. 1 SGB XII verankerten Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Voraussetzungen für einen auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützten Leistungsausschluss liegen hier nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsausschluss nicht daraus, dass dem Kläger für den streitigen Zeitraum (wohl) ein Anspruch auf Wohngeld nach dem WoGG zugestanden hätte und dass er bei entsprechender Antragstellung und Mitwirkung im anschließenden Verwaltungsverfahren durch den Bezug von Wohngeld nach dem WoGG eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII (wohl) hätte vermeiden können. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei der Regelung in § 2 Abs. 1 SGB XII, wenn andere Leistungen nicht tatsächlich erbracht werden, nicht um eine eigenständige Ausschlussnorm, sondern der Vorschrift kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII, insbesondere den Regelungen über den Einsatz von Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§§ 90 f. SGB XII) oder sonstigen leistungshindernden Normen, Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R; BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 21/08 R; BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 23/08 R; BSG, Urteil vom 26.08.2008 – B 8/9b SO 16/07 R). Im vorliegenden Fall hat der Kläger im streitigen Zeitraum kein Wohngeld nach dem WoGG tatsächlich erhalten und es sind die die Vorschrift des § 2 Abs. 1 SGB XII konkretisierenden Regelungen über den Einsatz von Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) zu berücksichtigen, wonach zu berücksichtigendes Einkommen nur dann vorliegt, wenn es im Bedarfszeitraum tatsächlich zufließt und als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung steht (vgl. hierzu die obigen Ausführungen). Ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsschluss kommt daher nach der geschilderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der das erkennende Gericht folgt, im Regelfall nicht in Betracht.
Soweit das Bundessozialgericht einen allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII und ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII gestützten Leistungsschluss in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind, zumindest für möglich hält (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R; BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 21/08 R; BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 23/08 R; BSG, Urteil vom 26.08.2008 – B 8/9b SO 16/07 R), liegt ein solcher extremer Ausnahmefall hier nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Der gegenteiligen in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach bereits das bloße Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG wegen des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 SGB XII zu einem Ausschluss von den Leistungen nach dem SGB XII führe (SG Berlin, Beschluss vom 18.12.2017 – S 145 SO 1717/17 ER; SG Aachen, Beschluss vom 06.05.2016 – S 19 SO 49/16 ER; SG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2010 – S 4 AS 1393/10 ER), folgt das erkennende Gericht nicht. Denn dieser Auffassung steht bereits der klare Wortlaut des § 2 Abs. 1 SGB XII entgegen, der ausdrücklich auf den "Einsatz" eines (tatsächlich vorhandenen) Einkommens und Vermögens und auf den (tatsächlichen) Erhalt von Leistungen anderer Sozialleistungsträger abgestellt, so dass das bloße Bestehen von (etwaigen) Ansprüchen gegen Dritte schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu einem Leistungsausschluss führen kann (so auch: Coseriu in LPK-SGB XII, 2. Auflage, Stand 11.04.2017, § 2 Rn. 13). Darüber hinaus spricht die gesamte Systematik des SGB XII dafür, dass allein das bloße Bestehen von (etwaigen) Ansprüchen gegen Dritte nicht zu einem allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützten Leistungsausschluss führen kann. Denn das SGB XII sieht für den Fall des Bestehens von Ansprüchen gegen Dritte, welche vom Leistungsberechtigten nicht durchgesetzt werden, mehrere ausdrückliche Regelungen vor, wie der Sozialhilfeträger auf ein solches Verhalten reagieren kann. Nach § 93 SGB XII kann der Sozialhilfeträger bestehende Ansprüche des Leistungsberechtigten gegen Dritte, die keine Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I sind, auf sich überleiten. Unterhaltsansprüche des Leistungsberechtigten gehen nach § 94 SGB XII bereits kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über. Schließlich kann der (erstattungsberechtige) Sozialhilfeträger nach § 95 SGB XII selbst die Feststellung einer vorrangigen Sozialleistung betreiben. Außerdem sieht § 103 SGB XII einen Kostenersatzanspruch des Sozialhilfeträgers vor, wenn ein volljähriger Leistungsberechtigter durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat. Dieser gesamten gesetzlichen Regelungen hätte es nicht bedurft, wenn die Gewährung von Sozialhilfe bei Bestehen von Ansprüchen gegen Dritte, die vom Leistungsberechtigten nicht durchgesetzt werden, ohnehin unter Hinweis auf den Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII abgelehnt werden könnte. Im Gegenteil zeigt die Gesetzessystematik, dass sich der Sozialhilfeträger für den Fall, dass dem Leistungsberechtigten ein Anspruch gegen Dritte zusteht, der von ihm aber nicht durchgesetzt wird, zunächst Sozialhilfe gewähren muss und sich erst anschließend der genannten Möglichkeiten bedienen kann (so auch: Coseriu in juris-PK-SGB XII. 2. Auflage, Stand 11.04.2017, § 2 Rn. 16 ff.). Ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsausschluss beim bloßen Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG, ohne dass dem Leistungsberechtigten hieraus "bereite Mittel" tatsächlich zufließen, lässt sich mit der Gesetzessystematik hingegen nicht vereinbaren (so im Ergebnis auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2017 – L 15 SO 252/16 B PKH (unveröffentlicht); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2018 – L 15 SO 213/17 B PKH; wonach sogar ein "Wahlrecht" zwischen der Inanspruchnahme von Wohngeld oder der Inanspruchnahme von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bestehen soll; wohl auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2018 – L 23 SO 208/17).
Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Ausschlusstatbestände sind weder vorgetragen worden noch für das Gericht ersichtlich. Dem Kläger steht damit für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach ein Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu.
Der Höhe nach hat der Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 aber nur einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von 64,84 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 nur einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 71,87 EUR, so dass die darüber hinausgehende Klage, mit der eine Bewilligung in Höhe von monatlich 80,50 EUR begehrt wird, teilweise abzuweisen war.
Dies ergibt sich aus der vorzunehmenden Gegenüberstellung des sozialhilferechtlich zu berücksichtigende notwendigen Lebensunterhalts im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 849,18 EUR (Regelbedarf 409,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und 440,18 EUR) und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 856,18 EUR (Regelbedarf 416,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung 440,18 EUR) mit dem zu berücksichtigendem Einkommen aus der vom Kläger bezogenen Altersrente. Denn von der bezogenen Altersrente sind gemäß § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII ausschließlich die dem Grunde und der Höhe nach als angemessen anzusehenden Beiträge für die Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 8,78 EUR und für die Hausratversicherung im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 5,81 EUR und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 5,84 EUR abzusetzen. Eine zusätzliche Absetzung der Beiträge für die Sterbegeldversicherung in Höhe von monatlich 8,76 EUR kommt hingegen nicht in Betracht. Denn gemäß § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII sind Versicherungsbeiträge für den hier vorliegenden Fall einer nicht gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung nur abzusetzen, soweit die Beiträge nach Grund und Höhe angemessen sind. Der Zahlung von Beiträgen für eine Sterbegeldversicherung ist für einen Sozialhilfebezieher bereits dem Grunde nach nicht als angemessen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, weil das Risiko, gegen das hiermit Vorsorge getroffen wird, wirtschaftlich nicht den Sozialhilfeempfänger, sondern Personen betrifft die zur Tragung der Bestattungskosten dereinst verpflichtet sein werden und bezüglich derer eine Sozialhilfebedürftigkeit gegenwärtig nicht abzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.06.2002 – 5 C 43/01). Es ergibt sich für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 damit ein anzurechnendes Einkommen aus der bezogenen Altersrente in Höhe von 784,34 EUR (= Altersrente 798,93 EUR - Beitrag Haftpflichtversicherung 8,78 EUR - Beitrag Hausratversicherung 5,81 EUR) und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 ein anzurechnendes Einkommen aus der bezogenen Altersrente in Höhe von monatlich 784,31 EUR (= Altersrente 798,93 EUR - Beitrag Haftpflichtversicherung 8,78 EUR - Beitrag Hausratversicherung 5,84 EUR). Der dem Kläger zustehende Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII berechnet sich nach alledem für den streitigen Zeitraum wie folgt:
Dezember 2017: Gesamtbedarf: 849,18 EUR - anzurechnendes Einkommen: 784,34 EUR Anspruch: 64,84 EUR
Januar 2018 bis Juni 2018: Gesamtbedarf: 856,18 EUR - anzurechnendes Einkommen: 784,31 EUR monatlicher Anspruch: 71,87 EUR
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger die ursprünglich auch für den Monat November 2017 erhobene Klage im Verlauf des Rechtsstreits teilweise zurückgenommen hat und dass die aufrechterhaltene Klage überwiegend erfolgreich war.
Die Berufung gegen dieses Urteil, die der Zulassung bedürfte, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) und weil auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG), war zuzulassen, weil der Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG (grundsätzliche Bedeutung) vorliegt. Denn bei der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob bereits das bloße Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG wegen des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 SGB XII zu einem Ausschluss von den Leistungen nach dem SGB XII führt, handelt es sich wegen der in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen um eine nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Verfahren Bedeutung besitzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) um die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018.
Der 1952 geborene Kläger bewohnt eine Wohnung unter der im Rubrum genannten Anschrift in B., für die im streitigen Zeitraum eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 440,18 EUR (Miete 324,18 EUR + Betriebskostenvorauszahlung 89,00 EUR + Heizkostenvorauszahlung 27,00 EUR) zu zahlen war. Der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum über Einkünfte aus einer Altersrente in Höhe von monatlich 798,93 EUR. Weitere Einkünfte hatte der Kläger im streitigen Zeitraum nicht, insbesondere bezog er seit dem 01.12.2017 kein Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) mehr.
Der Kläger zahlte im streitigen Zeitraum Beiträge für eine von ihm abgeschlossene Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 8,78 EUR und für eine von ihm abgeschlossene Hausratversicherung im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 5,81 EUR und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 5,84 EUR. Ferner schloss der der Kläger im Jahr 2003 eine Sterbegeldversicherung (Versicherungssumme bei Tod der versicherten Person in Höhe von 3.000,00 EUR; Leistung bei Unfalltod zusätzlich 3.000,00 EUR) ab, für die er im streitigen Zeitraum Beiträge in Höhe von monatlich 8,76 EUR zahlte. Das Bezugsrecht im Todesfall räumte der Kläger einen vom ihm bereits beauftragten Bestattungsunternehmen ein.
Im Zeitraum ab März 2016 bezog der Kläger vom Beklagten zunächst ergänzend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Im Juli 2016 forderte der Beklagte den Kläger auf, einen Antrag auf Wohngeld zu stellen. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach, woraufhin ihm für den für den Zeitraum von Juli 2016 bis einschließlich November 2017 Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) in Höhe von monatlich 112,00 EUR bewilligt wurde (Bescheid des Wohngeldamts vom 26.09.2016). Der Beklagte hob die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII sodann mit Wirkung ab dem 01.10.2016 auf (Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 26.09.2016).
Am 14.08.2017 stellte der Kläger beim Beklagten einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII und teilte mit, dass sich durch den Bezug von Wohngeld anstatt der Leistungen nach dem SGB XII seine Lebenssituation verschlechtert habe, weil hierdurch die mit dem "Berlin-Pass" verbundenen Vergünstigungen und die Möglichkeit zur Nutzung des Sozialtickets für öffentliche Verkehrsmittel weggefallen seien. Er mache daher von seinem zustehenden Wahlrecht Gebrauch und beantrage wieder Leistungen nach dem SGB XII.
Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.09.2017 ab, weil der Kläger seinen notwendigen Lebensunterhalt aus dem zur Verfügung stehenden Einkommen und/oder Vermögen bestreiten könne. Es werde empfohlen, rechtzeitig einen neuen Antrag auf Wohngeld zu stellen. Dem Ablehnungsbescheid fügte der Beklagte Berechnungsbögen für die Monate August 2017 und September 2017 bei, in denen er das Wohngeld in Höhe von monatlich 112,00 EUR als Einkommen berücksichtigte.
Hiergegen legte der Kläger mit am 05.10.2017 beim Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass er ab dem 01.12.2017 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII habe, weil zu diesem Zeitpunkt die Wohngeldzahlungen endeten. Er sei nicht verpflichtet, Wohngeld in Anspruch zu nehmen.
Mit Schreiben vom 17.10.2017 bestätigte der Beklagte zunächst den Eingang des Widerspruchs und verwies auf den in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatz. Der Kläger sei in der Lage seinen notwendigen Lebensunterhalt aus dem Einkommen aus der Altersrente und dem Wohngeld zu bestreiten. Soweit die Bewilligung von Wohngeld im November 2017 ende, werde der Kläger hiermit aufgefordert, unverzüglich einen neuen Wohngeldantrag zu stellen. Sollte eine solche Antragstellung nicht erfolgen, müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger sich weigere, zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten zu nutzen und es bestünde aus diesem Grund kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Anfang November 2017 leitete der Kläger ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren gegen den Beklagten ein (Az.: S 70 SO 1656/17 ER). In diesem einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde der Beklagte durch gerichtlichen Beschluss vom 29.11.2017 im Wege der einstweiligen Anordnung dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 vorläufig Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu gewähren. Der Beklagte zahlte aufgrund dieses Beschlusses für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 Leistungen in Höhe von 73,60 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 Leistungen in Höhe von monatlich 80,60 EUR an den Kläger aus.
Am 01.12.2017 stellte der Beklagte unter Hinweis auf § 95 SGB XII beim Wohngeldamt für den Kläger einen Antrag auf Gewährung von Wohngeld. Mit Bescheid des Wohngeldamts vom 04.04.2018 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass aufgrund des Antrags vom 01.12.2017 Wohngeld für den Zeitraum ab dem 01.12.2017 versagt werde, weil der Kläger den ihm obliegenden Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und dadurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2017 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 05.10.2017 gegen den Ablehnungsbescheid vom 29.09.2017 zurück. Der Widerspruch sei zwar form- und fristgerecht erhoben, aber in der Sache unbegründet. Für den Zeitraum bis November 2018 sei der Kläger in der Lage gewesen, seinen anzuerkennenden Grundsicherungsbedarf aus seinem um die Beiträge für die Haftpflicht-, Hausrat- und Sterbegeldversicherung bereinigten Einkommen aus der Altersrente und dem bezogenen Wohngeld zu bestreiten. Für den Zeitraum ab Dezember 2017 ergäbe sich wegen der Weigerung des Klägers, erneut Wohngeld zu beantragen, ebenfalls kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Nach einer vom Wohngeldamt eingeholten Auskunft, würde das Wohngeld im Zeitraum ab Dezember 2017 monatlich 99,00 EUR betragen, so dass hiermit der notwendigen Bedarf ebenfalls gedeckt werden könnte. Es bestehe wegen des in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatzes die Verpflichtung, vor Inanspruchnahme von Sozialhilfe jedwedes erzielbare Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen bzw. bestehende Ansprüche durchzusetzen. Es stehe nicht im Belieben des Klägers, zwischen Selbsthilfe und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe zu wählen. Da der Kläger der Aufforderung, Wohngeld zu beantragen, nicht nachgekommen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass er sich weigere, zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. An der mit Bescheid vom 29.09.2017 erfolgten Leistungsablehnung werde daher auch für den Zeitraum ab Dezember 2017 festgehalten.
Mit am 15.12.2017 beim Beklagten eingegangenem Antragsformular stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Sozialhilfe nach dem SGB XII. Der Beklagte beschied diesen Antrag nicht, sondern teilte dem Kläger mit Schreiben vom 28.12.2017 mit, dass der Antrag bereits mit Bescheid vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 abgelehnt worden und hierbei auch ein Anspruch ab Januar 2018 geprüft worden sei. Gegen diesen Bescheid sei nunmehr ausschließlich das Rechtsmittel der Klage vor dem Sozialgericht Berlin zulässig.
Mit am 21.12.2017 beim Sozialgericht Berlin eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er ursprünglich die Aufhebung des Bescheides vom "20.09.2017" in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 und ohne Nennung eines Anfangszeitpunkts die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII für den Zeitraum bis zum 30.06.2018 begehrt hat.
Der Kläger trägt vor, dass in Übereinstimmung mit dem historischen Gesetzgeber eine Wahlmöglichkeiten zwischen dem Wohngeld und den Leistungen nach dem SGB XII bestehe. Er habe im streitigen Zeitraum keine Wohngeldzahlungen erhalten.
Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
den Bescheid vom 20.09.2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Leistungen nach dem SGB XII bis zum 30.06.2018 zu bewilligen.
Mit Schriftsatz vom 13.08.2018 hat der Kläger mitgeteilt, dass für den Zeitraum ab dem 01.11.2017 Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII begehrt werde. Mit Schriftsatz vom 20.08.2018 hat der Kläger den Streitzeitraum sodann auf den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 begrenzt und hat die Höhe der beanspruchten Leistungen auf monatlich 80,50 EUR beziffert.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 20.09.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum 01.12.2017-30.06.2018 Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von 80,50 EUR monatlich zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, dass ein Anspruch wegen des in § 2 Abs. 1 SGB XII geregelten Nachranggrundsatzes nicht bestehe. Es bestehe keine Wahlmöglichkeit zwischen dem Wohngeld und den Leistungen nach dem SGB XII.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsatz des Beklagten vom 09.08.2019 und mit Schriftsatz des Klägers vom 15.08.2019 jeweils mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten und des Wohngeldamtes und auf die beigezogene Gerichtsakte S 70 SO 1656/17 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hiermit ihr Einverständnis erklärt haben.
Die Klage hat, soweit das Gericht noch eine Entscheidung über sie zu treffen hatte, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
1. Soweit der Kläger zwischenzeitlich auch für den Monat November 2017 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII begehrt hat (Schriftsatz vom 13.08.2018), hatte das Gericht hierüber keine Entscheidung mehr zu treffen, weil der Kläger die Klage durch die mit Schriftsatz vom 20.08.2018 erfolgte Begrenzung des Streitzeitraums auf den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 insoweit konkludent zurückgenommen hat, so dass der Rechtsstreit, soweit der Monat November 2017 streitgegenständlich war, gemäß § 102 Abs. 1 S. 2 SGG in der Hauptsache erledigt ist.
2. Gegenstand des Rechtsstreit ist nach dieser teilweisen Klagerücknahme der zuletzt gestellte Klageantrag, mit dem der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom "20.09.2017" in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 und für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 die Verpflichtung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 80,50 EUR begehrt.
Dieser Klageantrag war gemäß § 123 SGG zunächst dahingehend auszulegen, dass nicht die Aufhebung eines im Klageantrag ausdrücklich bezeichneten Bescheides vom "20.09.2017", sondern die Aufhebung des (Ablehnungs-)Bescheides vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 begehrt wird. Denn es handelt sich insoweit um einen offensichtlichen Schreibfehler. Der Klageantrag, mit dem lediglich allgemein die Bewilligung von "Leistungen nach dem SGB XII" beansprucht wird, war ferner dahingehend auszulegen, dass die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII begehrt wird. Denn das Begehren des Klägers ist erkennbar auf die Bewilligung von existenzsichernden Leistungen nach dem SGB XII, also entweder Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, gerichtet. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum kommt ausschließlich die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Betracht, da der Kläger die Altersgrenze für die Gewährung von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§ 41 Abs. 2 SGB XII) erst am 18.06.2018 erreicht hat.
3. Die dahingehend ausgelegte Klage, mit der wegen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits vorläufig ausgezahlten Leistungen keine Leistung in Geld, sondern ausschließlich der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt wird, ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGG statthaft und zulässig.
Insbesondere steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, dass der Beklagte mit dem ursprünglichen Ablehnungsbescheid vom 29.09.2017 ausweislich der diesem Bescheid beigefügten Berechnungsbögen ausschließlich eine Entscheidung für die Monate August 2017 und September 2017 und damit nicht für den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 getroffen haben dürfte. Denn gemäß § 95 SGG ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt, in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte im angefochtenen Widerspruchsbescheid ausdrücklich auch eine Entscheidung für den Zeitraum ab Dezember 2017 getroffen, so dass mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2017 eine Entscheidung über den hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 erfolgt ist.
Der am 15.12.2017 erneut gestellte Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII steht der Zulässigkeit der Klage ebenfalls nicht entgegen. Denn der angefochtene Bescheid kann sich nur dann im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erledigen, wenn auf einen erneuten Antrag auch ein neuer Bescheid ergeht (BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte den neuen Antrag des Klägers vom 15.12.2017 nicht beschieden, so dass kein zur Unzulässigkeit der Klage führender Fall der Erledigung im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X vorliegt.
4. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII.
Nach § 19 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 SGB XII ist Hilfe zum Lebensunterhalt Personen leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen bestreiten können. Diese Voraussetzungen für die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII lagen beim Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach vor.
Der sozialhilferechtlich zu berücksichtigende notwendigen Lebensunterhalt des Klägers belief sich im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 auf 849,18 EUR (Regelbedarf gemäß § 27a i.V.m. der Anlage zu § 28 SGB XII in Höhe von 409,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Höhe von 440,18 EUR) und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 auf monatlich 856,18 EUR (Regelbedarf 416,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung 440,18 EUR).
Diesen notwendigen Lebensunterhalt in Höhe von 849,18 EUR bzw. in Höhe von monatlich 856,18 EUR konnte der Kläger im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 aus seinem Einkommen und Vermögen nicht vollständig decken. Denn Anhaltspunkte für das Vorhandensein von verwertbarem Vermögen im Sinne des § 90 SGB XII sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich und der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum ausschließlich über zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII aus der von ihm bezogenen Altersrente in Höhe von monatlich 798,93 EUR, welches, unabhängig von der Höhe der nach § 82 Abs. 2 S. 1 SGB XII hiervon noch vorzunehmenden Absetzungen (dazu später), zur vollständigen Deckung des notwendigen Lebensunterhalts nicht ausreichte. Über weitere als Einkommen zu berücksichtigende Einkünfte verfügte der Kläger im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht. Insbesondere stellt allein der (etwaige) Anspruch des Klägers auf Bewilligung von Wohngeld nach dem WoGG kein zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne des § 82 Abs. 1 S. 1 SGB XII dar. Denn zu berücksichtigendes Einkommen im Sinne dieser Vorschrift liegt nur dann vor, wenn es im Bedarfszeitraum tatsächlich zufließt und als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung steht (Schmidt in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage, Stand 13.08.2018, § 82 Rn. 25 ff. m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung). Dies war hier bezüglich des Wohngeldes nach dem WoGG nicht der Fall, weil der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei Wohngeld tatsächlich erhalten hat, so dass es ihm nicht als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung stand.
Der Kläger war im streitigen Zeitraum nicht gemäß § 21 S. 1 SGB XII von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen, weil er eine Altersrente bezog, so dass er gemäß § 7 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 SGB II nicht zu den dem Grunde nach Leistungsberechtigten Personen im Sinne des SGB II gehörte.
Der Kläger war, entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung, auch nicht aufgrund des in § 2 Abs. 1 SGB XII verankerten Grundsatzes des Nachrangs der Sozialhilfe von der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift erhält Sozialhilfe nicht, wer sich vor allem durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
Die Voraussetzungen für einen auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützten Leistungsausschluss liegen hier nicht vor. Insbesondere ergibt sich ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsausschluss nicht daraus, dass dem Kläger für den streitigen Zeitraum (wohl) ein Anspruch auf Wohngeld nach dem WoGG zugestanden hätte und dass er bei entsprechender Antragstellung und Mitwirkung im anschließenden Verwaltungsverfahren durch den Bezug von Wohngeld nach dem WoGG eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII (wohl) hätte vermeiden können. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei der Regelung in § 2 Abs. 1 SGB XII, wenn andere Leistungen nicht tatsächlich erbracht werden, nicht um eine eigenständige Ausschlussnorm, sondern der Vorschrift kommt regelmäßig nur im Zusammenhang mit ergänzenden bzw. konkretisierenden sonstigen Vorschriften des SGB XII, insbesondere den Regelungen über den Einsatz von Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) und Vermögen (§§ 90 f. SGB XII) oder sonstigen leistungshindernden Normen, Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R; BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 21/08 R; BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 23/08 R; BSG, Urteil vom 26.08.2008 – B 8/9b SO 16/07 R). Im vorliegenden Fall hat der Kläger im streitigen Zeitraum kein Wohngeld nach dem WoGG tatsächlich erhalten und es sind die die Vorschrift des § 2 Abs. 1 SGB XII konkretisierenden Regelungen über den Einsatz von Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) zu berücksichtigen, wonach zu berücksichtigendes Einkommen nur dann vorliegt, wenn es im Bedarfszeitraum tatsächlich zufließt und als "bereites Mittel" tatsächlich zur Verfügung steht (vgl. hierzu die obigen Ausführungen). Ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsschluss kommt daher nach der geschilderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der das erkennende Gericht folgt, im Regelfall nicht in Betracht.
Soweit das Bundessozialgericht einen allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII und ohne Rückgriff auf andere Normen des SGB XII gestützten Leistungsschluss in extremen Ausnahmefällen, etwa wenn sich der Bedürftige generell eigenen Bemühungen verschließt und Ansprüche ohne weiteres realisierbar sind, zumindest für möglich hält (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R; BSG, Urteil vom 02.02.2010 – B 8 SO 21/08 R; BSG, Urteil vom 29.09.2009 – B 8 SO 23/08 R; BSG, Urteil vom 26.08.2008 – B 8/9b SO 16/07 R), liegt ein solcher extremer Ausnahmefall hier nach Auffassung des Gerichts nicht vor. Der gegenteiligen in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung, wonach bereits das bloße Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG wegen des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 SGB XII zu einem Ausschluss von den Leistungen nach dem SGB XII führe (SG Berlin, Beschluss vom 18.12.2017 – S 145 SO 1717/17 ER; SG Aachen, Beschluss vom 06.05.2016 – S 19 SO 49/16 ER; SG Karlsruhe, Beschluss vom 28.04.2010 – S 4 AS 1393/10 ER), folgt das erkennende Gericht nicht. Denn dieser Auffassung steht bereits der klare Wortlaut des § 2 Abs. 1 SGB XII entgegen, der ausdrücklich auf den "Einsatz" eines (tatsächlich vorhandenen) Einkommens und Vermögens und auf den (tatsächlichen) Erhalt von Leistungen anderer Sozialleistungsträger abgestellt, so dass das bloße Bestehen von (etwaigen) Ansprüchen gegen Dritte schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu einem Leistungsausschluss führen kann (so auch: Coseriu in LPK-SGB XII, 2. Auflage, Stand 11.04.2017, § 2 Rn. 13). Darüber hinaus spricht die gesamte Systematik des SGB XII dafür, dass allein das bloße Bestehen von (etwaigen) Ansprüchen gegen Dritte nicht zu einem allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützten Leistungsausschluss führen kann. Denn das SGB XII sieht für den Fall des Bestehens von Ansprüchen gegen Dritte, welche vom Leistungsberechtigten nicht durchgesetzt werden, mehrere ausdrückliche Regelungen vor, wie der Sozialhilfeträger auf ein solches Verhalten reagieren kann. Nach § 93 SGB XII kann der Sozialhilfeträger bestehende Ansprüche des Leistungsberechtigten gegen Dritte, die keine Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I sind, auf sich überleiten. Unterhaltsansprüche des Leistungsberechtigten gehen nach § 94 SGB XII bereits kraft Gesetzes auf den Sozialhilfeträger über. Schließlich kann der (erstattungsberechtige) Sozialhilfeträger nach § 95 SGB XII selbst die Feststellung einer vorrangigen Sozialleistung betreiben. Außerdem sieht § 103 SGB XII einen Kostenersatzanspruch des Sozialhilfeträgers vor, wenn ein volljähriger Leistungsberechtigter durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten die Voraussetzungen für die Leistungen der Sozialhilfe herbeigeführt hat. Dieser gesamten gesetzlichen Regelungen hätte es nicht bedurft, wenn die Gewährung von Sozialhilfe bei Bestehen von Ansprüchen gegen Dritte, die vom Leistungsberechtigten nicht durchgesetzt werden, ohnehin unter Hinweis auf den Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII abgelehnt werden könnte. Im Gegenteil zeigt die Gesetzessystematik, dass sich der Sozialhilfeträger für den Fall, dass dem Leistungsberechtigten ein Anspruch gegen Dritte zusteht, der von ihm aber nicht durchgesetzt wird, zunächst Sozialhilfe gewähren muss und sich erst anschließend der genannten Möglichkeiten bedienen kann (so auch: Coseriu in juris-PK-SGB XII. 2. Auflage, Stand 11.04.2017, § 2 Rn. 16 ff.). Ein allein auf § 2 Abs. 1 SGB XII gestützter Leistungsausschluss beim bloßen Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG, ohne dass dem Leistungsberechtigten hieraus "bereite Mittel" tatsächlich zufließen, lässt sich mit der Gesetzessystematik hingegen nicht vereinbaren (so im Ergebnis auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2017 – L 15 SO 252/16 B PKH (unveröffentlicht); LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2018 – L 15 SO 213/17 B PKH; wonach sogar ein "Wahlrecht" zwischen der Inanspruchnahme von Wohngeld oder der Inanspruchnahme von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bestehen soll; wohl auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2018 – L 23 SO 208/17).
Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Ausschlusstatbestände sind weder vorgetragen worden noch für das Gericht ersichtlich. Dem Kläger steht damit für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 30.06.2018 dem Grunde nach ein Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII zu.
Der Höhe nach hat der Kläger für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 aber nur einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von 64,84 EUR und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 nur einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 71,87 EUR, so dass die darüber hinausgehende Klage, mit der eine Bewilligung in Höhe von monatlich 80,50 EUR begehrt wird, teilweise abzuweisen war.
Dies ergibt sich aus der vorzunehmenden Gegenüberstellung des sozialhilferechtlich zu berücksichtigende notwendigen Lebensunterhalts im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 849,18 EUR (Regelbedarf 409,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und 440,18 EUR) und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 856,18 EUR (Regelbedarf 416,00 EUR + Bedarf für Unterkunft und Heizung 440,18 EUR) mit dem zu berücksichtigendem Einkommen aus der vom Kläger bezogenen Altersrente. Denn von der bezogenen Altersrente sind gemäß § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII ausschließlich die dem Grunde und der Höhe nach als angemessen anzusehenden Beiträge für die Haftpflichtversicherung in Höhe von monatlich 8,78 EUR und für die Hausratversicherung im Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 in Höhe von 5,81 EUR und im Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 in Höhe von monatlich 5,84 EUR abzusetzen. Eine zusätzliche Absetzung der Beiträge für die Sterbegeldversicherung in Höhe von monatlich 8,76 EUR kommt hingegen nicht in Betracht. Denn gemäß § 82 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB XII sind Versicherungsbeiträge für den hier vorliegenden Fall einer nicht gesetzlich vorgeschriebenen Versicherung nur abzusetzen, soweit die Beiträge nach Grund und Höhe angemessen sind. Der Zahlung von Beiträgen für eine Sterbegeldversicherung ist für einen Sozialhilfebezieher bereits dem Grunde nach nicht als angemessen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen, weil das Risiko, gegen das hiermit Vorsorge getroffen wird, wirtschaftlich nicht den Sozialhilfeempfänger, sondern Personen betrifft die zur Tragung der Bestattungskosten dereinst verpflichtet sein werden und bezüglich derer eine Sozialhilfebedürftigkeit gegenwärtig nicht abzusehen ist (BVerwG, Urteil vom 27.06.2002 – 5 C 43/01). Es ergibt sich für den Zeitraum vom 01.12.2017 bis zum 31.12.2017 damit ein anzurechnendes Einkommen aus der bezogenen Altersrente in Höhe von 784,34 EUR (= Altersrente 798,93 EUR - Beitrag Haftpflichtversicherung 8,78 EUR - Beitrag Hausratversicherung 5,81 EUR) und für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 ein anzurechnendes Einkommen aus der bezogenen Altersrente in Höhe von monatlich 784,31 EUR (= Altersrente 798,93 EUR - Beitrag Haftpflichtversicherung 8,78 EUR - Beitrag Hausratversicherung 5,84 EUR). Der dem Kläger zustehende Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII berechnet sich nach alledem für den streitigen Zeitraum wie folgt:
Dezember 2017: Gesamtbedarf: 849,18 EUR - anzurechnendes Einkommen: 784,34 EUR Anspruch: 64,84 EUR
Januar 2018 bis Juni 2018: Gesamtbedarf: 856,18 EUR - anzurechnendes Einkommen: 784,31 EUR monatlicher Anspruch: 71,87 EUR
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger die ursprünglich auch für den Monat November 2017 erhobene Klage im Verlauf des Rechtsstreits teilweise zurückgenommen hat und dass die aufrechterhaltene Klage überwiegend erfolgreich war.
Die Berufung gegen dieses Urteil, die der Zulassung bedürfte, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG) und weil auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG), war zuzulassen, weil der Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG (grundsätzliche Bedeutung) vorliegt. Denn bei der entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob bereits das bloße Bestehen eines Anspruchs auf Wohngeld nach dem WoGG wegen des Nachranggrundsatzes des § 2 Abs. 1 SGB XII zu einem Ausschluss von den Leistungen nach dem SGB XII führt, handelt es sich wegen der in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung hierzu vertretenen unterschiedlichen Auffassungen um eine nicht geklärte Rechtsfrage, deren Klärung über den Einzelfall hinaus für eine Vielzahl von Verfahren Bedeutung besitzt.
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