Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 RA 174/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid der Beklagten vom 7.12.2000 wird geändert. Der Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, im Versicherungsverlauf der Klägerin die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 als Berücksichtigungszeit vorzumerken.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten.
Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 5.5.2000 die Klärung ihres Versicherungskontos und die Feststellung von Kindererziehungszeiten / Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ihre am in A., Neuseeland geborene Tochter K. M ... Sie fügte ihrem Antrag die Geburtsurkunde ihrer Tochter, einen Versicherungsverlauf des Ehemannes, aus dem sich u. a. für die Zeit vom 1.1.1990 bis 16.8.1993 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten, für die Zeit vom 1.9.1993 bis 31.12.1993 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten (Seekasse) und ab 1.1.1994 wieder Pflichtbeiträge ergaben, bei. Ferner legte sie einen Anstellungsvertrag zwischen Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft E. und A. und ihrem Ehemann über eine Tätigkeit ab 3.10.1990 als General Manager für die S. Sh. Services Ltd. in West-Samoa vor. Die Dauer des Einsatzes in West-Samoa wurde befristet bis zum 30.9.1993. U.a. hieß es im Vertrag, bei der Auslandstätigkeit des Mitarbeiters handle es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung, der Mitarbeiter sei in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Die Beiträge würden entsprechend den Gesamtbezügen von der Firma und dem Mitarbeiter jeweils zur Hälfte getragen. Für die Dauer des Anstellungsverhältnisses würden der Mitarbeiter und seine Lebensgefährtin (die Klägerin) im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages für Auslandsreise-Krankenversicherungen versichert. Nach Rückkehr aus West-Samoa hatte die Klägerin den Vater ihrer Tochter am Heirat am 10.9.1993 geheiratet.
Mit Bescheid vom 7.12.2000 erkannte die Beklagte u.a. die Zeit vom 1.8.1993 bis 30.4.2000 als Berücksichtigungszeit für die am 20.12.1991 geborene Tochter K. an. Die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 könne nicht als Kindererziehungszeiten anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Auch die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 könne nicht als Berücksichtigungszeit anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei.
Mit ihrem am 4.1.2001 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, aus den eingereichten Unterlagen gehe hervor, dass der Vater ihrer Tochter, ihr späterer Ehemann, von einem deutschen Arbeitgeber vorübergehend im Ausland beschäftigt worden sei. In der Zeit dieses Auslandsaufenthaltes habe sie den Vater der gemeinsamen Tochter, ihren späteren Ehemann, begleitet. Während dieser Zeit im Ausland habe für ihren späteren Ehemann eine Pflichtversicherung bestanden, die nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes bei dem selben Arbeitgeber auch weiter als Pflichtversicherung fortgesetzt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 wies die Beklagten den Widerspruch zurück, da nach § 56 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch, 6.Buch (SGB VI) könnten Mütter und Väter bei Erziehung im Ausland und gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mit dem Kind im Ausland zwar Kindererziehungszeiten erwerben, wenn sie wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in diesem Staat während der Kindererziehung oder unmittelbar vor Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach den deutschen Rechtsvorschriften hätten. Hielten sich beide Ehegatten mit dem Kind gemeinsam im Ausland auf, könne die Voraussetzung der Pflichtbeitragszeiten auch durch den Ehegatten erfüllt sein. Diese Voraussetzungen müssten in dieser Zeit bereits vorgelegen haben. Die Ehe der Klägerin sei jedoch erst nach Ende der Kindererziehungszeit geschlossen worden. In der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 habe keine Ehe bestanden. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten daher von ihrem späteren Ehemann in der Zeit vom 1.1. bis 31.12.1992 nicht erfüllt werden.
Mit ihrer am 26.3.2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Vormerkungsbegehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, am 3.10.1990 habe ihr Lebensgefährte und Vater der gemeinsamen Tochter sowie späterer Ehemann im Auftrag der Reederei Hamburg Süd eine Tätigkeit bei S. Sh. Services in A. / Samoa aufgenommen. Sie habe erst im Januar 1991 nachfolgend können, da sie vorher noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Stuttgart ausgeübt habe. In dem Anstellungsvertrag ihres Ehemannes es sei sie bereits als begleitende Lebensgefährtin namentlich aufgenommen worden, mit der Verpflichtung des Arbeitgebers bestimmte Kosten (Flüge, Krankenversicherung) auch sie zu übernehmen. Am 20.12.1991 sei ihre gemeinsame Tochter K. M. zur Welt gekommen. Die Eheschließung sei auf Grund bürokratischer Schwierigkeiten (die nächstliegende Botschaft befinde sich in Neuseeland) und der in Samoa nicht möglichen Anwesenheit der Verwandten auf die Zeit nach der Rückkehr nach Deutschland verschoben worden. Im Juli 1993 sei die Auslandstätigkeit beendet gewesen und sofort nach der Rückkehr nach Deutschland hätten sie die Eheschließung in die Wege geleitet. Der Auslandsaufenthalt habe im Juli 1993 geendet, die Ehe sei im September 1993 geschlossen worden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) haben in allen seinen einschlägigen Urteilen der letzten Jahre die Stellung der Familien mit Kindern gestärkt, insbesondere sei ausgeführt worden, dass Kindererziehungszeiten für alle gesetzlichen Sozialversicherungen gelten müssten, die auf dem Generationenvertrag beruhten. Im Zentrum der Urteilsbegründung stehe jeweils die Familie. Auf eine Eheschließung könne es deshalb nicht ankommen, zumal diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Deutschland nachgeholt worden sei. Wenn zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter bereits die dreijährige Erziehungszeit in Kraft gewesen wäre, hätte die Eheschließung sogar noch in diesem Zeitraum gelegen. Es werde deshalb die Gewährung von Kindererziehungszeiten für die gemeinsame Tochter K. M. beantragt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 7.12.2000 zu ändern und den Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 als Berücksichtigungszeiten in ihrem Versicherungsverlauf vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt ihrer Verwaltungsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte der Kammer und der Verwaltungsakte der Beklagten. Diese haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vormerkung einer Kindererziehungszeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 und einer Berücksichtigungszeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 in ihrem Versicherungsverlauf.
Nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, 6. Buch (SGB VI) ist der Versicherungsträger verpflichtet, einen inhaltlich zutreffende Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, zu erlassen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat. Demgemäß hat die Klägerin einen Anspruch darauf, dass auch die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als rechtserheblicher Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung und die Zeit vom 20.12.1991 bis am 30.7.1993 als Berücksichtigungszeit vorgemerkt wird.
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 56 Abs. 1 bis 3 und 5, § 249 Abs. 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Einem Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist nicht von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen.
Zwar hat sich die Klägerin während des hier streitigen Zeitraums nicht mit ihrem Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auch hat sie in der Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts in Samoa während der Erziehung ihrer Tochter oder unmittelbar vor deren Geburt wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit keine Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht aber auch gleich, wenn bei einem gemeinsamen Aufenthalt der Ehegatten im Ausland der andere, nicht erziehende Ehegatten wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeiträge entrichtet hat. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin und ihr heutiger Ehemann entrichtete während des gemeinsamen Aufenthalts in Samoa Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
In verfassungskonformer Auslegung ist § 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI auch dahin anzuwenden, dass eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland auch dann vorgemerkt bzw. bei der Entstehung oder beim monatlichen Wert des Rechts auf Rente berücksichtigt werden muss, wenn nicht der erziehende, sondern wie hier der andere Elternteil Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet und damit in einer hinreichend engen Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stand und somit in das inländische Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem integriert blieb (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts, BSG, vom 10.11.1998, Az. B 4 RA 39/98 R, veröffentlicht in Juris). Eine Beschränkung von Kindererziehungszeiten bei Auslandsaufenthalt auf Ehepaare verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Dabei kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein Gestaltungsspielraum zu. Für ihn ergeben sich aber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz um so engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG - vom 29.10.2002, Az. 1 BvL 16/95 Absatz Nr. 37, www.bverfg.de). Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG stehenden Familien, zu denen nicht nur verheiratete Eltern mit ihren Kindern gehören, ist daher zu prüfen, ob für die vorhergesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfG, a. a. O.). Solche Gründe bestehen nicht.
Eine Ungleichbehandlung ist nicht geboten, denn der verfassungsrechtliche Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG gilt nicht nur für intakte Familien, sondern bezieht sich in gleicher Weise auch auf alle Gemeinschaften von Eltern und Kindern und erfasst auch die Lebensgemeinschaft nichtehelicher Kinder mit ihren nicht miteinander verheirateten Eltern oder nur mit einem Elternteil. Unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht deshalb auch die Familie der Klägerin, also die Lebensgemeinschaft mit ihrem späteren Ehemann und ihrer Tochter K. M ... Eine Besserstellung der so genannten Normalfamilie gegenüber der aus nicht verheirateten Eltern und ihren Kindern bestehenden Familie ist in der gesetzliche Rentenversicherung nicht geboten.
Die Kammer konnte dieser Ungleichbehandlung durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 56 Abs. 3 SGB VI entgegenwirken. Zwar spricht der Wortlaut der Norm nur von einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten im Ausland. Es entspricht aber nicht Sinn und Zweck der Regelung, die Anerkennung von Kindererziehungszeiten auf Ehegatten zu beschränken. Kindererziehungszeiten wurden in das Rentenversicherungsrecht eingeführt, weil in Familien mit Kleinkindern i.d. R. ein Elternteil während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen. Diese Erwägung trifft zunächst auf diejenigen Erziehenden zu, die sich während der Erziehung mit ihren Kindern gewöhnlich in Deutschland aufhalten, denn alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen, haben freien Zugang zu einer im Blick auf die Breitenwirkung der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. Urteil des BSG vom 10.11.1998, a. a. O.). Darüber hinaus sind auch bestimmte Auslandstätigkeiten zum Aufbau eigener Ansprüche in der deutschen Rentenversicherung geeignet, insbesondere bei so genannten Entsendungsfällen i. S. v. § 4 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV). Folgt ein selbst nichterwerbstätiger Elternteil dem anderen im Ausland beschäftigten oder tätigen Elternteil nach, treffen die Erwägungen zwar nicht ohne weiteres zu, dennoch soll es ihm im Vergleich zu einem im Inland Erziehenden mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für die Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt und damit die Erziehung ins Ausland verlegt, um mit dem dort vorübergehend tätigen anderen Elternteil und dem Kind als Familie zusammenzuleben. Hierbei ist es nicht entscheidend, dass die Elternteile miteinander verheiratet sind. Vielmehr ist ausschlaggebend, das Zusammenleben als Familie mit dem gemeinsamen Kind.
Der Auslandsaufenthalt des erziehenden Elternteils muss allerdings mit der typisierenden und pauschalierenden Grundwertung des Gesetzes im Einklang bleiben, nämlich das während der Zeit des Auslandsaufenthaltes deutsche Rentenanwartschaften gerade wegen der Kindererziehung entgangen sind, nicht aber wegen einer Integration in eine ausländische Arbeitswelt oder weil sich der Erziehende dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit von der inländischen Arbeits- und Erwerbstätigkeit und damit auch von der deutschen Rentenversicherung gelöst hat (vgl. Urteil des BSG vom 10.11.1998, a. a. O.). Die Klägerin war auf Samoa nicht erwerbstätig und auch nicht in die dortige Arbeitswelt integriert. Vielmehr ergibt sich aus dem Vertrag ihres Lebensgefährten mit seinem Arbeitgeber, dass sie als Familienangehörige ihn ins Ausland begleitete, denn der Arbeitgeber hat sogar für sie eine Krankenversicherung und die Reiskosten übernommen. Die Klägerin hatte auch nicht die Absicht, sich auf Dauer von der deutschen Rentenversicherung zu lösen. Der Auslandsaufenthalt ihres Lebensgefährten war zeitlich begrenzt. Sie selbst ist nach Rückkehr in das Inland wieder auf dem deutschen Arbeitsmarkt erwerbstätig geworden und in der deutschen Rentenversicherung gesetzlich versichert. Damit kann eine fortbestehende Inlandsintegration sowohl für den Lebensgefährten der Klägerin als auch für sie selbst bejaht werden. Für den Lebensgefährten bestand ein so genanntes Rumpfarbeitsverhältnis mit dem inländischen Arbeitgeber im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fort (vgl. zu den Bedingungen eines Rumpfarbeitsverhältnisses, das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.11.1998, a. a. O.).
Nach alledem ist für die, bei Fortbestand eines Rumpfarbeitsverhältnisses und im voraus zeitlich begrenzte Verlagerung des Familienwohnsitzes und damit des Erziehungsortes ins Ausland, auch in solchen Fällen kein hinreichender Grund vorhanden, dem erziehenden Elternteil Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung zu versagen, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind. Auch in diesem Fall behalten die Erziehungsleistungen des einen Elternteils ihre bestandssichernde Bedeutung für die deutsche Rentenversicherung. Solange eine Integration eines Elternteils in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben fortbesteht, kann dem anderen, erziehenden Elternteil auch bei einem Aufenthalt im Ausland die Anerkennung einer Kindererziehungszeit nicht versagt werden. Gerade unter Berücksichtigung der bestandssichernden Bedeutung der Kindererziehung auch für die Rentenversicherung kann die Anerkennung einer Kindererziehungszeit im Ausland nicht davon abhängig gemacht werden, dass der erziehende Elternteil mit dem anderen Elternteil verheiratet ist.
Da bei der Schaffung der Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI bzw. der entsprechenden Vorgängernnormen im Angestelltenversicherungsneuregelungsgesetz) die Situation der Familien, bei denen die Eltern in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern zusammenleben, nicht ausreichend berücksichtigt worden ist und das Gesetz insofern eine sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung vornimmt, war diese gesetzliche Lücke im Wege der verfassungskonformen Auslegung durch die Kammer zu schließen. Eines Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses beim BVerfG bedurfte es deshalb nicht.
Da nach § 57 Satz 1 SGB VI die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr bei einem Elternteil als Berücksichtigungszeit feststellt wird, so weit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in diesem Zeitraum vorliegen, war die Beklagte auch zu verurteilen, eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung bis zur Rückkehr der Klägerin und ihrer Tochter aus Samoa im Versicherungsverlauf vorzumerken. Die Beklagte hatte auch mit Bescheid vom 7.12.2000 die Anerkennung einer solchen Berücksichtigungszeit für die Zeit vor dem 1.8.1993 abgelehnt hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
2. Die Beklagte wird verurteilt, im Versicherungsverlauf der Klägerin die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 als Berücksichtigungszeit vorzumerken.
3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Vormerkung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten.
Die 1953 geborene Klägerin beantragte am 5.5.2000 die Klärung ihres Versicherungskontos und die Feststellung von Kindererziehungszeiten / Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für ihre am in A., Neuseeland geborene Tochter K. M ... Sie fügte ihrem Antrag die Geburtsurkunde ihrer Tochter, einen Versicherungsverlauf des Ehemannes, aus dem sich u. a. für die Zeit vom 1.1.1990 bis 16.8.1993 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten, für die Zeit vom 1.9.1993 bis 31.12.1993 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten (Seekasse) und ab 1.1.1994 wieder Pflichtbeiträge ergaben, bei. Ferner legte sie einen Anstellungsvertrag zwischen Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft E. und A. und ihrem Ehemann über eine Tätigkeit ab 3.10.1990 als General Manager für die S. Sh. Services Ltd. in West-Samoa vor. Die Dauer des Einsatzes in West-Samoa wurde befristet bis zum 30.9.1993. U.a. hieß es im Vertrag, bei der Auslandstätigkeit des Mitarbeiters handle es sich um eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung, der Mitarbeiter sei in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig. Die Beiträge würden entsprechend den Gesamtbezügen von der Firma und dem Mitarbeiter jeweils zur Hälfte getragen. Für die Dauer des Anstellungsverhältnisses würden der Mitarbeiter und seine Lebensgefährtin (die Klägerin) im Rahmen des Gruppenversicherungsvertrages für Auslandsreise-Krankenversicherungen versichert. Nach Rückkehr aus West-Samoa hatte die Klägerin den Vater ihrer Tochter am Heirat am 10.9.1993 geheiratet.
Mit Bescheid vom 7.12.2000 erkannte die Beklagte u.a. die Zeit vom 1.8.1993 bis 30.4.2000 als Berücksichtigungszeit für die am 20.12.1991 geborene Tochter K. an. Die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 könne nicht als Kindererziehungszeiten anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei. Auch die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 könne nicht als Berücksichtigungszeit anerkannt werden, weil das Kind in dieser Zeit im Ausland erzogen worden sei.
Mit ihrem am 4.1.2001 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, aus den eingereichten Unterlagen gehe hervor, dass der Vater ihrer Tochter, ihr späterer Ehemann, von einem deutschen Arbeitgeber vorübergehend im Ausland beschäftigt worden sei. In der Zeit dieses Auslandsaufenthaltes habe sie den Vater der gemeinsamen Tochter, ihren späteren Ehemann, begleitet. Während dieser Zeit im Ausland habe für ihren späteren Ehemann eine Pflichtversicherung bestanden, die nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes bei dem selben Arbeitgeber auch weiter als Pflichtversicherung fortgesetzt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 wies die Beklagten den Widerspruch zurück, da nach § 56 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch, 6.Buch (SGB VI) könnten Mütter und Väter bei Erziehung im Ausland und gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt mit dem Kind im Ausland zwar Kindererziehungszeiten erwerben, wenn sie wegen einer Beschäftigung oder Tätigkeit in diesem Staat während der Kindererziehung oder unmittelbar vor Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach den deutschen Rechtsvorschriften hätten. Hielten sich beide Ehegatten mit dem Kind gemeinsam im Ausland auf, könne die Voraussetzung der Pflichtbeitragszeiten auch durch den Ehegatten erfüllt sein. Diese Voraussetzungen müssten in dieser Zeit bereits vorgelegen haben. Die Ehe der Klägerin sei jedoch erst nach Ende der Kindererziehungszeit geschlossen worden. In der Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 habe keine Ehe bestanden. Die Anspruchsvoraussetzungen könnten daher von ihrem späteren Ehemann in der Zeit vom 1.1. bis 31.12.1992 nicht erfüllt werden.
Mit ihrer am 26.3.2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Vormerkungsbegehren weiter. Zur Begründung trägt sie vor, am 3.10.1990 habe ihr Lebensgefährte und Vater der gemeinsamen Tochter sowie späterer Ehemann im Auftrag der Reederei Hamburg Süd eine Tätigkeit bei S. Sh. Services in A. / Samoa aufgenommen. Sie habe erst im Januar 1991 nachfolgend können, da sie vorher noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Stuttgart ausgeübt habe. In dem Anstellungsvertrag ihres Ehemannes es sei sie bereits als begleitende Lebensgefährtin namentlich aufgenommen worden, mit der Verpflichtung des Arbeitgebers bestimmte Kosten (Flüge, Krankenversicherung) auch sie zu übernehmen. Am 20.12.1991 sei ihre gemeinsame Tochter K. M. zur Welt gekommen. Die Eheschließung sei auf Grund bürokratischer Schwierigkeiten (die nächstliegende Botschaft befinde sich in Neuseeland) und der in Samoa nicht möglichen Anwesenheit der Verwandten auf die Zeit nach der Rückkehr nach Deutschland verschoben worden. Im Juli 1993 sei die Auslandstätigkeit beendet gewesen und sofort nach der Rückkehr nach Deutschland hätten sie die Eheschließung in die Wege geleitet. Der Auslandsaufenthalt habe im Juli 1993 geendet, die Ehe sei im September 1993 geschlossen worden.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) haben in allen seinen einschlägigen Urteilen der letzten Jahre die Stellung der Familien mit Kindern gestärkt, insbesondere sei ausgeführt worden, dass Kindererziehungszeiten für alle gesetzlichen Sozialversicherungen gelten müssten, die auf dem Generationenvertrag beruhten. Im Zentrum der Urteilsbegründung stehe jeweils die Familie. Auf eine Eheschließung könne es deshalb nicht ankommen, zumal diese zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Deutschland nachgeholt worden sei. Wenn zum Zeitpunkt der Geburt der Tochter bereits die dreijährige Erziehungszeit in Kraft gewesen wäre, hätte die Eheschließung sogar noch in diesem Zeitraum gelegen. Es werde deshalb die Gewährung von Kindererziehungszeiten für die gemeinsame Tochter K. M. beantragt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 7.12.2000 zu ändern und den Widerspruchsbescheid vom 21.2.2001 aufzuheben, sowie die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeit und die Zeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 als Berücksichtigungszeiten in ihrem Versicherungsverlauf vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt ihrer Verwaltungsakte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Prozessakte der Kammer und der Verwaltungsakte der Beklagten. Diese haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Vormerkung einer Kindererziehungszeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 und einer Berücksichtigungszeit vom 20.12.1991 bis 31.7.1993 in ihrem Versicherungsverlauf.
Nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch, 6. Buch (SGB VI) ist der Versicherungsträger verpflichtet, einen inhaltlich zutreffende Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, zu erlassen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat. Demgemäß hat die Klägerin einen Anspruch darauf, dass auch die Zeit vom 1.1.1992 bis 31.12.1992 als rechtserheblicher Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung und die Zeit vom 20.12.1991 bis am 30.7.1993 als Berücksichtigungszeit vorgemerkt wird.
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 56 Abs. 1 bis 3 und 5, § 249 Abs. 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Einem Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn
1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,
2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und
3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
Die Klägerin ist nicht von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen.
Zwar hat sich die Klägerin während des hier streitigen Zeitraums nicht mit ihrem Kind im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auch hat sie in der Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts in Samoa während der Erziehung ihrer Tochter oder unmittelbar vor deren Geburt wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit keine Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zurückgelegt (§ 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland steht aber auch gleich, wenn bei einem gemeinsamen Aufenthalt der Ehegatten im Ausland der andere, nicht erziehende Ehegatten wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Pflichtbeiträge entrichtet hat. Der damalige Lebensgefährte der Klägerin und ihr heutiger Ehemann entrichtete während des gemeinsamen Aufenthalts in Samoa Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
In verfassungskonformer Auslegung ist § 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI auch dahin anzuwenden, dass eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland auch dann vorgemerkt bzw. bei der Entstehung oder beim monatlichen Wert des Rechts auf Rente berücksichtigt werden muss, wenn nicht der erziehende, sondern wie hier der andere Elternteil Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet und damit in einer hinreichend engen Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stand und somit in das inländische Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem integriert blieb (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts, BSG, vom 10.11.1998, Az. B 4 RA 39/98 R, veröffentlicht in Juris). Eine Beschränkung von Kindererziehungszeiten bei Auslandsaufenthalt auf Ehepaare verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Dabei kommt dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit für die Abgrenzung der begünstigten Personenkreise ein Gestaltungsspielraum zu. Für ihn ergeben sich aber aus dem allgemeinen Gleichheitssatz um so engere Grenzen, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG - vom 29.10.2002, Az. 1 BvL 16/95 Absatz Nr. 37, www.bverfg.de). Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG stehenden Familien, zu denen nicht nur verheiratete Eltern mit ihren Kindern gehören, ist daher zu prüfen, ob für die vorhergesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. BVerfG, a. a. O.). Solche Gründe bestehen nicht.
Eine Ungleichbehandlung ist nicht geboten, denn der verfassungsrechtliche Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG gilt nicht nur für intakte Familien, sondern bezieht sich in gleicher Weise auch auf alle Gemeinschaften von Eltern und Kindern und erfasst auch die Lebensgemeinschaft nichtehelicher Kinder mit ihren nicht miteinander verheirateten Eltern oder nur mit einem Elternteil. Unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG steht deshalb auch die Familie der Klägerin, also die Lebensgemeinschaft mit ihrem späteren Ehemann und ihrer Tochter K. M ... Eine Besserstellung der so genannten Normalfamilie gegenüber der aus nicht verheirateten Eltern und ihren Kindern bestehenden Familie ist in der gesetzliche Rentenversicherung nicht geboten.
Die Kammer konnte dieser Ungleichbehandlung durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 56 Abs. 3 SGB VI entgegenwirken. Zwar spricht der Wortlaut der Norm nur von einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten im Ausland. Es entspricht aber nicht Sinn und Zweck der Regelung, die Anerkennung von Kindererziehungszeiten auf Ehegatten zu beschränken. Kindererziehungszeiten wurden in das Rentenversicherungsrecht eingeführt, weil in Familien mit Kleinkindern i.d. R. ein Elternteil während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen. Diese Erwägung trifft zunächst auf diejenigen Erziehenden zu, die sich während der Erziehung mit ihren Kindern gewöhnlich in Deutschland aufhalten, denn alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen, haben freien Zugang zu einer im Blick auf die Breitenwirkung der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. Urteil des BSG vom 10.11.1998, a. a. O.). Darüber hinaus sind auch bestimmte Auslandstätigkeiten zum Aufbau eigener Ansprüche in der deutschen Rentenversicherung geeignet, insbesondere bei so genannten Entsendungsfällen i. S. v. § 4 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV). Folgt ein selbst nichterwerbstätiger Elternteil dem anderen im Ausland beschäftigten oder tätigen Elternteil nach, treffen die Erwägungen zwar nicht ohne weiteres zu, dennoch soll es ihm im Vergleich zu einem im Inland Erziehenden mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für die Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt und damit die Erziehung ins Ausland verlegt, um mit dem dort vorübergehend tätigen anderen Elternteil und dem Kind als Familie zusammenzuleben. Hierbei ist es nicht entscheidend, dass die Elternteile miteinander verheiratet sind. Vielmehr ist ausschlaggebend, das Zusammenleben als Familie mit dem gemeinsamen Kind.
Der Auslandsaufenthalt des erziehenden Elternteils muss allerdings mit der typisierenden und pauschalierenden Grundwertung des Gesetzes im Einklang bleiben, nämlich das während der Zeit des Auslandsaufenthaltes deutsche Rentenanwartschaften gerade wegen der Kindererziehung entgangen sind, nicht aber wegen einer Integration in eine ausländische Arbeitswelt oder weil sich der Erziehende dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit von der inländischen Arbeits- und Erwerbstätigkeit und damit auch von der deutschen Rentenversicherung gelöst hat (vgl. Urteil des BSG vom 10.11.1998, a. a. O.). Die Klägerin war auf Samoa nicht erwerbstätig und auch nicht in die dortige Arbeitswelt integriert. Vielmehr ergibt sich aus dem Vertrag ihres Lebensgefährten mit seinem Arbeitgeber, dass sie als Familienangehörige ihn ins Ausland begleitete, denn der Arbeitgeber hat sogar für sie eine Krankenversicherung und die Reiskosten übernommen. Die Klägerin hatte auch nicht die Absicht, sich auf Dauer von der deutschen Rentenversicherung zu lösen. Der Auslandsaufenthalt ihres Lebensgefährten war zeitlich begrenzt. Sie selbst ist nach Rückkehr in das Inland wieder auf dem deutschen Arbeitsmarkt erwerbstätig geworden und in der deutschen Rentenversicherung gesetzlich versichert. Damit kann eine fortbestehende Inlandsintegration sowohl für den Lebensgefährten der Klägerin als auch für sie selbst bejaht werden. Für den Lebensgefährten bestand ein so genanntes Rumpfarbeitsverhältnis mit dem inländischen Arbeitgeber im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts fort (vgl. zu den Bedingungen eines Rumpfarbeitsverhältnisses, das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.11.1998, a. a. O.).
Nach alledem ist für die, bei Fortbestand eines Rumpfarbeitsverhältnisses und im voraus zeitlich begrenzte Verlagerung des Familienwohnsitzes und damit des Erziehungsortes ins Ausland, auch in solchen Fällen kein hinreichender Grund vorhanden, dem erziehenden Elternteil Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung zu versagen, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind. Auch in diesem Fall behalten die Erziehungsleistungen des einen Elternteils ihre bestandssichernde Bedeutung für die deutsche Rentenversicherung. Solange eine Integration eines Elternteils in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben fortbesteht, kann dem anderen, erziehenden Elternteil auch bei einem Aufenthalt im Ausland die Anerkennung einer Kindererziehungszeit nicht versagt werden. Gerade unter Berücksichtigung der bestandssichernden Bedeutung der Kindererziehung auch für die Rentenversicherung kann die Anerkennung einer Kindererziehungszeit im Ausland nicht davon abhängig gemacht werden, dass der erziehende Elternteil mit dem anderen Elternteil verheiratet ist.
Da bei der Schaffung der Kindererziehungszeiten (§ 56 SGB VI bzw. der entsprechenden Vorgängernnormen im Angestelltenversicherungsneuregelungsgesetz) die Situation der Familien, bei denen die Eltern in nicht ehelicher Lebensgemeinschaft mit ihren Kindern zusammenleben, nicht ausreichend berücksichtigt worden ist und das Gesetz insofern eine sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung vornimmt, war diese gesetzliche Lücke im Wege der verfassungskonformen Auslegung durch die Kammer zu schließen. Eines Aussetzungs- und Vorlagebeschlusses beim BVerfG bedurfte es deshalb nicht.
Da nach § 57 Satz 1 SGB VI die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr bei einem Elternteil als Berücksichtigungszeit feststellt wird, so weit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in diesem Zeitraum vorliegen, war die Beklagte auch zu verurteilen, eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung bis zur Rückkehr der Klägerin und ihrer Tochter aus Samoa im Versicherungsverlauf vorzumerken. Die Beklagte hatte auch mit Bescheid vom 7.12.2000 die Anerkennung einer solchen Berücksichtigungszeit für die Zeit vor dem 1.8.1993 abgelehnt hatte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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