Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 21 KR 374/00
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Klägerinnen haben den Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Klägerinnen, die Pflegeunternehmen betreiben, und den beklagten Betriebskrankenkassen hatte es seit 1994 einen Vertrag über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen gegeben. Zum Jahresende 1998 war dieser kassenseitig gekündigt worden, um in dem betreffenden Sektor eine Kostensenkung zu erreichen. Die Klägerinnen erhielten jedoch die Möglichkeit, weiterhin zu den alten Konditionen tätig zu werden und abzurechnen, um die Dauer der seit Juni 1999 laufenden Verhandlungen über einen neuen Vertrag zu überbrücken. Auf der Leistungserbringerseite wurde eine Verhandlungsgemeinschaft gebildet, der u.a. der die Klägerinnen vertretende Q. a. pf. B. (QaB) und die H. Pf. (HPG) angehörten. Auf Kassenseite verhandelte der BKK-L. N ... Mit Schreiben vom 23. Dezember 1999 erklärte dieser, dass die Kassen bis zur Klärung der Rechtsfrage, ob der gekündigte Vertrag fortgelte oder es sich um einen vertragslosen Zustand handele, weiter bereit seien, Rechnungen entgegenzunehmen und zu begleichen. Im Zuge der Vertragsverhandlungen bot er, da der Kassenseite ganz wesentlich daran gelegen war, auf jeden Fall die Preise für die Medikamentengabe abzusenken, mit Schreiben vom 3. März 2000 an, die Vergütungen des gekündigten Vertrages weiter gegen sich gelten zu lassen, sofern im Gegenzug die Preise im Medikamentengabebereich erst einmal um bestimmte Beträge gekürzt würden, um dann anschließend weitere intensive Verhandlungen zu führen. Dies wurde u.a. von der HPG mit 211 Mitgliedsbetrieben akzeptiert. Der QaB schloss sich dem nicht an, sondern forderte mit Schreiben vom 28. April 2000 zur bedingungslosen Fortsetzung der Verhandlungen auf, wobei er darum bat, die den Vorstellungen der Kassen zur Preisgestaltung der Einzelleistungen der häuslichen Krankenpflege zu Grunde liegenden Preiskalkulationen zur Verfügung zu stellen. Der BKK-Landesverband Nord entzog darauf hin den Klägerinnen mit Schreiben vom 4. Mai 2000 die bislang eingeräumte Abrechnungsmöglichkeit zum 31. Mai 2000 unter Hinweis darauf, dass der Sicherstellungsauftrag der Hamburger Betriebskrankenkassen auch ohne sie erfüllt werden könne. Es folgten Informationen an die Versicherten, dass Pflegeleistungen der Klägerinnen von den Kassen nicht mehr bezahlt würden und die Versicherten sich an einen Vertragspflegedienst wenden müssten.
Die Klägerinnen erhoben Klage, und zwar die Klägerin zu 1) am 5. und die Klägerinnen zu 2) und 3) am 6. Juli 2000. Sie vertraten in erster Linie die Auffassung, dass die Beklagten verpflichtet seien, mit ihnen die Vertragsbeziehungen zu unveränderten Bedingungen bis zum Abschluss eines neuen Vertrages fortzuführen. Die Kündigung des Vertrages sei unwirksam gewesen, weil dafür die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht erfüllt gewesen seien. Die unsubstantiierte und ohne Vorlage von Kalkulationsgrundlagen aufgestellte Behauptung, dass die mit den Klägerinnen getroffene Preisgestaltung im Bundesvergleich überhöht gewesen sei, reiche nicht aus. Wie außerdem das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen in seinem Beschluss vom 20. Oktober 1999 zutreffend ausgesprochen habe, sei als Ausfluss des Gewährleistungsauftrags in § 70 Abs. 1 SGB - Gesetzliche Krankenversicherung (V) - ebenfalls im Bereich der häuslichen Krankenpflege der allgemein im Recht der nichtärztlichen Leistungserbringer anerkannte Grundsatz anwendbar, dass gekündigte Verträge bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen Gültigkeit behielten. Die Fortgeltung der Vertragsbeziehungen diene darüber hinaus dem Vertrauensschutz der Leistungserbringer, die ihre Tätigkeit zu den bisher als angemessen angesehenen Preisen erbracht und ihre Aufwendungen daran ausgerichtet hätten und dies auch künftig bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen tun könnten. Den Beklagten sei es demzufolge insbesondere verwehrt, die Fortführung der Vertragsbeziehungen von der Annahme eines Preisdiktates für einzelne Pflegeleistungen abhängig zu machen. Ihre Vorgehensweise sei überdies verfassungswidrig. Sie verwies insoweit auf Schwerdtfeger, Die grundrechtsgeleitete Pflegeberechtigung der privaten Pflegedienste in der häuslichen Krankenpflege (§ 132 a SGB V), Dezember 2000, und meinte, da die Beklagten zum Ziel gehabt hätten, die Vergütungen zu senken, hätten sie das Vertragsverhältnis - wenn auch mit einseitig abgesenkten Vergütungen - fortsetzen müssen. Das Verhalten, sie gänzlich von der Leistungserbringung auszuschließen, verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Für die Beschneidung der Berufsausübungsfreiheit hätten zumindest sachgerechte Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen müssen, welche hier nicht erkennbar seien. Bei dieser rechtlichen Lage hätten sie einen Anspruch auf Unterlassung von Mitteilungen der Beklagten an ihre Versicherten, dass keine Vertragsbeziehungen mehr mit ihnen - den Klägerinnen - bestünden und Pflegeleistungen nicht mehr zu Lasten der Beklagten erfolgen könnten. Sie hätten schließlich nach § 132 a SGB V einen Anspruch auf Fortsetzung der Vertragsverhandlungen, um einen neuen Versorgungsvertrag mit den Beklagten abschließend zu können. Dabei hätten diese - so das Sozialgericht (SG) Düsseldorf in seinem Urteil vom 29. Juni 1998 - wirtschaftliche Kalkulationen unter Berücksichtigung der notwendigen Betriebsausgaben als Grundlage ihrer Vergütungsangebote vorzulegen. Denn gemäß §§ 70 Abs. 1 S. 2 und 132 a Abs. 2 S. 2 SGB V hätten die Krankenkassen auf die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung bei Abschluss von Vergütungsvereinbarungen zu achten. Dies bedeute, dass mindestens eine Kostendeckung gewährleistet sein müsse. Im Falle eines neuen Vergütungsangebotes unterhalb des bisherigen Preisniveaus müssten die Beklagten demnach nachweisen, dass der neu angebotene Preis wenigstens kostendeckend sei.
Die Klägerinnen beantragen,
1. die Beklagten zu verpflichten, die von ihnen ab 1. Juni 2000 eingereichten Verordnungen nach den Bedingungen und Vergütungssätzen des zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrages bis zum Abschluss eines neuen Vertrages zu bewilligen und abzurechnen,
2. den Beklagten zu untersagen, ihren Patienten mitzuteilen, dass sie nicht mehr Vertragspartner seien und deshalb für sie Leistungen der häuslichen Krankenpflege über den 31. Mai 2000 hinaus nicht erbringen bzw. nicht mit den Beklagten abrechnen könnten,
3. den Beklagten zu untersagen, deren Mitglieder, soweit sie von ihnen betreut werden, aufzufordern, die Pflegeverhältnisse zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB V zu beenden und neue Pflegeverhältnisse nur mit von den Beklagten empfohlenen Pflegediensten abzuschließen,
4. die Beklagten zu verpflichten, die Vertragsverhandlungen mit ihnen sofort wiederaufzunehmen,
5. die Beklagten zu verpflichten, diese unter Berücksichtigung der gültigen Rechtslage und unter Vorlage wirtschaftlicher Kalkulationen bei Beachtung tariflicher Entgelte und angemessener Sachkosten zu führen.
Die Beklagten beantragen,
die Klagen abzuweisen.
Sie erwiderten, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 17) als Landesverband der Betriebskrankenkassen Leistungen nach dem SGB V weder bewillige noch abrechne, fehle es an einer Anspruchsgrundlage für eine Fortgeltung des gekündigten Vertrages. Dieser enthalte keine Bestimmung über eine Weitergeltung bis zum Abschluss eines neuen Vertrages. Die Vertragsbeziehungen seien dem Privatrecht zuzuordnen. Eine Fortgeltung beendeter Verträge sei dort nur möglich, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren würden. Andernfalls entstehe - wie hier - ein vertragsloser Zustand. Die Ansicht des LSG Niedersachsen sei in der Rechtsprechung nicht unwidersprochen geblieben. Sie verwiesen auf Beschlüsse des SG Berlin vom 10. und 29. März 2000. Aus der Tatsache, dass sie den gekündigten Vertrag während der anschließenden Verhandlungen zunächst weiter gegen sich hätten gelten lassen, lasse sich keine generelle Weitergeltung des Vertrages herleiten. Sie hätten immer deutlich gemacht, dass sie von einem vertragslosen Zustand ausgegangen seien und es sich bei der eingeräumten Abrechnungsmöglichkeit lediglich um eine Übergangslösung zu Verhandlungszwecken handele. Einen Vertrauensschutz könnten die Klägerinnen daraus nicht ableiten. Nach Beendigung der Vertragsbeziehungen zu diesen seien sie im Rahmen ihrer Aufklärungs- und Informationspflicht gehalten gewesen, ihre Versicherten hierüber in Kenntnis zu setzen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen hätten die Klägerinnen keinen Anspruch auf Neuverhandlungen, schon gar nicht unter Vorlage von wirtschaftlichen Kalkulationen. Die Klägerinnen verkennten den Grundsatz der Vertragsautonomie. Ein Anspruch auf Offenlegung der hinter einem Angebot stehenden Überlegungen einer Vertragspartei existiere nicht.
Durch Beschluss vom 6. Juli 2000 hat die Kammer einen Antrag der Klägerin zu 1) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Über die Beschwerde ist noch nicht entschieden.
Wegen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig; insbesondere ist der Sozialrechtsweg gegeben (vgl. § 51 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - in der zur Zeit der Klagenerhebung gültigen Fassung, jetzt § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Für die geltend gemachten Ansprüche ist keine Anspruchsgrundlage vorhanden.
Vorweg sei bemerkt, dass sich die Klagen gegen den Beklagten zu 17) bereits deswegen als unbegründet erweisen, weil dieser nicht passivlegitimiert ist. Nach § 132 a Abs. 2 S. 1 SGB V sind Vertragsparteien bezüglich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege die Krankenkassen und die Leistungserbringer. Der Beklagte zu 17) gehört nicht dazu. Die Landesverbände der Krankenkassen können - wie hier geschehen - nur im Rahmen einer Bevollmächtigung an den Vertragsverhandlungen beteiligt werden. Materielle Verpflichtungen werden allein im Verhältnis der Leistungserbringer und Krankenkassen bewirkt.
Den Klägerinnen stehen aus dem zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrag keine Rechte mehr zu (Antrag 1).
Eine Berufung darauf, dass die Kündigung des Vertrages mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 SGB X unwirksam sei, scheidet aus. Diese Bestimmung findet lediglich auf öffentlich-rechtliche Verträge Anwendung. Der zur Debatte stehende Vertrag ist indes zu einer Zeit geschlossen worden, als die Vertragsbeziehungen noch rein privatrechtlich ausgestaltet waren. Eine Änderung ist erst durch die Neuregelung in § 69 SGB V zum 1. Januar 2000 erfolgt. Bis dahin galt ausschließlich Privatrecht (vgl. BSG vom 25. September 2001 – B 3 KR 15/00 R – in SozR 3-2500 § 132 a Nr. 1 – Bl. 3 – m.w.N.).
Ein genereller Fortgeltungsgrundsatz, wie ihn das LSG Niedersachsen (Beschluss vom 20. Oktober 1999 – L 4 KR 190/98 ER -) angenommen hat, existiert nicht. Das LSG verweist dazu auf den Gewährleistungsauftrag des § 70 Abs. 1 SGB V und meint, mit der Fortgeltung gekündigter Verträge werde sichergestellt, dass bei Nichteinigung über den Abschluss neuer Preisvereinbarungen die Versorgung der Versicherten nicht eingestellt werden müsse, sondern diese weiterhin die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen erhielten. Die Fortgeltung der Vertragsbeziehungen diene darüber hinaus dem Vertrauensschutz der Leistungserbringer. Diese Sichtweise entspricht nicht dem "Vertragsmodell" des § 132 a SGB V. Der Gesetzgeber hat in Abs. 1 der Vorschrift lediglich vorgegeben, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen mit den Spitzenorganisationen der Pflegedienste Rahmenempfehlungen für die -bedingungen der Verträge abgeben (solche sind bislang nicht beschlossen worden), insbesondere für die Preisgestaltung aber kein Instrumentarium zur Streitschlichtung vorgesehen. Er baut damit darauf, dass sich der Preis im freien Spiel der Kräfte des Marktes herausbildet. Eine hoheitliche Festlegung eines Vertragsinhaltes ist vom Gesetzgeber nicht gewollt worden, sodass den Gerichten auch die Festlegung der Vergütung grundsätzlich verwehrt ist (vgl. BSG vom 24. Januar 1990 – 3 RK 11/88 – in SozR 3-2200 § 376 d Nr. 1 – Bl. 5 -). Eine vom LSG Niedersachsen befürchtete Einstellung der Versorgung ohne Fortgeltungsgrundsatz wird - wie die Erfahrungen lehren – nicht eintreten. Der Gewährleistungsauftrag des § 70 SGB V spielt nur insofern in die Verhandlungssituation herein, als die Krankenkassen in jedem Fall verpflichtet sind, den Sachleistungsanspruch der Versicherten auf häusliche Krankenpflege zu erfüllen. Stehen ihnen auf Leistungserbringerseite starke, in ihren Interessen einige Verbände gegenüber, so müssen sie sich, wie ebenfalls die Vergangenheit zeigt, arrangieren und können ihre Angebote nicht ohne weiteres durchsetzen. Je kleiner allerdings eine Krankenkasse und somit der zu versorgende Versichertenanteil ist und je weniger einig sich die Leistungserbringer sind, desto leichter wird es ihr fallen, den Versorgungsauftrag zu gewährleisten. Ist dies der Fall und gelangt die Kasse mit anderen Leistungserbringern zu keiner Übereinkunft, kommt es diesen gegenüber zu einem vertragslosen Zustand. Das wird vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen (vgl. BSG in SozR 3-2500 a.a.O. – Bl. 4 -). Die Annahme, nach der es den Krankenkassen untersagt ist, einen Vertrag mit pflegeberechtigungsbeendender Wirkung ordentlich zu kündigen, wie es Schwerdtfeger vertritt (ebenso Plantholz, Leistungserbringungsvertrag, Vergütung und vertragsloser Zustand im SGB V - Anmerkung zu LSG Niedersachsen vom 20. Oktober 1999, in PflR 2000, S. 206 ff., 210 f.), ist mit dem " Vertragsmodell" des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen. Denn dies würde dazu führen, dass das Interesse der Leistungserbringer an Neuverhandlungen stark erlahmt, und es den Krankenkassen erschweren, marktgerechte, möglichst günstige Bedingungen zu erreichen (vgl. SG Berlin vom 22. Dezember 2000 – S 81 KR 4090/00 ER – in RzP § 132 a SGB V Nr. 7 – Bl. 5 -). Die Überlegungen, die Schwerdtfeger anstellt, um eine "Patt-Situation" überwinden zu helfen, verdeutlichen, welch große Schwierigkeiten entstehen, wenn die Krankenkassen generellen Einschränkungen bei der Vertragshandhabung unterworfen werden. Es ist nun einmal Tatsache, dass der Gesetzgeber - mag das Gegenteil sozialpolitisch noch so sinnvoll erscheinen - keinerlei Schiedsverfahren geregelt hat, das bei den Einzelheiten der Versorgung und der Preisgestaltung zu einer in der Regel frühzeitigen Klärung beitragen könnte. Die erkennende Kammer vermag in dem "Vertragsmodell", so wie es von ihr verstanden wird, keinen Grundrechtsverstoß zu erblicken. Die Lage der Pflegebetriebe ist keineswegs so, dass sie substanziell gefährdet wären oder ihren Betrieb gar einstellen müssten, wenn sie sich mit Krankenkassen über einen (neuen) Vertrag nicht einigen können. Abgesehen davon, dass die Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung und des Bundessozialhilfegesetzes, bei Selbstzahlern und Versicherten gesetzlicher Krankenkassen, mit denen andere Verträge bestehen, davon nicht berührt wird, geht die Kammer mit Schwerdtfeger von einem Verbot der Bedarfssteuerung für die Krankenkassen aus. Das bedeutet, dass diese einen Anbieter nicht zurückweisen dürfen, sofern dieser sich bereit erklärt, zu den Konditionen, wie sie mit anderen Leistungserbringern vereinbart sind, auch wenn sie sich eigentlich nicht mit seinen ursprünglichen Vorstellungen decken, tätig zu werden (vgl. LSG Berlin vom 20. April 2000 – L 9 B 39/00 KR ER - in RzP § 123 VwGO Nr. 7 – Bl. 4 f. - und 29. Dezember 2000 – L 9 B 303/00 KR ER - in RzP § 132 a SGB V Nr. 7 – Bl. 7 -; Plantholz a.a.O., S. 210; allgemeine Meinung in der Kommentarliteratur). Schutz vor Konkurrenten, die zu für die Krankenkassen günstigeren Bedingungen arbeiten, bietet das Grundgesetz nicht. Wenn ein Pflegebetrieb diese Bedingungen nicht akzeptieren will, hat er nur die Wahl, die entsprechenden Patienten abzugeben und sich andere Patienten mit "besseren" Abrechnungsmöglichkeiten zu suchen oder innerbetriebliche Konsequenzen zu ziehen. Eine Fallsituation, bei der Veranlassung gegeben sein könnte, ausnahmsweise eine andere Beurteilung vorzunehmen, weil die dem "Vertragsmodell" zu Grunde liegenden Vorstellungen nicht eingehalten werden, wenn etwa von den Kassen gar keine oder lediglich sehr unzureichende Verhandlungen ermöglicht werden, oder weil z. B. bei den personellen Gegebenheiten innerhalb kurzer Zeit einschneidende Veränderungen gefordert werden, liegt hier nicht vor. Zwischen Pflegebetriebs- und Kassenseite war über längere Zeit intensiv verhandelt worden, ohne dass eine Einigung erzielt wurde. Um ein vorzeitiges endgültiges Scheitern der Vertragsverhandlungen zu vermeiden, fanden die beklagten Krankenkassen und ein Großteil der an den Verhandlungen beteiligten Pflegebetriebe als Basis für ein weiteres Verhandeln eine Zwischenlösung bei den Vergütungen für die Medikamentengabe. Der Abschluss dieser Zwischenvereinbarung war von der Kassenseite zur Bedingung dafür gemacht worden, dass sie im Übrigen die bisherige Abrechnungsbefugnis weiter gegen sich gelten lassen würde. Da die Klägerinnen zu einem solchen Schritt nicht bereit waren, brach die Gegenseite die Verhandlungen mit ihnen ab. In dem Schreiben vom 4. Mai 2000 ist deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Kassen an ihrer Erklärung vom 23. Dezember 1999 nicht länger festhalten wollten. Demzufolge konnten sich die Klägerinnen auf ein fortbestehendes Vertrauen nicht mehr berufen. Nach Beendigung der Übergangsabsprachen lassen sich aus dem gekündigten Vertrag keine Ansprüche mehr herleiten.
Aus diesem Grund können die Klägerinnen ferner nicht verlangen, den Beklagten zu verbieten, den Versicherten, die von ihnen betreut werden, mitzuteilen, dass sie nicht mehr Vertragspartnerinnen seien (Antrag 2). Nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen war eine entsprechende Information durch die Kassen im Rahmen des § 14 SGB – Allgemeiner Teil - geradezu geboten.
Die weitere Forderung der Klägerinnen, den Beklagten zu untersagen, die betreffenden Versicherten aufzufordern, die Pflegeverhältnisse zu beenden und neue allein mit von ihnen empfohlenen Pflegediensten abzuschließen (Antrag 3), entbehrt gleichfalls einer rechtlichen Grundlage.
Schließlich können die Klägerinnen nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen neuen Vertrag nicht beanspruchen, dass mit ihnen weiterverhandelt wird (Antrag 4) und dabei bestimmte Modalitäten beachtet werden (Antrag 5). Anhaltspunkte, wie sie das LSG Berlin (Beschluss vom 20. April 2000 a.a.O. – Bl. 6 f. - ) für die Bejahung eines dahingehenden Rechts im Ausnahmefall skizziert hat, sind vorliegend nicht ersichtlich. Für die Klägerinnen besteht nur die Möglichkeit, sich den Bedingungen, wie sie für andere Leistungserbringer gegeben sind, anzuschließen.
Nach allem konnten die Klagen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 S. 2 SGG a.F. (vgl. insoweit BSG vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R – m.w.N.).
2. Die Klägerinnen haben den Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Klägerinnen, die Pflegeunternehmen betreiben, und den beklagten Betriebskrankenkassen hatte es seit 1994 einen Vertrag über die Durchführung häuslicher Pflege- und Versorgungsleistungen gegeben. Zum Jahresende 1998 war dieser kassenseitig gekündigt worden, um in dem betreffenden Sektor eine Kostensenkung zu erreichen. Die Klägerinnen erhielten jedoch die Möglichkeit, weiterhin zu den alten Konditionen tätig zu werden und abzurechnen, um die Dauer der seit Juni 1999 laufenden Verhandlungen über einen neuen Vertrag zu überbrücken. Auf der Leistungserbringerseite wurde eine Verhandlungsgemeinschaft gebildet, der u.a. der die Klägerinnen vertretende Q. a. pf. B. (QaB) und die H. Pf. (HPG) angehörten. Auf Kassenseite verhandelte der BKK-L. N ... Mit Schreiben vom 23. Dezember 1999 erklärte dieser, dass die Kassen bis zur Klärung der Rechtsfrage, ob der gekündigte Vertrag fortgelte oder es sich um einen vertragslosen Zustand handele, weiter bereit seien, Rechnungen entgegenzunehmen und zu begleichen. Im Zuge der Vertragsverhandlungen bot er, da der Kassenseite ganz wesentlich daran gelegen war, auf jeden Fall die Preise für die Medikamentengabe abzusenken, mit Schreiben vom 3. März 2000 an, die Vergütungen des gekündigten Vertrages weiter gegen sich gelten zu lassen, sofern im Gegenzug die Preise im Medikamentengabebereich erst einmal um bestimmte Beträge gekürzt würden, um dann anschließend weitere intensive Verhandlungen zu führen. Dies wurde u.a. von der HPG mit 211 Mitgliedsbetrieben akzeptiert. Der QaB schloss sich dem nicht an, sondern forderte mit Schreiben vom 28. April 2000 zur bedingungslosen Fortsetzung der Verhandlungen auf, wobei er darum bat, die den Vorstellungen der Kassen zur Preisgestaltung der Einzelleistungen der häuslichen Krankenpflege zu Grunde liegenden Preiskalkulationen zur Verfügung zu stellen. Der BKK-Landesverband Nord entzog darauf hin den Klägerinnen mit Schreiben vom 4. Mai 2000 die bislang eingeräumte Abrechnungsmöglichkeit zum 31. Mai 2000 unter Hinweis darauf, dass der Sicherstellungsauftrag der Hamburger Betriebskrankenkassen auch ohne sie erfüllt werden könne. Es folgten Informationen an die Versicherten, dass Pflegeleistungen der Klägerinnen von den Kassen nicht mehr bezahlt würden und die Versicherten sich an einen Vertragspflegedienst wenden müssten.
Die Klägerinnen erhoben Klage, und zwar die Klägerin zu 1) am 5. und die Klägerinnen zu 2) und 3) am 6. Juli 2000. Sie vertraten in erster Linie die Auffassung, dass die Beklagten verpflichtet seien, mit ihnen die Vertragsbeziehungen zu unveränderten Bedingungen bis zum Abschluss eines neuen Vertrages fortzuführen. Die Kündigung des Vertrages sei unwirksam gewesen, weil dafür die Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) nicht erfüllt gewesen seien. Die unsubstantiierte und ohne Vorlage von Kalkulationsgrundlagen aufgestellte Behauptung, dass die mit den Klägerinnen getroffene Preisgestaltung im Bundesvergleich überhöht gewesen sei, reiche nicht aus. Wie außerdem das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen in seinem Beschluss vom 20. Oktober 1999 zutreffend ausgesprochen habe, sei als Ausfluss des Gewährleistungsauftrags in § 70 Abs. 1 SGB - Gesetzliche Krankenversicherung (V) - ebenfalls im Bereich der häuslichen Krankenpflege der allgemein im Recht der nichtärztlichen Leistungserbringer anerkannte Grundsatz anwendbar, dass gekündigte Verträge bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen Gültigkeit behielten. Die Fortgeltung der Vertragsbeziehungen diene darüber hinaus dem Vertrauensschutz der Leistungserbringer, die ihre Tätigkeit zu den bisher als angemessen angesehenen Preisen erbracht und ihre Aufwendungen daran ausgerichtet hätten und dies auch künftig bis zum Abschluss neuer Vereinbarungen tun könnten. Den Beklagten sei es demzufolge insbesondere verwehrt, die Fortführung der Vertragsbeziehungen von der Annahme eines Preisdiktates für einzelne Pflegeleistungen abhängig zu machen. Ihre Vorgehensweise sei überdies verfassungswidrig. Sie verwies insoweit auf Schwerdtfeger, Die grundrechtsgeleitete Pflegeberechtigung der privaten Pflegedienste in der häuslichen Krankenpflege (§ 132 a SGB V), Dezember 2000, und meinte, da die Beklagten zum Ziel gehabt hätten, die Vergütungen zu senken, hätten sie das Vertragsverhältnis - wenn auch mit einseitig abgesenkten Vergütungen - fortsetzen müssen. Das Verhalten, sie gänzlich von der Leistungserbringung auszuschließen, verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Für die Beschneidung der Berufsausübungsfreiheit hätten zumindest sachgerechte Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen müssen, welche hier nicht erkennbar seien. Bei dieser rechtlichen Lage hätten sie einen Anspruch auf Unterlassung von Mitteilungen der Beklagten an ihre Versicherten, dass keine Vertragsbeziehungen mehr mit ihnen - den Klägerinnen - bestünden und Pflegeleistungen nicht mehr zu Lasten der Beklagten erfolgen könnten. Sie hätten schließlich nach § 132 a SGB V einen Anspruch auf Fortsetzung der Vertragsverhandlungen, um einen neuen Versorgungsvertrag mit den Beklagten abschließend zu können. Dabei hätten diese - so das Sozialgericht (SG) Düsseldorf in seinem Urteil vom 29. Juni 1998 - wirtschaftliche Kalkulationen unter Berücksichtigung der notwendigen Betriebsausgaben als Grundlage ihrer Vergütungsangebote vorzulegen. Denn gemäß §§ 70 Abs. 1 S. 2 und 132 a Abs. 2 S. 2 SGB V hätten die Krankenkassen auf die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung bei Abschluss von Vergütungsvereinbarungen zu achten. Dies bedeute, dass mindestens eine Kostendeckung gewährleistet sein müsse. Im Falle eines neuen Vergütungsangebotes unterhalb des bisherigen Preisniveaus müssten die Beklagten demnach nachweisen, dass der neu angebotene Preis wenigstens kostendeckend sei.
Die Klägerinnen beantragen,
1. die Beklagten zu verpflichten, die von ihnen ab 1. Juni 2000 eingereichten Verordnungen nach den Bedingungen und Vergütungssätzen des zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrages bis zum Abschluss eines neuen Vertrages zu bewilligen und abzurechnen,
2. den Beklagten zu untersagen, ihren Patienten mitzuteilen, dass sie nicht mehr Vertragspartner seien und deshalb für sie Leistungen der häuslichen Krankenpflege über den 31. Mai 2000 hinaus nicht erbringen bzw. nicht mit den Beklagten abrechnen könnten,
3. den Beklagten zu untersagen, deren Mitglieder, soweit sie von ihnen betreut werden, aufzufordern, die Pflegeverhältnisse zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB V zu beenden und neue Pflegeverhältnisse nur mit von den Beklagten empfohlenen Pflegediensten abzuschließen,
4. die Beklagten zu verpflichten, die Vertragsverhandlungen mit ihnen sofort wiederaufzunehmen,
5. die Beklagten zu verpflichten, diese unter Berücksichtigung der gültigen Rechtslage und unter Vorlage wirtschaftlicher Kalkulationen bei Beachtung tariflicher Entgelte und angemessener Sachkosten zu führen.
Die Beklagten beantragen,
die Klagen abzuweisen.
Sie erwiderten, abgesehen davon, dass der Beklagte zu 17) als Landesverband der Betriebskrankenkassen Leistungen nach dem SGB V weder bewillige noch abrechne, fehle es an einer Anspruchsgrundlage für eine Fortgeltung des gekündigten Vertrages. Dieser enthalte keine Bestimmung über eine Weitergeltung bis zum Abschluss eines neuen Vertrages. Die Vertragsbeziehungen seien dem Privatrecht zuzuordnen. Eine Fortgeltung beendeter Verträge sei dort nur möglich, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbaren würden. Andernfalls entstehe - wie hier - ein vertragsloser Zustand. Die Ansicht des LSG Niedersachsen sei in der Rechtsprechung nicht unwidersprochen geblieben. Sie verwiesen auf Beschlüsse des SG Berlin vom 10. und 29. März 2000. Aus der Tatsache, dass sie den gekündigten Vertrag während der anschließenden Verhandlungen zunächst weiter gegen sich hätten gelten lassen, lasse sich keine generelle Weitergeltung des Vertrages herleiten. Sie hätten immer deutlich gemacht, dass sie von einem vertragslosen Zustand ausgegangen seien und es sich bei der eingeräumten Abrechnungsmöglichkeit lediglich um eine Übergangslösung zu Verhandlungszwecken handele. Einen Vertrauensschutz könnten die Klägerinnen daraus nicht ableiten. Nach Beendigung der Vertragsbeziehungen zu diesen seien sie im Rahmen ihrer Aufklärungs- und Informationspflicht gehalten gewesen, ihre Versicherten hierüber in Kenntnis zu setzen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen hätten die Klägerinnen keinen Anspruch auf Neuverhandlungen, schon gar nicht unter Vorlage von wirtschaftlichen Kalkulationen. Die Klägerinnen verkennten den Grundsatz der Vertragsautonomie. Ein Anspruch auf Offenlegung der hinter einem Angebot stehenden Überlegungen einer Vertragspartei existiere nicht.
Durch Beschluss vom 6. Juli 2000 hat die Kammer einen Antrag der Klägerin zu 1) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Über die Beschwerde ist noch nicht entschieden.
Wegen Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen sind zulässig; insbesondere ist der Sozialrechtsweg gegeben (vgl. § 51 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - in der zur Zeit der Klagenerhebung gültigen Fassung, jetzt § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG).
Die Klagen sind jedoch nicht begründet. Für die geltend gemachten Ansprüche ist keine Anspruchsgrundlage vorhanden.
Vorweg sei bemerkt, dass sich die Klagen gegen den Beklagten zu 17) bereits deswegen als unbegründet erweisen, weil dieser nicht passivlegitimiert ist. Nach § 132 a Abs. 2 S. 1 SGB V sind Vertragsparteien bezüglich der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege die Krankenkassen und die Leistungserbringer. Der Beklagte zu 17) gehört nicht dazu. Die Landesverbände der Krankenkassen können - wie hier geschehen - nur im Rahmen einer Bevollmächtigung an den Vertragsverhandlungen beteiligt werden. Materielle Verpflichtungen werden allein im Verhältnis der Leistungserbringer und Krankenkassen bewirkt.
Den Klägerinnen stehen aus dem zum 31. Dezember 1998 gekündigten Vertrag keine Rechte mehr zu (Antrag 1).
Eine Berufung darauf, dass die Kündigung des Vertrages mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 SGB X unwirksam sei, scheidet aus. Diese Bestimmung findet lediglich auf öffentlich-rechtliche Verträge Anwendung. Der zur Debatte stehende Vertrag ist indes zu einer Zeit geschlossen worden, als die Vertragsbeziehungen noch rein privatrechtlich ausgestaltet waren. Eine Änderung ist erst durch die Neuregelung in § 69 SGB V zum 1. Januar 2000 erfolgt. Bis dahin galt ausschließlich Privatrecht (vgl. BSG vom 25. September 2001 – B 3 KR 15/00 R – in SozR 3-2500 § 132 a Nr. 1 – Bl. 3 – m.w.N.).
Ein genereller Fortgeltungsgrundsatz, wie ihn das LSG Niedersachsen (Beschluss vom 20. Oktober 1999 – L 4 KR 190/98 ER -) angenommen hat, existiert nicht. Das LSG verweist dazu auf den Gewährleistungsauftrag des § 70 Abs. 1 SGB V und meint, mit der Fortgeltung gekündigter Verträge werde sichergestellt, dass bei Nichteinigung über den Abschluss neuer Preisvereinbarungen die Versorgung der Versicherten nicht eingestellt werden müsse, sondern diese weiterhin die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen erhielten. Die Fortgeltung der Vertragsbeziehungen diene darüber hinaus dem Vertrauensschutz der Leistungserbringer. Diese Sichtweise entspricht nicht dem "Vertragsmodell" des § 132 a SGB V. Der Gesetzgeber hat in Abs. 1 der Vorschrift lediglich vorgegeben, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen mit den Spitzenorganisationen der Pflegedienste Rahmenempfehlungen für die -bedingungen der Verträge abgeben (solche sind bislang nicht beschlossen worden), insbesondere für die Preisgestaltung aber kein Instrumentarium zur Streitschlichtung vorgesehen. Er baut damit darauf, dass sich der Preis im freien Spiel der Kräfte des Marktes herausbildet. Eine hoheitliche Festlegung eines Vertragsinhaltes ist vom Gesetzgeber nicht gewollt worden, sodass den Gerichten auch die Festlegung der Vergütung grundsätzlich verwehrt ist (vgl. BSG vom 24. Januar 1990 – 3 RK 11/88 – in SozR 3-2200 § 376 d Nr. 1 – Bl. 5 -). Eine vom LSG Niedersachsen befürchtete Einstellung der Versorgung ohne Fortgeltungsgrundsatz wird - wie die Erfahrungen lehren – nicht eintreten. Der Gewährleistungsauftrag des § 70 SGB V spielt nur insofern in die Verhandlungssituation herein, als die Krankenkassen in jedem Fall verpflichtet sind, den Sachleistungsanspruch der Versicherten auf häusliche Krankenpflege zu erfüllen. Stehen ihnen auf Leistungserbringerseite starke, in ihren Interessen einige Verbände gegenüber, so müssen sie sich, wie ebenfalls die Vergangenheit zeigt, arrangieren und können ihre Angebote nicht ohne weiteres durchsetzen. Je kleiner allerdings eine Krankenkasse und somit der zu versorgende Versichertenanteil ist und je weniger einig sich die Leistungserbringer sind, desto leichter wird es ihr fallen, den Versorgungsauftrag zu gewährleisten. Ist dies der Fall und gelangt die Kasse mit anderen Leistungserbringern zu keiner Übereinkunft, kommt es diesen gegenüber zu einem vertragslosen Zustand. Das wird vom Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen (vgl. BSG in SozR 3-2500 a.a.O. – Bl. 4 -). Die Annahme, nach der es den Krankenkassen untersagt ist, einen Vertrag mit pflegeberechtigungsbeendender Wirkung ordentlich zu kündigen, wie es Schwerdtfeger vertritt (ebenso Plantholz, Leistungserbringungsvertrag, Vergütung und vertragsloser Zustand im SGB V - Anmerkung zu LSG Niedersachsen vom 20. Oktober 1999, in PflR 2000, S. 206 ff., 210 f.), ist mit dem " Vertragsmodell" des Gesetzes nicht in Einklang zu bringen. Denn dies würde dazu führen, dass das Interesse der Leistungserbringer an Neuverhandlungen stark erlahmt, und es den Krankenkassen erschweren, marktgerechte, möglichst günstige Bedingungen zu erreichen (vgl. SG Berlin vom 22. Dezember 2000 – S 81 KR 4090/00 ER – in RzP § 132 a SGB V Nr. 7 – Bl. 5 -). Die Überlegungen, die Schwerdtfeger anstellt, um eine "Patt-Situation" überwinden zu helfen, verdeutlichen, welch große Schwierigkeiten entstehen, wenn die Krankenkassen generellen Einschränkungen bei der Vertragshandhabung unterworfen werden. Es ist nun einmal Tatsache, dass der Gesetzgeber - mag das Gegenteil sozialpolitisch noch so sinnvoll erscheinen - keinerlei Schiedsverfahren geregelt hat, das bei den Einzelheiten der Versorgung und der Preisgestaltung zu einer in der Regel frühzeitigen Klärung beitragen könnte. Die erkennende Kammer vermag in dem "Vertragsmodell", so wie es von ihr verstanden wird, keinen Grundrechtsverstoß zu erblicken. Die Lage der Pflegebetriebe ist keineswegs so, dass sie substanziell gefährdet wären oder ihren Betrieb gar einstellen müssten, wenn sie sich mit Krankenkassen über einen (neuen) Vertrag nicht einigen können. Abgesehen davon, dass die Pflege im Rahmen der Pflegeversicherung und des Bundessozialhilfegesetzes, bei Selbstzahlern und Versicherten gesetzlicher Krankenkassen, mit denen andere Verträge bestehen, davon nicht berührt wird, geht die Kammer mit Schwerdtfeger von einem Verbot der Bedarfssteuerung für die Krankenkassen aus. Das bedeutet, dass diese einen Anbieter nicht zurückweisen dürfen, sofern dieser sich bereit erklärt, zu den Konditionen, wie sie mit anderen Leistungserbringern vereinbart sind, auch wenn sie sich eigentlich nicht mit seinen ursprünglichen Vorstellungen decken, tätig zu werden (vgl. LSG Berlin vom 20. April 2000 – L 9 B 39/00 KR ER - in RzP § 123 VwGO Nr. 7 – Bl. 4 f. - und 29. Dezember 2000 – L 9 B 303/00 KR ER - in RzP § 132 a SGB V Nr. 7 – Bl. 7 -; Plantholz a.a.O., S. 210; allgemeine Meinung in der Kommentarliteratur). Schutz vor Konkurrenten, die zu für die Krankenkassen günstigeren Bedingungen arbeiten, bietet das Grundgesetz nicht. Wenn ein Pflegebetrieb diese Bedingungen nicht akzeptieren will, hat er nur die Wahl, die entsprechenden Patienten abzugeben und sich andere Patienten mit "besseren" Abrechnungsmöglichkeiten zu suchen oder innerbetriebliche Konsequenzen zu ziehen. Eine Fallsituation, bei der Veranlassung gegeben sein könnte, ausnahmsweise eine andere Beurteilung vorzunehmen, weil die dem "Vertragsmodell" zu Grunde liegenden Vorstellungen nicht eingehalten werden, wenn etwa von den Kassen gar keine oder lediglich sehr unzureichende Verhandlungen ermöglicht werden, oder weil z. B. bei den personellen Gegebenheiten innerhalb kurzer Zeit einschneidende Veränderungen gefordert werden, liegt hier nicht vor. Zwischen Pflegebetriebs- und Kassenseite war über längere Zeit intensiv verhandelt worden, ohne dass eine Einigung erzielt wurde. Um ein vorzeitiges endgültiges Scheitern der Vertragsverhandlungen zu vermeiden, fanden die beklagten Krankenkassen und ein Großteil der an den Verhandlungen beteiligten Pflegebetriebe als Basis für ein weiteres Verhandeln eine Zwischenlösung bei den Vergütungen für die Medikamentengabe. Der Abschluss dieser Zwischenvereinbarung war von der Kassenseite zur Bedingung dafür gemacht worden, dass sie im Übrigen die bisherige Abrechnungsbefugnis weiter gegen sich gelten lassen würde. Da die Klägerinnen zu einem solchen Schritt nicht bereit waren, brach die Gegenseite die Verhandlungen mit ihnen ab. In dem Schreiben vom 4. Mai 2000 ist deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Kassen an ihrer Erklärung vom 23. Dezember 1999 nicht länger festhalten wollten. Demzufolge konnten sich die Klägerinnen auf ein fortbestehendes Vertrauen nicht mehr berufen. Nach Beendigung der Übergangsabsprachen lassen sich aus dem gekündigten Vertrag keine Ansprüche mehr herleiten.
Aus diesem Grund können die Klägerinnen ferner nicht verlangen, den Beklagten zu verbieten, den Versicherten, die von ihnen betreut werden, mitzuteilen, dass sie nicht mehr Vertragspartnerinnen seien (Antrag 2). Nach dem Scheitern der Vertragsverhandlungen war eine entsprechende Information durch die Kassen im Rahmen des § 14 SGB – Allgemeiner Teil - geradezu geboten.
Die weitere Forderung der Klägerinnen, den Beklagten zu untersagen, die betreffenden Versicherten aufzufordern, die Pflegeverhältnisse zu beenden und neue allein mit von ihnen empfohlenen Pflegediensten abzuschließen (Antrag 3), entbehrt gleichfalls einer rechtlichen Grundlage.
Schließlich können die Klägerinnen nach dem Scheitern der Verhandlungen über einen neuen Vertrag nicht beanspruchen, dass mit ihnen weiterverhandelt wird (Antrag 4) und dabei bestimmte Modalitäten beachtet werden (Antrag 5). Anhaltspunkte, wie sie das LSG Berlin (Beschluss vom 20. April 2000 a.a.O. – Bl. 6 f. - ) für die Bejahung eines dahingehenden Rechts im Ausnahmefall skizziert hat, sind vorliegend nicht ersichtlich. Für die Klägerinnen besteht nur die Möglichkeit, sich den Bedingungen, wie sie für andere Leistungserbringer gegeben sind, anzuschließen.
Nach allem konnten die Klagen keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 S. 2 SGG a.F. (vgl. insoweit BSG vom 23. Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R – m.w.N.).
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