S 16 RA 385/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Chemnitz (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 16 RA 385/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Der im Jahre 1954 geborene Kläger erwarb am 27.07.1978 an der Ingenieurschule für Maschinenbau L den Abschluß eines Ingenieurs der Fachrichtung Technologie der metallverarbeitenden Industrie.

Anschließend arbeitete er vom 01.09.1978 bis über den 30.06.1990 hinaus als Beauftragter für Technologie, Fachtechnologe und zuletzt Gruppenleiter Grundfondswirtschaft im Kraftfahrzeug- und Rationalisierungsmittelbaubetrieb K ... (KRB) der SDAG "Wismut".

Von der DDR hat der Kläger keine Versorgungszusage bzw. Bewilligung eines Rechts auf Versorgungsrente erhalten.

Den Antrag des Klägers vom 11.02.2002 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.09.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2003 ab.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 29.12.2003 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei in dem von ihm geltend gemachten Zeitraum weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe der Kläger als Ingenieur zwar eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung ausgeübt. Bei seinem Beschäftigungsbetrieb habe es sich jedoch weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb, noch um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 19.04.2004 das Sozialgericht Chemnitz angerufen.

Zur Begründung hat er angeführt, daß er seiner Ansicht nach die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das System der Altersversorgung der technischen Intelligenz erfülle. Bei der SDAG "Wismut" habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Dieser habe lediglich sowohl in deutschem, als auch in sowjetischem Besitz gestanden. Aus der Bezeichnung "Aktiengesellschaft" könne jedoch nicht entnommen werden, daß es sich bei dem Unternehmen um einen Privatbetrieb bundesdeutscher Prägung gehandelt habe. Dies ergebe sich auch daraus, daß die SDAG "Wismut" im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen sei. Hilfsweise könne die SDAG "Wismut" im übrigen auch als gleichgestellter Betrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz angesehen werden. Die SDAG "Wismut" habe Uranerz gefördert, welches u.a. in Atomkraftwerken zur Stromerzeugung genutzt worden sei. Folglich habe es sich bei der SDAG "Wismut" um einen "Versorgungsbetrieb" im Bereich der Energieversorgung gehandelt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004 die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01.09.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich inhaltlich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Grundlage der Entscheidung. Hierauf und auf den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Beschäftigungszeiten und dazugehörigen Entgelte als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem durch die Beklagte.

Zur Begründung wird auf die Begründung des Bescheides der Beklagten vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004 verwiesen, der das Gericht mit den nachstehenden Maßgaben folgt und auf die es sich nach § 136 Abs. 3 SGG daher zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich bezieht.

Hierzu sei zur nochmaligen Verdeutlichung ausgeführt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im "Beitrittsgebiet" (der DDR) erworben worden sind. Ist ein solcher Tatbestand gegeben, hat der zuständige Versorgungsträger (§ 8 Abs. 4 AAÜG) - hier die Beklagte - dem Rentenversicherungsträger die für die Berechnung der Rentenhöhe (genauer: die Ermittlung der sich aus diesen Beschäftigungszeiten ergebenden Entgeltpunkte, § 259 b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) erforderlichen Daten mitzuteilen (§ 8 Abs. 2 AAÜG) und dem Versicherten gegenüber einen entsprechenden Bescheid zu erlassen (§ 8 Abs. 3 AAÜG).

Nach der ständigen und mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, die gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG als Pflichtbeitragszeiten im Sinne des SGB VI "fingiert" werden, nicht zwingend voraus, daß diese Zugehörigkeit ihre Grundlage in einem bindenden Verwaltungsakt findet, der von den dafür zuständigen Behörden bis zum 30.06.1990 erteilt wurde. Vielmehr ist danach aus den Regelungen der §§ 1 Abs. 1 Satz 2 und 5 Abs. 2 AAÜG zu folgern, daß für die Zuordnung von Beschäftigungszeiten zu einem Versorgungssystem nicht alleine darauf abgestellt werden kann, inwieweit eine entsprechende Anwartschaft schon bereits zu DDR-Zeiten begründet worden ist. Vielmehr ist darüber hinaus zu prüfen, ob der jeweilige Versicherte - aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage, - nach der am 31.07.1991 bestehenden bundesrechtlichen Rechtslage im nunmehr rechtsstaatlichen Umfeld unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes einen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" nach den bundesrechtlichen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte (s. z.B. Urteil des BSG vom 09.04.2002 - B 4 RA 42/01 R).

Dabei hängt ein solcher Anspruch gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (GBl. der DDR I Nr. 93 S. 839) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) zu dieser Verordnung vom 24.05.1951 (GBl. Nr. 62 S. 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Denn dieses System war generell eingerichtet für a) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und b) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (Urteil des BSG vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 R).

Diese Voraussetzungen müssen, da die Zusatzversorgungssysteme der DDR geschlossen wurden und es demgemäß um eine reine Anwartschaft geht, zum Stichtag 30.06.1990 auch kumulativ noch vorgelegen haben. Auf diesen Punkt ist nochmals besonders hinzuweisen - nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt eine nachträgliche - faktische - Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem bei Personen, die in der DDR keine ausdrückliche Versorgungszusage erhalten haben, nämlich nur dann in Betracht, wenn diese Personen zum letztmöglichen Zeitpunkt der Erteilung einer solchen Zusage - also zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 - aufgrund ihrer persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen wenigstens noch die theoretische Chance (Anwartschaft) hatten, eine Versorgungszusage zu erhalten.

Im vorliegenden Fall erfüllte der Kläger zwar die Voraussetzungen a) und b), d.h., er war Ingenieur und auch tatsächlich ingenieurtechnisch tätig.

Die Voraussetzung c) war jedoch am 30.06.1990 nicht erfüllt.

Bei der SDAG "Wismut" handelte es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung.

Für die bundesrechtliche Bedeutung des Ausdrucks "volkseigener Betrieb" im Sinne des Versorgungsrechts kommt es auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 30.06.1990 an, an den der Bundesgesetzgeber angeknüpft hat. Dieser erschließt sich in erster Linie aus den einschlägigen Verordnungen der DDR. Er umfaßt nur "volkseigene" Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urt. v. 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R; Urt. v. 09.04.2002 - B 4 RA 36/01 R).

Mit Blick auf den hier maßgebenden Stichtag für die bundesrechtliche Anknüpfung (30.06.1990) ist auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR abzustellen, wie er sich aus der KombinatsVO vom 08.11.1979 (GBl. I, 355) und der zu ihr führenden Entwicklung ablesen läßt. Danach wurde ein VEB durch Entscheidung des zuständigen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organs gegründet (§ 35 Abs. 1 S. 1 KombinatsVO). Er war einem Staatsorgan oder wirtschaftsleitenden Organ unterstellt (§ 31 Abs. 1 S. 1 KombinatsVO) und konnte ein Statut haben (§ 31 Abs. 5 KombinatsVO). Ferner führte er einen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthalten mußte und trat unter diesem Namen im Rechtsverkehr auf (§ 31 Abs. 3 KombinatsVO).

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers führte während des streitgegenständlichen Zeitraums jedoch nicht die Bezeichnung "VEB". Der Betrieb führte vielmehr die Bezeichnung "Aktiengesellschaft". Damit war er aber kein volkseigener Betrieb im Sinne der Kombinatsverordnung. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, daß die SDAG "Wismut" tatsächlich im Handelsregister Teil C – Register der volkseigenen Wirtschaft – eingetragen war. Zwar ist es richtig, daß volkseigene Betriebe in das Handelsregister Teil C einzutragen waren. Einem entsprechenden Umkehrschluß kommt jedoch keine konstitutive Wirkung, sondern allenfalls eine Indizwirkung zu. Diese Indizwirkung wird aber im konkreten Fall der SDAG "Wismut" durch die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten gerade nicht erhärtet. Denn bei der Differenzierung handelt es sich hier insoweit nicht einfach um zu vernachlässigende unterschiedliche Begrifflichkeiten bei ansonsten gleicher Sachlage. Es ergibt sich vielmehr bereits aus dem Wortsinn, daß ein "volkseigener" Betrieb im Volkseigentum, d.h. im Eigentum des Volkes, gestanden haben muß. Gemeint war damit selbstverständlich das "Volk" der DDR. Bei der SDAG "Wismut" handelte es sich aber um eine Kapitalgesellschaft, bei der hilfsweise noch nicht einmal die Gesellschaftsanteile vollständig in DDR-Volks- bzw. Staatseigentum standen. Die Umstände, die für die Wahl der Rechtsform der SDAG maßgeblich gewesen sein mögen, sind insoweit irrelevant. Eine mögliche Einzelfallentscheidung im Hinblick auf solche Fragen kann nicht Grundlage einer sachorientierten Entscheidung sein, da insoweit zwangsläufig auf eine in der DDR übliche (ggf. willkürliche) Praxis zurückgegriffen werden müßte. Im Gegenteil - dies sei als obiter dictum bemerkt - ist aber aus der Geschichte allgemein bekannt, daß die Sowjetunion sehr wohl Gründe hatte, diesen Betrieb, der als für die damalige nationale Aufrüstung wichtig erachtet wurde, anders alle sämtliche anderen vergleichbaren Betriebe der DDR gerade nicht im Volkseigentum des Satellitenstaates DDR stehen zu lassen, sondern ihm die Rechtsform einer sowjetisch-deutschen Aktiengesellschaft zu geben. Die erfolgte Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft ist daher eher als propagandistisches Wunschdenken der DDR anzusehen und gerade nicht als Wiedergabe der tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse.

Das Bundessozialgericht hat im übrigen mit Urteil vom 9.4.2002, B 4 RA 3/02 R, zur auch als Kapitalgesellschaft organisierten "Interflug GmbH" der DDR entschieden:

Tenor:

"Die Interflug war eine GmbH und damit nach gesellschaftsrechtlichem Status bzw. der Gesellschaftsform kein volkseigener Betrieb (nachfolgend: VEB) i.S. der bundesrechtlichen AVItech. Der staatliche Sprachgebrauch der DDR im Bereich der AVItech und deren Staatspraxis hierzu (Stand: 30. Juni 1990) geben keinen Beleg, die DDR habe zum Stichtag die Interflug GmbH versorgungsrechtlich als VEB und ferner als Produktionsbetrieb qualifiziert. Die zum Teil andere Beurteilung in der Literatur der DDR betrifft den sonstigen Binnen-Rechtsbereich der DDR und stützt sich im Wesentlichen darauf, daß die Rechtsstellung der Interflug, ihre Struktur und Leitung den für einen VEB geltenden Prinzipien der sozialistischen Wirtschaftsführung entsprochen hätten und diese Prinzipien im Gesellschaftsvertrag ausgestaltet worden seien (so Autorenkollektiv unter Leitung von Teuchert, Luftrecht, Staatsverlag der DDR, Berlin 1987, S. 149). Diese Auffassung lässt - beiläufig (obiter dictum) gesprochen - außer Acht, dass die Interflug GmbH als Betrieb der volkseigenen Wirtschaft zwar in wesentlichen Bereichen wirtschaftsrechtlich einem VEB gleichstand, rechtlich aber nicht den Status eines VEB hatte. Dies wiederum berücksichtigt die zivilrechtliche Literatur der DDR, indem sie darauf verweist, dass bestimmte für die Volkswirtschaft bedeutsame Betriebe nicht als VEB organisiert wurden, sondern aus einer Reihe von Gründen als Gesellschaften im Rahmen des "sanktionierten Rechts", so z.B. die SDAG Wismut und die Mitropa als Aktiengesellschaften und die Interflug als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Autorenkollektiv unter Leitung von Göhring und Posch, Zivilrecht, Teil 1, Staatsverlag der DDR, Berlin 1981, S. 107 f.) ... Schon die unterschiedlichen Rechts- bzw. Gesellschaftsformen und die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erlauben es nicht, von einer Identität der rechtlichen Bedeutungen von "VEB" und "GmbH" im Binnenrecht der DDR, geschweige denn von einer solchen gerade im Versorgungsrecht der AVItech in der DDR am 30. Juni 1990 zu sprechen."

Dem schließt sich das erkennende Gericht wie gesehen an.

Die SDAG "Wismut" war auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt. Aus § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Dort sind genannt: wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schiffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Hierunter fällt der ehemalige Beschäftigungsbetrieb des Klägers erkennbar nicht. Insbesondere war die SDAG "Wismut" kein Energieversorgungsbetrieb, denn dort wurde nicht Energie produziert, sondern primär Erz gefördert. Es handelte sich damit um einen Bergbaubetrieb und nicht um einen Energieversorger. Die Umsetzung des Erzes in Brennstäbe und nachfolgend in Energie erfolgte in ganz anderen Betrieben. Für die Prüfung der Gleichstellung ist jedoch stets allein das konkrete Profil des Beschäftigungsbetriebes des Klägers maßgeblich und nicht die weitere Entwicklung, die ein Teil der geförderten Güter später in anderen Bereichen der Volkswirtschaft nahm.

Es kann auch dahinstehen, ob die – erst nach Erlaß der o.g. Bestimmung gegründete – SDAG "Wismut" nach den tatsächlichen Verhältnissen in der DDR vor dem 30.06.1990 den volkseigenen Betrieben weitgehend wirtschaftsrechtlich gleichgestellt war. Es kommt bundesrechtlich nicht auf eine wirtschaftsrechtliche, sondern allein auf die versorgungsrechtliche Gleichstellung im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung an. Denn nur hieran hat der Einigungsvertrag angeknüpft, u.a. schon allein aus dem Grund, um auszuschließen, daß nicht abschätzbare finanzielle Lasten auf die Beitrags? und Steuerzahler der Bundesrepublik Deutschland übertragen würden (BSG, Urteil vom 09.04.2002 Az.: B 4 RA 3/02 R). Eine nachträgliche Einbeziehung der erst später gegründeten SDAG "Wismut" in das Versorgungssystem hat der DDR-Gesetzgeber trotz reichlicher Gelegenheit während des danach noch 35-jährigen weiteren Fortbestehens der DDR nicht vorgenommen. Dieses Nichthandeln des DDR-Gesetzgebers kann heute nicht durch eine quasi-gesetzgeberische Auslegung der bundesdeutschen Gerichte ersetzt werden.

Aus bundesrechtlicher Sicht kommt es bei der Auslegung dieser Durchführungsbestimmung auch weder auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnungen durch die DDR, noch auf deren Verwaltungspraxis an. Damit wird ausgeschlossen, daß beliebige Umstände außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnung vorgegeben Rahmens, die sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei erschließen lassen, bei der Auslegung herangezogen werden. Das bedeutet zugleich, daß es dem Gericht verwehrt ist, über den Rahmen des § 1 AAÜG hinaus Fallgruppen zu entwickeln, die nicht von dem Sichtungs- und Reinigungsprogramm des AAÜG erfaßt sein konnten.

Der Kläger hätte also im Ergebnis auch nach dem Text der Versorgungsordnung der DDR selbst im Jahre 1990 keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem gehabt. Demgemäß kann sich aber auch unter bundesrechtlicher Betrachtung kein solcher Anspruch ergeben, da keine Veranlassung besteht, den Kläger nachträglich besser zu stellen, als er unter den damaligen Bedingungen gestanden hätte.

Die Vorschriften des Einigungsvertrages und des AAÜG sind insoweit in sich auch verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung dieser Versorgungssysteme in der DDR ohne Willkürverstoß anknüpfen. Artikel 3 Grundgesetz gebietet nicht, von jenen historischen Fakten, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Deutsche Bundestag als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 100, 138, 190 ff.). Der Bundesgesetzgeber hat im § 1 Abs. 1 AAÜG in begrenztem Umfang DDR-Willkür ausgeschaltet (vgl. zu Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, 8). Zu einer Totalrevision des mit Beginn des 31.12.1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes überführten, aus der DDR stammenden Rechts, war er nicht verpflichtet, weil er diesen gesamten Rechtsbereich ab dem 01.01.1992 in einem rechtsstaatlichen Grundsätzen im wesentlichen genügenden Gesetz, dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch, unterstellt hat (vgl. BSG SozR 3, 8570 § 1 Nr. 2).

Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß der Kläger auch ohne Anwendung von § 6 Abs. 1 AAÜG dieselben Rangstellenwerte (Entgeltpunkte) im SGB VI wie bei der Anwendung des AAÜG hätte erreichen können. Ab Einführung der FZR hängt dies allerdings davon ab, ob er von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, sich auch in der FZR in dem dort vorgesehenen "Höchstumfang" zu versichern. Da der Kläger von der DDR bis zum Beitritt niemals eine Versorgungszusage erhalten hatte, konnte er auch zu keinem Zeitpunkt die FZR-Sicherung wegen seines Vertrauens auf Zusatzversorgung im Alter hintanstellen. Es lag allein in seiner Entscheidungskompetenz, entsprechende FZR-Beiträge zur rentenrechtlichen Absicherung im Alter zu entrichten.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 143 SGG das Rechtsmittel der Berufung eröffnet.

S 16 RA 385/04 Urteil

in dem Rechtsstreit

Die 16. Kammer des Sozialgerichts Chemnitz hat auf die mündliche Verhandlung in Chemnitz

am 21.09.2004

durch den Richter am Sozialgericht Kurths als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Kunzmann-Wernicke und Losleben für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Beschäftigungszeiten des Klägers als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Der im Jahre 1954 geborene Kläger erwarb am 27.07.1978 an der Ingenieurschule für Maschinenbau L den Abschluß eines Ingenieurs der Fachrichtung Technologie der metallverarbeitenden Industrie.

Anschließend arbeitete er vom 01.09.1978 bis über den 30.06.1990 hinaus als Beauftragter für Technologie, Fachtechnologe und zuletzt Gruppenleiter Grundfondswirtschaft im Kraftfahrzeug- und Rationalisierungsmittelbaubetrieb K ... (KRB) der SDAG "Wismut".

Von der DDR hat der Kläger keine Versorgungszusage bzw. Bewilligung eines Rechts auf Versorgungsrente erhalten.

Den Antrag des Klägers vom 11.02.2002 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 01.09.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2003 ab.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 29.12.2003 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei in dem von ihm geltend gemachten Zeitraum weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, noch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe der Kläger als Ingenieur zwar eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung ausgeübt. Bei seinem Beschäftigungsbetrieb habe es sich jedoch weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb, noch um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 19.04.2004 das Sozialgericht Chemnitz angerufen.

Zur Begründung hat er angeführt, daß er seiner Ansicht nach die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in das System der Altersversorgung der technischen Intelligenz erfülle. Bei der SDAG "Wismut" habe es sich um einen volkseigenen Produktionsbetrieb gehandelt. Dieser habe lediglich sowohl in deutschem, als auch in sowjetischem Besitz gestanden. Aus der Bezeichnung "Aktiengesellschaft" könne jedoch nicht entnommen werden, daß es sich bei dem Unternehmen um einen Privatbetrieb bundesdeutscher Prägung gehandelt habe. Dies ergebe sich auch daraus, daß die SDAG "Wismut" im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen sei. Hilfsweise könne die SDAG "Wismut" im übrigen auch als gleichgestellter Betrieb im Sinne der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz angesehen werden. Die SDAG "Wismut" habe Uranerz gefördert, welches u.a. in Atomkraftwerken zur Stromerzeugung genutzt worden sei. Folglich habe es sich bei der SDAG "Wismut" um einen "Versorgungsbetrieb" im Bereich der Energieversorgung gehandelt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004 die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit des Klägers vom 01.09.1978 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich inhaltlich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Diese sowie die in der Klageakte enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten waren Grundlage der Entscheidung. Hierauf und auf den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Denn die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Beschäftigungszeiten und dazugehörigen Entgelte als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem durch die Beklagte.

Zur Begründung wird auf die Begründung des Bescheides der Beklagten vom 18.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2004 verwiesen, der das Gericht mit den nachstehenden Maßgaben folgt und auf die es sich nach § 136 Abs. 3 SGG daher zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich bezieht.

Hierzu sei zur nochmaligen Verdeutlichung ausgeführt:

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im "Beitrittsgebiet" (der DDR) erworben worden sind. Ist ein solcher Tatbestand gegeben, hat der zuständige Versorgungsträger (§ 8 Abs. 4 AAÜG) - hier die Beklagte - dem Rentenversicherungsträger die für die Berechnung der Rentenhöhe (genauer: die Ermittlung der sich aus diesen Beschäftigungszeiten ergebenden Entgeltpunkte, § 259 b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) erforderlichen Daten mitzuteilen (§ 8 Abs. 2 AAÜG) und dem Versicherten gegenüber einen entsprechenden Bescheid zu erlassen (§ 8 Abs. 3 AAÜG).

Nach der ständigen und mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) setzt die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, die gemäß § 5 Abs. 1 AAÜG als Pflichtbeitragszeiten im Sinne des SGB VI "fingiert" werden, nicht zwingend voraus, daß diese Zugehörigkeit ihre Grundlage in einem bindenden Verwaltungsakt findet, der von den dafür zuständigen Behörden bis zum 30.06.1990 erteilt wurde. Vielmehr ist danach aus den Regelungen der §§ 1 Abs. 1 Satz 2 und 5 Abs. 2 AAÜG zu folgern, daß für die Zuordnung von Beschäftigungszeiten zu einem Versorgungssystem nicht alleine darauf abgestellt werden kann, inwieweit eine entsprechende Anwartschaft schon bereits zu DDR-Zeiten begründet worden ist. Vielmehr ist darüber hinaus zu prüfen, ob der jeweilige Versicherte - aufgrund der am 30.06.1990 gegebenen Sachlage, - nach der am 31.07.1991 bestehenden bundesrechtlichen Rechtslage im nunmehr rechtsstaatlichen Umfeld unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes einen "Anspruch auf eine Versorgungszusage" nach den bundesrechtlichen leistungsrechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte (s. z.B. Urteil des BSG vom 09.04.2002 - B 4 RA 42/01 R).

Dabei hängt ein solcher Anspruch gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.08.1950 (GBl. der DDR I Nr. 93 S. 839) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) zu dieser Verordnung vom 24.05.1951 (GBl. Nr. 62 S. 487) von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Denn dieses System war generell eingerichtet für a) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und b) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (Urteil des BSG vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 R).

Diese Voraussetzungen müssen, da die Zusatzversorgungssysteme der DDR geschlossen wurden und es demgemäß um eine reine Anwartschaft geht, zum Stichtag 30.06.1990 auch kumulativ noch vorgelegen haben. Auf diesen Punkt ist nochmals besonders hinzuweisen - nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt eine nachträgliche - faktische - Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem bei Personen, die in der DDR keine ausdrückliche Versorgungszusage erhalten haben, nämlich nur dann in Betracht, wenn diese Personen zum letztmöglichen Zeitpunkt der Erteilung einer solchen Zusage - also zum Zeitpunkt der Schließung der Versorgungssysteme am 30.06.1990 - aufgrund ihrer persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen wenigstens noch die theoretische Chance (Anwartschaft) hatten, eine Versorgungszusage zu erhalten.

Im vorliegenden Fall erfüllte der Kläger zwar die Voraussetzungen a) und b), d.h., er war Ingenieur und auch tatsächlich ingenieurtechnisch tätig.

Die Voraussetzung c) war jedoch am 30.06.1990 nicht erfüllt.

Bei der SDAG "Wismut" handelte es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung.

Für die bundesrechtliche Bedeutung des Ausdrucks "volkseigener Betrieb" im Sinne des Versorgungsrechts kommt es auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR am 30.06.1990 an, an den der Bundesgesetzgeber angeknüpft hat. Dieser erschließt sich in erster Linie aus den einschlägigen Verordnungen der DDR. Er umfaßt nur "volkseigene" Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens (BSG, Urt. v. 09.04.2002 - B 4 RA 3/02 R; Urt. v. 09.04.2002 - B 4 RA 36/01 R).

Mit Blick auf den hier maßgebenden Stichtag für die bundesrechtliche Anknüpfung (30.06.1990) ist auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR abzustellen, wie er sich aus der KombinatsVO vom 08.11.1979 (GBl. I, 355) und der zu ihr führenden Entwicklung ablesen läßt. Danach wurde ein VEB durch Entscheidung des zuständigen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organs gegründet (§ 35 Abs. 1 S. 1 KombinatsVO). Er war einem Staatsorgan oder wirtschaftsleitenden Organ unterstellt (§ 31 Abs. 1 S. 1 KombinatsVO) und konnte ein Statut haben (§ 31 Abs. 5 KombinatsVO). Ferner führte er einen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthalten mußte und trat unter diesem Namen im Rechtsverkehr auf (§ 31 Abs. 3 KombinatsVO).

Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers führte während des streitgegenständlichen Zeitraums jedoch nicht die Bezeichnung "VEB". Der Betrieb führte vielmehr die Bezeichnung "Aktiengesellschaft". Damit war er aber kein volkseigener Betrieb im Sinne der Kombinatsverordnung. Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, daß die SDAG "Wismut" tatsächlich im Handelsregister Teil C – Register der volkseigenen Wirtschaft – eingetragen war. Zwar ist es richtig, daß volkseigene Betriebe in das Handelsregister Teil C einzutragen waren. Einem entsprechenden Umkehrschluß kommt jedoch keine konstitutive Wirkung, sondern allenfalls eine Indizwirkung zu. Diese Indizwirkung wird aber im konkreten Fall der SDAG "Wismut" durch die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten gerade nicht erhärtet. Denn bei der Differenzierung handelt es sich hier insoweit nicht einfach um zu vernachlässigende unterschiedliche Begrifflichkeiten bei ansonsten gleicher Sachlage. Es ergibt sich vielmehr bereits aus dem Wortsinn, daß ein "volkseigener" Betrieb im Volkseigentum, d.h. im Eigentum des Volkes, gestanden haben muß. Gemeint war damit selbstverständlich das "Volk" der DDR. Bei der SDAG "Wismut" handelte es sich aber um eine Kapitalgesellschaft, bei der hilfsweise noch nicht einmal die Gesellschaftsanteile vollständig in DDR-Volks- bzw. Staatseigentum standen. Die Umstände, die für die Wahl der Rechtsform der SDAG maßgeblich gewesen sein mögen, sind insoweit irrelevant. Eine mögliche Einzelfallentscheidung im Hinblick auf solche Fragen kann nicht Grundlage einer sachorientierten Entscheidung sein, da insoweit zwangsläufig auf eine in der DDR übliche (ggf. willkürliche) Praxis zurückgegriffen werden müßte. Im Gegenteil - dies sei als obiter dictum bemerkt - ist aber aus der Geschichte allgemein bekannt, daß die Sowjetunion sehr wohl Gründe hatte, diesen Betrieb, der als für die damalige nationale Aufrüstung wichtig erachtet wurde, anders alle sämtliche anderen vergleichbaren Betriebe der DDR gerade nicht im Volkseigentum des Satellitenstaates DDR stehen zu lassen, sondern ihm die Rechtsform einer sowjetisch-deutschen Aktiengesellschaft zu geben. Die erfolgte Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft ist daher eher als propagandistisches Wunschdenken der DDR anzusehen und gerade nicht als Wiedergabe der tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse.

Das Bundessozialgericht hat im übrigen mit Urteil vom 9.4.2002, B 4 RA 3/02 R, zur auch als Kapitalgesellschaft organisierten "Interflug GmbH" der DDR entschieden:

Tenor:

"Die Interflug war eine GmbH und damit nach gesellschaftsrechtlichem Status bzw. der Gesellschaftsform kein volkseigener Betrieb (nachfolgend: VEB) i.S. der bundesrechtlichen AVItech. Der staatliche Sprachgebrauch der DDR im Bereich der AVItech und deren Staatspraxis hierzu (Stand: 30. Juni 1990) geben keinen Beleg, die DDR habe zum Stichtag die Interflug GmbH versorgungsrechtlich als VEB und ferner als Produktionsbetrieb qualifiziert. Die zum Teil andere Beurteilung in der Literatur der DDR betrifft den sonstigen Binnen-Rechtsbereich der DDR und stützt sich im Wesentlichen darauf, daß die Rechtsstellung der Interflug, ihre Struktur und Leitung den für einen VEB geltenden Prinzipien der sozialistischen Wirtschaftsführung entsprochen hätten und diese Prinzipien im Gesellschaftsvertrag ausgestaltet worden seien (so Autorenkollektiv unter Leitung von Teuchert, Luftrecht, Staatsverlag der DDR, Berlin 1987, S. 149). Diese Auffassung lässt - beiläufig (obiter dictum) gesprochen - außer Acht, dass die Interflug GmbH als Betrieb der volkseigenen Wirtschaft zwar in wesentlichen Bereichen wirtschaftsrechtlich einem VEB gleichstand, rechtlich aber nicht den Status eines VEB hatte. Dies wiederum berücksichtigt die zivilrechtliche Literatur der DDR, indem sie darauf verweist, dass bestimmte für die Volkswirtschaft bedeutsame Betriebe nicht als VEB organisiert wurden, sondern aus einer Reihe von Gründen als Gesellschaften im Rahmen des "sanktionierten Rechts", so z.B. die SDAG Wismut und die Mitropa als Aktiengesellschaften und die Interflug als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Autorenkollektiv unter Leitung von Göhring und Posch, Zivilrecht, Teil 1, Staatsverlag der DDR, Berlin 1981, S. 107 f.) ... Schon die unterschiedlichen Rechts- bzw. Gesellschaftsformen und die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erlauben es nicht, von einer Identität der rechtlichen Bedeutungen von "VEB" und "GmbH" im Binnenrecht der DDR, geschweige denn von einer solchen gerade im Versorgungsrecht der AVItech in der DDR am 30. Juni 1990 zu sprechen."

Dem schließt sich das erkennende Gericht wie gesehen an.

Die SDAG "Wismut" war auch nicht einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellt. Aus § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Dort sind genannt: wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laboratorien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schiffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Hierunter fällt der ehemalige Beschäftigungsbetrieb des Klägers erkennbar nicht. Insbesondere war die SDAG "Wismut" kein Energieversorgungsbetrieb, denn dort wurde nicht Energie produziert, sondern primär Erz gefördert. Es handelte sich damit um einen Bergbaubetrieb und nicht um einen Energieversorger. Die Umsetzung des Erzes in Brennstäbe und nachfolgend in Energie erfolgte in ganz anderen Betrieben. Für die Prüfung der Gleichstellung ist jedoch stets allein das konkrete Profil des Beschäftigungsbetriebes des Klägers maßgeblich und nicht die weitere Entwicklung, die ein Teil der geförderten Güter später in anderen Bereichen der Volkswirtschaft nahm.

Es kann auch dahinstehen, ob die – erst nach Erlaß der o.g. Bestimmung gegründete – SDAG "Wismut" nach den tatsächlichen Verhältnissen in der DDR vor dem 30.06.1990 den volkseigenen Betrieben weitgehend wirtschaftsrechtlich gleichgestellt war. Es kommt bundesrechtlich nicht auf eine wirtschaftsrechtliche, sondern allein auf die versorgungsrechtliche Gleichstellung im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung an. Denn nur hieran hat der Einigungsvertrag angeknüpft, u.a. schon allein aus dem Grund, um auszuschließen, daß nicht abschätzbare finanzielle Lasten auf die Beitrags? und Steuerzahler der Bundesrepublik Deutschland übertragen würden (BSG, Urteil vom 09.04.2002 Az.: B 4 RA 3/02 R). Eine nachträgliche Einbeziehung der erst später gegründeten SDAG "Wismut" in das Versorgungssystem hat der DDR-Gesetzgeber trotz reichlicher Gelegenheit während des danach noch 35-jährigen weiteren Fortbestehens der DDR nicht vorgenommen. Dieses Nichthandeln des DDR-Gesetzgebers kann heute nicht durch eine quasi-gesetzgeberische Auslegung der bundesdeutschen Gerichte ersetzt werden.

Aus bundesrechtlicher Sicht kommt es bei der Auslegung dieser Durchführungsbestimmung auch weder auf die praktische Handhabung der Versorgungsordnungen durch die DDR, noch auf deren Verwaltungspraxis an. Damit wird ausgeschlossen, daß beliebige Umstände außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnung vorgegeben Rahmens, die sich mangels gesicherter faktischer Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei erschließen lassen, bei der Auslegung herangezogen werden. Das bedeutet zugleich, daß es dem Gericht verwehrt ist, über den Rahmen des § 1 AAÜG hinaus Fallgruppen zu entwickeln, die nicht von dem Sichtungs- und Reinigungsprogramm des AAÜG erfaßt sein konnten.

Der Kläger hätte also im Ergebnis auch nach dem Text der Versorgungsordnung der DDR selbst im Jahre 1990 keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem gehabt. Demgemäß kann sich aber auch unter bundesrechtlicher Betrachtung kein solcher Anspruch ergeben, da keine Veranlassung besteht, den Kläger nachträglich besser zu stellen, als er unter den damaligen Bedingungen gestanden hätte.

Die Vorschriften des Einigungsvertrages und des AAÜG sind insoweit in sich auch verfassungsgemäß. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung dieser Versorgungssysteme in der DDR ohne Willkürverstoß anknüpfen. Artikel 3 Grundgesetz gebietet nicht, von jenen historischen Fakten, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezogenen hat der Deutsche Bundestag als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 100, 138, 190 ff.). Der Bundesgesetzgeber hat im § 1 Abs. 1 AAÜG in begrenztem Umfang DDR-Willkür ausgeschaltet (vgl. zu Modifikation von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2, 8). Zu einer Totalrevision des mit Beginn des 31.12.1991 in das Rentenversicherungsrecht des Beitrittsgebietes überführten, aus der DDR stammenden Rechts, war er nicht verpflichtet, weil er diesen gesamten Rechtsbereich ab dem 01.01.1992 in einem rechtsstaatlichen Grundsätzen im wesentlichen genügenden Gesetz, dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch, unterstellt hat (vgl. BSG SozR 3, 8570 § 1 Nr. 2).

Im übrigen sei darauf hingewiesen, daß der Kläger auch ohne Anwendung von § 6 Abs. 1 AAÜG dieselben Rangstellenwerte (Entgeltpunkte) im SGB VI wie bei der Anwendung des AAÜG hätte erreichen können. Ab Einführung der FZR hängt dies allerdings davon ab, ob er von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, sich auch in der FZR in dem dort vorgesehenen "Höchstumfang" zu versichern. Da der Kläger von der DDR bis zum Beitritt niemals eine Versorgungszusage erhalten hatte, konnte er auch zu keinem Zeitpunkt die FZR-Sicherung wegen seines Vertrauens auf Zusatzversorgung im Alter hintanstellen. Es lag allein in seiner Entscheidungskompetenz, entsprechende FZR-Beiträge zur rentenrechtlichen Absicherung im Alter zu entrichten.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 143 SGG das Rechtsmittel der Berufung eröffnet.
Rechtskraft
Aus
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