S 4 KR 332/01 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 332/01 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1.) Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, die Kosten für die von H verordnete kombinierte Chemotherapie mit den Arzneimitteln Taxol und Epirubicin ab Dezember 2002 bis zum Abschluss des Hauptverfahrens zu erstatten bzw. zu übernehmen. 2.) Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. 3.) Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.

Gründe:

I. Die am 00.00.0000 geborene Antragstellerin begehrt die Erstattung der Kosten für die Arzneimittel Taxol bzw. Paclitaxel und Epirubicin bzw. Farmorubicin für die Monate ab August 2001.

Die Antragstellerin erkrankte im April 2000 an einem progredienten, metastasierenden postmenopausalen Mamma-Karzinom im Stadium pT1c pNO pMX G2. Am 12.04.2000 wurde eine brusterhaltende Operation mit axillärer Lymphomodektomie durchgeführt. Vom 05.12.2000 bis Februar 2001 wurde die Klägerin mit Tomoxifen 20 mg tgl. behandelt.

Nach dem Auftreten von Lebermetastasen wurde ab Februar 2001 eine palliative Chemotherapie nach dem CMF-Protokoll durchgeführt. Von April bis Juli 2001 schlossen sich 5 Zyklen mit Navelbine und 5 FU an.

Mit Schreiben vom 29.08.2001 beantragte der die Antragstellerin behandelnde Arzt, H, Facharzt für Hämatologie und internistische Onkologie bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme für eine kombinierte Therapie aus den Präparaten Taxol und Epirubicin. Die Therapie hätte zu diesem Zeitpunkt geändert werden müssen, weil die bis dahin durchgeführte Therapie keinen Erfolg gehabt hätte.

Mit Schreiben vom 25.09.2001 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme ab. Beide Mittel seien in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung für verordnungsfähig. Die Verwendung nebeneinander widerspreche jedoch der indikationsgerechten Arzneimittelzulassung.

Mit dem dagegen am 01.10.2001 erhobenen Widerspruch machte die Antragstellerin geltend, die Anwendung nebeneinander entspreche dem aktuellen Stand der ärztlichen Heilkunst und gehöre zum Bereich der ärztlichen Behandlungsfreiheit.

Mit weiterem Bescheid vom 05.10.2001 wiederholte die Antragsgegnerin ihre Ablehnung der Kostenübernahme und fügte diesmal eine Rechtsbehelfsbelehrung bei.

Am 16.10.2001 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Düsseldorf, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die verordnete Chemotherapie für die Monate August bis Oktober 2001 zu erstatten und die Kosten für die weiterverordnete Chemotherapie zu übernehmen.

Die Widerspruchsstelle der Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2002 als unbegründet zurück.

Den aufrechterhaltenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begründet die Antragstellerin wie folgt: Auch die Antragsgegnerin bestreite nicht die grundsätzliche Wirksamkeit beider angesetzten Arzneimittel; streitig sei nur die Reihenfolge des Einsatzes. Die von der Antragsgegnerin zitierte Zulassungsanmerkung für das Mittel Taxol, in der es heißt, dass dieses Mittel erst nach Versagen einer anthracyclinhaltigen Standardtherapie oder bei Patientinnen, für die eine antracyclinhaltige Therapie nicht angezeigt sei, in Betracht käme, stehe einem Leistungsanspruch des Versicherten nicht entgegen. Es gehe hier nicht um den Einsatz bei einer nicht zugelassenen Indikation. Der Einsatz stehe daher im ärztlichen Ermessen. Die Antragsgegnerin berücksichtige auch nicht die Tragweite der Remedacen-Entscheidung des BSG. Danach sei darauf abzustellen, ob die Behandlungsmethode in einer statistisch relevanten Zahl von Fällen den Nachweis der Wirksamkeit erbracht hätte. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der sogenannten Jassem-Studie im Jahre 2001 in der Zeitschrift JCO (Journal of Clinical Oncology) berichtet worden, dass die Kombination von Anthracyclin mit einem Taxan der Therapie mit Anthracyclin im Kombinatin mit anderen Substanzen überlegen sei. Der verordnende Arzt sei der Auffassung, dass bei der Antragstellerin mit ihrem Krankheitsbild und den vorausgegangenen Therapien eine Monotherapie, also eine Therapie beispielsweise nur mit Farmorubicin, keine oder nur geringe Aussicht auf Erfolg verspräche und aus medizinischer Sicht eine Unterversorgung darstelle, während die verordnete Polychemotherapie ein deutlich besseres Ansprechen erwarten lasse.

Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Die ärztlich verordneten und lebensnotwendigen Leistungen verursachten Kosten in Höhe von monatlich etwa 10.000,00 DM, die die Antragstellerin als Rentnerin aus eigenen Mitteln nicht aufbringen könne. Zwar habe der behandelnde Arzt die Kosten vorläufig vorfinanziert, dies sei auf Dauer jedoch nicht möglich.

Die Antragstellerin beantragt,

ihr die Kosten für die verordnete Chemotherapie für die Zeit ab August 2001 zu erstatten und die Kosten für die in Zukunft weiterverordnete Chemotherapie zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Nach der Stellungnahme des MDK entspräche die vorgesehene Therapie weder dem evidenzbasierten Standard noch der arzneimittelrechtlichen Zulassung der Medikamente. Abgesehen davon bestünde schon kein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin argumentiere alleine mit einem den behandelnden Arzt nicht zumutbaren Kostenrisiko, falls er die streitgegenständliche Behandlung ohne vorläufige Entscheidung weiterführe. Vorliegend seien jedoch nicht die Interessen des behandelnden Arztes, sondern der Antragstellerin streitgegenständlich. Der Antragstellerin sei daher durchaus zuzumuten, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Auf die während des Verfahrens vorgelegten Stellungnahmen des MDK vom 27.11.2001 und 11.12.2001 wird verwiesen.

Auf Anfrage des Gerichts hat das Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte am 02.01.2002 zu den Indikationen der hier verwandten Arzneimittel Stellung genommen. Beide Arzneimittel seien zur Behandlung des Mamma-Karzinoms unter Einschluss des postmenopausalen Mamma-Karzinoms zugelassen. Die Kombination beider Arzneimittel sei nicht als Gegenanzeige in den informierenden Texten enthalten. Es lägen keine Ergebnisse klinischer Prüfungen vor, die die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination von Paclitaxel und Epirubicin belegen würden. Die Wirkmechanismen beider Substanzen schlössen eine Kombination nicht zwingend aus. Die Entscheidung über den Einsatz der Kombination könne damit nur im ärztlichen Ermessen liegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und teilweise begründet.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGB i.d.F. ab 02.01.2002 kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Die Antragstellerin hat für die Zukunft einen Anspruch auf Versorgung mit den Arzneimitteln Epirubicin bzw. Farmorubicin und Taxol bzw. Paclitaxel. Der Antragstellerin steht insoweit gemäß § 13 Abs. 3 SGB V ein Anspruch auf Kostenübernahme zu. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 31 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Dieser Anspruch unterliegt grundsätzlich den Einschränkungen aus § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V. Danach haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen und dürfen Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Im Rahmen der Arzneimittelverorgung verzichtet das Krankenversicherungsrecht jedoch, anders als bei den übrigen Leistungen der Krankenbehandlung, weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt und deren Erteilung vom Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments abhängig macht (§ 21 Abs. 2 Arzneimittelgesetz (AMG)). Da dies dieselben Kriterien sind, an denen die Leistungen der Krankenversicherung gemessen werden, kann bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung davon ausgegangen werden, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind (so BSG im Urteil vom 19.03.2002 - B 1 KR 37/2000 R -). Unbeschadet der unterschiedlichen Zielsetzung von Arzneimittel- und Krankenversicherungsrecht rechtfertigt dies die Vorgreiflichkeit der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Anwendung eines Medikaments im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist zwar das Arzneimittel "Taxol" für die Indikation "Mamma-Karzinom" zugelassen. Die Zulassung enthält jedoch den einschränkenden Zusatz, dass die Anwendung erst nach Versagen einer anthracyclinhaltigen Standardtherapie erfolgen sollte. Es stellt sich daher die Frage, ob die hier durchgeführte Anwendung neben einer gleichzeitig durchgeführten anthracyclin-haltigen Therapie mit Epirubicin noch von der Indikation gedeckt ist oder ob es sich um einen zulassungsüberschreitenden Einsatz handelt. Bis zur zitierten Entscheidung des BSG mit Urteil vom 19.03.2002 (a.a.O) lag keine einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung zur Leistungspflicht der Krankenversicherung bei einem zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln vor. Während der 1. Senat im Urteil vom 05.07.1995 - 1 RK 6/95 -) der Auffassung war, dem Versicherten könne das Fehlen einer indikationsspezifischen Zulassung nicht entgegengehalten werden, so hat demgegenüber der 8. Senat des BSG im Urteil vom 30.09.1999 (BSGE 85, 36, 50) auf die Bedeutung der arzneimittelrechtlichen Zulassung für die Einhaltung des im SGB V geforderten Qualitätstandards verwiesen und gefordert, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse auf die zugelassenen Anwendungsgebiete beschränkt bleiben müsse. Der 1. Senat des BSG hat im Urteil vom 19.03.2002 (a.a.O.) sich nunmehr der Auffassung des 8. Senates unter Aufgabe seiner früheren abweichenden Rechtsauffassung grundsätzlich angeschlossen, jedoch Ausnahmen für eine indikationsfremde Anwendung zugelassener Arzneimittel in den Fällen für berechtigt gesehen, wenn anderenfalls eine ernste, lebensbedrohliche Krankheit wie Krebs mangels therapeutischer Alternativen nicht wirksam bekämpft werden könnte. Durch die Vorschriften des AMG werde dem Arzt in diesen Fällen eine zulassungsüberschreitende Verordnung nicht verboten. Der einzelne Arzt sei weder arzneimittelrechtlich noch berufsrechtlich gehindert, bei seinen Patienten auf eigene Verantwortung ein auf dem Markt verfügbares Arzneimittel für eine Therapie einzusetzen, für die es nicht zugelassen sei. Die aufgezeigten Defizite des Arzneimittelrechtes dürfen jedoch nicht dazu führen, dass den Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung unverzichtbare und erwiesenermaßen wirksame Therapien vorenthalten blieben, obwohl die betreffenden Medikamente außerhalb der Krankenversicherung in der nicht zugelassenen Indikation verordnet würden und verordnet werden dürften. Solange diese Defizite bestünden, könne deshalb die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine die Zulassungsgrenzen überschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall ist jedoch fraglich, ob die vom BSG im Urteil vom 19.03.2002 (a.a.O.) entwickelten Grundsätze über den indikationsfremden Einsatz zugelassener Arzneimittel überhaupt zur Anwendung kommen, fraglich. Sowohl Taxol als auch Epirubicin sind für die Indikation Mamma-Karzinom unter Einschluss des postmenopausalen Mamma-Karzinoms zugelassen. Während Epirubicin als anthracyclinhaltige Therapie ohne weitere Einschränkungen für die Behandlung des Mamma-Karzinoms vorgesehen ist, befindet sich bei der Indikation für das Arzneimittel Taxol die Einschränkung, dass die Indikation bei Patientinnen vorgesehen ist, bei denen eine anthracyclinhaltige Standardtherapie versagt hat oder bei denen eine anthracyclinhaltige Therapie nicht angezeigt ist. Die Anwendung von Taxol bei gleichzeitiger Verabreichung von Epirubicin wäre von der zugelassenen Indikation für Taxol nicht mehr getragen, wenn die Kombination beider Arzneimittel als Gegenanzeige in den informierenden Texten enthalten wäre. Nach der Auskunft des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 02.01.2002 ist eine derartige Kontraindikation in den informierenden Texten jedoch nicht enthalten. Die Wirkmechanismen beider Substanzen würden eine Kombination nicht zwingend ausschließen. Die Aussage des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte lässt die Schlussfolgerung zu, dass die kombinierte Anwendung beider Arzneimittel noch von den Indikationen gedeckt ist und dass es sich nicht um eine indikationsfremde Anwendung handelt. Eine andere Auslegung wäre auch wenig sinnvoll: Die Indikation für die primäre oder kombinierte Anwendung mit Epirubicin zu verneinen hieße, dass bei primärer oder kombinierter Anwendung eine Wirksamkeit von Taxol nicht bewiesen wäre. Dagegen spricht jedoch die Aussage des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte, dass Taxol eine gute Wirksamkeit bei Patientinnen mit schlechter Prognose zeigte. Der die Indikation von Taxol einschränkende Zusatz kann daher nur als eine Anwendungsempfehlung verstanden werden, nicht jedoch die Indikation Mamma-Karzinom auf bestimmte Fallgruppen einschränken. Es ist Aufgabe des anwendenden Arztes, wie bei der Anwendung jedes Arzneimittels, die Auswirkungen potentieller Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten abzuschätzen, um eine verantwortbare Relation zwischen Nutzen und Schaden zu finden. Diese Aufgabe stellt sich umso mehr bei dem kombinierten Einsatz verschiedener Präparate. Nach Auffassung des Gerichtes liegt damit hier die Anwendung noch innerhalb der zugelassenen Indikationen.

Wie das BSG im Urteil vom 19.03.2002 (a.a.O.) ausführte, unterliegen zwar im Prinzip auch Pharmacotherapien der für vertragsärztliche Leistungen in § 135 Abs. 1 SGB V vorgesehenen Qualitätsprüfung. Soweit jedoch das Arzneimittelrecht eine Zulassung vorschreibe, sei dieser Nachweis der Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Medikamentes nach der Gesetzessystematik in dem Zulassungsverfahen und nicht im Wege der Zertifizierung durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zu führen. Es sei nicht Aufgabe des Bundesausschusses, zuzahlungspflichtige Arzneimittel für deren Einsatz in der vertragsärztlichen Versorgung einer nochmaligen, gesonderten Begutachtung zu unterziehen und die arzneimittelrechtliche Zulassung durch eine für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Empfehlung zu ergänzen oder zu ersetzen. Diesen Ausführungen des BSG ist bezüglich einer kombinierten Arzneimitteltherapie hinzuzufügen, dass die Kombination verschiedener Präparate zur Behandlung einer Krankheit weder einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf noch einer generellen Genehmigung dieser Therapie durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bedarf. Die kombinierte Anwendung verschiedener jeweils arzneimittelrechtlich zugelassener Arzneimittel liegt ausschließlich im ärztlichen Ermessen. Klinische Prüfungen, die die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Kombination verschiedener Präparate belegen, sind daher grundsätzlich nicht erforderlich. Das Fehlen solcher Studien kann daher einem Leistungsanspruch auch nicht entgegenstehen.

Es besteht auch ein Anordnungsgrund für die Zukunft. Wie die Antragstellerin glaubhaft vorgetragen hat, ist sie als Rentnerin nicht in der Lage, die Kosten der Behandlung in Höhe von ca. 10.000,- DM pro Monat zu tragen. Für den Anordnungsgrund spielt es keine Rolle, dass der anwendende Arzt die Behandlung zunächst auf seine Kosten vorgenommen hat. Die Klägerin ist auch bei vorläufiger Kostenübernahme durch den Arzt letztlich einem Vergütungsanspruch des Arztes ausgesetzt. Andererseits ist es dem Arzt jedoch nicht zu verdenken, dass angesichts der unklaren Indikationsregelung und der oben beschriebenen widersprüchlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zumindest bis zum Urteil des BSG vom 19.03.2002 davon ausgehen durfte, dass er nicht berechtigt war, das Arzneimittel Taxol der Antragstellerin auf einer vertragsärztlichen Verordnung als Sachleistung zu gewähren. Durch die Ausstellung einer privatärztlichen Arzneimittelverordnung ist die Antragstellerin einem Vergütungsanspruch des Arztes ausgesetzt, von dem die Antragstellerin gemäß § 13 Abs. 3 SGB V freizustellen ist.

Für die Vergangenheit fehlt allerdings ein Anordnungsgrund, da der behandelnde Arzt die Behandlung zunächst auf seine Kosten übernommen hat. Nach der oben dargelegten Rechtsauffassung des Gerichts wäre eine Verordnung als Sachleistung gerechtfertigt gewesen. In welcher Weise für die Vergangenheit ein finanzieller Ausgleich erfolgen kann, muss daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Das Gericht beabsichtigt, durch Beiladungen im Hauptsacheverfahren eine für alle Beteiligten verbindliche Entscheidung herbeizuführen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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