Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 34/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2002 verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die Anschaffung des Lesi-Lagerungsstuhles freizustellen.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenübernahme für einen sogenannten Lagerungsrollstuhl.
Die 0000 geborene Klägerin leidet an Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit halluzinatorischer paranoider Symptomatik. Sie lebt in einem stationären Pflegeheim. Dem Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Lgerungsrollstuhl war das ärztliche Attest der Ärztin für Psychiatrie, L vom 00. Oktober 0000 beigefügt. Wegen Unruhezuständen mit Sturzgefahr benötige sie einen speziellen Therapiestuhl, und zwar den sogenannten Lesi-Lagerungsstuhl. Laut beigefügtem Kostenvoranschlag der Firma X vom 15.10.2001 wurden die Anschaffungskosten für diesen Stuhl mit 3.790,42 DM angegeben. Mit Bescheid vom 26.11.2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab; es handele sich nicht um ein anerkanntes Hilfsmittel; außerdem zählten Pflegeliegestühle zu den notwendigen Ausstattungen in den Pflegeheimen. Die Beklagte sei daher insoweit nicht kostenpflichtig. Mit dem dagegen am 06.12.2001 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass nach dem geschlossenen Heimvertrag der Caritas sowie nach der Vereinbarung mit dem Landschaftsverband Rheinland die Versorgung mit Hilfsmitteln nicht mit den Pflegesätzen abgegolten wäre. Sie sei der Auffassung, dass nach § 33 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln trotz stationärer Unterbringung in einem Pflegeheim bestünde.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2002 als unbegründet zurück. Der Lesi-Lagerungsstuhl sei als Hilfsmittel nicht anerkannt; er hätte keinerlei therapeutische Wirkung; es würde hiermit auch kein Ausgleich einer Behinderung hergestellt; der Stuhl diene lediglich der Erleichterung der Pflege des Pflegepersonals in dem stationären Heim. Zu den unerlässlichen Bedingungen der Zulassungen eines Pflegeheimes gehöre die Vorhaltung an Pflegehilfsmitteln; der Stuhl sei daher vom Pflegeheim zur Verfügung zu stellen und ein gesonderter Anspruch der Versicherten gegenüber der Krankenkasse bestünde daher nicht. Dagegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. Durch den Stuhl würden orthopädische und psychiatrische Schäden ausgeglichen. Durch den Stuhl wäre die Teilnahme am Stationsleben wieder gewährleistet. Die Klägerin sei auf den Stuhl angewiesen, da sie aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage sei, in einem herkömmlichen Stuhl zu sitzen; aufgrund der Schwäche der Oberkörpermuskulatur würde sie aus einem normalen Rollstuhl heraus fallen; sie bedürfe daher zur sicheren Positionierung die Zuverfügungstellung eines Rollstuhles, der den Oberkörper fixiert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2002 zu verurteilen, sie von den Kosten für die Anschaffung des Lesi-Lagerungsstuhles freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Verpflichtung der Krankenkasse zur Versorgung mit Hilfsmitteln nach dem SGB V dort ende, wobei vollstationäre Pflege die Pflicht des Heimträgers zur Versorgung mit Hilfsmitteln einsetze. Bei vollstationärer Pflege beschränke sich der Anspruch gegen die Kasse nach dem SGB V auf individuell angepasste Hilfsmittel. Konfektionierte Hilfsmittel seien von den Heimen vorzuhalten. Der hier beantrage Lesi-Lagerungsstuhl werde individuell nicht angepasst; es handele sich um ein serienmäßig konfektionell hergestelltes Hilfsmittel, das insofern somit nicht der Verpflichtung der Kasse zur Kostenübernahme nach § 33 SGB V unterliege.
Die Vertreterin des mit Beschluss vom 21.02.2003 beigeladenen Caritasverbandes N (Beigeladene zu 1) erklärte, es bestünden zwar im stationären Heim genügend Möglichkeiten, Bewohner, deren Oberkörper im Sitzen aus gesundheitlichen Gründen fixiert werden müsse, zu fixieren.
Insofern stünden Körperschalen zur Verfügung, die in normalen Rollstühlen angebracht werden könnten, um den Oberkörper zu fixieren. Bei der Klägerin bestehe jedoch die Besonderheit, dass sie neben der Muskelschwäche im Oberkörper und der Unfähigkeit, in einem Stuhl, ohne seitlich gestützt zu werden, darunter leide, dass sie wegen halluzinatorischer und paranoider Symptomatik bei einer Fixierung in einem normalen Rollstuhl versuche, sich aus diesem zu entfernen. Es habe sich gezeigt, dass diese psychisch-bedingten Auffälligkeiten durch die Benutzung des Lesi-Lagerungsstuhles vermieden werden könnte. Der Lesi-Lagerungsrollstuhl sei daher speziell für die Klägerin und nicht für andere Behiunderte erforderlich.
Mit Beschluss vom 24.03.2003 hat das Gericht die Pflegekasse beigeladen (Beigeladene zu 2).
Auf Anfrage des Gerichtes erteilte der behandelnde Internist I unter dem 29.07.2002 einen Bericht, indem er u.a. hervor hob, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, aufrecht in einem normalen Stuhl bzw. Rollstuhl zu sitzen. Sie sei auf einen besonderen Therapiestuhl (Lesi) angewiesen zur Vermeidung muskulärer Kontrakturen und zur Vermeidung der Verschlechterung der psychischen Situation.
Auf Anfrage des Gerichtes führte die behandelnde Ärztin für Psychiatrie L in ihrem Bericht vom 07.09.2002 u.a. aus, dass die Klägerin auf die Benutzung des Lesi-Rollstuhles angewiesen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert, da die Beklagte zu Unrecht die Kostenübernahme für die Anschaffung des Lesi-Lagerungsrollstuhles gegenüber der Beklagten abgelehnt hat. Nach § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Haben Versicherte die Fähigkeit zum selbständigen Gehen und Stehen verloren, so steht ihnen zur Erhaltung ihrer Mobilität ein Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zu, soweit Gehhilfen preiswerterer Art wie ein Gehstock, Krücke oder Rollator nicht ausreichen. Bei einem Rollstuhl handelt es sich nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da er ausschließlich der Benutzung durch Gehbehinderte dient. Es besteht auch kein Anspruchsausschluss nach § 34 Abs. 4 SGB V, wonach Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind.
Der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin zum Kreis pflegebedürftiger Personen im Sinne von §§ 14, 15 SGB XI gehört. Der bei ambulanter häuslicher Pflege bestehende Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln mit § 40 SGB XI entfällt bei stationärer Pflege im Sinne von § 43 SGB XI. § 43 SGB XI enthält weder eine dem § 40 SGB XI entsprechende Regelung noch verweist § 43 auf § 40 SGB XI.
Es ist jedoch fraglich, ob der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten dadurch ausgeschlossen ist, dass die Klägerin einen entsprechenden Leistungsanspruch gegenüber dem Träger der stationären Pflegeeinrichtung hat hat, in der sie sich befindet. Grundsätzlich enthält das SGB V keine Regelung über einen grundsätzlichen Leistungsausschluss oder über ein Ruhen des Leistungsanspruches bei stationärer Pflege. Wie das BSG im Urteil vom 10.02.2000 - B 3 Kr 26/99 R - ausführt, ruht der Versorgungsanspruch nach § 33 SGB V nicht schon wegen des reinen Aufenthaltes in einem stationären Pflegeheim. Auf die dortige Begründung wird verwiesen.
Wie das BSG in dem genannten Urteil jedoch ausführt, erfahre der grundsätzlich weiter bestehende Leistungsanspruch bei vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim oder einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe eine Einschränkung: "Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilsmitteln endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abs. 1, 2, § 43 a SGB XI). Nach § 11 Abs. 1 SGB XI hat die Pflege in einem Pflegeheim (§ 71 Abs. 2 SGB XI) nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu erfolgen (Satz 1). Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten (Satz 2). Die Pflegeheime haben auch für die soziale Betreuung der Bewohner zu sorgen (§§ 43 Abs. 2 und 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Die die Zulassung bewirkenden Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen und die Gewähr auf eine leistungsfähige wirtschaftliche und pflegerische Versorgung bieten (§ 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI) ... Die Heime müssen daher das für die Pflege notwendige Inventar bereit halten. Einen geeigneten Anhaltspunkt für die von dem Pflegeheim vorzuhaltenden Hilfsmittel bietet - ohne dass hier eine abschließende Beurteilung jedes einzelnen Hilfsmittel vorzunehmen ist - z.B. die "gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln" vom 26.05.1997, solange Rechtsverordnungen über die Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln fehlen (vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB XI). Hierzu zählen z.B. alle Hilfsmittel, die bei Verwirrtheitszuständen, Lähmungen und sonstigen Funktionseinschränkungen üblicher Art (z.B. Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Folgen eines Schlaganfalles, multipler Sklerose und Querschnittlähmungen) benötigt werden. Die gesetzliche Krankenversicherung hat darüberhinaus nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht der "Sphäre" der vollständigen Pflege zuzurechnen sind. Das sind im wesentlichen: 1. Individuell angepasste Hilfsmittel, die ihrer Natur nach nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind, (z.B. Brillen, Hörgeräte, Prothesen); 2. Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses (z.B. Komunikation oder Mobilität) außerhalb des Pflegeheime dienen ... Rollstühle sind danach Hilfsmittel, die bei vollstationärer Pflege grundsätzlich vom Heimträger zur Verfügung zu stellen sind. Denn Rollstühle gehören in aller Regel nicht zu den individuell angepassten Hilfsmitteln, für die stets die Krankenkassen zuständig sind. Das ist auch dann der Fall, wenn es sich um ein Serienfabrikat handelt, das auf bestimmte körperliche Gegebenheiten einstellbar ist, also nicht als Einzelstück angefertigt worden ist, das nur für einen bestimmten Versicherten verwendbar ist. Im Rahmen des Heimvertrages hat der Heimträger daher dafür einzustehen, dass jeder Heimbewohner, der nicht mehr selbst gehen kann und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, diesen auch zur Verfügung gestellt bekommt, damit er - entweder aus eigenen Kräften oder mit Hilfe des Pflegepersonals oder Angehöriger - sein Zimmer verlassen und andere Räume des Heimes (Bad, WC, Speisesaal, Aufenthaltsraum) aufsuchen und um an die frische Luft zu kommen, auf dem Gelände des Heimes spazieren fahren kann, er also stets alle Orte erreichen oder dort hingebracht werden kann, wo die verschiedenen Pflegeleistungen erbracht werden oder soziale Betreuung stattfindet. Der Heimträger hat deshalb die notwendige Anzahl an geeigneten Rollstühlen bereitzustellen; sie gehören bei vollstationärer Pflege zum notwendigen Inventar von Pflegeheimen."
Mit Urteil vom 28.0.2003 - B 3 Kr 30/02 R - hat das BSG den Kreis der Hilfsmittel, die nicht vom Heimträger, sondern von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellen sind, erweitert: Aus den Ausführungen im Urteil vom 10.02.2000 (a.a.O.) könne nicht der Schluss gezogen werden, dass nicht individuell anzupassende Hilfsmittel bei Verwendung innerhalb eines Pflegeheimes stets von einem Träger gestellt werden müssten. Der Senat hätte bereits im Urteil vom 06.06.2002 (B 3 Kr 67/01 R) deutlich gemacht, dass der Begriff "Heimsphäre" nicht in diesem räumlichen Sinn zu verstehen sei. Hilfsmittel, die der Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen dienten, fielen auch bei Benutzung innerhalb des Pflegeheimes in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn der Behinderungsausgleich im Vordergrund stehe und gegenüber pflegerelevanten Zielen, etwa der Erleichterung oder Ermöglichung von Pflegemaßnahmen überwiege.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein nicht individuell angepasstes, sondern serienmäßig hergestelltes Hilfsmittel, das der Verwendung innerhalb des Heimes dient. Es könnte auch von anderen Heimbewohnern benutzt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen wird es jedoch für andere Heimbewohner nicht eingesetzt, da zur Fixierung des Oberkörpers bei den Heimbewohnern, die nicht mehr in der Lage sind, selbständig aufrecht zu sitzen, preiswertere Hilfsmittel wie Körperschalen und Fixierbänder zur Verfügung stehen. Lediglich die Kombination der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen: Starke Fallneigung des gesamten Oberkörpers zur Seite auch im Sitzen und der halluzinatorischen und paranoiden Symptomatik, die bei Fixierung in einem normalen Rollstuhl dazu führe, dass die Klägerin versuche, sich aus diesem zu entfernen, bedingt hier den Einsatz des Lesi-Lagerungsstuhles. Die Kammer bezieht sich insofern auf die überzeugenden Ausführungen der behandelnden Ärzte I und L. Beide haben die Notwendigkeit des Einsatzes des Lesi-Lagerungsrollstuhles wegen der Kombination der oben beiden Erkrankungen überzeugend dargelegt. Der Heimträger, der Beigeladene zu 1), ist jedoch der Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall um ein individuelles Hilfsmittel handelt, das unter Beürcksichtigung der "gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln" nicht zu dem vom Heimträger vorzuhaltenden Pflegehilfsmitteln gehört. Es handele sich um eine Sonderanfertigung, die nicht der üblichen Ausstattung eines Pflegeheimes zuzuordnen sei. Im vorliegenden Fall ist es daher sehr fraglich, ob die Versorgung mit dem hier streitigen Lesi-Lagerungsrollstuhl noch zu den Pflichten des beigeladenen Heimträgers gehört oder ob nach wie vor die gesetzliche Krankenversicherung zur Leistung verpflichtet ist. Die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln vom 26.05.1997 zählt unter Ziffer 18.4601 Zimmerrollstühle als zur Ausstattung von Pflegeheimen notwendige Hilfsmitteln auf. Grundsätzlich heißt es jedoch in Abs. 4 dieser Verlautbarung u.a., dass ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V grundsätzlich nur dann bei Heimbewohnern in Betracht kommen könne, wenn dieses ausschließlich von den betroffenen Versicherten genutzt werde. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn individuelle Anpassungen notwendig seien, wie bei einer Prothese. Die Verlautbarung stellt somit nicht darauf an, ob das betreffende Hilfsmittel auch von anderen Versicherten benutzbar ist, sondern lediglich, ob es ausschließlich von den betroffenen Versicherten genutzt wird. Nach dem Wortlaut der Verlautbarung kommt ein Anspruch nach § 33 auch dann in Betracht, wenn das Hilfsmittel nicht individuell angepasst ist. Es ist im Ergebnis somit nicht klar und eindeutig ersichtlich, ob die Versorgung mit einem Lesi-Lagerungstollstuhl in die Leistungspflicht des Heimträgers fällt. Das BSG hat in den genannten Entscheidungen zwar grundsätzlich ausgeführt, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung da ende, wo die Leistungspflicht des Heimträgers einsetze, es hat aber keine näheren Ausführungen über die Systematik der hier bestehenden Anspruchskonkurrenz gemacht. Da weder das SGB V noch das SGB XI eine entsprechende Regelung über einen Anspruchsausschluss gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung oder über zumindest ein Ruhen des Leistungsanspruches beinhaltet, kann nach Auffassung der erkennenden Kammer die Frage der Anspruchskonkurrenz bzw. der Abgrenzung der hier in Betracht kommenden Leistungsansprüche nur so gelöst werden, dass der grundsätzlich weiterbestehende Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung erst dann wegfällt, wenn die Notwendigkeit für die Versorgung mit dem Hilfsmittel dadurch entfällt, dass der Heimträger das Hilfsmittel auf seine Kosten dem Versicherten zur Verfügung gestellt hat. Der Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V setzt u.a. die Erforderlichkeit der Versorgung voraus. Ist das Hilfsmittel dem Versicherten zur Verfügung gestellt, so entfällt die Erforderlichkeit und somit auch ein Anspruch nach § § 33 SGB V. Ist in derartigen Fällen die gesetzliche Krankenversicherung der Auffassung, dass die Versorgung zu den Pflichten des Heimträgers gehört, so muss sie einen Erstattungsstreit gegen den Heimträger führen. Diese Systematik hätte den Vorteil, dass dem in einem stationären Pflegeheim untergebrachten Versicherten das Prozessrisiko genommen wäre, sowohl die gesetzliche Krankenversicherung als auch in einem weiteren Rechtsstreit den Heimträger auf Leistung zu verklagen, ohne dass er die Sicherheit hat, dass die Ergebnisse der beiden Rechtsstreite koordiniert werden und er Gefahr läuft, in beiden Rechtsstreiten zu unterliegen. Wie auch die Entwicklung der BSG-Rechtsprechung zeigt, ist die Abgrenzung der Leistungspflicht zwischen dem stationären Pflegeheim und der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eindeutig und wird sogar zunehmend schwieriger. Da die Klägerin von den Kosten zur Anschaffung des Lesi-Lagerungsrollstuhles weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen zu 1) freigestellt war, hat sie daher solange einen Anspruch auf Kostenfreistellung gegenüber der Beklagten, solange sie für die Selbstbeschaffung des Hilfsmittels Kosten aufzuwenden hat. Hat sie die Kosten bereits selbst getragen, so beruht der Anspruch auf Kostenfreistellung auf § 13 Abs. 3 SGB V. Steht ihr das Hilfsmittel grundsätzlich noch nicht zur Verfügung, so gründet sich der Leistungsanspruch direkt auf § 30 Abs. 1 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenübernahme für einen sogenannten Lagerungsrollstuhl.
Die 0000 geborene Klägerin leidet an Demenz bei Alzheimer-Krankheit mit halluzinatorischer paranoider Symptomatik. Sie lebt in einem stationären Pflegeheim. Dem Antrag auf Kostenübernahme für die Anschaffung des Lgerungsrollstuhl war das ärztliche Attest der Ärztin für Psychiatrie, L vom 00. Oktober 0000 beigefügt. Wegen Unruhezuständen mit Sturzgefahr benötige sie einen speziellen Therapiestuhl, und zwar den sogenannten Lesi-Lagerungsstuhl. Laut beigefügtem Kostenvoranschlag der Firma X vom 15.10.2001 wurden die Anschaffungskosten für diesen Stuhl mit 3.790,42 DM angegeben. Mit Bescheid vom 26.11.2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab; es handele sich nicht um ein anerkanntes Hilfsmittel; außerdem zählten Pflegeliegestühle zu den notwendigen Ausstattungen in den Pflegeheimen. Die Beklagte sei daher insoweit nicht kostenpflichtig. Mit dem dagegen am 06.12.2001 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass nach dem geschlossenen Heimvertrag der Caritas sowie nach der Vereinbarung mit dem Landschaftsverband Rheinland die Versorgung mit Hilfsmitteln nicht mit den Pflegesätzen abgegolten wäre. Sie sei der Auffassung, dass nach § 33 SGB V ein Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln trotz stationärer Unterbringung in einem Pflegeheim bestünde.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2002 als unbegründet zurück. Der Lesi-Lagerungsstuhl sei als Hilfsmittel nicht anerkannt; er hätte keinerlei therapeutische Wirkung; es würde hiermit auch kein Ausgleich einer Behinderung hergestellt; der Stuhl diene lediglich der Erleichterung der Pflege des Pflegepersonals in dem stationären Heim. Zu den unerlässlichen Bedingungen der Zulassungen eines Pflegeheimes gehöre die Vorhaltung an Pflegehilfsmitteln; der Stuhl sei daher vom Pflegeheim zur Verfügung zu stellen und ein gesonderter Anspruch der Versicherten gegenüber der Krankenkasse bestünde daher nicht. Dagegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage. Durch den Stuhl würden orthopädische und psychiatrische Schäden ausgeglichen. Durch den Stuhl wäre die Teilnahme am Stationsleben wieder gewährleistet. Die Klägerin sei auf den Stuhl angewiesen, da sie aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage sei, in einem herkömmlichen Stuhl zu sitzen; aufgrund der Schwäche der Oberkörpermuskulatur würde sie aus einem normalen Rollstuhl heraus fallen; sie bedürfe daher zur sicheren Positionierung die Zuverfügungstellung eines Rollstuhles, der den Oberkörper fixiert.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26.11.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.01.2002 zu verurteilen, sie von den Kosten für die Anschaffung des Lesi-Lagerungsstuhles freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die Verpflichtung der Krankenkasse zur Versorgung mit Hilfsmitteln nach dem SGB V dort ende, wobei vollstationäre Pflege die Pflicht des Heimträgers zur Versorgung mit Hilfsmitteln einsetze. Bei vollstationärer Pflege beschränke sich der Anspruch gegen die Kasse nach dem SGB V auf individuell angepasste Hilfsmittel. Konfektionierte Hilfsmittel seien von den Heimen vorzuhalten. Der hier beantrage Lesi-Lagerungsstuhl werde individuell nicht angepasst; es handele sich um ein serienmäßig konfektionell hergestelltes Hilfsmittel, das insofern somit nicht der Verpflichtung der Kasse zur Kostenübernahme nach § 33 SGB V unterliege.
Die Vertreterin des mit Beschluss vom 21.02.2003 beigeladenen Caritasverbandes N (Beigeladene zu 1) erklärte, es bestünden zwar im stationären Heim genügend Möglichkeiten, Bewohner, deren Oberkörper im Sitzen aus gesundheitlichen Gründen fixiert werden müsse, zu fixieren.
Insofern stünden Körperschalen zur Verfügung, die in normalen Rollstühlen angebracht werden könnten, um den Oberkörper zu fixieren. Bei der Klägerin bestehe jedoch die Besonderheit, dass sie neben der Muskelschwäche im Oberkörper und der Unfähigkeit, in einem Stuhl, ohne seitlich gestützt zu werden, darunter leide, dass sie wegen halluzinatorischer und paranoider Symptomatik bei einer Fixierung in einem normalen Rollstuhl versuche, sich aus diesem zu entfernen. Es habe sich gezeigt, dass diese psychisch-bedingten Auffälligkeiten durch die Benutzung des Lesi-Lagerungsstuhles vermieden werden könnte. Der Lesi-Lagerungsrollstuhl sei daher speziell für die Klägerin und nicht für andere Behiunderte erforderlich.
Mit Beschluss vom 24.03.2003 hat das Gericht die Pflegekasse beigeladen (Beigeladene zu 2).
Auf Anfrage des Gerichtes erteilte der behandelnde Internist I unter dem 29.07.2002 einen Bericht, indem er u.a. hervor hob, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, aufrecht in einem normalen Stuhl bzw. Rollstuhl zu sitzen. Sie sei auf einen besonderen Therapiestuhl (Lesi) angewiesen zur Vermeidung muskulärer Kontrakturen und zur Vermeidung der Verschlechterung der psychischen Situation.
Auf Anfrage des Gerichtes führte die behandelnde Ärztin für Psychiatrie L in ihrem Bericht vom 07.09.2002 u.a. aus, dass die Klägerin auf die Benutzung des Lesi-Rollstuhles angewiesen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide beschwert, da die Beklagte zu Unrecht die Kostenübernahme für die Anschaffung des Lesi-Lagerungsrollstuhles gegenüber der Beklagten abgelehnt hat. Nach § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind. Haben Versicherte die Fähigkeit zum selbständigen Gehen und Stehen verloren, so steht ihnen zur Erhaltung ihrer Mobilität ein Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung zu, soweit Gehhilfen preiswerterer Art wie ein Gehstock, Krücke oder Rollator nicht ausreichen. Bei einem Rollstuhl handelt es sich nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da er ausschließlich der Benutzung durch Gehbehinderte dient. Es besteht auch kein Anspruchsausschluss nach § 34 Abs. 4 SGB V, wonach Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischem Nutzen oder geringem Abgabepreis von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind.
Der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin zum Kreis pflegebedürftiger Personen im Sinne von §§ 14, 15 SGB XI gehört. Der bei ambulanter häuslicher Pflege bestehende Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln mit § 40 SGB XI entfällt bei stationärer Pflege im Sinne von § 43 SGB XI. § 43 SGB XI enthält weder eine dem § 40 SGB XI entsprechende Regelung noch verweist § 43 auf § 40 SGB XI.
Es ist jedoch fraglich, ob der Leistungsanspruch gegenüber der Beklagten dadurch ausgeschlossen ist, dass die Klägerin einen entsprechenden Leistungsanspruch gegenüber dem Träger der stationären Pflegeeinrichtung hat hat, in der sie sich befindet. Grundsätzlich enthält das SGB V keine Regelung über einen grundsätzlichen Leistungsausschluss oder über ein Ruhen des Leistungsanspruches bei stationärer Pflege. Wie das BSG im Urteil vom 10.02.2000 - B 3 Kr 26/99 R - ausführt, ruht der Versorgungsanspruch nach § 33 SGB V nicht schon wegen des reinen Aufenthaltes in einem stationären Pflegeheim. Auf die dortige Begründung wird verwiesen.
Wie das BSG in dem genannten Urteil jedoch ausführt, erfahre der grundsätzlich weiter bestehende Leistungsanspruch bei vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim oder einer vollstationären Einrichtung der Behindertenhilfe eine Einschränkung: "Die Pflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung der Versicherten mit Hilsmitteln endet nach der gesetzlichen Konzeption des SGB V und des SGB XI dort, wo bei vollstationärer Pflege die Pflicht des Heimträgers auf Versorgung der Heimbewohner mit Hilfsmitteln einsetzt. Bei vollstationärer Pflege hat der Träger des Heimes für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet ist, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen (§ 43 Abs. 1, 2, § 43 a SGB XI). Nach § 11 Abs. 1 SGB XI hat die Pflege in einem Pflegeheim (§ 71 Abs. 2 SGB XI) nach dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse zu erfolgen (Satz 1). Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten (Satz 2). Die Pflegeheime haben auch für die soziale Betreuung der Bewohner zu sorgen (§§ 43 Abs. 2 und 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XI). Die die Zulassung bewirkenden Versorgungsverträge dürfen nur mit Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die den Anforderungen des § 71 SGB XI genügen und die Gewähr auf eine leistungsfähige wirtschaftliche und pflegerische Versorgung bieten (§ 72 Abs. 3 Satz 1 SGB XI) ... Die Heime müssen daher das für die Pflege notwendige Inventar bereit halten. Einen geeigneten Anhaltspunkt für die von dem Pflegeheim vorzuhaltenden Hilfsmittel bietet - ohne dass hier eine abschließende Beurteilung jedes einzelnen Hilfsmittel vorzunehmen ist - z.B. die "gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln" vom 26.05.1997, solange Rechtsverordnungen über die Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln fehlen (vgl. § 83 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB XI). Hierzu zählen z.B. alle Hilfsmittel, die bei Verwirrtheitszuständen, Lähmungen und sonstigen Funktionseinschränkungen üblicher Art (z.B. Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Folgen eines Schlaganfalles, multipler Sklerose und Querschnittlähmungen) benötigt werden. Die gesetzliche Krankenversicherung hat darüberhinaus nur solche Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die nicht der "Sphäre" der vollständigen Pflege zuzurechnen sind. Das sind im wesentlichen: 1. Individuell angepasste Hilfsmittel, die ihrer Natur nach nur für den einzelnen Versicherten bestimmt und grundsätzlich nur für ihn verwendbar sind, (z.B. Brillen, Hörgeräte, Prothesen); 2. Hilfsmittel, die der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses (z.B. Komunikation oder Mobilität) außerhalb des Pflegeheime dienen ... Rollstühle sind danach Hilfsmittel, die bei vollstationärer Pflege grundsätzlich vom Heimträger zur Verfügung zu stellen sind. Denn Rollstühle gehören in aller Regel nicht zu den individuell angepassten Hilfsmitteln, für die stets die Krankenkassen zuständig sind. Das ist auch dann der Fall, wenn es sich um ein Serienfabrikat handelt, das auf bestimmte körperliche Gegebenheiten einstellbar ist, also nicht als Einzelstück angefertigt worden ist, das nur für einen bestimmten Versicherten verwendbar ist. Im Rahmen des Heimvertrages hat der Heimträger daher dafür einzustehen, dass jeder Heimbewohner, der nicht mehr selbst gehen kann und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, diesen auch zur Verfügung gestellt bekommt, damit er - entweder aus eigenen Kräften oder mit Hilfe des Pflegepersonals oder Angehöriger - sein Zimmer verlassen und andere Räume des Heimes (Bad, WC, Speisesaal, Aufenthaltsraum) aufsuchen und um an die frische Luft zu kommen, auf dem Gelände des Heimes spazieren fahren kann, er also stets alle Orte erreichen oder dort hingebracht werden kann, wo die verschiedenen Pflegeleistungen erbracht werden oder soziale Betreuung stattfindet. Der Heimträger hat deshalb die notwendige Anzahl an geeigneten Rollstühlen bereitzustellen; sie gehören bei vollstationärer Pflege zum notwendigen Inventar von Pflegeheimen."
Mit Urteil vom 28.0.2003 - B 3 Kr 30/02 R - hat das BSG den Kreis der Hilfsmittel, die nicht vom Heimträger, sondern von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellen sind, erweitert: Aus den Ausführungen im Urteil vom 10.02.2000 (a.a.O.) könne nicht der Schluss gezogen werden, dass nicht individuell anzupassende Hilfsmittel bei Verwendung innerhalb eines Pflegeheimes stets von einem Träger gestellt werden müssten. Der Senat hätte bereits im Urteil vom 06.06.2002 (B 3 Kr 67/01 R) deutlich gemacht, dass der Begriff "Heimsphäre" nicht in diesem räumlichen Sinn zu verstehen sei. Hilfsmittel, die der Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen dienten, fielen auch bei Benutzung innerhalb des Pflegeheimes in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn der Behinderungsausgleich im Vordergrund stehe und gegenüber pflegerelevanten Zielen, etwa der Erleichterung oder Ermöglichung von Pflegemaßnahmen überwiege.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein nicht individuell angepasstes, sondern serienmäßig hergestelltes Hilfsmittel, das der Verwendung innerhalb des Heimes dient. Es könnte auch von anderen Heimbewohnern benutzt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen wird es jedoch für andere Heimbewohner nicht eingesetzt, da zur Fixierung des Oberkörpers bei den Heimbewohnern, die nicht mehr in der Lage sind, selbständig aufrecht zu sitzen, preiswertere Hilfsmittel wie Körperschalen und Fixierbänder zur Verfügung stehen. Lediglich die Kombination der bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen: Starke Fallneigung des gesamten Oberkörpers zur Seite auch im Sitzen und der halluzinatorischen und paranoiden Symptomatik, die bei Fixierung in einem normalen Rollstuhl dazu führe, dass die Klägerin versuche, sich aus diesem zu entfernen, bedingt hier den Einsatz des Lesi-Lagerungsstuhles. Die Kammer bezieht sich insofern auf die überzeugenden Ausführungen der behandelnden Ärzte I und L. Beide haben die Notwendigkeit des Einsatzes des Lesi-Lagerungsrollstuhles wegen der Kombination der oben beiden Erkrankungen überzeugend dargelegt. Der Heimträger, der Beigeladene zu 1), ist jedoch der Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall um ein individuelles Hilfsmittel handelt, das unter Beürcksichtigung der "gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln" nicht zu dem vom Heimträger vorzuhaltenden Pflegehilfsmitteln gehört. Es handele sich um eine Sonderanfertigung, die nicht der üblichen Ausstattung eines Pflegeheimes zuzuordnen sei. Im vorliegenden Fall ist es daher sehr fraglich, ob die Versorgung mit dem hier streitigen Lesi-Lagerungsrollstuhl noch zu den Pflichten des beigeladenen Heimträgers gehört oder ob nach wie vor die gesetzliche Krankenversicherung zur Leistung verpflichtet ist. Die gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen / Pflegekassen zur Ausstattung von Pflegeheimen mit Hilfsmitteln vom 26.05.1997 zählt unter Ziffer 18.4601 Zimmerrollstühle als zur Ausstattung von Pflegeheimen notwendige Hilfsmitteln auf. Grundsätzlich heißt es jedoch in Abs. 4 dieser Verlautbarung u.a., dass ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V grundsätzlich nur dann bei Heimbewohnern in Betracht kommen könne, wenn dieses ausschließlich von den betroffenen Versicherten genutzt werde. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn individuelle Anpassungen notwendig seien, wie bei einer Prothese. Die Verlautbarung stellt somit nicht darauf an, ob das betreffende Hilfsmittel auch von anderen Versicherten benutzbar ist, sondern lediglich, ob es ausschließlich von den betroffenen Versicherten genutzt wird. Nach dem Wortlaut der Verlautbarung kommt ein Anspruch nach § 33 auch dann in Betracht, wenn das Hilfsmittel nicht individuell angepasst ist. Es ist im Ergebnis somit nicht klar und eindeutig ersichtlich, ob die Versorgung mit einem Lesi-Lagerungstollstuhl in die Leistungspflicht des Heimträgers fällt. Das BSG hat in den genannten Entscheidungen zwar grundsätzlich ausgeführt, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung da ende, wo die Leistungspflicht des Heimträgers einsetze, es hat aber keine näheren Ausführungen über die Systematik der hier bestehenden Anspruchskonkurrenz gemacht. Da weder das SGB V noch das SGB XI eine entsprechende Regelung über einen Anspruchsausschluss gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung oder über zumindest ein Ruhen des Leistungsanspruches beinhaltet, kann nach Auffassung der erkennenden Kammer die Frage der Anspruchskonkurrenz bzw. der Abgrenzung der hier in Betracht kommenden Leistungsansprüche nur so gelöst werden, dass der grundsätzlich weiterbestehende Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung erst dann wegfällt, wenn die Notwendigkeit für die Versorgung mit dem Hilfsmittel dadurch entfällt, dass der Heimträger das Hilfsmittel auf seine Kosten dem Versicherten zur Verfügung gestellt hat. Der Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 33 SGB V setzt u.a. die Erforderlichkeit der Versorgung voraus. Ist das Hilfsmittel dem Versicherten zur Verfügung gestellt, so entfällt die Erforderlichkeit und somit auch ein Anspruch nach § § 33 SGB V. Ist in derartigen Fällen die gesetzliche Krankenversicherung der Auffassung, dass die Versorgung zu den Pflichten des Heimträgers gehört, so muss sie einen Erstattungsstreit gegen den Heimträger führen. Diese Systematik hätte den Vorteil, dass dem in einem stationären Pflegeheim untergebrachten Versicherten das Prozessrisiko genommen wäre, sowohl die gesetzliche Krankenversicherung als auch in einem weiteren Rechtsstreit den Heimträger auf Leistung zu verklagen, ohne dass er die Sicherheit hat, dass die Ergebnisse der beiden Rechtsstreite koordiniert werden und er Gefahr läuft, in beiden Rechtsstreiten zu unterliegen. Wie auch die Entwicklung der BSG-Rechtsprechung zeigt, ist die Abgrenzung der Leistungspflicht zwischen dem stationären Pflegeheim und der gesetzlichen Krankenversicherung nicht eindeutig und wird sogar zunehmend schwieriger. Da die Klägerin von den Kosten zur Anschaffung des Lesi-Lagerungsrollstuhles weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen zu 1) freigestellt war, hat sie daher solange einen Anspruch auf Kostenfreistellung gegenüber der Beklagten, solange sie für die Selbstbeschaffung des Hilfsmittels Kosten aufzuwenden hat. Hat sie die Kosten bereits selbst getragen, so beruht der Anspruch auf Kostenfreistellung auf § 13 Abs. 3 SGB V. Steht ihr das Hilfsmittel grundsätzlich noch nicht zur Verfügung, so gründet sich der Leistungsanspruch direkt auf § 30 Abs. 1 SGB V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved