S 4 Kr 107/94

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 Kr 107/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1994 verurteilt, die Kosten der Behandlung durch J zu erstatten.
2. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung einer immunologischen Behandlung der Folgen einer chronisch inhalativen Pentachlorphenol und Lindanvergiftung durch J.

Die 0000 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten. 1992 litt sie unter zahlreichen Beschwerden: Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen, Schwindel, übersteigertes Schlafbedürfnis, Gelenkschmerzen, Parästhesien, rezidivierende sinobronchiale Infekte, rezidivierende Harnwegsinfekte, Halsschmerzen, Herzklopfen, Panik und Angstanfälle, Phobien, depressive Symptomatik, Gefühlsschwankungen, Allergie mit Hautveränderungen, Brustschmerzen. Die Behandlung bei zahlreichen Ärzten brachte keine Besserung.

Eine im August 1993 durchgeführte Hausstaubuntersuchung ergab eine Belastung mit Pentachlorphenol (PCP), Lindan und Formaldehyd.

Sie begab sich darauf hin in die Behandlung durch die Gemeinschaftspraxis I/J. Am 31.08.1993 beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Behandlung durch J. Eine Behandlung auf Krankenschein erfolge nicht, da diese Ärzte nur privat abrechnen. J stellte bei der Klägerin eine Immundysfunktion bei nachgewiesener PCP- und Lindanbelastung und unter anderem Hepatitis C, Virämie mit Leberschädigung und IgA-Mangel mit chronischer Bronchitis fest. Zu den von der Klägerin vorgelegten Behandlungsunterlagen nahm der MdK in seinem Gutachten vom 02.03.1994 wie folgt Stellung: Bezüglich der Holzschutzmittelintoxikation sei eine korrekte Diagnostik und Therapie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung möglich und zwar beim Hygieneinstitut der Universität Düsseldorf. Desgleichen hätten auch die Hepatitis A und C sowie die chronische Bronchitis mit bronchialer Hyperreaktivität vertragsärztlich behandelt werden können. Bezüglich der chronischen Immundysfunktion müßte hier die Stufendiagnostik eingehalten werden um zu klären, ob der Verdacht auf einen Immundefekt erhärtet werden kann und welchen Teil des Immunsystems er betreffe. Der hier durchgeführte diagnostische Rundumschlag sei nicht gerechtfertigt. Mit Bescheid vom 18.03.1994 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der Behandlung durch J ab. Für alle behandelten Krankheiten sei eine vertragsärztliche Versorgung möglich. Für die Holzschutzmittelvergiftung käme das Institut für Umwelthygiene der Universität Düsseldorf in Betracht. Eine Kostenübernahme könne daher bei einer privatärztlichen Versorgung nicht erfolgen.

Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 Widerspruch erhoben. Die Behandlung wäre medizinisch notwendig. Der Widerspruchsausschuß der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.1994 als unbegründet zurück. Als versicherungspflichtiges Mitglied hätte die Klägerin lediglich einen Sachleistungsanspruch. Die Möglichkeit einer Privatversorgung mit nachfolgender Kostenerstattung sei ausgeschlossen. Kosten könnten auch nicht aufgrund eventueller Besonderheiten des vorliegenden Falles im Rahmen einer Ausnahmeentscheidung übernommen werden; eine korrekte Diagnose und Therapie sei hier im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung möglich. Da die Klägerin die Kostenübernahme erst nach Beginn der Behandlung beantragt hätte, hätte die Beklagten ihrer Beratungs- und Auskunftspflicht nicht vorher nachkommen können. Die Beklagte hätte daher erst mit Bescheid vom 17.03.1994 das Institut für Umwelthygiene an der Universität Düsseldorf als Behandlungsmöglichkeit im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nachweisen können. Sofern die Klägerin von der genannten Möglichkeit einer kostenfreien Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung keinen Gebrauch machen möchte, könnten die sich hieraus für sie ergebenden finanziellen Nachteile nicht von der Versichertengemeinschaft ausgeglichen werden.

Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Bei der Klägerin läge eine schwere Holzschutzmittelvergiftung vor. Es sei bekannt, daß PCP- und Lindan-haltige Holzschutzmittel zu schweren, teils irreversiblen Schäden am zentralen Nervensystem, peripheren Nervensystem, Immunsystem, Hormonsystem sowie weitere Organschäden verursachten. Da die Klägerin Folgeschäden am Immunsystem befürchtete und ihr I als Immunologe empfohlen worden wäre, hätte sie sich dazu entschieden, sich in der Praxis I/ J behandeln zu lassen. Wenn die Beklagte die Behandlungsmaßnahmen des I als "diagnostischen Rundumschlag" bezeichnete, so übersehe sie, daß bei einer schweren Holzschutzmittelerkrankung nahezu alle Organe des Menschen in einer Weise betroffen würden, so daß auch zur Abklärung anderer Ursachen zunächst umfangreiche differentialdiagnostische Maßnahmen schon deshalb erforderlich wären, um nicht andere Erkrankungsursachen zu übersehen.

Die Klägerin ist im Termin der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten gewesen.

Entsprechend ihrem schriftsätzlichen Vorbringen beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.03.1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.1994 zu verurteilen, die Kosten der Behandlung durch J zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ein Kostenerstattungsanspruch bestehe nicht: Zum einen sei die von J gestellte Diagnose als nicht gesichert anzusehen; zum anderen stünden zur Behandlung der Immundysfunktion nach chronischer Holzschutzmittelexposition nach Auffassung des im Gerichtsverfahrens gehörten Gutachters symptomorientierte diagnostische und therapeutische Konzepte im Rahmen der Schulmedizin zur Verfügung. Die von J angewandte und vom Gutachter als immunmodulatorische Therapie bezeichnete Behandlung enstspreche dagegen nicht den Anforderungen des BSG-Urteils vom 05.07.1995 - 1 RK 6/95 - wonach eine Behandlungsmethode erst dann zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören könne, wenn die Erprobung abgeschlossen sei und über Qualität und Wirkungsweise der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Dies setze einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus. Dabei müsse sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichtes von J vom 17.08.1995 und eines Gutachtens von dem Arzt für Pharamkologie und Toxikologie T vom 26.03.1997. Auf den Inhalt des Befundberichtes und des Gutachtens wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da die Beklagte die Übernahme der Kosten für die privatärztliche Behandlung durch J zu Unrecht abgelehnt hat. Die Klägerin hat gemäß 13 Abs. 3 SGB V Anspruch auf Übernahme der Kosten der Behandlung durch J.

Nach § 13 Abs. 3 2. Alternative SGB V hat die Krankenkasse die Kosten für eine vom Versicherten selbst beschaffte Leistung zu erstatten, soweit diese Leistungen notwendig war und die Krankenkasse zu Unrecht abgelehnt hat. Der Kostenerstattungsanspruch setzt voraus, daß grundsätzlich ein Anspruch auf ärztliche Behandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bestand. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind die Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen nicht ausgeschlossen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob ein Behandlungsanspruch im Sinne der oben genannten Vorschriften bestand, ist zunächst von entscheidender Bedeutung, welche Krankheit hier behandelt wurde. Nach der Auswertung durch den Sachverständigen T bezog sich die Behandlung auf das "Immundysregulationssyndrom nach Holzschutzmittelexposition" (Seite 6 des Gutachtens). Dieses Syndrom wird von dem Sachverständigen als Grund der Erkrankung für zahlreiche andere Einzelerkrankungen als Folge der Grunderkrankung angesehen (Seite 7 des Gutachtens). Die für die Folgekrankheiten bestehenden schulmedizinischen Therapiemöglichkeiten lassen nicht erwarten, daß mit dieser symptombezogenen Medizin eine grundsätzliche Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erreichen wäre. Die Grunderkrankung sei von J erstmalig einer näheren Betrachtung unterzogen worden. Wie der Sachverständige zu Frage 1 ausführt, bezog sich die Behandlung somit auf das genannte Immundysregulationssyndrom nach Holzschutzmittelexposition.

Die von J vorgenommene Therapie ist nach Einschätzung des Sachverständigen nicht als Substitution eines Mangelsyndroms, sondern als immunmodulatorische Therapie anzusehen. Dies bedeute konkret, daß ein etabliertes Werkzeug der schulmedizinschen Behandlung zu einem anderen Zweck, als es seiner normalen Indikation entspreche, eingesetzt werde. Für die Gesamtheit des Krankheitsbildes habe die Schulmedizin bisher kein kausal orientiertes Therapiekonzept (Frage 3c). Eine Behandlung der zugrunde liegenden Immundysfunktion sei heute im Rahmen der Schulmedizin noch nicht üblich, da noch kein einheitliches Konzept über die hiermit verbundenen phatophysiologischen Veränderungen bestehe (Frage 3b). Die von J angewandte immunmodulatorische Therapie zur Behandlung einer Immundysfunktion nach Holzschutzmittelexposition ist somit nicht Bestandteil der anerkannten Schulmedizin. Ein entsprechender positiver Beschluss des Bundesausschusses für Ärzte und Krankenkassen nach § 135 Abs. 1 SGB V liegt bezüglich dieser Therapie zur Behandlung der hier genannten Erkrankung nicht vor. Die vorgenommene Behandlung ist somit nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung.

Die Klägerin hat jedoch Anspruch auf Erstattung der Kosten der immunmodulatorischen Therapie durch J nach den Kriterien der Rechtsprechung des BSG zur Erstattungsfähigkeit von Behandlung nach Außenseitermethoden (vgl. BSG Urteil vom 05.07.1995 - 1 RK 6/95 - und vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, 1 RK 30/95, 1 RK 32/95, 1 RK 14/96 -). Nach dem Urteil des BSG vom 05.07.1995 (a.a.O.) bestehe eine Leistungspflicht der Krankenkasse nur dann, wenn geeignete anerkannte Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stünden und die streitige Behandlungsmethode den Voraussetzungen entspreche, die § 2 SGB V allgemein für die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung aufstelle; hierfür reiche jedoch der positive Nachweis eines Behandlungserfolges im Einzelfalle nicht aus; zur Leistungspflicht gehörten nur solche Behandlungsmethoden, die zwar noch nicht die Anerkennung der Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkasse hätten, für deren Anwendung aber der Nachweis der Wirksamkeit in einer statistisch-relevanten Zahl von Fällen spreche und gegen die auch hinsichtlich der Qualität, z. B. der damit verbundenen Nebenwirkungen, im Hinblick auf die damit erreichbaren Behandlungserfolge keine durchgreifenden Bedenken bestünden; eine Behandlungsmethode gehöre erst deshalb zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Erprobung abgeschlossen sei und über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten; das setze einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus; dabei müsse sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelnden Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen. Diese Voraussetzungen wurden vom BSG mit Urteilen vom 16.09.1997 modifiziert. Danach wird nicht mehr auf den o. g. Qualitätsnachweis abgestellt. Nach der bisher lediglich vorliegenden Presseinformation zur Begründung der Entscheidungen vom 16.09.1997 soll vielmehr entscheidend sein, daß die betreffende Therapie in der wissenschaftlichen Fachdiskussionen breite Resonanz gefunden sein solle und von einer erheblichen Zahl von Ärzten angewandt wird. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist es zu begrüßen, daß das BSG nicht mehr den Nachweis wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen aufstellt. Diese Qualitätsvoraussetzung der früheren BSG Rechtsprechung ging über den Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 insofern hinaus, als der Gesetzgeber lediglich auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse abstellte und der wissenschaftliche Nachweis nach dem Gesetzestext nicht erforderlich war. In der anerkannten Schulmedizin werden jedoch auch solche Methoden in größerem Umfang eingesetzt, bei denen sowohl ein wissenschaftlicher Nachweis über den Wirkmechanismus der Methode fehlt als auch wisschenschaftliche Reihenuntersuchungen zum Nachweis eines zumindest statistischen Erfolges nicht vorliegen. Dies hat auch der Sachverständige T in seinem Gutachten bestätigt: Sofern ein etabliertes Werkzeug der schulmedizinischen Behandlung zu einem anderen Zweck, als es einer normativen Indikation entspreche, eingesetzt werde, sei ein solches Vorgehen in vielen Bereichen der Medizin üblich und gründe sich zumeist auf die klinische Beobachtung von therapeutischen Effekten, die primär nicht als Hauptwirkung eines Arzneimittels oder eines Behandlungsverfahrens angesehen würden. Immunmodulatorische therapeutische Konzepte würden seit Jahrhunderten angewandt und seien stets umstritten gewesen; es läge jedoch ein umfangreicher Erfahrungsschatz mit positiven Ergebnissen beim Einsatz immunmodulatorischer Therapeutika zur Behandlung chronischer Infektionen oder der chronischen Infektanfälligkeit vor. Gesicherte Erkenntnisse über den Wirkmechanismus dieser Therapie lägen bis heute jedoch nicht vor. Damit hat der Sachverständige eindeutig klargestellt, daß die Qualitätsanforderungen, wie sie das BSG mit Urteil vom 05.07.1995 (a.a.O.) aufgestellt hatte, hier nicht erfüllt werden. Die Voraussetzungen der BSG Rechtsprechung nach den Urteilen vom 16.09.1997 liegen jedoch vor: Nach wie vor ist erforderlich, daß anerkannte schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stehen. Wie schon oben dargelegt beziehen sich die Behandlungsmöglichkeiten der anerkannten Schulmedizin auf eine symptomorientierte Diagnostik und Therapie. Für die Behandlung der Grunderkrankung steht der Schulmedizin kein diagnostischer und therapeutischer Ansatz zur Verfügung. Der Sachverständige weist ausdrücklich darauf hin, daß mit einer symptombezogenen Medizin eine grundsätzliche Verbesserung des Gesundheitszustandes nicht zu erreichen wäre. Schulmedizinische Behandlungsmöglichkeiten der Grunderkrankung bestehen somit nicht.

Die weitere Voraussetzung einer breiten Resonanz in der Fachdiskussion ist hier ebenfalls eindeutig erfüllt. Der Sachverständige führt aus, daß bezüglich der Substitution die Literatur hierzu mittlerweile vom Umfang her nicht mehr überschaubar sei und bezüglich der Therapie des Holzschutzmittelsyndromes auch widersprüchlich sei. Bezüglich der immunmodulatorischen Therapie bestünde darüber hinaus ein umfangreicher Erfahrungsschatz mit positiven Ergebnissen bezüglich der Behandlung chronischer Infektionen oder chronischer Infektanfälligkeiten.

Auch die weitere Voraussetzung der Anwendung der Behandlungsmethode durch eine nicht unerhebliche Anzahl von Ärzten liegt hier vor: Bezüglich dieses Erfordernisses darf sicherlich nicht auf die Gesamtzahl der Ärzte abgestellt werden, sondern lediglich auf den entsprechenden Fachbereich. Wie der Sachverständige T ausführt, würden immunmodulatorische therapeutische Konzepte seit Jahrhunderten angewandt; bis vor wenigen Jahren sei jedoch das theoretische Rüstzeug über die Funktion des Immunsystems als äußerst bescheiden und auch unter heutigen Kriterien eines wissenschaftlichen Vorgehens trotz eines enormen Erkenntniszuwachses der vergangenen 15 Jahre noch als absolut unzureichend anzusehen. Ein umfangreicher Erfahrungsschatz mit positiven Ergebnissen läge beim Einsatz immunmodulatorischer Therapeutika zur Behandlung chronischer Infektionen jedoch vor. Somit wäre diese Voraussetzung erfüllt.

Nach Auffassung der erkennenden Kammer sind jedoch die vom BSG in den Urteilen vom 16.09.1997 aufgestellten Kriterien nicht geeignet, wissenschaftlich vertretbare Therapien von solchen Therapien abzugrenzen, deren Konzept von Irrationalitäten dominiert wird. Der Sachverständige T hat hier eindeutig Stellung bezogen, in dem er die von J zur Behandlung der hier streitigen Grunderkrankung angewandte Therapie nicht zu dem zuletzt genannten Kreis irrational geprägter Therapien gerechnet hat. Es kann daher im vorliegenden Fall darauf verzichtet werden zu erörtern, welche Kriterien zur Abgrenzung dieser Frage geeignet sind.

Es bestand somit grundsätzlich ein Behandlungsanspruch aufgrund Anwendung der o. g. Therapie. Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch scheitert nicht daran, daß die hier streitige Therapie von der Universitätsklinik Düsseldorf hätte angeboten werden können. Der Sachverständige T hat aufgrund einer Rückfrage beim medizinischen Institut für Umwelthygiene der Universität Düsseldorf klargestellt, daß dort eine spezifische Diagnostik immunologischer Funktionen im Hinblick auf die Immundysfunktion durch ein Holzschutzmittelsyndrom nicht angeboten werde und auch therapeutisch Interventionen dort nicht vorgenommen würden, da dieses im Konzept der umweltmedizinischen Ambulanz nicht vorgesehen wäre. Außerdem sei Ende 1996 der Betrieb der umweltmedizinischen Ambulanz der Universität Düsseldorf eingestellt worden.

Nach § 13 Abs. 3 SGB V hat die Beklagte somit die Kosten für die von der Klägerin privatrechtlich durchgeführte Behandlung durch J in der entstandenen Höhe zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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