S 28 AS 4/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 4/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, jedoch längstens bis zum 30.06.2006 zu zahlen und zwar für die Zeit vom 07.07.2005 bis zum 31.07.2005 in Höhe von 268,00 Euro und ab dem 01.08.2005 fortlaufend in Höhe von monatlich 286,00 Euro. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende - im Wege der einstweiligen Anordnung.

Der am 00.00.1990 geborene Antragsteller bezog bis zum 31.12.2004 von der Stadt N Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und beantragte wiederholt im April 2005 –vertreten durch seine Mutter I- Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Antragsteller lebt mit seiner Mutter Frau I und deren Lebenspartner Herr H sowie seiner Halbschwester H (geboren 00.00.2001 und gemeinsames Kind der Frau I und des Herrn H) in einem gemeinsamen Haushalt. Herr H ist nicht der leibliche Vater des Antragstellers. Leiblicher Vater des Antragstellers ist Herr I, der Leistungen nach dem SGB II bezieht und keinen Unterhalt an den Antragsteller zahlt. Die Mutter des Antragstellers, Frau I, ist ohne Erwerbstätigkeit. Der Lebenspartner der Mutter Herr H ist bei der Fa. U T-C GmbH/N beschäftigt und bezieht ausweislich der aktenkundigen Verdienstbescheinigungen für Februar 2005 und März 2005 ein schwankendes monatliches Nettoeinkommen: in 2/2005 in Höhe von ca. 1726,82 Euro und in 3/2005 in Höhe von 2.381,92 Euro. Die Miete (inklusive Nebenkosten und Heizung) für die gemeinsam bewohnte Wohnung belief sich bis Juli 2005 auf monatlich 681,00 Euro und ab dem 01.08.2005 auf monatlich 654,00 Euro. Der Antragsteller besucht derzeit - seit dem 22.08.2005 - die 10. Klasse der Gemeinschaftshauptschule E/N.

Mit Bescheid vom 22.04.2005 lehnte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen fehle es an der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers im Sinne des SGB II.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheide vom 07.06.2005 und 02.08.2005 zurück. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bzw. Leistungen für Unterkunft und Heizung. Der Antragsteller, seine Mutter I, deren Lebenspartner H und H bildeten eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs.3 SGB II. Das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft übersteige den Gesamtbedarf. Ein Außerachtlassen des Einkommens des Herrn H hinsichtlich des Bedarfs des Antragstellers komme nicht in Betracht. Denn unabhängig von etwaigen Unterhaltsansprüchen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und ob die Person selbst anspruchsberechtigt nach dem SGB II sei, werde von jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erwartet, dass es sein Einkommen und Vermögen für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einsetze. Es sei daher auch das Einkommen und Vermögen von Partnern auf den Bedarf aller zur Bedarfsgemeinschaft zählenden minderjährigen unverheirateten Kinder anzurechnen, unabhängig davon, ob es sich um gemeinsame Kinder handele.

Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 22.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 07.06.2005 unter Einbeziehung des Widerspruchsbescheides vom 02.08.2005 am 00.00.0000 Klage erhoben und unter dem 07.07.2005 Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Er macht im Antragsverfahren geltend, der ablehnende Bescheid der Antragsgegnerin erweise sich als rechtswidrig. Der Lebensgefährte seiner Mutter könne im Rahmen der bestehenden Hausgemeinschaft nicht herangezogen werden, weil dieser mit ihm – dem Antragsteller - nicht verwandt oder verschwägert sei. Der Lebensgefährte sei weder sein Vater noch sein Stiefvater. Er verweise auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen (LSG NRW Beschluss vom 21.04.2005 – L 9 B 4/05 SO ER -). Seine finanzielle Situation und die seiner erziehungsberechtigten Mutter seien katastrophal. Seine Mutter erhalte lediglich Kindergeld für ihn und seine Halbschwester Michelle. Über eigenes Einkommen verfüge sie nicht.

Der Antragsteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Voraussetzungen ab Antragstellung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsteller habe keine akute finanzielle Notlage dargelegt. Die bloße Behauptung, seine finanzielle Situation sei katastrophal, sei für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht ausreichend. Die angenommene Bedarfsgemeinschaft habe bereinigte Gesamteinkünfte in Höhe von monatlich 2.032,33 Euro, so dass der Ausgang des Klageverfahrens abgewartet werden könne. Auch liege kein Anordnungsanspruch vor. Der von dem Antragsteller zur Untermauerung seiner Auffassung zitierten Rechtsprechung des LSG NRW folge sie nicht. Es handele sich um eine reine Einzelfallentscheidung, die lediglich zwischen den am konkreten Rechtsstreit beteiligten Parteien Wirkung entfalte, jedoch darüber hinaus keinerlei Bindungswirkung aufweise. Das Einkommen des Lebensgefährten der Mutter des Antragstellers sei anzurechnen. Zur Begründung hat die Antragsgegnerin die bereits im Widerspruchsbescheid aufgeführten Argumente wiederholt.

Auf die Nachfrage des Gerichtes hinsichtlich der in den Kontoauszügen der Mutter des Antragstellers enthaltenen "Barumsätze" hat der Antragsteller ein Schreiben seiner Mutter vom 12.08.2005 vorgelegt. Darin erklärt die Mutter Frau I, bei den eingezahlten Geldbeträgen handele es sich um die Lohnzahlungen ihres Lebensgefährten Herrn H. Da dieser bereits mehrere Kontopfändungen gehabt habe, hebe man sein Lohn von seinem Konto ab und überweise den Betrag auf ihr Konto. Von ihrem Konto würden die fixen Kosten abgebucht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist erfolgreich.

Nach § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) die Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Die Glaubhaftmachung bezieht sich auf die einschränkte gerichtliche Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewißheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes im einstweiligen Verfahren (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen – LSG NRW - Beschluss vom 14.06.2005 – L 1 B 2/05 AS ER -). Die Entscheidung des Gerichtes darf zudem grundsätzlich keine Vorwegnahme der Hauptsache enthalten (Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 86b Rdn. 31).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch und die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung glaubhaft gemacht. Dem Antragsbegehren war daher im tenorierten Umfang stattzugeben.

Es besteht ein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung in Form von Arbeitslosengeld II. Der Antragsteller ist nach der Bedarfs- und Einkommenssituation, in der er mit seiner Familie lebt, hilfebedürftig im Sinne des Gesetzes.

Der Antragsteller, der am 00.00.2005 das 15. Lebensjahr vollendet hat, ist gemäß § 7 Abs. 1 und Abs. 3 SGB II als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger Leistungsberechtigter nach dem SGB II. Als Schüler der 10. Klasse der Hauptschule seit dem 22.08.2005 ist er auch seit diesem Zeitpunkt mit Blick auf § 7 Abs. 5 SGB II nicht vom Kreis der Leistungsberechtigten ausgeschlossen. Seine Schulausbildung ist wegen § 2 Abs. 1a in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) nach diesem Gesetz dem Grunde nach nicht förderungsfähig ist, denn der Antragsteller wohnt (weiterhin) bei seiner Mutter als Elternteil. Der Antragsteller als erwerbsfähiger Hilfebedürftiger (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) bildet mit seiner Mutter Frau I als Elternteil, deren eheähnlichen Lebensgefährten H als im Haushalt lebenden Partner des Elternteils und seiner Halbschwester H als ein dem Haushalt angehörendes minderjähriges unverheiratetes Kind eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 SGB II).

Er ist nach § 9 Abs. 1 SGB II hilfebedürftig, weil er als Schüler seinen Lebensunterhalt nicht selbst und auch nicht durch seine Mutter I vollumfänglich sicherstellen kann. Seine Mutter erhält für ihn monatlich Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro. Darüber hinaus verfügt sie über kein eigenes Einkommen bzw. Vermögen. Die von ihr abgegebene Erklärung zu den auf ihrem Konto erfolgten Bareinzahlungen hält das Gericht – mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - für nachvollziehbar und glaubhaft. Auch kann von dem eheähnlichen Lebenspartner der Mutter Herrn I nicht verlangt werden, sein Einkommen zur Deckung des Bedarfs des Antragstellers einzusetzen.

Eine Heranziehung des Einkommens des eheähnlichen Lebenspartners H auf den Bedarf des Antragstellers über die Regelung des § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II scheidet aus. Für den Bedarf minderjähriger unverheirateter Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben, enthält § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II den Grundsatz, dass bei ihnen das Einkommen und das Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen ist. Für eine Heranziehung des eheähnlichen Lebenspartners des Elternteils ergibt sich hieraus keine rechtliche Grundlage, weil dieser mangels Verwandtschaft mit dem – nicht von ihm abstammenden- Kind nicht den Tatbestand der Elternschaft erfüllt ( LSG NRW, Beschlüsse vom 21.04.2005, - L 9 B 4/05 SO ER - und - L 9 B 6/05 SO ER - und Beschluss vom 12.05.2005 - L 9 B 12/05 AS ER -; LSG Hamburg Beschluss vom 02.08.2005 – L5 B 187/05 ER AS -). Soweit die Antragsgegnerin argumentiert, von jedem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft werde erwartet, dass es sein Einkommen und Vermögen für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft einsetzt und daher sei auch das Einkommen und Vermögen von Partnern auf den Bedarf aller zur Bedarfsgemeinschaft zählenden minderjährigen unverheirateten Kinder anzurechnen, unabhängig davon, ob es sich um gemeinsame Kinder handele, ist ihr zwar zuzustimmen, dass im vorliegenden der Antragsteller und der eheähnliche Lebenspartner H unter Einbeziehung seiner Mutter und Halbschwester eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II bilden. Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 SGB II dürfte aber allein die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft regeln, während die sich die daraus ergebenden Folgen hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit in § 9 Abs. 2 SGB II geregelt sind (so LSG Hamburg 02.08.2005, aaO). Nur bei den dort aufgeführten Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft ist deren Einkommen und Vermögen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft und bezogen auf den/die Antragsteller zu berücksichtigen.

Auch kommt eine Berücksichtigung des Einkommens des eheähnlichen Lebenspartner H im Rahmen der bestehenden Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II zur Bedarfsdeckung des Antragstellers nicht in Betracht. Dieser Bestimmung zufolge wird vermutet, dass Hilfebedürftige, die mit Verwandten und/oder Verschwägerten in Haushaltsgemeinschaft leben, von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann. Eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft liegt zweifelsohne vor: der Antragsteller, seine Mutter, deren eheähnlicher Lebenspartner sowie seine Halbschwester leben zusammen und wirtschaften gemeinsam "aus einem Topf". Der direkten Anwendung des § 9 Abs. 5 SGB II auf das Verhältnis des Antragstellers zum eheähnlichen Lebenspartner H steht entgegen, dass er mit diesem nicht verwandt oder verschwägert ist (vgl. LSG NRW Beschlüsse vom 21.04.2005, aaO; LSG Hamburg Beschluss vom 2.8.2005, aaO).

Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften im Hinblick auf die Bedarfsdeckung der mit ihnen im gemeinsamen Haushalt lebenden, nicht gemeinsamen Kinder (sogenannte "Partnerkinder") dürfte angezeigt sein (so auch Brühl in Lehr- und Praxiskommentar –LPK- SGB II § 9 Rdn. 47; ähnlich Eicher/Spellbrink, SGB II – Grundsicherung für Arbeitssuchende -, § 9 Rdn. 55; a.A. LSG Hamburg Beschluss vom 02.08.2005, aaO). Ohne eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf "Partnerkinder" ergäbe sich eine im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bedenkliche Schlechterstellung der nicht gemeinsamen Kinder (Stiefkinder) von Ehegatten (Eicher/Spellbrink, aaO, § 9 Rdn. 55). Es dürfte sich um eine nach Art. 6 Abs. 1 GG unzulässige Diskriminierung von Ehe und Familie handeln, bei der Bedarfsermittlung eines im Haushalt lebenden, nicht gemeinsamen Kindes das Einkommen des Stiefvaters und Ehemannes der Kindesmutter anzurechnen, dem entgegen bei der Bedarfsermittlung eines im Haushalt lebendes, nicht gemeinsamen Kindes das Einkommen des eheähnlichen Lebenspartners der Kindesmutter außer Betracht zu lassen. Die Eheleute und ihre nicht gemeinsamen Kinder wären hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfeleistungen schlechter gestellt als eheähnliche Lebensgemeinschaften und deren nicht gemeinsame Kinder.

Letztlich kann es hier aber offen bleiben, ob eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 5 SGB II auf Partner eheähnlicher Lebensgemeinschaften vorzunehmen ist, denn auch bei Annahme einer Analogie kann im vorliegenden aufgrund der Einkommensverhältnisse des eheähnlichen Lebenspartners H nicht erwartet werden, dass dieser dem Antragsteller Unterstützung gewährt, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers bestehen bleibt.

Bei der gesetzlichen Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II, dass der Hilfebedürftige von Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft Unterstützung erfährt, handelt es sich um eine widerlegbare Vermutung. Vorliegend wird diese Vermutung gerichtet auf den mit dem Antragsteller in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden eheähnlichen Lebenspartner H nicht wirksam, denn eine Unterstützung des Antragstellers durch ihn kann nach seinen Einkommensverhältnissen unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 1 Abs. 2 der "Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen bei Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld" (Alg II-V vom 20.10.2004, BGBl. I, 2622) nicht erwartet werden. Nach dieser Vorschrift sind die um die Absetzungsbeträge nach § 11 Abs. 2 SGB II bereinigten Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie einen Freibetrag – in Höhe des doppelten Satzes der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50% der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen- nicht überschreiten.

Das Gericht hat seiner Prüfung der Einkommensverhältnisse des Lebenspartners H das von der Antragsgegnerin mitgeteilte bereinigte Einkommen für den Monat Mai 2005 (Ausdruck 13.07.2005) zugrunde gelegt, weil es sich hierbei um die aktenkundig aktuellste Einkommensmitteilung handelt. Diese Einkommensmitteilung ist dem Antragsteller zur Kenntnis gegeben worden. Zwar hat der Bevollmächtigte des Antragstellers die Höhe des Einkommens bestritten, aber lediglich eine Verdienstabrechnung für Februar 2005 vorgelegt, durch die die Einkommensangaben für Mai 2005 nicht widerlegt sind, zumal der Lebenspartner H offensichtlich ein schwankendes monatliches Einkommen bezieht. Danach ist bei dem Lebenspartner H von einem nach § 11 Abs. 2 SGB II bereinigten Einkommen (nach Abzug von Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen, Fahrtkosten, Werbekosten und Freibetrag) in Höhe von 1973,33 Euro auszugehen. Hiervon hat auch die Antragsgegnerin bereits den vom Lohn gepfändeten Unterhalt für den leiblichen Sohn des Lebenspartners in Höhe von 249,00 Euro als zu berücksichtigende Belastung abgezogen, so dass ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 1.724,33 Euro vorliegt. Hiervon sind des weiteren die Beträge abzuziehen, die der Lebenspartner H zur Sicherung des Lebensunterhaltes seiner eheähnlichen Lebenspartnerin I – der Mutter des Antragstellers - und seiner leiblichen Tochter H gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 bzw. Satz 2 SGB II in Höhe von 691,00 Euro (Regelbedarf in Höhe von 311,00 Euro für Frau I zuzüglich anteilige Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 163,50 Euro – ausgehend von der jetzt geschuldeten Gesamtmiete in Höhe von 654,00 Euro -, des weiteren Regelbedarf in Höhe von 207,00 Euro für die Tochter Michelle abzüglich des Kindergeldes in Höhe von 154,00 Euro als zu berücksichtigendes Einkommen zuzüglich der anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 163,50Euro) einzusetzen hat. Es verbleibt ein Resteinkommen in Höhe von 1.033,00 Euro. Diesem Betrag steht in Anwendung des § 1 Abs. 2 Alg II -V ein Freibetrag in Höhe von 1413,41 Euro (ergibt sich wie folgt: 2x 345,00 Euro plus 163,50 Euro = 853,50 Euro plus (1.973,33 Euro minus 853,50 Euro: 2 = ) 559,91 = 1.413,41 Euro) gegenüber, so dass sich kein einzusetzendes Einkommen des Lebenspartners H mehr ergibt und der Bedarf des Antragstellers ungedeckt bleibt.

Damit hat der minderjährige Antragsteller als Hilfebedürftiger, der das 15. Lebensjahr vollendet hat, einen Anspruch auf Regelleistung nach § 20 Abs. 3 Satz 2 SGB II in Höhe von monatlich 276,00 Euro. Eine Absenkung der Regelleistung kommt wegen der Minderjährigkeit des Antragstellers auch mit Blick auf das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im einstweiligen Rechtsschutz nicht in Betracht (vgl. SG Düsseldorf Beschlüsse vom 24.08.2005 – S 28 AS 15/05 ER - und vom 30.08.2005 - 37 AS 152/05 ER - ). Hinzukommen die anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung, hier zugunsten des Antragstellers wegen des Vier-Personen-Haushaltes ein Viertel der anfallenden Kosten. Für den Antragsmonat Juli 2005 ergibt sich daher ein Betrag in Höhe von 170,25 Euro (1/4 der Gesamtmiete in Höhe von 681,00 Euro) und ab dem 01.08.2005 ein Betrag in Höhe von 163,50 Euro (1/4 der Gesamtmiete in Höhe von 654,00 Euro). Ab Antragstellung 07.07.2005 bis Ende Juli 2005 stehen dem Antragsteller 24/30 der Regelleistung (vgl. § 41 Abs. 1 SGB II) in Höhe von 276,00 Euro, mithin 220,80 Euro zu. Hinzukommen die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,25 Euro. Eine lediglich anteilige Berücksichtigung der Unterkunfts- und Heizungskosten ist untunlich, da diese Kosten für den Mietschuldner monatlich entstehen und nicht teilbar sind. Hiervon kommt zum Abzug als anzurechnendes Einkommen das für den Antragsteller bewilligte Kindergeld (154,00 Euro monatlich) in anteiliger Höhe (24/30) von 123,20 Euro. Damit erhält der Antragsteller für die Zeit vom 07.07. 2005 bis Ende Juli 2005 Leistungen in Höhe von aufgerundet (§ 41 Abs. 2 SGB II) 268,00 Euro. Für die Zeit ab 01.08.2005 besteht ein vorläufiger Anspruch auf Leistungen in Höhe von aufgerundet 286,00 Euro (276,00 Euro Regelleistung plus 163,50 Euro Unterkunfts- und Heizungskosten abzüglich 154,00 Euro Kindergeld).

Auch ein Anordnungsgrund ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin gegeben. Es ist dem Antragsteller nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten, da er zur Deckung seines vollständigen Bedarfes auf die im Streit stehenden Leistungen nach dem SGB II angewiesen ist.

Das Gericht hat im Rahmen seines Ermessens die vorläufige Anordnung von Leistungsgewährung bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mit Blick auf das Ende des Schuljahres 2005/2006 am 23.06.2006 und der damit verbundenen voraussichtlichen Beendigung der Schulausbildung des Antragstellers jedoch längstens bis zum 30.06.2006 begrenzt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.
Rechtskraft
Aus
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