S 8 KR 190/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 190/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 B 75/05 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
Mit Beschluss des LSG zurückverwiesen.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2005 wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin hat mit Beitragsbescheid vom 15.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2005 die Beiträge des Antragstellers zur freiwilligen Krankenversicherung unter Zugrundelegung einer von diesem erhaltenen Kapitalleistung in Höhe von 102.120,90 Euro festgesetzt. Bei der Kapitalleistung handelt es sich um im November 2004 vom Antragsteller erhaltene Alterskapitalzahlungen der Gothaer Lebensversicherung einerseits (71.375,50 Euro) und der Provinzial Lebensversicherung andererseits (30.745,40 Euro).

Bei der Kapitalleistung in Höhe von 71.375,50 Euro handelt es sich um eine als Direktversicherung geltende Henkel-Kapitalzusatzversorgung im Rahmen eines Gruppenversicherungsvertrages bei der Gothaer Lebensversicherung. Der damalige Arbeitgeber des 1939 geborenen Antragstellers, die Henkel KGaA hatte für den Antragsteller 1979 zur Gewährleistung einer angemessenen Altersversorgung eine Direktversicherung abgeschlossen. Die Prämien zu dieser Versicherung trugen während der Dauer des damaligen Arbeitsverhältnisses von 1979 bis 1988 die Arbeitgeberin zu 60 % und der Antragsteller zu 40 %. Von 1989 bis 2004 führte der Antragsteller diese Versicherung nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in voller Höhe fort.

Von 1989 bis 1995 war der Antragsteller bei der G AG beschäftigt. Dieser Arbeitgeber schloss in Vereinbarung mit dem Antragsteller 1990 für diesen eine Direktversicherung ab. Die Prämien wurden vereinbarungsgemäß durch eine Barlohnumwandlung in Höhe von 3.000,00 DM pro Jahr durch den Arbeitgeber eingezahlt. 1996 wurde die Versicherungsnehmereigenschaft auf den Antragsteller übertragen, der die jährlichen Prämien nunmehr bis Oktober 2004 selbst aus versteuertem Einkommen an die Provinzial Lebensversicherung leistete.

Der Antragsteller hat gegen die Bescheide der Antragsgegnerin Klage erhoben (S 8 KR 82/05) und begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Er macht geltend, dass die Beitragseinstufung gegen Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße, da von ihm die vor dem Inkrafttreten der entsprechenden Gesetzesgrundlage zum 01.01.2004 abgeschlossenen Versicherungen für andere Zwecke bestimmt war. Er genieße Bestandsschutz. Des Weiteren sei die Heranziehung dieser Kapitalleistungen zur Beitragsfestsetzung nicht gerechtfertigt, da sie überwiegend auf einer von ihm selber erbrachten Leistung beruhten. So werde z. B. der bei der Provinzial-Lebensversicherung erreichte Zinsertrag von der Beitragsleistung fast aufgebraucht. Er habe die Beiträge zu seinen Direktversicherungen aus seinem versteuertem Einkommen gezahlt. Dies bedeute, dass auch die Sozialabgaben, einschließlich der Krankenkassenbeiträge, monatlich entrichtet worden seien und die Erhebung nochmaliger Krankenkassenbeiträge auf die erwirtschaftete Versicherungssumme eine verfassungswidrige Doppelbelastung darstelle.

Der Antragsteller beantragt schriftsätzlich,

die Sache im einstweiligen Rechtsschutz zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 86 b SGG) zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.

Im Klageverfahren hat sie ausgeführt, dass es sich bei den angefochtenen Bescheiden um rechtmäßige Entscheidungen handele.

II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist unbegründet.

Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß § 86a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt jedoch gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei der Entscheidung über Beitragspflichten. Gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht in der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung durch Beschluss ganz oder teilweise anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabe- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte; vgl. § 86a Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Antragsteller macht lediglich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides geltend.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn der Erfolg des Rechts- mittels deutlich wahrscheinlicher ist als ein möglicher Misserfolg (vgl. Beschluss des LSG NRW vom 16.06.2005 - L 16 B 3/05 KR ER -). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Gemäß § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 229 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) sind Versorgungsbezüge als dem Zahlbetrag der Rente vergleichbare Einnahmen der Beitragsbemessung zu Grunde zu legen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen gelten Versorgungsbezüge aus einem Arbeitsverhältnis, soweit sie zur Altersversorgung erzielt werden, § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate, § 229 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der seit dem 01.01.2004 geltenden Fassung. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Direktversicherungen sowohl bei der Gothaer Lebensversicherung als auch bei der Provinzial Lebensversicherung sind zur Altersversorgung des Klägers aufgrund der damals bestehenden Arbeitsverhältnisse abgeschlossen worden. Der Berücksichtigung bei der Beitragsbemessung steht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entgegen, dass die damalige Prämienzahlung zum weit überwiegenden Teil auf einer Eigenleistung des Antragstellers beruht (z. B. BSG, Urteile vom 06.02.1992 - 12 RK 37/91 - ‚ vom 26.03.1996 - 12 RK 21/95 - ; jüngst: Urteil des LSG NRW vom 12.02.2004 - L 5 KR 91/03 -; in: www.sozialgerichtsbarkeit.de, Stichwort: Entscheidungen). Auch das Argument der verfassungswidrigen Doppelbelastung durch eine erneute Beitragszahlung hat das Bundessozialgericht nicht für durchgreifend gehalten (Urteil vom 06.09.2001 - B 12 KR 5/01 R -). Einen Bestandsschutz hat das Bundessozialgericht nur insoweit anerkannt, als aufgrund einer später in Kraft getretenen gesetzlichen Regelung eine bereits zuvor erfolgte Kapitalauszahlung zur Beitragsbemessung nicht mehr herangezogen werden kann (Urteil vom 27.01.2000 - B 12 KR 17/99 R - ). Eine diesbezügliche Übergangsregelung enthält auch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 nicht.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung sowohl des Bundessozialgerichts als auch des Landessozialgerichts erscheint der Erfolg der vom Antragsteller eingelegten Klage nicht deutlich wahrscheinlicher als ein möglicher Misserfolg. Auf die Ausführungen sowohl des Bundessozialgerichts als auch des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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