S 3 AL 73/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AL 73/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückzahlung eines Eingliederungszuschusses (EgZ) für einen von ihr innerhalb der Weiterbeschäftigungsfrist entlassenen Arbeitnehmer.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Geräte für Medizintechnik herstellt und vertreibt. Sie beantragte im März 1999 für die Einstellung des zuvor seit 1997 arbeitslosen K W (Arbeitnehmer) bei der Beklagten die Bewilligung eines EgZ. Das unbefristete Arbeitsverhältnis mit dem Arbeit-nehmer begann am 03.05.1999. Gezahlt wurde ein monatliches Bruttoarbeitsent¬gelt von 3.000,00 DM. Mit Bescheid vom 11.05.1999 bewilligte die Beklagte einen EgZ in Höhe von 50 % des Bruttoarbeitsentgelts und des pauschalen Ar¬beitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (20,85 v.H. des Brutto¬entgelts). Der monatliche Förderbetrag von 1.812,75 DM wurde für die Dauer eines Jahres bewilligt. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass der EgZ zurückzuzahlen sei, wenn das Beschäftigungsverhältnis während des Förder-zeitraumes oder eines Weiterbeschäftigungszeitraumes nach Ende des Förder¬zeitraumes - hier von 12 Monaten - beendet werde. Eine Rückzahlungspflicht entfalle in drei Ausnahmefällen, wenn der Arbeitgeber zur fristlosen Kündi¬gung berechtigt sei, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Bestreben des Arbeitnehmers erfolge oder der Arbeitnehmer das Mindestalter für die gesetzliche Altersrente erreicht habe.

Nach Ablauf des Förderzeitraumes beantragte die Klägerin eine weitere För¬derung durch die Beklagte, die diese mit einem im Mai erlassenen Bescheid ablehnte. Die Klägerin beendete das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer durch eine fristgerechte Kündigung zum 31.07.2000. Gegenüber der Beklagten gab sie Arbeitsmangel als Kündigungsgrund an und dass der Firma der Konkurs gedroht habe. Die Beklagte hörte die Klägerin dazu an, dass beabsichtigt sei, die Förderung für den Gesamtzeitraum vom 03.05.1999 bis 02.05.2000 zurückzufordern. Die Klägerin erläuterte, dass der Arbeitnehmer wegen ihrer finanziellen Situation nicht weiter beschäftigt werden konnte. Sie habe einen Alleinvertriebsvertrag mit der Firma N GmbH. Diese GmbH habe Anfang 2000 ein Insolvenzverfahren angemeldet. Dadurch habe sie keine Umsätze mehr gehabt. Es sei abzusehen gewesen, dass sie als Firma in Konkurs gehen würde. Am 31.12.2001 sei die Firma liquidiert worden ohne Konkurs. Wenn die Beklagte Rückforderungen beanspruche, müsse sie einen Insolvenzantrag stellen.

Mit Bescheid vom 04.02.2002 erließ die Beklagte einen so bezeichneten Auf- hebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem sie die Entscheidung über die Be¬willigung des EgZ gemäß § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Zeit vom 03.05.1999 bis 02.05.2000 aufhob. Die Voraussetzungen für den EgZ seien weggefallen. Die Klägerin habe das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeit¬nehmer während der bis zum 02.05.2001 laufenden Nachbeschäftigungsfrist ge¬löst. Eine Berechtigung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichti¬gem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe nicht bestanden. Der für den gesamten Förderzeitraum gezahlte Betrag von 11.122,13 Euro (21.753,00 DM) sei nach § 50 Abs. 1 SGB X und § 223 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu erstatten.

Die Klägerin legte fristgerecht Widerspruch ein und verwies auf ihre be¬reits abgegebene Stellungnahme. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.05.2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück unter Hinweis auf die Rechtslage nach § 223 Abs. 2 SGB III (in der bis zum 31.07.1999 gelten¬den Fassung).

Die Klägerin hat am 14.06.2002 Klage erhoben. Ihrer Ansicht nach habe die Beklagte aufgrund ihrer besonderen finanziellen Situation von einer Rück¬forderung des EgZ abzusehen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2002 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 15.05.2002 aufzuheben. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt Bezuig auf die Gründe des angefochtenen Bescheides. Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 04.02.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2002 nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte fordert von der Klägerin zu Recht den gezahlten EgZ in vollem Umfang zurück.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Eintritt der Rückzahlungspflicht liegen vor. Auf die Rückzahlung des ab dem 03.05.1999 gewährten EgZ findet § 223 Abs. 2 SGB III in der vom 01.01.1998 bis 31.07.1999 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes - AFRG - vom 24.03.1997 (BGBl. I 594) Anwendung. Dies folgt aus der Übergangsregelung des § 422 SGB III (ebenfalls i.d.F. des AFRG). Es ist nicht maßgebend, dass die Be¬klagte die Rückzahlung erst im Februar 2002 und damit nach dem Inkrafttreten der ab dem 01.08.1999 geltenden Neufassung des § 223 Abs. 2 SGB III (in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB III und anderer Gesetze - 2. SGB lll-ÄndG - vom 21.07.1999, BGBl. I 1648) geltend machte. § 422 SGB III sieht als Grundsatz bei Rechtsänderungen vor: Wird dieses Gesetzbuch ge¬ändert, so sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bis zum Ende der Leistungen oder Maßnahme die Vor¬schriften der vor dem Tag des Inkrafttretens der Änderung geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor diesem Tag 1. der Anspruch entstanden ist, 2. die Lei¬stung zuerkannt worden ist oder 3. die Maßnahme begonnen hat, wenn die Lei¬stung bis zum Beginn der Maßnahme bewilligt worden ist (§ 422 Abs. 1 SGB III). Da der EgZ an die Klägerin, der nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 4 SGB III (i.d.F. des AFRG) zu den Leistungen der aktiven Arbeits¬förderung gehört, durch Bescheid vom 11.05.1999 und damit vor dem 01.08.1999 bewilligt worden ist, ist die Voraussetzung des § 422 Abs. 1 SGB III für die Anwendung alten - d.h. hier: des vor dem 01.08.1999 geltenden - Rechts erfüllt.

Damit gilt aber auch für die Rückzahlung des EgZ § 223 Abs. 2 SGB III a.F ... Denn auch die Rückzahlung nach dieser Regelung betrifft "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung", auf die die Übergangsregelung des § 422 SGB III Anwendung findet. Diese Regelung bezieht sich - schon nach ihrem Wortlaut - nicht nur auf laufende Leistungen bzw. Leistungsfälle, die bei Eintritt der Rechtsänderung noch nicht abgeschlossen sind, sondern auf das gesamte Ge¬biet der Leistungen der aktiven Arbeitsförderung, hier auf das Gebiet der Eingliederungszuschüsse nach §§217 ff. SGB III zu dem auch § 223 SGB III gehört. Insoweit sind die Regelungen über die Anspruchsvoraussetzungen für Eingliederungszuschüsse (§§ 217 ff. SGB III) und deren Rückzahlung (§ 223 Abs. 2 SGB III) einheitlich als Vorschriften über "Leistungen der aktiven Arbeitsförderung" im Sinne des § 422 SGB III anzusehen. Die Kammer folgt der zutreffenden Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Anwendung der Übergangsvorschrift (Urteil vom 06.02.2003, Az.: B 7 AL 38/02 R unverbfoffent- licht; 19.09.2002, Az.: B 11 AL 73/01 R; 15.08.2002, Az.: B 7 AL 132/01 R unveröffentlicht und Urteile vom 21.03.2002, Az.: B 7 AL 48/01 R in BSGE 89, 192 ff = SozR 3 - 4300 § 422 Nr. 2 und B 7 AL 68/01 R AuB 2002, 247 ff.). Der Gesetzgeber hat anläßlich der Gesetzesänderung in § 422 Abs. 1 SGB III keine gesonderte Übergangsvorschrift geschaffen.

Nach § 223 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III a.F. ist der EgZ dann nicht zu¬rückzuzahlen, wenn der Arbeitgeber berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Die Klägerin hat das Arbeitsverhältnis zum geförderten Arbeitnehmer innerhalb der sogenannten Weiterbeschäftigungszeit, hier 12 Monate nach Ende des För¬derzeitraumes am 02.05.2000, beendet. Es kann nach Wortlaut und Entstehungs-geschichte der Norm nicht zweifelhaft sein, dass sich das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften beurteilt (BSG, Urteil vom 19.09.2002 a.a.O.). Die schlechte wirtschaft¬liche Lage eines Unternehmens berechtigt nicht zu einer außerordentlichen Kündigung der beschäftigten Arbeitnehmer. Auch im Falle einer drohenden Insolvenz des Arbeitgebers sind die ordentlichen Kündigungsfristen einzu¬halten. Die gesetzlich eindeutige Regelung des Rückzahlungsanspruchs der Beklagten enthält keine Tatbestandsvoraussetzung, die die allgemeine Be¬rücksichtigung einer von der Klägerin geltend gemachten unbilligen Härte ermöglicht. § 223 Abs. 2 SGB III ist eine Sondervorschrift, die eine eigen¬ständige Rechtsgrundlage für die Rückzahlung von Eingliederungszuschüssen darstellt. Aufgrund dieser Regelung bedarf es keiner gesonderten Aufhebung der ursprünglichen Bewilligung (BSG, Urteil vom 21.03.2002, Az.: B 7 AL 48/01 R). Die Rückzahlungsvorschrift des § 223 Abs. 2 SGB III dient un¬mittelbar der Absicherung des Leistungszwecks.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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