Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 21 AS 208/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 141/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 237/20 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II) für eine Wohnungserstausstattung.
Die Kläger sind bulgarischer Staatsangehörigkeit. Die Familie reiste im Jahr 2014 ins Bundesgebiet ein und stellte im August des Jahres erstmals einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Beklagten, woraufhin ihnen Leistungen bewilligt wurden.
Auch Anfang des Jahres 2015 standen sie im Leistungsbezug. Bislang hatten sie in einer Mietwohnung unter der Anschrift "G-Straße" in A-Stadt gelebt. Zum 01.04.2015 mieteten sie eine neue Wohnung unter der Anschrift "H-Straße" in A-Stadt an.
Vor diesem Hintergrund hatte die Prozessbevollmächtigte der Kläger bereits mit Schreiben v. 03.03.2015 beim Beklagten "eine komplette Erstausstattung Küche, Herd, Kühlschrank, etc." beantragt. Die Küche in der bisherigen Wohnung gehöre dem Vermieter und könne daher nicht in die neue Wohnung mitgenommen werden.
Der Beklagte ließ daraufhin von einer Sachbearbeiterin am 07.05.2015 einen Hausbesuch bei den Klägern durchführen. Diese stellte fest, dass in der Küche bereits eine Rundeckbank, ein Tisch, zwei Stühle, ein funktionierender Kühlschrank, ein Vorratsschrank, eine Mikrowelle, eine Kaffeemaschine sowie diverses Geschirr und Töpfe vorhanden waren. Desweiteren verfügten die Kläger laut Vermerk über einen nichtfunktionsfähigen Herd. Die Kläger hätten ihr zudem im Rahmen des Hausbesuchs mitgeteilt, dass noch Betten für die Kinder fehlten. Die Sachbearbeiterin hielt im Vermerk fest, dass das jüngste Kind allein in einem Doppelbett schlafe. Das Bettgestell sei defekt, jedoch könnten Lattenroste und Matratzen des Doppelbettes weitergenutzt werden. Die Familie benötige daher für die Kinder drei Bettgestelle, aber nur eine zusätzliche Matratze mit Lattenrost.
Noch durch Bescheid v. 07.05.2015 bewilligte der Beklagte den Kläger daraufhin in Form von Sachleistungen folgende Gegenstände: drei Bettgestelle, eine Matratze mit Lattenrost, ein einzelner Küchenschrank, eine Spüle mit Unterschrank, ein Herd.
Am 27.05.2015 wurde dem Beklagten eine Bestätigung des beauftragten Sozialkaufhauses vorgelegt, dass dort keine bzw. keine passenden Möbelstücke vorhanden seien.
Gegen den Bewilligungsbescheid legte die Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 28.05.2015 Widerspruch ein. Sie begründeten diesen damit, die Erstausstattung müsse vollständig gewährt werden. Sie bitte um Übersendung der aktuellen Liste für einmalige Leistungen. Im Übrigen seien die Leistungen in Form von Geld zu erbringen.
Durch Änderungsbescheid v. 19.06.2015 gewährte der Beklagte daraufhin Leistungen in Form von Geldleistungen i.H.v. insgesamt 560 EUR. Für die Bettgestelle gewährte sie hierbei jeweils 41 EUR, für die Matratze 39 EUR, für den Lattenrost 26 EUR, für den Küchenschrank 40 EUR, für die Spüle mit Unterschrank 94 EUR und für den Herd 238 EUR. Die Beträge entsprächen den von der Behörde festgelegten Pauschalbeträgen.
Auch gegen diesen Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 25.06.2015 Widerspruch ein. Für drei komplette Kinderbetten stehe ein höherer Betrag zu. Zudem seien auch drei Kleiderschränke für die Kinder nötig, zumindest zwei. Auch an Küchenerstausstattung stehe den Klägern mehr zu als ein Küchenschrank und eine Spüle.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens wurde dann durch Schreiben v. 29.07.2015 noch mitgeteilt, dass die Kläger notgedrungen ein Esszimmer, eine Couch und ein Schlafzimmer für 450 EUR hätten kaufen müssen. Vorgelegt wurde eine Bestätigung des Vormieters der neuen Wohnung, dass dieser am 01.04.2015 die genannten Gegenstände an die Kläger verkauft habe. Man fordere die Auszahlung von 450 EUR auf das Konto der Kläger.
Durch Bescheid v. 25.01.2016 wurden beide Widersprüche zurückgewiesen. Die Kläger hätten keinen höheren Anspruch auf Erstausstattung als bereits bewilligt. Es handele sich bei der nunmehr beantragten Couch und dem Esszimmer nicht um eine Erstausstattung sondern um eine Ersatzbeschaffung von Möbeln, da davon auszugehen sei, dass die Kläger auch in ihrer vorherigen Wohnung bereits über solche Gegenstände verfügt hätten. Die Höhe der Leistungen sei anhand von Pauschalbeträgen bemessen worden, welche der Beklagte durch Recherchen im Internet, im Versandhandel und im Geschäft vor Ort ermittelt habe. Der Widerspruch gegen den Änderungsbescheid v. 19.06.2015 sei bereits unzulässig, da dieser Bescheid Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Ausgangsbescheid geworden sei. Eine Erstattung von Kosten des Vorverfahrens lehnte der Beklagte insgesamt ab.
Die Kläger haben am 26.02.2016 Klage beim Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Sie tragen vor, ihnen stehe weitere Erstausstattung für die Küche zu. Auch werde für den übrigen Haushalt die komplette Erstausstattung verlangt. Der Beklagte müsse insofern den Bestand im Haushalt der Kläger mit der bei ihm vorhandenen "Pauschalenliste" abgleichen. Zudem müsse der Beklagte auch die Kosten der vom Vormieter übernommenen Gegenstände erstatten. Schließlich müsse er schon deshalb Kosten des Vorverfahrens übernehmen, weil er hinsichtlich der Form der Leistungserbringung (Sachleistung/Geldleistung) abgeholfen habe.
Sie beantragen wörtlich,
"den Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 in Fassung des Änderungsbescheides vom 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 aufzuheben,
den Beklagten zu verurteilen den Klägern Erstausstattung in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
den Beklagten zu verurteilen über die Anträge im Schreiben vom 29.07.2015 zu entscheiden,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 rechtswidrig war,
den Beklagten zu verurteilen über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.06.2015 in der Sache zu entscheiden,
festzustellen dass der Beklagte rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist entschieden hat und die Anwaltskosten zu tragen hat."
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt die im Widerspruchsbescheid gegebene Begründung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Der Antrag,
"den Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 in Fassung des Änderungsbescheides vom 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 aufzuheben,
den Beklagten zu verurteilen den Klägern Erstausstattung in gesetzlicher Höhe zu gewähren,"
ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Insofern beantragt wird, den Klägern eine Erstausstattung für Einrichtungsgegenstände zu gewähren, die nicht bereits im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren Gegenstand waren, ist eine Unzulässigkeit anzunehmen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist insoweit nicht erkennbar. Die Kläger müssen sich mit ihrem Begehren zunächst einmal an den Beklagten wenden, damit dieser ein Verwaltungsverfahren durchführen kann.
Gegenstand von Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren waren hier lediglich die Erstausstattung für die Küche, die Kinderbetten, die Kleiderschränke für die Kinder sowie die vom Vormieter übernommenen Möbel (Esszimmer, Couch, Schlafzimmer). Andere Einrichtungsstücke wurden dort nicht benannt. Ein diesbezüglicher Anspruch wurde demzufolge bislang vom Beklagten nicht geprüft und verbeschieden.
Im Übrigen – also hinsichtlich der Erstausstattungsleistungen für die verbliebenen, bereits verbeschiedenen Einrichtungsgegenstände – ist die Klage unbegründet. Der Änderungsbescheid v. 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 25.01.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Erstausstattung betreffend die Kücheneinrichtung und die Kinderbetten. Auch haben sie keinen Anspruch auf Leistungen für Kinderkleiderschränke und die Erstattung der Ausgaben für die Möbel, die vom Vormieter übernommen wurden.
Nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II sind nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst die Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten. Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht (Satz 2). Die Leistungen können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (Satz 5 und 6).
Vorliegend besteht kein Anspruch auf weitere Erstausstattungsleistungen für Küchenmöbel. Die bei der Besichtigung im Rahmen des Hausbesuchs bereits vorhandenen und die sodann bewilligten Einrichtungsgegenstände decken nach Auffassung der Kammer den Bedarf der Kläger. Insbesondere wurden ihnen - entgegen dem Klagevortrag - Leistungen für einen Herd bewilligt. Auch weiterer Küchenschränke bedurfte es nicht zwingend, nachdem den Klägern Leistungen für einen Küchenschrank sowie einen Unterschrank bewilligt wurden und ihnen zudem bereits vorher ein Vorratsschrank zur Verfügung stand. Bei weiteren Schränken bzw. Regalen, die für die Küchenutensilien benötigt werden, handelt es sich um eine bloße Ergänzungsbeschaffung, die aus dem im Regelbedarf hierfür enthaltenen Anteil zu bestreiten ist. Zudem hat der Kläger zu 4) im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Befragen des Gerichts keine Gegenstände benennen können, die in der Küche noch fehlen würden oder beschafft worden seien.
Die für Küche und Kinderbetten bewilligten Geldleistungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat insofern angegeben, die entsprechenden Werte anhand eigener Erhebungen unter Berücksichtigung verschiedener Quellen ermittelt zu haben und diese regelmäßig zu überprüfen. Dies hat sie durch Vorlage der aktuell geltenden Dienstanweisung belegt. Das Gericht sieht durch ein solches Vorgehen das nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II erforderliche Maß an Nachvollziehbarkeit gewahrt. Für eine nähere Nachprüfung der ermittelten Beträge wird angesichts der unsubstanziierten Beanstandungen der Klägerseite kein Anlass gesehen. So wurde nicht konkret vorgetragen, welcher Gegenstand zu dem vom Beklagten angegebenen Preis seinerzeit durch die Kläger nicht erhältlich gewesen sein soll. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass sich Leistungsberechtigte in der Regel auf gebrauchte Gegenstände verweisen lassen müssen.
Auch ein Anspruch auf zusätzliche Erstausstattungsleistungen für Kinderkleiderschränke wird nicht gesehen. Hierbei handelt es sich um Ersatz- bzw. Ergänzungsbeschaffungen, da die Kleidung der Kinder auch in der vorherigen Mietwohnung bereits auf entsprechende Weise gelagert worden sein muss. Es wurden auch keinerlei besondere Umstände vorgetragen, die zum Verlust dieser Unterbringungsmöglichkeiten geführt haben und die einen Erstausstattungsbedarf begründen könnten.
Eine Erstattung der Kosten, die für die Übernahme der Möbel vom Vormieter der neuen Wohnung entstanden sind, scheidet schon deshalb aus, weil es diesbezüglich an einer rechtzeitigen Antragstellung auf die Leistungen fehlte. Leistungen nach dem SGB II werden gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II sind dabei gesondert zu beantragen, § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II. Vorliegend haben die Kläger die Möbel vom Vormieter bereits bei Einzug am 01.04.2015 gekauft. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie jedoch lediglich Erstausstattung für die Küche beantragt. Dieser Antrag, der sich ausschließlich mit der Küche beschäftigte, bot auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass daneben noch sonstige Möbelstücke benötigt werden könnten.
Der Widerspruchsbescheid v. 25.01.2016 war insbesondere auch hinsichtlich der Kostenentscheidung rechtmäßig. Der Widerspruch gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid v. 07.05.2015 war zwar hinsichtlich der Forderung, Geldleistungen statt Sachleistungen zu erbringen, erfolgreich. Jedoch war dieser Erfolg nicht dem Widerspruch zuzurechnen. Grund für Erlass des Änderungsbescheides v. 19.06.2015 war vielmehr die Vorlage der Bestätigung vom Sozialkaufhaus, dass dort die bewilligten Einrichtungsgegenstände nicht vorhanden waren. Der Einlegung eines Widerspruchs hätte es nicht bedurft.
Der Antrag,
den Beklagten zu verurteilen, über die Anträge im Schreiben vom 29.07.2015 zu entscheiden,
ist bereits unzulässig. Eine Klagebefugnis für eine Untätigkeitsklage ist nicht ersichtlich, nachdem der Beklagte die mit Schreiben vom 29.07.2015 geltend gemachten Bedarfe für die vom Vormieter übernommenen Möbel bereits im Widerspruchsbescheid v. 25.01.2016 mitbehandelte und damit über den Leistungsantrag (abschlägig) entschied.
Der Antrag,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 rechtswidrig war,
ist ebenfalls unzulässig. Das für einen solchen Fortsetzungsfeststellungsantrag erforderliche qualifizierte berechtigte Interesse liegt hier nicht vor.
Der Antrag,
den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.06.2015 in der Sache zu entscheiden,
ist auch unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, da den Klägern auch gegen ggf. falsch begründete Widerspruchsbescheide der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offen steht, wo sie sogleich eine Sachentscheidung beantragen können. Hiervon haben die Kläger hier auch Gebrauch gemacht.
Der Antrag,
"festzustellen dass der Beklagte rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist entschieden hat und die Anwaltskosten zu tragen hat"
schließlich ist unzulässig. Ein berechtigtes Interesse für die begehrte Feststellung einer verspäteten Entscheidung ist nicht erkennbar. Über die Tragung der Anwaltskosten entscheidet das Gericht ohnehin von Amts wegen (siehe dazu sogleich).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Verfahrensausgang. Das zulässige Rechtsmittel der Berufung folgt aus § 143 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II) für eine Wohnungserstausstattung.
Die Kläger sind bulgarischer Staatsangehörigkeit. Die Familie reiste im Jahr 2014 ins Bundesgebiet ein und stellte im August des Jahres erstmals einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beim Beklagten, woraufhin ihnen Leistungen bewilligt wurden.
Auch Anfang des Jahres 2015 standen sie im Leistungsbezug. Bislang hatten sie in einer Mietwohnung unter der Anschrift "G-Straße" in A-Stadt gelebt. Zum 01.04.2015 mieteten sie eine neue Wohnung unter der Anschrift "H-Straße" in A-Stadt an.
Vor diesem Hintergrund hatte die Prozessbevollmächtigte der Kläger bereits mit Schreiben v. 03.03.2015 beim Beklagten "eine komplette Erstausstattung Küche, Herd, Kühlschrank, etc." beantragt. Die Küche in der bisherigen Wohnung gehöre dem Vermieter und könne daher nicht in die neue Wohnung mitgenommen werden.
Der Beklagte ließ daraufhin von einer Sachbearbeiterin am 07.05.2015 einen Hausbesuch bei den Klägern durchführen. Diese stellte fest, dass in der Küche bereits eine Rundeckbank, ein Tisch, zwei Stühle, ein funktionierender Kühlschrank, ein Vorratsschrank, eine Mikrowelle, eine Kaffeemaschine sowie diverses Geschirr und Töpfe vorhanden waren. Desweiteren verfügten die Kläger laut Vermerk über einen nichtfunktionsfähigen Herd. Die Kläger hätten ihr zudem im Rahmen des Hausbesuchs mitgeteilt, dass noch Betten für die Kinder fehlten. Die Sachbearbeiterin hielt im Vermerk fest, dass das jüngste Kind allein in einem Doppelbett schlafe. Das Bettgestell sei defekt, jedoch könnten Lattenroste und Matratzen des Doppelbettes weitergenutzt werden. Die Familie benötige daher für die Kinder drei Bettgestelle, aber nur eine zusätzliche Matratze mit Lattenrost.
Noch durch Bescheid v. 07.05.2015 bewilligte der Beklagte den Kläger daraufhin in Form von Sachleistungen folgende Gegenstände: drei Bettgestelle, eine Matratze mit Lattenrost, ein einzelner Küchenschrank, eine Spüle mit Unterschrank, ein Herd.
Am 27.05.2015 wurde dem Beklagten eine Bestätigung des beauftragten Sozialkaufhauses vorgelegt, dass dort keine bzw. keine passenden Möbelstücke vorhanden seien.
Gegen den Bewilligungsbescheid legte die Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 28.05.2015 Widerspruch ein. Sie begründeten diesen damit, die Erstausstattung müsse vollständig gewährt werden. Sie bitte um Übersendung der aktuellen Liste für einmalige Leistungen. Im Übrigen seien die Leistungen in Form von Geld zu erbringen.
Durch Änderungsbescheid v. 19.06.2015 gewährte der Beklagte daraufhin Leistungen in Form von Geldleistungen i.H.v. insgesamt 560 EUR. Für die Bettgestelle gewährte sie hierbei jeweils 41 EUR, für die Matratze 39 EUR, für den Lattenrost 26 EUR, für den Küchenschrank 40 EUR, für die Spüle mit Unterschrank 94 EUR und für den Herd 238 EUR. Die Beträge entsprächen den von der Behörde festgelegten Pauschalbeträgen.
Auch gegen diesen Bescheid legte die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 25.06.2015 Widerspruch ein. Für drei komplette Kinderbetten stehe ein höherer Betrag zu. Zudem seien auch drei Kleiderschränke für die Kinder nötig, zumindest zwei. Auch an Küchenerstausstattung stehe den Klägern mehr zu als ein Küchenschrank und eine Spüle.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens wurde dann durch Schreiben v. 29.07.2015 noch mitgeteilt, dass die Kläger notgedrungen ein Esszimmer, eine Couch und ein Schlafzimmer für 450 EUR hätten kaufen müssen. Vorgelegt wurde eine Bestätigung des Vormieters der neuen Wohnung, dass dieser am 01.04.2015 die genannten Gegenstände an die Kläger verkauft habe. Man fordere die Auszahlung von 450 EUR auf das Konto der Kläger.
Durch Bescheid v. 25.01.2016 wurden beide Widersprüche zurückgewiesen. Die Kläger hätten keinen höheren Anspruch auf Erstausstattung als bereits bewilligt. Es handele sich bei der nunmehr beantragten Couch und dem Esszimmer nicht um eine Erstausstattung sondern um eine Ersatzbeschaffung von Möbeln, da davon auszugehen sei, dass die Kläger auch in ihrer vorherigen Wohnung bereits über solche Gegenstände verfügt hätten. Die Höhe der Leistungen sei anhand von Pauschalbeträgen bemessen worden, welche der Beklagte durch Recherchen im Internet, im Versandhandel und im Geschäft vor Ort ermittelt habe. Der Widerspruch gegen den Änderungsbescheid v. 19.06.2015 sei bereits unzulässig, da dieser Bescheid Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Ausgangsbescheid geworden sei. Eine Erstattung von Kosten des Vorverfahrens lehnte der Beklagte insgesamt ab.
Die Kläger haben am 26.02.2016 Klage beim Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Sie tragen vor, ihnen stehe weitere Erstausstattung für die Küche zu. Auch werde für den übrigen Haushalt die komplette Erstausstattung verlangt. Der Beklagte müsse insofern den Bestand im Haushalt der Kläger mit der bei ihm vorhandenen "Pauschalenliste" abgleichen. Zudem müsse der Beklagte auch die Kosten der vom Vormieter übernommenen Gegenstände erstatten. Schließlich müsse er schon deshalb Kosten des Vorverfahrens übernehmen, weil er hinsichtlich der Form der Leistungserbringung (Sachleistung/Geldleistung) abgeholfen habe.
Sie beantragen wörtlich,
"den Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 in Fassung des Änderungsbescheides vom 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 aufzuheben,
den Beklagten zu verurteilen den Klägern Erstausstattung in gesetzlicher Höhe zu gewähren,
den Beklagten zu verurteilen über die Anträge im Schreiben vom 29.07.2015 zu entscheiden,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 rechtswidrig war,
den Beklagten zu verurteilen über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.06.2015 in der Sache zu entscheiden,
festzustellen dass der Beklagte rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist entschieden hat und die Anwaltskosten zu tragen hat."
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt die im Widerspruchsbescheid gegebene Begründung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist teilweise bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Der Antrag,
"den Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 in Fassung des Änderungsbescheides vom 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.01.2016 aufzuheben,
den Beklagten zu verurteilen den Klägern Erstausstattung in gesetzlicher Höhe zu gewähren,"
ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
Insofern beantragt wird, den Klägern eine Erstausstattung für Einrichtungsgegenstände zu gewähren, die nicht bereits im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren Gegenstand waren, ist eine Unzulässigkeit anzunehmen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage ist insoweit nicht erkennbar. Die Kläger müssen sich mit ihrem Begehren zunächst einmal an den Beklagten wenden, damit dieser ein Verwaltungsverfahren durchführen kann.
Gegenstand von Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren waren hier lediglich die Erstausstattung für die Küche, die Kinderbetten, die Kleiderschränke für die Kinder sowie die vom Vormieter übernommenen Möbel (Esszimmer, Couch, Schlafzimmer). Andere Einrichtungsstücke wurden dort nicht benannt. Ein diesbezüglicher Anspruch wurde demzufolge bislang vom Beklagten nicht geprüft und verbeschieden.
Im Übrigen – also hinsichtlich der Erstausstattungsleistungen für die verbliebenen, bereits verbeschiedenen Einrichtungsgegenstände – ist die Klage unbegründet. Der Änderungsbescheid v. 19.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 25.01.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Sie haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für Erstausstattung betreffend die Kücheneinrichtung und die Kinderbetten. Auch haben sie keinen Anspruch auf Leistungen für Kinderkleiderschränke und die Erstattung der Ausgaben für die Möbel, die vom Vormieter übernommen wurden.
Nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II sind nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst die Bedarfe für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten. Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht (Satz 2). Die Leistungen können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen (Satz 5 und 6).
Vorliegend besteht kein Anspruch auf weitere Erstausstattungsleistungen für Küchenmöbel. Die bei der Besichtigung im Rahmen des Hausbesuchs bereits vorhandenen und die sodann bewilligten Einrichtungsgegenstände decken nach Auffassung der Kammer den Bedarf der Kläger. Insbesondere wurden ihnen - entgegen dem Klagevortrag - Leistungen für einen Herd bewilligt. Auch weiterer Küchenschränke bedurfte es nicht zwingend, nachdem den Klägern Leistungen für einen Küchenschrank sowie einen Unterschrank bewilligt wurden und ihnen zudem bereits vorher ein Vorratsschrank zur Verfügung stand. Bei weiteren Schränken bzw. Regalen, die für die Küchenutensilien benötigt werden, handelt es sich um eine bloße Ergänzungsbeschaffung, die aus dem im Regelbedarf hierfür enthaltenen Anteil zu bestreiten ist. Zudem hat der Kläger zu 4) im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf Befragen des Gerichts keine Gegenstände benennen können, die in der Küche noch fehlen würden oder beschafft worden seien.
Die für Küche und Kinderbetten bewilligten Geldleistungen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat insofern angegeben, die entsprechenden Werte anhand eigener Erhebungen unter Berücksichtigung verschiedener Quellen ermittelt zu haben und diese regelmäßig zu überprüfen. Dies hat sie durch Vorlage der aktuell geltenden Dienstanweisung belegt. Das Gericht sieht durch ein solches Vorgehen das nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II erforderliche Maß an Nachvollziehbarkeit gewahrt. Für eine nähere Nachprüfung der ermittelten Beträge wird angesichts der unsubstanziierten Beanstandungen der Klägerseite kein Anlass gesehen. So wurde nicht konkret vorgetragen, welcher Gegenstand zu dem vom Beklagten angegebenen Preis seinerzeit durch die Kläger nicht erhältlich gewesen sein soll. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass sich Leistungsberechtigte in der Regel auf gebrauchte Gegenstände verweisen lassen müssen.
Auch ein Anspruch auf zusätzliche Erstausstattungsleistungen für Kinderkleiderschränke wird nicht gesehen. Hierbei handelt es sich um Ersatz- bzw. Ergänzungsbeschaffungen, da die Kleidung der Kinder auch in der vorherigen Mietwohnung bereits auf entsprechende Weise gelagert worden sein muss. Es wurden auch keinerlei besondere Umstände vorgetragen, die zum Verlust dieser Unterbringungsmöglichkeiten geführt haben und die einen Erstausstattungsbedarf begründen könnten.
Eine Erstattung der Kosten, die für die Übernahme der Möbel vom Vormieter der neuen Wohnung entstanden sind, scheidet schon deshalb aus, weil es diesbezüglich an einer rechtzeitigen Antragstellung auf die Leistungen fehlte. Leistungen nach dem SGB II werden gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 SGB II nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. Leistungen nach § 24 Abs. 3 SGB II sind dabei gesondert zu beantragen, § 37 Abs. 1 S. 2 SGB II. Vorliegend haben die Kläger die Möbel vom Vormieter bereits bei Einzug am 01.04.2015 gekauft. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie jedoch lediglich Erstausstattung für die Küche beantragt. Dieser Antrag, der sich ausschließlich mit der Küche beschäftigte, bot auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass daneben noch sonstige Möbelstücke benötigt werden könnten.
Der Widerspruchsbescheid v. 25.01.2016 war insbesondere auch hinsichtlich der Kostenentscheidung rechtmäßig. Der Widerspruch gegen den ursprünglichen Bewilligungsbescheid v. 07.05.2015 war zwar hinsichtlich der Forderung, Geldleistungen statt Sachleistungen zu erbringen, erfolgreich. Jedoch war dieser Erfolg nicht dem Widerspruch zuzurechnen. Grund für Erlass des Änderungsbescheides v. 19.06.2015 war vielmehr die Vorlage der Bestätigung vom Sozialkaufhaus, dass dort die bewilligten Einrichtungsgegenstände nicht vorhanden waren. Der Einlegung eines Widerspruchs hätte es nicht bedurft.
Der Antrag,
den Beklagten zu verurteilen, über die Anträge im Schreiben vom 29.07.2015 zu entscheiden,
ist bereits unzulässig. Eine Klagebefugnis für eine Untätigkeitsklage ist nicht ersichtlich, nachdem der Beklagte die mit Schreiben vom 29.07.2015 geltend gemachten Bedarfe für die vom Vormieter übernommenen Möbel bereits im Widerspruchsbescheid v. 25.01.2016 mitbehandelte und damit über den Leistungsantrag (abschlägig) entschied.
Der Antrag,
festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 07.05.2015 rechtswidrig war,
ist ebenfalls unzulässig. Das für einen solchen Fortsetzungsfeststellungsantrag erforderliche qualifizierte berechtigte Interesse liegt hier nicht vor.
Der Antrag,
den Beklagten zu verurteilen, über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.06.2015 in der Sache zu entscheiden,
ist auch unzulässig. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht nicht, da den Klägern auch gegen ggf. falsch begründete Widerspruchsbescheide der Rechtsweg zu den Sozialgerichten offen steht, wo sie sogleich eine Sachentscheidung beantragen können. Hiervon haben die Kläger hier auch Gebrauch gemacht.
Der Antrag,
"festzustellen dass der Beklagte rechtswidrig nicht in gesetzlicher Frist entschieden hat und die Anwaltskosten zu tragen hat"
schließlich ist unzulässig. Ein berechtigtes Interesse für die begehrte Feststellung einer verspäteten Entscheidung ist nicht erkennbar. Über die Tragung der Anwaltskosten entscheidet das Gericht ohnehin von Amts wegen (siehe dazu sogleich).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Verfahrensausgang. Das zulässige Rechtsmittel der Berufung folgt aus § 143 SGG.
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