Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 16 AS 401/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 340/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 299/20
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem vom Kläger die Erstattung von darlehensweisen erbrachten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) durch die Beklagte begehrt wird.
Der 1955 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten erstmals am 17. März 2015 Leistungen nach dem SGB II. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, selbstständig tätig zu sein. Zu seinen Vermögensverhältnissen gab er an, über verschiedene, sich im Minus befindende Konten zu verfügen und darüber hinaus Inhaber von Bausparverträgen und Sparbriefen zu sein, welche alle verpfändet seien. Weiter gab der Kläger an, eine Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung zu besitzen, welche einen Rückkaufswert von 85.566,68 EUR habe. Aus den vorgelegten Unterlagen über diese Versicherung ergab sich, dass der Vertragsablauf auf den 1. Juli 2015 datierte (vgl. Bl. 9, 80 der Behördenakte).
Mit Bescheid vom 7. April 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 955,00 EUR für die Zeit von März bis August 2015. Die Leistungsbewilligung erfolgte als Darlehen. Dem Bescheid lässt sich entnehmen, dass die Gewährung aufgrund § 24 Abs. 5 SGB II erfolgt und der Kläger nach erfolgter Verwertung des Vermögens die ihm gewährten Leistungen zu erstatten habe. Hierüber sollte der Kläger eine gesonderte Mitteilung des Jobcenters erhalten.
In der Folgezeit wurde die Leistungsgewährung für den oben genannten Zeitraum mehrfach abgeändert. Die entsprechenden Änderungsbescheide vom 6. Mai 2015, 11. Mai 2015, 19. Juni 2015 (zwei Bescheide) und 2. Juli 2015 (zwei Bescheide) enthielten alle den Hinweis, dass die Leistungsgewährung als Darlehen erfolgt. Dem Kläger wurden aufgrund dieser Änderungsbescheide letztlich für März bis August 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 1.272,64 EUR als Darlehen gewährt.
In der Folgezeit legte der Kläger diverse Unterlagen bei der Beklagten vor, insbesondere auch einen Kontoauszug, aus dem sich ergab, dass dem Kläger am 9. Juli 2015 von der C-Versicherung nach Ablauf der Vertragslaufzeit der oben genannten Lebensversicherung ein Betrag von 82.945,21 EUR überwiesen worden war.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 wurde die Leistungsgewährung für den Monat Juni 2015 ganz aufgehoben, da der Kläger in diesem Monat bedarfsdeckendes Einkommen erzielt haben sollte. Am gleichen Tag erging für Juni 2015 ein "Einstellungsbescheid". Diese Bescheide wurden späterhin im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens wieder aufgehoben.
Mit weiterem Bescheid vom 17. August 2015 wurde der Kläger zu Erstattung von Leistungen bei darlehnsweise erbrachten Leistungen nach dem SGB II aufgefordert. Nachdem der Kläger über den Betrag der C-Versicherung nunmehr habe verfügen können, seien die bisher gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.363,20 EUR durch den Kläger zu erstatten. Dabei ging die Beklagte von einer monatlichen Erstattungssumme von 1.272,64 EUR, mit Ausnahme des Monats Juni 2015 aus. Für Juni 2015 wurde die Erstattungsforderung auf 0,00 EUR festgesetzt.
Am 28. Dezember 2015 (Eingang bei der Beklagten) beantragte der zu der Zeit schon fachanwaltlich vertretene Kläger die Überprüfung der Bescheide der Beklagten vom 17. August 2015. Eine Begründung für den Überprüfungsantrag wurde nicht eingereicht. Mit im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Januar 2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides nach darlehensweisen Leistungserbringung vom 17. August 2015 ab. Den hiergegen erhobene Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der fachanwaltlich vertretene Kläger am 7. April 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt der fachanwaltlich vertretene Kläger im Wesentlichen vor, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der Leistungen. Ein Verschulden des Berechtigten sei nicht erkennbar, eine Rücknahme des Verwaltungsaktes komme auch wegen des Vertrauensschutzes nicht in Betracht. Es sei zu berücksichtigen, dass die seinerzeit gewährten Leistungen nicht nur darlehnsweise hätten erbracht werden dürfen. Der Kläger sei zur damaligen Zeit bedürftig gewesen, auch habe die Verwertung der Lebensversicherung nicht verlangt werden dürfen. Zudem wäre diese auch als Altersvorsorge zu berücksichtigen gewesen. Letztlich hätte auch eine Vereinbarung gegebenenfalls über die Rückzahlung erfolgen müssen. Die Beklagte habe auch den erst späteren Zuflusszeitpunkt nicht beachtet. Dennoch sei eine Leistungsgewährung erfolgt, welche klägerseitig verbraucht worden sei, obwohl die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Beklagten bekannt gewesen sei. Der Kläger sei insoweit nicht mehr bösgläubig, weswegen nicht mehr rückwirkend aufgehoben werden durfte. Im Laufe des hiesigen Verfahrens hat der Kläger weiter vorgetragen, dass er von der ausgezahlten Summe zuerst eine große Schuldenlast beglichen habe. Der restliche Betrag müsse dazu aufgewendet werden, die Altersvorsorge des Klägers zu sichern, damit dieser nicht später bedürftig werde. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten gegebene Bedürftigkeit könne nicht im Nachhinein durch eine Auszahlung der Lebensversicherung geändert werden. Diese Änderung lediglich die künftige Leistungssituation. Auch habe der Kläger sein Vermögen weiter zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aufgewendet und dabei 12.000,00 EUR verbraucht.
Der Kläger beantragte im Rahmen der Klageerhebung, den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers diesen Antrag ergänzt und weiter beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben.
Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt: "Die Beklagte lässt sich auf die nunmehr erhobene Verpflichtungsklage ausdrücklich nicht ein."
Hinsichtlich der Anfechtungsklage beantragt die Beklagte, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, der Überprüfungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden. Der Bescheid vom 17. August 2015 sei zu Recht ergangen, da der Kläger durch die Kapitalisierung seiner Lebensversicherung sein Vermögen verwertet habe und dieses daher aufgrund der zuvor erfolgten darlehnsweise Bewilligung auch zur Rückzahlung der Leistungen verwendet werden müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte im Verfahren S 16 AS 57 / 18 und den Inhalt der Behördenakte der Beklagten (ein Band und ein Hefter) Bezug genommen. Diese wurden zur Entscheidung herangezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist wegen der verfristet erhobenen Verpflichtungsklage bereits unzulässig. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, mit welchen die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 abgelehnt wurde. Statthafte Klageart in einem Verfahren dieser Art ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), mit welcher zunächst die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 sowie sodann die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 begehrt werden muss. Ausgehend vom Begehren des Klägers bedarf es einer weiteren Kombination mit einer Leistungsklage im vorliegenden Fall nicht. Die Klageerweiterung im vorliegenden Verfahren durch die Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist unzulässig. Beide Klagen –sowohl die Anfechtungs-, als auch die Verpflichtungsklage – sind gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgebunden und innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Dies ist bei der Anfechtungsklage der Fall, nicht jedoch bei der zugleich erforderlichen Verpflichtungsklage. Die mit der Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte Klageerweiterung im Sinne des § 99 SGG, auf welche sich die Beklagte ausdrücklich nicht eingelassen hat, ist aufgrund der eingetretenen Verfristung nicht sachgerecht und damit unzulässig. Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich erachtet. Eine Änderung der Klage ist auch im Falle einer Klageerweiterung anzunehmen. Die Voraussetzungen für diese Klageänderung liegen nicht vor, da die Beklagte sich auf die Klageänderung nicht eingelassen und damit auch hierin nicht eingewilligt hat und die Kammer diese Änderung auch nicht für sachdienlich erachtet. Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich aus der Verfristung der Verpflichtungsklage. Hinsichtlich der erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 durch den fachanwaltlich vertretenen Kläger erhobenen Verpflichtungsklage fehlt es an der Einhaltung der Klagefrist. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8. März 2016 ging nach dem auf dem im Rahmen der Klageerhebung durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Exemplar vermerkten Eingangsstempel dort am 10. März 2016 ein. Die einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 SGG war zum Zeitpunkt der erstmaligen Erhebung der Verpflichtungsklage am 29. März 2019 evident abgelaufen, ohne dass die Kammer den konkreten Zeitpunkt der Zustellung mittels Zustellungsurkunde noch zu erforschen braucht. Die Erhebung der Verpflichtungsklage kann auch nicht schon in der Klageschrift vom 7. April 2016 und/oder dem weiteren Vortrag des fachanwaltlich vertretenen Klägers im Klageverfahren gesehen werden. Der fachanwaltlich vertretene Kläger hat mit der Klageschrift vom 7. April 2016 eindeutig nur die Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beantragt. Die sodann abgegebene Begründung gleicht der Begründung für die Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, jedoch nicht eines Überprüfungsbescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Nach Auffassung der Kammer ist von einem Fachanwalt für Sozialrecht, wie dem Bevollmächtigten des Klägers, zu erwarten, dass er innerhalb der Klagefrist eindeutig zu erkennen gibt, in welchem Umfang ein Klageverfahren betrieben werden soll. Daran mangelt es in der Klageschrift vom 7. April 2016 vollumfänglich hinsichtlich der Verpflichtungsklage. Wegen des insoweit unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Klagefrist war das Gericht auch nicht in die Lage versetzt, durch sachdienliche Hinweise innerhalb der Klagefrist auf die erforderliche Erhebung der Verpflichtungsklage noch hinzuweisen. Das Verhalten seines Bevollmächtigten ist dem Kläger insoweit zuzurechnen, vgl. § 202 SGG i. V. m. § 85 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Klageänderung ist auch nicht aufgrund § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässig. Danach ist als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Mit dem Verpflichtungsantrag aus der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2019 wird eine komplett neue Klage neben der bisher erhobenen Anfechtungsklage erhoben. Damit wird der Klageantrag hinsichtlich der Anfechtungsklage nicht erweitert oder beschränkt, sondern im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) eine weitere Klage daneben gestellt. Unabhängig davon würde auch dann die Verfristung der Verpflichtungsklage greifen.
Hinsichtlich der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage fehlt es dem Kläger am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom zur Entscheidung berufenen Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, Vor § 51 RdNr 16 ff.); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden (BSG, Urt. v. 28. März 2013, - B 4 AS 42/15 R - ; Juris). Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann. Das Rechtsschutzinteresse fehlt auch, wenn die Klägerseite im gerichtlichen Verfahren ein grundsätzlich rechtsschutzwürdiges Interesse, welches sie mit dem von ihr angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren verfolgt, nicht anstrebt bzw. nicht (mehr) anstreben kann. In all diesen Fällen hat die Klägerseite keinen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung. Dies ist beim Kläger hinsichtlich der fristgerecht anhängig gemachten Anfechtungsklage bezüglich des Bescheides der Beklagten von 20 Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 der Fall. Allein die Aufhebung dieses Überprüfungsbescheides führt beim Kläger zu keinerlei Rechtsveränderung, geschweige denn Rechtsverbesserung. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten wäre allein dadurch eliminiert, ohne dass dem Kläger die Möglichkeit zur Verfügung stände, aufgrund dieser Aufhebung etwas zu erreichen, was er ohne die Aufhebung – nämlich durch einen erneuten Antrag nach § 44 SGB X – nicht auch erreichen könnte.
Unabhängig davon ist die Klage auch unbegründet. Der Überprüfungsbescheids der Beklagten von 20 Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. März 2016 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 1. Alt. SGG). Mit diesem Bescheid wurde der Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides der Beklagten vom 17. August 2015 zu Recht abgelehnt, da diese sich im Ergebnis als rechtmäßig erweist.
Der Erstattungsbescheid erweist sich zunächst als formell rechtmäßig, er ist insbesondere hinreichend bestimmt. Insoweit ist klar erkennbar, welcher Betrag vom Kläger zurückgefordert wird. Soweit in diesem Bescheid auf Vorschriften aus dem SGB III zu Begründung zurückgegriffen wird, ist dies erkennbar fehlerhaft, ändert jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Dieser Begründungsfehler wirkt sich nicht durchgreifend auf den Verfügungssatz aus, vgl. § 42 SGB X. Es kann somit dahinstehen, ob ein einfacher Begründungsfehler überhaupt im Überprüfungsverfahren zur Korrektur eines bestandskräftigen Bescheides führen kann.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2015 ist im Ergebnis auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte ist daher nicht aufgrund § 44 SGB X verpflichtet, diesen Bescheid aufzuheben. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Nach § 44 Abs. 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, im Übrigen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Vorliegend ist ein Fall des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht gegeben, da sich der Kläger mit seinem hier streitigen Überprüfungsantrag allein gegen den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 wendet, mit welchen die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistung gefordert wird, jedoch keine Regelungen über Sozialleistungen getroffen wurde. Ist damit ein Fall des § 44 Abs. 2 SGB X gegeben, kommt allein die Regelung über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes für die Vergangenheit in Betracht. Diese Rücknahme steht nach § 44 Abs. 2 S. 2 SGB X im Ermessen der Beklagten. Insoweit liegen jedoch schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht vor, da sich der Bescheid vom 17. August 2015 im Ergebnis als rechtmäßig erweist, es mithin an einem rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt fehlt. Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten ist § 42a Abs. 3 S. 1 SGB II. Danach sind Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig. Dem Kläger waren mit Bescheiden vom 7. April 2015, 6. Mai 2015, 11. Mai 2015, 19. Juni 2015 und 2. Juli 2015 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen aufgrund § 24 Abs. 5 SGB II gewährt worden. Insoweit wird auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 7. April 2015 Bezug genommen. Hintergrund war insoweit der Umstand, dass der Kläger mit der Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verfügte, welches im Bewilligungsabschnitt bis August 2015 aufgrund der geregelten Vertragslaufzeit bis zum 1. Juli 2015 prognostisch einer Verwertung zugeführt werden konnte. Mit der Verwertung dieses Vermögensgegenstandes, konkret mit der Auszahlung des Kapitalvermögens aus der Kapitallebensversicherung am 9. Juli 2015, trat die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der bis dahin darlehensweise gewährten Leistungen ein. Die Beklagte konnte die Erstattung daher vom Kläger fordern.
Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren vorträgt, schon die darlehnsweise Bewilligung der Leistungen sei rechtsfehlerhaft gewesen, so dass das Darlehen von ihm nicht zurückgefordert werden könnte, schließt sich die Kammer dem nicht an. Zunächst sind die entsprechenden Darlehensbewilligungsbescheide der Beklagten in Bestandskraft (vgl. § 77 SGG) erwachsen, womit auch die Art der Leistungsgewährung verbindlich für die Beteiligten geregelt ist. Nach Auffassung der Kammer muss dies bei der Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 als Tatsache zugrunde gelegt werden.
Selbst wenn man dies anders sehen will, erweist sich die Gewährung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen als rechtmäßig. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II. Danach sind Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Dies war beim Kläger der Fall.
Der Kläger verfügte insoweit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II über verwertbares Vermögen in Gestalt des Guthabens aus seiner Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6. Dezember 2007, - B 14/7b AS 46/06 R ; Juris), der sich die Kammer anschließt, gilt, dass Vermögen verwertbar ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Vermögen ist nicht verwertbar, soweit sein Inhaber in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Verwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II eine gewisse zeitliche Komponente innewohnt. Gemäß § 41 Abs. 1 S.4 SGB II in der damals gültigen Fassung sollen die Leistungen der Grundsicherung jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden. Es liegt daher nahe, das Kriterium der Absehbarkeit einer Vermögensverwertung auf diesen Sechs-Monats-Zeitraum zu beziehen.
All diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers erfüllt. Der Kläger konnte ab dem 1. Juli 2015 – und damit im laufenden Bewilligungsabschnitt – über das Guthaben aus der Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung frei verfügen. Da die Auszahlung als Guthaben auf das Girokonto des Klägers erfolgte, standen der Verwendung dieses Geldbetrages auch keine tatsächlichen und juristischen Hindernisse entgegen. Bei dem Guthaben aus dieser Kapitallebensversicherung handelt es sich entgegen dem Vortrag des Klägers auch nicht um geschütztes bzw. geschontes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 und 3 SGB II. Der Betrag von über 82.000 EUR übersteigt zunächst evident die Summe aus den Grundfreibetrag des § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II und dem sogenannten Anschaffungsfreibetrag nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II. Weiter handelt es sich dabei auch nicht um ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II) oder um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II). Für Letzteres fehlt es schon an einem so genannten Verwertungsausschlusses, für Ersteres an der ausdrücklichen Förderung als Altersvorsorge nach Bundesrecht für Kapitallebensversicherungen. Auch § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II kommt im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen von der Inhaberin oder den Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet Vermögensgegenstände in angemessenen Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Im Fall des Klägers fehlt es an einem Nachweis zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Sinne des § 6 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Einen entsprechenden Befreiungsbescheid hat der Kläger weder im vorliegenden Verfahren, noch im Verfahren S 16 AS 57 / 18 vorgelegt. Das vom Kläger im zuvor genannten Verfahren vorgelegte Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25 Januar 2018 (Bl. 25 der dortigen Gerichtsakte) stellt einen solchen Befreiungsbescheid nicht dar, lässt auch nicht auf einen solchen schließen. Dort wird dem Kläger bescheinigt, dass er aufgrund des Bescheides vom 22. Oktober 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit unterliege, da er regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig sei. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 von einem Verfahren durch die Krankenversicherung berichtet, um das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich hieraus in Verbindung mit dem oben genannten Schreiben der Deutschen Rentenversicherung und dem Umstand, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, seit 1988 befreit zu sein, dass der vom Kläger vorgetragene Bescheid vom 20. Oktober 1999 das Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens darstellt, jedoch kein Befreiungsbescheid nach § 6 SGB VI.
Weitere Tatsachen, die eine Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung als verwertbares Vermögen begründen könnten, insbesondere Umstände für eine besondere Härte Sinne des § 12 Abs. 3 S. 2 Nr. 6, 2. Alt. SGB II sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Hier greift insbesondere nicht der Umstand, dass der Kläger zur Verwertung von Vermögen verpflichtet ist, welches nach seiner Planung der Altersvorsorge dienen soll. Einmal abgesehen davon, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Verwertung bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatte und mithin auf seiner Altersvorsorge zurückgreifen kann, belastet die Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von etwas über 6.300,00 EUR das vorhandene Vermögen von über 80.000,00 EUR nur unwesentlich und führt den Kläger nicht in die Altersarmut. Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe den Zuflusszeitpunkt verkannt, verkennt der Kläger vielmehr, dass es sich bei der Auszahlung der Lebensversicherung nicht um ein Einkommenszufluss handelt, sondern lediglich um eine Veränderung bereits vorhandenen Vermögens. Auf einen Zuflusszeitpunkt kommt es damit nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers geht es bei Erstattungsforderung der Beklagten auch nicht um eine rückwirkende Beseitigung vorhandener Bedürftigkeit. Nach der gesetzlichen Konzeption war der Kläger schon nur bedürftig, weil er nicht sofort auf sein Vermögen zugreifen konnte. Nur dies wird nachträglich korrigiert.
Stellt sich damit die Gewährung von Leistungen für die Zeit von März bis August 2015 als Darlehen als rechtmäßig dar, gilt gleiches auch für deren Erstattungsforderung nach § 42a Abs. 3 S. 1 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit dem vom Kläger die Erstattung von darlehensweisen erbrachten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) durch die Beklagte begehrt wird.
Der 1955 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten erstmals am 17. März 2015 Leistungen nach dem SGB II. Im Rahmen der Antragstellung gab er an, selbstständig tätig zu sein. Zu seinen Vermögensverhältnissen gab er an, über verschiedene, sich im Minus befindende Konten zu verfügen und darüber hinaus Inhaber von Bausparverträgen und Sparbriefen zu sein, welche alle verpfändet seien. Weiter gab der Kläger an, eine Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung zu besitzen, welche einen Rückkaufswert von 85.566,68 EUR habe. Aus den vorgelegten Unterlagen über diese Versicherung ergab sich, dass der Vertragsablauf auf den 1. Juli 2015 datierte (vgl. Bl. 9, 80 der Behördenakte).
Mit Bescheid vom 7. April 2015 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 955,00 EUR für die Zeit von März bis August 2015. Die Leistungsbewilligung erfolgte als Darlehen. Dem Bescheid lässt sich entnehmen, dass die Gewährung aufgrund § 24 Abs. 5 SGB II erfolgt und der Kläger nach erfolgter Verwertung des Vermögens die ihm gewährten Leistungen zu erstatten habe. Hierüber sollte der Kläger eine gesonderte Mitteilung des Jobcenters erhalten.
In der Folgezeit wurde die Leistungsgewährung für den oben genannten Zeitraum mehrfach abgeändert. Die entsprechenden Änderungsbescheide vom 6. Mai 2015, 11. Mai 2015, 19. Juni 2015 (zwei Bescheide) und 2. Juli 2015 (zwei Bescheide) enthielten alle den Hinweis, dass die Leistungsgewährung als Darlehen erfolgt. Dem Kläger wurden aufgrund dieser Änderungsbescheide letztlich für März bis August 2015 Leistungen in Höhe von monatlich 1.272,64 EUR als Darlehen gewährt.
In der Folgezeit legte der Kläger diverse Unterlagen bei der Beklagten vor, insbesondere auch einen Kontoauszug, aus dem sich ergab, dass dem Kläger am 9. Juli 2015 von der C-Versicherung nach Ablauf der Vertragslaufzeit der oben genannten Lebensversicherung ein Betrag von 82.945,21 EUR überwiesen worden war.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 wurde die Leistungsgewährung für den Monat Juni 2015 ganz aufgehoben, da der Kläger in diesem Monat bedarfsdeckendes Einkommen erzielt haben sollte. Am gleichen Tag erging für Juni 2015 ein "Einstellungsbescheid". Diese Bescheide wurden späterhin im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens wieder aufgehoben.
Mit weiterem Bescheid vom 17. August 2015 wurde der Kläger zu Erstattung von Leistungen bei darlehnsweise erbrachten Leistungen nach dem SGB II aufgefordert. Nachdem der Kläger über den Betrag der C-Versicherung nunmehr habe verfügen können, seien die bisher gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 6.363,20 EUR durch den Kläger zu erstatten. Dabei ging die Beklagte von einer monatlichen Erstattungssumme von 1.272,64 EUR, mit Ausnahme des Monats Juni 2015 aus. Für Juni 2015 wurde die Erstattungsforderung auf 0,00 EUR festgesetzt.
Am 28. Dezember 2015 (Eingang bei der Beklagten) beantragte der zu der Zeit schon fachanwaltlich vertretene Kläger die Überprüfung der Bescheide der Beklagten vom 17. August 2015. Eine Begründung für den Überprüfungsantrag wurde nicht eingereicht. Mit im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Januar 2016 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides nach darlehensweisen Leistungserbringung vom 17. August 2015 ab. Den hiergegen erhobene Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der fachanwaltlich vertretene Kläger am 7. April 2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt der fachanwaltlich vertretene Kläger im Wesentlichen vor, die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung der Leistungen. Ein Verschulden des Berechtigten sei nicht erkennbar, eine Rücknahme des Verwaltungsaktes komme auch wegen des Vertrauensschutzes nicht in Betracht. Es sei zu berücksichtigen, dass die seinerzeit gewährten Leistungen nicht nur darlehnsweise hätten erbracht werden dürfen. Der Kläger sei zur damaligen Zeit bedürftig gewesen, auch habe die Verwertung der Lebensversicherung nicht verlangt werden dürfen. Zudem wäre diese auch als Altersvorsorge zu berücksichtigen gewesen. Letztlich hätte auch eine Vereinbarung gegebenenfalls über die Rückzahlung erfolgen müssen. Die Beklagte habe auch den erst späteren Zuflusszeitpunkt nicht beachtet. Dennoch sei eine Leistungsgewährung erfolgt, welche klägerseitig verbraucht worden sei, obwohl die Rechtswidrigkeit der Gewährung der Beklagten bekannt gewesen sei. Der Kläger sei insoweit nicht mehr bösgläubig, weswegen nicht mehr rückwirkend aufgehoben werden durfte. Im Laufe des hiesigen Verfahrens hat der Kläger weiter vorgetragen, dass er von der ausgezahlten Summe zuerst eine große Schuldenlast beglichen habe. Der restliche Betrag müsse dazu aufgewendet werden, die Altersvorsorge des Klägers zu sichern, damit dieser nicht später bedürftig werde. Die zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Beklagten gegebene Bedürftigkeit könne nicht im Nachhinein durch eine Auszahlung der Lebensversicherung geändert werden. Diese Änderung lediglich die künftige Leistungssituation. Auch habe der Kläger sein Vermögen weiter zur Sicherung seines Lebensunterhaltes aufgewendet und dabei 12.000,00 EUR verbraucht.
Der Kläger beantragte im Rahmen der Klageerhebung, den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 aufzuheben.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Klägers diesen Antrag ergänzt und weiter beantragt, die Beklagte zu verpflichten, den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 aufzuheben.
Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags hat die Beklagte im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt: "Die Beklagte lässt sich auf die nunmehr erhobene Verpflichtungsklage ausdrücklich nicht ein."
Hinsichtlich der Anfechtungsklage beantragt die Beklagte, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, der Überprüfungsantrag sei zu Recht abgelehnt worden. Der Bescheid vom 17. August 2015 sei zu Recht ergangen, da der Kläger durch die Kapitalisierung seiner Lebensversicherung sein Vermögen verwertet habe und dieses daher aufgrund der zuvor erfolgten darlehnsweise Bewilligung auch zur Rückzahlung der Leistungen verwendet werden müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte im Verfahren S 16 AS 57 / 18 und den Inhalt der Behördenakte der Beklagten (ein Band und ein Hefter) Bezug genommen. Diese wurden zur Entscheidung herangezogen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist wegen der verfristet erhobenen Verpflichtungsklage bereits unzulässig. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 20. Januar 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016, mit welchen die Aufhebung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 abgelehnt wurde. Statthafte Klageart in einem Verfahren dieser Art ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), mit welcher zunächst die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheid vom 8. März 2016 sowie sodann die Verpflichtung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 17. August 2015 begehrt werden muss. Ausgehend vom Begehren des Klägers bedarf es einer weiteren Kombination mit einer Leistungsklage im vorliegenden Fall nicht. Die Klageerweiterung im vorliegenden Verfahren durch die Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist unzulässig. Beide Klagen –sowohl die Anfechtungs-, als auch die Verpflichtungsklage – sind gemäß § 87 Sozialgerichtsgesetz (SGG) fristgebunden und innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Dies ist bei der Anfechtungsklage der Fall, nicht jedoch bei der zugleich erforderlichen Verpflichtungsklage. Die mit der Erhebung der Verpflichtungsklage im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte Klageerweiterung im Sinne des § 99 SGG, auf welche sich die Beklagte ausdrücklich nicht eingelassen hat, ist aufgrund der eingetretenen Verfristung nicht sachgerecht und damit unzulässig. Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich erachtet. Eine Änderung der Klage ist auch im Falle einer Klageerweiterung anzunehmen. Die Voraussetzungen für diese Klageänderung liegen nicht vor, da die Beklagte sich auf die Klageänderung nicht eingelassen und damit auch hierin nicht eingewilligt hat und die Kammer diese Änderung auch nicht für sachdienlich erachtet. Die fehlende Sachdienlichkeit ergibt sich aus der Verfristung der Verpflichtungsklage. Hinsichtlich der erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 durch den fachanwaltlich vertretenen Kläger erhobenen Verpflichtungsklage fehlt es an der Einhaltung der Klagefrist. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 8. März 2016 ging nach dem auf dem im Rahmen der Klageerhebung durch den Bevollmächtigten des Klägers vorgelegten Exemplar vermerkten Eingangsstempel dort am 10. März 2016 ein. Die einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 2 SGG war zum Zeitpunkt der erstmaligen Erhebung der Verpflichtungsklage am 29. März 2019 evident abgelaufen, ohne dass die Kammer den konkreten Zeitpunkt der Zustellung mittels Zustellungsurkunde noch zu erforschen braucht. Die Erhebung der Verpflichtungsklage kann auch nicht schon in der Klageschrift vom 7. April 2016 und/oder dem weiteren Vortrag des fachanwaltlich vertretenen Klägers im Klageverfahren gesehen werden. Der fachanwaltlich vertretene Kläger hat mit der Klageschrift vom 7. April 2016 eindeutig nur die Aufhebung des Bescheides vom 20. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 beantragt. Die sodann abgegebene Begründung gleicht der Begründung für die Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, jedoch nicht eines Überprüfungsbescheides im Rahmen eines Verfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Nach Auffassung der Kammer ist von einem Fachanwalt für Sozialrecht, wie dem Bevollmächtigten des Klägers, zu erwarten, dass er innerhalb der Klagefrist eindeutig zu erkennen gibt, in welchem Umfang ein Klageverfahren betrieben werden soll. Daran mangelt es in der Klageschrift vom 7. April 2016 vollumfänglich hinsichtlich der Verpflichtungsklage. Wegen des insoweit unmittelbar bevorstehenden Ablaufs der Klagefrist war das Gericht auch nicht in die Lage versetzt, durch sachdienliche Hinweise innerhalb der Klagefrist auf die erforderliche Erhebung der Verpflichtungsklage noch hinzuweisen. Das Verhalten seines Bevollmächtigten ist dem Kläger insoweit zuzurechnen, vgl. § 202 SGG i. V. m. § 85 Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Klageänderung ist auch nicht aufgrund § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zulässig. Danach ist als eine Änderung der Klage nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben. Mit dem Verpflichtungsantrag aus der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2019 wird eine komplett neue Klage neben der bisher erhobenen Anfechtungsklage erhoben. Damit wird der Klageantrag hinsichtlich der Anfechtungsklage nicht erweitert oder beschränkt, sondern im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) eine weitere Klage daneben gestellt. Unabhängig davon würde auch dann die Verfristung der Verpflichtungsklage greifen.
Hinsichtlich der fristgerecht erhobenen Anfechtungsklage fehlt es dem Kläger am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer jeden Klage. Es ist vom zur Entscheidung berufenen Gericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, Vor § 51 RdNr 16 ff.); dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte verhindert werden (BSG, Urt. v. 28. März 2013, - B 4 AS 42/15 R - ; Juris). Das gerichtliche Rechtsschutzinteresse ist grundsätzlich zu verneinen, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann. Das Rechtsschutzinteresse fehlt auch, wenn die Klägerseite im gerichtlichen Verfahren ein grundsätzlich rechtsschutzwürdiges Interesse, welches sie mit dem von ihr angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren verfolgt, nicht anstrebt bzw. nicht (mehr) anstreben kann. In all diesen Fällen hat die Klägerseite keinen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung. Dies ist beim Kläger hinsichtlich der fristgerecht anhängig gemachten Anfechtungsklage bezüglich des Bescheides der Beklagten von 20 Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2016 der Fall. Allein die Aufhebung dieses Überprüfungsbescheides führt beim Kläger zu keinerlei Rechtsveränderung, geschweige denn Rechtsverbesserung. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten wäre allein dadurch eliminiert, ohne dass dem Kläger die Möglichkeit zur Verfügung stände, aufgrund dieser Aufhebung etwas zu erreichen, was er ohne die Aufhebung – nämlich durch einen erneuten Antrag nach § 44 SGB X – nicht auch erreichen könnte.
Unabhängig davon ist die Klage auch unbegründet. Der Überprüfungsbescheids der Beklagten von 20 Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. März 2016 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 1 1. Alt. SGG). Mit diesem Bescheid wurde der Überprüfungsantrag des Klägers hinsichtlich des Erstattungsbescheides der Beklagten vom 17. August 2015 zu Recht abgelehnt, da diese sich im Ergebnis als rechtmäßig erweist.
Der Erstattungsbescheid erweist sich zunächst als formell rechtmäßig, er ist insbesondere hinreichend bestimmt. Insoweit ist klar erkennbar, welcher Betrag vom Kläger zurückgefordert wird. Soweit in diesem Bescheid auf Vorschriften aus dem SGB III zu Begründung zurückgegriffen wird, ist dies erkennbar fehlerhaft, ändert jedoch nichts an der Rechtmäßigkeit des Bescheides. Dieser Begründungsfehler wirkt sich nicht durchgreifend auf den Verfügungssatz aus, vgl. § 42 SGB X. Es kann somit dahinstehen, ob ein einfacher Begründungsfehler überhaupt im Überprüfungsverfahren zur Korrektur eines bestandskräftigen Bescheides führen kann.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2015 ist im Ergebnis auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte ist daher nicht aufgrund § 44 SGB X verpflichtet, diesen Bescheid aufzuheben. Nach § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Nach § 44 Abs. 2 SGB X ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, im Übrigen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Vorliegend ist ein Fall des § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht gegeben, da sich der Kläger mit seinem hier streitigen Überprüfungsantrag allein gegen den Erstattungsbescheid vom 17. August 2015 wendet, mit welchen die Rückzahlung von darlehensweise erbrachten Leistung gefordert wird, jedoch keine Regelungen über Sozialleistungen getroffen wurde. Ist damit ein Fall des § 44 Abs. 2 SGB X gegeben, kommt allein die Regelung über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes für die Vergangenheit in Betracht. Diese Rücknahme steht nach § 44 Abs. 2 S. 2 SGB X im Ermessen der Beklagten. Insoweit liegen jedoch schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht vor, da sich der Bescheid vom 17. August 2015 im Ergebnis als rechtmäßig erweist, es mithin an einem rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsakt fehlt. Ermächtigungsgrundlage für die Erstattungsforderung der Beklagten ist § 42a Abs. 3 S. 1 SGB II. Danach sind Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs. 5 SGB II nach erfolgter Verwertung sofort in voller Höhe fällig. Dem Kläger waren mit Bescheiden vom 7. April 2015, 6. Mai 2015, 11. Mai 2015, 19. Juni 2015 und 2. Juli 2015 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen aufgrund § 24 Abs. 5 SGB II gewährt worden. Insoweit wird auf den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 7. April 2015 Bezug genommen. Hintergrund war insoweit der Umstand, dass der Kläger mit der Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II verfügte, welches im Bewilligungsabschnitt bis August 2015 aufgrund der geregelten Vertragslaufzeit bis zum 1. Juli 2015 prognostisch einer Verwertung zugeführt werden konnte. Mit der Verwertung dieses Vermögensgegenstandes, konkret mit der Auszahlung des Kapitalvermögens aus der Kapitallebensversicherung am 9. Juli 2015, trat die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung hinsichtlich der bis dahin darlehensweise gewährten Leistungen ein. Die Beklagte konnte die Erstattung daher vom Kläger fordern.
Soweit der Kläger im vorliegenden Verfahren vorträgt, schon die darlehnsweise Bewilligung der Leistungen sei rechtsfehlerhaft gewesen, so dass das Darlehen von ihm nicht zurückgefordert werden könnte, schließt sich die Kammer dem nicht an. Zunächst sind die entsprechenden Darlehensbewilligungsbescheide der Beklagten in Bestandskraft (vgl. § 77 SGG) erwachsen, womit auch die Art der Leistungsgewährung verbindlich für die Beteiligten geregelt ist. Nach Auffassung der Kammer muss dies bei der Überprüfung des Erstattungsbescheides vom 17. August 2015 als Tatsache zugrunde gelegt werden.
Selbst wenn man dies anders sehen will, erweist sich die Gewährung der Leistungen für den Bewilligungszeitraum von März bis einschließlich August 2015 als Darlehen als rechtmäßig. Dies ergibt sich aus § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II. Danach sind Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde. Dies war beim Kläger der Fall.
Der Kläger verfügte insoweit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II über verwertbares Vermögen in Gestalt des Guthabens aus seiner Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 6. Dezember 2007, - B 14/7b AS 46/06 R ; Juris), der sich die Kammer anschließt, gilt, dass Vermögen verwertbar ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Vermögen ist nicht verwertbar, soweit sein Inhaber in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Darüber hinaus enthält der Begriff der Verwertbarkeit auch eine tatsächliche Komponente. Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie über den Marktwert hinaus belastet sind. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass der Verwertbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II eine gewisse zeitliche Komponente innewohnt. Gemäß § 41 Abs. 1 S.4 SGB II in der damals gültigen Fassung sollen die Leistungen der Grundsicherung jeweils für sechs Monate bewilligt und monatlich im Voraus erbracht werden. Es liegt daher nahe, das Kriterium der Absehbarkeit einer Vermögensverwertung auf diesen Sechs-Monats-Zeitraum zu beziehen.
All diese Voraussetzungen waren im Fall des Klägers erfüllt. Der Kläger konnte ab dem 1. Juli 2015 – und damit im laufenden Bewilligungsabschnitt – über das Guthaben aus der Kapitallebensversicherung bei der C-Versicherung frei verfügen. Da die Auszahlung als Guthaben auf das Girokonto des Klägers erfolgte, standen der Verwendung dieses Geldbetrages auch keine tatsächlichen und juristischen Hindernisse entgegen. Bei dem Guthaben aus dieser Kapitallebensversicherung handelt es sich entgegen dem Vortrag des Klägers auch nicht um geschütztes bzw. geschontes Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 und 3 SGB II. Der Betrag von über 82.000 EUR übersteigt zunächst evident die Summe aus den Grundfreibetrag des § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II und dem sogenannten Anschaffungsfreibetrag nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 SGB II. Weiter handelt es sich dabei auch nicht um ausdrücklich als Altersvorsorge gefördertes Vermögen (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II) oder um geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer unwiderruflichen vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann (§ 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II). Für Letzteres fehlt es schon an einem so genannten Verwertungsausschlusses, für Ersteres an der ausdrücklichen Förderung als Altersvorsorge nach Bundesrecht für Kapitallebensversicherungen. Auch § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II kommt im Fall des Klägers nicht zur Anwendung. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen von der Inhaberin oder den Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet Vermögensgegenstände in angemessenen Umfang, wenn die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person oder deren Partnerin oder Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Im Fall des Klägers fehlt es an einem Nachweis zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im Sinne des § 6 Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Einen entsprechenden Befreiungsbescheid hat der Kläger weder im vorliegenden Verfahren, noch im Verfahren S 16 AS 57 / 18 vorgelegt. Das vom Kläger im zuvor genannten Verfahren vorgelegte Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 25 Januar 2018 (Bl. 25 der dortigen Gerichtsakte) stellt einen solchen Befreiungsbescheid nicht dar, lässt auch nicht auf einen solchen schließen. Dort wird dem Kläger bescheinigt, dass er aufgrund des Bescheides vom 22. Oktober 1999 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit unterliege, da er regelmäßig und im Wesentlichen für mehr als einen Auftraggeber tätig sei. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2019 von einem Verfahren durch die Krankenversicherung berichtet, um das Vorliegen einer Scheinselbstständigkeit auszuschließen. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich hieraus in Verbindung mit dem oben genannten Schreiben der Deutschen Rentenversicherung und dem Umstand, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, seit 1988 befreit zu sein, dass der vom Kläger vorgetragene Bescheid vom 20. Oktober 1999 das Ergebnis eines Statusfeststellungsverfahrens darstellt, jedoch kein Befreiungsbescheid nach § 6 SGB VI.
Weitere Tatsachen, die eine Nichtberücksichtigung der Lebensversicherung als verwertbares Vermögen begründen könnten, insbesondere Umstände für eine besondere Härte Sinne des § 12 Abs. 3 S. 2 Nr. 6, 2. Alt. SGB II sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Hier greift insbesondere nicht der Umstand, dass der Kläger zur Verwertung von Vermögen verpflichtet ist, welches nach seiner Planung der Altersvorsorge dienen soll. Einmal abgesehen davon, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Verwertung bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatte und mithin auf seiner Altersvorsorge zurückgreifen kann, belastet die Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von etwas über 6.300,00 EUR das vorhandene Vermögen von über 80.000,00 EUR nur unwesentlich und führt den Kläger nicht in die Altersarmut. Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe den Zuflusszeitpunkt verkannt, verkennt der Kläger vielmehr, dass es sich bei der Auszahlung der Lebensversicherung nicht um ein Einkommenszufluss handelt, sondern lediglich um eine Veränderung bereits vorhandenen Vermögens. Auf einen Zuflusszeitpunkt kommt es damit nicht an. Entgegen der Auffassung des Klägers geht es bei Erstattungsforderung der Beklagten auch nicht um eine rückwirkende Beseitigung vorhandener Bedürftigkeit. Nach der gesetzlichen Konzeption war der Kläger schon nur bedürftig, weil er nicht sofort auf sein Vermögen zugreifen konnte. Nur dies wird nachträglich korrigiert.
Stellt sich damit die Gewährung von Leistungen für die Zeit von März bis August 2015 als Darlehen als rechtmäßig dar, gilt gleiches auch für deren Erstattungsforderung nach § 42a Abs. 3 S. 1 SGB II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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