S 18 KR 477/02

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 477/02
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die ambulante Hochfrequenz-Liposuktion zur Therapie des Lipödems stellte im März 2003 keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar. Die fehlende Aussage zur Liposuktion in den BUB-Richtlinien war nicht Folge eines Systemmangels. Insbesondere liegt kein Seltenheitsfall vor.
Bemerkung
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten ambulanter Liposuktionsbehandlungen. Die 1953 geborene und bei der Beklagten gesetzlich gegen Krankheit versicherte Klägerin leidet an einer ödematösen Hypertrophie des Fettgewebes im Bereich der Beine und der Oberschenkel. Sie unterzog sich deshalb vom 02.04.2002 bis zum 26.04.2002 einer stationären Maßnahme der Reha-bilitation in der Klinik Z, einer Fachklinik für Lymphologie und Ödemkrankheiten, mit dem Ziel der Reduktion des Ödemvolumens und des Gewichts. Der Rehabilitationsabschlussbericht vom 30.04.2002 diagnostiziert ein Lipödem beidseits. Duch die Gewichtszunahme im Bereich des Unter-körpers und der Oberschenkel sei das Selbstwertgefühl der Klägerin stark eingeschränkt. Durch die Therapie habe das Ödemvolumen der Beine um 1,3 l rechts und 1,5 l links reduziert werden können. Als weitere Therapie wurden manuelle Lymphdrainagen einmal wöchentlich sowie evtl. tägliche ap-parative Lymphdainagen mit einem Lympha-Press-Gerät daheim, das Tragen von Kompressions-strümpfen sowie Gewichtsreduktion empfohlen. Besonders unter dem Aspekt des psychischen Lei-densdruckes werde außerdem der Wunsch der Patientin unterstützt, eine Liposuktion durchzuführen, um die Lipohypertrophie im Hüftbereich zurückzuführen. Am 08.05.2002 schloss die Klägerin einen Behandlungsvertrag mit dem Krankenhaus F über die Durchführung einer ambulanten Hochfrequenz-Liposuktion zu einem Entgelt von 2.800,00 EUR. Die Klägerin überwies am 15.05.2002 die vereinbarte Summe an das Krankenhaus. Die Behandlung wur-de am 22.05.2002 vereinbarungsgemäß erbracht. Am 23.05.2002 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 20.05.2002 bei der Beklagten die Erstat-tung der für die Liposuktion aufgewandten Kosten. Um sich von der starken psychischen Belastung auf Grund der durch das Lipödem hervorgerufenen extremen Disproportion befreien zu können habe sie sich für die Behandlung angemeldet. Hinsichtlich der Begründung für den Eingriff verwies sie auf die Therapieempfehlung im Rehabilitationsabschlussbericht der Klinik Z. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Gutachterarztes des Medizinischen Dienstes der Kranken-versicherung Dr. med. M vom 29.05.2002 ein, der die Auffassung vertrat, die Liposuktion stelle keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung dar, es handele sich um einen kosmetischen Eingriff, eine funktionelle Störung liege nicht vor; psychische Störungen seien mit den Mitteln der Psychiatrie zu behandeln. Gestützt auf diese Stellungnahme lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Be-scheid vom 04.06.2002 ab. Ihren am 11.07.2002 gegen die Ablehnung eingelegten Widerspruch vom 08.07.2002 begründete die Klägerin damit, das bei ihr vorliegende Lipödem stelle mit den extremen Wassereinlagerung in den Zellen durchaus eine funktionelle Störung im Sinne einer chronischen Krankheit dar. Der Eingriff könne nach ärztlicher Meinung ihre Beschwerden physisch und psychisch lindern und zu besserer Lebensqualität führen. Zur Bekräftigung verwies sie auf ein Empfehlungsschreiben des Chefarztes der Klinik für Gefäßchirurgie am Krankenhaus F, Dr. med. F, vom 16.07.2002, wonach wegen der extre-men Fettverteilungsstörung in der Form von sog. Reithosen ein Korrektureingriff mittels Liposuktion nicht nur kosmetisch, sondern auch medizinisch-ästhetisch indiziert sei. Die daraufhin von der Beklagten herangezogenen Gutachterärzte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Dr. med. B und Dr. med. Fr bestätigten mit Stellungnahmen vom 18.07.2002 und 25.07.2002 die Auffassung, es handele sich um eine rein kosmetische Operation. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2002, der am 30.08.2002 zugestellt wurde, den Wider-spruch der Klägerin aus den Gründen des Ausgangsbescheids zurück. Hiergegen richtet sich die am 30.09.2002 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage mit dem Aktenzeichen S 18 KR 477/02. Eine Krankheit liege vor. Es bestünden funktionelle Störungen in Form von Wundreiben der Oberschenkel wegen des erheblichen Beinumfangs, eines dumpfen Schwellgefühls, Berührungs- und Druckschmerzhaftigkeit sowie extremer Kälteempfindlichkeit. Die-se Beeinträchtigungen könnten durch eine Volumenreduktion an den Beinen gelindert oder behoben werden. Die durchgeführte Therapie sei nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebolo-gie zur Behandlung des Lipödems der Beine anerkannt. Durch eine Entstauungstherapie könne nur eine Volumenreduktion von 4 bis 12 % erzielt werden, Langzeiterfahrungen lägen hierfür zudem nicht vor. Die Kostenerstattung sei entsprechend einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.1982, Az. 8 RK 23/81, ausnahmsweise auch ohne einen vor der Selbstbeschaffung der Leistung zu stellen-den Antrag geboten, weil wegen der Ablehnung eines gleichlautenden Antrags im Jahr 1999 schon vorher absehbar gewesen sei, dass die Beklagte die Leistung erneut verweigern werde. Am 03.03.2003 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 27.02.2003 die Übernahme der Kosten einer für den 26.03.2003 geplanten weiteren Liposuktionsbehandlung in Höhe von voraussichtlich 1.500,00 EUR durch die gesetzliche Krankenversicherung. Die durch Sport und eine Umstellung der Ernährung erzielte Gewichtsreduktion um 13 kg habe nicht die Gewebeansammlungen an Beinen und Po reduzieren können. In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Gutachterarztes des Medizinischen Diens-tes der Krankenversicherung Dr. med. R vom 21.03.2003 vertrat dieser die Auffassung, eine Indikati-on zur Liposuktion habe aus plastisch-chirurgischer Sicht wegen der ästhetischen Beeinträchtigung vorgelegen, dies löse jedoch keine Leistungspflicht der gesetzliche Krankenversicherung aus. Die Beklagte lehnte mit der Begründung, es habe sich um einen kosmetischen Eingriff gehandelt, auch den Antrag der Klägerin vom 27.02.2003 durch Bescheid vom 21.03.2003 ab. Die Klägerin schloss am 24.03.2003 mit dem Krankenhaus F einen Behandlungsvertrag über eine weitere Hochfrequenz-Liposuktion gegen ein Entgelt von 1.500 EUR, welches sie am 24.03.2003 an das Krankenhaus überwies. Am 26.03.2003 wurde die Behandlung durchgeführt. Gegen die Ablehnung ihres Antrag erhob die Klägerin am 22.04.2003 mit Schreiben vom 16.04.2003 Widerspruch. Der Eingriff sei nicht kosmetisch. Es handele sich gemäß Abschnitt 9 der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Therapie des Lipödems der Beine um eine anerkannte Heilbehandlungsmethode. Die typischen Krankheitsbeschwerden wie dumpfes Schwellgefühl, Berüh-rungs- und Kälteempfindlichkeit sowie Schmerzhaftigkeit könnten damit sehr gut gemindert werden. Es gebe keine gleichwertige Behandlungsalternative. Die Beklagt holte eine Stellungnahme des Gutachterarztes des Medizinischen Dienstes der Kranken-versicherung Dr. med. K vom 09.05.2003 ein. Dieser diagnostizierte eine Lipomatosis per magna und ein Lymphödem mit ausgeprägter ödematöser Lipomatose vom Reithosentyp mit Krankheitswert. Entstauende Maßnahmen wie Lymphdrainage und Lymphomat könnten die Beschwerden nur vorü-bergehend lindern, aber nicht anhaltend bessern. Nur durch eine operative Intervention seien die Er-krankung und die damit verbundenen Risikofaktoren wirksam zu behandeln. Die Beratungsärztin des ärztlichen Beratungsdienstes der Beklagten Dr. med. Kl trat der Stellungnahme des Gutachterarztes des Medizinischen Dienstes entgegen und verwies auf die früheren ablehnenden Stellungnahmen so-wie auf das Gutachten vom 05.10.1999, welches der Gutachterarzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Dr. med. Fl nach Untersuchung der Klägerin vom 23.09.1999 auf einen 1999 gestellten Antrag auf Kostenübernahme für eine Fettabsaugung und ?resektion wegen einer Lipomato-se der Oberschenkel und des Gesäßes hin angefertigt hatte. Darin wird ausgeführt, die Liposuktion sei eine Methode der kosmetischen Chirurgie und höchst umstritten, da schwerste Komplikationen auftre-ten können. Sie werde deshalb nicht als Routinestandard für die vertragsärztliche Tätigkeit empfoh-len. Bei der vorliegenden Adipositas sei die Gefahr von Sekundärkomplikationen gegeben. Der Ein-griff in den trotz Disharmonien der Körperproportionen intakten Körper mit nicht absehbaren Folgen sei nicht medizinisch notwendig. Die Beklagte wies daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2003, der am 13.06.2003 zuge-stellt wurde, auch den zweiten Widerspruch der Klägerin zurück. Nach vergleichender Bewertung der Gutachten vom 09.05.2003 und vom 05.10.1999 durch die Beratungsärztin habe für den beantragten Eingriff keine medizinische, sondern nur eine ästhetische Indikation vorgelegen. Hiergegen richtet sich die am 10.07.2003 beim Sozialgericht Dresden eingegangene Klage vom 07.07.2003 mit dem Aktenzeichen S 18 KR 271/03. Die nur zweimal wöchentlich mögliche Entstau-ungstherapie sei nicht ausreichend. Es bestehe keine Kontraindikation gegenüber dem Eingriff, insbe-sondere seien die Lymphgefäße nicht sekundär erkrankt. Die Liposuktion stelle eine in ärztlichen Leitlinien anerkannte Behandlungsmethode zur Therapie einer behandlungsbedürftigen Krankheit der Klägerin dar. Es gebe bereits Langzeitergebnisse zur Liposuktion über einen Beobachtungszeitraum von 8 Jahren. Das Gericht hat beim Gutachterarzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und Fach-arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. med. habil K eine Stellungnahme vom 28.08.2003 eingeholt. Dieser bejaht eine Indikation für den operativen Eingriff auf Grund der Monströsität des Oberschenk-kel-Umfangs mit funktionellen Problemen hinsichtlich Haut, Hygiene sowie der Beweglichkeit der und der Auswirkungen auf die Gelenke der unteren Extremitäten. Der behandelnde Facharzt für Chirurgie Dr. med. Kg hat in einem vom Gericht eingeholten Befund-bericht vom 17.10.2003 die Diagnose eines kombinierten Lip- und eines sekundäres Lymphödem beider Beine mitgeteilt. Die Liposuktion stelle neben den verordneten Kompressionsstrumpfhosen und Lymphdrainagen einen Baustein in der psychischen und physischen Behandlung dar und habe keinen kosmetischen Charakter. Das Gericht hat darüber hinaus den Oberarzt an der Klinik H Dr. med. Mt mit der Anfertigung eines internistisch-lymphangiologischen Gutachtens nach Aktenlage beauftragt. Der Sachverständige bestä-tigte an Hand der übersandten Unterlagen die Diagnose eines Lipödems mit orthostatischer Schwell-neigung. In der Regel könne eine Beschwerdelinderung durch die physikalischen Ödemtherapie er-zielt werden. Eine Indikation für einen plastisch-chirurgischen Eingriff könne darüber hinaus zum Beispiel bei Hautfalten, welche die physikalische Therapie unmöglich machen oder sich infizieren, oder bei Gelenkbehinderungen bestehen. Die für die Lipödem-Beschwerden kausalen pathophysiolo-gischen Veränderungen seien durch einen volumenreduzierenden Eingriff nicht korrigierbar. Aus den vorliegenden Unterlagen seien keine Veränderungen erkennbar, die einen plastisch-chirurgischen Eingriff notwendig machen würden. Eine Reduktion des Spannungsgefühls, der Schwellneigung und des Gewebeschmerzes werde bereits durch die ? allenfalls abgesehen von wunden Stellen durch die Kompressionsstrumpfhose ? risikofreie physikalische Therapie erreicht. Die Liposuktion diene vor allem der Volumenreduktion und sei mit dem Risiko von Blutungen, Nervenschädigungen, Infektio-nen, Thrombosen mit Embolien und der Gefahr der Verschlechterung eines evtl. Beinlymphödem, was eine Kontraindikation begründe, verbunden. Eine medizinische Indikation für den Eingriff sei im Falle der Klägerin nicht erkennbar. Das Gericht hat schließlich eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 06.05.2003 eingeholt. Dieser hat mitgeteilt, dass ein Antrag auf Prüfung der Liposuktion als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode bislang nicht eingereicht worden sei. Die Leitlinien der Deutschen Gesell-schaft für Phlebologie wiesen auf die experimentelle Natur der Behandlungsmethode hin. Das Gericht hat die Verfahren S 18 KR 477/02 und S 18 KR 271/03 in der mündlichen Verhandlung am 08.09.2005 zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 04.06.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die für die Liposuktions-behandlung am 22.05.2002 aufgewandten 2.800,00 EUR zu erstatten, den Bescheid vom 21.03.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die für die Liposuktions-behandlung am 26.03.2003 aufgewandten 1.500,00 EUR zu erstatten, hilfsweise: ein Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bei Dr. Bt, S-Str. in L, gemäß dem Antrag vom 25.05.2004 einzuholen. Die im Termin nicht vertretene Beklagte beantragt schriftsätzlich die Abweisung beider Klagen. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfah-rensakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die beigezogene Verwal-tungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in Abwesenheit der ordnungsgemäß geladenen Beklagten verhandeln und ent-scheiden, nachdem die jene auf diese Möglichkeit mit Schreiben des Gerichts vom 05.07.2005 und vom 12.07.2005 hingewiesen worden war (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Beide Klagen sind unbegründet. Sowohl der Bescheid vom 04.06.2002 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 28.08.2002 als auch der Bescheid vom 21.03.2003 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 11.06.2003 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Er-stattung der für die Liposuktion vom 22.05.2002 aufgewandten 2.800,00 EUR noch auf Erstattung der für die Liposuktion vom 26.03.2003 aufgewandten 1.500,00 EUR. Als Grundlage für die eingeklagten Erstattungsansprüche kommt vorliegend allein § 13 Abs. 3 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) ? Gesetzliche Krankenversicherung ? in Betracht. Danach sind, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Da es sich bei den durchgeführten Liposuktionen um geplante Eingriffe und keine unaufschiebbaren Leistungen handelte, die bis zur Bescheidung eines Sachleistungsantrags abzuwarten der Klägerin unzumutbar gewesen wäre, könnte sich ein Anspruch auf Erstattung allein aus § 13 Abs. 3 Alt. 2 SGB V ergeben. Dessen Voraussetzungen sind jedoch in keinem der beiden Behandlungsfälle erfüllt. 1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der für den Eingriff vom 22.05.2002 aufgewand-ten 2.800,00 EUR. Es fehlt am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnungsent-scheidung der Beklagten und der Kostenbelastung der Klägerin. Gemäß § 2 Abs. 2 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen der Gesetzlichen Krankenver-sicherung als Sach- und Dienstleistungen, soweit nicht das Gesetz etwas Abweichendes vorsieht. Außer in den gesetzlich besonders genannten Fällen darf die Krankenkasse gemäß § 13 Abs. 1 SGB V an Stelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nicht erstatten. In der Gesetzlichen Kran-kenversicherung ist es grundsätzlich unzulässig, dass der Versicherte sich die erforderliche Leis-tung zunächst auf eigene Kosten beschafft und dann den Beschaffungspreis von der Krankenkasse erstatten lässt. Vielmehr hat er in der Regel erst einen Antrag bei der Krankenkasse zu stellen und deren Entscheidung abzuwarten, bevor er sich die Leistung auf eigene Kosten selbst beschafft. Einer Erstattung der aufgewandten Behandlungskosten steht entgegen, dass die Klägerin die Kos-ten des Eingriffs nicht wegen einer rechtswidrigen Ablehnung der Beklagten tragen musste. § 13 Abs. 3 SGB V setzt, wie sich aus dem Wort "dadurch" ergibt, einen Kausalzusammenhang zwi-schen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (1. Alternative: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; 2. Alternative: rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicher-ten in Gestalt der Kostenlast voraus. Ohne Kausalzusammenhang zum haftungsbegründenden Um-stand ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz nicht erfüllt. Die Klägerin hatte den Behandlungsvertrag bereits vor der Entscheidung der Beklag-ten geschlossen gehabt. Die Ablehnung des Kostenübernahmeantrags durch den angefochtenen Ablehnungsbescheid vom 04.06.2002 konnte deshalb für die Belastung der Klägerin mit den Kos-ten nicht mehr kausal werden. Dass die Klägerin auf Grund der Ablehnung ihres früheren Leistungsantrags aus dem Jahr 1999 mit einer erneuten Ablehnung rechnete, hat dabei unberücksichtigt zu bleiben. Aus dem von der Klägerin für ihre Auffassung in Anspruch genommenen Urteil des Bundessozialgerichts vom 14.12.1982, Az. 8 RK 23/81, folgt nichts Gegenteiliges. Die Entscheidung ist durch die neuere Rechtsprechung überholt. Das Bundessozialgericht hat klargestellt, dass ein auf die unrechtmäßige Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch regelmäßig ausscheidet, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Ver-fügung gestellt werden konnte. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre, oder wenn sie noch keine Entscheidung darüber getroffen hat, obwohl ein Abwarten dem Versicherten zumutbar war. § 13 Abs. 3 SGB V will dem Versicherten einerseits die Möglichkeit eröffnen, sich eine von der Krankenkasse geschuldete, aber als Sachleis-tung nicht erhältliche Behandlung selbst zu beschaffen, andererseits jedoch die Befolgung des Sachleistungsgrundsatzes dadurch absichern, dass eine Kostenerstattung nur erfolgt, wenn tatsäch-lich eine Versorgungslücke festgestellt wird. Diese Feststellung zu treffen, ist nicht Sache des Ver-sicherten, sondern der Krankenkasse. Nur sie hat in der Regel einen vollständigen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und die vorhandenen Versorgungsstrukturen und kann mit Hilfe dieser Informationen zuverlässig beurteilen, ob die begehrte Behandlung überhaupt zu den Leistungen der Krankenversicherung gehört und, wenn ja, wie sie in dem bestehenden Versor-gungssystem realisiert werden kann. Eine vorherige Prüfung durch die Kasse, verbunden mit der Möglichkeit einer Beratung des Versicherten, ist somit sachgerecht; sie liegt auch im eigenen Inte-resse des Versicherten, weil sie ihn von dem Risiko entlastet, die Behandlungskosten gegebenen-falls selbst tragen zu müssen, wenn ein zur Erstattungspflicht führender Ausnahmetatbestand nicht vorliegt. Es ist deshalb nicht nur eine Formalie, wenn eine Kostenerstattung in der Art eines zwin-genden Verfahrenserfordernisses davon abhängig gemacht wird, dass die Krankenkasse zuvor Ge-legenheit hatte, über die Berechtigung der außervertraglichen Behandlung zu befinden. Dass der Versicherte mit einer erneuten Ablehnung rechnen musste, hat außer Betracht zu bleiben. Da un-klar ist und sich kaum abstrakt festlegen lässt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Versicherte von einer als sicher zu erwartenden Ablehnung der Krankenkasse ausgehen darf, wür-den sich in zahlreichen Fällen schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben, durch welche die Wah-rung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen Sachleistung und Kostenerstattung gefährdet würde (Bundessozialgericht, Urteil vom 20.05.2003, Az. B 1 KR 9/03 R). 2. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der für den Eingriff vom 26.03.2003 aufge-wandten 1.500,00 EUR, weil die Ablehnung des Antrags der Klägerin nicht rechtswidrig war. Die Klägerin hatte keinen Primäranspruch auf die Liposuktion als Leistung der gesetzlichen Kranken-versicherung, weil die Behandlung gemäß § 135 SGB V in Verbindung mit den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung hätte gewährt werden dürfen. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf ärztliche Be-handlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimme-rung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V haben Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Er-kenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Eine Kostenerstattung ist vorliegend ausgeschlossen, weil Qualität und Wirksamkeit der Behand-lung im Zeitpunkt des Eingriffs nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Er-kenntnis entsprach. Die Feststellung, dass eine ambulante vertragsärztliche Behandlung dem ge-forderten Versorgungsstandard entspricht, obliegt nach dem Gesetz nicht der einzelnen Kranken-kasse und ? von dem Sonderfall eines "Systemversagens" abgesehen ? auch nicht den Gerichten, sondern dem Gemeinsamen Bundesausschuss, bis zum 31.12.2003 dem Bundesausschuss der Ärz-te und Krankenkassen. Gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Be-handlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abge-rechnet werden, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hat über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nut-zens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung sowie über die not-wendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maß-nahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der Methoden zu sichern. Da-durch wird der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen verbindlich festgelegt. a) Die Liposuktion zur Therapie des Lipödems war zum Zeitpunkt des Eingriffs eine neue Be-handlungsmethode im Sinne von § 135 SGB V. Sie war und ist nicht Bestandteil des vertrags-ärztlichen Leistungsspektrums. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leis-tungen (EBM) war sie nicht aufgeführt. Eine positive Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen für die Liposuktion zur Therapie des Lipödems lag zum Zeitpunkt der Behandlung nicht vor. Die Erwähnung der Liposuktion in Abschnitt 9 der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Therapie des Lipödems der Beine (AWMF Reg.-Nr. 37/012) in der im Behandlungszeitpunkt noch aktuellen Fassung vom 15.04.1999 kann den fehlenden Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 SGB V nicht ersetzen. Mangels Empfehlung in den BUB-Richtlinien durfte die von der Klägerin selbst beschaffte Be-handlung von den Krankenkassen nicht als Dienstleistung gewährt werden. Daran scheitert auch ein Kostenerstattungsanspruch. Gegenüber der fehlenden Entscheidung des Bundesausschusses über den Nutzen sowie die me-dizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ist auch der Einwand unerheblich, die Metho-de sei gleichwohl zweckmäßig und im konkreten Fall notwendig gewesen. Es kommt nicht dar-auf an, ob der Bundesausschuss die in Rede stehende Methode bereits geprüft und abgelehnt hat oder über die Anerkennung bisher nicht entschieden worden ist. Das Gesetz schließt eine Abrechnung zu Lasten der Krankenkasse nicht nur bei ablehnenden Entscheidungen des Bun-desausschusses, sondern auch für den Fall des Fehlens einer solchen Entscheidung aus, denn es soll sichergestellt werden, dass neue Behandlungsmethoden erst nach ausreichender Prüfung in dem dafür vorgesehenem Verfahren in der gesetzlichen Krankenversicherung eingesetzt wer-den. Bei den Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V handelt es sich um untergesetzliche Normen, die in Ver-bindung mit § 135 SGB V verbindlich festlegen, welche neuen Untersuchungs- und Behand-lungsmethoden Bestandteil des vertragsärztlichen Leistungsspektrums sind. § 135 SGB V be-zweckt die Sicherung der Qualität der Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversi-cherung; es soll gewährleistet werden, dass neue medizinische Verfahren nicht ohne Prüfung ihres diagnostischen bzw. therapeutischen Nutzens und etwaiger gesundheitlicher Risiken in der vertragsärztlichen Versorgung angewandt werden. Das ist zum Schutz der Versichertenge-meinschaft vor unwirtschaftlicher Behandlung ebenso wichtig wie zum Schutz der Versicherten vor unerprobten Methoden einschließlich deren Nebenwirkungen. Die Regelung ist in der Art eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt gefasst. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind deshalb solange von der Abrechnung zu Lasten der Krankenkassen ausgeschlossen, bis der Bundesausschuss sie als zweckmäßig anerkannt hat. Dieser Leistungsausschluss gilt auch im Verhältnis zum Versicherten. Zwar legt § 135 SGB V in erster Linie für die an der vertragsärzt-lichen Versorgung teilnehmenden Ärzte fest, unter welchen Voraussetzungen neue Untersu-chungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht und ab-gerechnet werden dürften. Trotzdem wird durch § 135 SGB V ebenso wie durch andere ver-tragsärztliche Vorschriften, die bestimmte Behandlungen von der vertragsärztlichen Versor-gung ausschließen würden, oder ihre Anwendung an besondere Bedingungen knüpfen, zugleich der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten Leistungen festgelegt. Darf der Arzt eine Behandlungsmethode nicht als Vertragsleistung abrechnen, weil sie nach den Richtlinien ausgeschlossen oder nicht empfohlen ist, gehört sie auch nicht zur Behandlung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Ein Vorrang des Leistungsrechts in dem Sinne, dass der Versicherte sich eine nach den Vorschriften des Vertragsarztrechts ausgeschlossene Be-handlung unter Berufung auf deren Zweckmäßigkeit dennoch auf Kosten der Krankenkasse be-schaffen könnte, lässt sich auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V herleiten. Die dortige Regelung schafft lediglich die rechtliche Grundlage dafür, dass der Versicherte ausnahmsweise eine ärzt-liche Behandlung auf Kosterstattungsbasis in Anspruch nehmen kann, wenn die Krankenkasse wegen eines Versagens des Beschaffungssystems nicht in der Lage ist, eine notwendige Be-handlung als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Die Bindung an die im Vierten Kapitel des SGB V festgelegten Modalitäten und Grenzen der Krankenbehandlung auch in den Anwen-dungsfällen dieser Vorschrift bleibt erhalten. Eine Erweiterung der Leistungspflicht der Krankenkassen auf gemäß § 135 SGB V ausge-schlossene Behandlungsmaßnahmen lässt das Gesetz selbst bei schweren und vorhersehbar töd-lich verlaufenden Krankheiten nicht zu. Das Gesetz verbietet es, die Erprobung neuer Metho-den und die medizinische Forschung zu den Versicherungsleistungen der gesetzlichen Kran-kenversicherung zu zählen (Bundessozialgericht, Urteil vom 16.09.1997, Az. 1 RK 28/95). Die Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist damit nicht mit dem Vorbringen be-gründbar, dass zu dem gegebenen Zeitpunkt eine andere Methode nicht zur Verfügung gestan-den habe. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, den Leistungsumfang der Krankenversicherung auf solche Fälle zu erstrecken, lässt sich auch verfassungsrechtlich nicht begründen. Aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) kann kein Anspruch auf Bereithaltung spezieller Ge-sundheitsleistungen hergeleitet werden. Die Bestimmung begründet zwar eine objektivrechtli-che Pflicht des Staates, sich schützend und fördernd vor das Rechtsgut Leben bzw. körperliche Unversehrtheit zu stellen. Der mit einer solchen Schutzpflicht verbundene grundrechtliche An-spruch ist jedoch im Hinblick auf die den zuständigen Stellen einzuräumende weite Gestal-tungsfreiheit bei der Erfüllung der Schutzpflichten nur darauf gerichtet, dass die öffentliche Gewalt Vorkehrungen zum Schutz des Grundrechts trifft, die nicht völlig ungeeignet oder völ-lig unzulänglich sind. Dies ist im Sozialgesetzbuch mit der Bereitstellung von Leistungen, die dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen, geschehen. Soweit der Versi-cherte auch die Bereitstellung von nicht ausreichend erprobten Methoden begehrt, steht dem das öffentliche Interesse am Schutz des Versicherten vor unbekannten Nebenwirkungen sowie am Erhalt der finanziellen Stabilität der Krankenversicherung entgegen. Das in § 12 Abs. 1 SGB V enthaltene Wirtschaftlichkeitsgebot markiert die finanziellen Grenzen, die der Leis-tungspflicht der Krankenversicherung von der Belastbarkeit der Beitragszahler und der Leis-tungsfähigkeit der Volkswirtschaft gezogen werden. Dies gilt sogar für Krankheiten mit tödli-chem Verlauf, für die keine dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung existiert (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 05.03.1997, Az. 1 BvR 1071/95, und vom 15.12.1997, Az. 1 BvR 1953/97, zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Behandlung von Krebserkrankungen). b) Die Rechtswidrigkeit der Ablehnung lässt sich auch nicht mit einem Versagen des gesetzlichen Leistungssystems begründen. Die zum Zeitpunkt der Behandlungen fehlende Aussage zur Lipo-suktion in den BUB-Richtlinien ist nicht Folge eines Systemmangels. Ein Kostenerstattungsanspruch kann ausnahmsweise dann gegeben sein, wenn die fehlende An-erkennung der neuen Methode auf einem Mangel des gesetzlichen Leistungssystems beruht. Das präventive Verbot in § 135 SGB V dient allein dem Zweck der Qualitätssicherung; nur so-weit es dieser Zweck erfordert, ist der Ausschluss ungeprüfter und nicht anerkannter Methoden aus der vertragsärztlichen Versorgung gerechtfertigt. Soweit sie sich als zweckmäßig und wirt-schaftlich erweisen, dürfen sie dem Versicherten nicht vorenthalten werden. Dem muss das Verfahren vor dem Ausschuss gerecht werden. Es muss gewährleisten, dass bei Vorlage der für die Beurteilung der Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit benötigten Unterla-gen in vertretbarer Zeit eine Entscheidung über die Anerkennung der neuen Methode erreicht werden kann. Würde die Einleitung oder die Durchführung des Verfahrens willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen blockiert oder verzögert und kann deshalb eine für die Behandlung benötigte Therapie nicht eingesetzt werden, widerspräche dies dem Auftrag des Gesetzes. Eine sich daraus ergebende Versorgungslücke kann zugunsten des Versicherten mit Hilfe des § 13 Abs. 3 SGB V geschlossen werden. Wird ein Versäumnis des Bundesausschusses oder der nach § 135 Abs. 1 SGB V antragsberechtigten Stellen festgestellt, obliegt ersatzweise dem Gericht die Prüfung, ob die Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Dieses hat dann selbst zu prüfen, ob die Wirksamkeit der neuen Unter-suchungs- oder Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen auf Grund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt ist; nur ausnahmsweise, wenn ein Wirksamkeitsnachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Er-krankung oder wegen unzureichender wissenschaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwie-rigkeiten stößt, darf darauf abgestellt werden, ob sich die in Anspruch genommene Therapie in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 28.03.2000, Az. B 1 KR 1/98 R). Nach der vom Gericht eingeholten Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 06.05.2003 war zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung kein Antrag auf Prüfung der Liposuktion als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode zur Therapie des Lipödems eingereicht. Die unterlassene Antragstellung beruhte nicht auf einem Versäumnis des Bundes-ausschusses oder der nach § 135 Abs. 1 SGB V antragsberechtigten Stellen. Eine Befassung des Bundesausschusses mit der Behandlungsmethode und eine abschließende Empfehlung zu deren Wirksamkeit waren bis zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Be-handlung noch nicht geboten. Denn dies hätte zumindest vorausgesetzt, dass sich bereits zu ei-nem Zeitpunkt, in dem eine abschließende Prüfung durch den Bundesausschuss bis zum streit-gegenständlichen Behandlungstermin noch möglich und geboten gewesen wäre, den antragsbe-rechtigten Stellen bereits hätte aufdrängen müssen, dass die Behandlungsmethode in der Praxis bereits so verbreitet und Gegenstand systematischer Erforschung gewesen ist, dass ausreichen-de wissenschaftlich einwandfrei erzielte Forschungsergebnisse oder ? falls ein Wirksamkeits-nachweis wegen der Art oder des Verlaufs der Erkrankung oder wegen unzureichender wissen-schaftlicher Erkenntnisse auf erhebliche Schwierigkeiten stößt ? ausreichende Hinweise auf die Durchsetzung der Methode in der Praxis vorliegen, die dem Bundesausschuss eine Beurteilung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit ? auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Kranken-kassen erbrachten Methoden ?, der notwendigen Qualifikation der Ärzte, der apparativen An-forderungen sowie der Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung und die erforder-lichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung ermöglichen. Dies war nicht der Fall. Die vom Bevollmächtigten der Klägerin vorgelegten und vom Gericht eingeholten Unterlagen und Auskünfte bestätigen eindrücklich, dass die antragsberechtigten Stellen und der Gemeinsame Bundesausschuss im Zeitpunkt der Behandlung nicht von der Be-urteilungsreife der Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgehen mussten. Vielmehr war aus der Sicht des Bundesausschusses und der antragsberechtigten Stel-len davon auszugehen, dass sich die Methode noch im Stadium der Erprobung und Forschung befindet und kein Konsens über Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Li-posuktion zur Behandlung des Lipödems besteht. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Therapie des Lipödems der Bei-ne in der im Behandlungszeitpunkt noch einschlägigen Fassung vom 15.04.1999 wiesen unter Abschnitt 9 ausdrücklich darauf hin, Langzeitergebnisse der Methode müssten abgewartet wer-den. Die überarbeiteten Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Behandlung des Lipödems der Beine in der Fassung vom 27.05.2004 ändern nichts an dieser Einschätzung. Die Überarbeitung datiert später als die streitgegenständlichen Eingriffe und ist für die Beurteilung des damaligen Kenntnisstandes unerheblich. Die Leitlinien lassen zudem auch in der überarbei-teten Fassung ausdrücklich offen, ob die frühzeitige Fettreduzierung einer Progredienz der Er-krankung entgegenwirken könne. Es wird festgestellt, dass Vergleichstudien zur konservativen und operativen Therapie fehlen. Gerade solche sind jedoch für die nach § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V gebotenen Beurteilung der medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der neuen Methode im Vergleich mit bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Metho-den unabdingbar. Zum Behandlungszeitpunkt lag eine Veröffentlichung vor, in der insgesamt 19 Behandlungsfälle in wissenschaftlicher Weise über einen Nachbeobachtungszeitraum von einem bis zu acht Jahren statistisch ausgewertet wurden. Es handelt sich bei dieser Veröffentlichung um ein Pos-ter der Dres. med. Rapprich, Löhnert und Hagedorn, den jene auf dem 20. Weltkongress für Dermatologie in Paris vom 01. bis 05.07.2002 vorgestellt hatten. In der Fachpresse wurde ein Abstract des Posters ohne die Tabelle mit der Auswertung der Behandlungsfälle und ohne Bild-teil in einem Supplementband der Annales de Dermatologie et de Vénéréologie, Bd. 129 (2002) S. 1S711, im Rahmen eines Tagungsberichts veröffentlicht. In den Medizinischen Datenbanken MedLine (www.dimdi.de/de/db) und PubMed (www.ncbi.nlm.nih.gov/entrez/query.fcgi) ist der Artikel nicht registriert. Soweit in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und in den von der Klägerseite vorgelegten Unterlagen über Langzeiterfahrungen mit der Be-handlungsmethode berichtet wird, nehmen diese Äußerungen auf diese Veröffentlichung Be-zug. Aus dem Volltext der Veröffentlichung geht hervor, dass der Nachbeobachtungszeitraum von acht Jahren nur für einen der Patienten gilt, bei dem sich zudem bei einem späteren Eingriff 1996 an einem bereits 1992 und 1993 vorbehandelten Bereich Komplikationen einstellten; der Nachbeobachtungszeitraum des übrigen Patientenkollektivs lag im Zeitpunkt der Auswertung deutlich darunter. Die vorgelegten Veröffentlichungen der Dres. med. Schmeller und Vollrath ? die erst nach dem streitgegenständlichen Eingriff datieren ? enthalten über Einzelfallstudien hinaus keine belast-baren statistischen Aussagen zu den der Beurteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses un-terliegenden Fragen. Sie unterstreichen vielmehr den experimentellen Charakter der Behand-lungsmethode. So wird diese in einem Informationsblatt der Hanseklinik Lübeck als "die Zu-kunft" bezeichnet; bislang lägen "erste Langzeitbeobachtungen" bzw. "erste Ergebnisse aus der eigenen Klinik" vor. In dem Artikel in Phlebologie 2004, S. 23/35 ff., mit einer Fallstudie zu 3 von insgesamt 11 im Zeitraum Oktober 2002 bis Oktober 2003 an der Hanseklinik Lübeck be-handelten Patienten wird darauf hingewiesen, dass die Apparatur für die Vibrationsliposuktion "relativ teuer und die Methode in Deutschland noch nicht weit verbreitet" sei. Der Artikel in LymphForsch 8 (1) 2004, S. 22 ff., der nunmehr im Rahmen einer Fallstudie die Behandlung von inzwischen 16 bis zum Monat April 2004 an der Hanseklinik Lübeck behandelten Patienten auswertet, betont, dass eine operative Behandlung erst seit wenigen Jahren möglich sei und ers-te Publikationen über gute Ergebnisse beim Lipödem vorlägen. Eine weitere Veröffentlichung in Vasomed 16 (2004), Heft 3, gibt den Stand mit den Worten wieder, dass es trotz der bisher noch geringen Fallzahlen weltweit heutzutage schon gerechtfertigt erscheine, die Liposuktion beim Lipödem als Therapie der Zukunft anzusehen. In einem erst kürzlich veröffentlichten Auf-satz im Deutschen Ärzteblatt Bd. 102 (2005), S. A1061, wird betont, dass erst mit der Einfüh-rung der Tumeszenz-Lokalanästhesie und stumpfer Mikrokanülen in Vibrationstechnik das frü-her beschriebene Risiko der Lymphgefäßschädigung nicht beobachtet werden konnte. Bei die-ser Betäubungs- und Operationstechnik handelt es sich seinerseits um eine Methode, die erst seit wenigen Jahren in der plastischen Chirurgie Verbreitung findet. Nicht zuletzt deshalb wird ihr Einsatz zur Behandlung des Lipödems bei einem begleitenden Lymphödem wegen des schwer zu beurteilenden Einflusses auf die Lymphgefäße im Operationsgebiet nach wie vor kontrovers diskutiert (vgl. hierzu das zum bevorstehenden 29. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Lymphologie in Lübeck für den 01.10.2005 angesetzte Streitgespräch zur ope-rativen Therapie beim Lipödem). Diese Umstände bestätigen nachdrücklich, dass sich weder dem Bundesausschuss noch den an-tragsberechtigten Stellen im Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin aufdrängen musste, es läge eine valide Datenlage zur Evaluierung der Wirksamkeit und des Anwendungsstandes in der kli-nischen Praxis vor, die einer Beurteilung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V zugänglich ist. c) Ein Systemversagen kann entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 26.06.2004, Az. S 30/25 KR 2369/02, auch nicht damit begründet werden, bei der Erkrankung der Klägerin handele es sich um ein seltenes Leiden, weshalb eine Befassung des Bundesaus-schusses entbehrlich sei. Entscheidend ist insoweit nicht geringe zahlenmäßige Häufigkeit der Erkrankung, sondern die Frage, ob angesichts ihrer geringen Prävalenz von vornherein eine Einbeziehung der Behandlungsmethode in den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenver-sicherung im Verfahren nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausscheidet, weil der Wirksamkeits-nachweis schlechthin nicht geführt werden kann, so dass insoweit von einem strukturellen Ver-sagen des gesetzlichen Leistungssystems ausgegangen werden muss (vgl. dazu Bundessozialge-richt, Urteil vom 19.10.2004, Az. B 1 KR 27/02 R, zum Anspruch auf Versorgung mit im In-land nicht zugelassenen Arzneimitteln zur Behandlung extrem seltener Erkrankungen). Ein sol-cher Fall ist nicht gegeben. Die genannten Publikationen beweisen vielmehr anschaulich, dass die streitgegenständliche Behandlungsmethode zur Therapie der Erkrankung der Klägerin einer systematischen wissenschaftlichen Erforschung und Erprobung durchaus zugänglich ist, jene nur im Behandlungszeitraum noch nicht das Stadium erreicht hatten, in dem eine abschließende Beurteilung der Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss zwingend geboten gewe-sen wäre. 3. Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht nach-zugehen. Die zur Begutachtung gestellten Frage der medizinischen Indikation der Behandlung in Abgrenzung zu kosmetischen Eingriffen ist letztlich ebenso wenig entscheidungserheblich wie die Frage, ob der medizinische Nachweis der Wirksamkeit der Behandlungsmethode zum Behand-lungszeitpunkt tatsächlich bereits hätte erbracht werden können. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass ? selbst wenn dieser Nachweis hätte erbracht werden können ? keine Umstände vorlagen, die ein Tätigwerden des Gemeinsamen Bundesausschusses einschließlich eines abschließenden Be-schlusses nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V vor der Entstehung der Kostenlast für die Behandlung geboten hätten. Diese ? rechtliche ? Tatsachenwürdigung ist keiner Beurteilung durch ein ärztliches Sachverständigengutachten zugänglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 Satz 1 und § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Rechtskraft
Aus
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