S 6 AL 763/04 ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AL 763/04 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Ausbildung zum Staatlich geprüften Medizintechniker kann ein berufsqualifizierender Studiengang im Sinne des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III sein. Eine Zulassung entsprechender Maßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit ist daher ausgeschlossen.
I. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Förderung seiner Ausbildung zum Medizintechniker durch die Antragsgegnerin.

Der am ...geborene Antragsteller (Ast.) ist von Beruf Instandhaltungsmechaniker und hat in den letzten Jahren seiner beruflichen Tätigkeit als Bauleiter gearbeitet.

Seit August 2001 steht er bei der Antragsgegnerin (Agg.) im Bezug von zunächst Arbeitslosengeld und im Anschluß daran von Arbeitslosenhilfe.

Am 02.07.2002 beantragte er bei der Agg. die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für Leistungsempfänger betreffend des Maßnahmezieles "Staatlich geprüfter Medizintechniker" beim Maßnahmeträger Berufliches Schulzentrum D. in selbiger Stadt.

Am 01.08.2002 begann der Ast. die Ausbildung die voraussichtlich bis zum 09.07.2004 andauern wird. Ausbildungsschwerpunkte sind nach dem Informationsblatt des Bildungsträgers (Bl. 44 der Akte S 6 AL 243/04) Natur- und Technikwissenschaften, medizinisches Basiswissen/Medizintechnik, Elektrotechnik/Elektronik/Datenverarbeitung, Chemie/Werk-stofftechnik, Meß- Steuerungs- und Regelungstechnik.

Im zweiten Halbjahr 2002 beantragte der Ast. weiterhin beim Sächsischen Landesamt für Ausbildungsförderung in Chemnitz Leistungen, woraufhin ihm mit Bescheid über Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung aufgrund des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) vom 30.11.2002 in Fassung des Bescheides vom 31.08.2003 für den Bewilligungszeitraum 08.2002 - 07.2004 ein Förderungsbetrag in Höhe von 230 Euro als Zuschuß (Unterhaltsfreibetrag) und in Höhe von 384 Euro als Darlehen (Unterhaltsfreibetrag) und ab 07.2003 dann ein Förderungsbetrag in Höhe von 230 Euro als Zuschuß (Unterhaltsfreibetrag) und in Höhe von 563 Euro als Darlehen (Unterhaltsfreibetrag) bewilligt wurde.

Mit Bescheid vom 04.10.2002 in Fassung des Änderungsbescheides vom 24.10.2002 lehnte die Agg. den Förderungsantrag vom 02.07.2002 im wesentlichen mit der Begründung ab, daß die Förderung der Weiterbildung in dem von Ast. angestrebten Zielberuf arbeitsmarktlich nicht zweckmäßig sei. Im übrigen könne nach § 87 Abs. 2 Nr. 1 SGB III ein Studiengang an Hochschulen und ähnlichen Bildungsstätten vom Arbeitsamt nicht gefördert werden.

Dagegen legte der Ast. am 24.10.2002 Widerspruch ein, welchen die Agg. mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2003 als unbegründet zurückwies.

Dagegen hat der Ast. am 20.02.2003 Klage erhoben, die bei Gericht unter dem Aktenzeichen S 6 AL 243/03 geführt wird.

Mit Schreiben vom 11.02.2004 (Eingang 17.02.2004) und Konkretisierung mit Schreiben vom 10.04.2004 (Eingang 13.04.2004) stellte der Ast. einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem er sein Ziel der Förderung der Ausbildung zum Medizintechniker weiterverfolgt.

Der Ast. ist im wesentlichen der Ansicht, daß er im Anschluß an die Ausbildung in angemessener Zeit eine Beschäftigung finden werde. Im übrigen handele es sich um eine Fachschulausbildung und keinen Studiengang.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung unter Aufhebung des Bescheides vom 04.10.2002 in Fassung des Änderungsbescheides vom 24.10.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2003 verpflichtet, die Ausbildung des Antragstellers zum Staatlich geprüften Medizintechniker zu fördern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie ist im wesentlichen der Ansicht, daß die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind, und verweist auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten unter der Stammnr ... sowie die Verfahrensakte S 6 AL 243/03 beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Leistungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin die Ausbildung des Antragstellers zum Staatlich geprüften Medizintechniker zu fördern, ist als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG statthaft, aber unbegründet. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, warum es einer gerichtlichen Eilentscheidung bedarf.

Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der eine Verpflichtung der in Anspruch genommenen Behörde oder eine Leistung begehrt wird, setzt das Bestehen eines durch die Anordnung zu schützenden Rechts (Anordnungsanspruch) und einen Anordnungsgrund voraus. Beides konnte der Ast. nicht glaubhaft machen können.

1. Vorliegend konnte der Ast. nicht glaubhaft machen, einen Anspruch auf die Förderung seiner Ausbildung zum Staatlich geprüften Medizintechniker ab dem 17.02.2004 (Eingang des Eilantragbegehrens) zu haben.

Denn entgegen der Auffassung des Ast. widerspricht die Ausbildung zum Staatlich geprüften Medizintechniker – nach der hier verfahrensbedingt notwendigerweise nur summarischen Prüfung – den in § 85 SGB III niedergelegten Anforderungen für zu fördernde Maßnahmen. Absatz 4 der zitierten Vorschrift bestimmt, daß Maßnahmen von der Zulassung ausgeschlossen sind, wenn überwiegend 1. Wissen vermittelt wird, das dem von allgemein bildenden Schulen angestrebten Bildungsziel oder den berufsqualifizierenden Studiengängen an Hochschulen oder ähnlichen Bildungsstätten entspricht oder 2. nicht berufsbezogene Inhalte vermittelt werden. Vorliegend muß nach summarischer Prüfung davon ausgegangen werden, daß die Ausbildung an der Fachschule in D. zum Staatlich geprüften Medizintechniker einem berufsqualifizierenden Studiengang im Sinne des § 85 Abs. 4 Nr. 1 SGB III entspricht und daher eine Förderung durch die Agg. ausgeschlossen ist. Dafür streiten zum einen die Ausbildungsschwerpunkte wie Natur- und Technikwissenschaften, medizinisches Basiswissen/Medizintechnik, Elektrotechnik/Elektronik/Da-tenverarbeitung, Chemie/Werkstofftechnik, Meß-, Steuerungs- und Regelungstechnik (vgl. das Informationsblatt des Bildungsträgers, Bl. 44 der Akte S 6 AL 243/04), die eher für eine generalisierende Ausbildung mit einem hohen wissenschaftlich-theoretischen Anteil der Ausbildung sprechen. Dies deckt sich mit § 86 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus und des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft über die Fachschule im Freistaat Sachsen (Schulordnung Fachschule FSO) vom 20.08.2003, der bestimmt, daß es Ziel der Ausbildung (an der Fachschule für Technik) ist, Fachkräfte für technisch-naturwissenschaftliche, landwirtschaftliche und hauswirtschaftliche Tätigkeiten zu befähigen sowie für Führungsaufgaben in der Regel auf mittlerer Ebene unter Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Gesichtspunkte zu qualifizieren. Sie sollen in der Lage sein, mit Vorgesetzten und nachgeordneten Mitarbeitern zusammenzuarbeiten, selbständig Probleme des Berufsbereiches zu erkennen, zu analysieren, zu strukturieren, zu beurteilen und Entscheidungsvorgaben in wechselnden Situationen eigenständig zu realisieren. Auch diese Punkte sprechen eher für einen berufqualifizierenden Studiengang als für eine Ausbildung im arbeitsförderungsrechtlichen Sinn. Es ist Ziel der Ausbildung Arbeitnehmer für eine mittlere Betriebshierarchie heranzubilden, die auch für Fachhochschulen nicht untypisch ist. Hier geht es ebenso wie dort, in erster Linie um die Ausbildung in interdisziplinären und fachgebietsübergreifenden Strukturen, die den Ast. u.a. befähigen sollen, auch als Ausbilder oder Technischer Lehrer an beruflichen Schulen tätig zu werden. Damit erfaßt die Ausbildung wesentliche Elemente, Erkenntnisbereiche und Zusammenhänge, die nach summarischer Prüfung berufqualifizierenden Studiengangscharakter haben.

2. Im übrigen konnte der Antragsteller auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Ein solcher liegt vor, wenn dem Antragsteller wesentliche, insbesondere irreversible Nachteile drohen, die für ihn ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache unzumutbar machen und zur Verhinderung dieser Nachteile die Regelung durch Anordnung nötig erscheint (BVerfG SGb 1978, S. 340 ff., S. 342 f.). Hierzu ist anzuführen, daß zum einen der Ast. die Ausbildung antreten konnte und auch beenden kann, ohne von einer Handlung der Agg. unmittelbar abhängig zu sein. Zum anderen erhält er derzeit auch eine Aufstiegsfortbildungsförderung aufgrund des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes (AFBG) für die Ausbildung zum Staatlich geprüften Medizintechniker in Höhe von monatlich 230 Euro als Zuschuß (Unterhaltsfreibetrag) und in Höhe von 563 Euro als Darlehen (Unterhaltsfreibetrag), so daß im Zeitpunkt der Entscheidung kein Bedürfnis für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung bestand.

3. Nach alledem mußte dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der Erfolg versagt bleiben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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