S 8 RA 974/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RA 974/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei einem Institut des Kraftverkehrs handelt es sich nicht um ein Forschungsinstitut im Sinne des § 1 Abs. 2 ZAVtlVDBest 2.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zeit vom 01. Januar 1981 bis 30. Juni 1990 als Zeit ihrer Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen In-telligenz.

Der Klägerin wurde von der Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List" D. am 27. Okto-ber 1978 der akademische Grad Diplomingenieur verliehen. Die Klägerin war in der streitigen Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im VEB Wissenschaftlich-Technisches Zentrum des Kraftverkehrs D. (nachfolgend VEB WTZK) beschäftigt. Der Betrieb war der Wirtschafts-gruppe 62280 zugeordnet, von der in der DDR Ingenieurbüros für Rationalisierung erfasst wurden.

Am 25. Januar 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung der Zeit vom 01. September 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssys-tem der technischen Intelligenz.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2002 lehnte die Beklagte die begehrte Feststellung ab. Eine Ver-sorgung im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Ver-sorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versor-gungsberechtigten zuzuordnen wäre. Das AAÜG sei nicht anwendbar.

Die Klägerin legte am 18. Juni 2002 (Eingang bei der Beklagten) gegen diesen Bescheid Wi-derspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2003 zurückwies. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin im Juni 1990 bei einem Arbeitgeber be-schäftigt war, der nach den Regeln der Versorgungssysteme nicht einbezogen gewesen sei. Es habe sich bei dem Verkehrsbetrieb VEB WTZK nicht um einen volkseigenen Produktionsbe-trieb oder diesem gleichgestellten Betrieb gehandelt.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. Mai 2003 (Eingang) vor dem Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem VEB WTZK um einen gleichge-stellten Betrieb gehandelt habe. Der VEB WTZK sei den Instituten des übrigen Verkehrswe-sens wie Eisenbahn und Schifffahrt gleichgestellt gewesen. Jedenfalls gehe aus der Aufgaben-struktur des VEB WTZK hervor, dass es sich um einen Forschungsbetrieb gehandelt habe, zu dessen Hauptaufgaben hauptsächlich anwendungsbezogene Forschungsaufgaben gehört hät-ten, wie die Entwicklung von technologischen Lösungen zur Rationalisierung des Güter- und Personenverkehrs für den Kraftverkehr im städtischen Nahverkehr und zur Rationalisierung der Instandhaltung von Personenkraftwagen, Nutzfahrzeugen und Straßenbahnen, Lösung von Problemen zur rationellen Energieaufwendung von Fragen des Umweltschutzes, Analysierung des Standards von Wissenschaft und Technik im internationalen Maßstab usw. Der VEB WTZK sei nicht allein eine zweck- und betriebsbezogene Forschungseinrichtung der volksei-genen Betriebe und Kombinate gewesen, sondern auch mit Forschungs- und Entwicklungs-aufgaben des Ministeriums für Verkehrswesen betraut worden. Schließlich sei zu berücksich-tigen, dass das WTZK als Forschungseinrichtung dem Ministerium für Verkehrswesen ange-gliedert gewesen sei.

Nachdem die Klägerin zunächst beantragt hatte, ihre Beschäftigungszeit vom 01. September 1978 bis 30. Juni 1990 als Zusatzversorgungszeit anzuerkennen, beantragt sie zuletzt, den Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihre Beschäfti-gungszeit vom 01. Januar 1981 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zu-satzversorgungssystem der technischen Intelligenz anzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Widerspruchsbescheid. Ergänzend und vertiefend führte sie zunächst aus, dass der VEB WTZK gegründet worden war mit dem Hauptzweck eines Forschungs- und Entwicklungsbetriebes, der auf einem abgegrenzten Gebiet als eine zentrale wissenschaftliche Leiteinrichtung gearbeitet habe. Als Verkehrsbetrieb falle der VEB WZTK nicht unter die Versorgungsordnung. Aufgrund der Zuordnung des VEB WTZK zur Wirt-schaftsgruppe 62280 vertritt die Beklagte zuletzt die Auffassung, dass es sich bei dem Betrieb um einen Rationalisierungsbetrieb handelte, der die Aufgabe hatte, andere Betriebe bei der Durchführung der Rationalisierung zu unterstützen. Rationalisierungsbetriebe seien aufgrund von Wirtschaftsverträgen mit den Betrieben tätig geworden, womit sie sich in ihrer Aufgaben-stellung wesentlich von Forschungsinstituten unterschieden hätten.

Dem Gericht lagen Auszüge aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft vom VEB WTZK, Registernummer 110-12-2722, und aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Dresden von

der Rechtsnachfolgerin des VEB WTZK, der ISUP Ingenieurbüro für Systemberatung und Planung GmbH (nachfolgend ISUP), HRB 8886, vor. Darüber hinaus hat das Gericht einen Auszug aus der Organisationsanweisung zur Bildung des WTZK vom 28. Oktober 1980 über die Aufgabenstruktur des VEB WTZK, den "Vorschlag zur Weiterentwicklung des wissen-schaftlich-technischen Potentials zur Erhöhung der Effektivität der Rationalisierung durch Konzentration der wissenschaftlich-technischen Einrichtungen im Verkehrszweig Kraftver-kehr" (nachfolgend "Vorschlag zur Weiterentwicklung") und die Niederschrift über die münd-liche Verhandlung der 12. Kammer beim Sozialgericht Dresden zum Aktenzeichen S 12 RA 576/01 beigezogen. Schließlich lagen dem Gericht der Gesellschaftsvertrag der ISUP vom 28. Juni 1990, der Bericht über die Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz und des Anhangs zum 01. Juli 1990 der ISUP und eine Auskunft des Geschäftsführers der ISUP vom 12. Januar 2004 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Unterlagen und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 29. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzli-chen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 und 2 AAÜG.

Das AAÜG ist nach § 1 Abs. 1 AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar. Da die Klägerin am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb noch in einem diesem gleich-gestellten Betrieb beschäftigt war, besteht zwischen ihr und der Beklagten kein Versorgungs-rechtsverhältnis, für welches das AAÜG Geltung beanspruchen könnte. 1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind und bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 bestanden. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaft deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems diesen Verlust bei einem Ausscheiden vor dem Leis-tungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten. Geht man vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG aus, erfüllt die Klägerin weder den Tatbestand nach Satz 1 noch den nach Satz 2.

Eine im Sinne von Artikel 19 Einigungsvertrag bindende Einzelfallregelung, durch die der Klägerin eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelvertrag), lag nicht vor. Die Klägerin war auch nicht auf Grund einer späteren Rehabilitierungsentscheidung in das Versorgungssystem der technischen Intel-ligenz einbezogen worden. Schließlich hatte die Klägerin vor dem 30. Juni 1990 keine Rechtsposition inne, die sie hätte verlieren können.

2. Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren, ist nach ständiger Rechtspre-chung des Bundessozialgericht (BSG) § 1 Abs. 1 AAÜG erweiternd verfassungskonform aus-zulegen (vgl. Urteile des BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 12 f., Nr. 3 S. 20, Nr. 4 S. 26 f., Nr. 5 S. 32, Nr. 6 S. 39, Nr. 7 S. 59, Nr. 8 S. 73). Danach ist zu prüfen, ob die Nichteinbezo-genen nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fiktiven) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Diese Prüfung ist anhand der Rechtslage am 01. Au-gust 1991 vorzunehmen. Ob ein solcher fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage besteht, hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungs-rechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.

Die Voraussetzungen für die (bundesrechtlich fiktive) Einbeziehung in die zusätzliche Alters-versorgung der technischen Intelligenz (AVItech) ergeben sich aus den Texten der Verord-nung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GB1. DDR I Nr. 93 S. 844) und der hierzu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB zur VO-AVItech) vom 24. Mai 1951 (GB1. DDR Nr. 62 S. 487). Dabei kommt es für das Sprachverständnis auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR grundsätzlich am 02. Oktober 1990 an, welchem der Bundesgesetzgeber sich angeschlossen hat.

Gemäß § 1 VO-AVItech i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech hängt ein An-spruch auf Einbeziehung von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzun-gen ab. Generell war dieses System eingerichtet für Personen, die berechtigt waren, eine be-stimmte Berufsbezeichnung zu führen, und die eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich aus-geübt haben, und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (vgl. Urteile des BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 14, Nr. 5 S. 33, Nr. 6 S 40 f., Nr. 7 S. 60, Nr. 8 S. 74).

Zwar gehörte die Klägerin zum Personenkreis, der in den Anwendungsbereich der VO-AVItech fällt, weil sie aufgrund ihrer Ausbildung berechtigt war, den Titel eines Ingenieurs nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 12. April 1962 (GBl. II S. 278) zu führen und ausgehend von der beruflichen Qualifikation grundsätzlich in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz hätte aufgenommen werden können. Nach § 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech gelten als Angehörige der technischen Intelligenz Inge-nieure, Konstrukteure, Architekten etc.

Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die Klägerin die sachliche Voraussetzung erfüllte, da sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin eine der VO-AVItech entsprechende Tätig-keit ausübte.

Ihr (bundesrechtlich fiktiver) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage scheitert je-doch daran, dass sie am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb noch in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Am 30. Juni 1990 war die Klägerin im VEB WTZK beschäftigt, der kein volkseigener Produktionsbetrieb im Sinne des § 1 VO-AVItech i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech bzw. ein diesem gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech war.

Beim VEB WTZK handelte es sich um einen volkseigenen Betrieb, dessen Hauptaufgabe nicht die Produktion war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.

Der VEB WTZK war einem volkseigenen Betrieb auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellt. Gem. § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkseigenen Produktionsbetrieben nur gleichgestellt wissenschaftliche Institute, Forschungsinstitute, Versuchsstationen, Laborato-rien, Konstruktionsbüros, technische Hochschulen, technische Schulen, Bauakademie und Bauschulen, Bergakademie und Bergbauschulen, Schulen, Institute und Betriebe der Eisen-bahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens, Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie), Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen sowie Ministerien.

Der VEB WTZK war als volkseigener Betrieb, der ausweislich Ziffer 3.1. des "Vorschlags zur Weiterentwicklung" juristisch und ökonomisch selbständig war, weder ein Ministerium noch eine Hauptverwaltung bzw. Teile hiervon.

Entgegen der Auffassung der Klägerin war der VEB WTZK auch kein Forschungsinstitut im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Forschungsinstitute sind Forschung betreibende Einrichtun-gen der Wirtschaft, deren Hauptzweck die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung und Entwicklung ist (BSG, Urteil vom 26. Oktober 1004, B 4 RA 40/04 R). Im Hinblick darauf, dass in § 1 Abs. 2 der 2. DB neben Forschungsinstituten auch Institute der Eisenbahn und Schifffahrt aufgeführt sind, ist diese Definition eng auszulegen. Die Benen-nung der Institute der Eisenbahn und Schifffahrt wäre entbehrlich gewesen, wenn diese Insti-tute ohnehin von dem Begriff Forschungsinstitut erfasst wären. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Institute des Verkehrswesens nur insoweit in den Anwendungsbereich der Versor-gungsordnung fallen, als sie ausdrücklich in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannt sind. Gleichgestell-te Betriebe sind damit nur Institute der Eisenbahn und der Schifffahrt, nicht aber Institute des Kraftverkehrs.

Zudem ergibt sich aus der Präambel der VO-AVItech, dass in dieses Versorgungssystem grundsätzlich nur solche Personen einbezogen werden sollten, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder Produktion, förderten. Entsprechend der Zielrichtung des Verordnungsgebers, besondere Leis-tungsanreize für Personen zu schaffen, die durch ihre technische Qualifikation den Aufbau des industriellen und bauwirtschaftlichen Sektors förderten, musste sich der Forschungs- oder Entwicklungszweck dieser gleichgestellten Unternehmen gerade auf diese Bereiche beziehen. Die vom VEB WTZK vorgenommenen Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten für den Kraftverkehr und von Geräten zur Rationalisierung des Kraftverkehrs, insbesondere des öf-fentlichen Personennahverkehrs, verfolgten Aufgabenstellungen bei der Förderung der öffent-lichen Infrastruktur, nicht jedoch bei der Förderung der (Massen-)Produktion in Industrie oder Bauwesen (SG Dresden, Urteil vom 18. April 2005, S 26 RA 846/04).

Die Kammer hat festgestellt, dass der VEB WTZK die vorgenannten Aufgaben wahrgenom-men hat. Nach der zum 01. Januar 1981 in Kraft getretenen Organisationsanweisung zur Bil-dung des WTZK vom 28. Oktober 1980 (Bl. 63 ff. der Gerichtsakte) waren zur Durchsetzung einer einheitlichen wissenschaftlich-technischen Politik im Verkehrszweig Verkehrswesen folgende Hauptaufgaben des VEB WTZK aufgeführt: - Entwicklung von technologischen Lösungen zur Rationalisierung des Güter- und Per-sonenverkehrs für den Kraftverkehr und städtischen Nahverkehr - Entwicklung von technologischen Lösungen zur Rationalisierung der Instandhaltung von Personenkraftwagen, Nutzfahrzeugen und Straßenbahnen - Vervollkommnung und Rationalisierung der Leitungs- und Planungsprozesse im Ver-kehrszweig, insbesondere im betriebswirtschaftlichen und kommerziellen Bereich durch Erarbeitung von Lösungen zur Gestaltung einer rationellen Struktur und Be-triebsorganisation, Entwicklung von automatisierten Systemen der Leitung (ASL), Mechanisierung und Automatisierung der Verwaltungsarbeiten, EDV-Projektierung - Erarbeitung von Forderungen an die Entwicklung von Arbeits-, Transport- und Beför-derungsmitteln, Koordinierung der Entwicklung, Konstruktion, Erprobung und Pro-duktion von Rationalisierungsmitteln im Bereich - Erarbeitung von technologischen Projekten und Typenlösungen für Kraftverkehrs- und Instandsetzungsbetriebe sowie Service-Stationen - Durchführung und Koordinierung von Standardisierungsaufgaben - Lösung von Problemen zur rationellen Energieanwendung und von Fragen des Um-weltschutzes - Gewährleistung der wissenschaftlich-technischen Information, systematische und ziel-gerichtete Sammlung sowie Aufwertung von in- und ausländischer Fachliteratur - Analysierung des Standes von Wissenschaft und Technik im internationalen Maßstab, Wahrnehmung der internationalen wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit und Kooperation entsprechend den bestätigten Plänen und Direktiven Darüber hinaus arbeitete der VEB WTZK mit den Kombinaten des Kraftverkehrs und den Nahverkehrsbetrieben eng zusammen, insbesondere bei der - Lösung von Aufgaben der zentralen Rationalisierung - Erhöhung der Effektivität von Wissenschaft und Technik durch aktive Mitwirkung der Auftraggeber, Auftragnehmer und Nutzer bei der Überleitung wissenschaftlich-technischer Ergebnisse in die Praxis.

Die Beteiligten stützten ihre Begründungen zuletzt auf diesen Hauptaufgabenkatalog und sind sich folglich einig, dass diese Aufgaben Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit des WTZK waren.

Ergänzend hat der Kläger im Verfahren vor dem Sozialgericht Dresden zum Aktenzeichen S 12 RA 576/01 ausgeführt, dass der VEB WTZK im Wesentlichen mit der Kraftfahrzeugin-dustrie, aber auch intensiv mit der Hauptverwaltung und weiterhin mit der Technischen Uni-versität Dresden zusammenarbeitete. Nach dem "Vorschlag zur Weiterentwicklung", der ab 01. Januar 1981 zur Anwendung kam, war der VEB WTZK der zentrale wissenschaftlich-technische volkseigene Betrieb des Bereichs Kraftverkehr und in seiner Weiterentwicklung auf hocheffektive wissenschaftlich-technische Leistungen sowie die schnelle Überleitung und Nutzung der Ergebnisse im Sinne der Maßnahme des Ministeriums für Verkehrswesen zu orientieren. Die vom VEB WTZK nach dem "Vorschlag zur Weiterentwicklung" weiterhin wahrzunehmenden Aufgabenkomplexe entsprechen weitgehend den vorgenannten Hauptauf-gaben.

Zusammenfassend hat der Geschäftsführer der ISUP, Rechtsnachfolgerin des VEB WTZK, ausgeführt, dass der VEB WTZK in der DDR-Zeit mit Forschungs- und Entwicklungsaufga-ben des Ministeriums für Verkehrswesen betraut wurde und er damit, als im Bereich des Ver-kehrszweigs Kraftverkehr und städtischen Nahverkehr tätiger Betrieb, den Instituten des übri-gen Verkehrswesens wie Eisenbahn und Schifffahrt gleichgestellt war.

Letztlich kann dahinstehen, ob der WTZK die Forschungsaufgaben überwiegend im Rahmen von Rationalisierungsaufträgen durchgeführt hat und daher als Rationalisierungsbetrieb zu qualifizieren ist. Ein Indiz hierfür ist die Zuordnung des Betriebes zur Wirtschaftsgruppe 62280, von der in der DDR Ingenieurbüros für Rationalisierung erfasst wurden. Da auch ein Institut des Kraftverkehrs nicht in den Anwendungsbereich der Versorgungsordnung fällt, weil es – anders als die Institute der Eisenbahn und Schifffahrt – in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt ist, musste dies nicht entschieden werden.

3. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsana-logie aufgrund der Ähnlichkeit mit den Instituten der Eisenbahn und Schifffahrt (so bereits zu den Betrieben der Eisenbahn und Schiffahrt BSG, Urteil vom 09. April 2002, B 4 RA 41/01 R). Den Gerichten ist es im Hinblick auf das Verbot von Neueinbeziehungen im Einigungs-vertrag (Nr. 9 Buchstabe a Satz 1 Halbsatz 2 EinigVtr und § 22 Abs. 1 RanglG) untersagt, eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den einzelnen Ver-sorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus vorzunehmen. Das Ver-bot der Neueinbeziehung ist auch verfassungsgemäß; der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR ohne Willkür anknüpfen. Art. 3 Abs. 1 und 3 GG gebietet nicht, vorhandene Ungleich-heiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08. Juni 2004, B 4 RA 57/03 R).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Sprungrevision war gemäß § 161 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zu der Frage, ob der Begriff For-schungsinstitut im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech auch einen Betrieb erfasst, dessen Forschungstätigkeit sich auf den Kraftverkehr bezog, liegt – soweit ersichtlich – bislang keine Entscheidung des BSG vor. Diese Frage wird in einer Vielzahl weiterer anhängiger Verfahren aufgeworfen.
Rechtskraft
Aus
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