S 33 R 2327/05

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
33
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 33 R 2327/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Bemerkung
Der Zeitabschnitt zwischen abgeschlossenem Hochschulstudium der
Rechtswissenschaft und juristischem Vorbereitungsdienst mit anschließender
Nachversicherung ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung über die
\"unvermeidbaren Überbrückungszeiten
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Rahmen eines Verfahrens zur Kontenklärung gemäß § 149 Abs.5 SGB VI die Anerkennung von Anrechnungszeiten (§ 58 SGB VI) für den Zeitraum vom 15.12.1981 bis zum 28.2.1982 im Sinne einer unvermeidbaren Überbrückungszeit.

Die am geborene Klägerin hat mit Zeugnis vom 27.5.1975 vom T.-Gymnasium E. die Hochschulreife zuerkannt bekommen. Am 14.12.1981 hat die Klägerin das am 26.11.1975 begonnene Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen erfolgreich mit dem Bestehen der "Ersten Juristischen Staatsprüfung" abgeschlossen. Die am 1.3.1982 aufgenommene Rechtsreferendarausbildung beim Justizministerium des Landes Baden-Württemberg hat sie ausweislich des Zeugnisses vom 3.1.1985 erfolgreich mit dem Bestehen der "Zweiten Juristischen Staatsprüfung" am 19.12.1984 abgeschlossen.

Am 20.3.2005 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung.

Mit Feststellungsbescheid vom 3.5.2005 stellte die Beklagte die versicherungsrechtlichen Zeiten bis zum 31.12.1998 fest und lehnte u.a. die Zeiten vom 28.5.1975 bis zum 30.9.1975 und vom 15.12.1981 bis zum 31.3.1982 als Anrechnungszeiten ab.

Dagegen legte die Klägerin am 20.6.2005 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2005 wurde dem Widerspruch der Klägerin im Hinblick auf die Übergangszeit vom 28.5.1975 bis zum 30.9.1975 teilweise abgeholfen und im Übrigen für die Zeit vom 15.12.1981 bis zum 31.3.1982 zurückgewiesen. Als Studienzeit sei nur die Zeit bis zur Ablegung des ersten Staatsexamens am 14.12.1981 als Anrechnungszeit berücksichtigungsfähig. Bei dem angeschlossenen Hochschulstudium habe es sich um den ersten berücksichtigungsfähigen Abschluss gehandelt, der den Eintritt in das Berufsleben erstmalig für eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit eröffnet. Eine weiterführende qualifizierende Ausbildung gehöre zum persönlich zu verantwortenden Lebensbereich und könne nicht als Anrechnungszeit berücksichtigt werden.

Die Klägerin hat dagegen am 23.12.2005 vor dem Sozialgericht Dresden Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass das Studium der Rechtswissenschaften und damit die volljuristische Ausbildung erst nach dem Referendariat und erfolgreicher Ablegung des zweiten Staatsexamens zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung führe. Die erfolgreiche Ablegung der ersten Staatsprüfung habe nicht einer qualifizierten und abgeschlossenen Berufsausbildung entsprochen, da die Ausbildung aus zwei Ausbildungsabschnitten bestehe, bevor die üblichen Berufe, z.B. Rechtsanwalt, Richter, Staatsanwalt oder Notar, zugänglich seien. Sie habe das Referendariat zum nächstmöglichen Termin aufgenommen. Der streitige Zeitraum sei daher als unvermeidbare Überbrückungszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten als Anrechnungszeit vorzumerken. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass ein Absolvent mit dem ersten juristischen Staatsexamen in seinem Beruf arbeiten könne. Auch eine Nachversicherungszeit sei als rentenversicherungsrechtliche Zeit im Sinne der Rechtsprechung zur unvermeidlichen Übergangszeit anzusehen.

Die Klägerin beantragt: 1.Der Bescheid der Beklagten vom 3.5.2005 in Form des Widerspruchsbescheides vom 13.9.2005 wird aufgehoben, soweit Anrechnungszeiten im Zeitraum 15.12.1981 bis 28.2.1982 nicht vorgemerkt sind. 2. Die Beklagte wird verurteilt, den Zeitraum vom 15.12.1981 bis zum 28.2.1982 als Anrechnungszeit festzustellen.

Die Beklagte beantragt: die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids. Ergänzend führt sie aus, dass die Rechtsprechung im Hinblick auf das Ende der Hochschulausbildung eindeutig sei. Nach Abschluss des Studiums sei mit dem nur der Nachversicherung unterliegenden Referendariat keine Anrechnungszeit nachgefolgt.

Die Beteiligten wurden zu der beabsichtigten Entscheidung im Wege eines Gerichtsbescheids angehört. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs.1 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid vom 3.5.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13.9.2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs.2 Satz 1 SGG). Der Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch Vormerkung der Zeit vom 15.12.1981 bis zum 28.2.1982 als Anrechnungszeit.

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin kommt nur § 149 Abs.5 SGB VI i.V.m. § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB VI in Betracht, dessen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Nach § 149 Abs.5 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits geklärten Daten durch Bescheid fest. Über die Anrechnung und Bewertung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten wird erst bei Feststellung einer Leistung entschieden. Infolgedessen wird im Rahmen eines Vormerkungsverfahrens nur geprüft, ob der behauptete Anrechnungszeittatbestand nach seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Selbst wenn mithin im Einzelfall jegliche leistungsrechtliche Auswirkung einer Ausbildung als Anrechnungszeit verneint werden könnte, kann die Vormerkung einer derartigen Anrechnungszeit nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, zum Zeitpunkt des Leistungsfalls könne sich das bei der Berechnung der Leistung anzuwendende Recht geändert haben. Entscheidend ist mithin, ob nach derzeitigem Recht generell die Möglichkeit besteht, dass der Sachverhalt in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich erheblich werden könnte (vgl. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr.13 S.70 m.w.N.).

Nach § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB VI sind Anrechnungszeiten auch Zeiten einer schulischen Ausbildung, in denen der Versicherte nach Vollendung des 17. Lebensjahres u.a. eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht hat. Diese Ausbildungs-Anrechnungszeiten sind vom Gesetzgeber abschließend normierte Tatbestände. Sie sind ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, dass der Versicherte wegen der Ausbildung ohne Verschulden gehindert war, eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben und so Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten. Daher ist die Berücksichtigung dieser Zeiten, die typischerweise für das System der gesetzlichen Rentenversicherung von Nutzen sind, eine Solidarleistung der Versichertengemeinschaft i.S. des sozialen Ausgleichs. Sie beruht auf staatlicher Anordnung und ist Ausdruck staatlicher Fürsorge. Im Hinblick hierauf steht dem Gesetzgeber bei ihrer Ausgestaltung ein Gestaltungsspielraum zu. Damit ist auch vereinbar, dass lediglich bestimmte typische Ausbildungen als Anrechnungszeittatbestände normiert und diese zeitlich begrenzt sind (vgl. hierzu BSGE 55, 224, 229 f = SozR 2200 § 1259 Nr.77, 102 S.276; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr.13 S.72 m.w.N.; vgl. hierzu auch Meyer/Blüggel, Schulische Ausbildungszeiten: Eine "versicherungsfremde Leistung" in der gesetzlichen Rentenversicherung?, in NZS 2005, 1 ff.).

Eine Ausbildung im Sinne der o.g. Vorschrift liegt im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Denn die Klägerin hatte bereits am 14.12.1981 mit dem Bestehen der "Ersten Juristischen Staatsprüfung" ihr Hochschulstudium gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 JAG abgeschlossen. In der anschließenden Zeit fand bis zum 28.2.1982 auch keine Ausbildung, insbesondere nicht an einer Hochschule, statt.

Die streitige Zeit zwischen Beendigung der Hochschulausbildung und Beginn des Vorbereitungsdienstes im Land Baden-Württemberg erfüllt auch nicht als so genannte "unvermeidbare Zwischenzeit" den Tatbestand einer Ausbildungs-Anrechnungszeit.

Die Rechtsprechung hat über die in § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB VI genannten Fallgruppen hinaus i.S. einer erweiternden Auslegung auch solche Zeiten als Anrechnungszeiten gewertet, die zwischen zwei rentenrechtlich erheblichen anrechenbaren Ausbildungszeiten, wie diejenige zwischen Schulabschluss und Beginn des Hochschulstudiums, liegen. Voraussetzung für ihre Anrechenbarkeit ist, dass sie generell unvermeidbar und organisationsbedingt typisch sind und dementsprechend häufig vorkommen und ferner, dass sie generell nicht länger als vier Monate andauern. Diese Zwischenzeiten - so die Rechtsprechung (vgl. u.a. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr.13 S.73 f, Nr.8 S.43 f, jeweils m.w.N.) - stellen sich mit den beiden anderen Ausbildungsabschnitten als einheitliche notwendige Ausbildung dar. Eine solche unvermeidbare Zwischenzeit erfasst in erweiternder Auslegung des § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.4 SGB VI auch bestimmte ausbildungsfreie Zeiten während und nach der Schulausbildung oder einer anderen Ausbildung. Solche unvermeidbaren Zwischenzeiten waren zunächst anerkannt für die Schul- und Semesterferien. Berücksichtigt und zu Grunde gelegt wird, dass Versicherte, die eine vom Gesetzgeber vorgesehene typisierte Ausbildung aus von ihm nicht zu vertretenden organisationsbedingten Gründen ungewollt und unvermeidbar nicht zügig fortsetzen und dementsprechend erst später eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen können, in dem entsprechenden zeitlichen Rahmen keinen rentenversicherungsrechtlichen Nachteil erleiden sollen (vgl. BSG SozR 3-2600 § 58 Nr.13 S.74 m.w.N.).

Maßgebend für die Annahme einer unvermeidlichen Zwischen- bzw. Übergangszeit ist, dass diese Zeit von zwei Ausbildungsabschnitten umgeben ist, wovon der erste Ausbildungsabschnitt ein Anrechnungszeittatbestand gemäß § 58 Abs.1 SGB VI sein muss; diesem muss ein weiterer - vom Ausbildungsziel gesehen notwendiger - Ausbildungsabschnitt folgen, der den Tatbestand einer rentenrechtlichen Zeit erfüllen muss und nach dessen Beendigung erst der Weg ins Berufsleben und damit die Aufnahme einer regelmäßig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Berufstätigkeit eröffnet wird, vgl. BSG, Urteile v. 25.3.1998 – B5/4 RA 85/97 R -, vom 24.10.1996 – B 4 RA 52/95 - und vom 27.1.1999 – B 4 RA 10/98 R -. Die Rechtsprechung wurde im Zusammenhang mit der staatlich vorgegebenen Zwischenzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten auf dem Weg zur ersten berufseröffnenden Abschlussprüfung, regelmäßig also vor einem Hochschulstudium entwickelt, wobei es sich dabei um eine ausnahmsweise gewährte Solidarleistung der Versichertengemeinschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung an die Auszubildenden handelt, die für diese Zeiträume keine Beiträge geleistet haben und später an der Solidargemeinschaft teilhaben werden.

Diese Voraussetzungen liegen im Fall der Klägerin nach Überzeugung der Kammer nicht vor. Sie war ab Bestehen der mündlichen Prüfung am 14.12.1981 und dem zeitgleichen Abschluss der Hochschulausbildung berechtigt, die Bezeichnung "Jurist" zu führen und sich mit anderen Hochschulabsolventen gleichberechtigt, um einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu bewerben, für den eine Hochschulausbildung voraussetzt wird. Damit scheidet schon aus diesem Grund eine notwendige Zwischenzeit aus, da nach dem ersten berufseröffnenden Abschluss eine Zwischenzeit nicht mehr in Betracht kommt, BSG, Urteil vom 27.1.1999 – B 4 RA 10/98 R.

Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, dass ein weiterer Ausbildungsabschnitt in Form des Rechtsreferendariats/Vorbereitungsdienstes nachfolgen muss, bevor man für die typischen juristischen Tätigkeiten zugelassen wird. Das Rechtsreferendariat ist eine praxisorientierte Ausbildung, die nach der Juristenausbildungsordnung dazu dient, die Befähigung zum Richteramt und Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst zu erlangen. Diese Befähigungen werden regelmäßig aber gerade nicht in sozialversicherungspflichtigen Berufsverhältnissen ausgeübt, sondern in Sonderstatusverhältnissen, vor allem als Beamte. Auch die Zulassung zum Rechtsanwalt führt selbst bei angestellten Anwälten in den meisten Fällen nicht zur Versicherung in der allgemeinen Rentenversicherung, sondern in den jeweiligen Rechtsanwaltsversorgungswerken. Daraus wird deutlich, dass die zusätzliche Ausbildung zum Volljuristen vornehmlich im eigenen nicht mehr im verstärkten Interesse der Solidargemeinschaft liegen kann, da mit einer späteren Mitgliedschaft in derselben gar nicht mehr zu rechnen ist. Es besteht daher keine rentenrechtlich schutzwürdige Position im Zeitraum nach Beendigung der Hochschulsausbildung und vor Beginn der Tätigkeit im Vorbereitungsdienst.

Hinzu tritt, dass die Referendarsausbildung regelmäßig im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf erfolgt, so dass es sich bei diesem nicht um eine rentenrechtliche Zeit im Sinne der Rechtsprechung handelt. Vielmehr werden die Referendare bei Austritt aus dem Beamtenverhältnis beim Abschluss des Referendariats lediglich nachversichert, was aber nur zur Gleichstellung der Zeit "ex nunc" und nicht zur Aufwertung des Referendariats als rentenrechtliche Zeit "ex tunc" führt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Entscheidung vom 5.12.1996 – 4 RA 100/95 - unmissverständlich ausgeführt, warum eine Ausbildungszeit, die im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf – also eine versicherungsfreie Zeit, die der Nachversicherung obliegt - erfolgt, keine rentenrechtliche Zeit im Sinne der ergänzenden Rechtsprechung zu § 58 Abs.1 SGB VI ist: "Die Nachversicherung ist nicht im Sinne einer begünstigenden Rückbewirkung von Rechtsfolgen (vgl. BVerfGE 72, 200, 242) so zu bewerten, als ob durch sie in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte im Wege der Fiktion zu Tatbeständen einer Beitragszeit würden. Es gibt keine Norm, die eine solche Fiktion (d.h. die Annahme eines Sachverhalts, der in der Wirklichkeit damals nicht bestand) vorsieht. Entgegen der Ansicht des Klägers geben die §§ 8 und 185 SGB VI hierfür nichts her. Nach § 8 Abs.1 Satz 2 SGB VI stehen Nachversicherte den Personen gleich, die versicherungspflichtig sind; nach § 185 Abs.2 Satz 1 SGB VI gelten die nachgezahlten Beiträge als rechtzeitig gezahlte Pflichtbeiträge (vgl. § 9 Abs.5a AVG i.d.F. des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes vom 9. Juni 1965, BGBl. I 476 und § 124 Abs.4 Satz 1 AVG a.F.). In diesen Vorschriften ist nicht vorgesehen, dass die zukunftsbezogene rechtliche Gleichstellung auch eine Fiktion für die Vergangenheit enthalten soll. In diesem Sinne hat das BSG schon geklärt, dass die Nachversicherung aufgrund des Eintritts des Nachversicherungsfalles für den Begünstigten in der Zukunft eine versicherungs- und beitragsrechtlich volle inhaltliche Gleichstellung mit echten Beitragszeiten bewirkt (BSG SozR 5050 § 15 Nr.37). Denn Zweck der Nachversicherung ist es, Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung in ihrer Beschäftigung damals versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung eine soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung in der Weise zu verschaffen, dass sie jetzt so gestellt werden, als seien sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Sachgrund der Nachversicherung ist das durch den Ausfall der beamtenrechtlichen Versorgung hervorgerufene Schutzbedürfnis. Die während der versicherungsfreien Beschäftigung - in rückschauender Betrachtung - entstandene Sicherungslücke beim Aufbau eines Schutzes für Alter und Invalidität soll nach dem Zweck des Gesetzes beim Ausscheiden aus dieser Tätigkeit durch sofortige Nachversicherung dieser Zeiten geschlossen werden (BSG SozR 3-2400 § 124 Nr.6 S.14 m.w.N.). Die Sicherungslücke im Blick auf seine beamtenrechtliche Ausbildungszeit ist beim Kläger durch die Nachversicherung geschlossen worden. Eine darüber hinausgehende rechtliche oder faktische Wirkung kommt der Nachversicherung jedoch nicht zu." Der vorliegende Fall gleicht dem vom BSG entschiedenen Fall, mit dem Unterschied, dass die Klägerin das Referendariat mit dem Ziel der Erreichung der Befähigung zum Richteramt bzw. des höheren Verwaltungsdienstes und nicht zum gehobenen Verwaltungsdienst geleistet hat. Zu diesem Zweck folgte der streitigen Zeit eine Beschäftigung als Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst des Landes Baden-Württemberg und keine einer Anrechnungszeit im Sinne von § 58 Abs.1 SGB VI berücksichtigungsfähige Ausbildungszeit.

Der Vollständigkeit halber sei nochmals erwähnt, dass mit dem Bestehen der ersten juristischen Staatsprüfung der Berufszugang in die Wirtschaft, z.B. als Justiziar oder als juristischer Sachbearbeiter – und damit in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse - grundsätzlich eröffnet ist. Die im Referendariat vermittelten Kenntnisse beziehen sich nach den maßgeblichen Ausbildungsgesetzen allein auf die Befähigung zum Richteramt, unabhängig davon, wie viele der (erfolgreichen) Referendare letztlich als Staatsbedienstete eingesetzt werden und nicht typischerweise auf eine versicherungspflichtige Beschäftigung, vgl. BSG, Urteil vom 5.12.1996 – B 4 RA 100/96 R -.

Einer weitergehenden analoge Anwendung des § 58 Abs.1 Satz 1 Nr.4 Buchst b SGB VI steht auch entgegen, dass gar keine Regelungslücke vorliegt, die unter Beachtung von Sinn und Zweck der Vorschrift geschlossen werden könnte, da § 58 Abs.1 Nr.4 SGB VI keine planwidrige Unvollständigkeit enthält und der Gesetzgeber bislang trotz Gelegenheit keine Änderung des § 58 Abs.1 SGB VI vorgenommen hat. Dabei war ihm die langjährige Rechtsprechung zu den unvermeidbaren Anrechnungszwischenzeiten bereits bekannt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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