Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
26
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KA 193/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Beschlusses vom 30.10.2001 verurteilt, den Kläger zur ambulanten sozialpädiastrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern.
Der klagende Verein zur G der T in I und Umgebung e.V. wird vertreten durch seinen 1. Vorsitzenden, den Kinderarzt Dr. I1, Leiter der Neuropädiatrischen Abteilung der Kinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses I. Dr. I1 verfügt über eine persönliche Ermächtigung zur ambulanten Erbringung bestimmter nervenärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen für Kinder.
Ausweislich der bei der Gründungsversammlung am 00.00.1997 verabschiedeten Vereinssatzung bezweckt der Verein insbesondere die Errichtung, Förderung und Unterhaltung eines Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) in I zur frühen Diagnostizierung, Behandlung, Betreuung, Förderung, interdisziplinären medizinischen Versorgung und Integration behinderter, insbesondere mehrfach und verschiedenartig behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder.
Am 09.05.1997 beantragte Dr. I1 für den Verein die Erteilung einer Ermächtigung zum Betrieb eines SPZ. Er legte eine Konzeption für das Zentrum vor, wonach die rein medizinisch-apparative Diagnostik des Zentrums in enger Anbindung an die Kinderklinik einschließlich der übrigen Fachabteilungen des Allgemeinen Krankenhauses I erfolgen solle. Die sozialpädiatrische Diagnostik und Therapieeinleitung basiere einerseits auf dem zu bildenden Team von Ärzten, Psychologen, Therapeuten etc., andererseits auf der Einbindung der in I und Umgebung vorhandenen Institutionen mit dem Ziel, das in der Entwicklung beeinträchtigte Kind möglichst optimal zu integrieren. Es bestehe eine enge Kooperation mit Frühförderstellen, niedergelassenen Therapeuten, Regel- und Sonderkindergärten, Schulen, kirchlichen und kommunalen Beratungsstellen, städtischen Ämtern und Kinderärzten. Als personelle Ausstattung seien zwei Teams, jeweils bestehend aus einem Kinderarzt, einem Psychologen, einem Krankengymnasten, einem Ergotherapeuten, einem Logopäden, einem Heilpädagogen, einem Sozialarbeiter, einem Sekretär und einem EEG-Assistenten vorgesehen. Der Gesamtraumbedarf für beide Teams werde in einem ehemaligen Mutter-Kind-Heim neben dem Allgemeinen Krankenhaus I gedeckt. Hinsichtlich des Bedarfs wurde ausgeführt, dass die bisherige Ambulanz von Dr. I1 derart stark in Anspruch genommen werde, dass die persönliche Leistungsgrenze mit 400 Patienten pro Quartal erreicht sei. Die Ausweitung auf ca. 800 bis 900 Patienten pro Quartal liege innerhalb realistischer Größenordnungen.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag auf Ermächtigung eines SPZ an der Kinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses I erstmals mit Beschluss vom 24.09.1997 mangels Versorgungsbedarfs ab. Den Widerspruch des Klägers wies der beklagte Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen X mit Beschluss vom 23.06.1998 zurück. Der Berufungsausschuss stellte darauf ab, dass der Verein in seinem jetzigen rechtlichen Status nicht ermächtigt werden könne und ließ die Frage eines Versorgungsbedarfs offen.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das erkennende Gericht mit Urteil vom 30.07.1999 (Az.: S 00 KA 000/00) mit der Maßgabe statt, dass der Beklagte über die Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden habe. In den Entscheidungsgründen führte die Kammer aus, die Ziele und Planungen des Vereins orientierten sich an den gemeinsamen Empfehlungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Ermächtigung von SPZ vom 16.10.1989 und erschienen somit als tragfähige Grundlage eines zu ermächtigenden SPZ in I. Es bestehe kein Zweifel daran, dass der Trägerverein eine geeignete ärztliche Leitung der Einrichtung bereitstelle. Die Darlegungen zu Konzeption, personeller Ausstattung und Einbindung des SPZ in die bisherigen Versorgungsstrukturen erlaubten auch die Annahme einer Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung. Die Kammer gab dem Beklagten deshalb auf, sich eingehend und zeitnah mit den detaillierten Argumenten des Vereins zur Bedarfssituation in I und Umgebung auseinander zu setzen und anschließend eine neue Entscheidung über den Ermächtigungsantrag zu fällen. Es komme wegen der besonderen Aufgabenstellung von SPZ nicht auf die Versorgung der Region mit Kinderärzten und Frühförderstellen an. Entscheidend sei allein, ob der Einzugsbereich des geplanten SPZ unter Berücksichtigung etwaiger Spezialisierungen umliegender SPZ und auch für kindheitslange therapeutische Betreuungen zumutbaren Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrs mitteln durch nahe gelegene SPZ bereits versorgt sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass nach den Angaben des ärztlichen Leiters des SPZ E Dr. T1 dort überwiegend E Patienten betreut würden und Patienten aus der Umgebung in größeren Abständen und lediglich zur Diagnostik einbestellt würden. Darüber hinaus bestünden demnach nicht unerhebliche Wartezeiten von drei bis sechs Monaten. Unter Berücksichtigung der von dem Beklagten bisher nicht überprüften Bedarfsanalyse des Klägers erscheine es der Kammer deshalb als plausibel, dass eine kontinuierliche sozialpädiatrische Therapie behinderter Kinder aus I und Umgebung durch das SPZ E nicht sichergestellt sei. Die unterlegenen Beteiligten haben gegen dieses Urteil keine Rechtsmittel eingelegt.
Es bedurfte der Erhebung einer Untätigkeitsklage des Vereins zur G der T im Mai 2001 (Az.: S 00 KA 00/00), um die von der erkennenden Kammer im Juli 1999 für erforderlich gehaltene Neubescheidung herbeizuführen. Im Erörterungstermin vom 07.08.2001 wies der Kammervorsitzende darauf hin, dass die von der beigeladenen AOK X geäußerte Auffassung, das Urteil der 26. Kammer vom 30.07.1999 sei aus abrechnungstechnischen Gründen nicht umsetzbar, nicht akzeptabel sei. Vielmehr müsse der Beklagte das rechtskräftige Urteil umsetzen und auf Grund einer im Urteil beschriebenen Sachverhaltsermittlung zur Bedarfssituation eine Entscheidung in der Sache herbeiführen. Es sei kein zureichender Grund für die Nichtentscheidung ersichtlich, da ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte des Beklagten von August 2000 bis zur Klageerhebung im Mai 2001 keine Aktivität des Beklagten zu verzeichnen sei. Nachdem sich der Beklagte in dem Termin verpflichtete, nunmehr die erforderliche Sachverhaltsermittlung unverzüglich durchzuführen und bis zum 31.10.2001 eine mündliche Verhandlung des Berufungsausschusses anzuberaumen, erklärte der Verein den Rechtsstreit für erledigt.
Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X vertrat unter dem 24.09.2001 die Auffassung, dass eine ausreichende Zahl von SPZ existiere. Versorgungsoptimierungen seien vorrangig durch eine Bestands- und Qualitätssicherung der vorhandenen SPZ und nicht durch Neuermächtigung weiterer SPZ zu gewährleisten. Die in E und V bestehenden SPZ seien für Patienten aus I in zumutbarer Weise zu erreichen. Das SPZ V bestätige, dass Wartezeiten für neue Patienten maximal sechs bis acht Wochen betrügen. Dieses SPZ habe einen überregionalen Einzugsbereich und sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Pkw gut erreichbar.
Mit Beschluss vom 30.10.2001 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers erneut zurück. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X stellte der Beklagte fest, dass eine ausreichende Versorgung des in Betracht kommenden Patientenkreises jedenfalls durch das SPZ in V gewährleistet sei. Das in V bestehende SPZ sei für die Patienten aus I in zumutbarer Weise zu erreichen. Nach den Fahrplanauskünften der Deutschen Bundesbahn lägen die Fahrtzeiten deutlich unter einer Stunde. Es handele sich dabei um Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs, so dass auch die hierfür entstehenden Kosten in einem vertretbaren Rahmen lägen. Für Versicherte, die durch Fahrtkosten unzumutbar belastet würden, übernähmen die Krankenkassen die Fahrtkosten. Die Fahrtzeiten mit dem Auto lägen ebenfalls deutlich unter einer Stunde. Wartezeiten von ein bis zwei Monaten seien in SPZ üblich, da nach Bestellsystem auf Überweisung der niedergelassenen Haus- und Kinderärzte gearbeitet werde. Notfälle könnten akut jederzeit untersucht werden. Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob auch eine ausreichende Versorgung durch das SPZ in E gegeben sei.
Gegen den am 28.11.2001 zugestellten Beschluss des Beklagten richtet sich die am 27.12.2001 erhobene Klage. Zur Begründung führt der Kläger an, dass in I zu errichtende SPZ solle für die Stadt I, den Märkischen Kreis, den Ennepe-Ruhr-Kreis, den nördlichen Kreis Olpe, den westlichen Hochsauerlandkreis, den östlichen Bereich Wuppertals sowie Teile des Bergischen Kreises zuständig sein. Es handele sich hierbei um eine Region mit einer Einwohner zahl von ca. 1 Mio., wobei der Großraum I bereits jetzt Bezugspunkt der großen Ambulanz von Dr. I1 sei. Das SPZ in V betreue zu über 70 % Patienten unmittelbar aus dem Kreis V und den benachbarten Regionen. Aus dem Großraum I und Ennepetal mit immerhin 600.000 Einwohnern komme so gut wie kein Patient. Wenn die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen X sich auf die Ausführungen von Prof. T2 berufe (1 SPZ auf 1 Mio. Einwohner), bestehe in X mit insgesamt 8,4 Mio. Einwohnern und sieben bestehenden SPZ der Versorgungsbedarf für ein weiteres SPZ. Laut der Empfehlung der Gesellschaft für Sozialpädiatrie sollten Anfahrtszeiten zu einem SPZ nicht länger als 45 Minuten dauern, wobei offen gelassen werde, ob es sich um private Pkw-Fahrten oder Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln handele. Das Klientel, das einer mehrdimensionalen Diagnostik und Therapie bedürfe, sei überwiegend als sozial schwach einzustufen und verfüge oft nicht über die nötige Mobilität, um ein SPZ in 60 bzw. 100 km Entfernung zu erreichen. Ähnlich wie in E bestehe das sozialpädiatrische Klientel in I zu ca. 50 % aus ausländischen Kindern. Im Interesse dieser entwicklungsgestörten und behinderten Kinder seien die Anfahrtswege möglichst kurz zu halten, da ansonsten die notwendige Diagnostik und Therapie nicht selten unterbleibe. Bezüglich der Zumutbarkeit der Fahrtzeiten sei auf öffentliche Verkehrsmittel abzustellen. Die kürzeste Fahrtzeit von I-Hauptbahnhof nach V betrage 27 Minuten, die längste Fahrtzeit 44 Minuten. Unter Berücksichtigung der Fahrtzeiten mit Bussen aus Stadtteilen von I zum Hauptbahnhof I ergebe sich eine mittlere Fahrtzeit von 110 Minuten. Die Fahrtzeit vom Stadtgebiet I mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum SPZ V übertreffe damit bei weitem die empfohlenen Anfahrtszeiten zum nächst gelegenen SPZ. Von den Nachbarstädten um I, die derzeit zum Einzugsbereich der Sondersprechstunde für behinderte und entwicklungsgestörte Kinder von Dr. I1 gehörten, betrage die Fahrtzeit von Haustür bis zum SPZ V im Durchschnitt drei Stunden. Angesichts erheblicher Verkehrsstaus auf den Autobahnen zwischen I und V müsse auch bei der Anreise mit privaten Pkw s von einer einstündigen Fahrt ausgegangen werden. Soweit das Evangelische Krankenhaus C in J ebenfalls eine Ermächtigung als SPZ anstrebe, sei dies irrelevant. Ein nicht unerheblicher Anteil der betroffenen Klientel aus J werde in der Sondersprechstunde von Dr. I1 versorgt. Der Antrag deute jedoch darauf hin, dass im Großraum I ein ergänzender Bedarf an sozialpädiatrischer Versorgung erforderlich sei. Angesichts der zentralen Lage der Großstadt I und der Antragstellung bereits vor fünf Jahren sei dem Kläger die Ermächtigung zu erteilen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 30.10.2001 zu verurteilen, ihn zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) - 3), 6) - 8) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt an, sich hinsichtlich der Bedarfssituation auf die Feststellungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X zu stützen. Die Fahrtzeiten ergäben sich aus den amtlichen Fahrplänen. Es möge sein, dass im Einzelfall etwas längere Fußwege erforderlich seien, um öffentliche Verkehrsmittel oder von diesen die Ziele zu erreichen. Es gehe aber nicht an, diese etwaigen Erschwerungen zum Maßstab für die Zumutbarkeit von Wegstrecken oder -zeiten zu machen. Untersuchungen und Behandlungen in einem SPZ seien planbar. Deshalb sei es den Betroffenen durchaus zuzumuten, sich verkehrsgünstige Zeiten auszusuchen.
Die beigeladene AOK-X führt ergänzend aus, über die von dem Kläger genannten Einrichtungen hinaus verfügten weitere Krankenhäuser in X über Ermächtigungen als SPZ. Es ergäben sich zum Teil Überschneidungen mit dem von dem Kläger in Aussicht genommenen Einzugsbereich. Die in der Klageschrift erfolgte Berechnung gewichteter Fahrtzeiten und Fußwege bilde die tatsächlichen Verhältnisse nicht voll ab. Insbesondere sei festzustellen, dass die Fahrtzeit mit dem Pkw in bereits vorhandene SPZ zum Teil deutlich unter einer Stunde liege. Lediglich bei einigen Stadtteilbereichen I ergäben sich bei Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zur Kinderklinik in V tatsächlich Fahrtzeiten von einer Stunde und darüber. Durch gesetzliche Vorgaben sei ausgeschlossen, eine wirksame Vergütungsvereinbarung mit dem klagenden Verein zu treffen, da es sich hierbei nicht um ein Krankenhaus handele. Somit sei das Ziel einer Ermächtigung des klagenden Vereins im Hinblick auf die Erfüllung des Versorgungsauftrages eines SPZ grundsätzlich in Frage zu stellen.
Das Gericht hat eine Stellungnahme der Ärztlichen Leiterin des SPZ V Dr. L I2 vom 23.07.2002 eingeholt. Demnach ist das Haupteinzugsgebiet des SPZ V der Kreis V. Eine kreisbezogene Auswertung der Wohnorte der behandelten Patienten im Jahre 2001 ergab, dass 60,9 % der Patienten im Kreis V, 11,2 % im Kreis Soest, 5,1 % im Hochsauerlandkreis, 6,2 % im Märkischen Kreis wohnten. Aus I stammten im gesamten Jahr 2001 lediglich 5 Patienten. Dr. I2 führt ergänzend aus, das SPZ V stehe für bestimmte spezialisierte Fragestellungen auch überregional zur Verfügung. Die Wartezeiten für neue Patienten betrügen durchschnittlich acht Wochen. Das SPZ V könne sicher nicht allein den Versorgungsbedarf für die von dem klägerischen Verein genannten Städte und Kreise abdecken. Freie Valenzen könnten sich daraus ergeben, dass in Paderborn ein neues SPZ entstehe und sich Patienten aus den Kreisen Soest und dem Hochsauerlandkreis dorthin wenden könnten. Eine Erweiterung des SPZ V um ein drittes sozialpädiatrisches Team sei möglich.
Am 01.10.2002 hat das Evangelische Krankenhaus C J GmbH seine Beiladung zum Klageverfahren beantragt. Ein im August 2000 gestellter Ermächtigungsantrag stehe vor der Entscheidung des Berufungsausschusses, wobei dieser zu erkennen gegeben habe, dass - wenn überhaupt Bedarf für ein SPZ in der Region bestehe -, dieser Bedarf in Großteilen überschneidend gedeckt werde entweder vom Ermächtigungsantrag des J Krankenhauses oder von dem Antrag des I Vereins. Mit Beschluss vom 16.10.2002 hat der Vorsitzende der erkennenden Kammer den Beiladungsantrag abgelehnt. Die Beschwerde des Evangelischen Krankenhauses C J hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 27.11.2002 zurückgewiesen. Das LSG NRW führt aus, dass die in § 119 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) enthaltenen Bedarfsaspekte ausschließlich der Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten und nicht dem wirtschaftlichen Schutz etwaiger künftiger wirtschaftlicher Konkurrenten dienten. Eine Beiladung des J Krankenhauses sei auch nicht sachdienlich, weil hier das berechtigte Interesse des I Vereins an einer möglichst zügigen Entscheidung über seinen bereits im Jahre 1997 und damit über drei Jahre vor dem Antrag des J Krankenhauses gestellten Antrag entgegenstehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die erledigten Streitakten zu den Aktenzeichen S 00 KA 000/00 und S 00 KA 00/00 sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Kläger zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen.
Der Beklagte hat nunmehr davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung eines vom Kläger in I zu betreibenden SPZ hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit (§ 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und des Vorhandenseins eines Versorgungsbedarfs (§ 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V) gegeben sind. Ein Beurteilungsspielraum verbleibt dem Beklagten bei der zeitnah - d.h. innerhalb der Dreimonatsfrist des § 88 Abs. 2 SGG - vorzunehmenden Ausführung dieser gerichtlichen Entscheidung lediglich zur Bestimmung von Gegenstand und Umfang der Ermächtigung, der Eingrenzung des Überweiserkreises sowie einer etwaigen Befristung (Vgl. LSG NRW, Urteil vom 12.01.2000, Az.: L 11 KA 156/99; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, MedR 1996, 89).
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V kann der Zulassungsausschuss (und nachfolgend der beklagte Berufungsausschuss, § 97 SGB V) SPZ zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigen, soweit sie fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten.
Die erkennende Kammer hat das Vorliegen dieser tatbestandlichen Ermächtigungsvoraussetzungen bereits mit dem rechtskräftigem Urteil vom 30.07.1999 (Az.: S 00 KA 000/00) bejaht und nimmt insoweit Bezug auf diese Entscheidung. Auch die Beigeladene zu 1) ist an die Rechtskraft des Urteils vom 30.07.1999 gebunden, da sie ihre Einwände gegen die Ermächtigung des Trägervereins nicht zum Anlass einer Berufungseinlegung genommen hat. Die vom LSG NRW in der Entscheidung vom 17.01.2001 (Az.: L 11 KA 75/00) für erforderlich gehaltene Darlegung des Leistungsangebotes einschließlich der Bereitstellung der personellen und apparativen Kapazitäten für das künftige SPZ ist vorliegend bereits im Streitverfahren S 00 KA 000/00 erfolgt und für ausreichend befunden worden. Die Behandlung von Kindern mit schweren oder komplexen Behinderungen soll durch sozialpädiatrische Diagnostik, neuropädiatrische Therapie, Psychotherapie, entwicklungs- und funktionstherapeutische Maßnahmen, Maßnahmen der pädagogischen Frühförderung und psychosoziale Maßnahmen erfolgen.
Abgesehen von der Rechtskraft des Urteils vom 30.07.1999 überzeugen die abrechnungstechnischen Erwägungen der Beigeladenen zu 1) nicht. Die gesetzliche Regelung des § 119 SGB V als Anspruchsnorm der Ermächtigung von SPZ stellt gerade nicht auf den Antrag eines Krankenhausträgers ab. Auch aus der Vergütungsvorschrift des § 120 Abs. 2 SGB V ergibt sich kein Anhalt für eine Beschränkung auf SPZ in unmittelbarer Trägerschaft von Krankenhäusern. Demnach haben die Krankenkassen die Leistungen der SPZ unmittelbar zu vergüten. Nach Erteilung der Ermächtigung ist der Trägerverein in Vergütungsvereinbarungen nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V einzubeziehen.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist die Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen. Die damit vorzunehmende Bedarfsprüfung ist Gegenstand der angefochtenen Verwaltungsentscheidung und des vorliegenden Rechtsstreits.
Die Kammer ist der Überzeugung, dass eine ausreichende ambulante sozialpädiatrische Behandlung für Kinder mit schweren oder komplexen Behinderungen in I und den angrenzenden Kreisen derzeit nicht sichergestellt ist. Sie geht dabei wie bereits im Urteil vom 30.07.1999, Az.: S 00 KA 000/00, Umdr. S. 12 und in Übereinstimmung mit dem LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.07.1995, MedR 1996, 89, 91) davon aus, dass es wegen der besonderen interdisziplinären Aufgabenstellung von SPZ nicht auf die Versorgung der Region mit Kinderärzten und Frühförderstellen ankommt. Eine Behandlung in SPZ kommt nur bei Kindern in Betracht, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Behinderung nicht von geeigneten niedergelassenen Ärzten oder in Einrichtungen zur Frühförderung behandelt werden können (§ 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V; Gemeinsame Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Ermächtigung von SPZ vom 16.10.1989, Ziffer 2). Entscheidend ist somit allein, ob der Einzugsbereich des geplanten SPZ unter Berücksichtigung etwaiger Spezialisierungen umliegen der SPZ und auch für kindheitslange therapeutische Betreuungen zumutbarer Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Vgl. Schlack in: Kinderärztliche Praxis 1998, 278, 282) durch nahegelegene SPZ bereits versorgt ist. Dies ist vorliegend für den vom Kläger beanspruchten Einzugsbereich von I und Umgebung nicht der Fall.
Das SPZ in der Kinderklinik E betreut überwiegend E Patienten. Auswärtige Patienten werden lediglich in größeren Abständen zur Diagnostik einbestellt. Es bestehen erhebliche Wartezeiten (Auskunft des ärztlichen Leiters des SPZ E Dr. T1 vom 15.04.1999 im Verfahren S 00 KA 000/00). Der Beklagte hat in Kenntnis dieser Sachlage auf eine weitergehende Bedarfsdeckungsanalyse durch das SPZ E verzichtet. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das SPZ E in der Lage wäre, zusätzlich in nennenswertem Umfang für behinderte Kinder aus I, dem Märkischen Kreis, dem Ennepe Ruhr Kreis, dem nördlichen Kreis Olpe und dem westlichen Hochsauerlandkreis eine kontinuierliche sozialpädiatrische Therapie zur Verfügung zu stellen.
Gleiches gilt für das von dem Beklagten benannte SPZ in V. Dabei ist der derzeitige Ausbaustand der Einrichtung zu Grunde zu legen. Denkbare Kapazitätserweiterungen in der Zukunft sind unbeachtlich. Von daher können sich die Krankenkassen nicht auf beabsichtigte Versorgungsoptimierungen durch bestehende SPZ berufen. Die Zulassungsgremien haben es künftig in der Hand, eine Bedarfssteuerung durch die Begrenzung des Ermächtigungsumfangs sowohl für das SPZ V wie das SPZ I vorzunehmen.
Die ärztliche Leiterin des SPZ V Dr. I2 legt in ihrer Auskunft vom 23.07.2002 detailliert dar, dass in V kaum Patienten aus dem Einzugsbereich des künftigen SPZ I versorgt werden. Da die Einrichtung in seinem derzeitigen Ausbaustand ausgelastet ist, folgt die Kammer der Einschätzung der Chefärztin, dass das SPZ V entgegen der unsubstantiierten Behauptung des Beklagten nicht in der Lage ist, die vollwertige sozialpädiatrische Versorgung für das Klientel des Klägers sicherzustellen. Hierfür spricht auch die fortlaufende Ermächtigung von Dr. I1 zur ambulanten neuropädiatrischen Diagnostik und Behandlung im Allgemeinen Krankenhaus I. Soweit die Kostenträger nicht bereit sind, eine qualitativ darüber hinausgehende - und unter zumutbaren Bedingungen erfolgende - Versorgung behinderter Kinder durch die Einbeziehung nicht ärztlicher psychologischer, heilpädagogischer und psychosozialer Leistungen in SPZ zu finanzieren, handelt es sich nicht um einen Bedarfsgesichtspunkt, sondern um das Unterlaufen des gesetzlichen Auftrages aus den §§ 43a und 119 SGB V.
Der Deckung des Versorgungsbedarfs im Einzugsgebiet des Klägers durch die SPZ in E und V (und erst recht durch entferntere SPZ) steht auch entgegen, dass auf Grund der räumlichen Entfernung dieser Einrichtungen zumutbare Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gewährleistet sind. Das Kriterium der Zumutbarkeit ist unter Würdigung der Belange der betroffenen Patienten und ihrer Familien zu bestimmen. Hierbei sind die gesetzlichen Vorgaben einer teilhabefördernden Bereitstellung sozialer Dienste und Einrichtungen für behinderte Menschen unter Vermeidung von Zugangsbarrieren zu berücksichtigen ( Vgl. §§ 1, 19 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -, SGB IX; § 17 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil -, SGB I). Aus § 19 Abs. 1 SGB IX folgt die Verpflichtung der Rehabilitationsträger (Krankenkassen: § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), zur Vermeidung von Zugangsbarrieren Einrichtungen für behinderte Menschen in ausreichender Zahl wohnortnah bereitzustellen (Mrozynski, SGB IX Teil 1, Kommentar, 1.Aufl. 2002, § 19 Rn. 9, 16). Darüber hinaus sind nach § 4 Abs. 3 SGB IX Leistungen für behinderte Kinder so zu planen und gestalten, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt werden.
Diese Regelungen machen deutlich, dass eine restriktive Beurteilung der Zumutbarkeit von Anfahrtswegen zu SPZ geboten ist. Bei der Planung der sozialpädiatrischen Versorgung sind deshalb Anfahrtszeiten einschließlich Zeiten des Erreichens des Verkehrsmittels und des Ziels zu Fuß (Tür zu Tür- Zeiten) von bis zu einer Stunde zu Grunde zu legen. Längere Fahrzeiten als insgesamt zwei Stunden pro Behandlungstag stellen den Erfolg einer kontinuierlichen sozialpädiatrischen Betreuung und Förderung in Frage. Es wäre dann nicht möglich, das soziale Umfeld der behinderten Kinder einbeziehen und die Behandlung in den Alltag der Familie (z.B. Versorgung von Geschwistern, Erwerbstätigkeit der Eltern) zu integrieren.
Abgesehen von wenigen Fällen einer zentralen, hauptbahnhofsnahen Wohnlage ist diese zeitliche Vorgabe bei Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel weder bei dem von dem Beklagten zur Bedarfsdeckung benannten SPZ V noch bei dem SPZ E gewährleistet. Da die beigeladenen Krankenkassen zwar Fahrtkosten übernehmen, einen Fahrdienst jedoch nicht anbieten, kann offen bleiben, ob bei Nutzung eines PKW im Regelfall zumutbare Anfahrzeiten entstehen. Den Überlegungen der Beigeladenen zu 1), Fahrzeiten allein auf der Basis der Fahrpläne der Hauptverbindung unter Außerachtlassung des Weges zum Erreichen des jeweiligen Bahnhofes und hilfsweise des Besitzes eines PKW und einer Fahrerlaubnis zu berechnen, vermag die Kammer nicht beizutreten. Eine derartige Sichtweise wird den räumlichen und sozialen Gegebenheiten der sozialpädiatrischen Versorgung nicht gerecht. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass die Bezugsperson des behinderten Kindes eine Fahrerlaubnis besitzt und zu den Behandlungszeiten des SPZ einen PKW zur Verfügung hat. Die deutsche Mittelstandsfamilie mit zeitlich flexibler Hausfrau und zwei PKW kann hier nicht zum Maßstab genommen werden.
Der Kläger hat bereits im Verfahren S 00 KA 000/00 eine detaillierte Bedarfsanalyse vorgelegt, wonach die Bevölkerungsdichte in seinem Einzugsgebiet nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie die Errichtung eines SPZ in I rechtfertige (Richtwert: Einzugsgebiet mit 1 Mio. Einwohnern). Der Beklagte setzt sich hiermit in dem angefochtenen Beschluss trotz Aufforderung durch die erkennende Kammer nicht auseinander (Entsprechend unzureichend die Bedarfsanalyse des Beklagten zu einem SPZ-Ermächtigungsantrag aus Hamm: LSG NRW, Urteil vom 17.01.2001, Az.: L 11 KA 75/00). Da die Angaben des Klägers zum Erreichen des erforderlichen Patientenumfanges plausibel sind, hat die Kammer nunmehr keine Bedenken, sie ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen. Der Beklagte ist offensichtlich nicht gewillt oder in der Lage, eine eigenständige gründliche Bedarfsanalyse durch zuführen. Von daher wäre es unbillig, den Kläger nach sechsjähriger Verfahrensdauer erneut auf den Beurteilungsspielraum des Beklagten zu verweisen. Soweit die Beigeladene zu 1) auf Überschneidungen mit Einzugs bereichen von SPZ im Bezirk der KV Nordrhein abstellt, sind diese als geringfügig zu vernachlässigen. Schwerpunktmäßig kommt das Klientel des Klägers aus I, dem benachbarten Sauerland und dem Ennepe-Ruhr-Kreis.
Schließlich steht der Ermächtigung des Klägers nicht entgegen, dass in dem vom ihm beanspruchten Einzugsgebiet inzwischen durch das Ev. Krankenhaus J GmbH ein weiterer, noch nicht abschließend beschiedener Antrag auf Ermächtigung eines SPZ gestellt worden ist. Auch insofern ist die Deckung des Versorgungsbedarfs im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Das LSG NRW stellt in seinem Beschluss vom 27.11.2002 (Az.: L 11 B 49/02 KA) zutreffend darauf ab, dass die Bedarfsprüfung nach § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V allein der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten und nicht dem wirtschaftlichen Schutz künftiger Konkurrenten diene. Da in J bislang kein SPZ besteht, bleibt eine etwaige Verbesserung der Versorgungssituation bei Durchgreifen des dortigen Ermächtigungsbegehrens vorliegend außer Betracht. Dies ist im Verhältnis der Antragsteller auch sachgerecht, weil der Ermächtigungsantrag des Klägers drei Jahre älter ist als der Antrag aus J und die zeitliche Verzögerung der Ermächtigung eines SPZ in I nicht dem Kläger, sondern dem Beklagten und den beigeladenen Krankenkassen zuzurechnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern.
Der klagende Verein zur G der T in I und Umgebung e.V. wird vertreten durch seinen 1. Vorsitzenden, den Kinderarzt Dr. I1, Leiter der Neuropädiatrischen Abteilung der Kinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses I. Dr. I1 verfügt über eine persönliche Ermächtigung zur ambulanten Erbringung bestimmter nervenärztlicher und psychotherapeutischer Leistungen für Kinder.
Ausweislich der bei der Gründungsversammlung am 00.00.1997 verabschiedeten Vereinssatzung bezweckt der Verein insbesondere die Errichtung, Förderung und Unterhaltung eines Sozialpädiatrischen Zentrums (SPZ) in I zur frühen Diagnostizierung, Behandlung, Betreuung, Förderung, interdisziplinären medizinischen Versorgung und Integration behinderter, insbesondere mehrfach und verschiedenartig behinderter oder von Behinderung bedrohter Kinder.
Am 09.05.1997 beantragte Dr. I1 für den Verein die Erteilung einer Ermächtigung zum Betrieb eines SPZ. Er legte eine Konzeption für das Zentrum vor, wonach die rein medizinisch-apparative Diagnostik des Zentrums in enger Anbindung an die Kinderklinik einschließlich der übrigen Fachabteilungen des Allgemeinen Krankenhauses I erfolgen solle. Die sozialpädiatrische Diagnostik und Therapieeinleitung basiere einerseits auf dem zu bildenden Team von Ärzten, Psychologen, Therapeuten etc., andererseits auf der Einbindung der in I und Umgebung vorhandenen Institutionen mit dem Ziel, das in der Entwicklung beeinträchtigte Kind möglichst optimal zu integrieren. Es bestehe eine enge Kooperation mit Frühförderstellen, niedergelassenen Therapeuten, Regel- und Sonderkindergärten, Schulen, kirchlichen und kommunalen Beratungsstellen, städtischen Ämtern und Kinderärzten. Als personelle Ausstattung seien zwei Teams, jeweils bestehend aus einem Kinderarzt, einem Psychologen, einem Krankengymnasten, einem Ergotherapeuten, einem Logopäden, einem Heilpädagogen, einem Sozialarbeiter, einem Sekretär und einem EEG-Assistenten vorgesehen. Der Gesamtraumbedarf für beide Teams werde in einem ehemaligen Mutter-Kind-Heim neben dem Allgemeinen Krankenhaus I gedeckt. Hinsichtlich des Bedarfs wurde ausgeführt, dass die bisherige Ambulanz von Dr. I1 derart stark in Anspruch genommen werde, dass die persönliche Leistungsgrenze mit 400 Patienten pro Quartal erreicht sei. Die Ausweitung auf ca. 800 bis 900 Patienten pro Quartal liege innerhalb realistischer Größenordnungen.
Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag auf Ermächtigung eines SPZ an der Kinderklinik des Allgemeinen Krankenhauses I erstmals mit Beschluss vom 24.09.1997 mangels Versorgungsbedarfs ab. Den Widerspruch des Klägers wies der beklagte Berufungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen X mit Beschluss vom 23.06.1998 zurück. Der Berufungsausschuss stellte darauf ab, dass der Verein in seinem jetzigen rechtlichen Status nicht ermächtigt werden könne und ließ die Frage eines Versorgungsbedarfs offen.
Der hiergegen erhobenen Klage gab das erkennende Gericht mit Urteil vom 30.07.1999 (Az.: S 00 KA 000/00) mit der Maßgabe statt, dass der Beklagte über die Ermächtigung zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden habe. In den Entscheidungsgründen führte die Kammer aus, die Ziele und Planungen des Vereins orientierten sich an den gemeinsamen Empfehlungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Ermächtigung von SPZ vom 16.10.1989 und erschienen somit als tragfähige Grundlage eines zu ermächtigenden SPZ in I. Es bestehe kein Zweifel daran, dass der Trägerverein eine geeignete ärztliche Leitung der Einrichtung bereitstelle. Die Darlegungen zu Konzeption, personeller Ausstattung und Einbindung des SPZ in die bisherigen Versorgungsstrukturen erlaubten auch die Annahme einer Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung. Die Kammer gab dem Beklagten deshalb auf, sich eingehend und zeitnah mit den detaillierten Argumenten des Vereins zur Bedarfssituation in I und Umgebung auseinander zu setzen und anschließend eine neue Entscheidung über den Ermächtigungsantrag zu fällen. Es komme wegen der besonderen Aufgabenstellung von SPZ nicht auf die Versorgung der Region mit Kinderärzten und Frühförderstellen an. Entscheidend sei allein, ob der Einzugsbereich des geplanten SPZ unter Berücksichtigung etwaiger Spezialisierungen umliegender SPZ und auch für kindheitslange therapeutische Betreuungen zumutbaren Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrs mitteln durch nahe gelegene SPZ bereits versorgt sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass nach den Angaben des ärztlichen Leiters des SPZ E Dr. T1 dort überwiegend E Patienten betreut würden und Patienten aus der Umgebung in größeren Abständen und lediglich zur Diagnostik einbestellt würden. Darüber hinaus bestünden demnach nicht unerhebliche Wartezeiten von drei bis sechs Monaten. Unter Berücksichtigung der von dem Beklagten bisher nicht überprüften Bedarfsanalyse des Klägers erscheine es der Kammer deshalb als plausibel, dass eine kontinuierliche sozialpädiatrische Therapie behinderter Kinder aus I und Umgebung durch das SPZ E nicht sichergestellt sei. Die unterlegenen Beteiligten haben gegen dieses Urteil keine Rechtsmittel eingelegt.
Es bedurfte der Erhebung einer Untätigkeitsklage des Vereins zur G der T im Mai 2001 (Az.: S 00 KA 00/00), um die von der erkennenden Kammer im Juli 1999 für erforderlich gehaltene Neubescheidung herbeizuführen. Im Erörterungstermin vom 07.08.2001 wies der Kammervorsitzende darauf hin, dass die von der beigeladenen AOK X geäußerte Auffassung, das Urteil der 26. Kammer vom 30.07.1999 sei aus abrechnungstechnischen Gründen nicht umsetzbar, nicht akzeptabel sei. Vielmehr müsse der Beklagte das rechtskräftige Urteil umsetzen und auf Grund einer im Urteil beschriebenen Sachverhaltsermittlung zur Bedarfssituation eine Entscheidung in der Sache herbeiführen. Es sei kein zureichender Grund für die Nichtentscheidung ersichtlich, da ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte des Beklagten von August 2000 bis zur Klageerhebung im Mai 2001 keine Aktivität des Beklagten zu verzeichnen sei. Nachdem sich der Beklagte in dem Termin verpflichtete, nunmehr die erforderliche Sachverhaltsermittlung unverzüglich durchzuführen und bis zum 31.10.2001 eine mündliche Verhandlung des Berufungsausschusses anzuberaumen, erklärte der Verein den Rechtsstreit für erledigt.
Die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X vertrat unter dem 24.09.2001 die Auffassung, dass eine ausreichende Zahl von SPZ existiere. Versorgungsoptimierungen seien vorrangig durch eine Bestands- und Qualitätssicherung der vorhandenen SPZ und nicht durch Neuermächtigung weiterer SPZ zu gewährleisten. Die in E und V bestehenden SPZ seien für Patienten aus I in zumutbarer Weise zu erreichen. Das SPZ V bestätige, dass Wartezeiten für neue Patienten maximal sechs bis acht Wochen betrügen. Dieses SPZ habe einen überregionalen Einzugsbereich und sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Pkw gut erreichbar.
Mit Beschluss vom 30.10.2001 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers erneut zurück. Unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X stellte der Beklagte fest, dass eine ausreichende Versorgung des in Betracht kommenden Patientenkreises jedenfalls durch das SPZ in V gewährleistet sei. Das in V bestehende SPZ sei für die Patienten aus I in zumutbarer Weise zu erreichen. Nach den Fahrplanauskünften der Deutschen Bundesbahn lägen die Fahrtzeiten deutlich unter einer Stunde. Es handele sich dabei um Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs, so dass auch die hierfür entstehenden Kosten in einem vertretbaren Rahmen lägen. Für Versicherte, die durch Fahrtkosten unzumutbar belastet würden, übernähmen die Krankenkassen die Fahrtkosten. Die Fahrtzeiten mit dem Auto lägen ebenfalls deutlich unter einer Stunde. Wartezeiten von ein bis zwei Monaten seien in SPZ üblich, da nach Bestellsystem auf Überweisung der niedergelassenen Haus- und Kinderärzte gearbeitet werde. Notfälle könnten akut jederzeit untersucht werden. Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob auch eine ausreichende Versorgung durch das SPZ in E gegeben sei.
Gegen den am 28.11.2001 zugestellten Beschluss des Beklagten richtet sich die am 27.12.2001 erhobene Klage. Zur Begründung führt der Kläger an, dass in I zu errichtende SPZ solle für die Stadt I, den Märkischen Kreis, den Ennepe-Ruhr-Kreis, den nördlichen Kreis Olpe, den westlichen Hochsauerlandkreis, den östlichen Bereich Wuppertals sowie Teile des Bergischen Kreises zuständig sein. Es handele sich hierbei um eine Region mit einer Einwohner zahl von ca. 1 Mio., wobei der Großraum I bereits jetzt Bezugspunkt der großen Ambulanz von Dr. I1 sei. Das SPZ in V betreue zu über 70 % Patienten unmittelbar aus dem Kreis V und den benachbarten Regionen. Aus dem Großraum I und Ennepetal mit immerhin 600.000 Einwohnern komme so gut wie kein Patient. Wenn die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen X sich auf die Ausführungen von Prof. T2 berufe (1 SPZ auf 1 Mio. Einwohner), bestehe in X mit insgesamt 8,4 Mio. Einwohnern und sieben bestehenden SPZ der Versorgungsbedarf für ein weiteres SPZ. Laut der Empfehlung der Gesellschaft für Sozialpädiatrie sollten Anfahrtszeiten zu einem SPZ nicht länger als 45 Minuten dauern, wobei offen gelassen werde, ob es sich um private Pkw-Fahrten oder Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln handele. Das Klientel, das einer mehrdimensionalen Diagnostik und Therapie bedürfe, sei überwiegend als sozial schwach einzustufen und verfüge oft nicht über die nötige Mobilität, um ein SPZ in 60 bzw. 100 km Entfernung zu erreichen. Ähnlich wie in E bestehe das sozialpädiatrische Klientel in I zu ca. 50 % aus ausländischen Kindern. Im Interesse dieser entwicklungsgestörten und behinderten Kinder seien die Anfahrtswege möglichst kurz zu halten, da ansonsten die notwendige Diagnostik und Therapie nicht selten unterbleibe. Bezüglich der Zumutbarkeit der Fahrtzeiten sei auf öffentliche Verkehrsmittel abzustellen. Die kürzeste Fahrtzeit von I-Hauptbahnhof nach V betrage 27 Minuten, die längste Fahrtzeit 44 Minuten. Unter Berücksichtigung der Fahrtzeiten mit Bussen aus Stadtteilen von I zum Hauptbahnhof I ergebe sich eine mittlere Fahrtzeit von 110 Minuten. Die Fahrtzeit vom Stadtgebiet I mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum SPZ V übertreffe damit bei weitem die empfohlenen Anfahrtszeiten zum nächst gelegenen SPZ. Von den Nachbarstädten um I, die derzeit zum Einzugsbereich der Sondersprechstunde für behinderte und entwicklungsgestörte Kinder von Dr. I1 gehörten, betrage die Fahrtzeit von Haustür bis zum SPZ V im Durchschnitt drei Stunden. Angesichts erheblicher Verkehrsstaus auf den Autobahnen zwischen I und V müsse auch bei der Anreise mit privaten Pkw s von einer einstündigen Fahrt ausgegangen werden. Soweit das Evangelische Krankenhaus C in J ebenfalls eine Ermächtigung als SPZ anstrebe, sei dies irrelevant. Ein nicht unerheblicher Anteil der betroffenen Klientel aus J werde in der Sondersprechstunde von Dr. I1 versorgt. Der Antrag deute jedoch darauf hin, dass im Großraum I ein ergänzender Bedarf an sozialpädiatrischer Versorgung erforderlich sei. Angesichts der zentralen Lage der Großstadt I und der Antragstellung bereits vor fünf Jahren sei dem Kläger die Ermächtigung zu erteilen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 30.10.2001 zu verurteilen, ihn zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) - 3), 6) - 8) beantragen,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte führt an, sich hinsichtlich der Bedarfssituation auf die Feststellungen der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in X zu stützen. Die Fahrtzeiten ergäben sich aus den amtlichen Fahrplänen. Es möge sein, dass im Einzelfall etwas längere Fußwege erforderlich seien, um öffentliche Verkehrsmittel oder von diesen die Ziele zu erreichen. Es gehe aber nicht an, diese etwaigen Erschwerungen zum Maßstab für die Zumutbarkeit von Wegstrecken oder -zeiten zu machen. Untersuchungen und Behandlungen in einem SPZ seien planbar. Deshalb sei es den Betroffenen durchaus zuzumuten, sich verkehrsgünstige Zeiten auszusuchen.
Die beigeladene AOK-X führt ergänzend aus, über die von dem Kläger genannten Einrichtungen hinaus verfügten weitere Krankenhäuser in X über Ermächtigungen als SPZ. Es ergäben sich zum Teil Überschneidungen mit dem von dem Kläger in Aussicht genommenen Einzugsbereich. Die in der Klageschrift erfolgte Berechnung gewichteter Fahrtzeiten und Fußwege bilde die tatsächlichen Verhältnisse nicht voll ab. Insbesondere sei festzustellen, dass die Fahrtzeit mit dem Pkw in bereits vorhandene SPZ zum Teil deutlich unter einer Stunde liege. Lediglich bei einigen Stadtteilbereichen I ergäben sich bei Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zur Kinderklinik in V tatsächlich Fahrtzeiten von einer Stunde und darüber. Durch gesetzliche Vorgaben sei ausgeschlossen, eine wirksame Vergütungsvereinbarung mit dem klagenden Verein zu treffen, da es sich hierbei nicht um ein Krankenhaus handele. Somit sei das Ziel einer Ermächtigung des klagenden Vereins im Hinblick auf die Erfüllung des Versorgungsauftrages eines SPZ grundsätzlich in Frage zu stellen.
Das Gericht hat eine Stellungnahme der Ärztlichen Leiterin des SPZ V Dr. L I2 vom 23.07.2002 eingeholt. Demnach ist das Haupteinzugsgebiet des SPZ V der Kreis V. Eine kreisbezogene Auswertung der Wohnorte der behandelten Patienten im Jahre 2001 ergab, dass 60,9 % der Patienten im Kreis V, 11,2 % im Kreis Soest, 5,1 % im Hochsauerlandkreis, 6,2 % im Märkischen Kreis wohnten. Aus I stammten im gesamten Jahr 2001 lediglich 5 Patienten. Dr. I2 führt ergänzend aus, das SPZ V stehe für bestimmte spezialisierte Fragestellungen auch überregional zur Verfügung. Die Wartezeiten für neue Patienten betrügen durchschnittlich acht Wochen. Das SPZ V könne sicher nicht allein den Versorgungsbedarf für die von dem klägerischen Verein genannten Städte und Kreise abdecken. Freie Valenzen könnten sich daraus ergeben, dass in Paderborn ein neues SPZ entstehe und sich Patienten aus den Kreisen Soest und dem Hochsauerlandkreis dorthin wenden könnten. Eine Erweiterung des SPZ V um ein drittes sozialpädiatrisches Team sei möglich.
Am 01.10.2002 hat das Evangelische Krankenhaus C J GmbH seine Beiladung zum Klageverfahren beantragt. Ein im August 2000 gestellter Ermächtigungsantrag stehe vor der Entscheidung des Berufungsausschusses, wobei dieser zu erkennen gegeben habe, dass - wenn überhaupt Bedarf für ein SPZ in der Region bestehe -, dieser Bedarf in Großteilen überschneidend gedeckt werde entweder vom Ermächtigungsantrag des J Krankenhauses oder von dem Antrag des I Vereins. Mit Beschluss vom 16.10.2002 hat der Vorsitzende der erkennenden Kammer den Beiladungsantrag abgelehnt. Die Beschwerde des Evangelischen Krankenhauses C J hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 27.11.2002 zurückgewiesen. Das LSG NRW führt aus, dass die in § 119 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) enthaltenen Bedarfsaspekte ausschließlich der Sicherstellung der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten und nicht dem wirtschaftlichen Schutz etwaiger künftiger wirtschaftlicher Konkurrenten dienten. Eine Beiladung des J Krankenhauses sei auch nicht sachdienlich, weil hier das berechtigte Interesse des I Vereins an einer möglichst zügigen Entscheidung über seinen bereits im Jahre 1997 und damit über drei Jahre vor dem Antrag des J Krankenhauses gestellten Antrag entgegenstehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte, die erledigten Streitakten zu den Aktenzeichen S 00 KA 000/00 und S 00 KA 00/00 sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, den Kläger zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern zu ermächtigen.
Der Beklagte hat nunmehr davon auszugehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigung eines vom Kläger in I zu betreibenden SPZ hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und der Wirtschaftlichkeit (§ 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und des Vorhandenseins eines Versorgungsbedarfs (§ 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V) gegeben sind. Ein Beurteilungsspielraum verbleibt dem Beklagten bei der zeitnah - d.h. innerhalb der Dreimonatsfrist des § 88 Abs. 2 SGG - vorzunehmenden Ausführung dieser gerichtlichen Entscheidung lediglich zur Bestimmung von Gegenstand und Umfang der Ermächtigung, der Eingrenzung des Überweiserkreises sowie einer etwaigen Befristung (Vgl. LSG NRW, Urteil vom 12.01.2000, Az.: L 11 KA 156/99; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.07.1995, MedR 1996, 89).
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 SGB V kann der Zulassungsausschuss (und nachfolgend der beklagte Berufungsausschuss, § 97 SGB V) SPZ zur ambulanten sozialpädiatrischen Behandlung von Kindern ermächtigen, soweit sie fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung stehen und die Gewähr für eine leistungsfähige und wirtschaftliche sozialpädiatrische Behandlung bieten.
Die erkennende Kammer hat das Vorliegen dieser tatbestandlichen Ermächtigungsvoraussetzungen bereits mit dem rechtskräftigem Urteil vom 30.07.1999 (Az.: S 00 KA 000/00) bejaht und nimmt insoweit Bezug auf diese Entscheidung. Auch die Beigeladene zu 1) ist an die Rechtskraft des Urteils vom 30.07.1999 gebunden, da sie ihre Einwände gegen die Ermächtigung des Trägervereins nicht zum Anlass einer Berufungseinlegung genommen hat. Die vom LSG NRW in der Entscheidung vom 17.01.2001 (Az.: L 11 KA 75/00) für erforderlich gehaltene Darlegung des Leistungsangebotes einschließlich der Bereitstellung der personellen und apparativen Kapazitäten für das künftige SPZ ist vorliegend bereits im Streitverfahren S 00 KA 000/00 erfolgt und für ausreichend befunden worden. Die Behandlung von Kindern mit schweren oder komplexen Behinderungen soll durch sozialpädiatrische Diagnostik, neuropädiatrische Therapie, Psychotherapie, entwicklungs- und funktionstherapeutische Maßnahmen, Maßnahmen der pädagogischen Frühförderung und psychosoziale Maßnahmen erfolgen.
Abgesehen von der Rechtskraft des Urteils vom 30.07.1999 überzeugen die abrechnungstechnischen Erwägungen der Beigeladenen zu 1) nicht. Die gesetzliche Regelung des § 119 SGB V als Anspruchsnorm der Ermächtigung von SPZ stellt gerade nicht auf den Antrag eines Krankenhausträgers ab. Auch aus der Vergütungsvorschrift des § 120 Abs. 2 SGB V ergibt sich kein Anhalt für eine Beschränkung auf SPZ in unmittelbarer Trägerschaft von Krankenhäusern. Demnach haben die Krankenkassen die Leistungen der SPZ unmittelbar zu vergüten. Nach Erteilung der Ermächtigung ist der Trägerverein in Vergütungsvereinbarungen nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V einzubeziehen.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist die Ermächtigung zu erteilen, soweit und solange sie notwendig ist, um eine ausreichende sozialpädiatrische Behandlung sicherzustellen. Die damit vorzunehmende Bedarfsprüfung ist Gegenstand der angefochtenen Verwaltungsentscheidung und des vorliegenden Rechtsstreits.
Die Kammer ist der Überzeugung, dass eine ausreichende ambulante sozialpädiatrische Behandlung für Kinder mit schweren oder komplexen Behinderungen in I und den angrenzenden Kreisen derzeit nicht sichergestellt ist. Sie geht dabei wie bereits im Urteil vom 30.07.1999, Az.: S 00 KA 000/00, Umdr. S. 12 und in Übereinstimmung mit dem LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.07.1995, MedR 1996, 89, 91) davon aus, dass es wegen der besonderen interdisziplinären Aufgabenstellung von SPZ nicht auf die Versorgung der Region mit Kinderärzten und Frühförderstellen ankommt. Eine Behandlung in SPZ kommt nur bei Kindern in Betracht, die wegen der Art, Schwere oder Dauer ihrer Behinderung nicht von geeigneten niedergelassenen Ärzten oder in Einrichtungen zur Frühförderung behandelt werden können (§ 119 Abs. 2 Satz 1 SGB V; Gemeinsame Empfehlung der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Ermächtigung von SPZ vom 16.10.1989, Ziffer 2). Entscheidend ist somit allein, ob der Einzugsbereich des geplanten SPZ unter Berücksichtigung etwaiger Spezialisierungen umliegen der SPZ und auch für kindheitslange therapeutische Betreuungen zumutbarer Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Vgl. Schlack in: Kinderärztliche Praxis 1998, 278, 282) durch nahegelegene SPZ bereits versorgt ist. Dies ist vorliegend für den vom Kläger beanspruchten Einzugsbereich von I und Umgebung nicht der Fall.
Das SPZ in der Kinderklinik E betreut überwiegend E Patienten. Auswärtige Patienten werden lediglich in größeren Abständen zur Diagnostik einbestellt. Es bestehen erhebliche Wartezeiten (Auskunft des ärztlichen Leiters des SPZ E Dr. T1 vom 15.04.1999 im Verfahren S 00 KA 000/00). Der Beklagte hat in Kenntnis dieser Sachlage auf eine weitergehende Bedarfsdeckungsanalyse durch das SPZ E verzichtet. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das SPZ E in der Lage wäre, zusätzlich in nennenswertem Umfang für behinderte Kinder aus I, dem Märkischen Kreis, dem Ennepe Ruhr Kreis, dem nördlichen Kreis Olpe und dem westlichen Hochsauerlandkreis eine kontinuierliche sozialpädiatrische Therapie zur Verfügung zu stellen.
Gleiches gilt für das von dem Beklagten benannte SPZ in V. Dabei ist der derzeitige Ausbaustand der Einrichtung zu Grunde zu legen. Denkbare Kapazitätserweiterungen in der Zukunft sind unbeachtlich. Von daher können sich die Krankenkassen nicht auf beabsichtigte Versorgungsoptimierungen durch bestehende SPZ berufen. Die Zulassungsgremien haben es künftig in der Hand, eine Bedarfssteuerung durch die Begrenzung des Ermächtigungsumfangs sowohl für das SPZ V wie das SPZ I vorzunehmen.
Die ärztliche Leiterin des SPZ V Dr. I2 legt in ihrer Auskunft vom 23.07.2002 detailliert dar, dass in V kaum Patienten aus dem Einzugsbereich des künftigen SPZ I versorgt werden. Da die Einrichtung in seinem derzeitigen Ausbaustand ausgelastet ist, folgt die Kammer der Einschätzung der Chefärztin, dass das SPZ V entgegen der unsubstantiierten Behauptung des Beklagten nicht in der Lage ist, die vollwertige sozialpädiatrische Versorgung für das Klientel des Klägers sicherzustellen. Hierfür spricht auch die fortlaufende Ermächtigung von Dr. I1 zur ambulanten neuropädiatrischen Diagnostik und Behandlung im Allgemeinen Krankenhaus I. Soweit die Kostenträger nicht bereit sind, eine qualitativ darüber hinausgehende - und unter zumutbaren Bedingungen erfolgende - Versorgung behinderter Kinder durch die Einbeziehung nicht ärztlicher psychologischer, heilpädagogischer und psychosozialer Leistungen in SPZ zu finanzieren, handelt es sich nicht um einen Bedarfsgesichtspunkt, sondern um das Unterlaufen des gesetzlichen Auftrages aus den §§ 43a und 119 SGB V.
Der Deckung des Versorgungsbedarfs im Einzugsgebiet des Klägers durch die SPZ in E und V (und erst recht durch entferntere SPZ) steht auch entgegen, dass auf Grund der räumlichen Entfernung dieser Einrichtungen zumutbare Anfahrtszeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gewährleistet sind. Das Kriterium der Zumutbarkeit ist unter Würdigung der Belange der betroffenen Patienten und ihrer Familien zu bestimmen. Hierbei sind die gesetzlichen Vorgaben einer teilhabefördernden Bereitstellung sozialer Dienste und Einrichtungen für behinderte Menschen unter Vermeidung von Zugangsbarrieren zu berücksichtigen ( Vgl. §§ 1, 19 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -, SGB IX; § 17 Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgesetzbuchs - Allgemeiner Teil -, SGB I). Aus § 19 Abs. 1 SGB IX folgt die Verpflichtung der Rehabilitationsträger (Krankenkassen: § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), zur Vermeidung von Zugangsbarrieren Einrichtungen für behinderte Menschen in ausreichender Zahl wohnortnah bereitzustellen (Mrozynski, SGB IX Teil 1, Kommentar, 1.Aufl. 2002, § 19 Rn. 9, 16). Darüber hinaus sind nach § 4 Abs. 3 SGB IX Leistungen für behinderte Kinder so zu planen und gestalten, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt werden.
Diese Regelungen machen deutlich, dass eine restriktive Beurteilung der Zumutbarkeit von Anfahrtswegen zu SPZ geboten ist. Bei der Planung der sozialpädiatrischen Versorgung sind deshalb Anfahrtszeiten einschließlich Zeiten des Erreichens des Verkehrsmittels und des Ziels zu Fuß (Tür zu Tür- Zeiten) von bis zu einer Stunde zu Grunde zu legen. Längere Fahrzeiten als insgesamt zwei Stunden pro Behandlungstag stellen den Erfolg einer kontinuierlichen sozialpädiatrischen Betreuung und Förderung in Frage. Es wäre dann nicht möglich, das soziale Umfeld der behinderten Kinder einbeziehen und die Behandlung in den Alltag der Familie (z.B. Versorgung von Geschwistern, Erwerbstätigkeit der Eltern) zu integrieren.
Abgesehen von wenigen Fällen einer zentralen, hauptbahnhofsnahen Wohnlage ist diese zeitliche Vorgabe bei Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel weder bei dem von dem Beklagten zur Bedarfsdeckung benannten SPZ V noch bei dem SPZ E gewährleistet. Da die beigeladenen Krankenkassen zwar Fahrtkosten übernehmen, einen Fahrdienst jedoch nicht anbieten, kann offen bleiben, ob bei Nutzung eines PKW im Regelfall zumutbare Anfahrzeiten entstehen. Den Überlegungen der Beigeladenen zu 1), Fahrzeiten allein auf der Basis der Fahrpläne der Hauptverbindung unter Außerachtlassung des Weges zum Erreichen des jeweiligen Bahnhofes und hilfsweise des Besitzes eines PKW und einer Fahrerlaubnis zu berechnen, vermag die Kammer nicht beizutreten. Eine derartige Sichtweise wird den räumlichen und sozialen Gegebenheiten der sozialpädiatrischen Versorgung nicht gerecht. Insbesondere kann nicht unterstellt werden, dass die Bezugsperson des behinderten Kindes eine Fahrerlaubnis besitzt und zu den Behandlungszeiten des SPZ einen PKW zur Verfügung hat. Die deutsche Mittelstandsfamilie mit zeitlich flexibler Hausfrau und zwei PKW kann hier nicht zum Maßstab genommen werden.
Der Kläger hat bereits im Verfahren S 00 KA 000/00 eine detaillierte Bedarfsanalyse vorgelegt, wonach die Bevölkerungsdichte in seinem Einzugsgebiet nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie die Errichtung eines SPZ in I rechtfertige (Richtwert: Einzugsgebiet mit 1 Mio. Einwohnern). Der Beklagte setzt sich hiermit in dem angefochtenen Beschluss trotz Aufforderung durch die erkennende Kammer nicht auseinander (Entsprechend unzureichend die Bedarfsanalyse des Beklagten zu einem SPZ-Ermächtigungsantrag aus Hamm: LSG NRW, Urteil vom 17.01.2001, Az.: L 11 KA 75/00). Da die Angaben des Klägers zum Erreichen des erforderlichen Patientenumfanges plausibel sind, hat die Kammer nunmehr keine Bedenken, sie ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen. Der Beklagte ist offensichtlich nicht gewillt oder in der Lage, eine eigenständige gründliche Bedarfsanalyse durch zuführen. Von daher wäre es unbillig, den Kläger nach sechsjähriger Verfahrensdauer erneut auf den Beurteilungsspielraum des Beklagten zu verweisen. Soweit die Beigeladene zu 1) auf Überschneidungen mit Einzugs bereichen von SPZ im Bezirk der KV Nordrhein abstellt, sind diese als geringfügig zu vernachlässigen. Schwerpunktmäßig kommt das Klientel des Klägers aus I, dem benachbarten Sauerland und dem Ennepe-Ruhr-Kreis.
Schließlich steht der Ermächtigung des Klägers nicht entgegen, dass in dem vom ihm beanspruchten Einzugsgebiet inzwischen durch das Ev. Krankenhaus J GmbH ein weiterer, noch nicht abschließend beschiedener Antrag auf Ermächtigung eines SPZ gestellt worden ist. Auch insofern ist die Deckung des Versorgungsbedarfs im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Das LSG NRW stellt in seinem Beschluss vom 27.11.2002 (Az.: L 11 B 49/02 KA) zutreffend darauf ab, dass die Bedarfsprüfung nach § 119 Abs. 1 Satz 2 SGB V allein der Sicherstellung der Versorgung der Versicherten und nicht dem wirtschaftlichen Schutz künftiger Konkurrenten diene. Da in J bislang kein SPZ besteht, bleibt eine etwaige Verbesserung der Versorgungssituation bei Durchgreifen des dortigen Ermächtigungsbegehrens vorliegend außer Betracht. Dies ist im Verhältnis der Antragsteller auch sachgerecht, weil der Ermächtigungsantrag des Klägers drei Jahre älter ist als der Antrag aus J und die zeitliche Verzögerung der Ermächtigung eines SPZ in I nicht dem Kläger, sondern dem Beklagten und den beigeladenen Krankenkassen zuzurechnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved