Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 20 AS 13/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 720/14 NZB
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sicherheitszuschlag bei Bemessung der Bedarfe der Unterkunft
Bemerkung
Auch nach Inkrafttreten des § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II ist bei Ausfall der lokalen Erkenntnismöglichkeiten bei der Anwendung der Tabelle zu § 12 WoGG ein Sicherheitszuschlag von 10 % gemäß der Rechtsprechung des BSG anzusetzen.
I. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern weitere Kosten der Unterkunft zu zahlen für Februar und April bis Juni 2013 in Höhe von monatlich 38,00 EUR und für März 2013 in Höhe von 28,98 EUR.
Der Bescheid vom 11. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu ½.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Juli 2013. Der am 1959 geborene Kläger zu 1 und die am 1962 geborene Klägerin zu 2 beantragten bei dem Beklagten am 30. Dezember 2004 erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie bewohnen ein 1995 errichtetes Einfamilienhaus in mit einer Wohnfläche von ca. 127 m² auf einem 700 m² großen Grundstück, das sich in ihrem Eigentum befindet. Das Grundstück ist mit drei Krediten der Bank belastet, die zum 1. Dezember 2012 mit insgesamt 100.240,69 EUR valutierten. Mit Schreiben vom 22. Juli 2010 forderte der Beklagte die Kläger zur Senkung der Kosten der Unterkunft auf. Am 13. November 2012 Kläger stellten die Kläger einen Leistungsantrag. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 11. Februar 2013 für Januar 2013 0 EUR und für die Monate Februar bis Juli 2013 jeweils 1.070 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 11. März 2013 bewilligte der Beklagte für März 2013 2.014,34 EUR und berücksichtigte dabei den Bedarf für Heizung. Die Kläger erhoben am 27. Februar 2013 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Februar 2013, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2013 zurückwies. Die Kläger haben am 5. Dezember 2013 Klage vor dem Sozialgericht Dresden gegen mehrere Widerspruchsbescheide erhoben. Sie tragen im Wesentlichen vor, die anerkannten Kosten der Unterkunft in Höhe von 380 EUR lägen unter den tatsächlichen Kosten. Es seien die tatsächlichen Kosten zu erstatten.
Die Kläger beantragen: Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird, soweit vom Beklagten Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2013 von nicht mehr als 380 EUR monatlich anerkannt worden sind, aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Kläger zur Gesamthand Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II für Februar, April, Mai und Juni 2013 in Höhe von je 38,00 EUR und für März 2013 in Höhe von 28,98 EUR nachzuzahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Obergrenze der Angemessenheit der Unterkunftskosten bemesse sich auf der Grundlage der Tabelle zu § 12 WoGG, wobei die Kläger in die Mietstufe 2 einzuordnen seien. Eine 10 %-ige Erhöhung sei nicht erforderlich. Mit Beschluss vom 2. Januar 2014 wurde das Verfahren gemäß §§ 202 SGG, 145 ZPO vom Verfahren S 20 AS 8213/13 abgetrennt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist – soweit die Kläger an ihr in der mündlichen Verhandlung festgehalten haben – begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von bis zu 418 EUR pro Monat. Der Bescheid vom 11. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit er ihnen diesen Anspruch versagt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem SGB II. Die Kläger erfüllen im Zeitraum von Februar bis Juli 2013 alle Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II. Im Januar 2013 waren sie hingegen unstreitig nicht hilfebedürftig. Sie lebten im gesamten genannten Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a SGB II. Die Kläger haben nur Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Unstreitig entfällt die Hilfebedürftigkeit der Kläger nicht wegen zu berücksichtigenden Vermögens, § 12 Abs. 1 SGB II. Zweifelhaft ist zwar, ob das von den Klägern bewohnte Eigenheim angemessen im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist. Dies kann jedoch offen bleiben, da es in Anbetracht der auf dem Grundstück lastenden Schulden, die den Verkehrswert übersteigen, jedenfalls nicht verwertbar im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II ist. Die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld II bemisst sich nach § 19 SGB II. Der Bedarf der Kläger ergibt sich zum einen aus dem ihnen gemäß § 20 Abs. 4 SGB II zustehenden Regelbedarf in Höhe von je 345 EUR. Zum anderen gehört dazu der den Klägern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zustehende Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft der Kläger betrugen im Januar und Juli 2013 unter 380 EUR, im März 2013 408,98 EUR und in allen übrigen streitgegenständlichen Monaten jeweils mehr als 418 EUR. Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Aufwendungen für die Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum auf unter 418 EUR pro Monat lagen nicht vor. Zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums war die Frist nach § 22 Abs. 1 Satz 3 a. E. SGB II von sechs Monaten für die Senkung der Kosten der Unterkunft auf Grund der wirksamen Kostensenkungsaufforderung vom 22. Juli 2010 bereits abgelaufen. Der Beklagte durfte daher grundsätzlich die zu erstattenden Kosten der Unterkunft auf die angemessenen Kosten begrenzen (Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 Rn. 91 ff. m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des BSG hat der Beklagte zur Feststellung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft in mehreren Schritten vorzugehen (Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R): In einem ersten Schritt ist die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen. In einem zweiten Schritt ist festzulegen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Sodann ist in einem dritten Schritt nach der "Produkttheorie" zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist. Hierbei ist der ermittelte Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete festzustellen. Die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (BSG, Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R) muss auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: = Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), = es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, = Angaben über den Beobachtungszeitraum, = Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), = Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, = Validität der Datenerhebung, = Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und = Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (BSG, Urteil vom 22. September 2009, a. a. O., Rn. 18 f.). Es kann offen bleiben, ob diese Rechtsprechung des BSG im Lichte der Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a. – noch tragfähig ist (vgl. Urteile der Kammer vom 25. Januar 2013 – S 20 AS 4915/11 – und vom 17. Juni 2013 – S 20 AS 3375/10). Denn unstreitig verfügte der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht über ein schlüssiges Konzept im o. g. Sinne. Ein schlüssiges Konzept kann auch nicht mehr entwickelt werden; es handelt sich vielmehr um einen Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R –, Rn. 24). Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 25). Die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" hat auch im Falle der Heranziehung von § 12 WoGG zu erfolgen. Die von der Rechtsprechung des BSG für die Geltung von § 8 WoGG a. F. angestellten Erwägungen sind auf § 12 WoGG zu übertragen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 27). Dieser Sicherheitszuschlag beträgt bis heute 10 % (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 28). Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf das Inkrafttreten des § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II mit Wirkung vom 1. April 2011. Diese Vorschrift bezieht sich auf die Erstellung einer Satzung nach § 22b SGB II und kann damit bereits keinerlei direkten Einfluss auf die Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in den Fällen haben, in denen eine solche Satzung gerade fehlt. Auch bei der Auslegung des Begriffes "angemessen" führt der Verweis auf § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht weiter. Denn dass bei der Erstellung der Satzung nach § 22b SGB II die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs. 1 WoGG hilfsweise "berücksichtigt" werden dürfen bedeutet nicht, dass damit der vom BSG in ständiger Rechtsprechung einbezogene "Sicherheitszuschlag" obsolet wäre. Vielmehr "berücksichtigt" ja gerade auch das BSG diese Höchstbeträge, hält aber aus den in den in der oben zitierten Entscheidung ausführlich dargelegten Gründen weiterhin die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" von 10 % für erforderlich. Damit ergibt sich im streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch der Kläger auf Übernahme von Bedarfen der Unterkunft bis zur Höhe von monatlich 418 EUR (Tabelle zu § 12 WoGG, 2 Haushaltsmitglieder, Mietstufe II: 380 EUR zuzüglich 10 % = 38 EUR). Da der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum bislang lediglich 380 EUR monatlich übernommen hat, war er zu einer weiteren Zahlung in der tenorierten Höhe zu verurteilen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Kläger zunächst die volle Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft begehrt hatten und die Klage erst in der mündlichen Verhandlung auf die Höhe der mit Urteil zugesprochenen Leistungen beschränkt haben. Die Berufung, die der Zulassung bedarf, da der Wert des Beschwerdegegenstandes weniger 750 EUR beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), war nicht zuzulassen, da die Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die streitige Rechtsfrage ist mit dem Urteil des BSG vom 12. Dezember 2013 (a. a. O.) eindeutig geklärt.
Der Bescheid vom 11. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu ½.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Juli 2013. Der am 1959 geborene Kläger zu 1 und die am 1962 geborene Klägerin zu 2 beantragten bei dem Beklagten am 30. Dezember 2004 erstmals Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie bewohnen ein 1995 errichtetes Einfamilienhaus in mit einer Wohnfläche von ca. 127 m² auf einem 700 m² großen Grundstück, das sich in ihrem Eigentum befindet. Das Grundstück ist mit drei Krediten der Bank belastet, die zum 1. Dezember 2012 mit insgesamt 100.240,69 EUR valutierten. Mit Schreiben vom 22. Juli 2010 forderte der Beklagte die Kläger zur Senkung der Kosten der Unterkunft auf. Am 13. November 2012 Kläger stellten die Kläger einen Leistungsantrag. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 11. Februar 2013 für Januar 2013 0 EUR und für die Monate Februar bis Juli 2013 jeweils 1.070 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 11. März 2013 bewilligte der Beklagte für März 2013 2.014,34 EUR und berücksichtigte dabei den Bedarf für Heizung. Die Kläger erhoben am 27. Februar 2013 Widerspruch gegen den Bescheid vom 11. Februar 2013, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 2013 zurückwies. Die Kläger haben am 5. Dezember 2013 Klage vor dem Sozialgericht Dresden gegen mehrere Widerspruchsbescheide erhoben. Sie tragen im Wesentlichen vor, die anerkannten Kosten der Unterkunft in Höhe von 380 EUR lägen unter den tatsächlichen Kosten. Es seien die tatsächlichen Kosten zu erstatten.
Die Kläger beantragen: Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 wird, soweit vom Beklagten Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2013 von nicht mehr als 380 EUR monatlich anerkannt worden sind, aufgehoben und der Beklagte verurteilt, an die Kläger zur Gesamthand Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II für Februar, April, Mai und Juni 2013 in Höhe von je 38,00 EUR und für März 2013 in Höhe von 28,98 EUR nachzuzahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Obergrenze der Angemessenheit der Unterkunftskosten bemesse sich auf der Grundlage der Tabelle zu § 12 WoGG, wobei die Kläger in die Mietstufe 2 einzuordnen seien. Eine 10 %-ige Erhöhung sei nicht erforderlich. Mit Beschluss vom 2. Januar 2014 wurde das Verfahren gemäß §§ 202 SGG, 145 ZPO vom Verfahren S 20 AS 8213/13 abgetrennt. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist – soweit die Kläger an ihr in der mündlichen Verhandlung festgehalten haben – begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von bis zu 418 EUR pro Monat. Der Bescheid vom 11. Februar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit er ihnen diesen Anspruch versagt. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Leistungen nach dem SGB II. Die Kläger erfüllen im Zeitraum von Februar bis Juli 2013 alle Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II. Im Januar 2013 waren sie hingegen unstreitig nicht hilfebedürftig. Sie lebten im gesamten genannten Zeitraum in einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe a SGB II. Die Kläger haben nur Anspruch auf Leistungen, soweit sie hilfebedürftig sind (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II). Unstreitig entfällt die Hilfebedürftigkeit der Kläger nicht wegen zu berücksichtigenden Vermögens, § 12 Abs. 1 SGB II. Zweifelhaft ist zwar, ob das von den Klägern bewohnte Eigenheim angemessen im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist. Dies kann jedoch offen bleiben, da es in Anbetracht der auf dem Grundstück lastenden Schulden, die den Verkehrswert übersteigen, jedenfalls nicht verwertbar im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II ist. Die Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld II bemisst sich nach § 19 SGB II. Der Bedarf der Kläger ergibt sich zum einen aus dem ihnen gemäß § 20 Abs. 4 SGB II zustehenden Regelbedarf in Höhe von je 345 EUR. Zum anderen gehört dazu der den Klägern gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zustehende Bedarf für Unterkunft und Heizung. Die tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft der Kläger betrugen im Januar und Juli 2013 unter 380 EUR, im März 2013 408,98 EUR und in allen übrigen streitgegenständlichen Monaten jeweils mehr als 418 EUR. Die Voraussetzungen für eine Kürzung der Aufwendungen für die Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II im streitgegenständlichen Zeitraum auf unter 418 EUR pro Monat lagen nicht vor. Zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums war die Frist nach § 22 Abs. 1 Satz 3 a. E. SGB II von sechs Monaten für die Senkung der Kosten der Unterkunft auf Grund der wirksamen Kostensenkungsaufforderung vom 22. Juli 2010 bereits abgelaufen. Der Beklagte durfte daher grundsätzlich die zu erstattenden Kosten der Unterkunft auf die angemessenen Kosten begrenzen (Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 Rn. 91 ff. m. w. N.). Nach der Rechtsprechung des BSG hat der Beklagte zur Feststellung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft in mehreren Schritten vorzugehen (Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R): In einem ersten Schritt ist die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen. In einem zweiten Schritt ist festzulegen, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Sodann ist in einem dritten Schritt nach der "Produkttheorie" zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist. Hierbei ist der ermittelte Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete festzustellen. Die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (BSG, Urteil vom 18.6.2008 – B 14/7b AS 44/06 R) muss auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: = Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), = es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, = Angaben über den Beobachtungszeitraum, = Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), = Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, = Validität der Datenerhebung, = Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und = Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze) (BSG, Urteil vom 22. September 2009, a. a. O., Rn. 18 f.). Es kann offen bleiben, ob diese Rechtsprechung des BSG im Lichte der Entscheidung des BVerfG vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a. – noch tragfähig ist (vgl. Urteile der Kammer vom 25. Januar 2013 – S 20 AS 4915/11 – und vom 17. Juni 2013 – S 20 AS 3375/10). Denn unstreitig verfügte der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum nicht über ein schlüssiges Konzept im o. g. Sinne. Ein schlüssiges Konzept kann auch nicht mehr entwickelt werden; es handelt sich vielmehr um einen Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 4 AS 87/12 R –, Rn. 24). Im Falle eines Erkenntnisausfalls zur Ermittlung der angemessenen Referenzmiete sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden wiederum durch die Tabellenwerte zu § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 25). Die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" hat auch im Falle der Heranziehung von § 12 WoGG zu erfolgen. Die von der Rechtsprechung des BSG für die Geltung von § 8 WoGG a. F. angestellten Erwägungen sind auf § 12 WoGG zu übertragen (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 27). Dieser Sicherheitszuschlag beträgt bis heute 10 % (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013, a. a. O., Rn. 28). Nichts anderes ergibt sich im Hinblick auf das Inkrafttreten des § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II mit Wirkung vom 1. April 2011. Diese Vorschrift bezieht sich auf die Erstellung einer Satzung nach § 22b SGB II und kann damit bereits keinerlei direkten Einfluss auf die Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in den Fällen haben, in denen eine solche Satzung gerade fehlt. Auch bei der Auslegung des Begriffes "angemessen" führt der Verweis auf § 22c Abs. 1 Satz 2 SGB II nicht weiter. Denn dass bei der Erstellung der Satzung nach § 22b SGB II die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs. 1 WoGG hilfsweise "berücksichtigt" werden dürfen bedeutet nicht, dass damit der vom BSG in ständiger Rechtsprechung einbezogene "Sicherheitszuschlag" obsolet wäre. Vielmehr "berücksichtigt" ja gerade auch das BSG diese Höchstbeträge, hält aber aus den in den in der oben zitierten Entscheidung ausführlich dargelegten Gründen weiterhin die Einbeziehung eines "Sicherheitszuschlages" von 10 % für erforderlich. Damit ergibt sich im streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch der Kläger auf Übernahme von Bedarfen der Unterkunft bis zur Höhe von monatlich 418 EUR (Tabelle zu § 12 WoGG, 2 Haushaltsmitglieder, Mietstufe II: 380 EUR zuzüglich 10 % = 38 EUR). Da der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum bislang lediglich 380 EUR monatlich übernommen hat, war er zu einer weiteren Zahlung in der tenorierten Höhe zu verurteilen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Hierbei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Kläger zunächst die volle Erstattung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft begehrt hatten und die Klage erst in der mündlichen Verhandlung auf die Höhe der mit Urteil zugesprochenen Leistungen beschränkt haben. Die Berufung, die der Zulassung bedarf, da der Wert des Beschwerdegegenstandes weniger 750 EUR beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), war nicht zuzulassen, da die Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die streitige Rechtsfrage ist mit dem Urteil des BSG vom 12. Dezember 2013 (a. a. O.) eindeutig geklärt.
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