S 44 AL 24/19

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 44 AL 24/19
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
,
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die teilweise Rücknahme der Bewilligung des Arbeitslosengeldes (Alg).

Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.11.2017 Alg ab 9.11.2017 in Höhe von 37,76 EUR täglich für 204 Kalendertage. Durch Änderungsbescheid vom 23.11.2017 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Alg ab 9.11.2017 in Höhe von 42,32 EUR täglich für 450 Kalendertage. Mit Bescheiden vom 27.12.2017 und 16.1.2018 hob die Beklagte die Bewilligung des Alg teilweise auf. Auf den Widerspruch des Klägers nahm die Beklagte die Bescheide mit Bescheid vom 23.8.2018 aus Vertrauensschutzgründen zurück. Mit weiteren Bescheiden vom 23.8.2018 nahm die Beklagte die Bewilligung teilweise in Höhe von 4,56 EUR täglich ab 28.8.2018 zurück.

Auf den erneuten Widerspruch des Klägers bewilligte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 15.11.2018 Alg ab 28. 8. 2018 in Höhe von 42,32 EUR täglich und hörte den Kläger zu den Umständen an, die gegen eine teilweise Rücknahme der Bewilligungsentscheidung für die Zukunft zu sprechen könnten. Hierzu gab der Kläger im Wesentlichen an, auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut zu haben. Das Alg sei auf Basis seiner effektiven Bezüge, beginnend mit November 2015, zu bemessen. Er vermisse bis dato ein Eingehen auf sein Anliegen. Es stehe eine Entscheidung im Klageverfahren vor dem Sozialgericht bezüglich des Krankengeldes an, die beim Alg zu berücksichtigen sei. Er sei seit 18.4.2016 chronisch erkrankt und müsse seit Ende Mai 2015 mit reduzierten Entgeltersatzleistungen leben. Mit Bescheid vom 3.12.2018 nahm die Beklagte die Bewilligung des Alg ab 7.2.2018 teilweise in Höhe von 4,56 EUR zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2018 änderte die Beklagte den Bescheid vom 3.12.2018 dahingehend ab, dass der Bescheid vom 23.11.2017 und der Folgebescheid vom 15.11.2018 teilweise in Höhe von 4,56 EUR täglich für die Zukunft ab 7.12.2018 zurückgenommen wurde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. In den Gründen hieß es im Wesentlichen, dass innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festgestellt werden könne, wobei der Entgeltabrechnungszeitraum November 2015 nicht zum Bemessungszeitraum gehöre, weil er nicht vollständig im Bemessungszeitraum liege. Zeiten mit Anspruch auf Alg gehörten nicht zum Bemessungszeitraum, weil insoweit keine Versicherungspflicht zur Arbeitslosenversicherung bestehe. Es sei daher ein fiktives Arbeitsentgelt nach der Qualifikationsgruppe 3 zugrunde zu legen, weil sich die Vermittlungsbemühungen für den Kläger in erster Linie auf Beschäftigungen dieser Qualifikationsgruppe (abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf) erstreckten. Die Vermittlungsbemühungen erstreckten sich nicht auf den erlernten Beruf (Diplom-Ingenieur Chemieingenieurwesen), weil der Fachhochschulabschluss bereits am 2.8.1996 erworben worden sei und der Kläger ab 1997 unterhalb des erworbenen Qualifikationsniveaus als Fachkraft im Brief- und Frachtverkehr gearbeitet habe. Der Kläger habe innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Anspruchsentstehung Alg nach einem Bemessungsentgelt 87,57 EUR bezogen, welches mindestens der Leistungsbemessung zugrunde zu legen sei. Unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse eins ergebe sich unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge ein Leistungsentgelt in Höhe von 56,36 EUR. Da mindestens ein Kind zu berücksichtigen sei, habe der Kläger Anspruch auf Alg nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 % des Leistungsentgelts, also täglich 37,76 EUR. Aufgrund eines Verarbeitungsfehler sei dem Kläger mit Bescheid vom 23.11.2017 Alg in Höhe von 42,32 EUR täglich auf Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von täglich 100,88 EUR bewilligt worden. Die Bewilligungsentscheidung sei teilweise in Höhe von 4,56 EUR täglich rechtswidrig. Ein begünstigender rechtswidriger Verwaltungsakt dürfe auch nach seiner Unanfechtbarkeit unter bestimmten Einschränkungen ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger nach Erlass des teilweise rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts eine Vermögensdisposition im Hinblick auf die Zahlung des Differenzbetrages in Höhe von 4,56 EUR täglich getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen können. Die teilweise Rücknahme der rechtswidrigen Bewilligungsentscheidung sei sachlich gerechtfertigt, zumal die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie das Gebot der Recht- und Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns für diese Maßnahme sprechen würden. Der Umstand, dass der Kläger die rechtswidrige Entscheidung nicht verschuldet habe, werde insoweit berücksichtigt, als ihm keine Erstattungspflicht auferlegt und die Bewilligung lediglich für die Zukunft zurückgenommen werde. Für den Kläger bestehe im Falle einer wirtschaftlichen Notlage die Möglichkeit, einen Antrag auf Leistungen zur Grundsicherung zu stellen. Bei der Ausübung ihres Ermessens habe die Beklagte alle erkennbaren Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Eine umfassende Abwägung aller Umstände des Einzelfalles komme vorliegend zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der teilweisen Rücknahme gegenüber dem privaten Interesse des Klägers an dem Bestand der Bewilligungsentscheidung überwiege.

Hiergegen richtet sich die am 17.1.2019 eingereichte Klage, die der Kläger nicht weiter begründet hat. Er hat darum gebeten, eine Entscheidung zum Parallelverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg im Krankenversicherungsrecht (21 KR 304/18) abzuwarten, welche in direktem Zusammenhang mit der vorliegend prophylaktisch eingelegten Klage stehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23.8.2018 in der Fassung des Bescheides vom 3.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2018 zu verurteilen, ihm ein höheres Alg zu gewähren.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 22.5.2019,

die Klage abzuweisen.

Sie hat hält ein Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Klageverfahrens 21 KR 304/18 nicht für angebracht. Krankengeld sei bei der Bemessung des Alg nicht zu berücksichtigen, da es kein Arbeitsentgelt darstelle.

Die Beteiligten sind vor Erlass des Gerichtsbescheids hierzu angehört worden. Eine nähere Begründung der Klage ist trotz schriftlicher Fristsetzung nicht vorgelegt, die Anhörung zum Gerichtsbescheid nicht zum Anlass genommen worden, näher zur Sache vorzutragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte der Kammer und den Inhalt der Akte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die teilweise Rücknahme der Bewilligung des Alg ist nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für den Anspruch auf ein höheres Alg bestanden nicht. Das Gericht sieht insoweit von einer vertieften Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 136 Abs. 3 SGG ab. Es verweist stattdessen auf die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2018. Der Widerspruchsbescheid ist schlüssig und nachvollziehbar. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, an seiner Richtigkeit zu zweifeln.

Der Kläger hat auch nichts Gegenteiliges vorgetragen. Er hat die Klage nach knapp einem Jahr nicht weiter begründet. Ein Vortrag blieb trotz Erinnerung und Anhörung zum Gerichtsbescheid aus. Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Entscheidung ergaben sich auch nicht aus den vorliegenden Akten. Insbesondere besteht kein Anhaltspunkt dafür, welche Auswirkungen sich aus dem Klageverfahren 21 KR 304/18 auf das vorliegende Klageverfahren ergeben sollten. Zu Recht hat die Beklagte darauf verwiesen, dass bei der Bemessung des Alg nur das beitragspflichtige Arbeitsentgelt, nicht aber Krankengeld berücksichtigt wird (§ 151 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung [SGB III]).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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