S 12 P 144/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 12 P 144/00
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 P 15/03
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Kläger ist klagebefugt. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Zuordnung der am 22.08.2002 verstorbenen Frau J. C. zur Pflegestufe III anstelle II für die Zeit vom 24.02.2000 bis zum 30.04.2001 und die Vergütung der vollstationären Pflege der Frau J. C. in dieser Zeit nach der Pflegeklasse III.

Der Kläger betreibt das Altenwohn- und Pflegeheim St. F von Thüringen in C. Zwischen dem Kläger und den Landesverbänden der Pflegekassen Westfalen-Lippe wurden am 05.05.1999 ein Versorgungsvertrag nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) sowie Pflegesatzvereinbarungen nach § 85 SGB XI vom 10.03.1999 für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 30.06.2000, vom 19.06.2000 für den Zeitraum vom 01.07.2000 bis zum 31.12.2000 und vom 21.11.2000 für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 31.12.2001 abgeschlossen.

Die am XXXX geborene J. C. war bis zu Ihrem Tode bei der Beklagten sozial pflegeversichert. Alleinerbe der J. C. ist der Beigeladene. J. C. wurde am 17.01.2000 in das Altenwohn- und Pflegeheim St. F von Thüringen aufgenommen. E. C., einen Heimvertrag mit dem Kläger. Nach § 4 des Heimvertrages richtete sich das Entgelt nach der Pflegestufenzuordnung der J. C. die Pflegekasse. J. C. bezog von der Beklagten für die Zeit ab der Heimaufnahme zunächst vollstationäre Pflege als Sachleistung im Umfang der Pflegestufe II. Am 24.02.2000 beantragt J. C. bei der Beklagten Leistungen im Umfang der Pflegestufe III. Auf Veranlassung der Beklagten wurde J. C. am 09.03.2000 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe begutachtet und weiterhin der Pflegestufe II zugeordnet. Darauf hin lehnte die Beklagte gegenüber J. C. mit Bescheid vom 04.04.2000 Leistungen der Pflegestufe III ab.

Hiergegen hat die durch die Betreuerin von J. C. bevollmächtigte Pflegedienstleiterin des Altenwohn- und Pflegeheims St. F von Thüringen am 18.04.2000 Widerspruch erhoben. Der MDK verblieb in einer Stellungnahme nach Aktenlage vom 03.05.2000 bei seiner Einschätzung. J. C. hielt den Widerspruch mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 26.05.2000 aufrecht. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 29.06.2000 als unbegründet zurück.

Mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 26.07.2000 teilte J. C. der Beklagten mit, sie werde keine Klage vor dem Sozialgericht beantragen; dem Pflegeheim liege für weitergehende Schritte keine Vollmacht vor.

Am 28.07.2000 hat der Kläger Klage erhoben. Er meint, ihm stehe ein eigener Leistungsanspruch auf Höherstufung eines Bewohners des von ihm betriebenen Pflegeheims aufgrund §§ 72 Abs. 4 Satz 3, 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 84 Abs. 2 Sätze 1-3 SGB XI i. V. m. der Berufsfreiheit der Heime (Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz) zu. Die Zuordnung zu einer Pflegestufe weise auch im Verhältnis ihm gegenüber eine berufsregelnde Tendenz auf. Selbst bei einer zu niedrigen Einstufung sei er nach den Vorschriften des SGB XI und des Heimgesetzes gezwungen, Dienstleistungen zu erbringen, für die er nicht zuletzt aufgrund des Verwaltungsaktes zwischen der Beklagten und J. C. keine leistungsgerechte Vergütung erhalte. Eine Grundrechtsbetroffenheit ergebe sich auch aus Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die Regelungen der Pflegeversicherung wären nicht systemgerecht, wenn zwei der drei an der Erbringung der Pflege Beteiligten Geschäfte zu Lasten des Dritten vornehmen könnten, ohne dass diesem hiergegen Rechtschutzmöglichkeiten offen stünden. Drittrechtsschutz sei im sozialgerichtlichen Verfahren allgemein anerkannt. Der Kläger ist der Ansicht, für die Zeit vor der gesetzlichen Regelung in § 87 a Abs. 2 SGB XI sei ein eigenes Antragsrecht beziehungsweise eine eigene Klagebefugnis für ihn gegeben.

Nach einer erneuten Begutachtung durch den MDK am 19.06.2001 hat die Beklagte der J. C. für die Zeit ab dem 01.05.2001 vollstationäre Pflege als Sachleistung im Umfang der Pflegestufe III bewilligt. Hiergegen ist kein Widerspruch erhoben worden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2000 zu verpflichten, Frau J. C., geboren XX.XX.XXXX, verstorben XX.XX.XXXX, für die Zeit vom 24.02.2000 bis zum 30.04.2001 der Pflegestufe III zuzuordnen und ihm die vollstationäre Pflege der Frau J. C. in dieser Zeit in dem Altenwohn- und Pflegeheim St. F von Thüringen nach der Pflegeklasse III zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, das SGB XI kenne keine Regelung, wonach die Pflegeeinrichtungen einen selbständig durchsetzbaren Anspruch auf eine bestimmte Einstufung eines Pflegebedürftigen hätten. Die Neuregelung nach § 87 a Abs. 2 SGB XI zeige, dass dem Heim kein eigenes Antragsrecht und damit Klagerecht zustehe. Der im Termin zur Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits am 11.03.2003 nicht erschienene und nicht vertretene Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Es erschien zweckmäßig, über die Klagebefugnis des Klägers durch Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage im Sinne von § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 280 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) zu entscheiden, bevor weitere Ermittlungen zu Art und Umfang des Pflegebedarfs der J. C. angestellt werden.

Es war nicht erforderlich, zuvor durch Beschluss gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 ZPO die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage anzuordnen. Diese Regelung ist nicht gemäß § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anzuwenden, weil die grundsätzlichen Unterschiede der Verfahrensarten nach der ZPO und dem SGG dies ausschließen. Da im sozialgerichtlichen Verfahren nicht der Beibringungsgrundsatz gilt, sondern das Gericht gemäß § 103 SGG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat, kann ein Beteiligter nicht dadurch säumig werden, dass er im Termin zwar erscheint, jedoch nicht zur Begründetheit der Klage verhandelt (vgl. § 333 ZPO). Nur vor diesem Hintergrund soll der Beschluss nach § 280 Abs. 1 ZPO klarstellen, ob die Parteien eine Einlassung zur Hauptsache verweigern dürfen (Zöller-Greger, ZPO, § 280 Rdnr. 3). § 280 Abs.2 ZPO gilt dagegen gemäß § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren, da es auch hier zweckmäßig sein kann, zunächst Zweifel über die Zulässigkeit der Klage auszuräumen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der klagende Heimträger klagebefugt im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG. Der Kläger behauptet, durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten gegenüber J. C. vom 04.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2000 beschwert zu sein.

Bei der Klage handelt es sich um eine Dritt-Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Der Kläger begehrt als Dritter die Aufhebung des Bescheids der Beklagten gegenüber J. C. vom 04.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2000 und die Verpflichtung der Beklagten, J. C. für die Zeit vom 24.02.2000 bis zum 30.04.2001 der Pflegestufe III anstelle der Pflegestufe II zuzuordnen und die vollstationäre Pflege in dieser Zeit entsprechend zu vergüten.

Drittrechtsschutz ist im SGG - anders als im §§ 80, 80a Verwaltungsgerichtsordnung - nicht ausdrücklich geregelt. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass § 54 SGG zur Erhebung einer Dritt-Anfechtungsklage berechtigt, soweit ein durch einen sozialrechtlichen Verwaltungsakt Drittbetroffener die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten darlegen kann (BSG, ständige Rechtsprechung, vgl. BSGE 70, 99; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 54 Rdnr. 12).

Die Zuordnung eines Pflegebedürftigen zu einer der Pflegestufen im Sinne von § 15 SGB XI durch den Verwaltungsakt einer Pflegekasse hat unmittelbare Auswirkungen auf ein subjektives Recht der Pflegeeinrichtung, nämlich auf ihren Anspruch aus § 82 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI auf eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen. Der Anspruch einer Pflegeeinrichtung auf eine leistungsgerechte Vergütung genießt auch den Schutz der Grundrechte aus Artikel 12 und 14 GG (Udsching, SGB XI, 2. Auflage, § 84 Rdnr. 9).

Die unmittelbare Auswirkung der Pflegestufenzuordnung durch die Pflegekassen auf das subjektive Recht der Pflegeeinrichtung auf eine leistungsgerechte Vergütung folgt aus § 84 Abs. 2 Satz 3, 1. Halbsatz SGB XI (so auch Meyer- Ladewig a. a. O. § 54 Rdnr. 12b; Klie/Meysen, NZS 00, 222). Nach § 84 Abs. 2 Satz 2 SGB XI sind die Entgelte der Heimbewohner oder ihrer Kostenträger (Pflegesätze) nach dem Versorgungsaufwand, den der Pflegebedürftige nach Art und Schwere seiner Pflegebedürftigkeit benötigt, in drei Pflegeklassen einzuteilen. Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 SGB XI ist bei der Zuordnung zu einer Pflegeklasse die Pflegestufe zugrundezulegen, soweit nicht nach der gemeinsamen Beurteilung des Medizinischen Dienstes und der Pflegeleitung des Pflegeheimes die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend ist.

Da die Zuordnung der J. C. zu einer Pflegestufe durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten also grundsätzlich maßgeblich ist für die Zuordnung zu einer Pflegeklasse, die wiederum über die Höhe des Pflegesatzes bestimmt (vgl. auch § 4 des Heimvertrages vom 17.01.2000), hat der angefochtene Bescheid der Beklagten gegenüber J. C. unmittelbare Auswirkungen auf den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Vergütung.

Dabei ist insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Pflegeeinrichtung gemäß § 4a Satz 1 des Heimgesetzes verpflichtet ist, die Pflege am Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen und damit an den erforderlichen Leistungen auszurichten, unabhängig davon, welcher Pflegestufe - und damit Pflegeklasse - der Pflegebedürftige zugeordnet ist (so auch Klie/Meysen a. a. O.).

Weiter ist zu beachten, dass das Pflegeheim eine leistungsgerechte Vergütung auch nicht dadurch erzielen kann, dass es den vom Pflegesatz nicht gedeckten Aufwand im Einzelfall dem Pflegebedürftigen "privat" in Rechnung stellt. Dem steht § 84 Abs. 4 SGB XI entgegen, wonach mit den Pflegesätzen alle für die Versorgung des Pflegebedürftigen erforderlichen Pflegeleistungen der Pflegeeinrichtung abgegolten sind (BSG, Urteil vom 10.02.2000, Az.: B 3 P 12/99 R; Kirchesch NZS 98, 506).

Die Klagebefugnis des Klägers ist nicht durch stärkere Rechte der J. C. bzw. ihres Rechtsnachfolgers, des Beigeladenen, ausgeschlossen, obwohl der Beigeladene eine finanzielle Einbuße erleiden kann, weil der nunmehr vom Rechtsnachfolger zu tragene Eigenanteil steigt.

In der J. C. Irmgard Budde in der Pflegeklasse II bei 101,57 DM, in der Pflegeklasse III bei 000,00 DM täglich (Differenz 00,00 DM). In der Zeit vom 01.07.2000 bis zum 31.12.2000 lag der Pflegesatz für J. C. in der Pflegeklasse II bei 000,00 DM und in der Pflegeklasse III bei 000,00 DM täglich (Differenz 00,00 DM). In der Zeit ab dem 01.01.2001 lag der Pflegesatz in der Pflegeklasse II bei 000,00 DM und in der Pflegeklasse III bei 000,00 DM täglich (Differenz 00,00 DM). Die Leistung der Beklagten stieg in der gesamten Zeit nur von 0000,00 DM monatlich in der Pflegestufe II auf 0000,00 DM monatlich in der Pflegestufe III (Differenz 00,00 DM täglich). Die Differenz zwischen der nur unwesentlich höheren Leistung der Beklagten und dem wesentlich höheren Pflegesatz des Klägers hätte der Beigeladene als Rechtsnachfolger zu zahlen, wenn Frau J. C. nachträglich der Pflegestufe III zugeordnet würde.

Das Anfechtungsrecht eines Dritten kann wegen des stärkeren Rechtes des Adressaten des Verwaltungsaktes ausgeschlossen sein (Meyer-Ladewig a. a. O. § 54 Rdnr. 12d). Bei Klagen einer Pflegeeinrichtung auf Zuordnung des Pflegebedürftigen zu einer höheren Pflegestufe kann dieser Schluss jedoch nicht gezogen werden. Die Pflegeeinrichtung ist hier derart in ihren Rechten betroffen, dass es gegen die Rechtschutzgarantie des Artikel 19 Abs. 4 GG verstoßen würde, ihr die Klagebefugnis zu nehmen (Meyer-Ladewig a. a. O. § 54 Rdnr. 12e; Klie/Meysen a. a. O.). Der Pflegeeinrichtung die Klagebefugnis abzusprechen, würde darauf hinauslaufen, dass die Einrichtung als Dritte am Leistungsverhältnis Beteiligte überhaupt keine Rechtschutzmöglichkeit hätte, um eine - von der richtigen Pflegestufenzuordnung abhängige - leistungsgerechte Vergütung durchzusetzen, wenn der Pflegebedürftige sich - wegen seiner gegenläufigen Interessen - nicht gegen die Zuordnung in eine zu niedrige Pflegestufe wehrt. Der Pflegebedürftige hat kein rechtlich schutzwürdiges Interesse daran, zu seinem eigenen wirtschaftlichen Vorteil in eine tatsächlich zu niedrige Pflegestufe eingestuft zu bleiben.

Die Klagebefugnis des Klägers ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil er eine von der Pflegestufe abweichende Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse herbeiführen könnte.

Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz SGB XI ist bei der Zuordnung eines Pflegebedürftigen zu den Pflegeklassen nicht die Pflegestufe gemäß § 15 SGB XI zugrunde zu legen, soweit nach der gemeinsamen Beurteilung des Medizinischen Dienstes und der Pflegeleitung des Pflegeheims die Zuordnung zu einer anderen Pflegeklasse notwendig oder ausreichend ist.

Es konnte offen bleiben, ob diese sogenannte Öffnungsklausel nach dem grundsätzlichen Ablauf der Übergangszeit vom alten zum neuen Vergütungsrecht praktisch gegenstandslos geworden ist und für die Zukunft zu prüfen sein wird, ob diese Vorschrift zur Vermeidung von Missverständnissen gestrichen werden sollte (so Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 07.03.2002). Dagegen könnte die Tatsache sprechen, dass sich der Grundrechtsschutz der Pflegeeinrichtungen nur durch eine verfassungskonforme Auslegung der Öffnungsklausel des § 84 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz SGB XI erreichen lässt, seitdem in den Pflegesatz auch die Aufwendungen für soziale Betreuung und medizinische Behandlungspflege einbezogen sind, ohne dass dies bei der Pflegestufenzuordnung berücksichtigt wird (BSG, Urteil vom 10.02.2000, Az.: B 3 P 12/99 R).

§ 84 Abs. 2 Satz 3, 2. Halbsatz SGB XI betrifft jedenfalls nur die Fälle, in denen eine von der Pflegestufe abweichende Pflegeklassenzuordnung aufgrund eines Versorgungsaufwandes geboten erscheint, der nicht in der Grundpflege bzw. hauswirtschaftlichen Versorgung liegt und deshalb nicht über die Pflegestufenzuordnung berücksichtigt werden kann (so auch Klie/Meysen a. a. O.).

Es wäre völlig unklar, nach welchen Maßstäben die von der Pflegestufe abweichende Pflegeklassenzuordnung erfolgen sollte, wenn hierfür mit der Hilfe bei der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung genau die Kriterien eine Rolle spielen würden, die auch für die Pflegestufenzuordnung maßgeblich sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Klagebefugnis des Klägers nicht die Regelung des § 87a Abs. 2 SGB XI in der Fassung des Pflegequalitätssicherungsgesetzes vom 09.09.2001 (Bundesgesetzblatt I S. 2323) entgegen.

Diese Vorschrift regelt die Verpflichtung des pflegebedürftigen Heimbewohners, auf schriftliche Aufforderung des Heimträgers bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er aufgrund der Entwicklung seines Zustandes einer höheren Pflegestufe zuzuordnen ist. Weigert sich der Heimbewohner, den Antrag zu stellen, kann der Heimträger ihm oder seinem Kostenträger ab dem 1. Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen.

§ 87a Abs. 2 SGB XI ist am 01.01.2002 in Kraft getreten, galt also im streitgegenständlichen Zeitraum vom 24.02.2000 bis zum 30.04.2001 nicht. Es konnte daher offen bleiben, ob diese Regelung als einfachere Möglichkeit für den Kläger, eine leistungsgerechte Vergütung zu erhalten, dessen Klagebefugnis für die Zeit ab dem 01.01.2002 ausschließen würde. Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 87a Abs. 2 SGB XI den Pflegeheimen gerade nicht ein eigenes Antrags- oder Klagerecht eingeräumt hat. Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung bewußt vermieden, die allen sozialen Sicherungssystemen gemeinsame Grundregel, dass Leistungen nur auf Antrag des Leistungsberechtigten gewährt werden, zu durchbrechen (Bundestagsdrucksache 14/5395).

Der Gesetzgeber hat jedoch zugleich eine leistungsgerechte Vergütung der jedem einzelnen Pflegebedürftigen zustehenden Versorgung und Betreuung im Interesse einer ausreichenden Finanzierung der Pflegeheimleistungen als schutzwürdig angesehen; und er hat das Problem erkannt, dass pflegebedürftige Heimbewohner bei einem verschlechterten Zustand einen Antrag bei der Pflegekasse auf Höherstufung scheuen (Bundestagsdrucksache 14/5395). Jedenfalls für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 87a Abs. 2 SGB XI am 01.01.2002 kann der durch Artikel 12 und 14 GG grundrechtlich geschützte Anspruch eines Pflegeheims auf eine leistungsgerechte Vergütung vor diesem Hintergrund nur dadurch realisiert werden, dass dem Heim eine Klagebefugnis für eine eigene Klage auf Höherstufung des Pflegebedürftigen eingeräumt wird, jedenfalls dann, wenn der Pflegebedürftige - wie J. C. mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 26.07.2000 - einen - selbst gestellten - Antrag auf Höherstufung nach - selbst erhobenem - erfolglosem Widerspruch nicht im Klageweg weiter verfolgt. Die Kostenentscheidung war dem Endurteil vorzubehalten.

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben. Gemäß § 202 SGG i. V. m. § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist ein Zwischenurteil über die Zulässigkeit der Klage in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen.
Rechtskraft
Aus
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